Titel:
Mietwagenkostenersatz bei Werkstattfahrzeug
Normenkette:
BGB § 249
Leitsätze:
1. Weil die Kosten für die Vorhaltung von Werkstattersatzwagen deutlich geringer sindals die mit der Haltung von Selbstfahrervermietfahrzeugen verbundenen, kann bei der Schätzung der erforderlichen Kosten für die Anmietung von Werkstattersatzwagen nicht auf die Tarife der Schwacke-Liste abgestellt werden, die von einer ordnungsgemäßen Anmietung ausgehen. Wird zur Überbrückung der reparaturbedingten Ausfallzeit des unfallgeschädigten Wagens nur ein Werkstattersatzwagen zur Verfügung gestellt, so ist daher ein fünfzigprozentiger Abschlag von den Sätzen der Schwacke-Liste veranlasst. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Abzug der Eigenersparnis ist nur dann veranlasst, wenn dem Geschädigten durch die Nichtnutzung seines Fahrzeugs einen messbaren Vorteil entsteht, der in der Regel bei einer Nutzung des Mietwagens und damit Ersparnis der entsprechenden Fahrleistung am eigenen Fahrzeug bei 1.000 km anzunehmen ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mietwagenkosten, Schwacke, Werkstattersatzwagen, Eigenersparnis
Fundstelle:
BeckRS 2023, 38029
Tenor
1. Die Beklagte wird dazu verurteilt, an den Kläger 791,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro- zentpunkten über dem Basiszinssatz zu bezahlen Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen des Klägers gegen die Firma Auto Centrum Stange GmbH wegen überhöhter, nicht dem Mietvertrag (Anlage K4/Bl. 35 d. A.) entsprechender Berechnung in der Rechnung vom 24.01.2022, Rechnungsnummer 35017-2298102 (Anlage K3/Bl. 34 d. A.).
2. Die Beklagte wird dazu verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 173,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 12.05.2023 zu bezahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 791,55 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf restlichen Schadensersatz in Form von Bruttoreparaturkosten, Mietwagenkosten und außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aus einem Verkehrsunfall vom 01.12.2021 in Anspruch.
2
Am 01.12.2021, gegen 16.45 Uhr, ereignete sich in der Bornthalerstraße in Großostheim ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Eigentümer und Fahrer des Pkw Ford Ranger, AB-GK 2504, und ein bei der Beklagten versicherter Pkw beteiligt waren. Durch den Unfall wurde das klägerische Fahrzeug nicht unerheblich beschädigt. Die Einstandspflicht der Beklagten für die dem Kläger aus dem Verkehrsunfall entstandenen Folgen ist zwischen den Parteien unstreitig, Streit besteht über die Höhe der Ansprüche.
3
Zur Feststellung seines Schadens ließ der Kläger ein Schadensgutachten erstellen. Im Zeitraum vom 17.01.2022 bis 21.01.2022 ließ er das unfallgeschädigte Fahrzeug bei der Firma Auto Centrum Stange GmbH, Kleinostheim, reparieren und mietete dort für die vorgenannte Reparaturdauer einen Ersatzwagen der Mietwagenklasse 8 an. Das geschädigte Fahrzeug ist in die Mietwagenklasse 9 eingruppiert. Wegen der Einzelheiten zum Mietvertrag wird auf Anlage K4 (Bl. 35 d. A.) und wegen der Einzelheiten zu der Mietrechnung wird auf Anlage K3 (Bl. 34 d. A.) Bezug genommen. Mit der Geltendmachung seiner Schadensersatzforderungen beauftragte der Kläger die Klägervertreter. Außergerichtlich ließ der Kläger die Beklagte anwaltlich zur Zahlung folgender Schadenspositionen auffordern:
Reparaturkosten brutto laut Reparaturrechnung
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3.466,55 €
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Mietwagenkosten brutto laut Rechnung
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852,80 €
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Sachverständigenkosten brutto laut Rechnung
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753,72 €
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Unkostenpauschale
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25,00 €
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Summe
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5.098,07 €
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4
Durch das Tätigwerden des Klägervertreters sind dem Kläger Rechtsanwaltskosten in Höhe von 627,13 € gemäß der Berechnung Seite 7 der Klageschrift (Bl. 7 d. A.) entstanden. Auf die außergerichtlichen Zahlungsaufforderungen mit anwaltlichen Schreiben vom 07.02.2022 (Anlage K8/Bl. 40 d. A.) und vom 13.07.2022 (Anlage K10/Bl. 42, 43 d. A.) regulierte die Beklagte aufforderungsgemäß mit der Maßgabe, dass sie die Reparaturkosten auf 3.377,80 € brutto und die Mietwagenkosten auf 150,00 € kürzte. Auf die Rechtsanwaltskosten bezahlte die Beklagte 453,87 €.
