Titel:
Behandlung von Ausgleichsansprüchen unter Mitgliedern einer Partnerschaftsgesellschaft in Liquidation
Normenketten:
BGB § 426
PartG § 10 Abs. 1
HGB § 145, § 150 Abs. 1
Leitsätze:
1. Ansprüche von Gesellschaftern gegen die Gesellschaft oder Mitgesellschafter, die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen, können bei Liquidation der Gesellschaft nicht mehr selbstständig geltend gemacht werden, sondern sind als Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsabrechnung einzustellen (Durchsetzungssperre). (Rn. 17 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Durchsetzungssperre gilt nicht bei Drittgläubigerforderungen und offensichtlichen beziehungsweise unstreitigen Forderungen. (Rn. 19 und 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Leistungsklage, der die Durchsetzungssperre entgegensteht, ist durch das Gericht in eine Feststellungsklage auf Feststellung, ob die Forderung in die Schlussbilanz aufzunehmen ist, umzudeuten. (Rn. 31 – 32 und 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Partnerschaftsgesellschaft, Liquidation, Gesamtschuldnerausgleich, Durchsetzungssperre, Schlussbilanz, Feststellungsklage
Vorinstanz:
LG München II, Endurteil vom 07.04.2022 – 8 O 3321/20
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 14.01.2025 – II ZR 117/23
Fundstellen:
GmbHR 2025, 200
LSK 2023, 38210
BeckRS 2023, 38210
NZG 2024, 1528
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger zu 1) und 2) wird das Urteil des Landgerichts München II vom 07.04.2022, Az. 8 O 3321/20, wie folgt abgeändert und auf die Klage der Kläger zu 1) bis 3) hin in Ziffer 1. wie folgt gefasst:
Es wird mit Wirkung für die Kläger zu 1) bis 3) und den Beklagten festgestellt, dass in der Liquidationsschlussbilanz wegen der Beendigung der Partnerschaftsgesellschaft „Rechtsanwälte B1., G. & Partner Partnerschaftsgesellschaft mbB i.L.“ ein Rechnungsposten in Höhe von € 44.617,66 zuzüglich Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus € 29.931,60 seit dem 07.07.2020 sowie weitere Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus € 14.686,06 seit 29.09.2020 zugunsten der Kläger zu 1) und 2) und zu Lasten des Beklagten für die vom ursprünglichen Kläger für den Beklagten für den Zeitraum März 2020 bis August 2020 geleisteten Mietzahlungen an die Holler-Stiftung zu berücksichtigen ist.
2. Im Übrigen wird die Klage der Kläger zu 1) bis 3) abgewiesen und die Berufung der Kläger zu 1) und 2) zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klagepartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klagepartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
Zur näheren Darstellung sowohl des Sachverhaltes als auch der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Ergänzend und zusammenfassend ist Folgendes auszuführen:
2
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz über die Geltendmachung von Mietzinszahlungen für Kanzleiräume im Rahmen eines Gesamtschuldnerausgleichs.
3
Die Kläger zu 1) und 2) sind die Erben des während des laufenden Berufungsverfahrens verstorbenen ursprünglichen Klägers Prof. Dr. W. B. Dieser sowie der Beklagte und vier weitere Rechtsanwälte, darunter der im Berufungsverfahren dem Prozess auf Klageseite beigetretene Kläger zu 3), schlossen am 19./21.02.1996 auf Mieterseite mit der Rechtsvorgängerin der Holler-Stiftung als Vermieterin einen Gewerbemietvertrag über Kanzleiräume in München (Anl. K 1). Der Vertrag enthält in Ziff. 10 mehrere Klauseln zur Personenmehrheit als Mieter. Darin ist u.a. geregelt, dass die Mieter als Gesamtschuldner haften und ein Mieter, sofern er aus der Partnerschaftsgesellschaft ausscheidet, auch seine Stellung als Mieter verliert bzw. ein Rechtsanwalt, der als Partner neu in die Partnerschaftsgesellschaft aufgenommen wird, gleichzeitig auch Mietpartei wird.
4
Am 01.05.1996 schlossen dieselben sechs Anwälte einen Partnerschaftsgesellschaftvertrag (Anl. K 3). Dort findet sich in der Präambel die Formulierung, dass die Partnerschaftsgesellschaft Bub, Gauweiler & Partner im Hinblick auf die Kanzleigründung die Büroräume in München angemietet habe. Im Übrigen enthält der Partnerschaftsvertrag in § 5 Ziff. 6 eine Kostenverteilungsregelung nach einem qm-Schlüssel, die u.a. für die Miet- und Nebenkosten gelten sollte.
5
Die Partnerschaftsgesellschaft befindet sich seit 01.03.2019 in Liquidation. Zu diesem Zeitpunkt waren der ursprüngliche Kläger Prof. Dr. W. B1., der jetzige Kläger zu 3) und der Beklagte Partner der Gesellschaft. Diese drei Personen sind sodann gemeinsam auch deren Liquidationsgesellschafter geworden.
6
Die Kläger zu 1) bis 3) behaupten, der ursprüngliche Kläger Prof. Dr. W. B1. habe persönlich den Mietanteil des Beklagten für die Monate März – August 2020 an die Vermieterin bezahlt. Seinen Rechtsnachfolgern, den Klägern zu 1) und 2), stehe daher ein Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 bzw. § 426 Abs. 2 BGB zu. Aufrechenbare Gegenansprüche des Beklagten bestünden nicht.
