Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 21.12.2023 – Vf. 2-VII-20
Titel:

Unzulässige erneute Popularklage

Normenketten:
BV Art. 98 S. 4
GLKrWG Art. 27 Abs. 1 S. 1, Art. 28 Abs. 1
Leitsätze:
Wegen Wiederholung und mangels Substanziierung unzulässige Popularklage gegen Bestimmungen im Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz zum Unterschriftenquorum und zu Modalitäten bei der Unterstützung neuer Wahlvorschlagsträger. (Rn. 21)
1. Eine erneute Popularklage, die sich gegen eine vom Verfassungsgerichtshof bereits für verfassungsmäßig befundene Rechtsvorschrift richtet, ist nur dann zulässig, wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten ist oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte oder neue, in der früheren Entscheidung noch nicht gewürdigte Tatsachen geltend gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn die angefochtene Rechtsvorschrift zwar nicht formell mit der vom Verfassungsgerichtshof bereits überprüften Regelung identisch ist, inhaltlich aber mit ihr übereinstimmt. (Rn. 21) (red. LS Axel Burghart)
2. Ergibt sich aus der Begründung der früheren Entscheidung, dass der Verfassungsgerichtshof die angefochtene Norm schon damals unter allen in Betracht zu ziehenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft hat, besteht kein Anlass für ein weiteres Popularklageverfahren. (Rn. 21) (red. LS Axel Burghart)
Schlagworte:
Popularklage, Wahlvorschlag, Unterstützungsunterschrift, Unterstützungsliste, Wahlgeheimnis
Fundstellen:
BayVBl 2024, 304
BeckRS 2023, 39489
LSK 2023, 39489

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Gegenstand der Popularklage vom 29. Januar 2020 ist die Frage, ob Art. 27 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 i. V. m. Art. 28 des Gesetzes über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte (Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz – GLKrWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. November 2006 (GVBl S. 834, BayRS 2021-1/2-I), das zuletzt durch § 5 des Gesetzes vom 9. März 2021 (GVBl S. 74) geändert worden ist, gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen. Die angegriffenen Vorschriften bestimmen, wie viele Wahlberechtigte die Wahlvorschläge der Parteien und Wählergruppen, die im Gemeinderat oder im Kreistag seit dessen letzter Wahl nicht auf Grund eines eigenen Wahlvorschlags ununterbrochen bis zum 90. Tag vor dem Wahltag vertreten waren (neue Wahlvorschlagsträger), unterstützen müssen (Art. 27 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GLKrWG), und regeln die Eintragung in die Unterstützungslisten und die Erteilung von Eintragungsscheinen (Art. 28 GLKrWG).
2
Die angegriffenen und damit zusammenhängende Normen des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes lauten in der aktuellen (bis zum 31. Dezember 2023 geltenden) Fassung auszugsweise wie folgt:
„Art. 20
Unzulässige Beeinflussung, unzulässige
Veröffentlichung von Befragungen, Wahlgeheimnis
(1) Während der Abstimmungszeit ist in und an dem Gebäude, in dem sich der Abstimmungsraum befindet, sowie unmittelbar vor dem Zugang zu dem Gebäude jede Beeinflussung der Abstimmenden durch Wort, Ton, Schrift, Bild oder auf andere Weise, insbesondere durch Umfragen oder durch Unterschriftensammlungen, sowie jede Behinderung oder erhebliche Belästigung der Abstimmenden verboten.“
(2) Vor Ablauf der Abstimmungszeit dürfen Ergebnisse von Befragungen über den Inhalt der Stimmrechtsausübung, die nach der Stimmabgabe vorgenommen wurden, nicht veröffentlicht werden.
(3) Den mit der Durchführung der Wahl betrauten Behörden und den Wahlorganen ist es untersagt, den Inhalt der Stimmrechtsausübung in irgendeiner Weise zu beeinflussen oder das Wahlgeheimnis zu verletzen.
Art. 22
Wahlrechtsgrundsätze
(1) Die ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder und die Kreisräte werden in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer, geheimer und freier Wahl nach den Grundsätzen eines verbesserten Verhältniswahlrechts gewählt.
Art. 24
Wahlvorschlagsrecht
(1) 1Wahlvorschläge können von Parteien und von Wählergruppen eingereicht werden (Wahlvorschlagsträger). 2Wählergruppen sind alle sonstigen Vereinigungen oder Gruppen natürlicher Personen, deren Ziel es ist, sich an Gemeinde- oder an Landkreiswahlen zu beteiligen. 3Neue Wahlvorschlagsträger sind Parteien und Wählergruppen, die im Gemeinderat oder im Kreistag seit dessen letzter Wahl nicht auf Grund eines eigenen Wahlvorschlags ununterbrochen bis zum 90. Tag vor dem Wahltag vertreten waren.
(3) 1Jeder Wahlvorschlagsträger darf nur einen Wahlvorschlag einreichen. 2Ein Mehrfachauftreten eines Wahlvorschlagsträgers liegt nur dann vor, wenn
1.
ein Wahlvorschlagsträger mehrere Wahlvorschläge mit demselben Kennwort einreicht,
2.
ein Wahlvorschlagsträger mehrere Wahlvorschläge für verschiedene Teile des Wahlkreises einreicht und die räumliche Trennung im Kennwort zum Ausdruck bringt,
3.
mehrere Wahlvorschläge von derselben Versammlung aufgestellt worden sind,
4.
ein Wahlvorschlagsträger durch seine Organe einen weiteren Wahlvorschlag sonst beherrschend betreibt.
3Das Handeln von Untergliederungen eines Wahlvorschlagsträgers ist diesem zuzurechnen. 4Eine Organisation, in der man Mitglied sein kann, ohne zugleich Mitglied des Wahlvorschlagträgers zu sein, stellt keine Untergliederung dar. 5Der Wahlvorschlagsträger hat nach Aufforderung dem Wahlleiter mitzuteilen, für welchen Wahlvorschlag er sich entscheidet, falls ein Mehrfachauftreten festgestellt wird; unterlässt er diese Mitteilung oder widersprechen sich die Mitteilungen, sind die Wahlvorschläge für ungültig zu erklären.
Art. 25
Inhalt und Form der Wahlvorschläge
(1) 1Jeder Wahlvorschlag muss von zehn Wahlberechtigten unterschrieben sein, die am 41. Tag vor dem Wahltag wahlberechtigt und nicht sich bewerbende Personen oder Ersatzleute eines Wahlvorschlags sind. ²Jede Person darf nur einen Wahlvorschlag unterzeichnen; Art. 24 Abs. 3 Satz 5 gilt entsprechend.
Art. 27
Unterstützung von Wahlvorschlägen
(1) 1Wahlvorschläge von neuen Wahlvorschlagsträgern müssen über die nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 erforderlichen Unterschriften hinaus von weiteren Wahlberechtigten unterstützt werden. 2Neue Wahlvorschlagsträger benötigen keine zusätzlichen Unterstützungsunterschriften, wenn sie bei der letzten Landtagswahl oder bei der letzten Europawahl mindestens fünf v. H. der im Land insgesamt abgegebenen gültigen Stimmen oder bei der letzten Bundestagswahl mindestens fünf v. H. der im Land abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben. 3Maßgeblich sind die vom Landeswahlleiter früher als drei Monate vor dem Wahltag bekannt gemachten Ergebnisse.
(3) Die Zahl der Wahlberechtigten, die den Vorschlag zusätzlich unterstützen müssen, beträgt
1. bei Gemeinderatswahlen

