Titel:
Erfolglose Nachbarklage gegen Vorbescheid - Abweichung von Abstandsflächen
Normenketten:
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BauGB § 34 Abs. 1
BayBO Art. 6 Abs. 2 S. 1, Art. 63 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Einem Nachbarn muss sich aus den Bauvorlagen - ggf. unter Heranziehung der Gründe des Bescheids und sonstiger dem Nachbarn bekannter oder für ihn ohne weiteres erkennbarer Umstände - Zweck, Sinn und Inhalt der Regelung sowie die Reichweite des genehmigten Vorhabens und dessen Nutzung so vollständig, klar und unzweideutig erschließen, dass er feststellen kann, ob und in welchem Umfang er betroffen ist und er sein Verhalten entsprechend ausrichten kann. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einem Widerspruch zwischen zeichnerischen Darstellungen und vermerkten Maßangaben kommt Letzteren grundsätzlich der Vorrang zu. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, kann zu einer Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung führen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Lage betroffener Grundstücke in einem seit langer Zeit dicht bebauten großstädtischen Innenstadtquartier, in dem allenfalls wenige Gebäude die nach heutigen Maßstäben erforderlichen Abstände zu den jeweiligen Grundstückgrenzen einhalten, kann eine besondere Atypik vermitteln, die eine Abweichung von der Einhaltung der Regelabstandsflächen gegenüber Nachbarn rechtfertigt. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage gegen Vorbescheid, Hinreichende Bestimmtheit, Gebot der Rücksichtnahme, Erdrückende Wirkung, Belichtung und Besonnung, Abweichung von Abstandsflächen, Atypik, Verschattung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 17.05.2021 – M 8 K 19.6030
Fundstelle:
BeckRS 2023, 37961
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 10.000, – Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung nach §§ 124,124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nicht vorliegen.
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1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet im Rahmen der dargelegten Zulassungsgründe keinen ernstlichen Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin kann als Nachbarin des Bauvorhabens den streitgegenständlichen Vorbescheid vom 4. November 2019 nur dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch ihrem Schutz dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist hier nicht der Fall.
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1.1. Die dem Vorbescheidsantrag zu Grunde liegenden Planunterlagen sind hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.
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Eine Rechtsverletzung des Nachbarn kommt nur in Betracht, wenn die Bauvorlagen hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Merkmale nicht hinreichend bestimmt sind und damit nicht geprüft werden kann, ob das Vorhaben nachbarschützenden Vorschriften entspricht (vgl. BayVGH, B.v. 25.7.2019 – 1 CS 19.821 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 13; B.v. 22.4.2009 – 1 CS 09.221 – juris Rn. 20). Einem Nachbarn muss sich aus den Bauvorlagen gegebenenfalls unter Heranziehung der Gründe des Bescheids und sonstiger dem Nachbarn bekannter oder für ihn ohne weiteres erkennbarer Umstände Zweck, Sinn und Inhalt der Regelung sowie die Reichweite des genehmigten Vorhabens und deren Nutzung so vollständig, klar und unzweideutig erschließen, dass er feststellen kann, ob und in welchem Umfang er betroffen ist und er sein Verhalten entsprechend ausrichten kann (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2020 – 1 CS 20.1595 – juris Rn. 3).
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Diesen Anforderungen genügt der streitgegenständlichen Vorbescheid. Der Antrag auf Zulassung der Berufung zeigt kein Verstoß gegen das Bestimmtheitserfordernis des angegriffenen Vorbescheids auf. Die dem Vorbescheid zugrundeliegenden Bauzeichnungen lassen eine Prüfung der nachbarschützenden Vorschriften – insbesondere der Abstandsflächen und des Gebots der Rücksichtnahme – zu, da sich die relevanten Abmessungen des Bauvorhabens aus den Planunterlagen direkt ablesen oder durch Maßentnahme ermitteln lassen. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach der verwendete Maßstab von 1:200 für die Bauzeichnungen und von 1:1000 für den Lageplan bei Berücksichtigung der verwendeten Vermaßungen ausreichend sind, um das abgefragte Vorhaben und dessen Kubatur hinreichend klar und unzweideutig gegebenenfalls durch Abmessen zu ermitteln und die Verletzung von Nachbarrechten auszuschließen (UA Rn. 55).