7
Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass sich die beteiligten Rechtsanwälte jedenfalls im Innenverhältnis so hätten behandeln lassen wollen, als hätte die Partnerschaftsgesellschaft als solche die Räume angemietet. Dementsprechend sei ein Gesamtschuldnerausgleich, wie er vorliegend klageseits geltend gemacht werde, nicht möglich.
8
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 07.04.2022 unter Verweis auf die Durchsetzungssperre abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass zwar zwei unterschiedliche Rechtssubjekte bestünden (eine Mieter-GbR einerseits und die Partnerschaftsgesellschaft andererseits). Im Rahmen einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände, könne sich die Klagepartei aber nicht auf diese formelle Trennung berufen. Nachdem er seine Ansprüche nur noch im Rahmen der Auseinandersetzungsrechnung geltend machen könne, sei der Beklagte für das hiesige Verfahren nicht mehr passivlegitimiert. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
9
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klagepartei. Sie ist der Auffassung, dass auf Mieterseite keine Außen GbR vorliege, zumal in dem Fall konsequenterweise diese und nicht der ursprüngliche Kläger aktivlegitimiert gewesen wäre, weswegen die Begründung des Landgerichts in sich widersprüchlich sei. So oder so handele es sich aber um ein sog. Drittrechtsverhältnis, bei welchem die Durchsetzungssperre nicht greife, zumal in dem Fall das Landgericht die Klage auch nicht hätte abweisen dürfen, sondern – auch ohne ausdrücklichen Hilfsantrag – in eine Feststellungsklage hätte umdeuten müssen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass aufgrund des Todes des ursprünglichen Klägers Prof. Dr. W. B1. als Liquidationsgesellschafter die streitgegenständliche Forderung, deren Feststellung begehrt wird, ggf. vorrangig nicht in die Liquidationsschlussbilanz, sondern in eine sog. Abschichtungsbilanz einzustellen sei.
10
Die Klagepartei beantragt zuletzt,
I. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München II vom 07.04.2022 – Az. 8 O 3321/20 – wird der Beklagte verurteilt, an die Berufungskläger zu 1) und 2) einen Betrag in Höhe von EUR 44.617,66 nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus EUR 29.931,60 seit dem 07.07.2020 sowie weitere Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus € 14.686,06 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass den Erben von Prof. Dr. B1. gegen Dr. G.ine Forderung in Höhe von EUR 44.617,66 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus EUR 29.931,60 seit dem 07.07.2020 sowie weitere Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus € 14.686,06 seit Rechtshängigkeit für die vom verstorbenen Kläger für den Beklagten für den Zeitraum März 2020 bis August 2020 geleisteten Zahlungen an die Holler-Stiftung zusteht und in die Bilanz der Auseinandersetzungsrechnung – gleich ob in die Liquidationsschlussbilanz wegen der Beendigung der Partnerschaftsgesellschaft Rechtsanwälte B1., G. & Partner Partnerschaftsgesellschaft mbB i.L. oder in den Saldo der auf das Ausscheiden des Verstorbenen am 01. November 2022 zu erstellenden Abschichtungsbilanz über seinen Gesellschaftsanteil – ein Rechnungsposten in dieser Höhe einzustellen ist.
11
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
12
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil (jedenfalls im Ergebnis) und beruft sich insbesondere darauf, dass die vorliegend bestehenden Rechtsverhältnisse nicht miteinander verwechselt bzw. vermischt werden dürften. Die Parteierweiterung auf den Kläger zu 3) in der Berufungsinstanz sei nicht sachdienlich und damit unzulässig. Daher seien auch die Feststellungsanträge, für die eine notwendige Streitgenossenschaft bestehe, bereits unter diesem Gesichtspunkt abzuweisen. Im Übrigen rügt der Beklagte die Verspätung des Schriftsatzes vom 07.07.2023 und beantragt hierauf einen Schrifsatznachlass von einem Monat. Darüber hinaus rügt der Beklagte die zuletzt erfolgte Antragstellung als verspätet und vertritt die Auffassung, dass es sich insofern um eine unzulässige alternative Klagehäufung handelt.
13
Ergänzend wird auf die von den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2023 und 17.07.2023 verwiesen.
14
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Es besteht ein Anspruch der Kläger zu 1) und 2) gegen den Beklagten in der geltend gemachten Höhe aus § 426 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Dieser kann aufgrund der Durchsetzungssperre aber nicht mehr im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden, sondern ist im Rahmen eines Feststellungsurteils auszuurteilen. Für Letzteres ist von einer notwendigen Streitgenossenschaft sämtlicher Liquidationsgesellschafter auszugehen, weswegen die in der Berufungsinstanz vorgenommene Parteierweiterung auch als sachdienlich anzusehen ist. Zu den genannten Punkten im Einzelnen:
15
1. Der Hauptantrag (Leistungsklage) hat in der Sache keinen Erfolg.
16
a) Dabei ist unschädlich, dass der ursprüngliche Kläger während des laufenden Berufungsverfahrens verstorben ist. Streitgegenständlich ist an dieser Stelle ein Anspruch aus § 426 Abs. 1 bzw. § 426 Abs. 2 BGB, dieser wäre in jedem Fall im Wege der Universalsukzession gem. § 1922 BGB auf die nunmehr klagenden Erben, die Kläger zu 1) und 2), übergegangen. Auf etwaige gesellschaftsrechtliche Besonderheiten bei der erbrechtlichen Nachfolge kommt es an dieser Stelle nicht an (siehe dazu aber unten).