a) in Gemeinden mit bis zu

1000 Einwohnern

[40]

2000 Einwohnern

[50]

3000 Einwohnern

[60]

5000 Einwohnern

[80]

10000 Einwohnern

[120]

20000 Einwohnern

[180]

30000 Einwohnern

[190]

50000 Einwohnern

[215]

100000 Einwohnern

[340]

150000 Einwohnern b) in den Städten

385,

Augsburg

[470]

Nürnberg

[610]

München

2. bei Kreistagswahlen

1000;

a) in Landkreisen mit bis zu

100000 Einwohnern

[340]

150000 Einwohnern

[385]

200000 Einwohnern 430,
b) in Landkreisen mit mehr als
200000 Einwohnern 470.
Art. 28
Eintragung in Unterstützungslisten, Eintragungsscheine
(1) 1Soweit erforderlich, werden für jeden Wahlvorschlag von den Wahlleitern spätestens am Tag nach der Einreichung bis 12 Uhr des 41. Tags vor dem Wahltag bei Gemeindewahlen und bei Landkreiswahlen in den Gemeinden Unterstützungslisten aufgelegt. 2Art. 20 gilt entsprechend.
(2) 1Wahlberechtigte, die einen Wahlvorschlag unterstützen wollen, haben sich dazu in der Gemeinde, in der sie spätestens am letzten Tag der Eintragungsfrist wahlberechtigt sind, in Unterstützungslisten einzutragen; ausgeschlossen sind sich bewerbende Personen und Ersatzleute von Wahlvorschlägen sowie Wahlberechtigte, die sich in eine andere Unterstützungsliste eingetragen oder einen Wahlvorschlag unterzeichnet haben. 2Art. 24 Abs. 3 Satz 5 gilt entsprechend. 3Die Zurücknahme gültiger Unterschriften ist wirkungslos.
(3) 1Die Unterschrift muss eigenhändig geleistet werden. 2Wer glaubhaft macht, wegen Krankheit oder körperlicher Behinderung nicht oder nur unter unzumutbaren Schwierigkeiten in der Lage zu sein, einen Eintragungsraum aufzusuchen, erhält auf Antrag einen Eintragungsschein. 3Die Eintragung kann in diesem Fall dadurch bewirkt werden, dass die wahlberechtigte Person auf dem Eintragungsschein ihre Unterstützung eines bestimmten Wahlvorschlags erklärt und eine Hilfsperson beauftragt, die Eintragung im Eintragungsraum für sie vorzunehmen. 4Die wahlberechtigte Person hat auf dem Eintragungsschein außerdem an Eides statt zu versichern, dass die Voraussetzungen nach Satz 2 vorliegen.
(4) 1Gegen die Versagung eines Eintragungsscheins kann spätestens am sechsten Tag vor Ablauf der Eintragungsfrist Beschwerde an die Rechtsaufsichtsbehörde erhoben werden. 2Diese hat spätestens am vierten Tag vor dem letzten Tag der Eintragungsfrist über die Beschwerde zu entscheiden. 3Gegen die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde ist der Verwaltungsrechtsweg nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegeben. 4Die Klage hat für die Durchführung des sonstigen Wahlverfahrens keine aufschiebende Wirkung.
3
Der Verfassungsgerichtshof hat am 18. Juli 1995 (VerfGHE 48, 61) über das für Wahlvorschläge von Wählergruppen und Parteien, die im letzten Gemeinderat oder Kreistag nicht aufgrund eines eigenen Wahlvorschlags vertreten waren, geltende Quorum für Unterstützungsunterschriften entschieden. Gegenstand der vom Verfassungsgerichtshof abgewiesenen Popularklagen waren insbesondere Art. 25 Abs. 1 und Art. 26 Abs. 3 Satz 3 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes vom 10. August 1994 (GVBl S. 747) in seiner ursprünglichen Fassung (im Folgenden: GLKrWG u. F.). Die angegriffenen Normen schrieben insbesondere vor, dass Wahlvorschläge von Wählergruppen und Parteien, die im letzten Gemeinderat oder Kreistag nicht aufgrund eines eigenen Wahlvorschlags vertreten waren (neue Wahlvorschlagsträger), über die erforderlichen Unterschriften hinaus zusätzlich von viermal so viel Wahlberechtigten unterstützt werden müssen, wie ehrenamtliche Gemeinderatsmitglieder oder Kreisräte zu wählen sind (Art. 25 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG u. F.), dass die Wahlberechtigten sich dazu persönlich in eine Liste (Unterstützungsliste) einzutragen haben, die vom Wahlleiter bei Gemeindewahlen bei der Gemeindeverwaltung, bei Landkreiswahlen beim Landratsamt aufgelegt wird (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GLKrWG u. F.), und dass die Niederschrift über die Aufstellungsversammlung bei neuen Wahlvorschlagsträgern von zehn Wahlberechtigten, die an der Aufstellungsversammlung teilgenommen haben, zu unterschreiben ist (Art. 26 Abs. 3 Satz 3 GLKrWG u. F.).
4
Die Verfassungsmäßigkeit des Art. 25 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1995 (GVBl S. 590; im Folgenden: GLKrWG a. F.) und des § 41 Abs. 1 Sätze 1 und 4 der Wahlordnung für die Gemeinde- und die Landkreiswahlen (Gemeinde- und Landkreiswahlordnung – GLKrWO) vom 28. August 1995 (GVBl S. 605, ber. S. 727; im Folgenden: GLKrWO a. F.) hat der Verfassungsgerichtshof in einer weiteren Entscheidung vom 15. Februar 1996 (VerfGHE 49, 11) bejaht. Diese Normen sahen gegenüber der Vorgängerregelung für neue Wahlvorschlagsträger höhere Unterschriftsquoren vor (Art. 25 GLKrWG a. F.) und regelten insbesondere, dass die Unterstützungslisten für die neuen Wahlvorschlagsträger in der Zeit nach der Einreichung der Wahlvorschläge bis zum 41. Tag vor dem Wahltag, 18 Uhr, während der allgemeinen Dienststunden der Gemeindeverwaltung oder des Landratsamts aufzulegen sind (§ 41 GLKrWO a. F.).
II.
5
Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 18. Juli 1995 (VerfGHE 48, 61) stehe der Zulässigkeit ihrer Popularklage nicht entgegen, da seit dieser Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse eingetreten sei. Daneben würden neue rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte geltend gemacht, die in der damaligen Entscheidung noch nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Die Änderungen durch § 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2019 (GVBl S. 342) [wohl gemeint: § 1 Nr. 7 Buchst. b des Gesetzes vom 22. März 2018 (GVBl S. 145) ] bezögen sich zwar nicht direkt auf die angegriffenen Normen, wirkten sich aber zumindest indirekt auf sie aus. Insbesondere die über Art. 23 [wohl gemeint: 24] Abs. 3 Satz 4 GLKrWG im Ergebnis neu geschaffene Möglichkeit, mit mehreren Listen anzutreten, die sich letztlich als solche einer Partei darstellten, stelle eine gravierende Änderung zugunsten der großen, bereits in den Kommunalparlamenten und dem Landtag vertretenen Parteien und zulasten kleinerer Parteien dar.
