Titel:
Erfolglose Klage gegen asylrechtliche Unzulässigkeitsentscheidung (Drittstaatenbescheid Slowakei)
Normenkette:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2
Leitsätze:
1. In der nicht erzwungenen Ausreise eines Ausländers aus dem Gebiet des ihm Schutz gewährenden Mitgliedstaates ist der freiwillige Verzicht auf den gewährten Schutzstatus zu erblicken, der ebenso zu behandeln ist wie der Fortbestand des Schutzes, weshalb die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in einem solchen Fall trotz eines – letztlich ausreisebedingten – Erlöschens des Schutzstatus erfüllt sind (Anschluss an VG Würzburg BeckRS 2022, 8194). (Rn. 23 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Selbsteintrittsrecht der Mitgliedstaaten ist außerhalb des Dublin-Verfahrens nicht vorgesehen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aufnahmebedingungen und Asylverfahren in der Slowakei weisen keine systemischen Mängel auf. (Rn. 27 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht, Drittstaatenbescheid Slowakei, Freiwillige Ausreise, Unzulässigkeitsentscheidung, subsidiärer Schutz, Drittstaatenbescheid, freiwillige Ausreise, Slowakei, systemische Mängel
Fundstelle:
BeckRS 2023, 3842
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 9. Juli 2019, mit dem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde (sog. Drittstaatenbescheid).
2
Der am ... geborene Kläger ist nach eigenen Angaben jemenitischer Staatsangehöriger. Er reiste am ... auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am ... einen Asylantrag.
3
Im Rahmen einer Befragung bei der Regierung von Oberbayern am ... gab der Kläger im Wesentlichen an, er sei mit seiner Familie nach Slowakei geflogen, mit der Hoffnung weiter nach Deutschland fahren zu können. Sie hätten in der Slowakei jedoch einen Asylantrag stellen müssen. Nach circa zehn Monaten seien sie mit dem FlixBus nach Hamburg gefahren.
4
Am ... hörte das Bundesamt den Kläger persönlich an. Dabei gab er im Wesentlichen an, er sei mit seinen drei Kindern und seiner Frau vom ... bis zum ... in der Slowakei gewesen. Der Asylantrag dort sei akzeptiert worden. Sie seien in der Slowakei neun Monate in ein Camp „gesteckt“ worden. Sie hätten Arbeiten verrichten müssen, um etwas dazu zu verdienen. Nachdem der Asylantrag akzeptiert worden sei, hätten sie eine eigene Wohnung bekommen. Eine Organisation namens „Margina“ habe dem Kläger und seiner Familie die Wohnung organisiert. Sie seien nach Deutschland gekommen, weil sie in der Slowakei diskriminiert worden seien. Die Frau des Klägers sei aufgrund ihres Kopftuchs verbal diskriminiert worden. Sie seien mit Flaschen beworfen worden. Die wirtschaftliche Unterstützung habe nur 364 Euro monatlich für die ganze Familie betragen. Die Tochter des Klägers habe mit 16 Jahren von der Schule gehen müssen. Ihnen sei dort nur für ein Jahr Schutz gewährt worden. Die Busreise nach Deutschland habe er selbst organisiert und bezahlt.
5
Am ... teilte das Ministry of Interior oft the Slovak Republic mit, dass der Kläger am 2. Januar 2019 einen subsidiären Schutzstatus (subsidiary protection) erhalten habe. Der Schutzstatus werde für ein Jahr ausgestellt und könne verlängert werden.
6
Mit Bescheid vom 9. Juli 2019 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, andernfalls wurde ihm die Abschiebung in die Slowakei bzw. in einem anderen Staat, in welchen er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht. Der Kläger dürfe nicht nach Jemen abgeschoben werden (Nr. 3). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
7
Hiergegen erhob der Kläger Klage am 19. Juli 2019 persönlich zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,
8
1. der Bescheid des Bundesamts vom 9. Juli 2019 wird aufgehoben
9
2. die Beklagte wird verpflichtet das Asylverfahren durchzuführen und festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
10
Dies begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass bei einer Abschiebung in die Slowakei befürchte verhaftet und inhaftiert zu werden, da er die Slowakei verlassen habe, ohne die zuständigen Behörden zu informieren. Die Lebensbedingungen für Flüchtlinge seien in der Slowakei inhuman und unzumutbar.
11
Ebenfalls am 19. Juli 2019 erhob der Kläger gemäß § 80 Abs. 5 VwGO Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, den das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 24. Juli 2019 ablehnte (M 17 S 19.32612). Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
12
Am 23. Dezember 2019 stellte der Kläger einen Antrag auf Aufhebung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. Juli 2019 sowie auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 10. Juli 2019. Diesen Antrag lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 17. Januar 2020 ab (M 17 S7 ...*). Auf die Begründung wird Bezug genommen.
