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OLG München, Beschluss v. 06.12.2023 – 21 U 3297/23 e
Titel:

Keine Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Motor EA 896Gen2BiT (hier: Audi A6 Allroad Quattro 3.0l TDI)

Normenketten:
BGB § 195, § 199 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 826
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 2
Leitsätze:
1. Vgl. zu 3,0 Liter-Motoren von Audi mit unterschiedlichen Ergebnissen auch: BGH BeckRS 2021, 37683; BeckRS 2022, 21374; BeckRS 2023, 15119; BeckRS 2023, 38290; KG BeckRS 2023, 33393; OLG Celle BeckRS 2023, 34908; OLG München BeckRS 2023, 32991; BeckRS 2023, 39334; OLG Saarbrücken BeckRS 2022, 34471; OLG Bamberg BeckRS 2023, 31419 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1); OLG München BeckRS 2022, 36080 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1); OLG Bamberg BeckRS 2022, 28703 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1) sowie OLG Brandenburg BeckRS 2021, 52227 (mit weiteren Nachweisen in Ls. 1). (redaktioneller Leitsatz)
2. Indem die Audi AG vor Mai 2018 nicht nur ihre Händler und Servicepartner über ihr Partner-Portal über die Beanstandungen des KBA im Zusammenhang mit der Aufheizstrategie informiert hatte, sondern den Händlern auch verbindlich aufgegeben hatte, sog. Muster-Beipackzettel zu verwenden, um Käufer über die Problematik in Kenntnis zu setzen, kann ihr Verhalten nicht mehr mit einer Täuschung gleichgesetzt werden. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Hat der Fahrzeughersteller sein Verhalten vor dem Abschluss des konkreten Erwerbsgeschäfts dahin geändert, dass er die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Motoren einer dem erworbenen Fahrzeug entsprechenden Baureihe mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einer Art und Weise bekannt gegeben hat, die einem objektiven Dritten die mit dem Kauf eines solchen Kraftfahrzeugs verbundenen Risiken verdeutlichen muss, kann die Verhaltensänderung die Anwendung des für die Gewähr des Differenzschadens maßgeblichen Erfahrungssatzes in Frage stellen, dass der Geschädigte den Kaufvertrag zu diesem Kaufpreis nicht geschlossen hätte. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
4. Hat der Käufer bei Abschluss des Kaufvertrags im Jahr 2018 Kenntnis vom „Dieselskandal“ und von der Betroffenheit seines Fahrzeugs, steht seiner erst im Jahr 2022 erhobenen Klage die Einrede der Verjährung entgegen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Audi, 3,0 Liter-Motor, EA 896Gen2BiT (Euro 6), unzulässige Abschalteinrichtung, Aufheizstrategie, Thermofenster, Vorkonditionierung, Spätkauf, Verhaltensänderung, Differenzschaden, Verjährung
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 30.06.2023 – 2 O 11056/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 39335

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München vom 30.06.2023, berichtigt mit Beschluss vom 04.08.2023, Az. 2 O 11056/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.
1
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München vom 30.06.2023, berichtigt mit Beschluss vom 04.08.2023, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2
Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dies zeigt die Berufungsbegründung nicht auf.
3
Streitgegenständlich ist ein Pkw ... A6 Allroad Quattro 3.0l TDI mit einer Leistung von 235 kW, den der Kläger am 22.05.2018/13.06.2018 von einem Dritten als Gebrauchtwagen mit einem Kilometerstand von 86.400 km zu einem Kaufpreis von 43.250 € brutto erworben hat. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor vom Typ EA 896Gen2BiT (Euro 6) verbaut. Herstellerin des Fahrzeugs und des Motors ist die Beklagte.
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Die Klageabweisung durch das Landgericht ist zutreffend und entspricht der Sach- und Rechtslage. Auch nach Auffassung des Senats kann die Klagepartei die geltend gemachten Ansprüche weder auf § 826 BGB noch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder §§ 6, 27 EG-FGV, Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 stützen (s.u. 1. und 2.). Die Beklagte hat ihr Verhalten bereits vor dem Erwerb des Fahrzeugs durch den Kläger geändert. Etwaige Ansprüche waren bei Klageerhebung auch verjährt (s.u. 3.).
