Titel:
Obliegenheit eines Prüflings zur Inanspruchnahme ärztlicher Beratung zur Prüfungsfähigkeit
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
BV Art. 101
Leitsatz:
Einem Prüfling, der am Tag vor seinem letzten Prüfungsversuch aufgrund einer starken Zahnschmerzsymptomatik und Entzündung des Zahnzwischenraums einen chirurgischen Eingriff vornehmen lassen und anschließend mehrere Schmerzmittel einnehmen muss, obliegt es, seine behandelnde Zahnärztin nach seiner Prüfungsfähigkeit am folgenden Tag zu fragen. (Rn. 48, 50 und 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rechts der Hochschul- und Staatsprüfungen, endgültiges Nichtbestehen einer Modulprüfung;, Anspruch auf Zulassung zu einer weiteren Wiederholungsprüfung (verneint);, unerkannte Prüfungsunfähigkeit;, Grundsatz von Treu und Glauben; Obliegenheiten des Prüflings, Prüfungsunfähigkeit, endgültiges Nichtbestehen, Wiederholungsprüfung, unerkannte Prüfungsunfähigkeit, Obliegenheit, ärztliche Beratung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 39712
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen sein endgültiges Nichtbestehen im Studiengang Informatik (Bachelor of Science) und begehrt einen weiteren Wiederholungsversuch zur Ablegung der Prüfung im Modul „Konzeptionelle Modellierung“.
2
Der Kläger war seit dem Wintersemester 2020/2021 im Bachelorstudiengang Informatik an der Technischen Fakultät der ...-Universität E.-N. (FAU) immatrikuliert. Zum 3. August 2022 exmatrikulierte er sich selbst durch Online-Antrag mit dem Grund „Unterbrechung des Studiums“.
3
Am 20. Februar 2021 trat der Kläger erstmals zur Prüfung im Modul „Konzeptionelle Modellierung“ an, bestand die Prüfung aber nicht. Die Wiederholungsversuche am 21. Juli 2021 und 16. Februar 2022 bestand er ebenfalls nicht.
4
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13. März 2022 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er den Studiengang Informatik (Bachelor of Science) endgültig nicht bestanden und somit den Prüfungsanspruch in diesem Studiengang verloren habe. Er habe am 16. Februar 2022 das Modul „Konzeptionelle Modellierung“ nicht bestanden. Eine weitere Wiederholungsmöglichkeit sehe die Prüfungsordnung nicht vor. Er habe somit das Modul und den Studiengang endgültig nicht bestanden. Ein Zustellnachweis des Bescheids an den Kläger ist der Behördenakte nicht zu entnehmen.
5
Gegen den Bescheid vom 13. März 2022 legte der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 25. April 2022 fristwahrend Widerspruch ein. Der Bescheid sei ihm am 3. April 2022 zugegangen. Die Begründung erfolge in einem gesonderten Schriftsatz.
6
Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 3. Mai 2022 ließ der Kläger zur Begründung seines Widerspruchs im Wesentlichen und sinngemäß ausführen, er habe am 15. Februar 2022 dringend zahnärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen, nachdem er sich in schmerzhafter Art und Weise ein Stück eines Hühnerknochens tief ins Zahnfleisch eingebissen gehabt habe. Dieses sei von der behandelnden Zahnärztin chirurgisch entfernt worden. Er habe in den ersten vier Tagen mehrfach pro Tag „Schmerzmittel IBU 600“ einnehmen müssen, um die Schmerzen zu ertragen. Weiter habe er insgesamt 14 Tage lang die Antibiose mit Augmentan 1,0 eingenommen. Erst danach sei die Entzündung vorbei gewesen. Er sei mithin in einem Zustand gewesen, der es ihm überhaupt nicht erlaubt habe, an Prüfungen teilzunehmen. Er habe sich in einem prüfungsunfähigen Zustand befunden.
7
Der Kläger ließ zudem einen in polnischer Sprache verfassten Auszug aus seiner Patientenakte der behandelnden Zahnärztin vorlegen, datiert auf den 29. April 2022. Die Übersetzung des übermittelten Auszugs laute wie folgt:
„Behandlung mit konservativer Infiltrationsanästhesie Spülung der Tasche mit Natriumbicarbonat Auflage von Chlorsite aufgrund der starken Schmerzsymptomatik und fibrösem Zustand Empfehlung zur Verwendung der Schmerztherapie und Antibiose Augmentan 1,0 g.
Aufklärung des Patienten, chirurgische Konsultation.
Patient stellte sich vor mit akuter Entzündung des Zahnzwischenraum 36/37. Die Entzündung wurde durch ein einstechen eines scharfen Knochenteils bei einer Mahlzeit in Lokalanästhesie Citocartin vom Zahnzwischenraum 36/37 entfernt.“
8
Der Prüfungsausschuss der Technischen Fakultät der FAU half dem Widerspruch in seiner Sitzung am 18. Mai 2022 nicht ab. Die Echtheit und der Inhalt der vorgelegten Zahnarztunterlagen in polnischer Sprache könnten nur bedingt nachvollzogen werden. Unabhängig vom Nachweis werde festgestellt, dass der Kläger trotz des zahnärztlichen Eingriffs die Prüfung begonnen und auch abgegeben habe. Er habe gewusst, dass er am Tag vorher operiert worden sei und habe infolge dessen auch Medikamente eingenommen. Er habe auch nicht unmittelbar nach der Prüfung den Mangel gerügt, prüfungsunfähig gewesen zu sein. Erst nach Kenntnis über das Nichtbestehen und Zustellung des Bescheids über das endgültige Nichtbestehen sei Widerspruch eingelegt worden.
9
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2022, den Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 22. August 2022, wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen und sinngemäß ausgeführt, der Widerspruch sei zwar zulässig, insbesondere durch das Schreiben vom 25. April 2022, eingegangen am 26. April 2022, gemäß §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO form- und fristgerecht erhoben worden. Der Widerspruch sei jedoch unbegründet. Eine nochmalige Überprüfung der Sach- und Rechtslage habe ergeben, dass der Bescheid vom 13. März 2022 rechtlich nicht zu beanstanden sei.
