Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 15.12.2023 – AN 17 S 23.31653
Titel:

offensichtlich unbegründeter Asylantrag (Benin)

Normenketten:
AsylG § 30 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 36 Abs. 1, Abs. 4 S. 1
Asylverfahrens-RL Art. 31 Abs. 8 lit. e
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsätze:
1. Ein bloßes unsubstantiiertes, oberflächliches Vorbringen mit lediglich pauschalen, nicht ausreichend detaillierten und konkretisierten Angaben rechtfertigt nicht die Anwendung des Art. 31 Abs. 8 lit. e Asylverfahrens-RL. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nicht von Belang ist ein Vortrag dann, wenn aus diesem auch bei Wahrunterstellung rechtlich klar kein Schutzstatus nach § 3 oder § 4 AsylG folgen kann. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
offensichtlich unbegründeter Asylantrag (Asylantragsteller aus Benin oder T...), Unklarheit bzgl. Staatsangehörigkeit, behauptete und plausible Staatsangehörigkeit von Benin, Für internationalen Schutz ausreichend ist, wenn keine Gründe bzgl. eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit ein Antragsteller besitzt, vorliegen widersprüchlicher Vortrag zu Asylbegehren, Vortrag, der nicht von Belang ist i.S.v. Art. 31, Abs. 8 lit. a) der Asylverfahrens-RL (Gefahr, die von Privatperson ausgeht), Prüfung von Abschiebungsverboten in Bezug auf alle Staaten, die in Abschiebungsandrohung genannt sind, RL 2013/32/EU, Benin, offensichtlich unbegründeter Asylantrag, Anwendungsvorrang des Europarechts, widersprüchliche Angaben, Abschiebungsverbot
Fundstelle:
BeckRS 2023, 39711

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller ist nach seinen Angaben bei der Asylantragstellung am 20. September 2023 im Jahr 2002 in D. (Benin) geboren, beninischer Staatsangehöriger, von der Volkzugehörigkeit Dendi und sunnitischer Moslem. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates vom gleichen Tag gab er an, sein Herkunftsland Ende 2019 verlassen und über Niger, Algerien, wo er sich zwei Jahre aufgehalten habe, Tunesien und Italien am 14. August 2023 nach Deutschland eingereist zu sein.
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Bei seiner Anhörung in französischer Sprache nach § 25 AsylG am 22. November 2023 gab der Antragsteller hingegen an, aus seinem Heimatland im November 2020 ausgereist zu sein und sich anderthalb Jahr in Algerien und sechs Monate in Tunesien aufgehalten zu haben. Er sei Dendi und habe zuletzt in D... (Benin) gelebt, sechs Jahre die Grundschule besucht und als Hilfsarbeiter gearbeitet. Sein Vater sei beninischer Staatsangehöriger, der in T... lebe, seine Mutter sei T...erin.
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Zu seinen Asylgründen gab er an, wegen seines Bruders ausgereist zu sein. Sein Bruder sei vor seinem Chef geflohen, der diesen beschuldigt habe, einen wertvollen Gegenstand genommen zu haben. Der Bruder sei zu ihnen ins Haus geflüchtet. Weil sein Bruder nicht dagewesen sei, habe der Chef ihn mitgenommen, damit der Bruder zurückkomme. Er habe sechs Rinder hüten sollen, was er sechs Monate auch getan habe. Eines Morgens hätten drei Rinder gefehlt. Der Chef habe Leute geschickt, die ihn haben schlagen und einfangen sollen. Er sei aber schon mit Hilfe seines Bruders zuvor geflohen und habe sich versteckt. Auf Frage, ob es sich um den gleichen Bruder handle, korrigiert der Antragsteller, dass es sich um den Freund des Bruders gehandelt habe. Er sei Christ und habe sich im Untergeschoss einer Kirche versteckt. Dort habe man seine Verletzungen gepflegt, bis er nach einem Jahr geheilt gewesen sei. Man habe ihn dann in einen Bus Richtung Niger gesetzt. Seine Mutter sei verstorben gewesen und sein Halbbruder väterlicherseits habe ihm bei der Flucht geholfen. Zu ihm nach Hause sei nicht der Chef selbst gekommen, um ihn zu suchen, sondern seine Leute. Dies sei Anfang 2018 gewesen. Er befürchte bei einer Rückkehr, von dem Chef, der in … lebe und … genannt werde, getötet zu werden. Auf Frage, ob er den Chef bei der Polizei angezeigt habe, gab er an, dass die Polizei zu dem Chef halte. Auch eine Rückkehr nach T... würde für ihn den Tod bedeuten. Der Aufforderung, diese Aussage zu substantiieren, kam der Antragsteller nicht nach. Der Dolmetscher und der Entscheider beim Bundesamt stellten beim Antragsteller einen togoischen und keinen beninischen Akzent fest. Auf einen F...-Eintrag unter seinem Namen angesprochen, bestätigte der Antragsteller, dass es sich dabei um ihn handle. Zu den dortigen Einträgen und Fotos gab der Antragsteller an, dass das Foto, das ihn vor einem Laptop zeige, in Algerien bei einem Freund aufgenommen worden sei. In Dubai sei er nicht gewesen, wie dort angegeben. Das Foto, bei dem er vor einem Auto stehe, zeige das Auto des Freundes in Algerien. Der weitere F...-Auftritt, bei dem er als Profifußballer bezeichnet werde, wohnhaft in …, aus … und Schulausbildung in … (T...) genossen habe, sei ebenfalls von ihm. Er spiele Fußball, sei aber nicht aus T..., das habe er in F... nur geschrieben. Zu seinem Akzent gab er an, dass er aus beiden Ländern stamme und seine Mutter aus T... komme.
