Titel:
Antrag auf gerichtliche Fristsetzung wegen eines nicht innerhalb von sechs Monaten abgeschlossenen behördlichen Disziplinarverfahrens
Normenkette:
BayDG Art. 60
Schlagwort:
Antrag auf gerichtliche Fristsetzung wegen eines nicht innerhalb von sechs Monaten abgeschlossenen behördlichen Disziplinarverfahrens
Fundstelle:
BeckRS 2023, 38424
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt eine gerichtliche Fristsetzung zum Abschluss eines Disziplinarverfahrens.
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Dem Bayerischen Landeskriminalamt wurde mit E-Mail des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 9. Juni 2022 mitgeteilt, dass die seit dem 28. März 2022 bestehende Abordnung des Antragstellers als Klassenleiter der Klasse * beim … Ausbildungsseminar der … Bereitschaftspolizeiabteilung in … zum 19. Juni 2022 aufgehoben und zuständigkeitshalber um disziplinarrechtliche bzw. strafrechtliche Prüfung gebeten werde. Der Antragsteller sei vorübergehend vom Dienst freigestellt und ein mündliches Kontaktverbot sei ergangen. Der E-Mail lagen vier Anzeigen von Kolleginnen des Antragstellers bzw. ihm zur Ausbildung zugewiesenen Beamten und Beamtinnen vom 7. Juni 2022, 8. Juni 2022 bzw. 9. Juni 2022 mit Ereignisbeschreibungen bei.
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Mit Schreiben vom 20. Juni 2022 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers Akteneinsicht. Mit Schreiben vom 26. Juli 2022 erinnerte er an seinen Antrag. Mit Schreiben vom 11. August 2022 teilte er mit, dass er dem Antragsteller angeraten habe, einen Antrag auf Durchführung eines Selbstreinigungsverfahrens zu stellen. Mit Schreiben vom 12. August 2022 wurde vom Antragsgegner Akteneinsicht durch Übersendung der Akte in Kopie gewährt.
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Mit Verfügung vom 18. August 2022, dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 23. August 2022, leitete der Antragsgegner ein Disziplinarverfahren mit der Begründung ein, dass der Antragsteller sich gegenüber Lehrerkolleginnen und Beamtinnen zur Ausbildung wiederholt anzüglich geäußert bzw. unangemessen verhalten habe. Es bestehe der Verdacht der Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 47 Abs. 1, § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG). Dem Antragsteller wurde bis zum 19. September 2022 Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
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Mit Schreiben vom 4. Oktober 2022 nahm der Bevollmächtigte des Antragstellers nach gewährter Fristverlängerung Stellung zum Verfahren und zu den mit der Einleitungsverfügung mitgeteilten Vorwürfen. Er stellte mehrere Beweisanträge.
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Mit Schreiben vom 4. November 2022 wurden vom Antragsgegner Persönlichkeitsbilder angefordert, die vom jeweiligen Dienstvorgesetzten beim … Ausbildungsseminar und beim Sachgebiet … des Bayerischen Landeskriminalamts am 17./18. November 2022 bzw. am 1. Dezember 2022 vorgelegt wurden.
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Am 25. November 2022 fand die Vernehmung von zwei Zeuginnen (M. und D.) statt. Die Zeugin B. konnte aus Krankheitsgründen nicht erscheinen. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2022 befragte der Antragsgegner den Zeugen H. schriftlich. Seine Äußerung ging nach Gewährung erbetener Fristverlängerung am 19. Januar 2023 ein. Mit Schreiben vom 23. Januar 2023 wurde die Zeugin B. zum 10. Februar 2023 erneut geladen. Der Termin wurde wegen Erkrankung der Hautsachbearbeiterin kurzfristig abgesetzt. Auf Ladung mit Schreiben vom 27. Februar 2023 fand die Vernehmung der Zeugin B. am 31. März 2023 statt.
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Mit Schreiben vom 21. Juli 2023 beschränkte der Antragsgegner die dem Disziplinarverfahren zugrundeliegenden Sachverhalte, weil die betreffenden Vorwürfe für die zu erwartende Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fallen würden, und dehnte das Verfahren auf im Rahmen der Ermittlungen neu bekanntgewordenes Verhalten des Antragstellers aus. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 23. August 2023 gegeben.