6
Auch die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich „seit der letzten Entscheidung“ über die angegriffenen Vorschriften gewandelt. Während die Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen im Jahr 1990 noch bei 75% gelegen habe, habe sie 2014 nur 54,7% betragen. Ein nicht unerheblicher Teil der Wählerschaft, vor allem aus unteren Einkommensschichten oder mit migrantischer Herkunft, habe offenbar vermehrt den Eindruck, dass die eigene Wahlentscheidung keine wirkliche Rolle spiele. Für die Frage der Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Regelungen spiele das insoweit eine Rolle, als die Hürden, die für die Zulassung neuer Parteien zur Wahl auf kommunaler Ebene errichtet worden seien, die faktischen Möglichkeiten gerade der unterrepräsentierten Schichten „zur Formierung neuer, selbstorganisierter und damit subjektiv den Zugang erleichternder Parteien oder Wählergruppen“ weiter erheblich beschnitten.
7
Die praktische Ausgestaltung des Verfahrens zur Sammlung der Unterstützungsunterschriften stelle eine weitere zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften führende Hürde dar. Dies sei bei „der vorausgegangenen Entscheidung“ nicht berücksichtigt worden. Der Verfassungsgerichtshof habe lediglich grundsätzliche Fragestellungen, nicht aber die tatsächlichen Folgen der Regelung geprüft. Das „Ausführungsgesetz zum GLKrWG“ enthielte zwar Regelungen, wann und wo die Unterschriften geleistet werden sollten, in der Praxis stellten sich diese allerdings vielfach als ungeeignet heraus oder sie würden nicht eingehalten, ohne dass den betroffenen Parteien und Wählergruppen hinreichende Rechtsmittel an die Hand gegeben würden. Selbst bei Einhaltung der Ausführungsbestimmungen könne durch in die Eintragungsfrist fallende Feiertage der Zeitraum, in dem Unterschriften geleistet werden könnten, erheblich verkürzt werden.
8
Die Popularklage sei auch begründet.
9
Art. 27 Abs. 1 Satz [1], Abs. 3 i. V. m. Art. 28 GLKrWG verstießen gegen Wahlrechtsgrundsätze aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 12 Abs. 1 BV. Es sei zwar nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 18. Juli 1995 (VerfGHE 48, 61) und des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 1982 (BVerfGE 60, 162) ein grundsätzlich brauchbares, praktikables und zumutbares Mittel, von neuen Parteien und Wählergruppen ein Unterschriftenquorum für die Zulassung von Wahlvorschlägen zu fordern, um die Ernsthaftigkeit der betreffenden Wahlvorschläge festzustellen. Mit dem Quorum solle – insoweit verfassungsrechtlich vertretbar – der Wahlakt auf ernsthafte Bewerber beschränkt, das Stimmgewicht der einzelnen Wählerstimme gesichert und so indirekt der Stimmenzersplitterung vorgebeugt werden.
10
Bei diesen Entscheidungen seien jedoch gewichtige Umstände nicht hinreichend beachtet worden. Der Verfassungsgerichtshof führe aus, der Gesetzgeber dürfe auch übermäßiger Stimmenzersplitterung entgegenwirken und damit im Ergebnis zur Bildung klarer Mehrheitsverhältnisse beitragen, die die Funktionsfähigkeit des zu wählenden Vertretungsorgans sicherstellten. Er habe dabei aber die besondere Stellung der „kommunalen Legislativorgane“ nicht hinreichend berücksichtigt. Dies gelte insbesondere, soweit darauf abgestellt werde, dass die im Vergleich zur Landtagswahl deutlich höheren Hürden sich daraus rechtfertigten, dass bei den Kommunalwahlen eine 5%-Klausel nicht vorgesehen sei. Aufgabe des Gemeinde- bzw. Stadtrats sei es nicht, „regierungsfähige Mehrheiten zu finden“. Der Bürgermeister würde direkt gewählt, die Gemeinde- und Stadträte seien angehalten, Beschlüsse gemeinsam zum Wohl der Bevölkerung zu fassen, d. h. nach dem Willen des Gesetzgebers solle auf kommunaler Ebene nach sachlichen Kriterien und möglichst kollegialiter entschieden werden und nicht nach Parteizugehörigkeit. Für die Durchführung der Landtagswahlen habe sich der Gesetzgeber aber ohne hinreichende sachliche Begründung für ein anderes Verfahren mit vergleichsweise niedrigeren Hürden entschieden.
11
Die ursprünglichen Ziele des Gesetzgebers seien ganz offenbar nicht erreicht worden. Trotz der „Zugangsbeschränkungen“ sei auf allen Ebenen eher eine Zunahme der vertretenen Parteien und Wählergruppen zu beobachten.
12
Angesichts der abnehmenden Wahlbeteiligung erscheine es zweifelhaft, ob sich der Wunsch des Gesetzgebers, den Wähler davor zu schützen, einem in der Bevölkerung nicht ernsthaft unterstützten Bewerber oder Wahlvorschlag seine Stimme zu geben, noch innerhalb des durch die Verfassung gewährten Ermessensspielraums bewege. Die Regelungen, die ein „Wegwerfen“ der Stimme an einen möglicherweise aussichtslosen Kandidaten verhindern sollten, verhinderten ganz offensichtlich nicht das sichere „Verschenken“ der eigenen Stimme durch den Verzicht auf die Wahlteilnahme. Setze man voraus, dass es zum Wesen von demokratisch verfassten Gesellschaften gehöre, dass sich nicht oder nicht mehr hinreichend vertreten fühlende Gruppen durch eigene, neue Parteien oder Wählergruppen gleichwohl weiter (oder erstmals) am demokratischen Prozess beteiligen können, um diese Repräsentationskrise zu überwinden, stellten Regeln, die die Zulassung neuer Wahlvorschläge erschwerten, gerade für diese Bevölkerungsschichten einen „faktischen Wahlausschlussgrund“ dar. Das Argument der Sicherung des Stimmgewichts der einzelnen Wählerstimme erscheine vor dem Hintergrund, dass es bei Kommunalwahlen keine 5%-Hürde gebe und somit jede Stimme gleich zähle, wenig stichhaltig. Der Wunsch, den Wähler vor einem „Wegwerfen“ seiner Stimme schützen zu wollen, erscheine vordemokratisch und obrigkeitsstaatlich geprägt.