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Mit Bescheid vom 24. November 2023, dem Antragsteller zugestellt am 9. Dezember 2023, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1). Ebenso wurden die Anträge auf Asylanerkennung und auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Ziffern 2 und 3). Weiter stellte das Bundesamt fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 4) und drohte dem Antragsteller die Abschiebung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides in die Republik Benin oder in die Republik T... an, falls er nicht freiwillig ausreise und setzte dabei den Lauf der Ausreisefrist bis zum Ablauf der einwöchigen Klagefrist aus, im Falle der fristgerechten Antragstellung darüber hinaus bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des gerichtlichen Eilantrags (Ziffer 5). Es ordnete ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete dieses auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).
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Zur Begründung wird unter Bezugnahme auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ausgeführt, dass sich die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdränge und die Furcht vor Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden vom Antragteller nicht substantiiert vorgetragen worden sei, obwohl er auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen worden sei. Abschiebungsverbote lägen weder für Benin, dessen Staatsangehörigkeit der Antragsteller angegeben habe, noch für T..., dessen Staatsangehörigkeit der Antragsteller abgeleitet von seiner togoischen Mutter, ev. auch von einem togoischen Vater, habe, vor.
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Zur Niederschrift der Rechtsantragstelle des Verwaltungsgerichts Ansbach erhob der Antragsteller am 11. Dezember 2023 Klage (AN 17 K 23.31654) und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte und beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 24. November 2023 ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzulehnen.
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1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, nachdem der Klage keine aufschiebende Wirkung zukommt, sondern die Abschiebungsandrohung kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO. Der Antrag ist auch binnen Wochenfrist nach Bescheidsbekanntgabe (§§ 74 Abs. 1 Halbs. 2, 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) gestellt worden.
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2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, da ernstliche Zweifel im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG an der Rechtmäßigkeit der verfügten Abschiebungsandrohung im Ergebnis nicht bestehen. Wenn auch die Bescheidsbegründung des Bundesamts vom Gericht so nicht geteilt wird, ist im Ergebnis der Antrag des Antragstellers auf Asylanerkennung, auf Flüchtlingsschutz und subsidiären Schutz zurecht als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden, auch liegen Abschiebungsverbote nicht vor, die Abschiebungsandrohung mit verkürzten Ausreisefrist von einer Woche nach § 36 Abs. 1 AsylG ist somit aller Voraussicht nach rechtmäßig ergangen.
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a) Der Antragsteller hat angegeben, beninischer Staatsangehöriger zu sein und in Benin gelebt zu haben. Zwar bestehen angesichts des sowohl durch den Dolmetscher als auch den Entscheider festgestellten und für Benin untypischen, aber für T... typischen Akzentes und seiner Bezüge zu T... durchaus Zweifel, ob er die beninische Staatsangehörigkeit besitzt, dies wird, da der Antragsteller dies aber selbst angibt, auch sein Vater nach seinen Angaben beninischer Staatsangehöriger ist und auch sein F...Auftritt Bezüge zu Benin aufweist und damit plausibel ist, dass er zumindest auch die beninische Staatsangehörigkeit hat, – letztlich zu seinen Gunsten – zugrunde gelegt.
