Inhalt

VG München, Beschluss v. 18.09.2023 – M 10 S 23.50906
Titel:

Dublin-Verfahren (Zielstaat Österreich), Abschiebungsanordnung, Lediglich schriftliche Anhörung des Antragstellers, Anhängiges Vorabentscheidungsverfahren des EuGH zu der Frage der Fehlerfolgen eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Dublin III-VO (verbundene Rechtssachen C-228/21, C-254/21, C-297/21, C-315/21 und C-328/21), Schlussanträge der Generalanwältin in diesen Verfahren vom 20. April 2023, Heilung des Anhörungsmangels im gerichtlichen Verfahren, Geltend gemachte Abhängigkeit der Schwester vom Antragsteller wegen Querschnittslähmung, Offene Erfolgsaussichten der Klage

Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst.
AsylG § 34a Abs. 1 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5
VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO) Art. 5 Abs. 1 S. 1
VO (EU) Dublin III-VO Art. 16 Abs. 1
Schlagworte:
Dublin-Verfahren (Zielstaat Österreich), Abschiebungsanordnung, Lediglich schriftliche Anhörung des Antragstellers, Anhängiges Vorabentscheidungsverfahren des EuGH zu der Frage der Fehlerfolgen eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Dublin III-VO (verbundene Rechtssachen C-228/21, C-254/21, C-297/21, C-315/21 und C-328/21), Schlussanträge der Generalanwältin in diesen Verfahren vom 20. April 2023, Heilung des Anhörungsmangels im gerichtlichen Verfahren, Geltend gemachte Abhängigkeit der Schwester vom Antragsteller wegen Querschnittslähmung, Offene Erfolgsaussichten der Klage
Fundstelle:
BeckRS 2023, 38403

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (M 10 K 23.50905) gegen Nummer 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 16. August 2023 (Gesch.-Z.: … wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die (erneute) Anordnung seiner Überstellung nach Österreich im Rahmen des sog. „Dublin-Verfahrens“.
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Gegen den Antragsteller, nach eigenen Angaben ein afghanischer Staatsangehöriger, erging bereits am 27. März 2023 ein „Dublin-Bescheid“ (Gesch.-Z.: …), mit welchem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt und wie Abschiebung nach Österreich angeordnet wurde. Ein hiergegen gerichteter Eilantrag des Antragstellers nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO wurde durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade vom 4. Mai 2023 abgelehnt (1 B 634/23). Am 19. Juli 2023 wurde der Antragsteller von der Bundespolizei nach Österreich abgeschoben. Am 20. Juli 2023 wurde der Antragsteller nach unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet von der Bundespolizei aufgegriffen. Auf eine Aufforderung des Verwaltungsgerichts Stade gem. § 81 Satz 1 AsylG vom 14. August 2023 teilte der – auch in diesem Verfahren – bevollmächtigte Rechtsanwalt mit Schreiben vom 28. August 2023 dem Verwaltungsgericht Stade die zum damaligen Zeitpunkt gültige ladungsfähige Anschrift des Antragstellers mit. Soweit aus der Behördenakte ersichtlich, ist das erste Dublin-Verfahren (Gesch.-Z: …) noch nicht rechtskräftig abgeschlossen (vgl. BA-Akte S. 201) bzw. das Klageverfahren (1 A 633/23) vor dem Verwaltungsgericht Stade noch anhängig.
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Mit Schreiben vom 28. Juli 2023 übersandte das Bundesamt an den Bevollmächtigten die Fragebögen „Erst- und Zweitbefragung“ mit der Bitte um Beantwortung. Um Rücksendung bis zum 10. August 2023 wurde gebeten, eine Reaktion des Antragstellers bzw. seines Bevollmächtigten erfolgte nicht.
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Mit Bescheid vom 16. August 2023, zugestellt am 21. August 2023, ordnete das Bundesamt die Abschiebung des Antragstellers nach Österreich an (Nummer 1 des Bescheids) und befristete das angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nummer 2 des Bescheids). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Der Antragsteller hat über seinen Bevollmächtigten am 28. August 2023 Klage gegen den Bescheid vom 16. August 2023 erhoben und beantragt zugleich,
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die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im angefochtenen Bescheid anzuordnen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Antragsteller mit seinen beiden Schwestern aus Afghanistan geflüchtet sei. Die jüngere Schwester sei bei einer Bombenexplosion schwer verletzt worden (Granatsplitter in den Rücken), wonach nun ihre unteren Extremitäten gelähmt seien. Die jüngere Schwester sei deshalb auf einen Rollstuhl angewiesen. Die andere Schwester sei erheblich traumatisiert. Die Schwestern seien ohne die Unterstützung ihres Bruders nahezu hilflos und sehr auf ihn angewiesen. Der Antragsteller fühle sich für seine Schwestern verantwortlich, weshalb er nach der am 19. Juli 2023 erfolgten Überstellung am nächsten Tag wieder nach Deutschland zurückgekehrt sei. Aufgrund dieser Situation hätte die Antragsgegnerin von ihrem humanitären Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch machen müssen. Schließlich sei der Antragsteller auch entgegen Art. 5 Abs. 1 Dublin III-VO vor Erlass des Bescheids vom 16. August 2023 nicht im persönlichen Gespräch angehört worden. Da eine Ausnahme nach Art. 5 Abs. 2 Dublin III-VO nicht vorgelegen habe, hätte die Antragsgegnerin nicht auf das persönliche Gespräch verzichten dürfen. Dieser Anhörungsfehler führe zur formellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids (unter Verweis auf VG Bremen, B.v. 2.8.2023 – 1 V 1695/23).