10
Gemäß § 39 Abs. 1 und 2 der Fachprüfungsordnung für den Bachelor- und Masterstudiengang Informatik an der Technischen Fakultät der F.-A.-Universität E.-N. (FAU) – FPOINF – vom 21. September 2007 in der Fassung vom 3. Dezember 2019 sei die Bachelorprüfung nur bestanden, wenn alle Module der Anlage 1 der FPOINF bestanden seien, also auch das Modul „Konzeptionelle Modellierung“. Insgesamt seien dem Kläger gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Studien- und Prüfungsordnung für die Bachelor- und Masterstudiengänge und die sonstigen Studien i.S.d. Art. 56 Abs. 6 BayHSchG an der Technischen Fakultät der F.-A.-Universität E.-N. (FAU) – ABMPO/TechFak – vom 18. September 2007 in der Fassung vom 20. Februar 2019 drei Prüfungsversuche zugestanden, um das Modul „Konzeptionelle Modellierung“ zu bestehen. Er sei jedoch in allen drei unternommenen Prüfungsversuchen gescheitert. Somit habe er gemäß § 39 Abs. 2 FPOINF auch den Studiengang Informatik (Bachelor of Science) endgültig nicht bestanden.
11
Der Vortrag, der Kläger sei wegen der zahnärztlichen Behandlung am Vortag der Prüfung vom 16. Februar 2022 nicht prüfungsfähig gewesen, müsse zurückgewiesen werden, denn eine Prüfungsunfähigkeit könne nicht im Nachhinein geltend gemacht werden. Gesundheitliche Probleme könnten im Rahmen einer Prüfung nur dadurch geltend gemacht werden, dass im Vorfeld ein Nachteilsausgleich begehrt oder ein Rücktritt von der Prüfung wegen Prüfungsunfähigkeit erklärt werde. Der Rücktritt von der Prüfung müsse unverzüglich ab Kenntnis von der gesundheitlichen Beeinträchtigung erfolgen, und zwar vor oder spätestens während der Prüfung (jedenfalls noch vor Abgabe der Prüfungsarbeit). Ein Rücktritt von der Prüfung könne nachträglich grundsätzlich nicht mehr erfolgen. Der Kläger hätte also am Tag vor der Prüfung nach seiner zahnärztlichen Behandlung oder spätestens während der Prüfung, als er gemerkt habe, dass seine gesundheitlichen Probleme ihn an der Erbringung der Prüfungsleistung hinderten, die Prüfung abbrechen und den krankheitsbedingten Rücktritt von der Prüfung erklären müssen. Dies habe er jedoch nicht getan. Ein Abwarten der Bewertung der Prüfung und ein nachträglicher Rücktritt im Falle des Nichtbestehens seien aus Gründen der Chancengleichheit nicht möglich.
12
Im Nachhinein könne ein Rücktritt von der Prüfung nur dann erfolgen, wenn eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit geltend gemacht und nachgewiesen werde. Eine solche habe der Kläger allerdings weder geltend gemacht noch nachweisen können. Selbst wenn die in der Widerspruchsbegründung gelieferte Übersetzung des vorgelegten Auszugs seiner Patientenakte zutreffend sein sollte, was jedoch nicht nachgewiesen sei, so könne weder daraus noch aus dem Vortrag des Klägers eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit geschlossen werden, denn es würden keine Aussagen darüber getroffen, ob und warum eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Prüfung am 16. Februar 2022 vorgelegen habe. Eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit liege im Übrigen auch dann schon nicht vor, wenn einem Prüfling seine gesundheitlichen Beschwerden in den wesentlichen Merkmalen bewusst seien und er die Auswirkungen der Erkrankung auf seine Leistungsfähigkeit erfasse. Dies sei im Fall des Klägers zu bejahen. Bei den von ihm geschilderten schmerzhaften Beschwerden hätte ihm bewusst sein müssen, dass diese Beeinträchtigungen zu einer Prüfungsunfähigkeit führen könnten. Somit hätte er im Vorfeld und während der Klausur besonders auf seine Beschwerden achten müssen und bei Auftreten von relevanten leistungsmindernden Beschwerden rechtzeitig den Rücktritt erklären müssen. Wer während der Prüfung keine erhebliche Verminderung seiner Leistungsfähigkeit bemerke, sondern erst nach Bekanntgabe des (negativen) Prüfungsergebnisses, sei in der Regel nicht (unerkannt) prüfungsunfähig gewesen. Da eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit nur geltend gemacht werden könne, wenn ausreichend dargelegt und nachgewiesen werde, dass der Prüfling seine Prüfungsunfähigkeit in der Prüfung nicht erkannt habe und auch während der Prüfung nicht in der Lage gewesen sei, seine Prüfungsunfähigkeit zu erkennen, müsse ein Attest auch genau diese Punkte ausweisen, um als Nachweis für eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit dienen zu können. Diesen Nachweis könne der Kläger hier allerdings nicht führen. Da somit weder rechtzeitig ein Rücktritt von der Prüfung geltend gemacht worden sei noch eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit vorliege, habe der Prüfungsausschuss rechtsfehlerfrei beschlossen, dem Widerspruch vom 25. April 2022 nicht abzuhelfen.
13
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. September 2022, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der Kläger Klage erhoben.
14
Zur Begründung lässt er im Wesentlichen und sinngemäß vortragen, er habe sich entgegen der Auffassung der Beklagten am 16. Februar 2022 bei der Prüfung im Modul „Konzeptionelle Modellierung“ in einem nicht prüfungsfähigen Zustand befunden. Eine Prüfungsunfähigkeit könne auch im Nachhinein geltend gemacht werden, dies verkenne die Beklagte. Er habe unverzüglich nach Erhalt des Bescheids vom 13. März 2022, elektronisch übermittelt am 3. April 2022, Widerspruch erhoben und diesen zeitnah fristgerecht begründet. Nach der Rechtsprechung liege eine krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit vor, wenn die zu prüfende Leistungsfähigkeit des Kandidaten durch eine Gesundheitsstörung erheblich beeinträchtigt oder gemindert sei. Dies sei hier der Fall, da er gemäß dem ärztlichen Attest der Zahnärztin … am 15. Februar 2022 dringend zahnärztliche Hilfe in Anspruch nehmen habe müssen, nachdem er sich in sehr schmerzhafter Art und Weise ein Stück eines Hühnerknochens tief ins Zahnfleisch eingebissen gehabt habe. Sowohl die Entzündung des Zahnfleisches als auch die Medikation während der Behandlung sowie die daraus folgende Einnahme von Augmentan und größerer Mengen „IBU 600“ am Abend des 15. Februar 2022 sowie am Morgen vor der Prüfung des 16. Februar 2022 zur Schmerzbehandlung hätten zu einem Zustand geführt, der es ihm überhaupt nicht erlaubt habe, an Prüfungen teilzunehmen. Er sei damit objektiv prüfungsunfähig gewesen. Subjektiv habe er sich aber prüfungsfähig gefühlt, weil die Schmerzen verschwunden gewesen seien. Aufgrund der geschilderten Umstände stehe fest, dass er seine Prüfungsunfähigkeit subjektiv und objektiv nicht erkannt habe und auch nicht erkennen habe können. Er habe nicht wissen können, dass die Auswirkungen und Nebenwirkungen der eingenommenen Medikamente seine Prüfungsfähigkeit massiv beeinträchtigt hätten. Aufgrund seiner Jugend und Unerfahrenheit sowie der Tatsache, dass er so gut wie nie bisher ärztlicher Hilfe bedurft habe, sei ihm entschuldbar unbekannt gewesen, welche Auswirkungen die Entzündung nebst fibrösem Zustand einschließlich der eingenommenen Medikamente auf seine Prüfungsfähigkeit gehabt hätten.