13
Der Verfassungsgerichtshof führe aus, die Leistung der Unterstützungsunterschriften bei der jeweils zuständigen gemeindlichen Stelle verstoße nicht gegen den Grundsatz der geheimen Wahl. Nach Ansicht der Antragstellerin sei dies dagegen der Fall. Es würden Personen, die in die Wahlvorbereitungshandlungen bisher nicht unbedingt eingebunden gewesen seien, gezwungen, sich zu einer Partei oder einem Wahlvorschlag zu bekennen, während diejenigen, die durch ihre Kandidatur ihre Unterstützung bereits öffentlich gemacht hätten, nach Art. 28 Abs. 2 GLKrWG nicht unterschreiben dürften.
14
Selbst wenn die angegriffenen Regeln als „formal noch verfassungsrechtlich vertretbar“ angesehen würden, fehle es an hinreichend bestimmten Ausführungsbestimmungen und Bestimmungen zu Rechtsmitteln und Rechtsfolgen bei einer Verletzung der Ausführungsbestimmungen. Die Bestimmungen des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes und des „zugehörigen Ausführungsgesetzes“ würden in der Praxis nicht eingehalten. Der Wahlvorschlagsträger könne gegen eine Entscheidung des Wahlausschusses zwar Einwendungen erheben, über die fristgerecht zu entscheiden sei. Weiteres sei allerdings nicht geregelt, weder, unter welchen Voraussetzungen die Einwendungen erfolgreich seien, noch, welche Rechtsfolgen sich daraus ergäben. Da es in der Regel weder dem Wahlausschuss noch dem Wahlvorschlagsträger möglich sein werde, zu quantifizieren, wie viele Unterschriften aufgrund von Verstößen der Gemeindeverwaltung oder aufgrund der mangelnden Öffnungszeiten nicht geleistet worden seien, werde es dem Wahlausschuss auch kaum möglich sein, die Zulassung des Wahlvorschlags bei Nichterreichung des Quorums mit Verstößen der Verwaltung zu begründen. Angesichts der erheblichen Bedeutung des Wahlrechts genüge dies nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit einer gesetzlichen Regelung. Der zu den Verwaltungsgerichten eröffnete Rechtsweg ändere daran nichts, zumal eine aufschiebende Wirkung einer Klage nicht gegeben sei.
III.
15
Der Bayerische Landtag und die Bayerische Staatsregierung halten die Popularklage für unzulässig und jedenfalls für unbegründet.
16
Der Verfassungsgerichtshof habe sich nicht nur in der Entscheidung vom 18. Juli 1995 (VerfGHE 48, 61) mit der Verfassungsmäßigkeit des Erfordernisses von Unterstützungsunterschriften auseinandergesetzt, sondern auch in seiner Entscheidung vom 15. Februar 1996 (VerfGHE 49, 11) die mit den angegriffenen Normen inhaltlich identischen Vorgängerregelungen für verfassungsgemäß erklärt. Gründe, die bei Wiederholung eines Normenkontrollbegehrens ausnahmsweise eine erneute Prüfung zulassen würden, seien nicht ersichtlich. Die Änderungen des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes infolge des Gesetzes vom 22. März 2018 (GVBl S. 145) beträfen nicht das Erfordernis von Unterstützungsunterschriften für neue Wahlvorschlagsträger nach Art. 27 GLKrWG. Inwieweit die Regelung in Art. 24 Abs. 3 Satz 4 GLKrWG, wonach eine Organisation, in der man Mitglied sein könne, ohne zugleich Mitglied des Wahlvorschlagsträgers zu sein, keine Untergliederung darstelle, eine neue verfassungsgerichtliche Bewertung der Art. 27 und 28 GLKrWG erfordere, sei nicht nachvollziehbar. Es handle sich um eine gesetzliche Klarstellung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Eine Wählergruppe, die nach Art. 24 Abs. 3 Satz 4 GLKrWG keine Untergliederung darstelle, benötige wie jeder andere Wahlvorschlagsträger Unterstützungsunterschriften, sofern sie bisher nicht im Gemeinderat bzw. im Kreistag entsprechend Art. 24 Abs. 1 Satz 3 GLKrWG vertreten gewesen sei und auch nicht bei der letzten Europa-, Bundestags- oder Landtagswahl die nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 GLKrWG erforderlichen Stimmen erhalten habe. Die von der Antragstellerin angesprochene Änderung des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes durch § 3 des Gesetzes zur Änderung wahlrechtlicher Vorschriften vom 24. Juli 2019 (GVBl S. 342) habe den Wegfall der Wahlrechtsausschlussgründe für in allen Angelegenheiten Betreute und für Personen, die wegen einer im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Straftat in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht seien, betroffen. Der Kreis der Wahlberechtigten, die sich in Unterstützungslisten eintragen könnten, sei dadurch mittelbar erweitert worden. Eine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung des Erfordernisses von Unterstützungsunterschriften könne dieser Umstand gleichwohl nicht begründen. Auch der Rückgang der Wahlbeteiligung bei den Gemeinde- und Landkreiswahlen im Zeitraum von 1990 bis 2014 sei kein Umstand, der eine erneute Prüfung der Art. 27 und 28 GLKrWG erfordere. Vielmehr spreche eine geringere Wahlbeteiligung gerade für das Erfordernis zusätzlicher Unterstützungsunterschriften, um damit einen hinreichenden Rückhalt neuer Wahlvorschlagsträger in der Bevölkerung sicherzustellen. Auch dem Einwand, die praktische Ausgestaltung des Verfahrens für die Eintragung in Unterstützungslisten sei vom Verfassungsgerichtshof bisher nicht berücksichtigt worden, könne nicht gefolgt werden. Die Verfahrensweise, dass sich Wahlberechtigte persönlich in die Listen eintragen müssten, die bei der Behörde aufliegen, habe sich seit den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs vom 18. Juli 1995 und 15. Februar 1996 nicht geändert.
17
Die Popularklage sei auch unbegründet. Die Antragstellerin trage keine entscheidungsrelevanten neuen Gesichtspunkte vor, die die Wertung des Verfassungsgerichtshofs in den früheren Entscheidungen infrage stellen könnten (wird näher ausgeführt).