5
Mit seiner, der Beklagten am 11.05.2023 zugestellten Klage verfolgt der Kläger die Zahlung der Differenzbeträge weiter. Er ist der Meinung, die von ihm geforderten Beträge seien erforderlicher Teil der Wiederherstellungskosten. Das Prognose- und Werkstattrisiko gehe zulasten der Beklagten, eine Ausnahme liege nicht vor. Die Mietwagenkosten seien auch der Höhe nach erforderlich. Ob das Ersatzfahrzeug als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassen sei, sei unerheblich. Es sei jedenfalls – was unstreitig ist – als Selbstfahrervermietfahrzeug versichert gewesen. Unabhängig davon habe der Kläger als Geschädigter von dem Zulassungs- oder Versicherungsstatus des Ersatzwagens bei der Anmietung keine Kenntnis gehabt, eine Kontrollpflicht habe ihn nicht betroffen, er habe auch nicht wissen müssen, dass es einen solchen Eintrag gibt.
6
Der Kläger beantragt zuletzt,
- 1.
-
Die Beklagte wird dazu verurteilt, an den Kläger 791,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.07.2022 zu bezahlen.
- 2.
-
Die Beklagte wird dazu verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 173,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
7
Die Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
8
Die Beklagte ist der Meinung, die Reparaturkosten seien zur Wiederherstellung nur im Umfang der regulierten 3.377,80 € brutto erforderlich. Die Positionen für Schutzvorrichtungen, Sitz- und Lenkradschoner, Fußmatten, Desinfektionskosten, für Arbeit und Material, Verbringungs- und Entsorgungskosten seien nicht oder in geringerem Umfang ansetzbar.
9
Weil der Ersatzwagen unstreitig nicht als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassen gewesen sei, sei nur der Preis, der bei der Zurverfügungstellung von Werkstattersatzwagen üblicherweise gefordert werde, 30,00 € täglich, erstattungsfähig. Unabhängig davon seien Nebenkosten für die Haftungsreduzierung, für Winterreifen oder ein Navigationssystem nicht ansatzfähig und der Kläger müsse sich eine Eigenersparnis anrechnen lassen.
10
Hilfsweise macht die Beklagte in Bezug auf die Mietwagenrechnung der Firma Auto Center Stange GmbH vom 24.01.2022 (Re-Nr. 35017-2298xxx) (Bl. 34 d. A.) von ihrem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 255 ZPO Gebrauch (Bl. 64 d. A.).
11
Mit Zustimmung der Parteien hat das Gericht mit Beschluss vom 27.06.2023 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 II ZPO angeordnet.
Entscheidungsgründe
12
Die zulässige Klage ist begründet.
13
I. 1. Dem Kläger steht gegen sie Beklagte aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls ein Anspruch auf Erstattung restlichen unfallbedingten Schadensersatzes in Form von Reparaturkosten in Höhe der nicht regulierten 88,75 € auf Grundlage von §§ 7, 17 StVG, 115 VVG zu. Unstreitig ist vorliegend die dem Grunde nach volle Haftung der Beklagten für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallereignisses, Uneinigkeit besteht hinsichtlich der Erforderlichkeit einzelner Reparaturpositionen.
