Inhalt

VG München, Urteil v. 13.02.2023 – M 8 K 20.2177
Titel:

Nachbarklage gegen Vorbescheid für Schulerweiterung

Normenketten:
BauGB § 30 Abs. 3, 34 Abs. 1
BayBauO Art. 71
BImSchG § 22 Abs. 1a
18. BImSchV § 5 Abs. 3
Leitsätze:
1. Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hinsichtlich der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn – insbesondere von Lärm – und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme kann auch für das Baurecht auf die Begriffsbestimmungen und Maßstäbe des Bundesimmissionsschutzgesetzes zurückgegriffen werden. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit der Einführung des § 22 Abs. 1a BImSchG hat der Gesetzgeber ein Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft gesetzt, sodass Kinderlärm in der Regel als sozialadäquat hinzunehmen ist, wobei auch Pausenhöfe eine ähnliche Einrichtung iSd § 22 Abs. 1a S. 1 BImSchG darstellen. (Rn. 26 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Nutzung der Anlagen für Schulsport ist in der 18. BImSchV durch die Regelung des § 5 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 privilegiert wonach bei der Ermittlung der Geräuschimmissionen die dem Schulsport zuzurechnenden Teilzeiten bei Anlagen, die der allgemeinen Sportausübung dienen, nicht zu berücksichtigen sind. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
5. Verkehrsimmissionen, die allgemein durch eine Schule zu erwarten sind, sind von dem Nachbarn regelmäßig als sozialadäquat hinzunehmen, soweit die Einrichtung in Baugebieten nach der BauNVO allgemein bzw. ausnahmsweise oder in Gemengelagen in denen Wohnnutzung vorhanden ist zulässig ist. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage gegen Vorbescheid, Erweiterung einer Schule, Kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot, Keine unzumutbare Beeinträchtigung durch Lärm, der durch Nutzung von Freiflächen als Pausenhof ausgeht, Lärm durch Schulsport, Lärm durch Holen und Bringen der Schulkinder, Bindungswirkung eines Vorbescheids im Hinblick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot, Nachbarklage, Schulerweiterung, Lärmbelastung, schädliche Umwelteinwirkungen, Schulkinder, Pausenhof, Zumutbarkeit, Rücksichtnahmegebot, Schulsportanlage, Verkehrsimmissionen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 3853

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen einen dem Referat für Bildung der Sport der Beklagten erteilten Vorbescheid für die Erweiterung der Grund- und Mittelschule sowie den Neubau eines „Haus für Kinder“ auf dem Grundstück …str. 8 – 10, FlNr. …, Gem. … (im Folgenden: Vorhabengrundstück). Das Vorhabengrundstück wird als Schulgelände einer Grund- und Mittelschule genutzt.
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Das im Eigentum der Klägerin stehende Grundstück … Str. 110 und 110a, FlNrn. … und …, Gem. …, grenzt unmittelbar südlich an das Vorhabengrundstück an und ist mit einem Vordergebäude, in dem sich Arztpraxen befinden und einem Rück- bzw. Seitengebäude bebaut, das ausweislich des gerichtlichen Augenscheins im nördlichen Teil wohngenutzt ist.
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Zur baulichen Situation auf den Grundstücken sowie zur Umgebungsbebauung wird auf folgenden – aufgrund des Einscannens eventuell nicht mehr maßstabsgetreuen – Lageplan im Maßstab 1:1.000 verwiesen:
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Am 25. November 2019 beantragte das Referat für Bildung und Sport die Erteilung eines Vorbescheids für die Erweiterung der Grund- und Mittelschule und den Neubau eines „Haus für Kinder“ auf dem Vorhabengrundstück nach PlanNr. … Die Planung sieht die Errichtung einer viergeschossigen Grundschule im Westen des Vorhabengrundstücks vor. Im nördlichen Teil des Grundschulgebäudes soll eine Mensa/Veranstaltungsstätte entstehen. Südwestlich der Grundschule schließt sich eine 2-fach Sporthalle an. Auf dem Dach dieser Sporthalle soll eine Dachterrasse, die als Pausenhof, Schulgarten und grünes Klassenzimmer genutzt werden soll, errichtet werden. Weiter südlich soll ein „Haus für Kinder“ mit Hallenbad im Untergeschoss bzw. Erdgeschoss und eine Kinderkrippe entstehen. Auf dem Flachdach der Kinderkrippe ist eine Freispielfläche geplant. Im nördlichen Teil des Vorhabengrundstücks sieht die Planung einen Beachvolleyballplatz und einen Allwetterplatz vor. In der mit der Plannummer gestempelten Betriebsbeschreibung vom 18. November 2019 wird erläutert, die Zahl der Nutzer/Beschäftigen erhöhe sich auf ca. 1000 Schüler und ca. 96 Lehrkräfte. Es sei eine Ganztagesschule geplant mit Betriebszeiten von 7.00 bis 17.30 Uhr. Die Doppelsporthalle werde von max. 100 Schülern und vier Lehrkräften, die Schwimmhalle von ca. 50 Schülern und vier Lehrkräften genutzt. Die Freisportanlagen seien für den Schulbetrieb vorgesehen. Im „Haus für Kinder“ sollen vier Kinderkrippen- und vier Kindergartengruppen mit Betriebszeiten von 7.00 bis 18 Uhr betrieben werden. Die zugehörige Freifläche werde nur durch die Kinder benutzt. Die Doppelsporthalle und die Schwimmhalle stehe nach den Schulzeiten der außerschulischen Nutzung durch Vereine und Sportgruppen (mit einer Belegung von max. 150 bzw. 100 Personen) und einem maximalen Belegungszeitraum von 18.00 bis 23.30 (Montag-Freitag) und 7.00 bis 23.30 Uhr am Wochenende offen. Die Freisportanlagen seien für die außerschulische Nutzung nach Beendigung des Schulbetriebs bzw. ab 8.00 Uhr am Wochenende bis 21 Uhr verfügbar.