15
Auch habe er der behandelnden Ärztin nicht mitgeteilt gehabt, dass er am nächsten Tag noch eine Prüfung schreiben müsse. Daher seien ihm seine Gesundheitsbeschwerden im Moment der Prüfungsleistung gerade nicht – auch nicht in den wesentlichen Merkmalen – bewusst gewesen und er hätte eben gerade nicht die Auswirkungen der Erkrankung auf seine Leistungsfähigkeit erfassen können. Ein Dauerleiden bzw. eine Dauererkrankung hätten unstreitig nicht vorgelegen. Damit ergebe sich, dass sowohl die Behandlung als auch die Medikation einen konkreten zeitlichen und sachlichen Bezug zu der Prüfung am 16. Februar 2022 hätten. Der Rücktritt nach Abschluss der Prüfung, der konkludent in dem Widerspruch vom 25. April 2022 und dem vorgelegten ärztlichen Attest enthalten sei, sei damit rechtmäßig.
16
Der Rücktritt sei auch zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgt, nachdem er von seiner unerkannten Prüfungsfähigkeit Kenntnis erlangt habe. Er sei erstmalig am 25. April 2022 von seinem Bevollmächtigten darüber aufgeklärt worden, dass hier möglicherweise eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit vorliege. Dies sei ihm vorher überhaupt nicht bewusst und bekannt gewesen. Infolgedessen sei noch am selben Tag Widerspruch erhoben worden. Nach Eingang des im Nachgang von ihm angeforderten ärztlichen Berichts bei seinen Bevollmächtigten am 2. Mai 2022 sei unverzüglich die Begründung des Widerspruchs gefertigt worden. Somit habe er unverzüglich nach Kenntnis seiner Prüfungsunfähigkeit diese gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
17
Bei der am 29. April 2022 erfolgten Nachuntersuchung durch die Zahnärztin … habe er dieser auch mitgeteilt, dass hier aus anwaltlicher Sicht möglicherweise eine Prüfungsunfähigkeit am 16. Februar 2022 vorgelegen haben könnte, was er vorher sich nicht im Entferntesten vorstellen habe können. Hierbei sei ihm durch die Ärzte mitgeteilt worden, dass aufgrund der Diagnose und Behandlung einschließlich der Medikation sowie seiner mitgeteilten Einnahme einer größeren Menge „IBU 600“ am Abend nach der Behandlung und am nächsten Morgen vor der Prüfung eine Prüfungsunfähigkeit vorgelegen habe.
18
Der Kläger beantragt wörtlich, zu erkennen:
19
Der Bescheid der F.-A.-Universität E.-N. vom 13.03.2022, Az: … in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2022 Az: … wird aufgehoben.
20
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger weiterhin zum Studiengang Informatik (Bachelor of Science) mit Prüfungsanspruch zuzulassen.
21
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen weiteren Wiederholungsversuch zur Ablegung der Prüfung im Modul 93139 – Konzeptionelle Modellierung – zu gewähren.
22
Die Beklagte beantragt,
23
Sie trägt über ihre bisher im Verwaltungsverfahren getätigten Äußerungen sinngemäß im Wesentlichen vor, die Jugend und Unerfahrenheit des Klägers schlössen hier nicht das Erkennen von Auswirkungen gesundheitlicher Beschwerden auf die Leistungsfähigkeit aus, zumal dies im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ erfasst werde, und der Kläger bereits durch das dreisemestrige Studium und die vorherigen zwei Versuche der Klausur im Modul „Konzeptionelle Modellierung“ Einblicke in den Ablauf universitärer Prüfungen erhalten habe. Für die Feststellung der Prüfungsunfähigkeit sei in erster Linie der Prüfling selbst verantwortlich. Er habe sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände, insbesondere durch Krankheit, erheblich beeinträchtigt sei. Er habe dann – bejahendenfalls – daraus unverzüglich die in der Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen. Das ergebe sich aus der aus dem Prüfungsrechtsverhältnis erwachsenden Obliegenheit des Prüflings, im Prüfungsverfahren mitzuwirken, die ihren Rechtsgrund in dem – auch im Prüfungsrechtsverhältnis – geltenden Grundsatz von Treu und Glauben habe. Gerade bei einem chirurgischen Eingriff könne vorausgesetzt werden, dass der Prüfling in Betracht ziehe, dass die ihm verschriebenen Medikamente Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit in der Prüfung, welche gerade am nächsten Tag stattgefunden habe, haben könnten. Dazu könne erwartet werden, dass der Prüfling den ihn behandelnden Arzt ausdrücklich danach frage, ob dieser die Prüfung aus ärztlicher Sicht für vertretbar halte. Die Prüfungsunfähigkeit könne ausnahmsweise nur dann nachträglich berücksichtigt werden, wenn der Prüfling sich trotz Krankheit in Unkenntnis der Prüfungssituation ausgesetzt habe und seinen Nachteil nicht etwa nach ärztlicher Beratung durch Rücktritt oder Verschiebung der Prüfung abwenden habe können. Der Kläger habe der behandelnden Ärztin am Vortag jedoch offensichtlich wohl nicht mitgeteilt, dass er am darauffolgenden Tag eine Prüfung zu schreiben habe. Nach § 10 Abs. 3 Satz 4 ABMPO/TechFak sei in Fällen krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit ein Attest ausreichend, um von der Prüfung zurückzutreten. Dieses Attest sei jedoch erst am 3. Mai 2022 mit der Widerspruchsbegründung – somit nachdem der Kläger bereits zur Prüfung angetreten gewesen sei und diese mitgeschrieben und nicht bestanden gehabt habe – eingereicht worden. Mithin sei kein unverzüglicher Rücktritt von der Prüfung erfolgt, obwohl der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, nach der ärztlichen Behandlung am 15. Februar 2022 durch Attest von der Prüfung zurückzutreten.