13
Mit Schriftsatz vom ... 2021 teilte der Bevollmächtigte des Klägers unter Übersendung einer Email der Slovak Dublin Unit vom ... 2021 mit, dass der subsidiäre Schutzstatus des Klägers in der Slowakei abgelaufen sei und nicht mehr verlängert werde. Ausweislich der slowakischen Auskunft müsse die Familie des Klägers bei Rückkehr in die Slowakei ein neues Asylverfahren durchlaufen.
14
Mit Schriftsatz vom ... 2021 teilte die Beklagte unter Übersendung zweier Mitteilungen der slowakischen Behörden vom ... 2021 und vom ... 2021 im Wesentlichen mit, dass nach den Mitteilungen der slowakischen Behörde der dem Kläger in der Slowakei gewährte subsidiäre Schutz zum ... 2022 geendet habe. Der Kläger sei ausweislich der Mitteilung vom ... 2021 am ... 2019 gemäß § 27c des slowakischen Asylgesetzes ordnungsgemäß über seine Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Gewährung des subsidiären Schutzes belehrt worden. Insofern sei dem Kläger die Beendigung des subsidiären Schutzes als Rechtsfolge bei einer Nichtverlängerung bekannt gewesen und der Kläger habe dies bewusst in Kauf genommen. Das Verhalten des Klägers (Ausreise aus der Republik Slowakei kurz nach der Zuerkennung des subsidiären Schutzes, Asylantragstellung in der Bundesrepublik, Nichtverlängerung des subsidiären Schutzes) sei demnach ein freiwilliger Verzicht auf den Fortbestand des gewährten Schutzes. Das Verhalten des Klägers könne letztlich zu keiner Besserstellung in der Bundesrepublik führen.
15
Mit Schriftsatz vom 14. März 2022 führte die Klagepartei im Wesentlichen aus, dass der Kläger einen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens habe. Der in der Slowakei gewährte subsidiäre Schutz sei abgelaufen, der Kläger müsse dort ein neues Asylverfahren durchführen. Ein Erlöschen des gewährten subsidiären Schutzstatus widerspreche den grundlegenden Standards des europäischen Asylsystems. Formelle Fristversäumnisse dürften keine Auswirkung auf den Bestand des „materiellrechtlichen“ Schutzes haben. Die Gewährung und Aberkennung eines Schutzstatus oblägen allein der gewährenden Behörde und seien an entsprechende Voraussetzungen geknüpft. Einer Aberkennung bzw. einem Widerruf müsse entsprechendes Widerrufsverfahren inklusive Anhörung des Betroffenen vorangehen. Das slowakische Asylrecht weise daher einen grundlegenden Verfahrensmangel auf, der ein Abschiebungsverbot begründen würde. Die slowakischen Behörden hätten zu erkennen gegeben, dass dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus staatlicherseits aberkannt worden sei. Dies basiere nicht auf einem freiwilligen Verzicht des Klägers und sei als „EUrechtswidrig“ anzusehen. Daher sei Deutschland in der Verantwortung sein Selbsteintrittsrecht geltend zu machen, welches nach seinem normativen Zweck für derart zweifelhafte Fälle gedacht sein dürfte. Entgegen des dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Mai 2019 zugrundeliegenden Sachverhalts habe der Kläger nie ausdrücklich und freiwillig seinen Verzicht erklärt. Die lediglich formelle Nichtverlängerung des Aufenthaltstitels könne nach einer „EUkonformen“ Auslegung der einschlägigen Normen nicht mit einer ausdrücklichen freiwilligen Verzichtserklärung gleichzusetzen sein. Dem EU-Ziel der Vermeidung von Sekundärmigration sei nicht dadurch gedient, dass die „EUrechtswidrige“ Aberkennung eines Schutzstatus durch eine Behörde eines Mitgliedstaats zulasten eines Schutzberechtigten gehe. Eine Abschiebung in die Slowakei sei aufgrund der dort herrschenden systemischen Mängel im Asylverfahren unzulässig. Die Lebensbedingungen der Schutzberechtigten dort seien unzureichend und menschenunwürdig. Der Kläger sei als Muslim zusätzlicher Diskriminierung ausgesetzt. Die psychischen Auswirkungen der Diskriminierung seien auch anhand der Erkrankungen der Tochter des Klägers deutlich zu sehen. Zudem sei die Slowakei als osteuropäisches Land mit am stärksten von dem Zustrom der ukrainischen Flüchtlinge betroffen. Dies werde zu weiteren Nachteilen für muslimische Flüchtlinge führen. Bei Rückführung in die Slowakei sei mittelfristig auch eine Abschiebung in den Jemen nicht ausgeschlossen.
16
Mit Beschluss vom 12. Juli 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
17
Am 9. Februar 2023 fand in der Sache die mündliche Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München statt.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt das Gericht Bezug auf die vorgelegte Behörden-, und die Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
19
Die zulässige Klage ist unbegründet.