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In der im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens eingeholten Schallimmissionsprognose der beratenden Ingenieure „… und …“ vom 30. Oktober 2019 wurde die außerschulische Nutzung der Sportanlagen und der Mensa hinsichtlich ihrer immissionstechnischen Auswirkungen auf die Nachbarschaft untersucht. Im Sinne einer kritischen Betrachtung wurde in tatsächlicher Hinsicht ein durchgehender Sportbetrieb an einem Sonntag bei gleichzeitiger Nutzung der Mensa als Versammlungsstätte beurteilt. Die Betrachtung ergab, dass an den maßgeblichen Immissionsorten (A. straße 7, 9, 11, 21) die Immissionswerte bei maximal 51 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts lägen.
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Mit Bescheid vom 16. April 2020 erteilte die Beklagte den beantragten Vorbescheid. Frage 1 („Ist das Vorhaben wie in den Plänen dargestellt nach § 34 BauGB zulässig?“) wurde positiv beantwortet. Der Neubau diene der dringenden Erweiterung der Grund- und Mittelschule. Die Anzahl der Betreuungsplätze und Klassen richte sich nach dem Bedarf und diene dem Gemeinwohl. Das Gutachten vom 30. Oktober 2019 berücksichtige die angegebenen Öffnungszeiten der Schule und der Kindertageseinrichtung und der sonstigen Veranstaltungen sowie die Nutzung der Räume und Sportanlagen durch Vereine. Im Vergleich zum Bestand ergäben sich geringere oder maximal dieselben Lärmwerte. Geräuscheinwirkungen von Kindertageseinrichtungen seien keine schädlichen Umwelteinwirkungen. Unter ´Nachbarwürdigung´ führte die Beklagte aus, die Umsetzung der konkreten Maßnahmen zum Lärmschutz blieben dem Bauantragsverfahren vorbehalten und seien nicht Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens. Eine Abschrift des Vorbescheids wurde der Klägerin am 21. April 2020 zugestellt.
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Am 19. April 2020 erhob die Klägerin per Fax, im Original am 20. Mai 2020 bei Gericht eingegangen, durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. Sie beantragt,
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den Vorbescheid der Beklagten vom 16.04.2020, Az. …, für das Grundstück …str. 8-10, FlNr. … der Gemarkung …, für die Erweiterung der Grund- und Mittelschule sowie den Neubau eines „Haus für Kinder“ und die Errichtung von Freisport- und Pausenflächen insoweit aufzuheben, als die Frage 1 nach der Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB mit „Ja“ beantwortet wurde.
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Zur Begründung der Klage führte der Bevollmächtigte aus, das Vorhaben sei wegen der zu erwartenden Lärmimmissionen, die auf das Grundstück der Klägerin einwirken werden, rücksichtslos. Die Beklagte habe bei Erlass des Vorbescheids nicht geprüft, ob die Lärmimmissionen bei regulärem Schulbetrieb die maßgeblichen Immissionsrichtwerte einhielten. Die Schallimmissionsprognose untersuche nur die im Hinblick auf die außerschulische Nutzung der Anlagen prognostizierten Lärmimmissionen. Die Annahme der Beklagten, es sei keine nennenswerte Zunahme an Immissionen zu erwarten, gehe fehl, da sich die Zahl der Schüler von 660 auf 1000 erhöhe. Eine erhebliche Nutzungsintensivierung folge auch aus der Ganztagesbetreuung der Kinder, dem Pausenhof auf dem Flachdach des Grundschulgebäudes und des Hauses für Kinder sowie der Mensa, der Doppelsporthalle, dem Schwimmbad, dem Beachvolleyballfeld und dem Allwetterplatz. Eine Zunahme an Lärmimmissionen sei daher zu erwarten und hätte untersucht werden müssen. Zudem komme eine im Genehmigungsverfahren nicht vorgelegte Schallimmissionsprognose vom 7. November 2019 zu dem Ergebnis, dass bei regulärem Schulbetrieb die Richtwerte der 18. BImSchV nicht eingehalten werden könnten. Hier seien die Kommunikationsgeräusche der Kinder bei Aufenthalt auf den Freiflächen und die Emissionen des Sportunterrichts untersucht worden. Der Hol- und Bringverkehr sowie der Sportbetrieb in den Sporthallen und dem Schwimmbad finde keine Berücksichtigung. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass entsprechende Untersuchungen zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen würden, da der Vorbescheid rechtsverbindlich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit kläre. Es sei auch nicht vorstellbar, dass eine Reduzierung der Immissionswerte durch etwaige Auflagen erreicht werden könne. Aus § 22 Abs. 1a BImSchG ergebe sich nichts anderes, da diese Norm keine Anwendung finde, wenn die Anlage der 18. BImSchV unterfalle. Richtigerweise hätten die von der Anlage ausgehenden Schallimmissionen vollständig nach Maßgabe der 18. BImSchV, jedenfalls anhand der Vorgaben der TA Lärm, untersucht werden müssen. Die TA Lärm finde Anwendung, da es sich bei der Schule um eine Anlage für kulturelle Zwecke und nicht für soziale Zwecke handele. Auf einen Vergleich des geplanten Vorhabens mit der Bestandssituation komme es nicht an. Die Annahme der Beklagten, die Immissionswerte würden sich nicht erhöhen, lasse sich auch nicht verifizieren. Zudem hätte ein Immissionsort bei der Schallimmissionsprognose an der Westseite des klägerischen Gebäudes liegen müssen. Maßgeblich seien die Immissionswerte für ein Allgemeines Wohngebiet. Da diese Werte schon an den Gebäuden der …straße nicht eingehalten würden, sei erst recht davon auszugehen, dass sie an dem Gebäude der Klägerin überschritten würden. Auch im Hinblick auf die außerschulische Nutzung eigne sich das Gutachten nicht zum Nachweis, dass sich die Lärmimmissionen an den klägerischen Gebäuden im Rahmen des Zumutbaren halten, da am Grundstück der Klägerin kein Immissionsort vergeben worden sei. In der Anlage 1 zur Schallimmissionsprognose sei in der Miniaturansicht unweit der klägerischen Grundstücksgrenze ein Immissionsort eingezeichnet, der dann in der Begutachtung nicht untersucht worden sei.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der durch die erweiterte Schulnutzung entstehende Lärm auf den Freiflächen unterfalle § 22 Abs. 1a BImSchG. Darüber hinaus hätte die Klägerin diesen Lärm auch aus Gründen der Sozialadäquanz zu dulden. Im Rahmen des späteren Baugenehmigungsverfahrens werde die Beklagte – wie in der Nachbarwürdigung festgehalten – die Thematik der Immissionen umfassend prüfen und ggf. Auflagen erlassen. Zudem sei fraglich, ob die Klägerin durch die neu entstehenden Immissionen überhaupt betroffen sei, da ihr Grundstück von dem geplanten Gebäude ca. 54 m (Haus für Kinder) und ca. 60 m (Turnhalle mit Schulhof auf dem Dach) entfernt sei. Neu entstehender Kinderlärm sei auf die Pausenzeiten beschränkt. Zu nächtlichen Ruhezeiten sei eine Nutzung nicht vorgesehen. An der südöstlichen Grundstücksgrenze des Vorhabengrundstücks bestehe ein hohes Gebäude, das das klägerische Grundstück faktisch abschirme.
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Das Gericht hat am 13. Februar 2023 Beweis über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem Vorhabengrundstück sowie dessen Umgebung durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtssowie die vorgelegten Behördenakten und das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet, da drittschützende Rechte der Klägerin durch die von der Klägerin angefochtene Frage 1 des streitgegenständlichen Vorbescheids nicht verletzt werden, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung – und entsprechend gegen einen Vorbescheid – nur erfolgreich zur Wehr setzen, wenn der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung einer Vorschrift beruht, die dem Schutz des Nachbars zu dienen bestimmt ist und die im Baugenehmigungs- bzw. Vorbescheidsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Im gerichtlichen Verfahren findet daher keine umfassende Rechtskontrolle statt. Es genügt daher nicht, wenn der angefochtene Bescheid gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, denen kein drittschützender Charakter zukommt. Bei der Drittanfechtung eines Vorbescheids ist zusätzlich erforderlich, dass sich die Baugenehmigungsbehörde hinsichtlich einer Fragestellung, die subjektive Rechte des Nachbarn berührt, bindet, sodass bei der Erteilung der folgenden Baugenehmigung eine nachbarschützenden Normen gerecht werdende Entscheidung nicht mehr möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2005 – 14 ZB 04.2619 – juris Rn. 4).
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Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (vgl. Art. 71 BayBO i.V.m. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. § 30 ff. BauGB) des Bauvorhabens richtet sich vorliegend nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB, da das streitgegenständliche Bauvorhaben im Geltungsbereich eines übergeleiteten Bauliniengefüges, das entlang der …straße und der … Straße eine Baulinie festsetzt, und im Übrigen im ungeplanten Innenbereich liegt. Bei der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens ist auch die Lärmbelastungen nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots grundsätzlich im Ganzen Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens (vgl. BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1625 – juris).
