Titel:
Anpassungslehrgang für die Anerkennung einer im Ausland erworbenen Lehrerbefähigung – Inhalt der Personalakte
Normenketten:
EGRiLV-Lehrer § 7
BayVwVfG Art. 54, Art. 60
BayBG Art. 103, Art. 104 Abs. 3
Leitsätze:
1. Zu den Personalakten, die möglichst lückenlos über die Person des Angestellten und seine dienstliche Laufbahn Aufschluss geben sollen, gehören arbeitsrechtlich die wesentlichen Grundlagen des Arbeitsverhältnisses. Grundsätzlich steht es dem Arbeitgeber frei, zu entscheiden, welche Unterlagen in die Personalakten aufgenommen werden. Der Arbeitnehmer hat allerdings einen Anspruch darauf, dass die Personalakte ein zutreffendes Bild seiner Person vermittelt, und dass unrichtige Angaben aus der Personalakte entfernt werden. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Bericht über die Bewertung der Eignung eines Lehrgangsteilnehmers während eines Anpassungslehrgangs für die Anerkennung einer im Ausland erworbenen Lehrerbefähigung für das Lehramt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ist ein wesentlicher Bestandteil der Personalakte. Der Bericht ist für die Feststellung der Eignung notwendiger Bestandteil und damit auch für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis erforderlich. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Frage, ob das Ziel des Anpassungslehrgangs erreicht werden kann und die Darstellung des Leistungsbildes eines Lehrgangsteilnehmers im Unterricht ist für den Anpassungslehrgang elementar und daher für Zwecke der Personalverwaltung erforderlich iSd Art. 103 S. 1 Nr. 2 BayBG. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anpassungslehrgang, Widerruf der Zulassung, Öffentlich-rechtlicher Dienstvertrag, Weiterbeschäftigung, Zeitablauf, Personalakten, Leistungsbild, Bewertung, erforderlich
Fundstelle:
BeckRS 2023, 40036
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klagepartei wurde vom Beklagten auf Grundlage eines Bescheids und eines schriftlichen Vertrags vom … September 2016 befristet bis zum … September 2018 zur Ableistung eines Anpassungslehrgangs für die Anerkennung einer im Ausland erworbenen Lehrerbefähigung für das Lehramt in einem öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis angestellt und einem Gymnasium zugewiesen.
2
Mit Bescheid vom … Oktober 2017 widerrief der Beklagte die Zulassung zum Anpassungslehrgang mit Wirkung vom … Oktober 2017, da aus Sicht des Beklagten Zweifel hinsichtlich des Vorliegens der für die Berufsausbildung erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse bestünden und ordnete die sofortige Vollziehung an. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage wurde vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Februar 2018 (M 5 S 17.5392) abgelehnt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die hiergegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 26. Juli 2018 (7 CS 18.759) zurück. Das Verwaltungsgericht wies die Klage gegen den Bescheid vom … Oktober 2017 mit Urteil vom 22. Januar 2019 ab (M 5 K 17.5406). Mit Beschluss vom 19. Oktober 2020 (7 ZB 19.497) ließ der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu. Das unter dem Aktenzeichen 7 B 20.2347 geführte Verfahren wurde in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 2021 nach übereinstimmender Hauptsacheerledigungserklärung der Beteiligten eingestellt.
3
Die Regierung von ... teilte der Klägerin mit Schreiben vom … Februar 2017, dass der öffentlich-rechtliche Dienstvertrag zum … Februar 2017 beendet werde, da die Zeugnisanerkennungsstelle für den Freistaat Bayern die Zuweisung für den Anpassungslehrgang zum … Februar 2017 widerrufen habe. In einem zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleich vor dem Arbeitsgericht vom 9. Januar 2018 (3 Ca 2686/17) ist vereinbart worden, dass das Dienstverhältnis nicht durch die vom Beklagten erfolgte Kündigung des Dienstverhältnisses vom ... Februar 2017 mit Wirkung zum … Februar 2017 beendet ist und fortbesteht. Der Beklagte teilte mit weiterem Schreiben vom … März 2018 der Klägerin mit, dass durch den Widerruf der Zulassung zum Anpassungslehrgang der öffentlich-rechtliche Dienstvertrag vom … September 2016 sinnentleert sei. Für den Fall, dass das Vertragsverhältnis fortbestehen sollte, werde dieses hilfsweise ordentlich zum … April 2018 gekündigt.