14
Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (sogenannte „Ersetzungsbefugnis“). Im Ausgangspunkt ist der Anspruch auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von Rechnungen gerichtet (BGH, NJW 2020, 1001). Die dem Geschädigten zur Verfügung zu stellenden Mittel müssen so bemessen sein, dass er, sofern er nur wirtschaftlich vernünftig verfährt, durch die Ausübung der Ersetzungsbefugnis nicht reicher, aber auch nicht ärmer wird, als wenn der Schädiger den Schaden gemäß § 249 Abs. 1 BGB beseitigt. Nach dem Grundsatz der subjektsbezogenen Schadensbetrachtung wird deren „erforderlicher“ Herstellungsaufwand dabei nicht nur durch Art und Maß des Schadens sowie die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch durch die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten bestimmt (BGH, NJW 2020, 1001; BGH, NJW 1975, 160). Zu berücksichtigen ist etwa auch die Abhängigkeit des Geschädigten von Fachleuten, die er zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs heranziehen muss (BGH, NJW 1975, 160). Übergibt der Geschädigte das Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-)Verschulden trifft, so sind die dadurch anfallenden Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger deshalb auch dann voll umfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt im Vergleich zu dem, was für eine entsprechende Reparatur sonst üblich ist, unangemessen sind (BGH, NJW 1975, 160). In einem solchen Fall ggf. bestehende Ansprüche des Geschädigten gegen den Werkstattbetreiber spielen nur insoweit eine Rolle, als der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs deren Abtretung verlangen kann. Das Werkstattrisiko verbleibt damit – wie bei § 249 Abs. 1 BGB – auch im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger beim Schädiger (BGH, NJW 1975, 160; BGH, NJW 2022, 539, BGH, NJW 2022, 2840).
15
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Ersatzfähigkeit der von der Beklagten angegriffenen Kosten für die Positionen „Schutzvorrichtungen Sitz- und Lenkradschoner, Fußmatten, Arbeitslohn und Material für die Fahrzeugdesinfektion, Verbringungssowie Entsorgungskosten“ nicht mit der Erwägung zu verneinen, diese Arbeiten bzw. die Ersatzteile seien nicht erforderlich gewesen. Solange dem Kläger – wofür es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte gibt – im Zusammenhang mit der Beauftragung seiner Werkstatt kein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-) Verschulden trifft, sind die ihm von seiner Werkstatt berechneten Kosten erstattungsfähig und das Werkstattrisiko verbleibt beim Schädiger bzw. seiner Haftpflichtversicherung. Die Beklagte war somit zur Nachzahlung auch der gekürzten Beträge zu verurteilen.
16
2. Der Kläger kann von der Beklagten auf Grundlage von §§ 7, 17 StVG, 115 VVG des Weiteren Schadensersatz in Form von Mietwagenkosten in Höhe der geforderten 702,80 € verlangen.
17
Bei der Beurteilung der Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten legt das Gericht als Schätzgrundlage – der ständigen Rechtsprechung im Landgerichtsbezirk Aschaffenburg folgend (zuletzt 23 S 63/16; 23 S 27/18; 22 S 60/19; 22 S 7/20; 22 S 96/22) – den im Zeitpunkt des Verkehrsunfalls geltenden Schwacke-Mietpreisspiegel, dort das arithmetische Mittel für das Postleitzahlengebiet am Ort der Anmietung, zugrunde. Die Verwendung des jeweils gültigen Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzgrundlage im Sinne von § 287 ZPO wird vom Bundesgerichtshof und auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung gebilligt bzw. für zulässig erachtet. Im Ergebnis geht das Gericht davon aus, dass der jeweils gültige Schwacke-Mietpreisspiegel weiterhin eine geeignete Schätzgrundlage darstellt, wobei damit nicht zum Ausdruck gebracht werden soll, dass es sich bei diesem um die einzig zulässige handelt. Das Gericht wird jedoch das ihm gemäß § 287 ZPO zustehende Ermessen im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung im Landgerichtsbezirk Aschaffenburg weiterhin grundsätzlich dahingehend ausüben, dass der Normaltarif auf Grundlage der jeweils maßgeblichen Schwacke-Liste ermittelt wird, solange nicht konkrete Mängel der Schätzgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2009, 58 ff). Dass andere Gerichte als Schätzgrundlage den Fraunhofer-Markpreisspiegel oder einen Mittelwert beider Markterhebungen heranziehen und dass weiterhin immer wieder Kritik allgemeiner Natur an den Werten der Schwacke-Liste geübt wird, steht der dargestellten grundsätzlichen Ermessensausübung nicht entgegen. Dem Gericht ist dabei bewusst, dass der Schwacke-Mietpreisspiegel Schwächen aufweist, diese und die weiteren erhobenen Einwände wiegen aber nicht so schwer, als dass ihm die generelle Eignung als Schätzgrundlage abgesprochen werden und von seiner Heranziehung im Rahmen von § 287 ZPO abgesehen werden müsste. Der Umstand, dass vorhandene Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können und der Hinweis auf überregional operierende Mietwagenunternehmen, deren Inanspruchnahme kostengünstiger gewesen sei, genügt ebenfalls nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen.