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Die Prüfung internationalen Schutzes ist demzufolge zurecht im Hinblick auf Benin als Staat, dessen Staatsangehörigkeit er innehat (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2a AsylG), erfolgt. Im Hinblick auf Benin steht dem Antragsteller kein Schutzanspruch zu, sondern ist sein Schutzbegehren zurecht als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden.
13
(1) Nach der vom Bundesamt herangezogenen Rechtsgrundlage des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag dann als offensichtlich unbegründet einzustufen, wenn das Vorbringen des Antragstellers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Der Tatbestand des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist dabei aber europarechtskonform auszulegen bzw. wegen des Anwendungsvorrangs des Europarechts nur insoweit anzuwenden, als Europarecht nicht entgegensteht (vgl. VG Ansbach, B.v. 18.7.2023 – AN 17 S 23.30555; B.v. 1.6.2023 – AN 17 S 23.50522 – jeweils juris). Nach Art. 31 Abs. 8 lit. e) Asylverfahrens-RL, auf dem § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG beruht, können Asylanträge nur dann im beschleunigten Verfahren bzw. als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn der Asylantragsteller eindeutig unstimmige und widersprüchliche, eindeutig falsche oder offensichtlich unwahrscheinliche Angaben gemacht hat, die zu hinreichend gesicherten Herkunftsinformationen im Widerspruch stehen. Ein unsubstantiiertes Vorbringen allein, d.h. oberflächliche und pauschale Angaben, die nicht ausreichend detailliert und konkretisiert sind, fallen – anders als das Bundesamt meint – nicht unter den Tatbestand des Art. 31 Abs. 8 lit. e) Asylverfahrens-RL und auch nicht unter eine andere Tatbestandsalternative nach der Asylverfahrens-RL (vgl. hierzu ausführlicher VG Ansbach, B.v. 18.7.2023 – AN 17 S 23.30555; B.v. 1.6.2023 – AN 17 S 23.50522 – jeweils juris). Die zweifellos gegebene Unsubstantiiertheit des Vorbringens des Antragstellers hinsichtlich einer Verfolgungsgefahr trotz Aufforderung zur Substantiierung genügt für sich allein genommen für die qualifizierte Ablehnung als offensichtlich unbegründet somit nicht.
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Jedoch kann nach Auffassung des Gerichts die vom Bundesamt herangezogene Begründung nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG durch eine andere Tatbestandsalternative des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG oder durch die Rechtsgrundlage des § 30 Abs. 1 AsylG ausgetauscht werden, sofern die Anforderungen an einen dieser Offensichtlichkeitstatbestände erfüllt sind (s. hierzu: VG Ansbach, B.v. 18.7.2023 – AN 17 S 23.30555 – juris; B.v. 28.3.2023 – AN 17 S 23.30327 – juris; ebenso VG Berlin, B.v. 27.4.2018 – VG 34 L 1592.17. A – juris Rn. 20). Auch insoweit ist jedoch der Anwendungsvorrang des Europarechts zu beachten und ist dies nur möglich bei Konformität mit der Asylverfahrens-RL.