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1. Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs kommt nicht in Betracht.
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Es kommt dabei auch nicht entscheidend darauf an, ob die maßgebliche Umgebung durch die Bebauung entlang der N. straße (Vorder- und Rückgebäude) zwischen der …- und der …straße oder durch das gesamte Geviert, begrenzt durch die …-, …-, …straße sowie die … Straße, gebildet wird. Bei Betrachtung der in diesen Gebieten bestehenden Nutzungen würden sich beide Gebiete keinem Baugebiet der BauNVO zuordnen lassen, sondern eine Gemengelage darstellen. Denn die Bebauung entlang der … Straße ist in erheblichem Maße durch gewerbliche und freiberufliche Nutzungen geprägt (* …-Gebäude [ … Str. 112], … [ … Str. 110], gewerbliche Nutzungen im EG bis 2. OG der … Str. 108a, gewerbliche Nutzungen im Erdgeschoss der Anwesen … Str.104, 98, 96). Die Schulnutzungen im nördlichen Teil des Gevierts würden zu dieser Diversität der vorzufindenden Nutzungen weiter beitragen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass es sich bei den gewerblichen bzw. freiberuflichen Nutzungen um nicht störende Gewerbebetriebe handelt, die auch im Allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässig sind, da sie in einer mit einem Allgemeinen Wohngebiet nicht mehr zu vereinbarenden Anzahl vorhanden sind. Ein Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch kommt daher, wie auch von den Parteien übereinstimmend angenommen, von vornherein nicht in Betracht. Auch in ein allgemeines Wohngebiet oder ein Mischgebiet würde sich die Schule jedoch ohne Weiteres nach der Art der baulichen Nutzung einfügen (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 3, § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO).
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2. Die von dem streitgegenständlichen Vorhaben zu erwartenden Lärmimmissionen verstoßen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Im Rahmen der durch den Vorbescheid erzeugten Bindungswirkung entsteht ausweislich der im Vorbescheidsverfahren eingeholten Schallimmissionsprognose vom 30. Oktober 2019 keine für die Klägerin unzumutbare Lärmbelastung.
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Gegenstand der Prüfung ist das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 1 CS 20.2637 – juris Rn. 16). Das Rücksichtnahmegebot ist vorliegend im Einfügensgebot des § 34 Abs. 1 BauGB verankert. Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris Rn. 22). Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17).
22
Hinsichtlich der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbar – insbesondere von Lärm – und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme kann auch für das Baurecht auf die Begriffsbestimmungen und Maßstäbe des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) zurückgegriffen werden (vgl. bspw. BayVGH, U.v. 15.11.2011 – 14 AS 11.2305 – juris Rn. 29). Schädliche Umwelteinwirkungen sind gem. § 3 Abs. 1 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. (Lärm- und Geräusch-) Immissionen sind daher grundsätzlich unzumutbar und verletzen das Rücksichtnahmegebot, wenn sie geeignet sind, erhebliche Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG für die Nachbarschaft hervorzurufen (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerwG, U. v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – juris Rn. 30; BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – juris Rn. 26).
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Dabei ist zu beachten, dass die TA-Lärm, der als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift für die Abgrenzung von zumutbarem und unzumutbaren Lärm grundsätzlich Bindungswirkung zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145 – juris Rn. 18; BayVGH, B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 23), vorliegend gem. Nr. 1 Satz 2 Buchstabe a und h auf Sportanlagen und Schulen (einschließlich der Ganztagesbetreuung) als Anlagen für soziale Zwecke keine Anwendung findet (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 1 CS 20.2637 – juris Rn. 18, anders noch: VG München, U.v. 25.1.2016 – M 8 K 14.5084 – juris Rn. 52 m.w.N.).
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2.1 Die Schallimmissionsprognose vom 30. Oktober 2019 betrachtet zu Recht nur den Lärm im Hinblick auf die außerschulische Nutzung der Anlagen und lässt den Lärm, der durch die Nutzungsintensivierung – insbesondere durch die Erhöhung der Schüleranzahl, der Ganztagesbetreuung, den Pausenhöfen und Spielplätzen sowie den Sportplätzen im Innen- und Außenbereich – richtigerweise unberücksichtigt. Der Lärm, der durch die Nutzung der Freiflächen für den Pausenaufenthalt, durch den Schulsport und den Verkehrslärm der Einrichtung ausgeht, ist aufgrund besonderer Regelungen getrennt zu betrachten und im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung von geringerem Gewicht. Hier ist zu differenzieren:
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2.1.1. Hinsichtlich den Lärmimmissionen, die durch die Nutzung der Freiflächen von (Schul-)Kindern im Rahmen des Schulbetriebs oder der Ganztagesbetreuung entstehen, gilt § 22 Abs. 1a BImSchG.