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Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 31. August 2023,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 10 K 23.50905, sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
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Das Gericht entscheidet gem. § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG durch den Einzelrichter, da im Hinblick auf den Beschluss des Gerichts vom 14. August 2020 (M 10 S 20.50407) bzw. der dortigen (und unter den damaligen Gegebenheiten abweichenden) Beurteilung der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO keine Übertragung des Rechtsstreits auf die Kammer gem. § 76 Abs. 4 Satz 2 AsylG zwingend erforderlich war (vgl. dazu allg.: Redeker in BeckOK MigR, Stand 15.7.2023, § 76 AsylG Rn. 9).
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1. Der Antrag gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung ist zulässig und begründet.
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a) Entfaltet ein Rechtsbehelf – wie hier (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG) – von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Sofern die Klage dagegen bei summarischer Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein wird, tritt das Interesse an der sofortigen Vollziehung zurück. Bei offenen Erfolgsaussichten verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung, bei der jedoch die gesetzgeberische Entscheidung, die aufschiebende Wirkung einer Klage auszuschließen, zu berücksichtigen ist.
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b) Gemessen an diesen Maßstäben sind nach summarischer Prüfung die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers gegen die Abschiebungsanordnung im streitgegenständlichen Bescheid offen. An der formellen Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen bei summarischer Prüfung wegen eines Anhörungsfehlers ernstliche Zweifel, während die entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Fehlerfolgen des Anhörungsfehlers im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) nicht abschließend beantwortet werden kann.
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aa) Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO führt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat ein persönliches Gespräch mit dem Antragsteller, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern. Nach aktueller gefestigter Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, handelt es sich bei der Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Dublin III-VO um zwingendes Recht, welches auch in sog. „Aufgriffsfällen“ zur Anwendung kommt. Eine rein schriftliche Anhörung genügt der Vorgabe des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO hinsichtlich eines „persönlichen Gesprächs“ – unabhängig davon ob ein Asylantrag oder ein reiner „Aufgriffsfall“ vorliegt – nicht (vgl. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung: OVG Bremen, B.v. 18.1.2022 – 1 LA 13/21 – juris Rn. 8; NdsOVG, B.v. 23.4.2021 – 10 LA 63/21 – juris Rn. 10; vgl. auch VG München, B.v. 14.8.2020 – M 10 S 20.50407 – juris Rn. 29 ff.; VG Bremen, B.v. 22.4.2021 – 6 V 2657/20 – juris Rn. 21 ff.; VG Düsseldorf, U.v. 20.11.2020 – 15 K 6075/20.A – juris Rn. 27 ff.).
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bb) Allerdings ist in der Rechtsprechung umstritten, wie die rechtlichen Folgen einer fehlerhaften Anhörung zu bewerten sind. Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen führe die unzureichende Information eines Asylantragstellers im Dublin-Verfahren nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit der nachfolgenden Verwaltungsentscheidung, sondern nur dann, wenn sie sich auf den Inhalt der Entscheidung ausgewirkt habe (B.v. 22.5.2019 – 11 A 330/19.A – juris Rn. 30). Hieraus ist unter anderem abgeleitet worden, dass Mängel bei der Durchführung des persönlichen Gesprächs im Dublin-Verfahren nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit der nachfolgenden Verwaltungsentscheidung führen würden, sondern nur dann, wenn sie sich inhaltlich ausgewirkt haben (vgl. u.a. auch VG München, B.v. 14.8.2020 – M 10 S 20.50407 – juris Rn. 33 f.; VG München, B.v. 19.2.2020 - M 11 S 20.50051 – juris Rn. 17 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat seinerseits in einem (mittlerweile) älteren stattgebenden Kammerbeschluss kritisch ausgeführt, dass der unkritische Rekurs auf § 46 VwVfG weder durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Sinne einer Übereinstimmung mit dem Unionsrecht geklärt sei, noch handele es sich um einen acte clair oder um einen acte éclairé (vgl. BVerfG, B.v. 17.1.2017 – 2 BvR 2013/16 – juris Rn. 20).