17
b) Weiter kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob der geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht oder ob ggf. von einer Vertrags- bzw. Schuldübernahme im Außenverhältnis oder jedenfalls einer Erfüllungsübernahme im Innenverhältnis durch die Partnerschaftsgesellschaft auszugehen ist und welche Schlussfolgerungen hieraus im Einzelnen zu ziehen wären (siehe dazu aber auch unten). In jedem Fall scheitert die vorliegende Leistungsklage an der bestehenden Durchsetzungssperre.
18
aa) Die Partnerschaftsgesellschaft befindet sich in Liquidation. Insofern unterliegen grundsätzlich sämtliche Ansprüche zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern – auch in der hier vorliegenden erbrechtlichen Konstellation – einer sog. Durchsetzungssperre, die besagt, dass einzelne auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gegen Mitgesellschafter nicht mehr selbstständig geltend gemacht werden können, sondern als unselbstständige Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsabrechnung einzustellen sind (st.Rspr. vgl. BGH, Urt. v. 10.05.1993, II ZR 111/92, NJW-RR 1993, 1187 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für eine sich in Liquidation befindende BGB-Gesellschaft (vgl. BeckOGK/Koch, Stand 01.01.2023, BGB, § 730 Rn. 36 ff.), sondern auch für eine Partnerschaftsgesellschaft in Liquidation, § 10 Abs. 1 PartG, § 145 HGB (vgl. Henssler/Strohn, GesR/Klöhn, 5. Aufl., HGB § 145 Rn. 11).
19
bb) Maßgeblich für die Sperrwirkung ist aber stets, dass der zur Rede stehende Anspruch auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht. Ist das anspruchsbegründende Rechtsverhältnis ein anderes als die Gesellschaft, kann der Anspruch als sog. Drittgläubigerforderung außerhalb der Liquidation geltend gemacht werden (vgl. Henssler/Strohn GesR/Kilian, 5. Aufl., BGB § 730 Rn. 13).
20
Eine solche Drittgläubigerforderung ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Selbst wenn es sich nicht um einen Anspruch gegen die Partnerschaftsgesellschaft als solche bzw. den Beklagten als Gesellschafter, sondern gegen den Beklagten als Mitmieter handelt, beruht dieser trotz formal unterschiedlicher Rechtsverhältnisse auf dem Gesellschaftsverhältnis. Der Senat schließt sich insofern den Ausführungen des Landgerichts an, die ungeachtet der Frage, ob der Mietvertrag formal betrachtet mit einer (Außen-)GbR oder mit den einzelnen Anwälten geschlossen wurde bzw. ob im Nachhinein von einer Vertrags-, Schuld- oder Erfüllungsübernahme auszugehen ist, Bestand haben. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
21
Sinn und Zweck der Durchsetzungssperre ist es, Hin- und Herzahlungen während des Auseinandersetzungsverfahrens zu vermeiden. Es soll stattdessen ein Gesamtausgleich zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern sowie den Gesellschaftern untereinander erfolgen (vgl. BeckOGK/Koch, 01.04.2023, BGB § 730 Rn. 36), weswegen die Durchsetzungssperre grundsätzlich umfassend gilt (BeckOGK/Koch, a.a.O., Rn. 38). Daraus lässt sich ableiten, dass es nicht allein auf eine streng formale Betrachtungsweise ankommen kann. Maßgeblich ist vielmehr, ob ein inhaltlicher Bezug zur Gesellschaft besteht, ob das Rechtsgeschäft also im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis und gerade nicht isoliert geschlossen wurde bzw. worden wäre (vgl. BGH, Urt. v. 16.09.1985 – II ZR 41/85, NJW-RR 1986, 456). Nur wenn ein Gesellschafter Beziehungen zur Gesellschaft oder anderen Gesellschaftern wie ein Dritter unterhält, ist deren Einschluss in die Durchsetzungssperre nicht gerechtfertigt (vgl. BeckOGK/Koch, 01.07.2022, BGB § 730 Rn. 38).
22
Vorliegend besteht ungeachtet der rechtlichen Einordnung keinerlei Zweifel an einer inhaltlichen Verknüpfung. Der Mietvertrag wurde geschlossen, um in den Räumlichkeiten die Anwaltskanzlei betreiben zu können. Dies ergibt sich unter anderem aus der – jedenfalls beabsichtigten – personellen Verknüpfung zwischen den Parteien des Mietvertrages und den Partnern der Anwaltskanzlei gem. § 10 des Mietvertrages. Dabei kommt es an dieser Stelle nicht entscheidend darauf an, ob aufgrund dieser Klausel tatsächlich von einer wirksamen Vertragsübernahme ausgegangen werden kann (vgl. dazu MüKo/Heinemeyer, 9. Aufl., BGB § 414 Rn. 8; Grüneberg, 81. Aufl., BGB, vor § 414 Rn. 2), sondern allein darauf, dass sämtliche Beteiligte von einer personellen und inhaltlichen Verknüpfung ausgegangen sind. Dementsprechend geht auch der Partnerschaftsgesellschaftsvertrag in seiner Präambel (ggf. rechtsirrig) davon aus, dass die Partnerschaftsgesellschaft als solche im Hinblick auf die anwaltliche Tätigkeit den Mietvertrag geschlossen hat. Die Verknüpfung war von allen Beteiligten beabsichtigt und wurde durchgehend auch entsprechend ausgeübt (z.B. indem die Partnerschaftsgesellschaft als Zahlstelle agierte). Hieran ist folglich auch im Rahmen der Auseinandersetzung festzuhalten.