IV.
18
Die Popularklage ist unzulässig.
19
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen. Gesetze im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dazu gehören die angegriffenen wahlrechtlichen Bestimmungen.
20
Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört gemäß Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller substanziiert darlegt, inwiefern die angegriffenen Rechtsvorschriften nach seiner Meinung zu einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung in Widerspruch stehen. Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt nicht schon dann vor, wenn ein Antragsteller lediglich behauptet, die angegriffene Rechtsvorschrift verstoße nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung. Er muss seinen Vortrag vielmehr so präzisieren, dass der Verfassungsgerichtshof beurteilen kann, ob der Schutzbereich der bezeichneten Grundrechtsnorm berührt ist und eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.6.2012 VerfGHE 65, 118/122 f.; vom 28.6.2022 BayVBl 2022, 625 Rn. 39, jeweils m. w. N.). Greift der Antragsteller mehrere Rechtsvorschriften an, so muss dem Darlegungserfordernis grundsätzlich für jede einzelne Vorschrift Genüge getan werden (VerfGH vom 27.8.2018 VerfGHE 71, 235 Rn. 19).
21
Hat der Verfassungsgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsvorschrift bejaht, so ist die Rechtslage damit geklärt und es muss grundsätzlich dabei sein Bewenden haben (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 11.6.1991 VerfGHE 44, 61/75 m. w. N.). Ein erneuter Antrag nach Art. 98 Satz 4 BV, der sich gegen eine vom Verfassungsgerichtshof bereits für verfassungsmäßig befundene Rechtsvorschrift richtet, ist nur dann zulässig, wenn seit der früheren Entscheidung ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten ist oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte oder neue, in der früheren Entscheidung noch nicht gewürdigte Tatsachen geltend gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn die angefochtene Rechtsvorschrift zwar nicht formell mit der vom Verfassungsgerichtshof bereits überprüften Regelung identisch ist, inhaltlich aber mit ihr übereinstimmt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.10.2009 VerfGHE 62, 198/201 f.; vom 12.10.2010 VerfGHE 63, 173/177; vom 31.10.2018 VerfGHE 71, 287 Rn. 28; vom 14.6.2023 – Vf. 15-VII-18 – juris Rn. 97, 99 m. w. N.). Neben der Sache liegende oder sonst nicht beachtenswerte Ausführungen können die Zulässigkeit eines neuen Antrags nicht begründen (VerfGH vom 10.4.1979 VerfGHE 32, 56/64; vom 22.7.1998 VerfGHE 51, 131/141; vom 9.12.2011 – Vf. 21-VII-10 – juris Rn. 21). Auch in Fällen, in denen eine in gleicher Sache ergangene Entscheidung bestimmte Aspekte nicht ausdrücklich erwähnt, rechtfertigt dies nicht stets eine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung desselben Anfechtungsgegenstands. Ergibt sich aus der Begründung der früheren Entscheidung, dass der Verfassungsgerichtshof die angefochtene Norm schon damals unter allen in Betracht zu ziehenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft hat, besteht kein Anlass für ein weiteres Popularklageverfahren (VerfGH vom 9.5.1994 BayVBl 1994, 494/495; vom 31.1.2012 – Vf. 13-VII-10 – juris Rn. 36; vom 9.6.2015 BayVBl 2015, 740 Rn. 56).
22
2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist die Popularklage unzulässig.
23
Die Wahlrechtsgrundsätze der Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BV stellen zwar Grundrechte im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV dar (vgl. VerfGHE 49, 11/16), die Popularklage genügt aber nur teilweise den allgemeinen Anforderungen des Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG und ist insoweit unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung unzulässig.
24
a) Soweit die Antragstellerin in dem sich aus Art. 27 Abs. 1 Satz 1 (i. V. m. Abs. 3) GLKrWG ergebenden Erfordernis, dass Wahlvorschläge neuer Wahlvorschlagsträger über die nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG erforderlichen Unterschriften von zehn Wahlberechtigten hinaus von weiteren Wahlberechtigten unterstützt werden müssen, einen Verstoß gegen den Grundsatz der gleichen Wahl sieht, legt sie die Voraussetzungen für die Durchführung eines erneuten Verfahrens nach Art. 98 Satz 4 BV nicht dar. Ausführungen zu der nach Art. 27 Abs. 3 GLKrWG konkret erforderlichen Zahl der Unterstützungsunterschriften enthält die Popularklage nicht, insofern genügt sie auch nicht den allgemeinen Substanziierungsanforderungen des Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG.
25
aa) (1) Der Verfassungsgerichtshof hat es in Fortführung seiner Rechtsprechung (vgl. VerfGH vom 15.5.1953 VerfGHE 6, 65/70 f.) in seiner Entscheidung vom 18. Juli 1995 (VerfGHE 48, 61/69 ff.) als verfassungsgemäß angesehen, von neuen Wahlvorschlagsträgern weitere Unterstützungsunterschriften zu verlangen.
Er hat die tragenden Erwägungen in den Entscheidungen vom 15. Februar 1996 (VerfGHE 49, 11/16 f.) und vom 21. Mai 1997 (VerfGHE 50, 106/112 f.) wiederholt.
26
