Inhalt

VG München, Beschluss v. 05.12.2023 – M 20 P 23.673
Titel:

Erforderlichkeit (fehlende) der Spezialschulung des Personalratsmitglieds einer Staatsanwaltschaft zum Eingruppierungsrecht

Normenkette:
BayPVG Art. 44, Art. 46
Leitsätze:
1. Die objektive Erforderlichkeit für die Teilnahme eines Personalratsmitglieds an einer Spezialschulung ergibt sich nicht bereits allgemein aus einer personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsmöglichkeit, sondern setzt eine dienststellenbezogene Erforderlichkeit unter Berücksichtigung von Größe der Dienststelle und der Art & Umfang der beteiligungspflichtigen Angelegenheiten voraus. Dabei genügt es, wenn der Personalrat den Schulungsbedarf bei pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage konkret dienststellenbezogen für erforderlich halten durfte. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Erforderlichkeit einer Spezialschulung eines Personalratsmitglieds geht über die bloße Nützlichkeit hinaus, insbesondere wenn sie sich preislich weit außerhalb der bisherigen Regelbeträge bewegt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Mitgliedschaft eines Personalratsmitglieds im Bezirkspersonalrat und ein sich daraus ergebender Mehrwert der Fortbildung für die Tätigkeit im Bezirkspersonalrat ist für die Frage der objektiven Erforderlichkeit für die örtliche Personalvertretung unerheblich. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Personalvertretungsrecht des Landes, 5-tägige Spezialschulung zum Eingruppierungsrecht TV-L, (fehlende) objektive, dienststellenbezogene Erforderlichkeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 39226

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller verfolgt vorliegend sein Begehren im Hinblick auf eine Kostenerstattung und Freistellung eines Mitglieds des Personalrats bezüglich einer fünftägigen Schulung zum Eingruppierungsrecht nach TV-L im Nachgang zu einem erfolglosen Eilrechtsschutz weiter.
2
In seiner Sitzung am … Dezember 2022 hat der Antragsteller, die örtliche Personalvertretung bei der Staatsanwaltschaft L* …, beschlossen, das Personalratsmitglied A. zum Seminar „TV-L-Aufbau: Eingruppierungsrecht – Bayern, Praxis der Eingruppierung nach TV-L unter Berücksichtigung spezieller Umsetzungsvorschriften“ in der Zeit vom 20. März 2023 bis 24. März 2023 zu entsenden.
3
Seitens der Dienststellenleitung, dem Beteiligten zu 1), wurde eine Kostenübernahme mit Schreiben vom … Januar 2023 nach vorangegangener Anforderung einer Kostenaufschlüsselung abgelehnt.
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Nach entsprechendem Beschluss des Antragstellers vom 2. Februar 2023 haben die Bevollmächtigten des Antragstellers am 14. Februar 2023 ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren beantragt (M 20 P 23.673) und gleichzeitig den Erlass einer einstweiligen Verfügung (M 20 PE 23.639). Zur Begründung wurde mit Schriftsätzen vom … Februar 2023 und … Februar 2023, im Gütetermin am 28. Februar 2023 sowie mit Schriftsätzen vom … März 2023, … März 203, … Juli 2023 und … November 2023 und in der Anhörung vor der Kammer am 5. Dezember 2023 umfangreich vorgetragen, u.a. zur Frage der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme. Aufgrund der Komplexität eingruppierungsrechtlicher Sachverhalte bedürfe es der Schulung der Entgeltordnung des TV-L. Dabei seien nicht nur Fragen in der Eingruppierung der Entgeltgruppen E5 und E6 bei den Staatsanwaltschaften erforderlich, sondern vertieft in der Breite der Entgeltordnung, um sich im Einzelfall stellende Fragen beantworten zu können. Es seien Kenntnisse der Rechtsgrundlagen für die gesetzes- und tarifkonforme Bildung des Entgelts, Kenntnisse über Inhalt und Aufbau