23
Nichts anderes ergibt sich aus dem klageseits zitierten Urteil des BGH vom 03.04.2006 – II ZR 40/05, NJW-RR 2006, 1268. Entscheidend ist demnach, ob der Gesellschafter der Gesellschaft wie im dort zu entscheidenden Fall z.B. auf Grund eines Dienstvertrages über Beratungsleistungen in Bezug auf die geltend gemachte Forderung wie jeder dritte Gläubiger gegenübersteht. Nur dann ist es nicht einzusehen, weshalb er anders als ein außenstehender Gläubiger auf die Erfüllung seiner Forderung warten soll, bis die Schlussabrechnung feststeht. Vorliegend stand der ursprüngliche Kläger Prof. Dr. W. B1. der Gesellschaft bzw. den übrigen Gesellschaftern aber gerade nicht wieder jeder andere Gläubiger gegenüber. Es geht nicht um etwaige Dienst-, Werk- oder sonstige Leistungen, die auch ein etwaiger Dritter gegenüber der Gesellschaft/den Gesellschaftern hätte erbringen können. Dies wäre ggf. der Fall, wenn die Gesellschaft vom ursprünglichen Kläger die Kanzleiräume angemietet hätte, nicht aber, wenn – wie hier – dieselben Anwälte, die die Kanzlei betreiben wollen, zum Betrieb dieser Kanzlei Büroräume anmieten. Dass das eine Rechtsverhältnis auf dem anderen beruht, kann in einer derartigen Konstellation nicht in Zweifel gezogen werden.
24
cc) Es liegt auch kein Fall einer offensichtlichen/unstreitigen Forderung vor, für die die Durchsetzungssperre ebenfalls nicht greifen würde (vgl. dazu BeckOGK/Koch, Stand 01.04.2023, BGB Rn. 38 m.w.N.)
25
Dass die streitgegenständliche Forderung bzw. deren tatsächliche Grundlagen nicht unstreitig sind, ergibt sich bereits aus den wechselseitigen Schriftsätzen. Nicht nur der tatsächliche Sachverhalt (z.B. zu etwaigen Vertragsänderungen bzw. zu der Frage, wer wann Kenntnis von welchen Umständen hatte) ist zwischen den Parteien streitig, sondern auch die rechtliche Einordnung ist höchst umstritten. Darüber hinaus steht nicht fest, ob die Kläger zu 1) und 2) den Anspruch unabhängig von der Berechnung der Abfindung im Rahmen der Liquidationsschlussbilanz in jedem Fall für sich beanspruchen können. Es stehen zahlreiche und wiederum in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umstrittene Gegenansprüche, die z.T. bereits anderweitig rechtshängig sind, im Raum. Insofern kann auch mitnichten von einfach zu überschauenden Gesellschaftsverhältnissen gesprochen werden, die eine ausnahmsweise isolierte Geltendmachung gestatten würden.
26
dd) Entgegen der Auffassung des Erstgerichts führt die Bejahung der Durchsetzungssperre für einen etwaigen Anspruch der Klagepartei nach § 426 BGB aber nicht dazu, dass der Beklagte diesbezüglich nicht mehr passivlegitimiert ist, also nach materiellem Recht die Sachlegitimation für den streitgegenständlichen Klageanspruch nicht mehr innehat (vgl. dazu Zöller/Greger, 34. Aufl. 2022, ZPO, vor § 253 Rn. 25). An der materiell-rechtlichen Stellung als Schuldner des geltend gemachten Anspruchs ändert diese gesellschaftsrechtliche Besonderheit nichts. Die Kläger zu 1) und 2) können ihren gegen den Beklagten bestehenden Anspruch lediglich im Wege der Leistungsklage nicht mehr isoliert geltend machen.
27
2. Der vor diesem Hintergrund erstmals in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag auf Feststellung betreffend die Einstellung der streitgegenständlichen Forderung in die Auseinandersetzungsrechnung ist (auch in seiner zuletzt gestellten Form) in Verbindung mit der ebenfalls in der Berufungsinstanz erfolgten Parteierweiterung auf Klägerseite zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
28
a) Partei- und Antragserweiterung sind zulässig. Gem. § 533 ZPO ist dies der Fall, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
29
Dass an den bisherigen Tatsachenvortrag angeknüpft werden kann, ergibt sich vorliegend schon daraus, dass sich lediglich die prozessuale Einbettung des inmitten stehenden Anspruchs ändert. Der Sache nach ist immer noch über denselben Anspruch zu entscheiden. Sämtliche diesbezüglich entscheidungserhebliche Tatsachen wurden bereits erstinstanzlich vorgetragen.