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Darüber hinaus hätte der Rücktritt von der Prüfung sogar gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Satzung der FAU über die Abweichung von Regelungen in den Studien- und Prüfungssowie Promotions- und Habilitationsordnungen aufgrund von Einschränkungen im Lehr- und Prüfungsbetrieb durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 – Corona-Satzung – durch bloßes Fernbleiben von der Prüfung erfolgen können. Eine Säumnis habe im Wintersemester 2021/2022 noch generell als entschuldigt gegolten und die Pflicht zur Vorlage eines ärztlichen Attestes bei Nichtteilnahme an angemeldeten universitären Prüfungen sei ausgesetzt gewesen. Der Kläger sei also „ohne Not“ zur Prüfung angetreten. Er habe sich dementsprechend bewusst für die Ablegung der Prüfung entschieden, sei also auch das Risiko des Nichtbestehens eingegangen. Somit habe er auch die Konsequenzen dieser Entscheidung zu tragen und könne nicht im Nachhinein – nach Feststellen des Nichtbestehens – noch einen Rücktritt geltend machen oder sich auf eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit berufen.
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Außerdem sei jemand, der während der Prüfung keine erhebliche Verminderung seiner Leistungsfähigkeit bemerke, sondern erst nach Bekanntgabe des (negativen) Prüfungsergebnisses, in der Regel nicht (unerkannt) prüfungsunfähig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gebiete es auch der das gesamte Prüfungsverfahren beherrschende, verfassungsrechtlich gewährleistete Grundsatz der Chancengleichheit, dass auch ein nachträglicher Rücktritt von der Prüfung unverzüglich geltend gemacht werde, wobei an die Unverzüglichkeit ein strenger Maßstab anzulegen sei. Ein Prüfungsrücktritt sei demnach dann nicht mehr unverzüglich, wenn der Prüfling die Rücktrittserklärung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben habe, zu dem sie von ihm zumutbarer Weise hätte erwartet werden können. Dem Kläger wäre es zumutbar gewesen, den Rücktritt von der Prüfung sofort nach der zahnärztlichen Operation oder spätestens während der Prüfung zu erklären, noch vor der Abgabe der Prüfungsarbeit und nicht erst nach Kenntnis des negativen Prüfungsergebnisses. Dafür, dass hier keine Unverzüglichkeit mehr vorliege, spreche bereits der Vortrag des Bevollmächtigten des Klägers in der Klageschrift vom 21. September 2022. Dort sei nämlich geltend gemacht, dass der Kläger erst nach Zugang des Bescheids vom 13. März 2022 über das endgültige Nichtbestehen anwaltliche Beratung ersucht und sich erst im Zuge dessen über eine Prüfungsunfähigkeit Gedanken gemacht habe. Es sei nicht entscheidend, dass dem Kläger vor der Beratung durch seine Bevollmächtigten das rechtliche Konstrukt der unerkannten Prüfungsunfähigkeit nicht bekannt gewesen sei. Für eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit sei allein entscheidend, dass der Prüfling nicht in der Lage gewesen sei, seinen Zustand medizinisch als eine bestimmte Krankheit zu diagnostizieren oder rechtlich als „Prüfungsunfähigkeit“ zu würdigen. Dies sei beim Kläger eindeutig nicht der Fall gewesen, denn ihm sei klar gewesen, dass er eine Zahnoperation hinter sich und dass er Medikamente eingenommen gehabt habe. Warum ihm nicht klar gewesen sein solle, dass dies eine Krankheit sei, derentwegen er von der Prüfung hätte zurücktreten können, sei nicht ersichtlich.
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Der Kläger könne auch nicht damit argumentieren, er habe nicht gewusst, dass bei Krankheit ein Rücktritt von der Prüfung möglich sei. Das sei keine unerkannte Prüfungsunfähigkeit, sondern eine unbeachtliche Unkenntnis der Rechtslage. Außerdem müsse ein Nachweis für eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit vorliegen, damit eine solche überhaupt in Betracht gezogen werden könne. Ein solcher Nachweis sei in der Regel in Form eines Attestes zu führen. Das vom Kläger vorgelegte Attest und die dazugehörigen Unterlagen träfen jedoch keinerlei Aussage zu einer angeblich unerkannten Prüfungsunfähigkeit.
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Hierzu lässt der Kläger über das bisher Vorgebrachte im Wesentlichen und sinngemäß ausführen, seine objektive Prüfungsunfähigkeit werde auch durch weitere Ausführungen der behandelnden Ärztin … belegt. Der Kläger hat hierzu ein in polnischer Sprache verfasstes Dokument, datiert auf den 20. September 2022, vorlegen lassen, dessen Übersetzung wie folgt laute:
„Der Patient … wurde am 15.02.2022 in der Zahnärztlichen Praxis behandelt.
Der Grund der Vorstellung war eine starke Entzündung der Zahnzwischenräume 36 und 37.
Die massive Entzündung ist entstanden aufgrund eines Fremdkörpers zwischen Zahnfleisch und Zahnzwischenraum.
Nach Applikation einer großen Dosis Betäubungsmittel konnte der Fremdkörper entfernt werden. Aufgrund des Allgemeinzustandes, massiver Schmerzen, Schwellung im Bereich des Zahnfleisches und subfebriler Zustand wurde die antibiotische Therapie angeordnet und begonnen. Die starke Schmerzsymptomatik die angewendeten Medikamente, „Betäubung Antibiose“ sowie Überempfindlichkeit haben die Konzentration und Wahrnehmung sehr eingeschränkt.“
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Ihm seien die wesentlichen Merkmale seiner gesundheitlichen Beschwerden nicht bewusst gewesen. Erst recht habe er die Auswirkungen der Erkrankung auf seine Leistungsfähigkeit nicht erfassen können. Er sei noch nie bei einer Prüfung krank gewesen und habe damit überhaupt kein Wissen oder Erfahrung im Umgang mit einer Prüfung gehabt. Daher habe er auch gar nicht wissen können – noch nicht einmal in einer Parallelwertung in der Laiensphäre –, dass hier, nachdem seine Schmerzen durch die Medikamente entfallen gewesen seien und er sich damit subjektiv prüfungsfähig gefühlt habe, trotzdem tatsächlich erhebliche Konzentrations- und Wahrnehmungseinschränkungen vorgelegen hätten, die zu einer Prüfungsunfähigkeit geführt hätten. Dies verkenne die Beklagtenseite, die hier auf Schmerzen abstelle, die aber gerade wegen der Behandlung bei der Zahnärztin am Prüfungstag gar nicht mehr vorgelegen hätten.