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1. Ein Anspruch aus § 826 BGB ist nicht gegeben. Es kann dahinstehen, ob die vom Kraftfahrtbundesamt beanstandete „Aufheizstrategie“ eine von Sittenwidrigkeit getragene unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Selbst wenn die Beklagte ursprünglich sittenwidrig gehandelt hätte, weil sie aufgrund einer für ihr Unternehmen getroffenen grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung im eigenen Kosten- und Gewinninteresse durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch, langjährig und in großem Umfang Fahrzeuge mit Motoren mit unzulässiger Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht hätte, wäre infolge einer Verhaltensänderung der Beklagten der Vorwurf der Sittenwidrigkeit im Zeitpunkt des Fahrzeugkaufs des Klägers nicht mehr gerechtfertigt.
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Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist eine umfassende Betrachtung des Verhaltens des Schädigers geboten, um die Sittenwidrigkeit zu beurteilen. Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als (nicht) sittenwidrig ist dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und dieser Bewertung das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn – wie hier – die erste potenziell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und der Schädiger sein Verhalten zwischenzeitlich nach außen erkennbar geändert hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – ZR 391/21, Rn. 26, juris; Urteil vom 23.09.2021 – ZR 200/20, WM 2021, 2153, Rn. 16 ff.; Beschluss vom 9.03.2021 – ZR 889/20, WM 2021, 652, Rn. 12 f.; Urteil vom 30.07.2020 – ZR 5/20, ZIP 2020, 1715, Rn. 30 f.). Das von der Klagepartei in der Berufungsbegründung zitierte Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 23.11.2020 – 8 U 43/20) ist durch die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs überholt.
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Nach diesen Grundsätzen kann das Verhalten der Beklagten bis zum Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrages im Mai 2018 nicht mehr mit einer Täuschung gleichgesetzt werden. Wesentliche Umstände, die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit im Hinblick auf die vom Berufungsgericht angenommene und hier zu unterstellende Entwicklung und Implementierung einer manipulativen und prüfstandsbezogenen Aufheizstrategie getragen haben, waren bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs durch den Kläger entfallen (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020 – ZR 5/20, ZIP 2020, 1715, Rn. 34; zuletzt BGH, Urteil vom 12.10.2023 – ZR 319/21). Die Beklagte hat nicht nur ihre Händler und Servicepartner über ihr Partner-Portal über die Beanstandungen des KBA informiert, sondern hat den Händlern auch verbindlich aufgegeben, sog. Muster-Beipackzettel zu verwenden, um Käufer über die Problematik in Kenntnis zu setzen. Die Anlagen B1, B2 und B4 dokumentieren das Vorgehen der Beklagten; dort ist nicht nur von freiwilligen, sondern auch von angeordneten Maßnahmen die Rede. Nach der zitierten Rechtsprechung ist ein moralisch tadelloses Verhalten nicht erforderlich. Über die Vorkommnisse wurde in der Presse berichtet (Anlagen B6 ff.). Damit hat die Beklagte aber ihr Gesamtverhalten geändert und noch vor dem streitgegenständlichen Kauf Maßnahmen ergriffen, um eine etwaige Täuschung von Käufern zu verhindern. Die Maßnahmen waren in ihrer Zusammenschau objektiv geeignet, das Vertrauen potentieller Käufer von Fahrzeugen des streitgegenständlichen Modelltyps in eine vorschriftsgemäße Abgastechnik zu zerstören, diesbezügliche Arglosigkeit also zu beseitigen, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Möglichkeit zur Abfrage der konkreten Betroffenheit eines Wagens im Internet nicht auf der regulären ...-Website, sondern auf „microsites“ zur Verfügung stand. Soweit die Klagepartei meint, es hänge vom Zufall ab, ob die Arglosigkeit eines Fahrzeugkäufers vor Erwerb beseitigt werde, gilt, dass die Aufklärung nicht zwingend jeden Käufer erreichen muss (und bei Gebrauchtwagenverkäufen auch kaum kann).