30
Darüber hinaus ist auch die Sachdienlichkeit zu bejahen. Hieran fehlt es nur, wenn die Zulassung zur Beurteilung eines völlig neuen Streitstoffes nötigen würde, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden könnte. Im Mittelpunkt steht dabei der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit, wobei es maßgeblich darauf ankommt, ob und inwieweit die Zulassung geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen (vgl. Zöller/Heßler, 34. Aufl. 2022, ZPO, § 533 Rn. 6). Ebendies wird mit der vorliegenden Antrags- und Parteierweiterung erreicht. Im Einzelnen sind dabei folgende Punkte zu berücksichtigen:
31
aa) Zunächst hat die Klagepartei zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Leistungsklage, der die Durchsetzungssperre entgegensteht, in eine Feststellungsklage umzudeuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.03.2002 – II ZR 103/01, NZG 2002, 519 u. Urt. v. 05.05.2000 – II ZR 6/99, NJW 2000, 2586; Henssler/Strohn GesR/Kilian, 5. Aufl., BGB, § 730 Rn. 16). In den genannten Entscheidungen hat der BGH klargestellt, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung die Leistungsklage eines Gesellschafters, mit der er nach Auflösung der Gesellschaft einen auf das Gesellschaftsverhältnis gegründeten Zahlungsanspruch geltend macht, ohne Weiteres einen entsprechenden Feststellungsantrag enthält, in den sein Zahlungsantrag umzudeuten sei.
32
Ebendiese Situation ist vorliegend grundsätzlich gegeben. Vor diesem Hintergrund wäre auch eine Sachbehandlung nach § 522 Abs. 2 ZPO, mit der Konsequenz, dass ein erstmals in der Berufungsinstanz gestellter Hilfsantrag nach § 524 Abs. 4 ZPO analog wirkungslos geworden wäre, nicht in Betracht gekommen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 10.06.2015 – IV ZR 366/14, NJW 2015, 251; BGH, Beschluss vom 10.03.2016 – VII ZR 47/13, NJW 2016, 2508; Zöller/Heßler, 32. Aufl., ZPO, § 522 Rn. 37). Der Senat (bzw. zuvor bereits das Erstgericht) hätte auch ohne ausdrücklichen Antrag über die Feststellung entscheiden müssen, weswegen der nunmehr ausdrücklich gestellte Hilfsantrag in jedem Fall als sachdienlich anzusehen ist.
33
bb) Aus ebendiesem Grund ist auch die Parteierweiterung auf Klageseite sachdienlich. Vorliegend besteht nämlich die weitere prozessuale Besonderheit, dass zunächst nicht alle Liquidationsgesellschafter am hiesigen Verfahren beteiligt waren, was jedoch zwingend erforderlich ist, weil es sich bei dem Anspruch auf Aufstellung einer Liquidationsschlussbilanz bzw. (erst recht) auf Feststellung, dass ein bestimmter Posten in diese Bilanz aufzunehmen ist, um eine materiell-rechtlich notwendige Streitgenossenschaft handelt. Ohne den Beitritt des Klägers zu 3) wäre die Feststellungsklage mangels Prozessführungsbefugnis der Klagepartei als unzulässig abzuweisen (vgl. MüKoZPO/Schultes, 6. Aufl. 2020, § 62 Rn. 47 m.w.N.). Es müsste ein weiterer Prozess angestrengt werden.
34
Materiell-notwendige Streitgenossenschaft liegt bei einer Feststellungsklage grundsätzlich dann vor, wenn es sich um ein gemeinsames Rechtsverhältnis handelt und die gemeinsame Feststellung nur gegenüber allen Mitberechtigten/Mitverpflichteten erfolgen kann. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn es sich in Abgrenzung zur gesamtschuldnerischen Verbindindlichkeit um eine echte Gesamthandsverbindlichkeit handelt, die nur gemeinsam erfüllt werden kann oder ein gemeinschaftliches Rechtsverhältnis betrifft (vgl. MüKoZPO/Schulte, 6. Aufl., ZPO, § 62 Rn. 37).
35
Ebendies ist vorliegend zu bejahen. Die Schlussbilanz ist von sämtlichen Liquidatoren gemeinsam aufzustellen, § 10 Abs. 1 PartGG, § 150 Abs. 1 HGB. Auch im Partnerschaftsgesellschaftsvertrag wurde nichts Gegenteiliges vereinbart, vgl. dort § 16 Abs. 1. Etwas anderes mag bei einer werbenden Gesellschaft gelten, bei der mehrere Gesellschafter allein berechtigt und verpflichtet sind, die Bilanzen aufzustellen. Insofern verfängt auch der Hinweis auf das Urteil des BGH v. 10.10.1983 – II ZR 181/82, WM 1983 1279 nicht (zumal es dort um die Aufstellung der Bilanz und nicht um eine Feststellungsklage ging) und es kommt in der vorliegenden Konstellation auf die dort aufgezeigte Unterscheidung zwischen Aufstellung und Feststellung der Bilanz nicht entscheidend an (siehe dazu auch OLG München, Urt. v. 30.03.2001 – 23 U 5757/00, NZG 2001, 959).
36
Im Übrigen kann kein Wertungswiderspruch dahingehend erkannt werden, dass bei einer Leistungsklage gegen einen Gesamtschuldner grundsätzlich nur einfache Streitgenossenschaft angenommen wird, was auch bei einer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit der Parteien gilt (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 06.04.2005 – 23 U 151/00, NZG 2005, 712). Streitgegenständlich ist an dieser Stelle keine Zahlungsklage gegen einen Gesamtschuldner, sondern die Feststellung, ob eine bestimmte Forderung in die Schlussbilanz einzustellen ist. Diese Feststellung kann aus den dargelegten Gründen nur allen Liquidationsgesellschaftern gemeinsam gegenüber erfolgen.