29
Jeder Durchschnittsmensch würde nach einer Schmerzbehandlung beim Zahnarzt sowie nach Wegfall der Schmerzen durch Einnahme von Medikamenten davon ausgehen, dass er wieder vollständig belastbar sei, auch wenn dies faktisch nicht der Fall sei. In einem solchen Fall sei es gerade keine vorwerfbare Pflichtverletzung, wenn man dem Arzt einen am nächsten Tag folgenden Prüfungstermin nicht mitteile. Daher seien ihm seine Gesundheitsbeschwerden im Moment der Prüfungsleistung gerade nicht – auch nicht in den wesentlichen Merkmalen – bewusst gewesen und er habe eben gerade nicht die Auswirkungen der Erkrankung auf seine Leistungsfähigkeit erfassen können. Es sei sehr wohl ärztlicherseits eine Prüfungsunfähigkeit für den 16. Februar 2022 festgestellt worden. Auch habe er seine Prüfungsunfähigkeit entschuldbar nicht gekannt.
30
Ebenso liege entgegen der Auffassung der Beklagten eine unverzügliche Rücktrittserklärung vor. Die Beklagtenseite setze sich überhaupt nicht mit den vorgetragenen Argumenten auseinander. Wenn die Beklagte nach Vorlage all dieser Fakten meine, sie müsse ausführen, dass zum Zeitpunkt der Prüfung aufgrund der Corona-Satzung der Rücktritt durch bloßes Fernbleiben von der Prüfung hätte erfolgen können, weil eine Säumnis im Wintersemester 2021/2022 noch generell als entschuldigt gegolten habe und eine Pflicht zur Vorlage eines ärztlichen Attestes ausgesetzt gewesen sei, könne dies „glatt“ als Verhöhnung angesehen werden, abgesehen davon, dass die Beklagte sich damit widersprüchlich verhalte und auch einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz belege. Denn es gebe keinerlei Rechtfertigung dafür, dass derjenige, der einfach nicht zur Prüfung antrete, bessergestellt werde als der, der alles versucht habe, die Prüfung abzulegen, und erst nachträglich und entschuldbar von seiner Prüfungsunfähigkeit erfahre und unverzüglich ein Attest vorlege.
31
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die erhobene Klage mit dem Ziel der Gewährung eines erneuten Prüfungsversuchs im Modul „Konzeptionelle Modellierung“ ist zwar zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
33
1. Die als Anfechtungsklage gegen den Bescheid über das endgültige Nichtbestehen des Studiengangs Informatik (Bachelor of Science) sowie als Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage gegen die Ablehnung einer weiteren Wiederholungsmöglichkeit erhobene Klage ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 und 2 VwGO). Insbesondere steht der Zulässigkeit nicht eine mögliche Verfristung des Widerspruchs nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO entgegen. Insofern ist anerkannt, dass die Widerspruchsbehörde in Fällen der Nichteinhaltung der Widerspruchsfrist die Klagemöglichkeit gegen den an sich bestandskräftigen Bescheid neu eröffnet, sofern sie ihre Widerspruchsentscheidung nicht auf die Verfristung stützt, sondern stattdessen in der Sache entscheidet (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 70 Rn. 8 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2022 – auch wenn sie nach Aktenlage zuvor eine Verfristung des Widerspruchs in Betracht gezogen hatte – materiell über das Begehren des Klägers entschieden und sich nicht auf Verfristung berufen.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 13. März 2022 über das endgültige Nichtbestehen in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2022 unter Ablehnung einer weiteren Wiederholungsmöglichkeit des Moduls „Konzeptionelle Modellierung“ ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat das Begehren des Klägers auf Zulassung zu einer weiteren Wiederholungsprüfung zu Recht abgelehnt. Dem Kläger steht kein Anspruch auf einen erneuten Prüfungsversuch zu, § 113 Abs. 5, Abs. 1 VwGO. Ein solcher ergibt sich weder aus der einschlägigen Prüfungsordnung (a.) oder aus höherrangigem Recht (b.) noch aus einem Prüfungsrücktritt, auch nicht mit Blick auf eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit (c.). Schließlich steht dem Kläger auch kein Anspruch auf einen erneuten Wiederholungsversuch aus Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf seinen Vortrag zu, derjenige, der aufgrund der Corona-Satzung einfach nicht zur Prüfung angetreten sei, werde bessergestellt als der, der erst nachträglich und entschuldbar von seiner Prüfungsunfähigkeit erfahre und unverzüglich ein Attest vorlege(d.).
35
a. Die einschlägige Prüfungsordnung sieht keinen weiteren Prüfungsversuch vor.
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§ 28 Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Studien- und Prüfungsordnung für die Bachelor- und Masterstudiengänge an der Technischen Fakultät der F.-A.-Universität E.-N. (FAU) – ABMPO/TechFak – vom 18. September 2007 in der Fassung vom 20. Februar 2019 regelt, dass mit Ausnahme der Grundlagen- und Orientierungsprüfung sowie der Bachelorarbeit jede nicht bestandene Modulprüfung oder Modulteilprüfung zweimal wiederholt werden kann; Studienleistungen können beliebig oft wiederholt werden. Wiederholungsmöglichkeiten darüber hinaus sieht die bezeichnete Prüfungsordnung nicht vor, insbesondere keine Härtefallregelung.
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Danach besitzt der Kläger keinen Anspruch auf eine weitere Wiederholungsprüfung. Denn er hat in dem hier in Frage stehenden Modul „Konzeptionelle Modellierung“ alle von der Prüfungsordnung vorgesehenen Prüfungsversuche in Gestalt des Erstversuchs und zweier Wiederholungsversuche vollständig ausgeschöpft.
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b. Ein Anspruch auf eine weitere Wiederholungsprüfung folgt auch nicht aus höherrangigem Recht. Sieht die Prüfungsordnung wie vorliegend die Einräumung einer weiteren Wiederholungsprüfung – beispielsweise aus Härtefallgesichtspunkten – nicht vor, hat der Prüfling keinen Anspruch auf erneute Prüfungsmöglichkeit. Ein solcher folgt weder aus der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG noch aus dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG oder anderen übergeordneten rechtlichen Gesichtspunkten (vgl. Fischer in Fischer/Jeremias/Dietrich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 770 mit Verweis auf VG Schleswig, U.v. 11.8.2020 – 7 A 132/19 – BeckRS 2020, 50615 Rn. 39 ff. und VG Ansbach, U.v. 29.06.2020 – AN 2 K 19.1777 – BeckRS 2020, 26554 Rn. 45 ff.).