sowie Struktur der Entgeltordnung des TV-L und der Eingruppierungssystematik erforderlich. Um die Beschäftigten richtig einordnen zu können, müssten die Entgeltgruppen, ihre Voraussetzungen und Tätigkeitsmerkmale mit deren Abgrenzung zueinander bekannt sein und hierzu Kenntnisse über die unbestimmten Rechtsbegriffe vorliegen. Die Durchführungshinweise und Richtlinien sowie Protokoll- und Niederschrifterklärungen mit deren Bedeutung müssten rechtlich eingeordnet werden können. Der Zusammenhang des Weisungsrechts des Arbeitgebers zur Eingruppierung müsse bekannt sein und Kenntnisse über Stellenbeschreibungen und deren Bedeutung für die Stellenbewertung. Dazu müsse die Personalvertretung wissen, was Arbeitsvorgänge, Arbeitsschritte seien und wie diese gebildet würden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen Bezug genommen. Besonders geeignet sei das ausgewählte Seminar aufgrund der aus dem Bereich der Justiz stammenden Referentin. Qualitativ vergleichbare, aber kostengünstigere Schulungen für Personalräte zum Eingruppierungsrecht nach TV-L seien nicht bekannt. Das dienststellenseitig vorgeschlagene Aufbauseminar eines anderen Anbieters sei schon im Ansatz nicht vergleichbar und unzureichend, auch eine gerichtlicherseits genannte Fortbildung zum Eingruppierungsrecht des anderen Anbieters sei nach Nachfrage über die Schulungsinhalte/-tiefe nicht äquivalent, zudem sei das ausgewählte Personalratsmitglied zu diesem Zeitpunkt verhindert. Die Dauer der Schulung entspreche der gesetzlich in Art. 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BayPVG vorgesehenen Dauer; im Übrigen seien Spezialschulungen mit bis zu fünf Tagen Dauer zum TVöD anerkannt. Nach einer erfolgten Teilnahme an der Schulung ergänzte die Bevollmächtigte des Antragstellers das bisherige Vorbringen. Aufgrund der Entscheidungen des BAG vom 9. September 2020 – 4 AZR 195/20 und 4 AZR 196/20 – habe sich für den Antragsteller ganz konkret die Frage der richtigen Zuordnung der Beschäftigungen in den Serviceeinheiten der Dienststelle zu anderen Entgeltgruppen, als von der Dienststelle mit der EG 5 und EG 6 bisher angenommen, gestellt. Schulungsinhalt sei neben der Entscheidung des BAG vom 9. September 2020 – 4 AZR 195/20 –, dass seine Entscheidungen ausdrücklich auf die besonderen Tätigkeitsmerkmale der Beschäftigten bei Staatsanwaltschaften bezogen habe, auch das Schreiben des Finanzministeriums vom 16. März 2023 zur Umsetzung der genannten BAG-Entscheidung gewesen. Daher seien insbesondere die Verfahrensschritte für die Prüfung der konkreten Zuordnung der Tätigkeiten zu den jeweiligen Entgeltgruppen anhand der Tätigkeitsbeschreibungen geübt worden. Der Personalrat habe in die Lage versetzt werden müssen, eine eigenständige sachgerechte Bewertung „auf Augenhöhe“ vornehmen zu können und die beabsichtigte Zuordnung durch die Dienststelle zu überprüfen und nicht nur die Zuordnungen der Dienststelle zu EG 5 und EG 6 zu übernehmen. Daher sei die Schulung objektiv erforderlich gewesen. Durch die Teilnahme seien Seminarkosten in Höhe von 1.190,- € sowie Kosten der Übernachtung und Verpflegung i.H.v. 677,- € in Rechnung gestellt worden. Das Personalratsmitglied A. sei mit dem PKW zum Seminarort angereist und diesbezügliche Reisekosten zu erstatten. Nachdem weder einer Freistellung noch einem Antrag auf Arbeitsbefreiung nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 UrlMV zugestimmt worden sei, habe A. für den Zeitraum des Seminars Freizeitausgleich eingebracht. In der Anhörung am 5. Dezember 2023 hat der Antragsteller sein Vorbringen ergänzt. Auf die bezügliche Niederschrift wird verwiesen, ebenso im Übrigen auf das schriftsätzliche Vorbringen und die Äußerungen im Gütetermin.