37
b) Der Feststellungsantrag ist in seiner zuletzt gestellten Form auch nicht als Alternativantrag anzusehen, der mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig wäre (vgl. dazu MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, § 260 Rn. 22).
38
Begehrt wird die Einstellung der streitgegenständlichen Forderung in eine Auseinandersetzungsbilanz. Dabei wurde im Laufe des Berufungsverfahrens die Frage aufgeworfen, ob es sich hierbei wirklich um die Liquidationsschlussbilanz der Partnerschaftsgesellschaft (wie zunächst beantragt) oder eine Abschichtungsbilanz auf den Tod des ursprünglichen Klägers als Partnerschaftsgesellschafter handelt. Die aktuelle Antragstellung erfolgte dergestalt aus Klarstellungsgründen (siehe auch Protokoll vom 17.07.2023), um zu verdeutlichen, dass gerade nicht die Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz als neuer Streitgegenstand, sondern in jedem Fall lediglich die Feststellung der Position „Mietzinszahlung i.H.v. € 44.617,66 zzgl. Zinsen“ begehrt wird. Vor diesem Hintergrund erscheint bereits zweifelhaft, ob tatsächlich von einer in die Wahl des Gerichts gestellten alternativen Häufung zweier verschiedener Streitgegenstände ausgegangen werden kann.
39
Selbst wenn dem so wäre, wäre der Antrag aber im wohlverstandenen Parteiinteresse so auszulegen, dass beide Streitgegenstände in Eventualantragstellung zueinander stehen, wie es im Antrag vom 26.05.2023 (Bl. 341/351 d.A.) der Fall war. Dort wurde hilfsweise in klageseits festgelegter Reihenfolge (vgl. BGHZ 189, 56) zunächst die Feststellung im Rahmen einer Abschichtungsbilanz und sodann im Rahmen der Liquidationsschlussbilanz beantragt. Bereits im Schriftsatz vom 07.07.2023 (dort S. 19) hat die Klagepartei darauf hingewiesen, dass sie die Anträge in der mündlichen Verhandlung nochmals umformulieren werde, um Missverständnissen zum Streitgegenstand vorzubeugen. Dort hat sie nochmals betont, dass es sich lediglich um eine Zusammenfassung und Klarstellung handele. Eine inhaltliche Änderung der Antragsstellung, die ggf. sogar zur Unzulässigkeit des Antrags führen würde, war zur Überzeugung des Senats an dieser Stelle nicht beabsichtigt.
40
c) Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Es besteht ein Anspruch der Kläger zu 1) und 2) als Rechtsnachfolger des ursprünglichen Klägers als Mieter gegen den Beklagten – ebenfalls als Mieter – in der geltend gemachten Höhe aus § 426 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Es ist weder von einem anderweitigen Vertragsschluss, noch von einer Vertrags- oder Schuldübernahme im Außenverhältnis oder einer anderweitigen Regelung im Innenverhältnis auszugehen. Dazu im Einzelnen:
41
aa) Parteien des Mietvertrags sind auf Mieterseite die den Mietvertrag unterzeichnenden einzelnen Anwälte.
42
Dass die Partnerschaftsgesellschaft als solche bereits bei Vertragsschluss Mietpartei geworden sein könnte, wird nicht geltend gemacht und wäre auch bereits aufgrund der zeitlichen Abfolge (die Partnerschaftsgesellschaft wurde erst nach Abschluss des Mietvertrages gegründet) nicht möglich gewesen.
43
Aber auch eine GbR als Mietpartei liegt entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht vor, wobei hier allenfalls eine Außen GbR, also eine Gesellschaft, die durch ihre Vertreter nach außen hin als eigenständiges Rechtssubjekt am Rechtsverkehr teilnimmt (vgl. Grüneberg/Sprau, 82. Aufl. 2023, BGB, § 705 Rn. 33) in Betracht gekommen wäre.
44
Wer Vertragspartner geworden ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Ein Indiz für die Stellung der einzelnen Anwälte als Vertragspartner kann dabei sein, wenn diese einzeln im Vertrag genannt sind und kein auf die Gesellschaft als solche hinweisender Zusatz erfolgt ist (vgl. BeckOGK/Schmidt, 01.04.2022, BGB, § 535 Rn. 232). Auch wenn der vorliegende Vertrag durchaus einen Hinweis auf die Partnerschaftsgesellschaft und die Nutzung der Mietsache als Kanzleiräume enthält, ist dieser bereits ausweislich des Rubrums unmissverständlich zwischen den einzelnen Anwälten und gerade nicht mit der Partnerschaftsgesellschaft geschlossen worden. Auch gemäß § 10 des Mietvertrages war unmissverständlich gewollt, dass die einzelnen Anwälte Vertragspartner sind. Dies ist auch später so bestätigt und gehandhabt worden, wie sich z.B. aus der Zusatzvereinbarung aus dem Jahr 2018 (Anl. K2) ergibt. Auch dort werden ausdrücklich die einzelnen Anwälte als Mieter genannt und der Austritt eines Mieters, der zwischenzeitlich als Anwalt aus der Partnerschaftsgesellschaft ausgeschieden ist, wird dort explizit geregelt. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn der Mietvertrag nicht mit deinen einzelnen Anwälten, sondern mit einer GbR geschlossen worden wäre.