39
Im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 101 BV ist die Beschränkung auf insgesamt drei Prüfungsversuche nach § 28 Abs. 1 Satz 1 ABMPO/ TechFak gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Dass Prüfungen innerhalb eines Studiums nicht endlos wiederholt werden können, dient zum einen dazu, die Eignung der Studierenden für einen bestimmten Beruf feststellen zu können, und zum anderen dem Interesse der Allgemeinheit, dass begrenzte Ausbildungsressourcen für solche Studierende genutzt werden sollen, die ihre Qualifikation in den von der Prüfungsordnung vorgesehenen Prüfungen bzw. Prüfungswiederholungen nachweisen können (vgl. zu letzterem Gesichtspunkt Fischer in Fischer/ Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 769). Zwar stellen Prüfungen zwangsläufig lediglich Stichproben der Fähigkeiten eines Prüflings zu einem bestimmten Zeitpunkt – dem der Prüfungsleistung – dar. Dabei ist die Aussagekraft einer einzelnen Stichprobe begrenzt (vgl. zum Ganzen OVG Münster, U.v. 26.11.1993 – 22 A 3246/92 – BeckRS 1994, 20557; BVerfG, B.v. 14.3.1989 – 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 – NVwZ 1989, 850, 853). So mag die Stichprobe zufällig gerade einen Zeitpunkt erfassen, der nicht die durchschnittliche Leistungsfähigkeit des Prüflings widerspiegelt, sondern „Ausreißer“ des Leistungsvermögens nach oben oder unten abbildet. Aus diesem Grund ist die einmalige Wiederholungsmöglichkeit einer Prüfung verfassungsrechtlich geboten, aber auch ausreichend (vgl. BVerwG, B.v. 12.11.1998 – 6 PKH 11.98 – juris Rn. 6; BVerwG, B.v. 7.3.1991 – 7 B 178.90 – juris Rn. 14; Fischer/Jeremias/ Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 766, 769).
40
Der Grund für das verfassungsrechtliche Gebot lediglich einer Wiederholungsmöglichkeit liegt letztlich darin begründet, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass sogar zwei – zeitlich zufällige – Stichproben in das Leistungsvermögen des Prüflings jeweils nicht nur „Ausreißer“, sondern zudem noch „Ausreißer nach unten“ abbilden. Dem stehen zumindest vorliegend auch nicht die in VG Düsseldorf, U.v. 11.6.2013 – 2 L 782/13 – BeckRS 2013, 53861, vertretenen Bedenken entgegen. Die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz betraf eine modularisierte Fachprüfung für Polizeivollzugsbeamten mit insgesamt 29 Teilprüfungen, wobei für den erfolgreichen Abschluss des Studiums alle 29 Prüfungen bei jeweils einem Wiederholungsversuch und ohne Ausgleichsmöglichkeiten bestanden werden mussten. Dies ist mit der vorliegenden Fallgestaltung schon deswegen nicht vergleichbar, weil § 28 Abs. 1 Satz 1 ABMPO/TechFak für die hier in Frage stehende Prüfung zwei Wiederholungsversuche einräumt. Schließlich gebieten weder das Grundgesetz noch die Bayerische Verfassung, dass eine Prüfung unbegrenzt wiederholt werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 14.3.1989 – 1 BvR 1033/82 – juris Rn. 96; BayVerfGH, E.v. 27.1.1994 – 14-VII-92 – NVwZ 1994, 503).
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Hier geht die einschlägige Prüfungsordnung über die dargelegten verfassungsrechtlichen Vorgaben hinaus, indem sie den Studierenden für die hier betroffene Prüfung zwei Wiederholungsmöglichkeiten einräumt. Danach ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte vorliegend nach insgesamt drei nicht bestandenen Prüfungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger nicht die notwendige Eignung für den gewählten Studiengang und darauf aufbauend später auszuübende Berufe besitzt und mithin den Studiengang Informatik endgültig nicht bestanden hat.
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Die Entscheidung, dem Kläger keine weitere Wiederholungsmöglichkeit einzuräumen, ist auch verhältnismäßig im Einzelfall. Der Zweck der Begrenzung von Wiederholungsmöglichkeiten liegt in dem legitimen Interesse der Allgemeinheit, dass begrenzte Ausbildungsressourcen für solche Studierende genutzt werden, die ihre Qualifikation spätestens in den nach der Prüfungsordnung vorgesehenen Wiederholungsversuchen nachweisen (vgl. Fischer in Fischer/Jeremias/ Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 769). Hierfür ist das Mittel der Begrenzung von Prüfungsmöglichkeiten auch vorliegend nicht nur geeignet, sondern auch erforderlich. Denn jede weitere Wiederholungsmöglichkeit würde das Ziel der effektiven Nutzung begrenzter Ressourcen weniger wirksam verwirklichen. Die Versagung einer weiteren Wiederholungsprüfung ist hier auch angemessen. So ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kläger – über das verfassungsrechtlich Gebotene hinaus – drei Prüfungsversuche erhalten hat. Des Weiteren war der Kläger den geltend gemachten Härten im Zusammenhang mit der fraglichen Prüfung rechtlich betrachtet nicht schutzlos ausgeliefert. Vielmehr hätte er nach § 10 Abs. 3 Satz 4 ABMPO/ TechFak vor der Prüfung den Rücktritt erklären können. Zudem hätte er aufgrund der Sonderregelungen der FAU während der Coronapandemie gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Corona-Satzung der FAU vom 17. April 2020 in der Fassung vom 6. August 2021 sogar voraussetzungslos den Rücktritt erklären können.
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c. Ein Anspruch des Klägers auf einen weiteren Wiederholungsversuch ergibt sich ferner nicht, soweit er geltend macht, am Prüfungstag unerkannt prüfungsunfähig gewesen zu sein und er deshalb nachträglich einen Prüfungsrücktritt erklärt habe.