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Der Bevollmächtigte des Antragstellers beantragte im Hinblick auf die Ausdehnung des Disziplinarverfahrens mit Schreiben vom 10. August 2023 eine Beweissicherungsmaßnahme sowie Akteneinsicht und eine Fristverlängerung um vier Wochen. Mit Schreiben vom 30. August 2023 nahm der Bevollmächtigte sowohl zur Frage der Rechtmäßigkeit der Beschränkung wie auch zur Ausdehnung des Disziplinarverfahrens Stellung und legte zu Letzterem in Form von Kopien von Screenshots eine Kommunikation des Antragstellers via WhatsApp mit der Zeugin B. vor. Zudem wurde die Sicherstellung des Handys der Zeugin B., die Vernehmung des Herrn L. als Zeugen sowie die Beteiligung der Personalvertretung beantragt.
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Mit Schreiben vom 14. November 2023 teilte der Antragsgegner dem Bevollmächtigten des Antragstellers mit, dass beabsichtigt sei, die Zeugin B. zu den Inhalten der Screenshots schriftlich zu vernehmen. Es wurde gebeten, bis zum 12. Dezember 2023 Fragen zu übermitteln.
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Der zunächst nur vorgesehenen schriftlichen Zeugeneinvernahme widersprach der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 21. November 2023. Außerdem wies er darauf hin, dass ein Antrag auf gerichtliche Fristsetzung gestellt worden sei.
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Bereits am 20. November 2023 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers,
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dem Antragsgegner eine Frist zum Abschluss des behördlichen Disziplinarverfahrens zu setzen.
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Er begründete dies mit einer unangemessenen Verzögerung des Verfahrens. Bereits dessen Einleitung sei zu spät erfolgt. Es sei im Disziplinarverfahren deutlich geworden sei, dass Beschäftigte der Bereitschaftspolizeiabteilung schon seit April 2022 heimlich belastendes Material über den Antragsteller gesammelt hätten. Zudem hätten sich die Belastungszeugen als wenig glaubhaft erwiesen; vielmehr sei eine ausgeprägte Belastungstendenz bei der Bereitschaftspolizeiabteilung Dachau feststellbar gewesen. Vor dieser Erkenntnis verschließe sich der Antragsgegner. Es sei nicht davon auszugehen sei, dass der Antragsgegner das Disziplinarverfahren in absehbarer Zeit zum Abschluss bringe, da er sich hierfür zum Wahrheitsgehalt der Zeugenaussagen festlegen müsse.
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Der Antragsgegner legte die Disziplinarakte auf elektronischem Weg vor und beantragte mit Schreiben vom 13. Dezember 2023,
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den Antrag abzulehnen.
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Es lägen hinreichende Gründe dafür vor, dass das Disziplinarverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Es gehe zwar um niederschwellige, in der Häufung aber auffällige Grenzverletzungen des Antragstellers, zu denen im Rahmen von Verwaltungs- und flankierenden polizeilichen Ermittlungen zunächst versucht worden sei, den Kontext zu klären. Infolge der kurzfristigen Beendigung der Abordnung des Antragstellers habe die Einholung dienstlicher Stellungnahmen verbandsübergreifend erfolgen müssen. Terminabstimmungen seien schwierig gewesen. Im Nachgang der Zeugenvernehmung vom 31. März 2023 habe der Bevollmächtigte des Antragstellers schließlich am 30. August 2023 Chat-Nachrichten zu zentralen Zeugenaussagen vorgelegt. Hierauf habe eine Neubewertung des gesamten Verfahrensstoffs zu der Frage erfolgen müssen, ob weitere Beschränkungen erforderlich bzw. Sachverhaltskomplexe wieder einzubeziehen seien. Zur Verfahrensdauer habe auch die konfliktorientierte Verteidigungsstrategie des Antragstellers mit umfänglicher Beantragung von Beweiserhebungen und Beweissicherungsmaßnahmen beigetragen. Hinzu komme die erhebliche Arbeitsbelastung des zuständigen Sachgebiets und dessen Beeinträchtigungen durch Personalwechsel sowie krankheitsbedingte Abwesenheiten.