45
Vor diesem Hintergrund bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine etwaige spätere (konkludente) Vertragsübernahme durch die Partnerschaftsgesellschaft. Es ist nicht ersichtlich, dass dies dem Willen sämtlicher Vertragsparteien entsprochen hätte bb) Der Mietvertrag enthält auch eine unmissverständliche Regelung zu der Frage, wer – nach außen hin – die Miete schuldet. In Ziff. 10.1 heißt es dazu, dass die Mieter (= die einzelnen Anwälte) für alle Verpflichtungen aus dem Mietvertrag als Gesamtschuldner haften. Auch diese Regelungen lässt keinen Raum für anderweitige Auslegungen.
46
Der Rechtsauffassung des Beklagten, dass die Miete nicht von den eigentlichen Vertragspartnern, sondern von der Partnerschaftsgesellschaft geschuldet sei, kann nicht gefolgt werden. Entsprechendes lässt sich zunächst nicht aus dem Partnerschaftsgesellschaftsvertrag herleiten, auch wenn es in diesem heißt, dass der Mietvertrag mit dieser geschlossen worden sei. Der Partnerschaftsgesellschaftsvertrag ist zeitlich nach dem Mietvertrag und ohne Mitwirkung des Vermieters geschlossen worden. Er kann den Mietvertrag daher nicht ohne Weiteres abändern. Ebenso irrelevant ist in diesem Zusammenhang die tatsächliche Abwicklung des Mietvertrages mit der Partnerschaftsgesellschaft als solcher oder auch die steuerliche Handhabung. Auch wenn dem Beklagten darin zuzustimmen ist, dass im Zweifel davon auszugehen ist, dass sich die Parteien rechtskonform verhalten wollten, ist zu berücksichtigen, dass vorliegend bereits kein Zweifelsfall vorliegt. Es ist unmissverständlich eine gesamtschuldnerische Haftung aller Mieter, d.h. aller namentlich genannten Rechtsanwälte, vereinbart. Anhaltspunkte dafür, warum die Vermieterin von dieser Rechtsposition hätte abrücken wollen, sind nicht ersichtlich. Auch wenn etwaige Mietdauerrechnungen (z.B. Anl. MHP 3) oder sonstige Schreiben der Vermieterin (z.B. Anl. MHP 43) nicht ausdrücklich an die einzelnen Anwälte, sondern an die Anwaltskanzlei gerichtet waren, lässt sich hieraus ein entsprechender Erklärungsinhalt nicht ableiten. Nur weil die Kanzlei als solche als Zahlstelle aufgetreten ist, bedeutet dies nicht, dass die Parteien des Mietvertrages (insb. der Vermieter) mit einer entsprechenden Schuldübernahme einverstanden gewesen wären.
47
cc) Der ursprüngliche Kläger Prof. Dr. W. B1. hat folglich in seiner Rolle als gesamtschuldnerisch haftender Mieter den im Innenverhältnis geschuldeten Mietanteil des Beklagten an den Vermieter gezahlt. Auf die entsprechenden Ausführungen dazu im Ersturteil (UA S. 7) wird verwiesen. Weitergehende Einwendungen zur Zahlung durch den ursprünglichen Kläger persönlich und zur Anspruchshöhe sind beklagtenseits auch im Berufungsverfahren dagegen nicht vorgebracht worden.
48
Auch der im Rahmen der Berufungserwiderung erhobene Einwand, im Innenverhältnis sei etwas gänzlich anderes vereinbart, nämlich dass nicht die einzelnen Anwälte sondern wiederum die Partnerschaftsgesellschaft als solche den Mietzins schulde, weswegen ein Regress auch nur dieser gegenüber geltend gemacht werden könne, greift nicht durch. In dem Fall läge eine Erfüllungsübernahme i.S.d. § 329 BGB vor. Diese kann zwar grundsätzlich formfrei oder konkludent vereinbart werden, es bestehen vorliegend aber auch unter Würdigung aller Einzelfallumstände erhebliche Bedenken, ob hier tatsächlich ein Versprechen der Partnerschaftsgesellschaft die Mietverbindlichkeiten der einzelnen Anwälte erfüllen zu wollen, vorliegt. So kann insbesondere der Präambel des Partnerschaftsgesellschaftsvertrages kein derartiger Erklärungsinhalt entnommen werden. Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an. Selbst wenn von einer Erfüllungsübernahme auszugehen sein sollte, begründet diese für den Schuldner, also den hiesigen Beklagten, lediglich einen Befreiungsanspruch gegen den Versprechenden, also die Partnerschaftsgesellschaft (vgl. Grüneberg, 81. Aufl. 2022, BGB, § 329 Rn. 6; BeckOGK/Mäsch, 01.07.2022, BGB, § 329 Rn. 11). Der ursprüngliche Anspruch des Gläubigers wird hierdurch hingegen nicht berührt.
49
dd) Damit verbleibt es bei dem Ergebnis, dass der ursprüngliche Kläger Prof. Dr. W. B1. eine gegenüber der Vermieterin bestehende gesamtschuldnerische Leistung erbracht hat und ihm gegenüber dem Beklagten als weiteren Schuldner ein entsprechender Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB zusteht. Dieser ist aus den dargelegten Gründen in die Liquidationsbilanz einzustellen.