15
Vorliegend hat der Antragsteller nicht nur unsubstantiierte, sondern auch eindeutig widersprüchliche Angaben i.S.v. § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, Art. 31 Abs. 8 lit. e) Asylverfahrens-RL gemacht. Zu zahlreichen solcher Widersprüche kam es schon in Bezug auf die Familie und seine persönlichen Umstände und Daten. Während er bei der Asylantragstellung angegeben hat, Sunnit zu sein, trägt er während der Anhörung nach § 25 AsylG im Zusammenhang mit seiner Verfolgungsgeschichte vor, Christ zu sein. Zu Beginn der Anhörung vom 22. November 2023 gab der Antragsteller an, dass seine Mutter in T... lebe, später allerdings, dass seine Mutter bereits verstorben sei. Auch die Angaben zu seiner Ausreise weichen stark voneinander ab: Bei der Anhörung am 20. September 2023 gab der Antragsteller an, Ende 2019 ausgereist zu sein und zwei Jahre in Algerien verbracht zu haben, am 22. November 2023 nennt er den November 2020 als Ausreisedatum und einen Aufenthaltszeitraum in Algerien von anderthalb Jahren. Auch was seine eigentliche Verfolgungsgeschichte betrifft, macht der Antragsteller klar widersprüchliche Angaben. Während er zunächst angab, dass sein Bruder ihm bei der Flucht geholfen habe, korrigierte er dies auf Nachfrage dahin, dass der Freund des Bruders geholfen habe und sprach an späterer Stelle von einem Halbbruder als Fluchthelfer. Widersprüchlich ist auch, dass er wegen einer Verletzung ein Jahr lang gepflegt worden sein will, zuvor aber angegeben hatte, mit seiner Flucht einem Übergriff durch den Chef des Bruders entgangen zu sein. Im Verhältnis zu den nur wenigen Angaben, die der Antragsteller während seiner Anhörung überhaupt machte, handelt es sich um eine ganz erhebliche Anzahl von Widersprüchen. Zudem stehen seine Angaben im klaren Widerspruch zu seinem F...-Account (dort insbesondere: Studium in B. wohnhaft in D./F. mit Trikot „Fly Emirates“, Fußballprofi), ohne dass dieser Widerspruch nachvollziehbar aufgeklärt worden ist.
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Zudem trägt der Antragsteller lediglich Umstände vor, die für die Frage von Gewährung internationalen Schutzes (Asylanerkennung, Flüchtlingsschutz und subsidiärer Schutz) nicht von Belang sind i.S.v. § 30 Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 31 Abs. 8 lit. a) Asylverfahrens-RL (zur europarechtskonformen Auslegung des § 30 Abs. 1 AsylG anhand von Art. 31 Abs. 8 lit. a) Asylverfahrens-RL vgl. VG Ansbach, B.v. 24.11.2023 – A 17 S 23.31445 – juris, ebenso VG Berlin, B.v. 30.11.2028 – VG 31 L 682.18A – juris Rn. 13). Nicht von Belang ist ein Vortrag dann, wenn aus diesem auch bei Wahrunterstellung rechtlich klar kein Schutzstatus nach § 3 oder § 4 AsylG folgen kann (VG Ansbach, B.v. 24.11.2023, a.a.O.). Unterstellt, dem Antragsteller droht seitens des Chefs seines Bruders tatsächlich ein ernsthafter Schaden oder gar der Tod, stellt dies jedenfalls keine politische Verfolgung i.S.v. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 AsylG wegen Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe dar und auch keine Bedrohung durch den Staat, vgl. §§ 3c, 4 Abs. 3 AsylG. Dass der Staat nicht gewillt und in der Lage wäre, ihn gegen derart private Gefahren zu schützen, ihm weder Polizei noch das Justizsystem im demokratischen Benin zur Seite stünden, hat der Antragsteller nicht ernsthaft vorgebracht und ist auch nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisquellen zum Staat Benin nicht zu erwarten (vgl. insbesondere Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Benin, Gesamtaktualisierung 4.11.2019, S. 7-9). Auch wenn sich ein Antragsteller selbst schützen kann vor drohenden Gefahren, kommt ein Schutzstatus nach dem AsylG nicht in Betracht. Der Antragsteller ist erwachsen und es spricht nichts dafür, dass es ihm nicht möglich oder zumutbar wäre, durch das Verlassen seiner Heimatregion bzw. der Region des Chefs seines Bruders und durch ein Niederlassen in einer anderen Region der demokratischen Republik Benin sich einer solchen privaten Bedrohung zu entziehen, § 3e Abs. 1 AsylG.
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(2) Offenbleiben kann, ob der Antragsteller auch die togoische Staatsangehörigkeit hat und ihm bei einer Rückkehr nach T... eine Gefahr nach § 3 oder § 4 AsylG drohen würde, denn die Rückkehrmöglichkeit nach Benin schließt einen Schutzstatus aus. Bei der Prüfung internationalen Schutzes sind sämtliche Staaten, dessen Staatsangehörigkeit ein Antragsteller besitzt, in die Prüfung einzubeziehen und kann eine Entscheidung zum internationalen Schutz nur einheitlich ergehen. Kann ein Antragsteller in einen Staat seiner Staatsangehörigkeit zurückkehren, entfällt aufgrund des Prinzips der Subsidiarität internationaler Schutz insgesamt (BVerwG, U.v. 2.8.2007 – 10 C 13/7 u.a. – juris Rn. 9).