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Nach § 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG sind Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG. Erfasst werden alle Geräuscheinwirkungen durch Kinder sowie das Rufen und Sprechen von Betreuungspersonen und das Nutzen kindgerechter Spielgeräte (BVerwG, B.v. 5.6.2013 – 7 B 1.13 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 27.11.2019 – 9 ZB 15.442 – juris Rn.17). Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen sind daher Immissionsgrenz- und richtwerte (wie bspw. der TA-Lärm, der 18. BImSchV und der LAI-Freizeitrichtlinie) nicht heranzuziehen (vgl. § 22 Abs. 1a Satz 2 BImSchG). In der Folge stellt Kinderlärm regelmäßig keine unzumutbare Belästigung i.S.d. Rücksichtnahmegebots dar. Mit der Einführung des § 22 Abs. 1a BImSchG hat der Gesetzgeber ein Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft gesetzt. Kinderlärm ist in der Regel als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. Enders in BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, Stand: 1.1.2023, § 22 Rn. 24a). Es gilt ein absolutes Toleranzgebot für die Anwohner (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 1 CS 20.2637 – juris Rn. 18).
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Auch Pausenhöfe stellen nach neuerer Rechtsprechung eine ähnliche Einrichtung i.S.d. § 22 Abs. 1a Satz 1 BImSchG dar (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 1 CS 20.2637 – juris Rn. 18; VG Ansbach, U.v. 1.12.2022 – AN 9 K 22.874 – BeckRS 2022, 36785; OVG NW B.v. 15.6.2020 – 7 D 24/18.NE – BeckRS 2020, 15529). Dies wird zutreffend damit begründet, dass auch ein Pausenhof dem Ausleben der Spielbedürfnisse und des Bewegungsdrangs von Kindern dient und Ausdruck der kindlichen Entwicklung und Entfaltung ist. Dies steht in Einklang mit dem gesetzgeberischen Ziel, ein Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft zu setzen (OVG NW, a.a.O.; BT-Drs. 17/4836, S. 1 f.). Auch der Allwetterplatz wird, zumindest hinsichtlich der schulischen Nutzung außerhalb des Schulsports, durch § 22 Abs. 1a BImSchG privilegiert (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2013 – 15 ZB 12.1984 – juris; VG Ansbach, U.v. 1.12.2022 – AN 9 K 22.874 – BeckRS 2022, 36785 m.w.N.). Gleiches gilt für die Benutzung der Freiflächen durch die Hortkinder, die Ganztagesschule und die Kinderkrippe, einschließlich des in der Nähe der gemeinsamen Grundstücksgrenze befindlichen Spielplatzes der Kinderkrippe (vgl. hierzu auch VG München, U.v. 1.8.2022 – M 8 K 21.3387 – juris).
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Die Vermutung, dass Kinderlärm zumutbar ist, gilt zwar nicht ausnahmslos und schließt nicht kategorisch das Vorliegen einer schädlichen Umwelteinwirkung aus (vgl. BVerwG, B.v. 5.6.2013 – 7 B 1.13 – juris Rn. 8). Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, kann nur auf Grundlage einer abwägenden, die Umstände des konkreten Falles berücksichtigenden Beurteilung beantwortet werden. In der anzustellenden Einzelfallprüfung sind alle relevanten Gesichtspunkte, insbesondere die Gebietsverträglichkeit des Vorhabens und das quantitative Ausmaß der Geräuschimmissionen einzustellen (Enders in: BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, Stand: 1.1.2023, § 22 BImSchG Rn. 24c). In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass ein solcher Ausnahmefall vorliegen kann, wenn in der Nachbarschaft besonders sensible Nutzungen wie Krankenhäuser oder Alten- und Pflegeheime angesiedelt sind (BT-Drs. 17/4836, S.7).
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Anhaltspunkte, dafür, dass von der Nutzung der Pausenflächen vorliegend unzumutbare Immissionen ausgehen und damit die Vermutung des § 22 Abs. 1a BImSchG im vorliegenden Fall widerlegen würden, sind nicht zu erkennen. Die Freiflächen fügen sich nach Art und Größe in das Geviert, in dem neben der bereits bestehenden Grund- und Mittelschule ein Gymnasium befindet, ein und erscheinen für eine Grund- und Mittelschule dieser Größe angemessen. Die innerstädtische Lage lässt aus Sicht der Kammer auch eine Schulnutzung in dem streitgegenständlichen Ausmaß zu. Die Nutzungen im klägerischen Anwesen (Wohnnutzung und Arztpraxen) stellen keine besonders sensiblen Nutzungen in Sinne der Ausführungen in der Gesetzesbegründung dar. Die Klagepartei führt zwar richtig aus, dass die immissionsschutzrechtliche Betrachtung vom 7. November 2019, die die Lärmimmissionen bei regulärem Schulbetrieb (Kommunikationsgeräusche der Kinder beim Aufenthalt im Freien und Emissionen beim Sportunterricht im Freien) betrachtet, zu dem Ergebnis kommt, dass die Grenzwerte für ein Allgemeines Wohngebiet nicht eingehalten werden können. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Auf die Einhaltung von Grenzwerten für Allgemeine Wohngebiete besteht kein Anspruch, da die nähere Umgebung nicht als Allgemeines Wohngebiet, sondern als Gemengelage zu qualifizieren ist (vgl. oben). Der Bereich in dem das Klägergrundstück liegt, ist zudem ganz besonders von gewerblicher Nutzung in Form von Büronutzung geprägt. Das im Norden angrenzende großflächige Anwesen und das Vordergebäude auf dem Klägergrundstück dienen allein der Unterbringung solcher und vergleichbarer Nutzungen. Eine besondere Schutzwürdigkeit der Nutzung auf dem Klägergrundstück aufgrund der Gebietsprägung ist daher in keiner Weise zu erkennen. Die absolute Grenze der Zumutbarkeit in Form eines gesundheitsschädlichen Lärmniveaus, ist auch angesichts der Ergebnisse der Lärmbetrachtung vom 7. November 2019 nicht erreicht (vgl. VG München, U.v. 1.8.2022 – M 8 K 21.3387 – juris; OVG RhPf, U.v. 16.5.2012 – 8 A 10042/12 – NvWZ 2012, 1347).