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Der Antragsteller beantragt daher sinngemäß nach Klarstellung in der Anhörung am
5. Dezember 2023:
Der Beteiligte wird verpflichtet, den Personalrat, hilfsweise das Personalratsmitglied Frau N* … A* …, für die Teilnahme am Seminar TV-L Aufbau: Eingruppierungsrecht – Bayern, Praxis der Eingruppierung nach TV-L unter Berücksichtigung spezieller bayerischer Umsetzungsvorschriften vom 20.03.2023 bis 24.03.2023 von den angefallenen Kosten in Höhe von € 1.190,00 zuzüglich Fahrtkosten und Kosten der Übernachtung und Verpflegung in Höhe von € 677,00 freizustellen und das Personalratsmitglied für die Teilnahme am Seminar unter Fortzahlung der Bezüge freizustellen.
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Der Beteiligte zu 1) beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
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Er hat mit Schriftsätzen vom … Februar 2023 und … März 2023 im Eilverfahren, im Gütetermin sowie mit Schriftsätzen vom … März 2023 und … August 2023 und in der Anhörung am 5. Dezember 2023 Stellung genommen. Dabei hat der Dienststellenleiter unter anderem die objektive Erforderlichkeit der fünftägigen, weit über den in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 1. März 1999 zum Vollzug des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes genannten Grenzbetrag von 125,- € bzw. im Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 6. Mai 2022 anerkannten Pauschalbetrag von 250,- € hinausgehenden Schulung verneint. Dabei werde nicht verkannt, dass diese Beträge keine Obergrenze darstellten und durchaus überschritten werden könnten. Dann sei jedoch eine entsprechende Prüfung der Erforderlichkeit geboten. Vor dem Hintergrund sparsamer Mittelverwendung sei die Schulung über fünf Tage nicht erforderlich, zumal der konkrete dienststellenbezogene Schulungsbedarf nicht ersichtlich sei. Es sei nach dem Seminarplan und der allgemeinen Einladung an den öffentlichen Dienst davon auszugehen, dass auf alle in Teil II angeführten Berufsgruppen eingegangen werde und nicht nur auf die in Nr. 12.1 genannten Beschäftigten der Staatsanwaltschaften, wobei selbst die in Nr. 12.1 enthaltenen gerichtsseitigen Themen nicht vergleichbar und daher nicht erforderlich seien. Die Eingruppierungsfragen auf der Dienststelle beschränkten sich auf den Bereich E5 und E6, wobei die grundlegende Frage, mit welchen Tätigkeiten Angestellte im Geschäftsstellenbereich der Staatsanwaltschaften beauftragt würden, sich bereits aus der Verordnung über die Geschäftsstellen der Gerichte und Staatsanwaltschaften ergebe und über die Generalstaatsanwaltschaften die Eingruppierung nach Mitteilung der Personaldaten der Bewerber bereits mitgeteilt würden. Zudem wurde auf das Ergebnis einer Arbeitsgruppe zur Eingruppierung der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 24. Oktober 2013 (Gz. …*) verwiesen. Die umfangreichen Schulungsthemen seien daher in der Praxis der bei der Dienststelle anfallenden Mitbestimmungsthemen kaum relevant. Demgegenüber stünden gut 2.000 € Fortbildungskosten, somit in unangemessenem Verhältnis. Aus dem vorgelegten Seminarplan und dem antragstellerischen Vortrag lasse sich weder zeitlich noch inhaltlich hinreichend erkennen, wann welche Schwerpunkte für die Fragen der Eingruppierungsarten nach E5 und E6 des TV-L, Entgeltordnung Teil II der dortigen Ziffer 12.1 „Beschäftigte bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften“ bezüglich der speziellen Aufgaben bei den Staatsanwaltschaften erörtert würden. Daher komme auch keine Teilgenehmigung in Betracht. Auf das umfangreiche antragstellerische Vorbringen nach der Schulungsteilnahme erwiderte der Beteiligte zu 1), es sei nach wie vor nicht erkennbar, inwieweit die Schulung für die Tätigkeit im Personalrat der Staatsanwaltschaft unmittelbar erforderlich