Da die Wahlvorschläge maßgeblichen Einfluss auf den Inhalt der abgegebenen Stimme des Wählers ausübten – nur vorgeschlagene Bewerber könnten gewählt werden –, seien die Wahlrechtsgrundsätze auf die Ausübung des Wahlvorschlagsrechts durch Parteien und Wählergruppen sinngemäß anzuwenden, soweit dies wegen des Zusammenhangs der Wahlvorschläge mit der Ausübung des Wahlrechts geboten und möglich sei. Der Grundsatz der gleichen Wahl bedeute für Wahlvorschlagsträger, dass das Recht, Wahlvorschläge zu machen, von jeder Partei und Wählergruppe in gleicher Weise ausgeübt werden können müsse. Im Stadium der Aufstellung der Wahlvorschläge könnten die Wahlrechtsgrundsätze eingeschränkt werden, soweit dies erforderlich sei und nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspreche. Es seien insbesondere solche Einschränkungen gerechtfertigt, die den Zweck verfolgten, nachträgliche Erschwerungen des Wahlvorgangs hintanzuhalten (VerfGHE 48, 61/69). Es sei zulässig, Wahlvorschlagsträger erst dann zur Wahl zuzulassen, wenn ihr politisches Gewicht hinreichend bekannt sei. Ein solches Gewicht erst dann anzunehmen, wenn durch eine hinreichende Anzahl von Unterschriften von Wahlberechtigten nachgewiesen werde, dass der Wahlvorschlag mit den ernsten Absichten einer Wählergruppe übereinstimme, sei sachgerecht. Aus der Zahl der Unterschriften müsse sich der Schluss auf die Ernsthaftigkeit des Wahlvorschlags rechtfertigen. Aus ihr müsse die Vermutung abgeleitet werden können, dass hinter dem Wahlvorschlag eine politisch ernst zu nehmende Gruppe stehe, die sich mit diesem Vorschlag am Wahlkampf beteiligen wolle (VerfGHE 48, 61/69 f.). Es sei grundsätzlich ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, den Wähler davor zu schützen, seine Stimme einem in der Bevölkerung nicht ernsthaft unterstützten Bewerber zu geben. Der Gesetzgeber dürfe auch übermäßiger Stimmenzersplitterung entgegenwirken und damit im Ergebnis zur Bildung klarer Mehrheitsverhältnisse beitragen, die die Funktionsfähigkeit des zu wählenden Vertretungsorgans sicherstellten (VerfGHE 48, 61/ 70). Die Begrenzung von Wahlvorschlägen müsse aber dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen; sie dürfe also einerseits das Recht auf Einreichung von Wahlvorschlägen nicht praktisch unmöglich machen, andererseits aber auch nicht so niedrig angesetzt werden, dass das verfassungsrechtlich zulässige gesetzgeberische Ziel offensichtlich nicht erreicht werden könne (vgl. VerfGHE 48, 61/70; 49, 11/17; 50, 106/112 f.).
27
(2) Erhebliche neue Tatsachen, die die Zulässigkeit einer neuen Popularklage bezüglich Art. 27 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG begründen könnten, ergeben sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin nicht.
28
Unbehelflich sind die Ausführungen der Antragstellerin zu der in den letzten Jahren gesunkenen Wahlbeteiligung. Es ist nach der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zulässig, Wahlvorschlagsträger erst dann zur Wahl zuzulassen, wenn ihr politisches Gewicht hinreichend bekannt ist. Weshalb die sachliche Rechtfertigung eines Unterschriftenquorums für die Zulassung neuer Wahlvorschlagsträger von einer gleichbleibend hohen Wahlbeteiligung abhängen sollte, legt die Antragstellerin nicht dar. Es erschließt sich nicht, warum es für neue Wahlvorschlagsträger dadurch schwieriger geworden sein könnte, die erforderlichen Unterstützungsunterschriften zu erlangen, dass sich – nach Ansicht der Antragstellerin – ein Teil der Bevölkerung von den bisher im Gemeinderat oder im Kreistag vertretenen Parteien oder Wählergruppen nicht (mehr) vertreten fühlt. Auch wenn nicht nur die Wahlbeteiligung, sondern auch die Bereitschaft der Wahlberechtigten gesunken sein mag, sich durch die Unterstützung neuer Wahlvorschlagsträger im Vorfeld der Wahlen aktiv zu beteiligen, mindert dies nicht die sachliche Rechtfertigung für das Erfordernis weiterer Unterstützungsunterschriften nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG. Der Aspekt, dass das politische Gewicht eines neuen Wahlvorschlags hinreichend bekannt sein muss, ist vielmehr nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung auch bei einem Rückgang der Wahlbeteiligung weiterhin von Gewicht (BayVGH vom 21. April 2016 – 4 ZB 15.1951 – juris Rn. 12).
29
Auch eine Zunahme der in den Gemeinderäten und Kreistagen vertretenen Parteien und Wählergruppen gebietet keine erneute verfassungsgerichtliche Überprüfung. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ergibt sich daraus nicht, dass die ursprünglichen Ziele des Gesetzgebers offenbar nicht erreicht worden sind. Der Einwand betrifft im Übrigen weniger das grundsätzliche Erfordernis von Unterstützungsunterschriften (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG) als die konkret erforderliche Zahl nach Art. 27 Abs. 3 GLKrWG (vgl. nachfolgend unter bb)).
30
(3) Auch neue rechtliche Gesichtspunkte, die die Zulässigkeit einer neuen Popularklage begründen könnten, macht die Antragstellerin weder geltend noch sind sie sonst ersichtlich.
31
(a) Nicht nachvollziehbar ist die Argumentation der Antragstellerin, die Gesetzesänderungen vom 22. März 2018 (GVBl S. 145) bzw. 24. Juli 2019 (GVBl S. 342) wirkten sich zumindest indirekt auf das Erfordernis von Unterstützungsunterschriften für neue Wahlvorschlagsträger aus.
32
Soweit die Antragstellerin auf die Einfügung eines neuen Satzes 4 in Art. 24 Abs. 3 GLKrWG durch Gesetz vom 22. März 2018 abstellt und meint, damit sei im Ergebnis eine Möglichkeit neu geschaffen worden, mit mehreren Listen anzutreten, verkennt sie bereits den Regelungsinhalt der Norm. Diese stellt nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 17/14651 S. 13) entsprechend der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. August 2009 (Az. 4 ZB 08.3169 – juris Rn. 11) klar, dass eine Organisation, in der man Mitglied sein kann, ohne zugleich Mitglied des Wahlvorschlagsträgers zu sein, keine Untergliederung dieses Wahlvorschlagsträgers darstellt. Jeder Wahlvorschlagsträger darf nur einen Wahlvorschlag einreichen (Art. 24 Abs. 3 Satz 1 GLKrWG). Ob ein unzulässiges Mehrfachauftreten vorliegt, ist vornehmlich anhand formeller Kriterien zu überprüfen (vgl. zu Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GWG i. d. F. der Bekanntmachung vom 17.9.1989 GVBl S. 485: VerfGH vom 28.1.1993 VerfGHE 46, 21/32), die in Art. 24 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 GLKrWG konkretisiert werden. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen wegen der Einfügung des neuen Satzes 4 in Art. 24 Abs. 3 GLKrWG unter dem Gesichtspunkt der Wahlgleichheit eine andere Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Art. 27 Abs. 1 und 3 GLKrWG geboten sein könnte. Die sachliche Rechtfertigung für die Einschränkung, neue Wahlvorschlagsträger erst dann zur Wahl zuzulassen, wenn ihr politisches Gewicht hinreichend bekannt ist, ist von der Frage unabhängig, ob ein unzulässiges Mehrfachauftreten eines Wahlvorschlagsträgers vorliegt.