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Kind i.S.d. § 22 Abs. 1a BImSchG ist, wer noch nicht 14 Jahre alt ist (vgl. Enders in BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, Stand: 1.1.2023, § 22 Rn. 24b; Jarass, in: BImSchG, 14. Auflage 2022, § 22 Rn. 52 m.w.N.). Unmittelbar anwendbar ist die Vorschrift daher zwar nur für Schüler bis zur 7./8. Klasse. In der dem Vorbescheid zugrundeliegenden Planung werden die Freiflächen durch die gesamte Mittelschule und damit wohl auch von Kindern bis zum einem Alter von 16 Jahren genutzt. In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass bei der Beurteilung von Immissionen Elemente wie Herkömmlichkeit, Sozialadäquanz und allgemeiner Akzeptanz zu berücksichtigen sind (vgl. bspw. BVerwG, U.v. 29.4.1988 – 7 C 33/87 – BVerwGE 79, 254 – juris Rn. 16). So unterfällt der Lärm von Jugendlichen zwar nicht der Regelung des § 22 Abs. 1a BImSchG, eine wertende Berücksichtigung ist jedoch gerade in dem hier vorliegenden Fall, in dem die Einrichtung überwiegend von Kindern (unter 14 Jahre) benutzt wird, angezeigt (zur Sozialadäquanz der Geräusche von Kindern und Jugendlichen bei einem Freibad: vgl. BayVGH, U.v. 3.12.2014 – 1 N 12.1228 – juris Rn. 44). Die Beklagte nimmt mit der Erweiterung der Grund- und Mittelschule zudem eine öffentliche Aufgabe wahr, die von besonderem öffentlichen Interesse ist. Berücksichtigung findet hierbei auch, dass der Anteil der Kinder, die über 14 Jahre alt sind, bei einer Benutzung der Freiflächen durch die Grund- und Mittelschule verhältnismäßig gering sein wird. Das Pausenverhalten der älteren Schüler ist regelmäßig auch ruhiger (so auch OVG NW, B.v. 15.6.2020 – 7 D 24/18.NE – BeckRS 2020, 15529). Eine relevante Erhöhung des Pausenlärmschallpegels durch die Schulkinder über 14 Jahre ist daher nicht anzunehmen (vgl. auch OVG NW B.v. 15.6.2020 – 7 D 24/18.NE – BeckRS 2020, 15529). Die Immissionsprognose vom 7. November 2019 kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass Lärmpegel von bis zu 60 db(A) (tags) entstehen. Ein weitergehender Schutzanspruch besteht nicht (vgl. oben).
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2.1.2. Bei der Betrachtung der Zumutbarkeit der Geräuscheinwirkungen ist auch die Schulsportnutzung (Nutzung des Allwetterplatzes, des Beachvolleyballfelds, der Schwimmhalle, sowie der Doppelsporthalle) nicht an Richtwerten bestimmter Regelwerke zu messen. Die überwiegende Rechtsprechung nimmt an, dass § 22 Abs. 1a BImSchG keine Anwendung auf Immissionen findet, die von Schulsportanlagen ausgehen, da insoweit der Anwendungsbereich der 18. BImSchV eröffnet ist (vgl. VG München, U.v. 1.8.2018 – M 8 K 16.1215 – juris Rn. 79; OVG RhPf, B.v. 8.3.2018 – 8 A 11829/17.OVG – juris Rn. 19, wohl auch VG Ansbach, U.v. 1.12.2022 – AN 9 K 22.874 – BeckRS 2022, 36785; zur Anwendung des § 22 Abs. 1a BImSchG bei der Benutzung eines Allwetterplatzes durch eine Kindertagesstätte: BayVGH, B.v. 22.8.2013 – 15 ZB 12.1984 – juris Rn. 24).