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Im Hinblick auf die „Vorkonditionierung“ (Strategie B) ist ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten zum Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs schon nicht substantiiert vorgetragen. Zudem hatte das KBA zu diesem Zeitpunkt von der Funktion Kenntnis und hat mit dem Freigabebescheid vom 26.11.2018 festgestellt, dass unzulässige Abschalteinrichtungen nicht vorliegen.
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Bei einer die Abgasreinigung beeinflussenden Motorsteuerungssoftware wie dem hier in Rede stehenden Thermofenster, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand und bei der Gesichtspunkte des Motor- oder Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft erwogen werden können, kann bei Fehlen jedweder konkreter Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden beziehungsweise Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein agiert hätten, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs, etwa im Urteil vom 16.09.2021 – ZR 190/20 wird verwiesen. Die Ausführungen der Berufungsbegründung hierzu rechtfertigen keine andere Wertung.
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2. Entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung kommt vorliegend ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB nicht in Betracht.
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a) Der Tatbestand des § 263 StGB ist wegen der fehlenden Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden nicht erfüllt (BGH, Urteil vom 30.07.2020 – ZR 5/20, juris Rn. 18 ff.).
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b) Der Bundesgerichtshof hat zwar mit Urteilen vom 26.06.2023 (VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21, VIa ZR 1031/22) entschieden, dass einem Käufer, dessen Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) 715/2007 ausgestattet ist, ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zustehen kann, wobei ohnehin ein konkreter Antrag im Hinblick auf den Differenzschaden noch nicht gestellt wurde. Ein etwaiger Differenzschaden könnte ggf. durch das durchgeführte Software-Update ausgeglichen sein. Jedenfalls fehlt es aber an dem Nachweis der Kausalität, dass die Klagepartei das Fahrzeug im maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses (Mai 2018) nicht zu dem Kaufpreis gekauft hätte.
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aa) Die unter 1. festgestellte Verhaltensänderung ist auch bei der Prüfung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV (vgl. dazu BGH, Urteile vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21 u.a., juris) zu bewerten. Hat der Fahrzeughersteller sein Verhalten vor dem Abschluss des konkreten Erwerbsgeschäfts, das wie in den Fällen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung das gesetzliche Schuldverhältnis nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV erst begründet (vgl. zu § 826 BGB nur BGH, Urteil vom 30.07.2020 – ZR 5/20, NJW 2020, 2798, Rn. 31), dahin geändert, dass er die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Motoren einer dem erworbenen Fahrzeug entsprechenden Baureihe mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einer Art und Weise bekannt gegeben hat, die einem objektiven Dritten die mit dem Kauf eines solchen Kraftfahrzeugs verbundenen Risiken verdeutlichen muss, kann die Verhaltensänderung die Anwendung des für die Gewähr des Differenzschadens maßgeblichen Erfahrungssatzes in Frage stellen, dass der Geschädigte den Kaufvertrag zu diesem Kaufpreis nicht geschlossen hätte. Dies darzulegen und zu beweisen ist Sache des Fahrzeugherstellers (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 533/21 Rn. 35, zuletzt BGH, Urteil vom 23.10.2023 ZR 319/21).
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bb) Im vorliegenden Fall ist der Erfahrungssatz angesichts der durchgeführten Maßnahmen und der Presseverlautbarungen erschüttert, was auch das Landgericht letztlich in seinen Ausführungen zur Kausalität im Urteil so gesehen hat. Die Klagepartei ist daher darlegungs- und beweispflichtig, dass sie das Fahrzeug nicht zu dem Preis erworben hätte. Hierzu sind aber keine Ausführungen erfolgt. Im Gegenteil hat die Klagepartei mit Schriftsatz vom 20.04.2023, dort S. 23 f (Bl.143 f. d.A.), ausgeführt, dass der Preis für Dieselfahrzeuge bereits vor dem Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs verfallen sei (vgl. Anlagen R 6 und 7), was dafür spricht, dass die Abgasproblematik beim Preis bereits Berücksichtigung gefunden hat.