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Soweit die Klägerin einwendet, dass die Länge des Wandvorsprungs an der gemeinsamen Grundstücksgrenze widersprüchlich und deswegen nicht hinreichend klar sei, weil sich durch Abmessen in den Plandarstellungen „Grundrissvorschlag Regelgeschoss“ und „Grundrissvorschlag Erdgeschoss“ ein Wandvorsprung von 2,20 m ergebe, dieser Vorsprung dagegen im „Abstandsflächenplan“ durch Abmessen bei ca. 2,40 m liege, kann der Senat eine solche Widersprüchlichkeit nicht erkennen. Der Senat kommt übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht durch Abmessen zu dem Ergebnis, dass in allen drei genannten Plänen die Länge des gegenständlichen Wandvorsprungs 2,20 m beträgt.
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Soweit die Klägerin beanstandet, dass sich aus den Planunterlagen ebenfalls nicht mit hinreichender Bestimmtheit die gesamte Außenwandlänge des streitgegenständlichen Vorhabens an der gemeinsamen Grundstücksgrenze ermitteln lasse, da sich bei Abmessen der Pläne „Grundrissvorschlag Erdgeschoss“, „Grundrissvorschlag Regelgeschoss“ und „Abstandsflächenplan“ unterschiedliche Messungen von 4,20 m, 4,30 m und 4,40 m ergäben und die im Lageplan vermerkte Maßangabe von 14,20 m nicht eindeutig zuzuordnen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Der Senat kommt zum einen durch Abmessen der Außenwandlänge auf dem „Grundrissvorschlag Regelgeschoss“ (dünne schwarze Linie östlich der Grundstücksgrenze auf dem Grundstück der Klägerin) eindeutig zu einer Länge von 14,20 m. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass die Gesamtlänge der Kommunwand zum Nachbargrundstück im Lageplan mit 14,20 m vermaßt sei und bei einem Widerspruch zwischen zeichnerischen Darstellungen und vermerkten Maßangaben Letzteren grundsätzlich der Vorrang zukomme (vgl. VGH BW, B.v. 22.5.1997 – 8 S 1183/97 – juris Rn. 2). Darüber hinaus lässt sich die eingezeichnete Maßangabe auch eindeutig der geplanten Außenwand des Vorhabens der Beigeladenen zuordnen, da – entgegen der Äußerung der Klägerin – diese Zahlenangabe nicht nur auf dem Grundstück S. …straße …, sondern auch unmittelbar auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück FlNr. … eingezeichnet ist. Der von der Klägerin dargestellte Widerspruch besteht daher nicht.
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Den von der Klägerin dargestellten Widerspruch hinsichtlich der Baukörpertiefe des Bauteils an der T. …straße (15,60 m ausweislich des „Grundrissvorschlags Erdgeschoss“ und des „Grundrissvorschlags Regelgeschoss“; 16 m ausweislich des „Abstandsflächenplans“ und dem Schnitt B-B) kann der Senat ebenfalls nicht erkennen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, kann die Baukörpertiefe entlang der T. …straße mit hinreichender Bestimmtheit durch Abmessen mit ca. 16 m aus den insoweit kongruenten Plänen ermittelt werden (UA Rn. 62). Zudem enthält der „Grundrissvorschlag Regelgeschoss“ ausdrücklich und zuordenbar eine Maßangabe von 16 m (eingezeichnet auf dem Grundstück der T. …straße … mit einer dünnen schwarzen Linie), sodass sich selbst dann, wenn unterschiedliche zeichnerischen Darstellungen bestehen sollten – wie nicht –, hier jedenfalls die Maßangaben der Bauvorlage als verbindlich anzusehen sind, da die Abweichung der zeichnerischen Darstellung von der Maßangabe ein bestimmtes, durch Zeichenungenauigkeit zu erklärendes Ausmaß nicht überschreitet (vgl. VGH BW, B.v. 22.5.1997 – 8 S 1183/97 – juris Rn. 2).
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Die Rüge der Klägerin der fehlenden Vermaßung hinsichtlich der Balkonanbauten an der Südwestfassade des Bauvorhabens geht bereits deswegen fehl, da die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Balkone vom Regelungsumfang des Vorbescheids nicht umfasst wird. In Frage drei des Antrags auf Vorbescheid hat die Beigeladene lediglich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens hinsichtlich des dargestellten Gebäudes entlang der S. …- und T. …straße hinsichtlich der dargestellten Grundfläche und ausdrücklich ohne Balkone abgefragt.