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Die Nutzung der Anlagen für Schulsport ist jedoch auch in der 18. BImSchV durch die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 privilegiert. Danach sind bei der Ermittlung der Geräuschimmissionen die dem Schulsport zuzurechnenden Teilzeiten bei Anlagen, die der allgemeinen Sportausübung dienen, nicht zu berücksichtigen. Die Schallenergie, die durch die Schulsportnutzung ausgestrahlt wird, wird ausgeblendet (vgl. OVG RhPf, B.v. 8.3.2018 – 8 A 11829/17.OVG – juris Rn. 20). Auch die Zumutbarkeit des Schulsportlärms wird daher nicht an der Beachtung der Immissionsrichtwerten der 18. BImSchV gemessen (OVG RhPf, a.a.O.; VG Ansbach, U.v. 1.12.2022 – AN 9 K 22.874 – BeckRS 2022, 36785).
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Besondere Umstände, die aufgrund einer besonderen Belastungswirkung das Entstehen von unzumutbaren Lärmimmissionen durch den Schulsport befürchten lassen, sind nicht ersichtlich. Zu beachten ist hier die besondere Bedeutung des Schulsports für die körperliche und soziale Entwicklung der Schüler (vgl. auch VG Ansbach, U.v. 1.12.2022 – AN 9 K 22.874 – BeckRS 2022, 36785). Die Immissionsprognose vom 30. Oktober 2019 kommt zu dem Ergebnis, dass die Immissionsgrenzwerte für ein Allgemeines Wohngebiet eingehalten werden können. Diese Begutachtung hat zwar die außerschulische Nutzung der Sportplätze betrachtet. Dass die Nutzung der Sportplätze durch den Schulsport eine höhere Belastung der Anwohner durch Lärm verursachen wird als die in der Immissionsprognose gegenständliche außerschulische Nutzung, ist fernliegend. Die Untersuchung hatte zur Beurteilungsgrundlage, dass an einem (besonders schutzbedürftigen) Sonntag/Feiertag die Innenanlagen von 7.00 Uhr bis 23.30 Uhr und die Außenanlagen von 8.00 Uhr bis 21 Uhr zu 75% belegt sind (25% würden auf schalltechnisch nicht relevante Nebenzeiten wie Pausen, Aufenthalte in Umkleidekabinen u.ä. entfallen). Die Prognose berücksichtigt Nutzeranzahlen von 100 Personen in der Schwimmhalle und 150 Personen in der Doppelsportanlage. Sowohl hinsichtlich der Belegungskapazität als auch dem Belegungszeitraum werden daher jeweils lärmintensivere Werte als bei der Schulsportnutzung berücksichtigt.
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2.1.3. Auch die durch die Einrichtung verursachten Verkehrsgeräusche (Bringen und Abholen der Kinder; Verkehrsgeräusche vor und nach Unterrichtsbeginn) sind von den Nachbarn hinzunehmen.
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Es bedarf keiner Entscheidung, ob § 22 Abs. 1a BImSchG auch auf die durch die bestimmungsgemäße Nutzung entstehenden Verkehrsgeräusche anwendbar ist (verneinend: VG München, U.v. 12.7.2012 – M 8 K 11.2932 – juris Rn. 91; B.v. 31.5.2012 – M 8 SN 12.2015 – juris Rn. 45; OVG SH, B.v. 1.2.2019 – 1 MB 1/19 – juris Rn. 17, Enders in: BeckOK Umweltrecht, Giesberts/Reinhardt, Stand: 1.1.2023, § 22 BImSchG Rn. 24b; offen gelassen: BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 15 CS 20.45 – juris Rn. 18). Denn die Verkehrsimmissionen, die allgemein durch eine Schule zu erwarten sind, sind von dem Nachbarn regelmäßig als sozialadäquat hinzunehmen, soweit die Einrichtung in Baugebieten nach der BauNVO allgemein bzw. ausnahmsweise oder in Gemengelagen in denen Wohnnutzung vorhanden ist zulässig ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2020 – 15 CS 20.45 – juris Rn. 18; B.v. 30.11.2009 – 2 CS 09.1979 – juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v. 1.12.2022 – AN 9 K 22.874 – BeckRS 2022, 36785). Die Orientierungswerte der TA Lärm können zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbeeinträchtigung nicht herangezogen werden, weil die TA Lärm nach Nr. 1 Satz 2 Buchst. h auf Anlagen für soziale Zwecke keine Anwendung findet. Die Schule fügt sich in die maßgebliche Umgebung ein, die sowohl durch die bestehende Grund- und Mittelschule, als auch das östlich anschließende Gymnasium erheblich von einer schulischen Nutzung geprägt wird. Selbst in einem allgemeinen Wohngebiet wäre die Schule allgemein zulässig. Besondere Umstände, die aufgrund einer besonderen Belastungswirkung zu einer anderen Betrachtung führen würden, sind vorliegend nicht ersichtlich.