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b) (1) Es bestehen bei einer Rückkehr nach Benin auch keine Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zwar sind die humanitären Verhältnisse in Benin, einem der ärmsten Länder der Welt, für einen Teil der Bevölkerung sehr schlecht. Es leben etwa 40% der beninischen Bevölkerung in extremer Armut und die Grundversorgung der Bevölkerung wird nur durch den informellen Sektor gesichert. Auf Armut und in humanitärer Hinsicht prekäre Verhältnisse hat sich der Antragsteller aber nicht berufen. Er ist gesund und arbeitsfähig, sodass davon ausgegangen werden kann, dass er in Benin für sich selbst sorgen kann. Die auf F... eingestellten Fotos und Informationen vom Antragsteller zeigen deutlich, dass dies der Fall ist und er von den schwierigen humanitären Bedingungen nicht betroffen ist. Schlechte humanitäre Verhältnisse im Herkunftsland können rechtlich auch nur ganz ausnahmsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wegen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung begründen (BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 26.3.2019 – 8 ZB 18.33221 – juris Rn. 11) und führen – schon wegen der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG – auch nur im Ausnahmefall zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
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(2) Ein Abschiebeverbot liegt auch hinsichtlich T... nicht vor. Da dem Antragsteller im Bescheid vom 24. November 2023 nicht nur die Abschiebung nach Benin, sondern alternativ auch nach T... angedroht worden ist, ist ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AslyG auch im Hinblick auf T... zu prüfen. Liegen mehrere Staatsangehörigkeiten oder mehrere Herkunftsländer bzw. Staaten regelmäßigen Aufenthalts vor, sind Abschiebungsverbote grundsätzlich im Hinblick auf alle diese Staaten zu prüfen, außer eine Rückführung in einen dieser Staaten kommt nicht ernsthaft in Betracht (BVerwG, U.v.2.8.2007 – 10 C 12/07 u.a. – juris Rn. 13, VG Augsburg, U.v. 3.4.2019 – Au 6 K 19.30157 – juris Rn. 38). Ist die Abschiebung ausdrücklich (auch) in ein bestimmtes Land angedroht, ist mit einer Abschiebung dorthin in jedem Fall zu rechnen und in Bezug auf dieses Land das Vorliegen von Abschiebungsverboten zu prüfen (VG Cottbus, U.v. 1.3.2019 – 6 K 272/17.A – juris; VG Augsburg, U.v. 3.4.2019 – Au 6 K 19.30157 – juris Rn. 38). Dies hat das Bundesamt getan und ein Abschiebungsverbot im Hinblick auf T... zurecht abgelehnt. Hinsichtlich der Feststellungen zur wirtschaftlichen und humanitären Situation in T... wird auf die zutreffenden Ausführungen im Bundesamtsbescheid Bezug genommen, § 77 Abs. 3 AsylG (ebenso VG Würzburg, U.v. 28.6.2029 – W 10 K 19.30106 – juris Rn. 29 ff.). Danach bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller dort eine unmenschliche Behandlung oder Situation droht. Hierfür hat der Antragsteller auch überhaupt nichts vorgetragen. Sollte dem Antragsteller in T... mangels Staatsangehörigkeit ein Daueraufenthalt nicht möglich sein, steht es ihm frei, in das Nachbarland Benin auszureisen, dessen Staatsangehörigkeit er nach eigenem Bekunden besitzt.
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c) Die Abschiebungsandrohung leidet auch nicht unter einem sonstigen Fehler. Insbesondere hat das Bundesamtes durch die Aussetzung des Vollzugs der Abschiebungsandrohung bis zu einer ablehnenden Entscheidung des Gerichts im Eilverfahren der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 19.6.2018 – C 181/16 „Gnandi“ – NVwZ 2018, 1625) Rechnung getragen. Die gesetzte Ausreisefrist von einer Woche entspricht § 36 Abs. 1 AsylG. Inlandsbezogene Abschiebungshindernis sind nicht ersichtlich, sodass dahinstehen kann, ob solche der Abschiebungsandrohung entgegenstehen würden.
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Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung i.S.v. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG bestehen damit im Ergebnis nicht.
22
3. Die Kostenfolge des abzulehnenden Antrag ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
23
4. Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.