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Der Bevollmächtigte replizierte mit Schreiben vom 20. Dezember 2023. Die lange Verfahrensdauer müsse nicht schuldhaft verursacht worden sein. Die gerichtliche Fristsetzung könne auch aufgrund organisatorischer Defizite geboten sein. Für eine ausreichende Personalausstattung habe der Antragsgegner Sorge zu tragen. Dass die Einholung von Stellungnahmen und Zeugenvernehmungen verbandsübergreifend habe durchgeführt werden müssen, sei nicht nachvollziehbar. Zeugen hätten direkt kontaktiert werden können. Von Antragstellerseite sei auch keine Konfliktverteidigung praktiziert, sondern Defizite des Verfahrens seien aufgezeigt worden. Es könne nicht kritisiert werden, dass für den Antragsteller Vortrag in Reaktion auf die Ausdehnung des Verfahrens binnen Wochen erfolgt sei, zumal zwischen der letzten Zeugenaussage und der anschließenden Ausdehnung des Verfahrens mehr als 3,5 Monate verstrichen seien.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Disziplinarakte und der Gerichtsakte verwiesen.
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Der Antrag auf Fristsetzung nach Art. 60 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) hat keinen Erfolg.
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1. Der Antrag ist zulässig. Nach Art. 60 Abs. 1 BayDG kann der Beamte bei dem Gericht die Bestimmung einer Frist zum Abschluss des Disziplinarverfahrens beantragen, wenn das behördliche Disziplinarverfahren nicht innerhalb von sechs Monaten seit der Einleitung durch Einstellung, durch Erlass einer Disziplinarverfügung oder durch Erhebung der Disziplinarklage abgeschlossen wurde. Maßgeblich ist hierbei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
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Der Antragsgegner hat das Disziplinarverfahren im August 2022 eingeleitet; die genannte Frist von sechs Monaten ist damit längst verstrichen.
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2. Der Antrag auf gerichtliche Fristsetzung ist jedoch nicht begründet. Das Gericht bestimmt gemäß Art. 60 Abs. 2 Satz 1 BayDG nur dann eine Frist, in der das Disziplinarverfahren abzuschließen ist, wenn für ein länger als sechs Monate dauerndes behördliches Disziplinarverfahren kein zureichender Grund vorliegt. Andernfalls lehnt es den Antrag ab (Art. 60 Abs. 2 Satz 2 BayDG).
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An einem zureichenden Grund fehlt es, wenn eine unangemessene Verzögerung vorliegt, also wenn die Sachaufklärung bzw. Verfahrenshandlungen nicht mit der gebotenen und möglichen Beschleunigung (vgl. Art. 4 BayDG) durchgeführt worden sind. Dabei ist es nicht die Aufgabe des Gerichts, die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit einzelner Ermittlungsmaßnahmen des Dienstvorgesetzten, der Disziplinarbehörde oder des beauftragten Ermittlungsführers zu kontrollieren. Entscheidend ist vielmehr, ob die vom jeweiligen Ermittlungsführer für erforderlich gehaltenen Ermittlungsmaßnahmen sachgerecht und zügig durchgeführt wurden bzw., sofern dies nicht der Fall sein sollte, ob hierfür zumindest objektive Hinderungsgründe vorlagen. Ein eventuelles säumiges Verhalten der für die Durchführung des Disziplinarverfahrens zuständigen Behörde muss zudem schuldhaft sein (vgl. BVerwG, B.v. 11.8.2009 – 2 AV 3.98 – juris Rn. 2). Denn die Vorschrift steht in einem Spannungsverhältnis zu der gleichfalls bestehenden Pflicht, den disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalt umfassend zu ermitteln (Art. 23 Abs. 1 BayDG) und dem Beamten, gegen den ermittelt wird, die Möglichkeit zur Äußerung zu geben (Art. 32 Satz 1 BayDG). Gestalten sich die Ermittlungen schwierig oder umfangreich, so lässt sich die in Art. 60 Abs. 1 BayDG genannte Frist unter Umständen nicht einhalten, ohne die Aufklärung und Anhörungspflicht zu verletzen (vgl. VG Ansbach, B.v. 22.11.2019 – AN 13b D 19.01798 – juris Rn. 51 m.w.N). Kriterien für die vorzunehmende Beurteilung sind im Wesentlichen Umfang und Schwierigkeitsgrad des Verfahrensstoffs, die Anzahl und Art der zu erhebenden Beweise, das den Verfahrensbeteiligten zuzurechnende Verhalten (etwa Beweisanträge oder fehlende Kooperationsbereitschaft des Beamten) sowie die von der Behörde nicht oder nur eingeschränkt beeinflussbaren Tätigkeiten Dritter (vgl. VG München, B.v. 28.6.2023 – M 19L DA 23.2052 – juris Rn. 30 m.w.N.).