18
Ein Abweichen von den Tarifen des Schwacke-Automietpreisspiegels ist vorliegend deshalb veranlasst, weil das dem Kläger aufgrund des Mietvertrags vom 17.01.2022 zur Verfügung gestellte Ersatzfahrzeug nicht als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassen war. Zwar ist eine Abweichung von der Schwacke-Liste nach Auffassung der Berufungskammer dann veranlasst, wenn das vom Unfallgeschädigten entgeltlich in Anspruch genommene Ersatzfahrzeug nicht als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassen und versichert ist, sondern von dem Fahrzeugvermieter als Werkstattwagen gehalten wird. Weil die Kosten für die Vorhaltung von Werkstattersatzwagen deutlich geringer seien als die mit der Haltung von Selbstfahrervermietfahrzeugen verbundenen, könnten bei der Schätzung der erforderlichen Kosten für die Anmietung von Werkstattersatzwagen nicht auf die Tarife der Schwacke-Liste abgestellt werden, die von einer ordnungsgemäßen Anmietung ausgehen. Wird zur Überbrückung der reparaturbedingten Ausfallzeit des unfallgeschädigten Wagens nur ein Werkstattersatzwagen zur Verfügung gestellt, so ist nach Ansicht der hiesigen Berufungskammer (Urteil vom 25.03.2021, 22 S 2/19) ein fünfzigprozentiger Abschlag von den Sätzen der Schwacke-Liste veranlasst. Etwas anderes gilt aber dann, wenn unstreitig ist oder der Unfallgeschädigte nachweist, dass er von der Erforderlichkeit der ihm berechneten Mietwagenkosten ausgehen durfte. Darf der Unfallgeschädigte somit nach den gegebenen Verhältnissen im Zeitpunkt der Anmietung davon ausgehen, dass eine reguläre, ordnungsgemäße und marktgerechte Vermietung eines entsprechend zugelassenen und versicherten Fahrzeugs an ihn erfolgt, sind die Schwacke-Sätze uneingeschränkt anzuwenden. Ist für den Geschädigten andererseits erkennbar, dass außerhalb eines regulären Vermietgeschäfts ein Wagen der Werkstatt zur Verfügung gestellt wird, der grundsätzlich nicht für eine gewerbsmäßige Vermietung bereitgehalten wird, was bei Werkstätten ohne angeschlossene Fahrzeugvermietung häufig der Fall ist, so kann er entsprechend den Vorgaben der Berufungskammer nur die gekürzten Sätze der Schwacke-Liste als Erstattungsbetrag verlangen.
19
Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Kläger vorliegend den vollen im Rahmen eines regulären Vermietgeschäfts üblicherweise angesetzten Tarif ersetzt verlangen. Denn zum einen ist ein Ersatzfahrzeug gleich einem Selbstfahrervermietfahrzeug versichert; zum anderen ist der Kläger unstreitig nicht davon ausgegangen, außerhalb des regulären Vermietgeschäfts anzumieten und unstreitig musste er dies auch nicht erkennen.