gewesen sei, somit für das entsandte Personalratsmitglied zusätzlich wesentliche neue Inhalte für die konkrete Funktion, den konkreten Wissensstand und die konkrete Tätigkeit in der jeweiligen Behörde gebracht habe. Allenfalls Teile der Schulung und der im Schulungsskript angeführten Themen seien tatsächlich erforderlich gewesen, eine konkrete zeitliche Trennung aber durch die aufgrund der Fragen der Teilnehmer und der Übungsfälle entstehenden Dynamik nicht mehr möglich. Schulungsinhalte und sog. Übungsfälle für die andere Beschäftigungsgruppen seien für die Tätigkeit des Personalratsmitglieds eines Personalrats der Staatsanwaltschaft nicht unmittelbar erforderlich. Da nicht nachvollzogen werden könne, welcher Anteil der Schulungsinhalte demnach an den fünf Tagen für die Schulung von Frau A. für die spezielle Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft L* … erforderlich gewesen seien und welche Anteile dafür in Betracht gekommen seien, könne auch keine teilweise Übernahme der geltend gemachten Kosten ausgesprochen werden. Es sei Prüfungsaufgabe im Rahmen der Übernahme der Kosten, ob und welche Punkte des Seminars für die Fortbildung geeignet und unmittelbar erforderlich seien. Trotz entsprechender Aufforderung sei dies bis zum Seminartermin seitens des Antragstellers nicht hinreichend erfolgt. Dieser müsse der Dienststelle alle Tatsachen mitteilen, die Grundlage für seine eigene Beschlussfassung zur Entsendung seines Mitglieds gewesen sein. Angesichts des Gesamtkonzepts der Schulung, nämlich Ladung aller Beschäftigungsarten des TV L und des TVöD (Bund), sodass natürlich immer wieder übergreifende Fragen gestellt und Themen behandelt würden, die für die Eingruppierung der nach Anlage A Nummer 12.1 TV L Beschäftigten der Justiz überflüssig sind, sei eine Trennung des Schulungsstoffs und der dafür benötigten Zeit nicht möglich. Dies gelte umso mehr als Frau A. seit 2016 neben der Grundschulung regelmäßig ein dreitägiges Erfahrungsaustausch-Seminar besucht habe. Im weiteren Verlauf stellte der Beteiligte zu 1) in seinem Schriftsatz vom … August 2023 dar, welche Punkte aus seiner Sicht bei Auswertung des vorgelegten Schulungskonzepts und -skripts für die Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft L* … nicht notwendig und aus seiner Sicht nicht erforderlich seien. Hierauf wird Bezug genommen. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags im Nachgang an die Schulungsteilnahme läge daher keine Genehmigungsfähigkeit vor. Ergänzend und hilfsweise wird zu den geltend gemachten Kosten und zur Kostenkalkulation kritisch vorgetragen. Auch diesbezüglich sowie im Übrigen wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und die Niederschriften über den Gütetermin und die Anhörung verwiesen.
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Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 13. Februar 2023 hat das Gericht mit Beschluss vom 14. März 2023 – M 20 PE 23.639 – abgelehnt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.
9
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakten zum Verfahren M 20 P 23.673 und M 20 PE 23.639 verwiesen.
II.
10
Der zulässige Antrag ist abzulehnen.
11
Dahinstehen kann, ob die Antragsanpassung durch die zwischenzeitlich erfolgte Teilnahme an der Schulung eine Klageänderung bzw. Antragsänderung darstellt, da eine solche jedenfalls sachdienlich wäre.
12
Dass das Personalratsmitglied A. auf der Grundlage des Entsendungsbeschlusses des Antragstellers vom … Dezember 2022 an der Schulung – trotz des erfolglosen Eilrechtsschutzes – teilgenommen hat, steht der Zulässigkeit des vorliegenden Antrags nicht entgegen. Es ist jedoch zu bemerken, dass sowohl der Antragsteller als auch das Personalratsmitglied A. insoweit durch das Festhalten an der Schulung bewusst Gefahr liefen, dass ihnen die Kosten für die Schulung nicht erstattet würden.