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2.2. Die Immissionsprognose vom 30. Oktober 2019 kommt hinsichtlich der Nutzung der Doppelsporthalle, der Schwimmhalle und der Freisportanlagen sowie der Mensa zur außerschulischen Nutzung zu dem Ergebnis, dass die Grenzwerte der 18. BImSchV für ein allgemeines Wohngebiet eingehalten werden können, sodass auch diesbezüglich eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht in Betracht kommt. Der Einwand der Klagepartei, einer der untersuchten Immissionsorte hätte sich an ihrem Anwesen befinden müssen, geht fehl. Die Annahme des Gutachters, dass die Lärmbelastung durch die genannten Einrichtungen entlang der …straße am höchsten ist, ist angesichts der räumlichen Lage dieser Einrichtungen an der …- und …straße nachvollziehbar und daher nicht zu beanstanden. Dass durch diese Einrichtungen höhere Lärmwerte am klägerischen Grundstück entstehen werden, ist schon aufgrund der erheblichen Entfernung nicht anzunehmen. Zudem sind die Fensteröffnungen des dem Baugrundstück am nächsten liegenden Gebäudeteils … Straße 110a nicht zum Baugrundstück nach Norden, sondern ausschließlich nach Westen und nach Süden ausgerichtet. Wie im Augenschein festzustellen war, werden die nach Westen ausgerichteten Fensteröffnungen zudem bis zum obersten Geschoss fast vollständig durch die Rückwand des langgestreckten Gebäudes an der Nordgrenze des Vorhabengrundstücks abgeschirmt. Eine ungehinderte Schallausbreitung von Lärmquellen auf dem Vorhabengrundstück zu den wegen der nur hier stattfindenden Wohnnutzung und der Nähe zum Vorhabengrundstück maßgeblichen Immissionsorten auf dem Klägergrundstück ist daher nicht möglich. Immissionen, die über die hinausgehen, die an den näher liegenden Immissionsorten in der …straße ermittelt wurden, sind angesichts dieser baulichen Situation nicht vorstellbar.
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3. Der streitgegenständliche Vorbescheid verletzt auch nicht aufgrund fehlender Bestimmtheit oder Unvollständigkeit die Rechte der Klägerin. Eine Nachbarrechtsverletzung kommt zwar in Betracht, wenn der Nachbar aufgrund der fehlenden Bestimmtheit der Bauvorlagen nicht erkennen kann, ob ihn der Bescheid in seinen Rechten verletzt. Die zur Vorabentscheidung gestellte Frage muss so bestimmt sein, dass sie von der Baugenehmigungsbehörde mit Bindungswirkung entschieden werden kann (Decker, in Busse/Kraus, BayBO, Stand: September 2022, Art. 71, Rn. 35 m.w.N.).
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Der streitgegenständliche Vorbescheid enthält hinreichend konkrete Angaben zu baulichen und insbesondere betrieblichen Konzeption. So steht fest, wo sich die einzelnen Einrichtungen räumlich befinden und von welcher Anzahl an Personen diese zu welchen Zeiträumen genutzt werden. Dies genügt, um beurteilen zu können, ob von dem Vorhaben unzumutbare Immissionen zu Lasten des Nachbarn ausgehen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Vorbescheid in der Nachbarwürdigung darauf verweist, dass konkrete Maßnahmen zum Schutz des Nachbarn vor Lärm dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. Wie der Vorbescheid selbst klarstellt (vgl. S. 10 des Bescheides), wird nicht angenommen, dass die streitgegenständliche Planung vorbehaltlos bauplanungsrechtlich zulässig ist, sondern dass noch Konkretisierungsbedarf besteht und Detailfragen insbesondere zur Lärmbelastung im Baugenehmigungsverfahren behandeln werden sollen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 17.2.2020 – 9 ZB 17.1283 – juris Rn. 9; B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 15; zur „grundsätzlichen bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit“ BVerwG, U.v. 3.4.1987 – 4 C 41.84 – juris Rn. 24; BayVGH U.v. 15.12.1992 – 2 B 92.88 – juris; U.v. 14.10.2008 – 2 BV 04.863 – juris). Es ist – soweit nicht die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens schon jetzt erkennbar in Zweifel steht – nicht die Aufgabe dieses Vorbescheids, sämtliche nachbarrelevanten Auswirkungen des in einem späteren Bauantrag tatsächlich zur Genehmigung anstehenden Bauvorhabens schon jetzt im Detail zu „regeln“ und abschließend sämtliche (hypothetischen) Nebenbestimmungen zum Schutz vor Lärm oder sonstigen von der Klägerin befürchteten Belästigungen zu treffen (vgl. BayVGH, B.v. 7.1.2019 – 15 ZB 18.947 – juris Rn. 8 m.w.N.). Der streitgegenständliche Vorbescheid wird nur insoweit positiv beantwortet, als dies nach den vorgelegten Antragsunterlagen möglich ist. Angaben, beispielsweise zu dem Ablauf der Ganztagesbetreuung, welche Freiflächen durch Schüler welcher Schule genutzt werden, wie oft Aufführungen in der Mensa/Veranstaltungsstätte stattfinden oder welche Lärmschutzmaßnahmen dem Stand der Technik entsprechen und angezeigt erscheinen, können im folgenden Baugenehmigungsverfahren gemacht werden.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.