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3. Zudem und vor allem ist der geltend gemachte Anspruch verjährt. Das Landgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrags im Jahr 2018 „Kenntnis von allen relevanten Tatsachen“ gehabt hat. Die Berufung hat nicht angegriffen, dass der Kläger Kenntnis vom „Dieselskandal“ und von der Betroffenheit seines Fahrzeugs hatte. Sie betont lediglich, eine solche allgemeine Kenntnis reiche nicht aus, um auch eine Kenntnis von der Person des Schuldners zu vermitteln. Dies greift aber nicht durch:
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a) Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche nach §§ 826, 31 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, genügt es in Fällen der vorliegenden Art für den Beginn der Verjährung gemäß § 199 Abs. 1 BGB, dass der geschädigte Fahrzeugkäufer Kenntnis vom sogenannten Dieselskandal im Allgemeinen, von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs und von der Relevanz dieser Betroffenheit für seine Kaufentscheidung hat, wobei letztere Kenntnis nicht gesondert festgestellt werden muss, sondern naturgemäß beim Geschädigten vorhanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2022 – ZR 365/21, NJW 2022, 1311, Rn. 17 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Ohnehin handelt es sich hier um ein Fahrzeug der Beklagten mit einem Motor der Beklagten, so dass als Schuldner nur die Beklagte in Betracht kommt. Auch bedurfte es keiner näheren Kenntnis darüber, welche im Sinne des § 31 BGB maßgeblichen Personen im Einzelnen für den Abgasskandal verantwortlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2022 – ZR 679/21, Rn. 35, juris; Urteil vom 17.12.2020 – ZR 739/20, NJW 2021, 918, Rn. 23).
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b) Selbst wenn man in der Berufungsbegründung einen Angriff auf die Feststellung der Kenntnis vom Dieselskandal und der Betroffenheit des Fahrzeugs sähe (was der Senat nicht tut), wäre erstinstanzlich unbestritten geblieben, dass der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten zum Zeitpunkt des Kaufs Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt haben muss (Klageerwiderung, insbes. Rz. 22: „Es liegt daher außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit […]“). Hierauf hat die Klagepartei nicht etwa bestritten, dass sie Kenntnis vom „Dieselskandal“ und der Betroffenheit des Fahrzeugs gehabt hat, sondern lediglich allgemeine Ausführungen gemacht und vorgetragen, die Beklagte behaupte die Kenntnis „ins Blaue hinein“ (Replik S. 42, Bl. 162 d.A.). Insoweit obliegt aber der Klagepartei eine sekundäre Darlegungslast, denn die Beklagte kann nicht wissen, über welche Kenntnisse die Klagepartei verfügte. Hierzu hat die Klagepartei lediglich auf S. 36 der Replik, Bl. 156 d.A., vorgetragen, die Klagepartei sei nicht im Rahmen des Verkaufs informiert worden und habe keinen Beipackzettel erhalten. Dies heißt aber nicht, dass sie keine Kenntnis von der Betroffenheit des Fahrzeugs von einem Rückruf hatte. Im Gegenteil hat sie auf S. 44 der Replik, Bl. 164 d.A., vorgetragen, die Klagepartei habe vor Beauftragung der Klägervertreter keine Kenntnis davon gehabt, „dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug neben der vom Kraftfahrt-Bundesamt beanstandeten Funktion noch weitere Abschalteinrichtungen zum Einsatz kommen“, was wegen der Verwendung des Wortes „neben“ eher für eine Kenntnis von dem Rückruf spricht und eine solche jedenfalls nicht bestreitet.
18
c) Die Verjährung beginnt mit dem Update nicht neu zu laufen (BGH, Urteil vom 15.09.2021 – ZR 294/20).
19
Nach alledem wird die Berufung zurückzuweisen sein.
II.
20
Zur Vermeidung weiterer Kosten regt der Senat die Zurücknahme der offensichtlich unbegründeten Berufung an. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz).