Titel:
Erschließungsbeitragsrecht: Sachliche Beitragspflicht bezüglich einer Straße bei "Lückenschluss", wobei das ursprüngliche Bauprogramm eine durchgehende Straße war
Normenketten:
BayKAG Art. 5a
BauGB § 125, § 127
Leitsatz:
Bestand das Bauprogramm bezüglich einer Straße (hier: vor dem Hintergrund der Erhebung eines Erschließungsbeitrags) darin, eine Straße durchgehend herzustellen und war dieses Bauprogramm nie aufgegeben worden, war aber bisher noch ein "Lückenschluss" vorhanden gewesen, der nach Jahren geschlossen wurde, so entsteht die sachliche Beitragspflicht nicht vor dem "Lückenschluss", da die Straße ohne "Lückenschluss" nicht nach Maßgabe des § 125 BauGB rechtmäßig hergestellt worden war. (Rn. 41 – 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erschließungsbeitragsrecht, räumliche Abgrenzung einer Anbaustraße als Erschließungsanlage, über viele Jahre fehlender „Lückenschluss“ zwischen zwei Teilstrecken dieser Straße, keine endgültige Beendigung der Ausbauarbeiten, keine Abweichung vom Bauprogramm/Bebauungsplan, Erschließungsbeitrag, sachliche Beitragspflicht, Lückenschluss, Straße, Bauprogramm, Anbaustraße
Fundstelle:
BeckRS 2023, 39035
Tenor
I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Erschließungsbeitragsbescheids.
2
Er ist Eigentümer des (Eck-) Grundstücks Fl.Nr., Gemarkung * (E*weg, Markt *), an welches südlich die L*straße, östlich der E*weg angrenzt. Die L*straße liegt ab der Kreuzung mit dem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Straßenzug B*weg/F*weg im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Nord-Ost II“ des Beklagten (Ursprungsfassung bekannt gemacht am 17.10.1980), der für die (heutige) L*straße eine öffentliche Verkehrsfläche festsetzt. Unmittelbar an der südlichen Grenze des Geltungsbereichs dieses Bebauungsplans schließt der Bebauungsplan „Nord-Ost III“ des Beklagten an (Ursprungsfassung bekannt gemacht am 29.8.1986). Dieser setzt für die (heutige) L*straße eine Straßen- und Gehwegfläche fest, welche unmittelbar an die Festsetzung der öffentlichen Verkehrsfläche im Bebauungsplan „Nord-Ost II“ anschließt. Diese Straßen- und Gehwegfläche mündet im südöstlichen Bereich des Bebauungsplans „Nord-Ost III“ in den heutigen S*weg, welcher die südliche Grenze dieses Bebauungsplans bildet.
3
Zwischen der Kreuzung mit dem Straßenzug B*weg/F*weg und der Einmündung des A*wegs (im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nord-Ost II) weist die L*straße nur auf der südlichen Seite einen Gehweg auf. Der Beklagte hatte ursprünglich für die L*straße auch hier zwei Gehwege vorgesehen (vgl. Beschlüsse des Bauausschusses vom 24.9.1979 und des Marktrates vom 21.2.1980, Bl. 267, Bl. 270 der elektronischen Widerspruchsakte). Mit Beschluss vom 4. Oktober 1993 nahm der Bau- und Umweltausschuss des Beklagten den Antrag der Verwaltung an, auf den Ausbau des vorgesehenen Gehwegs zu verzichten. Die Abrechnung der Erschließungsanlage L*straße werde durch die Verwaltung vorbereitet und nach Abschluss des Verkaufs der ursprünglich vorgesehenen Gehwegflächen durchgeführt (vgl. Bl. 272 f. der elektronischen Widerspruchsakte).
4
Der Teil der L*straße zwischen der Südgrenze der Grundstücke Fl.Nrn. * und * (welche noch im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nord-Ost II liegen) und der Nordgrenze der Grundstücke Fl.Nrn. * und * (im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nord-Ost III gelegen) wurde erst im Jahr 2018 hergestellt (sog. „Lückenschluss“) und mit Eintragungsverfügung vom 18.2.2020 (bekannt gemacht am 21.2.2020) als öffentliche Ortsstraße gewidmet.
5
Am 22. März 2018 beschloss der Marktgemeinderat des Beklagten, dass zur Abrechnung der Erschließungskosten für die „L*straße“ im Bereich des Baugebietes Bebauungsplan Nord-Ost II und Nord-Ost III ein Abschnitt gebildet werde. Dieser beginne im Süden bei der Grenzeinmündung S*weg (Fl.Nr. *) und ende im Nord-Westen bei der Grenzeinmündung B*weg/F*weg (Fl.Nr. * und Fl.Nr. *).
6
Mit Bescheid vom 23. Februar 2021 setzte der Beklagte für das Anwesen des Klägers E*weg * auf der Grundlage von Art. 5a KAG i.V.m. §§ 127 ff. BauGB und der Satzung des Beklagten über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 24. Juni 2019 in der Fassung der letzten Änderung vom 24. Januar 2020 zur Finanzierung des anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die L*straße einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 8.017,10 EUR fest. Mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts * vom 20. Oktober 2022 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
7
Der Kläger erhob am 15. November 2022 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg. Er beantragt,
8
den Bescheid des Beklagten vom 23.2.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.10.2022 aufzuheben.
9
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus (Schriftsätze vom 10.1.2023, 9.2.2023, 28.4.2023): Nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 12.5.2016 – 9 C 11.15 – Rn. 28) handele es sich bei dem nun (mit-) abgerechneten Lückenschluss der L*straße um eine eigenständige Erschließungsanlage in Gestalt der Verlängerung einer bestehenden Anlage. Zwischen der Fertigstellung der L*straße im Bauabschnitt I und dem Lückenschluss seien mehr als 40 Jahre vergangen. Der Kläger habe nicht mehr damit rechnen müssen, noch zu den Kosten der angeblichen Fertigstellung herangezogen zu werden.
10
Zwischen der Kreuzung der L*straße mit dem B*weg/F*weg und der Einmündung A*weg sei nur auf einer Straßenseite ein Gehweg vorhanden. Der Beklagte habe – auch wenn seine Beschlusslage früher anders gewesen sein möge – am 4. Oktober 1993 beschlossen, auf den Ausbau des Teilstückes des Gehwegs zu verzichten. Damit sei ein eigenständiger Abrechnungsabschnitt für die Strecke zwischen der Kreuzung B*weg/F*weg und der Einmündung in den A*weg gebildet worden, der gut 100 m lang sei und als selbstständige Erschließungsanlage betrachtet werden könne. Der Beklagte habe zum Ausdruck gebracht, dass der Ausbau dieses Abschnittes abgeschlossen sei. Es sei deshalb nicht zulässig, nachträglich diesen Abschnitt in das nachfolgende Teilstück der L*straße wieder beitragsrechtlich einzubinden. Dem Beschluss vom 4. Oktober 1993 lasse sich sogar entnehmen, dass die Erschließungsanlage L*straße zum damaligen Zeitpunkt endgültig hergestellt gewesen sein sollte. Die Erschließungsanlage habe damit bereits im Jahr 1993 beitragsrechtlich abgerechnet werden können. Festsetzungsverjährung sei längst eingetreten.
11
Das Grundstück des Klägers sei ein Eckgrundstück, welches an der L*straße anliege. Die eigentliche Zufahrt befinde sich jedoch im E*weg, der eine eigene Erschließungsanlage darstelle. Als der Kläger das Anwesen im Jahr 1995 erworben habe, habe er an den Bauträger, der die Erschließung für den Beklagte durchgeführt habe, für die gesamte Grundstücksgröße einen Erschließungsbeitrag entrichtet. Bereits zum damaligen Zeitpunkt habe die Erschließungsbeitragssatzung des Beklagten eine Vergünstigung für Grundstücke vorgesehen, die an mehreren Erschließungsanlagen anlägen. Wäre die Erschließung des E*weges durch einen Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten abgerechnet worden, hätte der Kläger seinerzeit nur für zwei Drittel der Grundstücksfläche zahlen müssen. Es sei unbillig, dass ihm diese Überzahlung nicht bei der jetzigen Beitragserhebung angerechnet werde.
12
Der Beklagte beantragt,
14
Er verweist auf die Begründung des Widerspruchsbescheids und trägt ergänzend u.a. vor: Die L*straße habe durchgehend bis zur H*-K*-Straße (früher B* Straße) verlängert werden sollen. Eine Aufgabe dieser Ausbauabsicht sei nie erfolgt. Einem unbefangenen Betrachter sei jederzeit klar gewesen, dass es sich bei dem kurzen Stück der L*straße nur um einen irgendwann fertigzustellenden Teil handeln müsse, der Richtung Süden fortgeführt werden werde.
15
Entsprechend dem Antrag des Klägers und des Beklagten ist das Protokoll des im Verfahren Au 2 K 21.2603 am 25. Oktober 2022 durchgeführten gerichtlichen Augenscheins beigezogen worden.
16
Kläger (Schriftsätze vom 10.1.2023 und vom 12.10.2023) und Beklagter (Schriftsatz vom 17.10.2023) haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (einschließlich des Protokolls des Augenscheins im Verfahren Au 2 K 21.2603) sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
18
Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet. Der Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten vom 23. Februar 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts * vom 20. Oktober 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19
1. Rechtsgrundlage des Erschließungsbeitragsbescheids sind Art. 5a KAG i.V.m. § 127 Abs. 2, §§ 128 ff. BauGB sowie die Regelungen der Satzung des Beklagten über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (Erschließungsbeitragssatzung – EBS) vom 24. Juni 2019 in der Fassung der am 1. Februar 2020 in Kraft getretenen Änderungssatzung vom 24. Januar 2020. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Satzung sind weder vom Kläger vorgetragen worden, noch sind die Wirksamkeit der Satzung berührende Fragestellungen sonst ersichtlich, so dass von ihrer Gültigkeit auszugehen ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 4.6.1997 – 6 ZS 97.1305 – juris).
20
2. Der Erhebung des Erschließungsbeitrags ist zutreffend die L*straße im Bereich zwischen der Kreuzung mit dem B*weg/F*weg (letzte angrenzende Grundstücke Fl.Nr. * bzw. *) und der Kreuzung mit dem S*weg (letzte angrenzende Grundstücke Fl.Nr. * bzw. * [alle Gemarkung *]) zugrunde gelegt worden.
21
Die als Ortsstraße gewidmete L*straße stellt eine beitragsfähige Anbaustraße im Sinn von Art. 5a Abs. 1, Abs. 2 KAG, § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB dar. Ob die durch den Beklagten mit Beschluss vom 22. März 2018 vorgenommene Bildung eines Abschnitts für die L*straße zwischen den beiden genannten Kreuzungen erforderlich und zutreffend war, ob es sich also insoweit um eine einzelne Erschließungsanlage (§ 130 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BauGB) oder um den Abschnitt einer solchen Erschließungsanlage (§ 130 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BauGB) handelt, kann offenbleiben. Auf diese Frage käme es nur an, wenn diese Teilstrecke der L*straße ihrerseits in zwei selbstständige Erschließungsanlagen zerfiele (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.1996 – 8 C 17.94 – BVerwGE 101, 12 – juris Rn. 19, Rn. 21). Dies ist nicht der Fall. Das Vorliegen einer Erschließungsanlage ist auch nicht über die vom Beklagten zugrunde gelegte Teilstrecke der L*straße hinaus anzunehmen.
22
2.1 Maßgebend für die Beurteilung der Frage, wo eine selbständige Erschließungsanlage beginnt und endet, ist – ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise – das durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägte Erscheinungsbild. Danach kommt es u.a. weder auf die Parzellierung noch auf eine einheitliche oder unterschiedliche Straßenbezeichnung an. Maßgeblich sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie z.B. durch die Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge und Straßenausstattung geprägt werden und sich einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 6.2.2020 – 9 C 9.18 – BVerwGE 167, 331 – juris Rn.19; BayVGH, B.v. 25.3.2019 – 6 ZB 18.1416 – juris Rn. 9). Die natürliche Betrachtungsweise ist grundsätzlich aus dem Blickwinkel eines Betrachters am Boden anzustellen. Gegebenenfalls kann ergänzend der sich aus Plänen oder Luftbildaufnahmen ergebende Straßenverlauf mit in die Betrachtung einzubeziehen sein (BVerwG, U.v. 7.3.2017 – 9 C 20.15 – juris Rn. 12).
23
2.2 Nach diesen Maßstäben zerfällt vorliegend der Bereich der L*straße zwischen der Kreuzung mit dem B*weg/F*weg im Nordwesten und der Kreuzung mit dem S*weg im Südosten nicht in zwei selbstständige Erschließungsanlagen; eine selbstständige Erschließungsanlage liegt auch nicht über die beiden genannten Kreuzungsbereiche hinaus vor. Dies ergibt sich aus dem im Verfahren Au 2 K 21.2603 durchgeführten gerichtlichen Augenschein; das Protokoll hierzu (nebst Fotogeheft) wurde, wie von den Beteiligten beantragt, beigezogen. Ergänzend war auf Lagepläne, die sich in den dem Gericht vorliegenden Akten befinden, zurückzugreifen.
24
2.2.1 Die beiden genannten Kreuzungen stellen angesichts des Umfangs des jeweils großzügig ausgebauten Kreuzungsbereichs markante Zäsuren dar. Zudem weicht die Straßenausstattung ab der Kreuzung mit dem B*weg/F*weg insoweit ab, als die L*straße Richtung Westen und der F*weg Richtung Süden beidseits Gehwege aufweisen, während in der L*straße (Richtung Osten) und im B*weg (Richtung Norden) ein Gehweg nur auf einer Seite besteht. Hierdurch sowie aufgrund einer etwas größeren Fahrbahnbreite weisen die L*straße Richtung Westen und F*weg Richtung Süden auch eine etwas größere Breite auf. Letzteres lässt sich – ergänzend – auch Lageplänen (vgl. Bl. 37 der elektronischen Widerspruchsakte) entnehmen. Südlich des S*wegs weist die L*straße – abgesehen davon, dass sich aus dem großzügig ausgebauten Kreuzungsbereich eine Zäsur ergibt – ein deutlich abweichendes Gepräge auf. Insbesondere verfügt sie, anders als in der von Norden kommenden Teilstrecke, lediglich auf einer Seite über einen Gehweg, ist sie im Verlauf deutlich geschwungener und bestehen immer wieder Verschmälerungen durch Baumpflanzungen (vgl. Fotogeheft Augenschein Au 2 K 21.2603 S. 11, 12, 14). Eine Fortführung der Anlage über den jeweiligen Kreuzungsbereich hinweg ist mithin bei einer Gesamtschau der vorliegenden Gegebenheiten nicht anzunehmen.
25
2.2.2 Zwischen den genannten Kreuzungen weist die L*straße keine Zäsuren auf, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass diese Teilstrecke in zwei selbstständige Erschließungsanlagen zerfiele.
26
Die Einmündungen des E*wegs, der zudem keinerlei Gehwege aufweist, des A*wegs und eines Stichwegs (zum Wendebereich/zu Parkplätzen; ebenfalls ohne Gehwege) auf Höhe Haus-Nr. 33 sind nicht derart ausgestaltet, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise zu einem Unterbrechen des Verlaufs der L*straße führen würden. Vielmehr führt die L*straße unbeeinflusst von den jeweils einmündenden Verkehrsflächen ihren leicht gekrümmten Verlauf in nordwestlicher/südöstlicher Ausrichtung fort. Eine Zäsur ergibt sich auch nicht daraus, dass die L*straße ab dem A*weg auf beiden Seiten Gehwege aufweist, während dies ab der Kreuzung mit dem B*weg/F*weg nur auf der südlichen Seite der Fall ist. Auf die zwischen den Beteiligten diskutierte Länge dieser Teilstrecke kommt es insoweit nicht an. Der weitere Gehweg ist auf der Südseite des A*wegs bereits vorhanden und tritt bei unbefangener, natürlicher Betrachtungsweise lediglich zwanglos, nicht zuletzt aufgrund seines gekrümmten Verlaufs, zur L*straße hinzu, die in diesem Bereich ebenfalls eine (wenn auch leichtere) Krümmung aufweist. Hierin liegt kein Widerspruch zu der Annahme (vgl. 2.2.1), dass u.a. wegen der unterschiedlichen Ausstattung mit Gehwegen eine Zäsur an den Kreuzungen der L*straße mit dem B*weg/F*weg bzw. mit dem S*weg vorliegt. Der Umfang dieser Kreuzungsbereiche ist mit dem des Bereichs der (bloßen) Einmündung des A*wegs nicht vergleichbar. Bei natürlicher Betrachtungsweise stellen sich die tatsächlichen Gegebenheiten jenseits dieser Kreuzungsbereiche nicht als bloßes Hinzutreten bzw. Wegfallen von Gehwegen dar. Vielmehr weist die L*straße jenseits dieser großzügig ausgebauten Kreuzungen bei Gesamtbetrachtung aller Umstände ein anderes Gepräge auf. Derartiges gilt für die Teilstrecke der L*straße ab der Einmündung des A*wegs nicht.
27
Keine Zäsur ergibt sich auch durch die Verschwenkung der L*straße in Richtung Osten zwischen Haus-Nr. 28 bzw. 41 und Haus-Nr. 30a bzw. 43a (vgl. zur Nummerierung Lageplan Bl. 37 der elektronischen Widerspruchsakte). Es handelt sich um eine bloß leichte Verschwenkung ohne enge Radien auf einer nur – zumal im Verhältnis zur Gesamtlänge der L*straße zwischen den genannten Kreuzungen – kurzen Teilstrecke. Bei natürlicher, unbefangener Betrachtungsweise wird der Eindruck eines sich fortsetzenden Straßenverlaufs hierdurch nicht in Frage gestellt.
28
2.3 Ein Zerfallen der L*straße in mehrere selbstständige Erschließungsanlagen ergibt sich auch nicht daraus, dass der Teil der L*straße zwischen der Südgrenze der Grundstücke Fl.Nrn. * und * und der Nordgrenze der Grundstücke Fl.Nrn. * und * (sog. „Lückenschluss“) erst im Jahr 2018, der von Norden kommende Abschnitt der L*straße („Bauabschnitt I“) aber bereits 1979 hergestellt wurde.
29
Zwar hat nach der vom Kläger angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 12.5.2016 – 9 C 11.15 – juris Rn. 28) die Frage nach dem durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägten Erscheinungsbild einer Erschließungsanlage auch eine zeitliche Dimension (vgl. neben der vom Kläger angeführten Entscheidung BVerwG, U.v. 7.3.2017 – 9 C 20.15 – juris Rn. 14; U.v. 22.11.2016 – 9 C 25.15 – juris Rn. 26). Danach kann auch eine Straße, die sich bei natürlicher Betrachtung als Abschnitt einer weitergehenden Erschließungsanlage darstellt, durch Zeitablauf in die Eigenschaft einer selbstständigen Erschließungsanlage hineinwachsen (vgl. dies aufgreifend BVerfG, B.v. 3.11.2021 – 1 BvL 1/19 – BVerfGE 159, 18 – juris Rn. 75). Der Umstand, dass eine Anlage lange Zeit nicht weitergebaut wird, kann zu dem Schluss zwingen, dass die seinerzeitigen Ausbauarbeiten endgültig beendet worden sind mit der Folge, dass eine etwaige spätere Verlängerung nur als eine neue, selbstständige Erschließungsanlage in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U.v. 7.3.2017 – 9 C 20.15 – juris Rn. 14).
30
Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die genannte Fallkonstellation maßgeblich, dass das ursprüngliche Bauprogramm tatsächlich aufgegeben worden ist. Der Beschluss, mit dem die Planung an den vorhandenen Zustand angepasst wird, vollzieht dann nur noch zum Zweck der Abrechenbarkeit die bereits abgeschlossene tatsächliche Entwicklung nach und bildet den rechtlichen Schlusspunkt (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2022 – 9 C 12.21 – juris Rn. 35; vgl. hierzu auch NdsOVG, U.v. 11.5.2023 – 9 LB 225/20 – juris Rn. 110). Auf die Maßgeblichkeit dieses Gesichtspunkts (endgültige Aufgabe der [durchgehenden] Herstellung der Erschließungsanlage) haben auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B.v. 3.11.2021 – 1 BvL 1/19 – BVerfGE 159, 18 – juris Rn. 75) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in dessen vom Bundesverfassungsgericht in Bezug genommener Rechtsprechung (BayVGH, B.v. 4.5.2017 – 6 ZB 17.546 – juris Rn. 11; U.v. 24.2.2017 – 6 BV 15.1000 – juris Rn. 31) abgestellt.
31
Vorliegend lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Ausbauarbeiten durch den Beklagten endgültig beendet worden waren und es nicht (mehr) zu einer durchgehenden Herstellung der L*straße zwischen den fraglichen Kreuzungen, einschließlich des „Lückenschlusses“, kommen sollte.
32
2.3.1 Aus der Begründung des am 17. Oktober 1980 bekannt gemachten Bebauungsplans Nord-Ost II (S.2) ergibt sich, dass die Haupterschließung des Plangebiets u.a. über die Weiterführung des L*weges (jetzt L*straße) mit späterem Anschluss an die B* Straße (jetzt H*-K*-Straße, südlich des S*wegs ebenfalls in West-Ost-Richtung verlaufend) erfolgen sollte. Die Planung einer solchen (durchgehenden) Verlängerung der L*straße lässt sich auch der Begründung des am 29. August 1986 bekannt gemachten, unmittelbar südlich anschließenden, Bebauungsplans Nord-Ost III (S. 6) entnehmen. Diese Begründung sollte nach der Begründung (S. 4) der 1. Änderung dieses Bebauungsplans – bekannt gemacht am 31. März 1988 – unverändert weitergelten.
33
Entsprechend dieser Begründungen ist in den Planzeichnungen der vorgenannten Bebauungspläne bei den Verkehrsflächen der heutigen L*straße an der Südgrenze des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nord-Ost II bzw. der Nordgrenze des Bebauungsplans Nord-Ost III keine Straßenbegrenzungslinie eingetragen. Dies ist aus den sich in den Akten befindlichen Bebauungsplänen zwar nicht auf den ersten Blick zu erkennen, ergibt sich aber eindeutig aus einem Vergleich mit solchen Verkehrsflächen bzw. Straßen- und Gehwegflächen, die als bloße Stichstraßen geplant waren (vgl. etwa den genannten Stichweg mit Wendehammer/Parkplätzen). Folglich sollte die L*straße insbesondere nicht an der Südgrenze des Bebauungsplans Nord-Ost II als Sackgasse oder Stichstraße enden, sondern nahtlos über die Grenzen der Bebauungsplanbereiche fortgeführt werden. Der erst 2018 hergestellte „Lückenschluss“ im Bereich der Nordgrenze des Bebauungsplans Nord-Ost III entsprach damit den Festsetzungen der Bebauungspläne und rechnete damit zum Bauprogramm des Beklagten (vgl. zum Zusammenhang zwischen Bebauungsplan und Bauprogramm SächsOVG, U.v. 16.12.2014 – 5 A 624/13 – juris Rn. 47; NdsOVG, U.v. 11.5.2023 – 9 LB 225/20 – juris Rn. 101 f.; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, 73. Akt. April 2023, Rn. 18).
34
2.3.2 Aus dem Beschluss des Bau- und Umweltausschusses des Beklagten vom 4. Oktober 1993 ergibt sich nicht, dass dieses Bauprogramm in Bezug auf die durchgehende Herstellung der L*straße – einschließlich des „Lückenschlusses“ – aufgegeben worden wäre.
35
Nach dem Wortlaut dieses Beschlusses (Annahme eines entsprechenden Antrags der Verwaltung) wurde nur auf den Ausbau eines Gehwegs verzichtet. Im Übrigen ist lediglich allgemein von einer Vorbereitung und – nach Abschluss des Verkaufs der entsprechenden Grundstücksflächen – von der Abrechnung der Erschließungsanlage L*straße die Rede. Anhaltspunkte dafür, dass damit zugleich (gleichsam konkludent) auf die durchgehende Herstellung der L*straße verzichtet wurde, bestehen nicht. Vielmehr wurde ausdrücklich beschlossen, dass „insoweit“ (Ausbau des Gehwegs) von den Festsetzungen des Bebauungsplans abgewichen werde; ein Abweichen vom Bebauungsplan hinsichtlich der durchgehenden Herstellung der L*straße enthält der Beschlusstext gerade nicht.
36
Zwar stellt die Sitzungsniederschrift, wie vom Kläger angeführt, einen Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf den Gehweg und „einer endgültigen Herstellung der L*straße“ her. Solche Formulierungen in der Sitzungsniederschrift vermögen jedoch keine weitergehenden Festlegungen zu begründen als sie im Beschluss des zuständigen Gremiums des Beklagten getroffen wurden. Im Übrigen ergibt sich auch aus der Sitzungsniederschrift nicht, dass mit dem Verzicht auf den Gehweg auch auf den weiteren Ausbau der L*straße verzichtet worden sein könnte, dass also der Beklagte den Ausbauzustand der L*straße so, wie er sich im Zeitpunkt dieser Beschlussfassung darstellte (ohne Lückenschluss), als abschließend angesehen hat. Die Sitzungsniederschrift ist vielmehr so zu verstehen, dass die L*straße so lange nicht endgültig hergestellt sein konnte als der Gehweg noch zum Bauprogramm rechnete; aus ihr ergibt sich nicht, dass eine endgültige Herstellung vorliegen sollte, sobald auf den Gehweg verzichtet worden war.