20
Auf Grundlage vorstehender Grundsätze ergibt sich für ein Fahrzeug der Klasse 8 im Postleitzahlengebiet der Anmietung 638 für eine Mietdauer von fünf Tagen vom 17.01.2022 bis 21.01.2022 nach der Schwacke-Liste für das Jahr 2021, arithmetisches Mittel, folgende Abrechnung, wobei das Gericht auf Grundlage des größten im Anmietzeitraum voll erfüllten Tabellenpauschalsatzzeitraums quotelt (Landgericht Aschaffenburg, Urteil vom 11.05.2023, Az: 22 S 96/22):
5/3 3-Tages-Pauschale à 476,23 €
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793,72 €
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Winterreifen 5 x 11,01 €
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55,05 €
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CDW 5 x 24,85 €
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124,25 €
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Navi 5 x 9,27 €
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46,35 €
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Summe
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1.019,37 €
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Abzüglich Zahlung
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- 150,00 €
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Rest
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869,37 €
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21
Die Zusatzleistungen Winterreifen, Navigationssystem und CDW sind nach der ständigen Rechtsprechung des Landgerichts Aschaffenburg entgegen der Meinung der Beklagten ansatzfähig. Auf die hinlänglich bekannte Rechtsprechung wird Bezug genommen.
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Ein Abzug der Eigenersparnis ist vorliegend nicht vorzunehmen. Eine solche ist nach der neuen Rechtsprechung der Berufungskammer am Landgericht Aschaffenburg (Landgericht Aschaffenburg, Urteil vom 11.05.2023, Az.: 22 S 96/22) nur dann veranlasst, wenn dem Geschädigten durch die Nichtnutzung seines Fahrzeugs einen messbaren Vorteil entsteht, der in der Regel bei einer Nutzung des Mietwagens und damit Ersparnis der entsprechenden Fahrleistung am eigenen Fahrzeug bei 1.000 km anzunehmen ist. Die Dauer der Inanspruchnahme des Ersatzwagens ist hingegen nach der geänderten Rechtsprechung weniger relevant.
23
Gemessen daran ist ein Eigenersparnisabzug hier nicht veranlasst, weil die vor allem für die Schätzung des Vorteils maßgebliche Laufleistung von 1000 km nicht erreicht wurde und andere Umstände, die unabhängig davon einen messbaren Vorteil erkennen lassen würden, nicht gegeben sind.
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Nachdem der Kläger mit der Klage lediglich 702,80 € an Mietwagenkosten geltend macht, konnte ihm diesbezüglich dieser Betrag voll zuerkannt werden.
25
3. Der Kläger kann des Weiteren die Erstattung der restlichen, vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren verlangen. Diese gehören bei Verkehrsunfällen regelmäßig und konkret auch im gegebenen Fall zum erforderlichen Wiederherstellungsaufwand im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB, was die Beklagte nicht in Frage stellt. Der Höhe nach sind die angefallenen Rechtsanwaltskosten insoweit erstattungsfähig, als der ihrer Berechnung zugrunde gelegte Gegenstandswert dem berechtigten Forderungsbegehren entspricht und der Rechtsanwalt zu diesem Gegenstandswert mit der außergerichtlichen Vertretung beauftragt war und tätig geworden ist.
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Vorliegend hat die Beklagte Gebühren aus einem Gegenstandswert in Höhe der regulierten Summe erstattet. Unter Berücksichtigung der hier zuerkannten Differenzbeträge ergibt sich ein berechtigter Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe der vorgerichtlich geltend gemachten 5.098,07 €. Ausgehend von diesem Gegenstandswert ist die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren gemäß Seite 7 der Klageschrift (Bl. 7 d. A.) zutreffend. Die Beklagte war deshalb zur Nachzahlung in Höhe von 173,26 € zu verurteilen.
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4. Die Aussprüche zu den Zinsen folgen aus §§ 286, 288, 291 BGB.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.