20
Der auf Aufhebung des Bescheids gerichtete Klageantrag in Ziffer I. der Klage ist unbegründet, weil der angegriffene Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat auch keinen in Ziffer II. der Klageschrift geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
21
I. Die Beklagte hat den Asylantrag des Klägers in rechtlich nicht zu beanstandender Weise gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt.
22
Aufgrund des übermittelten Schreibens des Ministry of Interior of the Slovak Republic vom 9. Juli 2019 steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger in der Slowakei den Status des Subsidiär Schutzberechtigten erhalten hat. Dies deckt sich auch mit den klägerischen Angaben im Rahmen der Anhörung bei dem Bundesamt am ... wonach ihm in der Slowakei Internationaler Schutz gewährt worden sei.
23
Dem steht nicht entgegen, dass der durch den Mitgliedstaat Slowakei gewährte Schutz (soweit unstrittig) mittlerweile erloschen ist. Denn der Kläger hat die Slowakei unmittelbar nach Schutzgewähr freiwillig und auf Dauer wieder verlassen. In der nicht erzwungenen Ausreise aus dem Gebiet des ihm Schutz gewährenden Mitgliedstaates ist der freiwillige Verzicht auf den gewährten Schutzstatus zu erblicken, der ebenso behandelt wird wie der Fortbestand des Schutzes. Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG sind daher trotz eines – letztlich ausreisebedingten – Erlöschens des Schutzstatus erfüllt (so auch schon: VG Würzburg, U. v. 5.4.2022 – W 1 K 22.50078 – juris).
24
Vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks, unerwünschte Sekundärmigration zu vermeiden, ist der freiwillige Verzicht des Betroffenen auf einen ihm bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gewährten Schutzstatus ebenso zu behandeln wie der Fortbestand des Schutzes. Der Gesetzeszweck von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG würde verfehlt, wenn ein Asylbewerber es in der Hand hätte – durch freiwilligen Verzicht auf seinen ihm von einem anderen Mitgliedstaat zuerkannten Schutzstatus – herbeiführen zu können, dass er in der Bundesrepublik Deutschland erneut einen Anspruch auf internationalen Schutz geltend machen kann, möglicherweise allein mit dem Ziel, seine wirtschaftliche und persönliche Situation zu verbessern (BayVGH, B. v. 21.5.2019 – 21 ZB 16.50029 – BeckRS 2019, 9766, Rn. 12; vergleichbar zu a.F. des §§ 29 Abs. 1 Nr. 4, 27 AsylG: BVerwG, U. v. 2.12.1986 – 9 C 105/85 – NVwZ 1987, 423 (424); BVerwG, U. v. 4.9.2012 – 10 C 13.11 – ZAR 2013, 155, Rn. 13; BVerwG, U. v. 6.4.1992 – Az.: 9 C 143/90 – NVwZ 1992, 893 (895)).
25
Der Kläger reiste zudem im Wissen um die daraus folgenden Konsequenzen aus den ihm Schutz gewährenden Mitgliedstaat aus. Ausweislich der Mitteilung der slowakischen Behörden vom ... 2021 wurde der Kläger auf die Bedeutung des § 27c des Slowakischen Asylgesetzes hingewiesen. Die Klagepartei hat die stattgefundene Belehrung auch nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Ohne seine Ausreise wäre es dem Kläger möglich und zumutbar gewesen, den ihm gewährten Aufenthaltstitel fristgerecht verlängern zu lassen. Es kann im Ergebnis jedoch keinen Unterschied machen, ob der Kläger aktiv auf den ihm gewährten Schutz verzichtet oder im Wissen um den möglichen Verlust des Schutzstatus den Mitgliedstaat dauerhaft verlässt. Es wäre daher rechtsmissbräuchlich und würde der Verhinderung von Sekundärmigration zuwiderlaufen, wenn der Kläger den Verlust des Internationalen Schutzes nun zu seinen Gunsten geltend machen könnte (so auch VG Würzburg, U. v. 5.4.2022 – W 1 K 22.50078 – juris).
26
Es ist auch nicht ersichtlich inwieweit aus einem möglicherweise bestehenden Defizit bei der Umsetzung der Anerkennungsrichtlinie durch die Slowakei (insbes. Art. 19 der RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes) durch die Slowakei Konsequenzen für die Unzulässigkeitsentscheidung im vorliegenden Verfahren erwachsen sollten. Ein durch den Bevollmächtigten geltend gemachtes Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik im Ermessenswege ist außerhalb des sog. Dublin-Verfahrens jedenfalls nicht vorgesehen.