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Belastungen der Ermittlungspersonen, etwa mit anderen Aufgaben, rechtfertigen eine Verzögerung angesichts des in Art. 4 BayDG festgelegten Beschleunigungsgebotes regelmäßig nicht. Die Disziplinarbehörde muss im Rahmen der Personalorganisation dafür sorgen, dass der Ermittlungsführer durch Freistellung von den Aufgaben seines Hauptamtes dieser vorrangigen Diensttätigkeit verzögerungsfrei nachgehen kann. Eine qualitativ und quantitativ unzureichende personelle Ausstattung der Ermittlungsbehörde, eine nicht genügende Entlastung des Ermittlungsführers oder eine nicht sachgerechte Organisation der Verwaltungsabläufe entschuldigen die Disziplinarbehörde nicht (vgl. VG Ansbach, B.v. 22.11.2019 – AN 13b D 19.01798 – juris Rn. 54 f. m.w.N.).
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Zudem kann eine Verzögerung des Verfahrens grundsätzlich nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Rechtsanwalt seinen Aufgaben nachgeht, nämlich Vorgänge rügt, die nach seiner rechtlichen Auffassung zu Unrecht zulasten seines Mandanten behandelt oder berücksichtigt wurden (vgl. VG Wiesbaden, B.v. 9.6.2020 – 28 L 440/20.WI.D – juris Rn. 28).
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Hiervon ausgehend, ist der Antrag trotz der seit der Einleitung einen Zeitraum von sechs Monaten hier deutlich überschreitenden Verfahrensdauer abzulehnen, da im vorliegenden Einzelfall zureichende Gründe dafür vorliegen, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen wurde. Anknüpfungspunkt für den Fristbeginn ist allein die aktenkundig zu machende Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens im Sinne des Art. 19 Abs. 1 BayDG (vgl. Großestreuer in Zängl, BayDG, Stand Oktober 2023, Art. 60, Rn. 5).
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Der Disziplinarakte ist zu entnehmen, dass es sich vorliegend um ein Disziplinarverfahren komplexerer Art handelt, bei dem zur Aufklärung umfangreiche Ermittlungen anzustellen waren und aufgrund deren Ergebnisse auch noch nicht von einem unmittelbar bevorstehenden Abschluss ausgegangen werden kann.
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Der Einleitungsverfügung vom 18. August 2022 und dem demnach nachzugehenden Vorwurf gegenüber dem Antragsteller, sich im Rahmen seiner Abordnung zur … Bereitschaftspolizeiabteilung als Klassenleiter der Klasse * beim … Ausbildungsseminar gegenüber Kolleginnen sowie Beamtinnen in Ausbildung unangemessen verhalten zu haben, sodass er seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verletzt haben könnte, lagen mehrere Anzeigen Betroffener, darunter eine der gesamten Klasse 2, zugrunde. Die Anzeigen enthalten Schilderungen zu zahlreichen unterschiedlichen Vorfällen oder Ereignissen. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat Anfang Oktober 2022 mit einem 14-seitigen Schreiben auf die Mitteilung der Einleitungsverfügung reagiert und umfangreiche Beweiserhebungen, insbesondere die Vernehmung von sechs namentlich benannten Zeugen sowie der gesamten Klasse 2, beantragt. Angemessen zeitnah, nämlich Anfang November 2022 wurden daraufhin vom Bayerischen Landeskriminalamt die schriftlichen Einschätzungen der beiden Dienstvorgesetzten des Antragstellers im relevanten Zeitraum zu dessen Persönlichkeitsbild angefordert. Außerdem wurden etwa zeitgleich Versuche unternommen, Termine für drei Zeugenvernehmungen abzustimmen. Zwei der Zeugenvernehmungen (Zeuginnen D. und M.) konnten am 25. November 2022 erfolgen; eine schriftliche Vernehmung (Zeuge H.) konnte zwischenzeitlich bis Mitte Januar 2023 abgeschlossen werden, während die Vernehmung der Zeugin B. nach Erkrankungen der Zeugin selbst sowie der Sachbearbeiterin und erneut notwendigen Terminabstimmungen mit dem Bevollmächtigten des Antragstellers erst am 31. März 2023 durchgeführt werden konnte. Anhaltspunkte für eine schuldhafte Verzögerung des Disziplinarverfahrens sind bis dahin nicht zu sehen.