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Die Klagepartei erhob am 7. März 2018 Klage. In dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleich vor dem Arbeitsgericht vom 9. Januar 2018 sei vereinbart worden, dass das Dienstverhältnis nicht durch eine vom Beklagten erfolgte Kündigung des Dienstverhältnisses vom ... Februar 2017 mit Wirkung zum … Februar 2017 beendet sei und fortbestehe. Die Hauptpflicht aus dem Arbeitsvertrag sei vom Beklagten zu erfüllen, die Klägerin sei diesbezüglich leistungsbereit. Die Stellungnahme vom … Dezember 2016 sei aus der Akte zu entfernen, da die sprachliche Kompetenz nicht Gegenstand der Leistungen des Anpassungslehrgangs sein dürfe und sei daher aus der Personalakte zu entfernen.
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Die Klagepartei hat zuletzt beantragt,
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1. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin weiterhin zu beschäftigen.
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2. Der Beklagte wird verurteilt, das bei den Personalakten befindliche Gutachten vom … Dezember 2016 (erstellt von Frau R.) aus den Personalakten zu entfernen.
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Die Regierung von ... – Prozessvertretung – hat für den Beklagten beantragt,
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Da der Zeitraum, für den der Dienstvertrag geschlossen worden sei, bereits abgelaufen sei, sei die Klage auf Weiterbeschäftigung unzulässig. Das Schreiben vom … Dezember 2016 gehöre als maßgebliche Grundlage zur Beurteilung der Eignung der Klägerin in die Personalakte.
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Nachdem mit Beschluss vom 22. Januar 2019 das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde, erfolgte am 21. Dezember 2021 auf Antrag der Klagepartei die Fortsetzung des Verfahrens.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten, sowie die Niederschrift vom 4. Dezember 2023 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist hinsichtlich des Klageantrags Nr. 1 bereits unzulässig und hinsichtlich des Klageantrags Nr. 2 zulässig, aber unbegründet.
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1. Die Klage ist hinsichtlich des Antrags, die Kläger auf Grundlage des öffentlich-rechtlichen Dienstvertrags weiter zu beschäftigen, bereits unzulässig.
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Denn der Dienstvertrag vom ... September 2016 (Unterzeichnung Beklagtenpartei) und … September 2016 (Unterzeichnung Klägerin) war befristet geschlossen worden und endete spätestens am … September 2018.
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Damit ist eine Weiterbeschäftigung der Klägerin aus diesem Vertrag im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht möglich. Denn eine mit dem Klageantrag erstrebte Weiterbeschäftigung der Klägerin ist denknotwendig nur für die Zukunft und nicht vergangene Zeiträume möglich, ein Beschäftigungsanspruch hinsichtlich der Vergangenheit geht ins Leere. Es besteht spätestens mit Zeitablauf des … September 2018 kein erfüllbares Arbeitsverhältnis mehr.
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Damit kommt es für die Entscheidung nicht in rechtserheblicher Weise darauf an, ob der öffentlich-rechtliche Dienstvertrag durch das Schreiben der Regierung vom … März 2018 mit Wirkung zum … April 2018 wirksam gekündigt wurde, was Gegenstand des Verfahrens M 5 K 21.6473 ist. Ebenso muss daher nicht der Frage nachgegangen werden, ob aus der RL 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 (ABl L 255 vom 30.9.2022, S. 22), zuletzt (vorliegend maßgeblich) geändert durch Beschluss vom 13. Januar 2016 (ABl L 1 134 vom 24.5.2016, S. 135) vorliegend ein Beschäftigungsanspruch für die Klägerin folgen könnte. Denn die für den geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch maßgebliche Rechtsgrundlage – der öffentlich-rechtliche Dienstvertrag – kann ungeachtet der Frage der Wirksamkeit der Kündigung vom … März 2018 jedenfalls spätestens am … September 2018 durch Zeitablauf keine rechtlichen Wirkungen mehr zwischen den Beteiligten bewirken. Dieser Vertrag wurde auch nicht verlängert.
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2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Entfernung der Stellungnahme vom des M.- T.-Gymnasiums vom … Dezember 2016 aus der Personalakte.
19
a) Zu den Personalakten gehören arbeitsrechtlich die wesentlichen Grundlagen des Arbeitsverhältnisses. Die Personalakten sollen möglichst lückenlos über die Person des Angestellten und seine dienstliche Laufbahn Aufschluss geben. Grundsätzlich steht es dem Arbeitgeber deshalb frei zu entscheiden, welche Unterlagen in die Personalakten aufgenommen werden. Der Arbeitnehmer hat allerdings einen Anspruch darauf, dass die Personalakte ein zutreffendes Bild seiner Person vermittelt. Er kann deswegen verlangen, dass unrichtige Angaben aus der Personalakte entfernt werden (Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 20. Auflage 2023, § 148 Rn. 2).
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b) Da der Bericht des M.-T.-Gymnasiums vom … Dezember 2016 wesentliche Beurteilungsgrundlage für die Bewertung der Eignung der Klägerin während des Anpassungslehrgangs bildete, ist dieser Bericht wesentlicher Bestandteil der Personalakte. Denn zur Feststellung der Eignung während bzw. nach Ableistung des Anpassungslehrgangs sind auch die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache wesentlich (VG München, U.v. 22.1.2019 – M 5 K 17.5406 – S. 9 ff; BayVGH, U.v. 27.7.2021 – 7 B 20.2346 – juris Rn. 21 ff., BayVBl 2022, 272). Der Bericht ist für die Feststellung der Eignung notwendiger Bestandteil und damit auch für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis erforderlich (Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 20. Auflage 2023, § 148 Rn. 3). Auch wenn die Klägerin mit den dort getroffenen Aussagen nicht einverstanden ist, sind diese nicht unrichtig. Denn es sind erhebliche Schwierigkeiten in der deutschen Sprache von verschiedenen Personen (unter anderem auch zwei Seminarlehrern) mitgeteilt wie auch Mängel in der Unterrichtskompetenz, der erzieherischen Kompetenz sowie der Handlungs- und Sachkompetenz. Wenn die Klägerin eine andere Sichtweise haben mag, sind die dort beschriebenen Mängel konkret formuliert und mit Beispielen untermauert. Es kann daher nicht in Zweifel gezogen werden, dass die dort enthaltenen Umstände grundsätzlich richtig sind.
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Auch in zeitlicher Hinsicht ist gegen einen Verbleib des Berichts des Gymnasiums rechtlich nichts zu erinnern. Solange die Klägerin die Einstellung in den Schuldienst verfolgen kann, kann das Leistungsbild aus dem streitgegenständlichen Anpassungslehrgang zur Beurteilung einer Verbesserung gegenüber den seinerzeit festgestellten Defiziten herangezogen werden. Es ist daher auch in zeitlicher Hinsicht erforderlich, den Bericht bis auf Weiteres in der Personalakte zu belassen.
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c) Nichts Anderes gilt mit Blick auf die für Beamtinnen und Beamte geltenden Regelungen in Art. 103 ff. BayBG. Da die Personalakten während der Geltung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses angelegt wurden und den vereinbarten Beschäftigungszeitraum umfasst, könnte auch daran gedacht werden, hinsichtlich der Personalakten die Vorschriften des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG entsprechend heranzuziehen. Denn auf das Rechtsverhältnis während des Anpassungslehrgangs werden entsprechend den Regelungen des öffentlich-rechtlichen Dienstvertrags die Bestimmungen der EG-Richtlinienverordnung – Lehrer/EGRiLV -Lehrer), der Lehrerdienstordnung/LDO und den einschlägigen Vorschriften der Zulassungs- und Ausbildungsverordnung für das angestrebte Lehramt anzuwenden.
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Nach Art. 103 Satz 1 Nr. 2 BayBG darf der Dienstherr personenbezogene Daten einer Beamtin oder eines Beamten verarbeiten, soweit das zur Durchführung organisatorischer, personeller und sozialer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalverwaltung und Personalwirtschaft, erforderlich sind. Die Frage, ob das Ziel des Anpassungslehrgangs erreicht werden kann und entsprechend die Darstellung des Leistungsbildes eines Lehrgangsteilnehmers im Unterricht ist für den Anpassungslehrgang elementar und daher für Zwecke der Personalverwaltung erforderlich (vgl. Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2023, Art. 103 BayBG Rn. 10 ff.). Der bei den Akten über den Anpassungslehrgang befindliche Bericht des Gymnasiums stellt keine Prüfungsakte im Sinn von Art. 104 Abs. 3 BayBG dar (vgl. hierzu Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2023, Art. 104 BayBG Rn. 25 ff.). Denn das Leistungsbild der Klägerin im Unterricht ist für den Anpassungslehrgang von zentraler Bedeutung. Es geht dabei nicht um eine punktuelle Leistungserhebung in Form einer Prüfung, sondern um die Frage, ob die Klägerin den Anforderungen an ein Lehramt an Gymnasien entsprechen kann, auch wenn sie die hierfür vorgeschriebene Ausbildung in Deutschland nicht absolviert hat (§ 7 EGRiLV- Lehrer). Dementsprechend ist eine kontinuierliche Leistungsbeobachtung und -bewertung während und am Ende des Anpassungslehrgangs vorgesehen (§ 11 EGRiLV -Lehrer).
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3. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.