13
Der Antrag auf Erstattung der Kosten für die Schulungsmaßnahme und – nachträgliche – Freistellung des teilnehmenden Personalratsmitglieds ist unbegründet.
14
1. Auf die Ausführungen des Gerichts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – M 20 PE 23.639 – wird insoweit Bezug genommen; die Kammer macht sich diese – auch unter Berücksichtigung des anschließenden schriftsätzlichen Vorbringens im vorliegenden Verfahren und der Erörterung der Angelegenheit in der Anhörung am 5. Dezember 2023 – zu eigen:
15
„Die objektive, dienststellenbezogene Erforderlichkeit für die Teilnahme an der fünftägigen Spezialschulung zum Eingruppierungsrecht TV-L ist nicht hinreichend erkennbar.
16
Für über eine Grundschulung hinausgehende Schulungen zu ausgewählten, vertiefenden Themen als sog. Spezialschulungen ist vor dem Hintergrund des Grundsatzes von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Verwendung öffentlicher Mittel eine subjektive und objektive Erforderlichkeit für die Schulungsteilnahme vonnöten. Vorliegend steht die objektive Erforderlichkeit zwischen der Personalvertretung und der Dienststellenleitung im Streit, die subjektive Auswahl des Personalrats wird vom Beteiligten zu 1) nicht bemängelt.
17
Die objektive Erforderlichkeit für die Teilnahme an einer Spezialschulung ergibt sich nicht bereits allgemein aus einer personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsmöglichkeit, sondern setzt eine dienststellenbezogene Erforderlichkeit unter Berücksichtigung von Größe der Dienststelle und der Art & Umfang der beteiligungspflichtigen Angelegenheiten voraus.
18
Ob die Personalvertretung bei ihrer Entsendungsentscheidung den Maßstäben subjektiver und objektiver Erforderlichkeit unter Berücksichtigung des Gebots sparsamer Verwendung der öffentlichen Mittel entsprochen hat, ist nach der Rechtsprechung nicht rückblickend allein nach objektiven Maßstäben zu beurteilen, sondern genügt es, wenn der Personalrat den Schulungsbedarf bei pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage für erforderlich halten durfte (vgl. BVerwG, B.v. 9.7.2007 – 6 P 9/06 – beck-online Rn. 21; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 16.1.2014 – OVG 62 PV 14.12 – beck-online Rn. 15). Dass der Personalvertretung insoweit aber ein Beurteilungsspielraum zukäme – davon scheint im Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 6. Mai 2022 unter 6.1 ausgegangen zu werden –, der folglich nur einer eingeschränkten Überprüfbarkeit durch die Dienststellenleitung und auch das Gericht unterliegen würde, erscheint dem Gericht zweifelhaft. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht gerade im direkten Anschluss an die vorangehende Zitatstelle die Prüfungsberechtigung und Prüfungspflicht der Dienstelle, ob die Teilnahme des Personalratsmitglieds an der Schulungsveranstaltung für seine Tätigkeit im Personalrat erforderlich ist, herausgestellt (BVerwG, a.a.O. Rn. 22; vgl. auch Wank-Maties in NZA 2005, 1033). Wenngleich die Anforderungen an die Darstellung der Erforderlichkeit nicht überspannt werden dürfen, hat nach Auffassung des vorliegend erkennenden Gerichts doch die Personalvertretung substantiiert darzulegen, weshalb die Schulung konkret dienststellenbezogen erforderlich ist. Dies ist dem Antragsteller bisher nicht hinreichend gelungen.