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Anerkannt ist, dass es dem Prüfling obliegt, den Rücktritt von der Prüfung unverzüglich zu erklären, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 282). Das Gebot der Unverzüglichkeit dient dazu, missbräuchliches Prüfungsverhalten zu vermeiden (Fischer/Jeremias/Dieterich a.a.O.). Die Voraussetzung der Unverzüglichkeit ist Ausdruck des im Prüfungsrechtsverhältnis geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit (Fischer/Jeremias/Dieterich a.a.O. Rn. 283). Danach fehlt es grundsätzlich jedenfalls dann an der Unverzüglichkeit, wenn der Prüfling das (negative) Ergebnis der Prüfung abwartet und erst anschließend den Rücktritt erklärt. Denn es entspricht weder Treu und Glauben noch prüfungsrechtlicher Chancengleichheit, sich im Unterschied zu den übrigen Prüfungsteilnehmern erst in Kenntnis des Prüfungsergebnisses für oder gegen einen neuen Prüfungsversuch zu entscheiden (so zur Rügeobliegenheit Fischer/Jeremias/Dieterich a.a.O. Rn. 218).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt hier kein unverzüglich erklärter Prüfungsrücktritt vor. Denn der Kläger hat sich hinsichtlich einer Wiederholungsprüfung erst nach Kenntnisnahme des Nichtbestehens seines letzten Prüfungsversuchs an die Beklagte gewandt. Eine Rücktrittserklärung erfolgte insofern erstmals – konkludent – mit Schreiben vom 3. Mai 2022, mit dem mitgeteilt worden ist, dass der Kläger am Tag vor der Prüfung zahnärztliche Hilfe in Anspruch habe nehmen müssen und er sich aufgrund der Einnahme u.a. von Schmerzmitteln am Prüfungstag in einem prüfungsunfähigen Zustand befunden habe. Entgegen der Auffassung der Klägerseite kann dagegen nicht schon in der Einlegung des Widerspruchs gegen den streitgegenständlichen Bescheid mit Schreiben vom 25. April 2022, eingegangen bei der Beklagten am 26. April 2022, eine Rücktrittserklärung wegen unerkannter Prüfungsunfähigkeit gesehen werden. Die Einlegung des Widerspruchs ist nämlich lediglich fristwahrend und somit ohne jegliche Begründung erfolgt. Mithin war nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Widerspruch eingelegt worden ist. Ebenso in Betracht gekommen wäre insoweit beispielsweise die Erhebung von Bewertungsrügen.
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Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze unerkannter Prüfungsunfähigkeit ist hier nicht von einem Anspruch des Klägers auf einen erneuten Prüfungsversuch auszugehen.
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Die nachträglich geltend gemachte Prüfungsunfähigkeit ist lediglich dann ausnahmsweise zu berücksichtigen, wenn sich Prüflinge aufgrund Unkenntnis ihrer Krankheit oder krankheitsbedingter Fehleinschätzung der Prüfungssituation aussetzen und sie diesen Nachteil nicht zuvor, ggf. nach ärztlicher Beratung, durch Prüfungsrücktritt bzw. Verschiebung der Prüfung abwenden konnten. Dasselbe gilt, sofern den Prüflingen ihre Krankheit im Prüfungszeitpunkt zwar bekannt ist, diese sich aber während der Prüfung verschlimmert, ohne dass dies für die Prüflinge vorhersehbar oder in seiner Tragweite überschaubar ist (vgl. so zum Ganzen Jeremias in Fischer/ Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022 Rn. 290). Auch in Fällen unerkannter Prüfungsunfähigkeit obliegt es den Prüflingen, den Rücktritt unverzüglich bezogen auf den Zeitpunkt zu erklären, in dem sie die bis dahin unerkannte Prüfungsunfähigkeit erkannt haben. Auch obliegt es Prüflingen regelmäßig, sich bereits im Fall subjektiven Krankheitsverdachts ärztlich untersuchen zu lassen. Wird der Rücktritt wegen unerkannter Prüfungsunfähigkeit erklärt, obliegt es den Prüflingen auch, mittels ärztlichen Attests nicht nur die Krankheit und deren Auswirkungen substantiiert darzulegen, sondern auch, aus welchem Grund eine frühere Rücktrittserklärung nicht möglich oder unzumutbar gewesen ist (vgl. zum Ganzen Jeremias in Fischer/Jeremias/ Dieterich a.a.O. Rn. 291).
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Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann – auch wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, er sei am Tag der Prüfung prüfungsunfähig gewesen – dahinstehen, ob sein Rücktritt unter dem 3. Mai 2022 unverzüglich erfolgt ist. Denn jedenfalls scheidet hier ein Prüfungsrücktritt nach den Grundsätzen unerkannter Prüfungsunfähigkeit bereits deswegen aus, weil es dem Kläger zumutbar gewesen wäre, noch am Tag vor der Prüfung im Rahmen seines Zahnarztbesuches der Frage nachzugehen, ob er aufgrund der ärztlich attestierten, starken Schmerzsymptomatik infolge des Einstechens eines scharfen Knochenteils bei einer Mahlzeit, der damit verbundenen Entzündung des Zahnzwischenraums und anschließenden Zahnoperation sowie der verordneten Schmerztherapie und Antibiose Augmentan 1,0 am nächsten Tag prüfungsfähig ist. Bei einer entsprechenden Frage ist mit dem klägerischen Vortrag zudem davon auszugehen, dass er die – später schriftlich erteilte – Auskunft erhalten hätte, aufgrund der Einnahme der verordneten Schmerzmittel nicht prüfungsfähig zu sein. Stattdessen hatte der Kläger nach eigenem Vortrag im fraglichen Zeitpunkt nicht nach seiner Prüfungsfähigkeit gefragt. Insofern hätte er den geltend gemachten Nachteil, sich in Unkenntnis der Prüfungsunfähigkeit der Prüfungssituation ausgesetzt zu haben, nach ärztlicher Beratung durch Prüfungsrücktritt vor Beginn der Prüfung abwenden können.
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Darüber hinaus enthält das Prüfungsrechtsverhältnis wie bereits ausgeführt mit Blick auf den dort geltenden Grundsatz von Treu und Glauben zahlreiche Pflichten und Obliegenheiten des Prüflings. Insbesondere hat der Prüfling alles zu unterlassen, was dem Sinn und Zweck der Leistungskontrolle entgegenwirkt. Ihm ist es beispielsweise untersagt, sich gegenüber den Mitbewerbern unberechtigte Vorteile zu verschaffen, durch welche die Chancengleichheit verletzt würde, und die zur Wahrung der Chancengleichheit in der Prüfungsordnung enthaltenen verfahrensrechtlichen Regelungen – z.B. im Hinblick auf Anmeldungen, Anwesenheiten und Fristen – sind einzuhalten (Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich a.a.O. Rn. 213). Es ist auch Sache des Prüflings, sich rechtzeitig vor der Prüfung, aber auch insbesondere während der Prüfung, Klarheit über seine Prüfungsfähigkeit zu verschaffen und gegebenenfalls unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen und Prüfungsunfähigkeit spätestens dann, wenn er sich ihrer bewusst geworden ist, geltend zu machen (BayVGH, U.v. 23.9.2004 – 7 B 03.1192 – BeckRS 2004, 33535, VG Cottbus, U. v. 18.2.2011 – 1 K 1054/08 – BeckRS 2011, 50775). Zur Mitwirkungspflicht des Prüflings gehört auch, dass er sich bei Auftreten gesundheitlicher Beeinträchtigungen selbst um die Frage seiner Prüfungsfähigkeit und eines evtl. erforderlichen Rücktritts kümmert und dass diese Frage bei auftauchenden Zweifeln sofort geklärt wird (BayVGH, U.v. 23.9.2004 – 7 B 03.1192 – BeckRS 2004, 33535).