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1.2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen, das Bauvorhaben verstoße wegen seiner erdrückenden Wirkung und einer unzumutbaren Verschattung gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
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Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens führt die Klägerin aus, sie befürchte eine erdrückende Wirkung des Bauvorhabens insbesondere wegen der Nähe zwischen dem westlich gelegenen massiven 2,2 m tiefen und 13 m hohen Wandvorsprung des streitgegenständlichen Vorhabens und dem ca. 3 m breiten befensterten Wandteil des Gebäudes der Klägerin. Diese Wand werde insbesondere für das unterste dieser Fenster eine extrem beengte Situation erzeugen und den Mindestlichteinfall gerade in den unteren Stockwerken des klägerischen Gebäudes so stark reduzieren, dass es dort zu einer nicht hinnehmbaren Verdunkelung und zu einer unzumutbaren Verschattung kommen werde.
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Das Verwaltungsgericht hat unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 17) zutreffend ausgeführt, dass es wesentlich von den jeweiligen Umständen abhängt, welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet. Es kommt für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 4 C 22.75 – BVerwGE 52, 122; U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DÖV 1981, 672). Auswirkungen sind unzumutbar, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss, überschritten wird (BayVGH, B.v. 21.1.2008 – 1 ZB 06.2304 – juris m.w.N.). Bei Ermittlung dessen, was dem Rücksichtnahmepflichtigen zuzumuten ist, ist, nachdem sich das Gebot der Rücksichtnahme aus dem Tatbestandsmerkmal des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BGB entnehmen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 11.1.1999 – 4 B 128.98 – juris Rn. 3 = NVwZ 1999, 879), auch auf die maßgebende prägende Umgebungsbebauung abzustellen (vgl. BVerwG, U.v. – IV C 9.77 – juris Rn. 33; U.v. 18.10.1974 – IV C 77.73 – BayVBl 1975, 370 = juris Rn. 23).
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Das Verwaltungsgericht hat hier eine solche Gesamtschau vorgenommen. Es hat die konkrete Grundstückssituation und die maßgebliche Umgebungsbebauung einschließlich der Bebauung auf dem klägerischen Grundstück bewertet. Dabei kam es zu dem Ergebnis, dass von dem Bauvorhaben nach den maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung, ob ein Bauvorhaben eine erdrückende bzw. abriegelnde Wirkung in Relation zu Nachbarbebauung hat – die Höhe des Bauvorhabens, seine Länge sowie der Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2012 – 2 CS 12.2290 – juris Rn. 9) – hier deswegen keine erdrückende Wirkung ausgeht, da das Bauvorhaben das klägerische Nachbargebäude sowohl von der Firsthöhe als auch von der Wandhöhe nur unbedeutend überragt. Entgegen den zulassungsrechtlichen Ausführungen der Klägerin hat das Verwaltungsgericht darüber hinaus auch die von der Klägerin maßgeblich beanstandete Brandwand, die 2,20 m südlich über die bestehende Nachbarbebauung hervorspringt, in die Gesamtschau eingestellt und im Hinblick auf die sich an der Grenze befindenden Fenster in der Hoffassade des Vordergebäudes berücksichtigt (UA Rn. 75). Es verneinte auch unter Berücksichtigung dieses Aspektes eine erdrückende Wirkung des Bauvorhabens zulasten der Klägerin und führte aus, dass trotz dieser herauskragenden Brandwand nicht von einer „schachtartigen“, unzumutbaren Situation gesprochen werden könne. Mit dem Verwaltungsgericht geht der erkennende Senat vor allem unter Berücksichtigung des Abrisses der vorhandenen, dreigeschossigen rückwärtigen Bebauung auf dem Vorhabengrundstück davon aus, dass die Beeinträchtigungen durch die Brandwand nicht das Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Die Beeinträchtigung der Klägerin wird dadurch aufgewogen, dass das südlich gelegene Rückgebäude, das sich in einem Abstand von ca. 6 m unmittelbar gegenüber der befensterten klägerischen Brandwand befindet, sowie der grenzständige Fahrradschuppen auf dem Grundstück FlNr. … abgerissen werden, wodurch vor allem die Fenster in den beiden unteren Stockwerken von Süden her deutlich besser belichtet werden.