19
Zwar ist eine Personalvertretung durchaus durch die Aufgabeneröffnung im Bereich der Mitbestimmung nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a, 4a, 5 BayPVG von Fragen der Eingruppierung betroffen und obliegt der Personalvertretung nach Art. 69 Abs. 1 Buchst. b BayPVG auch eine allgemeine Überwachung der Anwendung der Tarifverträge. Das Bundesverwaltungsgericht hat insofern ausgeführt, der Personalrat müsse für die Mitbestimmung bei Ein-, Höher- und Rückgruppierung über die einschlägigen tarifvertraglichen Bestimmungen einschließlich der dazugehörigen Vergütungsordnungen Bescheid wissen, die materieller Maßstab für dessen im Wege der Mitbestimmung wahrzunehmenden Mitbeurteilungsrecht sind (BVerwG, B.v. 14.6.2006 – 6 P 13/05 – beck-online Rn. 16). Daraus ergibt sich jedoch noch keine grundsätzliche Aussage zu Gunsten der Erforderlichkeit einer fünftägigen Spezialschulung für jede Personalvertretung. Vielmehr muss dienststellenbezogen zu erwarten sein, dass die jeweiligen Schulungsinhalte für die jeweilige Personalvertretung erforderlich sind.
20
Der erhobene Einwand der Dienststellenleitung, der dienststellenbezogene Schulungsmehrwert sei bei den umfassenden Schulungsinhalten nicht hinreichend herausgearbeitet, verfängt auch nach Auffassung des Gerichts. Nachvollziehbar stellt der Beteiligte zu 1) vorliegend in Abrede, dass die fünftägige Spezialschulung zum gesamten Eingruppierungsrecht des TV-L für die sich – nach Angaben der Dienststellenleitung – nur stellenden Fragen bei der Eingruppierung in E5 oder E6 erforderlich ist bzw. diese, die Staatsanwaltschaften betreffenden Eingruppierungsfragen einen derart breiten Raum in dem umfassenden Schulungsangebot einnehmen werden, dass die Teilnahme als noch verhältnismäßig angesehen werden kann. Die Schulung richtet sich nicht gezielt an die staatsanwaltschaftlichen Personalvertretungen, sondern an die Personalvertretungen der gesamten Behördenlandschaft in Bayern. Dass die sich tatsächlich in der Praxis stellenden Fragen bei der Eingruppierung in E5 oder E6 bei den Staatsanwaltschaften wirklich derart detailliert in der Schulung abgehandelt werden, erscheint fraglich. Sollte dem wirklich derart Raum gegeben werden, wäre andererseits auch anzunehmen, dass gleichermaßen Eingruppierungsfragen aus anderen Behörden gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wird, mit der Folge schwindender Erforderlichkeit für den Antragsteller. So hat der Dienststellenleiter bereits nachvollziehbar in seiner Stellungnahme auf die Unterschiede der staatsanwaltschaftlichen Beschäftigten dieser Entgeltgruppen gegenüber den gerichtlichen Beschäftigten hingewiesen.
21
Mit Blick auf die umfangreichen Ausführungen der Bevollmächtigten des Antragstellers ist herauszustellen, dass die im Seminarplan des vorliegend angestrebten Schulungsangebots enthaltenen Themen durchaus für Personalvertretungen nützliche Inhalte vermitteln mögen. Die Erforderlichkeit einer Spezialschulung geht jedoch über die bloße Nützlichkeit hinaus (vgl. OVG Bremen, B.v. 29.6.2022 – 6 LP 441/21 – beck-online 3b m.w.N), insbesondere, wenn sie sich preislich weit außerhalb der bisherigen Regelbeträge bewegt.
22
Das Gericht vermag – in Übereinstimmung mit dem Dienststellenleiter – vorliegend nicht zu erkennen, warum die genannten Themen in der Breite, die die fünftägige Schulung einnehmen wird und damit über eine konzentrierte Vermittlung der Grundlagen hinausgeht, für die sich im staatsanwaltschaftlichen Bereich stellenden Fragen bei der Eingruppierung erforderlich sind.
23
Eine Abgrenzung der Schulungsinhalte dergestalt, dass eine zumindest teilweise Kostenübernahme bzw. teilweise Freistellung in Betracht käme, ist vorliegend nicht möglich. Wie der Dienststellenleiter zutreffend ausgeführt hat, ist nicht erkennbar, in welchem Umfang und zu welcher Zeit erforderliche Schulungsinhalte geschult werden.