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Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hätte es sich dem Kläger – unabhängig von der Frage, ob er sich aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre während der Prüfung seiner Prüfungsunfähigkeit bewusst war bzw. bewusst sein musste – bereits am 15. Februar 2022, also am Tag vor der Prüfung, im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung aufdrängen müssen, seine behandelnde Zahnärztin aufgrund der aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Form einer starken Zahnschmerzsymptomatik und Entzündung des Zahnzwischenraums, die zu einem chirurgischen Eingriff geführt und anschließend die Einnahme mehrerer Schmerzmittel bedingt haben, nach seiner Prüfungsfähigkeit am folgenden Tag zu fragen. Da er dies nicht getan hat, hat er seine Obliegenheit aus dem Prüfungsrechtsverhältnis verletzt.
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Etwas anderes ergibt sich nicht etwa aus dem Einwand des Bevollmächtigten des Klägers, es sei zu bedenken, dass es sich beim Kläger um eine andere Generation handele, die vielleicht an die Sache nicht mehr so herangehe, wie sie es getan hätten, und es dem Kläger beim besten Willen nicht bewusst gewesen sei, dass es ein Problem mit der Prüfungsunfähigkeit geben könnte. Insofern ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im Zeitpunkt des Zahnarztbesuchs vor der streitgegenständlichen Prüfung fast 21 Jahre alt war, also volljährig, das Abitur abgeschlossen und ein Studium aufgenommen hatte. Mithin darf erwartet werden, dass er in der Lage ist, die Folgen seines Handelns bzw. Nichthandelns in hochschulrechtlichen Angelegenheiten zu überblicken, bzw. jedenfalls Beratung in Anspruch zu nehmen, zumal es sich vorliegend am 16. Februar 2022 um den Letztversuch der Prüfung im Modul „Konzeptionelle Modellierung“ gehandelt hat und es sich dem Kläger insoweit aufdrängen hätte müssen, dies bei seinem Arztbesuch zu erwähnen sowie seine Prüfungsfähigkeit am unmittelbar bevorstehenden Prüfungstag zu erfragen. Entgegen der Behauptung des Klägerbevollmächtigten ist insofern gerade nicht davon auszugehen, dass jeder Durchschnittsmensch nach einer Schmerzbehandlung beim Zahnarzt sowie nach Einnahme von Medikamenten davon ausgeht, wieder vollständig belastbar zu sein. Beispielsweise sei hier ggf. auch schon im Vorfeld entsprechender Behandlungen die Frage genannt, ob man nach der Behandlung fahrtüchtig sei. Inwieweit die Coronazeit und die geltend gemachte Tatsache, dass es sich beim Kläger tendenziell um einen Einzelgänger handele, eine Rolle spielen sollte für die Auffassung des Gerichts, es hätte beim Arztbesuch am Tag vor der Prüfung nahegelegen nachzufragen, ob er in der Lage sei, die anstehende Prüfung zu schreiben, ist nicht substantiiert vorgetragen. Allerdings musste dem Kläger – auch wenn der dargestellte Vortrag als zutreffend unterstellt wird – jedenfalls aus der Schulzeit noch vor der Coronapandemie bekannt sein, bei beeinträchtigenden gesundheitlichen Beschwerden ggf. einen Arzt zur Klärung der Prüfungsfähigkeit zu konsultieren und ggf. ein Attest über die Prüfungsunfähigkeit einzureichen. Dies gilt selbst dann, sollte er – wie vorgetragen – noch nie bei einer Prüfung krank gewesen sein. Denn es handelt sich hierbei um allgemein geltende Grundsätze, wobei davon ausgegangen werden darf, dass diese bekannt sind – und zwar unabhängig davon, ob man selbst bereits bei einem Prüfungstermin von Krankheit betroffen war oder nicht. Im Übrigen wäre es gerade mit Blick auf die vorgetragenen persönlichen Gegebenheiten des Klägers (insbesondere die Unerfahrenheit im Zusammenhang mit einer Erkrankung kurz vor oder während einer besonders wichtigen Prüfung) seine Obliegenheit gewesen, Rücksprache mit der behandelnden Ärztin oder auch der Hochschule zu halten, um zu klären, welche Folgen seine Erkrankung bzw. Schmerztherapie auf die anstehende Prüfung hat.
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d. Schließlich steht dem Kläger kein Anspruch auf einen erneuten Wiederholungsversuch aus Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf seinen Vortrag zu, derjenige, der aufgrund der Corona-Satzung einfach nicht zur Prüfung angetreten sei, werde bessergestellt als der, der erst nachträglich und entschuldbar von seiner Prüfungsunfähigkeit erfahre und unverzüglich ein Attest vorlege.
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Insofern ist zu berücksichtigen, dass derjenige, der erst nachträglich und entschuldbar – etwa trotz in Anspruch genommener ärztlicher Beratung zur Frage der Prüfungsfähigkeit – von seiner Prüfungsunfähigkeit erfährt und unverzüglich ein Attest vorlegt, bei dem also die Voraussetzungen für den Rücktritt nach den Grundsätzen der unerkannten Prüfungsunfähigkeit vorliegen, gerade einen erneuten Prüfungsversuch erhalten würde und insofern keine Ungleichbehandlung ersichtlich ist.
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Sofern der klägerische Vortrag dahingehend zu verstehen sein solle, er – der Kläger – stehe im konkreten Fall schlechter, weil bei ihm Voraussetzungen nach den Grundsätzen des Rücktritts wegen unerkannter Prüfungsunfähigkeit nicht anerkannt würden, rechtfertigt der bereits oben genannte, im Prüfungsrechtsverhältnis geltende Grundsatz der Chancengleichheit die geltend gemachte Ungleichbehandlung. Denn es soll gerade verhindert werden, dass sich Prüflinge, die zunächst zur Prüfung antreten und das Prüfungsergebnis abwarten, ihnen nicht zustehende weitere Prüfungschancen verschaffen, was im Verhältnis zu den anderen Prüflingen – die im Vorfeld der Prüfung den Rücktritt erklären – den Grundsatz der Chancengleichheit verletzen würde.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.