37
2.3.3 Weiter ist zu berücksichtigen, dass nach der Begründung zur 2. Änderung des Bebauungsplans Nord-Ost III (Akte des Beklagten unter 2.5.5) vom 23. Juni 1994 – also nach dem vom Kläger angeführten Beschluss vom 4. Oktober 1993 – die Begründungen zum Bebauungsplan Nord-Ost und zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nord-Ost III in seinen Grundzügen unverändert weitergelten sollten. Auch daraus lässt sich schließen, dass der Beklagte seine den oben (unter 2.3.1) aufgeführten Begründungen der Bebauungspläne Nord-Ost II und Nord-Ost III zu entnehmenden Absicht, die L*straße durchgehend herzustellen, nie aufgegeben hatte. Jedenfalls hätte der Beklagte diese Absicht nach dem vom Kläger angeführten Beschluss wieder in sein Bauprogramm aufgenommen.
38
2.3.4 Auch der Umstand, dass für einen Lückenschluss nur noch ein im Verhältnis zur Gesamtlänge der L*straße zwischen den oben (unter 2.2) genannten Kreuzungen kurzer, weniger als 50 m langer (vgl. Widmungsverfügung, Bl. 9.21 der Akte des Beklagten) Abschnitt der L*straße fehlte, ließ erkennen, dass die L*straße nicht bereits als (endgültig) hergestellt betrachtet werden konnte. Dass die vor dem „Lückenschluss“ vorhandenen Enden der L*straße in einer Weise hergestellt worden waren, aus der hätte geschlossen werden können, dass es mit dieser Länge der L*straße sein Bewenden haben sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
39
2.4 Ein Zerfallen der fraglichen Teilstrecke der L*straße in zwei selbstständige Erschließungsanlagen ergibt sich auch nicht abweichend vom Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise aus Rechtsgründen.
40
Zwar stellt etwa dann, wenn eine endgültig hergestellte Anbaustraße, für die bereits sachliche Beitragspflichten entstanden (nicht notwendigerweise auch erhoben) sind, nachträglich verlängert oder fortgeführt wird, das nachträglich angelegte Teilstück eine selbstständige Erschließungsanlage dar, auch wenn zu diesem späteren Zeitpunkt eine (grundsätzlich gebotene) natürliche Betrachtungsweise einen einheitlichen Straßenverlauf des vorhandenen wie des neu hergestellten Straßenteilstücks ergibt; denn die Beurteilungszeitpunkte weichen insoweit voneinander ab (vgl. BayVGH, B.v. 20.10.2022 – 6 CS 22.1804 – juris Rn. 15; B.v. 29.6.2016 – 6 ZB 15.2786 – juris Rn. 10; U.v. 22.7.2011 – 6 B 08.1935 – juris Rn. 16). Vorliegend war jedoch die L*straße als Anbaustraße weder vor dem „Lückenschluss“ endgültig hergestellt noch waren sachliche Beitragspflichten entstanden.
41
2.4.1 Eine Anbaustraße ist endgültig hergestellt im Sinn des § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wenn sie erstmals die nach dem satzungsmäßigen Teileinrichtungsprogramm und dem dieses bezüglich der flächenmäßigen Teileinrichtungen ergänzenden (formlos möglichen) Bauprogramm erforderlichen Teileinrichtungen aufweist und diese dem jeweils für sie aufgestellten technischen Standard entsprechen (BayVGH, B.v. 12.6.2014 – 6 CS 14.1077 – juris Rn. 10). Vorliegend bestand das Bauprogramm des Beklagten – wie ausgeführt – darin, die L*straße durchgehend herzustellen; dieses Bauprogramm wurde nie aufgegeben. (Bauliche) Einrichtungen, die darauf hindeuten könnten, dass die L*straße nunmehr als Sackgasse enden sollte, waren nicht vorgesehen und wurden auch nicht vorgenommen.
42
2.4.2 Zudem war die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden, da die L*straße ohne „Lückenschluss“ nicht nach Maßgabe des § 125 BauGB rechtmäßig hergestellt worden war (NdsOVG, U.v. 11.5.2023 – 9 LB 225/20- juris Rn. 127; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Rn. 1103). Wie ausgeführt, sahen die einschlägigen Bebauungspläne eine durchgehende Herstellung der L*straße zwischen den beiden fraglichen Kreuzungen vor. Ein Fall des § 125 Abs. 3 BauGB liegt nicht vor, denn das Zurückbleiben der L*straße hinter den Festsetzungen des Bebauungsplans (fehlender „Lückenschluss“) war nicht mit den Grundzügen der Planung vereinbar. Wie ausgeführt, sollte nach der einschlägigen Bebauungsplanbegründung die L*straße als durchgehende Verbindung die Haupterschließung des Plangebiets darstellen.