24
Die im Verfahren immer wieder genannte Mitgliedschaft des Personalratsmitglieds A. im Bezirkspersonalrat und ein sich daraus ergebender Mehrwert der Fortbildung für die Tätigkeit im Bezirkspersonalrat ist für die vorliegend nur gegenständliche Frage der objektiven Erforderlichkeit für die örtliche Personalvertretung nicht von Belang.
25
Die Klärung der seitens der Dienststellenleitung aufgeworfenen Fragen hinsichtlich der pauschalen Unterbringungs- und Verpflegungskosten kann daher dahinstehen.“
26
2. Soweit im Bereich der Geschäftsstellenverwaltungen bzw. der Beschäftigten in Serviveeinheiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften die Eingruppierungen nach wie vor noch Gegenstand von Diskussionen und Klärungen im Hinblick auf die im Verfahren zitierten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts etc. sind, ergibt sich daraus keine Erforderlichkeit der fünftägigen Spezialschulung.
27
Zutreffend hat der Beteiligte zu 1) daher auch insoweit den konkreten Mehrwert der Schulung für die konkrete Dienststelle und die dortige Personalratstätigkeit in Frage gestellt. Wie der Beteiligte zu 1) herausstellte, war die Rechtsprechung dem entsandten Personalratsmitglied bereits bekannt. Jedem sei im Februar/März 2023 klar gewesen sei, dass die Umsetzung der BAG-Rechtsprechung gerade noch in Planung sei. Lösungen hierzu habe die Schulung verständlicherweise über die bekannte Rechtsprechung des BAG hinaus nicht anbieten können.
28
Davon zu trennen ist, dass die in der Schulung vermittelten Inhalte allgemeiner Art auch für sich konkret stellende Fragen bei der Eingruppierung der Beschäftigungen im Bereich der Staatsanwaltschaften sinnvoll gewesen sind. Dies gilt insbesondere, soweit Verfahrensschritte der Eingruppierung anhand von Geschäftsstellentätigkeiten eingeübt wurden. Eine Erforderlichkeit für die spezielle Eingruppierungsthematik bei den Staatsanwaltschaften ergibt sich daraus nicht ohne weiteres.
29
Zudem wäre eine fünftägige Schulung mit den angefallenen Kosten für dieses Thema nicht mehr verhältnismäßig, wie der Beteiligte zu 1) zutreffend dargestellt hat.
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3. Dass das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat einen Fortbildungsbedarf zum Eingruppierungsrecht des TV-L aufgrund der Mitteilung vom 10. Oktober 2023 für die Mitarbeiter der Personalverwaltungen im staatlichen Bereich sieht, daher eine Fortbildung an der Hochschule für den öffentlichen Dienst anbietet und eine Wahrnehmung des Angebots ausdrücklich empfiehlt, steht dem ebensowenig entgegen. Vorliegend steht nicht Frage, ob eine Fortbildung zum Eingruppierungsrecht per se nicht erforderlich ist, sondern nur, ob dies bezogen auf die konkrete Dienststelle der Fall ist. Schließlich mag es im staatlichen Bereich durchaus Dienststellen geben, bei denen eine Fülle eingruppierungsrechtlicher Aspekte Gegenstand personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung sind. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das zitierte Fortbildungsangebot der Hochschule für den öffentlichen Dienst mit drei Tagen einen erheblichen kürzeren Zeitaufwand umfasst. Das Gericht schließt ausdrücklich nicht aus, dass sich je nach Konzeption, Inhalt und Umfang eine Schulung zum Eingruppierungsrecht als konkret erforderlich für eine Dienststelle darstellen kann.
31
Mangels Erforderlichkeit der fünftägigen Schulung für die Personalratstätigkeit bei der Staatsanwaltschaft L* … ist die fortgesetzte Ablehnung der Dienststellenleitung bezüglich Kostenerstattung und Freistellung des Personalratsmitglieds daher nicht zu beanstanden.
32
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Des Verfahrens gerichtskostenfrei.