33
Die Änderungen u. a. des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes durch das Gesetz zur Änderung wahlrechtlicher Vorschriften vom 24. Juli 2019, mit dem der Ausschluss vom Wahlrecht für Personen, die unter Vollbetreuung stehen oder sich aufgrund richterlicher Anordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, aufgehoben worden ist, stehen in keinem Zusammenhang mit Art. 27 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG. Die Antragstellerin führt auch nicht aus, welche entscheidungserheblichen, vom Verfassungsgerichtshof noch nicht gewürdigten Gesichtspunkte sich aus den dadurch erfolgten Änderungen der Art. 2, 3 und 18 GLKrWG ergeben sollten.
34
(b) Entscheidungserhebliche rechtliche Gesichtspunkte, die vom Verfassungsgerichtshof bei seinen früheren Entscheidungen noch nicht berücksichtigt worden sind, legt die Antragstellerin ebenfalls nicht dar.
35
Erfolglos wendet sie ein, der Verfassungsgerichtshof habe die besondere Stellung der „kommunalen Legislativorgane“ nicht hinreichend berücksichtigt. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 18. März 1952 (VerfGHE 5, 66/76) ausgeführt, die für die Verfassungsmäßigkeit der Sperrklausel bei Landtagswahlen angeführten Erwägungen träfen auf Gemeinderatswahlen nicht zu; der Gemeinderat sei nach seinem Aufgabenkreis kein Parlament. Er habe keine „Regierung“ zu bilden; der erste Bürgermeister werde unmittelbar von den stimmberechtigten Gemeindeeinwohnern gewählt. Dass diese Entscheidung in den späteren Entscheidungen vom 18. Juli 1995 (VerfGHE 48, 61) und vom 15. Februar 1996 (VerfGHE 49, 11) nicht ausdrücklich zitiert wurde, rechtfertigt keine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung. Denn auch in der Entscheidung vom 18. Juli 1995 unterscheidet der Verfassungsgerichtshof zwischen Gemeinde- und Landkreiswahlen und Wahlsystemen mit Sperrklauseln (VerfGHE 48, 61/ 75 f.). Dass durch das Unterschriftenquorum (vgl. im Einzelnen zu Art. 27 Abs. 3 GLKrWG sogleich bb)) keine Sperrklausel bei der Kommunalwahl eingeführt wird, ergibt sich zudem aus der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 21. Mai 1997 (VerfGHE 50, 106/114). Dass die Antragstellerin einzelne Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs für nicht tragfähig hält, genügt nicht, die Voraussetzungen einer erneuten Überprüfung zu begründen.
36
bb) Die konkrete Zahl der Wahlberechtigten, die den Vorschlag zusätzlich unterstützen müssen, ergibt sich aus Art. 27 Abs. 3 GLKrWG, der wörtlich Art. 25 Abs. 2 GLKrWG a. F. entspricht. Diese Fassung des Art. 25 Abs. 2 lag der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 15. Februar 1996 (VerfGHE 49, 11) zugrunde. Danach ist es verfassungsrechtlich weder zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Bezugnahme auf die Zahl der Einwohner als sachgerechte und systematisch gerechtfertigte Lösung angesehen hat, noch, dass er die Zahl der Unterstützungsunterschriften gerade in größeren Gemeinden deutlich erhöht hat (VerfGHE 49, 11/17 f.).
37
Neue tatsächliche oder rechtliche Umstände, die für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der konkret festgelegten Zahl von Unterstützungsunterschriften relevant sein und die Zulässigkeit einer erneuten Popularklage begründen könnten, zeigt die Antragstellerin weder auf noch sind sie sonst ersichtlich. Unbehelflich ist insbesondere der allgemeine Hinweis der Antragstellerin, „auf allen Ebenen“ sei „eher eine Zunahme der vertretenen Parteien und Wählergruppen zu beobachten“.
Aus der Zahl der Unterschriften rechtfertigt sich nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs der Schluss auf die Ernsthaftigkeit des Wahlvorschlags zwar noch nicht, wenn jedermann unschwer imstande ist, für einen von ihm beabsichtigten Wahlvorschlag die vom Gesetzgeber verlangte Zahl von Unterschriften beizubringen. Andererseits dürfe die Zahl der Unterschriften nur so hoch festgesetzt werden, wie es für die Erreichung des Zwecks eines Unterschriftenquorums erforderlich sei. Die Umsetzung der Wahlrechtsgrundsätze bei der Gestaltung des konkreten Wahlrechts sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers (VerfGHE 48, 61/73; VerfGHE 49, 11/17 f.). Die mit der angegriffenen Regelung übereinstimmende Vorgängerregelung hat der Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet.
38
b) Gegen Art. 28 GLKrWG wendet sich die Antragstellerin insgesamt, ohne auf den Regelungsinhalt der Norm näher einzugehen. Soweit sie rügt, die „Unterschriftsleistung bei der Behörde“ verstoße gegen den Grundsatz der geheimen Wahl, ist die Popularklage unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung unzulässig, im Übrigen genügt sie nicht den allgemeinen Substanziierungsanforderungen des Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG.
39
aa) Soweit sich die Popularklage gegen Art. 28 Abs. 1 GLKrWG richtet – Regelung der Auslegungsfrist für Unterstützungslisten – erhebt die Antragstellerin keine konkreten Einwendungen; in Bezug auf Satz 1 dieses Absatzes ist die Popularklage auch unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung unzulässig.
40