43
3. Der Erschließungsbeitrag ist rechtzeitig festgesetzt worden.
44
3.1 Festsetzungsverjährung der Erschließungsbeitragsforderung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb bis dd, Abs. 2 KAG i.V.m. §§ 169 ff. AO ist nicht eingetreten.
45
Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 3 KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsforderung nach dem materiellen Erschließungsbeitragsrecht entstanden ist (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc, Abs. 2 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO), in dem also sämtliche anlagenbezogenen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten erfüllt sind und das jeweilige Grundstück beitragspflichtig ist.
46
Die sachlichen Beitragspflichten für die erschlossenen Grundstücke entstehen gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen. Endgültig hergestellt war die L*straße als Erschließungsanlage nach dem Vorstehenden erst nach dem „Lückenschluss“. Diesbezüglich weisen die Akten des Beklagten (unter 5.35) als letzte maßgebliche Rechnung eine solche vom 10. Juli 2019 aus; die Widmung des „Lückenschlusses“ als Ortsstraße ist am 21. Februar 2020 bekannt gemacht worden (vgl. zum Erfordernis des Eingangs der Schlussrechnung für die endgültige Herstellung BayVGH, B.v. 24.5.2022 – 6 ZB 21.2279 – juris Rn. 8 ff. m.w.N.; zur Widmung vgl. etwa BayVGH, B.v. 17.1.2011 – 6 CE 10.2875 – juris Rn. 13). Der Bescheid des Beklagten vom 23. Februar 2021 ist damit innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen.
47
3.2 Die Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG wurde ebenfalls nicht versäumt. Nach dieser Vorschrift ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. Diese Frist war vorliegend bei weitem nicht abgelaufen.
48
Ob eine Erschließungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt und die Vorteilslage folglich eingetreten ist, beurteilt sich nicht nach – kaum greifbaren – allgemeinen Vorstellungen von einer „Benutzbarkeit“ und „Gebrauchsfertigkeit“ der Anlage oder einer „ausreichenden Erschließung“ der angrenzenden Grundstücke. Beurteilungsmaßstab ist vielmehr die konkrete Planung der Gemeinde für die jeweilige Anlage. Die Vorteilslage tritt bei einer Anbaustraße (erst) dann ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (BayVGH, B.v. 6.11.2020 – 6 ZB 20.1569 – juris Rn. 11 m.w.N.). In diesem Sinne endgültig technisch fertiggestellt war und dem Bauprogramm des Beklagten entsprochen hat die L*straße als Anbaustraße ebenfalls erst mit der Herstellung des „Lückenschlusses“ im Jahre 2018.
49
3.3 Die Erhebung des Erschließungsbeitrags verstößt auch nicht gegen Art. 5a Abs. 7 Satz 2 KAG, wonach kein Erschließungsbeitrag erhoben werden kann, sofern seit dem Beginn der erstmaligen technischen Herstellung einer Erschließungsanlage mindestens 25 Jahre vergangen sind. Diese Vorschrift ist erst zum 1. April 2021 in Kraft getreten (§ 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 8.3.2016, GVBl 2016 S. 36). Die (maßgebliche) sachliche Beitragspflicht (vgl. § 133 Abs. 2 BauGB; s. auch Matloch/Wiens, Erschließungsbeitragsrecht, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Rn. 1302) war hier jedoch schon zuvor entstanden (vgl. 3.1).
50
3.4 Weitere zeitliche Grenzen oder Vorgaben macht das Erschließungsbeitragsrecht den erhebungsberechtigten Gemeinden nicht, so dass der bloße Zeitablauf nicht zu einer Verwirkung führen kann. Ein etwaiges Vertrauen der Anlieger darauf, dass die L*straße ein beitragsfreies Provisorium bleibt oder jedenfalls keine Erschließungsbeiträge erhoben werden, ist nicht schutzwürdig (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2020 – 6 ZB 20.1569 – juris Rn. 12 m.w.N.).
51
4. Die vom Kläger geltend gemachte Zuvielzahlung an Erschließungsbeiträgen an einen Bauträger betrifft eine zivilrechtliche Fragestellung; sie ist für die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Erschließungsbeitragsbescheids nicht von Relevanz. Im Einklang mit § 7 EBS ist dem Kläger – was er auch nicht in Abrede stellt – jedenfalls eine Ermäßigung wegen der Ecklage seines Grundstücks (Ansatz nur von zwei Dritteln) gewährt worden.
52
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.