27
Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geht das Gericht auch nicht davon aus, dass die Aufnahmebedingungen für anerkannt Schutzberechtigte und Asylbewerber in der Slowakei derart defizitär wären, dass dem Kläger für den Fall seiner Rückkehr in die Slowakei mit Blick auf die ihn dort erwartenden Lebensbedingungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 4 EU-Grundrechtecharta drohen würde.
28
Dies gilt auch unter Berücksichtigung, dass der Kläger gegebenenfalls ein neues Asylverfahren in der Slowakei durchlaufen müssten und insoweit als Erstantragsteller behandelt werden würde. In der Slowakei gibt es ein rechtstaatliches Asylverfahren. Am 1. Juni 2022 trat ein neues Gesetz in Kraft, wonach Asylsuchende schon ab sechs statt neun Monaten Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Alle Asylantragsteller erhalten dieselbe Versorgung. Die Slowakische Republik sieht für Dublin-Rückkehrer und für Asylbewerber Unterbringung, Verpflegung, grundlegende Hygieneartikel und sonstige notwendige Gegenstände des täglichen Bedarfs vor. Darüber hinaus wird die dringende medizinische Versorgung übernommen, wenn der Betreffende keine öffentliche Versicherung hat. Während des Aufenthalts im Aufnahmezentrum oder im Integrationszentrum erhalten Asylbewerber ein Taschengeld. Die Unterbringungszentren bieten eine umfassende Versorgung, die unter anderem Unterkunft, Verpflegung und dringende medizinische Versorgung beinhaltet. Außerdem werden slowakische Sprachkurse, Sozial- und Rechtsberatungsdienste, aber auch psychologische Beratung und Freizeitaktivitäten angeboten. Auf eigene Kosten können die Asylbewerber auch außerhalb des Unterbringungszentrums untergebracht werden. Die Slowakei ist laut dem MIPEX 2020 Index restriktiver gegenüber Migranten als die meisten EU – Länder. Es werden mehrere verbesserungswürdige Bereiche genannt, insbesondere Arbeitsmarkt, Bildung, politische Partizipation und Zugang zur Staatsbürgerschaft. Es gibt Integrationsbemühungen für Drittstaatsangehörige durch NGOs, IOM und staatliche Stellen. Das Migrationsamt des slowakischen Innenministeriums kooperiert eng mit NGOs, insbesondere im Rahmen EUfinanzierten Projekten zur Unterstützung von Asylbewerbern. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Bedürfnisse von schutzbedürftigen Personen gelegt. Zu den Leistungen der Organisationen gehören Slowakisch-Unterricht, psychologische Beratung, Sozialarbeit, Freizeitaktivitäten, Rechtshilfe, Berufsorientierung und Unterstützung beim Zugang zu Gesundheitsleistungen (vgl. im Einzelnen m.w.N.: BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Slowakei vom 31.10.2022). Die öffentliche Krankenversicherung ist für Asylbewerber (Dublin-Rückkehrer) in der Slowakei zugänglich und kostenlos. Asylbewerber haben Zugang zu allen Leistungen der öffentlichen Krankenversicherung (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation SLOWAKEI vom 14. September 2022).
29
Dies deckt sich auch mit den Angaben des Klägers, wonach er und seine Familie grundlegende Leistungen wie Sozialhilfe sowie eine Wohnung erhielten und ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wurde. In Bezug auf die geltend gemachten Diskriminierungen ist es dem Kläger möglich und zumutbar Hilfe durch den grundsätzlich schutzwilligen und schutzfähigen slowakischen Staat zu erlangen.
30
Ergänzend verweist das Gericht auf die Ausführungen in den in der Sache bereits ergangenen Eilbeschlüssen (VG München, B. v. 24. 7.2019 – M 17 S 19.32612 und VG München, B. v. 17. 1.2020 – M 17 S7 20.30009).
31
II. Auch die Feststellung des Nichtvorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
32
Der Einzelrichter geht nicht davon aus, dass dem Kläger bei unterstellter hypothetischer Rückkehr im Familienverbund eine Verelendung im Sinne des Art. 3 EMRK droht. Die erwerbsfähigen Eltern sind in der Lage auch in Zukunft ein wirtschaftliches Existenzminimum für sich und ihre Familie zu sichern.
33
Ergänzend verweist das Gericht auf die obigen Ausführungen sowie die in der Sache bereits ergangenen Eilbeschlüsse (VG München, B. v. 24. 7.2019 – M 17 S 19.32612 und VG München, B. v. 17. 1.2020 – M 17 S7 20.30009) und den Bescheid des Bundesamts vom 9. Juli 2019 (§ 77 Abs. 3 AsylG).
34
III. Abschiebungsandrohung und das erlassene Einreise- und Aufenthaltsverbot sind rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere erweist sich die Befristung auf 30 Monate mangels erkennbarer Besonderheiten als ermessensfehlerfrei.
35
IV. Die nach § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage war deshalb abzuweisen. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.