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Auch der Einwand der Klägerin, dass der Mindestlichteinfall durch den Wandvorsprung in Kombination mit dessen Höhenentwicklung so stark reduziert werde, dass es gerade in den unteren Stockwerken zu einer nicht hinnehmbaren Verdunkelung kommen werde, vermag eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht zu begründen. Denn die Belichtung von Osten und Süden wird durch das Vorhaben gar nicht, die Belichtung von Westen durch den Versatz der Gebäude zueinander nur teilweise tangiert (UA Rn. 79), während gleichzeitig die sich im Süden befindliche und auch von den Fenstern in der Grenzwand der Klägerin zumindest teilweise einsehbare Freifläche auf dem Vorhabengrundstück deutlich vergrößert wird. Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat daher bei der erforderlichen Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalles – der Bebauungsumgriff des Bauvorhabens ist extrem dicht und massiv bebaut und weist eine verdichtete rückwärtige Umgebungsbebauung unter Verzicht auf die Bebauung auflockernde Freiflächen auf – davon aus, dass das Vorhaben nicht zu Lichtverhältnissen führen wird, die als untragbarer Zustand im Sinne eines Missstandes zu qualifizieren wären.
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Die durch das Neubauvorhaben entstehende örtliche Situation mag für die Klägerin unbefriedigend sein, „eingemauert“, „erdrückt“ oder unzumutbar verdunkelt wird sie von dem Vorhaben der Beigeladenen jedoch nicht.
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1.3. Der Senat folgt der Ansicht des Verwaltungsgerichts, das zutreffend ausgeführt hat (UA Rn. 84), dass durch das Inaussichtstellen einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO a.F. von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO a.F. wegen Überschreitens der Abstandsfläche keine Rechte der Klägerin verletzt werden.
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Unstreitig können die vom Bauvorhaben ausgelösten Abstandsflächen (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO) zum Grundstück der Klägerin hin nicht vollständig auf dem Grundstück der Beigeladenen eingehalten werden, sodass es einer Abweichung gem. Art. 63 BayBO i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO bedarf. Zulasten des klägerischen Grundstückes hält weder der östliche Teil des Bauvorhabens entlang der T. …straße noch die über die gemeinsame Grundstücksgrenze hervorkragende Brandwand die Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO ein.
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1.3.1. Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO a.F. kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen dieses Gesetzes und auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften – also auch von den Anforderungen des Art. 6 BayBO – zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Wegen der aufgenommenen Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen bedarf es nach dem Gesetz einer Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründen und den Belangen des Nachbarn.
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Die Frage, ob die Erteilung einer Abweichung von der Einhaltung der erforderlichen Abstandstiefe nach Art. 6 Abs. 5 BayBO nach Art. 63 BayBO in der seit dem 1. September 2018 geltenden Fassung und nach Einfügung des heutigen Art. 6 Abs. 1 Satz 4 BayBO noch eine atypische Situation, also eine von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung voraussetzt, ist umstritten (z.B. offengelassen: BayVGH, B.v. 10.2.2022 – 15 ZB 21.2428 – juris Rn. 36; B.v. 7.6.2021 – 9 CS 21.953 – juris Rn. 22; bejahend: BayVGH, U.v. 23.5.2023 – 1 B 21.2139 – BeckRS 2023, 17178 Rn. 26), kann vorliegend aber dahingestellt bleiben, da der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht vorliegend eine solche Atypik für gegeben hält. Eine Atypik kann sich, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hierzu mehrfach entschieden hat, etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben; auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren kann zu einer Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung führen (vgl. BayVGH, U.v. 23.5.2023 – 1 B 21.2139 – BeckRS 2023, 17178 Rn. 26; B.v. 16.7.2007 – 1 CS 07.1340 – BauR 2007, 1858; B.v. 22.9.2006 – 25 ZB 01.1004 – juris; B.v. 15.11.2005 – 2 CS 05.2817 – juris; B.v. 18.10.2005 – 1 ZB 04.1597 – juris).
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1.3.2. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO sind gegeben.
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(1) Es liegt hier eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung vor.
22
In Bezug auf die Hoffassade des Gebäudeteils an der T. …straße hat das Verwaltungsgericht in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine besondere Atypik deswegen angenommen, da die betroffenen Grundstücke in einem seit langer Zeit dicht bebauten großstädtischen Innenstadtquartier liegen, in dem allenfalls wenige Gebäude die nach heutigen Maßstäben erforderlichen Abstände zu den jeweiligen Grundstücksgrenzen einhalten. Das Verwaltungsgericht bewegt sich mit diesen fallbezogenen Ausführungen zur Atypik im Rahmen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann in besonderen städtebaulichen Lagen das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch die Zulassung einer Abweichung rechtfertigen (zum Ganzen vgl. z.B. BayVGH, B.v. 31.1.2018 – 2 ZB 16.2067 – juris Rn. 3 m.w.N.). Gerade die Lage betroffener Grundstücke in einem seit langer Zeit dicht bebauten großstädtischen Innenstadtquartier, in dem allenfalls wenige Gebäude die nach heutigen Maßstäben erforderlichen Abstände zu den jeweiligen Grundstückgrenzen einhalten, kann eine besondere Atypik vermitteln, die eine Abweichung von der Einhaltung der Regelabstandsflächen gegenüber Nachbarn rechtfertigt (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 23; B.v. 26.9.2016 – 15 CS 16.1348 – juris Rn. 34; U.v. 7.10.2010 – 2 B 09.328 – juris Rn. 34). Zudem ist hinsichtlich dieser Abstandsflächenüberschreitung den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zuzustimmen, wonach hierdurch weitestgehend lediglich der vor die Fassade auskragende Erker, welcher in Richtung des Vorhabengrundstücks nicht über Fenster verfügt, sondern der von Süden her belichtet wird, betroffen ist, sodass eine Beeinträchtigung insoweit kaum spürbar sein wird und auch die Beeinträchtigung für die betroffenen Freiflächen der Klägerin bzw. die jeweiligen Außenkanten der Balkonanlagen nur geringfügig sind (UA Rn. 102).
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Hinsichtlich der Überschreitung der Abstandsflächen durch die hervorstehende Brandwand an der gemeinsamen östlichen Grundstücksgrenze liegt die Atypik in dem außergewöhnlichen Grundstückszuschnitt begründet. Die Grundstücksgrenze knickt zwischen dem Grundstück der Klägerin und der Beigeladenen ca. 2 m vor Ende der streitgegenständlichen südöstlichen Außenwand des geplanten Vorhabens der Beigeladenen um etwa 3 m gen Osten ab. Hieraus resultierend kommt die östlich an die gemeinsame Grundstücksgrenze gebaute befensterte Brandwand der Klägerin 2,20 m hinter der faktischen rückwärtigen Baulinie entlang der S. …straße zum Liegen. Bei einer geraden Grundstücksgrenze hätte das Gebäude der Klägerin mit dem derzeit zurückspringenden grenzständigen Fassadenteil des Gebäudes der Klägerin ebenfalls bis an die südliche Grundstücksgrenze angebaut werden können, sodass dann eine einheitliche Front mit der übrigen südlichen Gebäudefassade bestanden hätte. Ein entsprechender Anbau mit einer Baukörpertiefe von 14,20 m wäre in diesem Fall für die Beigeladene unproblematisch möglich gewesen.
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(2) Die erteilte Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften ist unter Berücksichtigung des Zwecks der Abstandsflächenvorschriften und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen erfolgt.
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Soweit die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass von dem über die gemeinsame Grenze hinausragenden Wandteil des Vorhabens auch die Fenster in der grenzständigen Südfassade der hiesigen Klägerin betroffen sind und nicht nur, wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt, die Erker und die Balkonanlagen der Klägerin, weist der Senat darauf hin, dass das Verwaltungsgericht sehr wohl die Beeinträchtigung dieser Fenster berücksichtigt hat (UA Rn. 75, 79), hierbei aber entgegen der Ansicht der Klägerin davon ausgeht, dass durch die Wand weder eine unzumutbare Verschattung dieser Fenster zu befürchten sei, noch, dass aufgrund einer besonderen Belastungswirkung im konkreten Fall die Grenze zur Unzumutbarkeit überschritten worden sei. Das Verwaltungsgericht hat ebenso wie die Beklagte bei der Würdigung der geschützten nachbarlichen Belange maßgeblich in die Wertung eingestellt, dass sich die Belichtungssituation für die Klägerin wegen des Abbruchs der Hinterhofbebauung auf dem Grundstück FlNr. … und den damit einhergehenden größeren südlichen Freiflächen sogar verbessern werde. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden.
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Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Umstand, dass keine vergleichbaren wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitungen vorlägen, insofern falsch gewertet, als es diesen Umstand als nicht maßgeblich angesehen habe, in anderen Entscheidungen bei einer ähnlichen Konstellation aber selbst von einer offensichtlichen „Ungleichwertigkeit“ der jeweiligen Überschreitungen ausgegangen sei (zitiert wird der Beschluss des VG München vom 21.1.2013 – 8 SN 12.4510), übersieht, dass es sich hier nicht um einen Fall handelt, in dem sich ein Nachbar ausnahmsweise deswegen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenüber einer Baugenehmigung nicht auf die Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, weil die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2023 – 2 ZB 22.2484 – juris Rn. 8), sondern diese Erwägungen vorliegend lediglich ein Argument dafür sind, weshalb auch auf Seiten der beigeladenen Bauherrin ein Interesse an der Realisierung des Bauvorhabens in der Form, in der es tatsächlich beantragt wurde, besteht. So wie die Klägerin selbst Abstandsflächen auf dem Grundstück der Beigeladenen in Anspruch nimmt, steht dieser Anspruch auch der Beigeladenen zu. Dies hat das Verwaltungsgericht auch zutreffend ausgeführt (UA Rn. 112). Es kann daher offenbleiben, in welchem konkreten Umfang die Beigeladene bzw. die Klägerin die jeweiligen Abstandsflächen auf ihrem eigenen Grundstück nicht einhalten, soweit die wechselseitigen Überschreitungen der Abstandsflächen vergleichbar bleiben. Dies ist hier der Fall. Ob eine Abstandsflächenüberschreitung von Seiten der Klägerin von 26 m² (so die Klägerin), von 40 m² (so im Vorbescheid) oder von 70 m² (so im Abstandsflächenplan) vorliegt, ist nicht maßgeblich, da diese Werte zumindest in einem ähnlichen Rahmen liegen und damit nach Ansicht des erkennenden Senats in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht das Prinzip der Wechselseitigkeit der gegenseitigen Abstandsflächenüberschreitung bestätigen.
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Soweit die Klägerin schließlich zu bedenken gibt, dass bei Anwendung der seit dem 1. Februar 2021 geltenden Vorschrift des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 BayBO das klägerische Gebäude möglicherweise keine Abstandsflächen auf das streitgegenständliche Grundstück auslöse, da nach dieser Vorschrift Seitenwände von Vorbauten oder Dachaufbauten außer Betracht blieben, umgekehrt aber solche durch die hervorstehende Brandwand stets ausgelöst werden, sodass dann eine Vergleichbarkeit der Abstandsflächenüberschreitung in keinem Fall gegeben sei, dringt sie nicht durch. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werden Änderungen zu Lasten des Bauherrn nicht berücksichtigt, selbst wenn sie während eines laufenden Rechtsbehelfsverfahrens eintreten (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.1969 – IV C 18.67 – juris Rn. 25 = NJW 1970, 263). Nur soweit sich die Sach- und Rechtslage zugunsten des Bauherrn geändert hat, ist materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 18.1.2010 – 1 ZB 07.3187 – juris Rn. 12 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 5.10.1965 – IV C 3.65 – juris).
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(3) Schließlich ist auch die Ermessensentscheidung der Beklagten im Rahmen der Erteilung der Abweichung nicht zu beanstanden. Die Klägerin beanstandet insoweit, dass es ausweislich des streitgegenständlichen Vorbescheids der Behörde maßgeblich auf eine flächenmäßige Gleichwertigkeit der (Überschreitung der) Abstandsflächen angekommen sei. Diese liege bei richtiger Ermittlung aber gerade nicht vor. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Wie oben dargestellt, besteht nach Ansicht des Senats eine solche Vergleichbarkeit der Abstandsflächenüberschreitung, unabhängig davon, welche der von den Beteiligten ins Feld geführten Zentimeterangaben tatsächlich vorliegen. Die Beklagte hat sich in dem Vorbescheid allgemein auf das Prinzip der Wechselseitigkeit berufen, wobei die angesetzten Werte nur dazu dienen sollten, das Prinzip der Wechselseitigkeit im Gegensatz zu einer nicht vorliegenden einseitigen Belastung herauszustellen (GA Bl. 121).