Die Termine für die Auflegung der Unterstützungslisten ergeben sich aus Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG i. V. m. § 35 Satz 1 GLKrWO. Dabei entspricht die Regelung, wonach die Unterstützungslisten spätestens am Tag nach der Einreichung bis zum 41. Tag vor dem Wahltag aufgelegt werden (abgesehen von der Uhrzeit am letzten Auflegungstag) derjenigen in § 41 Abs. 1 Satz 1 GLKrWO a. F., die der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15. Februar 1996 als verfassungsgemäß angesehen und dies zusammengefasst wie folgt begründet hat (vgl. VerfGHE 49, 11/19): Der Beginn des Auslegungszeitraums (Einreichung des Wahlvorschlags) werde durch § 40 GLKrWO (a. F.; nunmehr § 35 Satz 1 GLKrWO) dadurch festgelegt, dass Wahlvorschläge erst nach der Bekanntmachung der Aufforderung zur Einreichung von Wahlvorschlägen eingereicht werden könnten. Der Wahlleiter mache gemäß § 38 Abs. 1 GLKrWO (a. F.; nunmehr § 34 Abs. 1 GLKrWO) frühestens am 89. Tag, spätestens am 66. Tag vor dem Wahltag bekannt, welche Wahl durchzuführen sei und wie viele Gemeinderatsmitglieder und Kreisräte zu wählen seien; er fordere dabei zur Einreichung von Wahlvorschlägen bis 18 Uhr des 52. Tags vor dem Wahltag auf. Die Unterstützungslisten seien auch bei einer Wahlbekanntmachung, die erst am 66. Tag vor der Wahl erfolge, 25 Tage lang auszulegen. Ein Verstoß gegen den in den Wahlrechtsgrundsätzen der Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 BV enthaltenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liege nicht vor.
41
bb) Unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung ist die Popularklage unzulässig, soweit die Antragstellerin meint, die Unterschriftsleistung bei der Behörde (Art. 28 Abs. 2 und 3 GLKrWG) verstoße gegen den Grundsatz der geheimen Wahl.
42
Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 GLKrWG haben sich Wahlberechtigte, die einen Wahlvorschlag unterstützen wollen, in Unterstützungslisten einzutragen, wobei die Unterschrift nach Art. 28 Abs. 3 Satz 1 GLKrWG eigenhändig geleistet werden muss.
43
Dass eine Bestimmung, wonach Wahlberechtigte sich persönlich in die Unterstützungsliste einzutragen haben, die bei der Gemeindeverwaltung bzw. beim Landratsamt aufgelegt wird, den Grundsatz der allgemeinen, gleichen und geheimen Wahl nicht unverhältnismäßig einschränkt, hat der Verfassungsgerichtshof bereits entschieden (VerfGHE 48, 61/76 ff.). Der Grundsatz der geheimen Wahl könne auf die Wahlvorbereitung nicht uneingeschränkt angewendet werden; Wahlvorschläge müssten naturgemäß offen sein (VerfGHE 48, 61/69). Die äußeren Gegebenheiten der Durchführung einer Wahl in der Demokratie, vor allem die Wahlwerbung, brächten es mit sich, dass ein großer Teil der Anhänger eines Wahlvorschlags seine Anhängerschaft zu erkennen gebe und damit auf das Wahlgeheimnis verzichte. Zudem bewirke die betreffende Regelung nicht, dass jeder Wähler sein Stimmverhalten oder sein Verhältnis zu einer Partei offenbaren müsse, sondern nur eine relativ kleine Anzahl von Unterstützern, also Personen, die in der Regel am Erfolg einer Partei oder einer Wählergruppe ein gesteigertes Interesse hätten. Unter den Gegebenheiten eines demokratischen Rechtsstaats sei es nicht unverhältnismäßig, von diesen Personen – ähnlich wie von den Wahlbewerbern selbst – wegen der genannten sachlichen Überlegungen, die die Regelung trügen, in begrenztem Umfang eine Offenlegung ihrer politischen Haltung zu verlangen (VerfGHE 48, 61/78).
44
Gründe, die insoweit die Zulässigkeit einer neuen Popularklage begründen könnten, ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Antragstellerin noch sind sie sonst ersichtlich. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin wird niemand „gezwungen, sich zu einer Partei oder einem Wahlvorschlag zu bekennen“. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis darauf, dass diejenigen, die durch ihre Kandidatur ihre Unterstützung bereits öffentlich gemacht hätten, nach Art. 28 Abs. 2 (Satz 1 Halbsatz 2) GLKrWG nicht unterschreiben dürften.
45
cc) Mit den weiteren Regelungen in Art. 28 GLKrWG befasst sich die Popularklage nicht näher, auch der eben angesprochene Absatz 2 wird lediglich erwähnt. Es fehlt somit allgemein an einer substanziiert erhobenen Grundrechtsrüge.
46
dd) Auch die pauschalen Ausführungen, es fehle an hinreichend bestimmten Ausführungsbestimmungen und Bestimmungen zu Rechtsmitteln und Rechtsfolgen bei einer Verletzung der Ausführungsbestimmungen, genügen den Anforderungen des Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG nicht. Wenn ein Antragsteller wie hier ein gesetzgeberisches Handeln anstrebt, gelten besondere Anforderungen an die Substanziierung. Denn nach bayerischem Verfassungsrecht besteht grundsätzlich kein verfassungsgerichtlich verfolgbarer Anspruch auf ein bestimmtes Handeln des Gesetzgebers (vgl. VerfGH vom 25.9.2015 VerfGHE 68, 198 Rn. 115; vom 12.9.2016 BayVBl 2017, 478 Rn. 44; vom 26.3.2018 BayVBI 2018, 590 und 623 Rn. 56, 122; vom 9.10.2018 BayVBl 2019, 260 Rn. 24, vom 7.12.2021 BayVBl 2022, 152 Rn. 48 jeweils m. w. N.). Das Vorbringen der Antragstellerin, die insbesondere weder Art. 32 GLKrWG noch die §§ 47 ff. GLKrWO in den Blick nimmt, enthält schon keine hinreichenden Ausführungen, zu welchen Regelungen ihrer Ansicht nach der Normgeber – aufgrund einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung – verpflichtet sein sollte.
47
ee) Unbehelflich ist schließlich die Behauptung, die Bestimmungen des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes und des „zugehörigen Ausführungsgesetzes“ würden in der Praxis nicht eingehalten. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs zu überprüfen, wie die angegriffenen Rechtsnormen in der Praxis vollzogen werden (VerfGH vom 17.5.2006 VerfGHE 59, 63/68; BayVBl 2022, 625 Rn. 36; vom 20.4.2023 – Vf. 4-VII-22 – juris Rn. 28).
V.
48
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).