50
d) Dieser Posten ist nach Auffassung des Senats unmittelbar in die Liquidationsschlussbilanz der Partnerschaftsgesellschaft und nicht in eine etwaige Abschichtungsbilanz auf den Tod des ursprünglichen Klägers als maßgeblichen Stichtag einzustellen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die maßgeblichen Erwägungen unabhängig von der Frage, in welche Auseinandersetzungsrechnung der Posten einzustellen ist, Bestand haben.
51
aa) Ausgangspunkt ist dabei, dass die Beteiligung an einer Partnerschaft von Gesetzes wegen grundsätzlich nicht vererblich ist (vgl. § 9 Abs. 4 PartGG) und dementsprechend ein Anspruch auf Erstellung einer Abschichtungsbilanz bestehen mag, wenn es sich um eine werbende Gesellschaft handelt. Scheidet in einem solchen Fall ein Gesellschafter durch Tod aus, ist im Rahmen der Erstellung dieser Abschichtungsbilanz das Gesellschaftsvermögen und der sich hieraus ergebende Anteil des Verstorbenen zum genannten Stichtag zu ermitteln (vgl. Hopt/Roth, 42. Aufl. 2023, HGB, § 131 Rn. 50). Dabei erhält der Ausgeschiedene (bzw. der/die Erben des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters) für seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen das, was er bei Auflösung der Gesellschaft und Auseinandersetzung erhalten würde. Auch in der Konstellation wäre dem/den Erben die Geltendmachung einzelner Ansprüche im Wege der Leistungsklage aufgrund der bestehenden Durchsetzungssperre verwehrt. Auf sämtliche obigen Ausführungen kann daher verwiesen werden (vgl. Hopt/Roth, a.a.O. Rn. 48).
52
bb) Die hiesige Partnerschaftsgesellschaft befand sich beim Tod des ursprünglichen Klägers aber bereits in Liquidation gem. § 10 Abs. 1 PartGG, §§ 131 ff. HGB. Zweck einer Liquidationsgesellschaft ist die Abwicklung und Vollbeendigung (vgl. Grüneberg/Sprau, 82. Aufl., BGB Vorb. §§ 723 – 729 Rn. 2; Hopt/Roth, 42. Aufl., HGB § 145 Rn. 4). Auf den Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft wird in diesem Fall nach den bereits dargelegten Grundsätzen eine Liquidationsschlussbilanz erstellt, um einen Gesamtausgleich zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft herbeizuführen. Für die vorrangige Aufstellung einer Abschichtungsbilanz mit demselben Ziel auf einen zeitlich dahinter liegenden Stichtag besteht vor diesem Hintergrund keinerlei Bedürfnis.
53
cc) Nichts anderes ergibt sich aus der klageseits zitierten Fundstelle Heymann/Freitag, 3. Aufl. 2020, HGB, § 139 Rn. 11, 74. Dort wird lediglich zutreffend darauf hingewiesen, dass es im Fall der Vererbung des Anteils an einer Liquidationsgesellschaft zu einer Vererbung dieser Mitgliedschaft an sämtliche Erben zur gesamten Hand kommt. Nichts anderes folgt im Übrigen bereits aus dem Rechtsgedanken des § 727 BGB. Wenn schon der Tod eines Gesellschafters bei der GbR zur Auflösung der werbenden Gesellschaft führt, mit der Folge, dass der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft vollständig und in ihrer gesamthändischen Verbundenheit an die Stelle des verstorbenen Gesellschafters rückt (vgl. Grüneberg/Sprau, 82. Aufl., BGB § 727 Rn. 1, MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020 § 727 Rn. 14), muss entsprechendes (erst recht) gelten, wenn sich der Gesellschaftszweck bereits zuvor von werbend zur Abwicklung und Vollbeendigung gewandelt hat. Dabei spielt es nach Sinn und Zweck der Liquidationsgesellschaft auch keine Rolle, ob es sich ursprünglich um eine GbR oder – wie hier – ursprünglich um eine Partnerschaftsgesellschaft gehandelt hat.
54
3. Nach dem oben Gesagten ist über die Hilfsaufrechnung unter keinem Gesichtspunkt zu entscheiden. Die Leistungsklage ist bereits aufgrund der Durchsetzungssperre abzuweisen und das (behauptete) Bestehen etwaiger Gegenansprüche berührt die Feststellung des Hauptanspruchs als einen unselbstständigen Verrechnungsposten im Rahmen der Liquidationsschlussbilanz nicht. Dies gilt ungeachtet etwaigen weiteren Sachvortrages im Schriftsatz vom 07.07.2017. Hierauf kam es für die Entscheidung nicht an. Die diesbezüglich beantragte Schriftsatzfrist war daher nicht zu gewähren (vgl. Zöller/Greger, 34. Aufl. 2022, ZPO, § 283 Rn. 2a).
55
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Nachdem die Klagepartei ausdrücklich an ihrem Leistungsantrag festgehalten und die Feststellung(en) nur hilfsweise geltend gemacht wurde(n), erscheint eine Kostenaufhebung angezeigt.
56
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den § 708 Nr. 10, § 711 ZPO
57
3. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.