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Die Beklagte hat in ihre Ermessenserwägungen vielmehr neben der wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitung alle wesentlichen konkreten Umstände des Einzelfalls ermittelt, gewertet und insbesondere die nachbarlichen Belange der Klägerin mit den Interessen der Bauherrin abgewogen. Dabei kam die Beklagte in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis, dass die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und an eine ausreichende Belichtung der Wohn- und Aufenthaltsräume auf dem Grundstück der Klägerin gewahrt bleiben.
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2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Denn sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d.h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigende Schwierigkeiten und es handelt sich auch nicht um einen besonders unübersichtlichen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen ist, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen wird. Vielmehr ist der Rechtsstreit im tatsächlichen Bereich überschaubar und die entscheidungserheblichen rechtlichen Fragen sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Soweit die Klägerin Schwierigkeiten bei der Klärung der Frage sieht, ob die dem Vorbescheidsantrag zur Konkretisierung beigelegten Planunterlagen noch ausreichend sind, um hinreichend bestimmt beurteilen zu können, ob bzw. inwiefern Nachbarinteressen betroffen sind, kann diese Frage unter Anwendung bereits ergangener Rechtsprechung (vgl. oben Ziffer 1.1.) ohne weiteres beantwortet werden.
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3. Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.
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Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, diese höchstrichterlich oder – bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen – durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt und über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist (vgl. BayVGH, B.v.12.10.2010 – 14 ZB 09.1289 – juris). Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig sowie entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2018 – 9 ZB 16.2323 – juris). Hier ist es bereits fraglich, ob die Klägerin in zulassungsrechtlich ausreichender Weise eine Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert hat.
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Soweit der Senat die Ausführungen in der Berufungszulassungsbegründung dahingehend versteht, dass die Klägerin die Frage für klärungsbedürftig hält, ob Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 BayBO n.F. auf Erker und Balkonanlagen anzuwenden ist, die aufgrund ihrer Anordnung wie ein versetzter Wandteil wirken, wäre diese Frage jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Denn das Verwaltungsgericht hat es offengelassen, ob aufgrund der veränderten, für die Beigeladene günstigeren Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung zumindest hinsichtlich der Balkonanlagen keine Abweichung von den Vorgaben des Abstandsflächenrechts mehr erforderlich wäre und ob die Balkonanlage überhaupt ein Vorbau im Sinne von Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 BayBO n. F. darstellt (UA Rn. 88). Allein der Umstand, dass es aufgrund der Aktualität dieser Vorschrift hierzu bislang noch keine Rechtsprechung gibt, genügt den Anforderungen der Darlegungspflicht im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht. Gleiches gilt für die so verstandene (vgl. § 88 VwGO) „grundsätzlich klärungsbedürftige“ Frage, ob die Tatsache, dass die östliche Außenwand des Bauvorhabens über die gemeinsame Grundstücksgrenze hinausragt, gegebenenfalls die Anwendung von Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 BayBO n.F. hindert. Auch diese Frage kann vorliegend offenbleiben.
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Schließlich mag die so verstandene Frage (vgl. § 88 VwGO), ob die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO nach der Einfügung von Art. 6 Abs. 1 Satz 4 BayBO noch eine atypische Situation voraussetzt, obergerichtlich nicht geklärt sein. Diese Frage ist hier aber ebenfalls nicht entscheidungserheblich, nachdem das Verwaltungsgericht diese Frage offengelassen hat und auch der Senat das Vorliegen einer atypischen Situation bejaht (vgl. oben Ziffer 1.3.2.), sodass sich diese Frage auch in einem Berufungsverfahren nicht stellen würde.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Im Berufungszulassungsverfahren sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen in der Regel nicht aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei aufzuerlegen (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – BayVBl 2002, 378). Ein Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.
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Die Streitwertentscheidung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 47, 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022) und entspricht der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung, die von den Beteiligten nicht infrage gestellt wurde.
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5. Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).