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Bis zu dem Schreiben der Disziplinarbehörde vom 21. Juli 2023, mit dem das Verfahren einerseits beschränkt und andererseits ausgedehnt sowie der Antragsteller hierzu mit einer Stellungnahmefrist von vier Wochen angehört wurde, vergingen seit der letzten Zeugenvernehmung zwar anschließend über dreieinhalb Monate. Auch wegen dieses Zeitraums lässt sich aber nicht auf eine erhebliche schuldhafte Verzögerung schließen. Es ist zu berücksichtigen, dass mehrere umfangreiche Zeugenaussagen sachlich und rechtlich zu würdigen waren. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Beweisanträge und Stellungnahmen von Antragstellerseite musste auch das Erfordernis weiterer Ermittlungen beurteilt werden. Hierfür ist in Anbetracht der Fülle des Streitstoffs eine gewisse Prüfungszeit anzusetzen. Dies gilt umso mehr, als mit dem Bevollmächtigten des Antragstellers während des Verfahrens sehr umfangreiche und zum Teil streitige Korrespondenz zur Sache selbst wie auch zu damit im Zusammenhang stehenden Fragen wie der Bestätigung bzw. Aufhebung des Kontaktverbots und eines betreffenden Widerspruchsverfahrens, zu Terminabstimmungen, zu Akteneinsichtsgesuchen und zum Inhalt der Akten, zur Behandlung von Beweisanträgen und zu sonstigen Ermittlungsansätzen, zur Beteiligung der Zeugin M. an der Erstellung eines der angeforderten Persönlichkeitsbilder und weiteren geltend gemachten Verfahrensfehlern sowie zu Kostenerstattungsansprüchen geführt wurde und bei den Überlegungen zum weiteren Verfahrensfortgang einzubeziehen war. Seit der Zeugeneinvernahme am 31. März 2023 waren aufgrund von Schreiben des Bevollmächtigten des Antragstellers (vom 3.4., 26.4. und 2.5.2023) insbesondere noch ein Antrag auf Notwendigerklärung der Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren nach Aufhebung des Kontaktverbots sowie beantragte Kostenerstattungen wegen des abgesetzten Termins zur Zeugeneinvernahme am 10. Februar 2023 zu bearbeiten. Selbst bei optimaler personeller Ausstattung der Disziplinarbehörde könnte im Übrigen nicht davon ausgegangen werden, dass im gleichen Zeitraum nicht auch andere, zeitlich nicht weniger dringliche Verfahren zu bearbeiten waren. Der Fortgang in der Sache selbst wurde von Antragstellerseite zwischenzeitlich auch nicht angemahnt.
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Darüber hinaus wäre selbst dann, wenn im Hinblick auf die mehrmonatige Bearbeitungszeit seit der letzten Zeugeneinvernahme vorübergehend eine schuldhafte Verfahrensverzögerung vorgelegen hätte, nicht mehr von der Kausalität dieser für den noch nicht erfolgten Abschluss des Disziplinarverfahrens auszugehen. Der Bevollmächtigte des Antragstellers rügte mit Schreiben vom 30. August 2023 nicht nur ausführlich die Vorgehensweise der Disziplinarbehörde hinsichtlich der Beschränkung des Disziplinarverfahrens, sondern legte überdies zu einem Sachverhalt, der aufgrund der Angaben der am 31. März 2023 vernommenen Zeugin B. in das Verfahren einbezogen wurde, eine Kommunikation auf WhatsApp zur Entkräftung der Angaben der Zeugin vor. Er beantragte außerdem die Sicherstellung des Mobiltelefons der Zeugin, weitere Beweiserhebungen und die Beteiligung der Personalvertretung. Die Behörde musste hierauf folglich erneut in eine umfängliche Prüfung des gesamten Streitstoffs eintreten. Es ist nachvollziehbar, wenn sie vorträgt, dass die vorgelegten Kopien von Screenshots die Aussagen der Zeugin B. und damit nicht nur die Ausdehnung, sondern auch die Beschränkung des Verfahrensstoffs noch einmal in Frage stellen. Die Prüfung mündete schließlich noch angemessen zeitnah in die mit Schreiben vom 14. November 2023 mitgeteilte Entschließung, die Zeugin B. schriftlich zu befragen. Das Ergebnis somit unstreitig als notwendig angesehener weiterer Ermittlungen, die allerdings mit der gebotenen Beschleunigung durchzuführen sind, ist derzeit noch nicht absehbar. Dementsprechend ist auch offen, wann das Verfahren abgeschlossen werden kann.
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Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.