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Das Gericht sieht sich angesichts der jüngeren Entwicklung in der Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union gehindert, die rechtliche Eindeutigkeit der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Dublin III-VO anzunehmen, wie es das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen noch in seinem Beschluss vom 22. Mai 2019 getan hat (B.v. 22.5.2019 – 11 A 330/19.A – juris Rn. 30 m.w.N.). Die in diesem Beschluss aufgeführten raumgreifenden Zitate aus der Rechtsprechung (B.v. 22.5.2019 – 11 A 330/19.A – juris Rn. 31) tragen aktuell nicht mehr. Bereits mit Urteil vom 16. Juli 2020 hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass Art. 14 und 34 RL 2013/32/EU (Asylverfahrens-RL) dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der eine Verletzung der Pflicht, der Person, die internationalen Schutz beantragt hat, vor dem Erlass einer Unzulässigkeitsentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 Buchst. a RL 2013/32/EU Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu geben, nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung und zur Zurückweisung der Sache an die Asylbehörde führt, es sei denn, diese (nationale) Regelung ermögliche es dem Antragsteller, im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens in einer die gemäß Art. 15 RL 2013/32/EU geltenden grundlegenden Bedingungen und Garantien wahrenden Anhörung persönlich gegen alle die Entscheidung sprechenden Umstände vorzutragen, und trotz dieses Vorbringens keine andere Entscheidung ergehen kann (vgl. EuGH, U.v. 16.7.2020 – C-517/17, Rs. „Addis“ – juris Rn. 74 = ZAR 2020, 376 ff. m. Anm. Pfersich). Aktuell sind zudem mehrere Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängig, die eben jene Frage der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Anhörungspflicht nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO betreffen (vgl. verbundene Rechtssachen C-228/21, C-254/21, C-297/21, C-315/21 und C-328/21 auf Vorabentscheidungsersuchen des italienischen Kassationsgerichtshofs). In ihren Schlussanträgen vom 20. April 2023 hat die Generalanwältin beim Gerichtshof der Europäischen Union unter anderem ausgeführt, dass in Anlehnung an das Urteil in der Rechtssache „Addis“ ein Anhörungsfehler entgegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO nur geheilt werden könne, wenn die mündliche Verhandlung im Gerichtsverfahren unter Beachtung der notwendigen Verfahrensgarantien nachgeholt werden könne und sich dabei herausstellt [Hervorhebung des Gerichts], dass trotz des dabei vorgetragenen Vorbringens keine andere Entscheidung in der Sache ergehen könne (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin vom 20.4.2023 in den verbundenen Rechtssachen C-228/21, C-254/21, C-297/21, C-315/21 und C-328/21 – juris Rn. 141 und 143). Ein abschließendes Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in den verbundenen Rechtssachen C-228/21, C-254/21, C-297/21, C-315/21 und C-328/21 ist bislang noch nicht ergangen.
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Die oben dargestellte neuere Entwicklung beim Gerichtshof der Europäischen Union reicht aus, um festzustellen, dass die Frage der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO derzeit (noch) als ungeklärt betrachtet werden muss, auch wenn nach den Ausführungen der Generalanwältin sicher einiges dafürspricht, dass die tragenden Rechtssätze in der Rechtsache „Addis“ auf die hier einschlägige Rechtsproblematik übertragen werden können (so auch VG Düsseldorf, U.v. 20.11.2020 – 15 K 6075/20.A – juris Rn. 48 ff.). Jedenfalls lässt sich derzeit – insbesondere auch unter Berücksichtigung des Urteils in der Sache „Addis“ – aber rechtlich schlussfolgern, dass eine Beurteilung der Ergebnisrichtigkeit der Bundesamtsentscheidung ausschließlich nach Aktenlage (mit oder ohne ausdrücklichen Rekurs auf § 46 VwVfG) die Rechtsweggarantie des Antragstellers aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzen dürfte (vgl. BVerfG, B.v. 17.1.2017 – 2 BvR 2013/16 – juris Rn. 20), sodass es nach derzeitigem Stand naheliegend erscheint, dass das nicht erfolgte „persönliche Gespräch“ im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO im gerichtlichen Hauptsacheverfahren nachgeholt werden muss. Die Nachholung der Anhörung durch Anberaumung eines Erörterungstermins im gerichtlichen Eilverfahren (vgl. Pfersich, ZAR 2020, 376 <380>) hat das Gericht zunächst erwogen, aber in der vorliegenden Konstellation, in der sinngemäß ein Abhängigkeitsverhältnis gem. Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO geltend gemacht wird, letztendlich für nicht praktikabel erachtet.
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3. Nach alledem sind damit die Erfolgsaussichten der Klage als offen zu beurteilen, da das Gericht im Hauptsacheverfahren die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO erforderliche persönliche Anhörung des Antragstellers nachzuholen haben und zu klären haben wird, ob hinsichtlich der Schwestern ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO besteht, oder nicht. Die dadurch entstehende Verfahrensverzögerung ist im Ergebnis als weniger schwerwiegend anzunehmen als der sofortige Vollzug der Abschiebungsanordnung, welche vorliegend einer faktisch vollständigen Entwertung des Rechts des Antragstellers aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO gleichkäme. Sollte sich im Hauptsacheverfahren nach Einvernahme des Antragstellers und ggf. auch seiner Schwestern herausstellen, dass die Abschiebungsanordnung im Ergebnis doch rechtmäßig ist, wäre eine Überstellung des Antragstellers nach Österreich auch zu einem späteren Zeitpunkt noch unproblematisch möglich, zumal der Antragsgegnerin in diesem Fall die sechsmonatige Überstellungsfrist gem. Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO erhalten bliebe.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
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5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).