Inhalt

VGH München, Beschluss v. 04.12.2023 – 24 CS 23.1947
Titel:

Beschwerde: Erfolgloser einstweiliger Rechtsschutz gegen Widerruf von Waffenbesitzkarten

Normenketten:
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, § 45 Abs. 2
Leitsatz:
Um den Anforderungen des § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO zu genügen, muss sich der Beschwerdeführer jeweils gegen konkrete Argumente und Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts wenden. Der Beschwerdeführer muss im Einzelnen aufzeigen, in welchen Punkten und weshalb die angefochtene Entscheidung aus seiner Sicht nicht tragfähig und überprüfungsbedürftig ist; hieraus muss sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses und die Notwendigkeit seiner Aufhebung ergeben. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf der Waffenbesitzkarten, waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, rechtskräftige Verurteilung wegen einer gemeingefährlichen Straftat zu 60 Tagessätzen, Beschwerde, Beschwerdebegründung, angefochtene Entscheidung, Auseinandersetzung, Argumente, Schlussfolgerungen
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 17.10.2023 – AN 16 S 23.1969
Fundstelle:
BeckRS 2023, 37895

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 4.750,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 13. September 2023, mit dem seine Waffenbesitzkarten widerrufen wurden sowie die dazugehörigen Nebenbestimmungen.
2
Der Antragsteller ist seit 1997 Inhaber einer gelben Waffenbesitzkarte Nr. … und einer grünen Waffenbesitzkarte Nr. …, welche beide am 28. August 1997 erteilt wurden und in denen insgesamt sieben Waffen eingetragen sind.
3
Anlässlich der Mitteilung der Kriminalpolizeiinspektion … vom 14. Juni 2023 wurde dem Landratsamt … (nachfolgend: Landratsamt) bekannt, dass der Antragsteller mit rechtskräftigem Urteil vom 24. März 2021 vom Amtsgericht … wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden war. Laut rechtsmedizinischem Gutachten vom 19. November 2020 sei der Antragsteller aufgrund der Einnahme von Psychopharmaka fahruntüchtig gewesen.
4
Nach erfolgter Anhörung widerrief das Landratsamt mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13. September 2023 die Waffenbesitzkarten des Antragstellers (Nr. 1) und gab ihm auf, seine Schusswaffen und Munition unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen (Nr. 2). Es verpflichtete den Antragsteller ferner, die Waffenbesitzkarten binnen einer Frist zurückzugeben (Nr. 3) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nummern 2 und 3 des Bescheides an (Nr. 4). Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde die Sicherstellung der Waffen (Nr. 5) bzw. ein Zwangsgeld (Nr. 6) angedroht. Der Antragsteller sei angesichts der rechtskräftigen Verurteilung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Alt. 2 WaffG waffenrechtlich unzuverlässig. Gründe für einen atypischen Ausnahmefall lägen nicht vor.
5
Der Antragsteller hat hiergegen am 28. September 2023 Klage erhoben (Az.: AN 16 K 23.1970), über die das Verwaltungsgericht Ansbach noch nicht entschieden hat. Seinen zugleich gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. Oktober 2023 abgelehnt. Der Bescheid sei nach summarischer Überprüfung rechtmäßig. Die Zuverlässigkeit des Antragstellers sei nicht mehr gegeben, folglich sei der Widerruf nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu Recht erfolgt. Mit der rechtskräftigen Verurteilung des Antragstellers vom 24. März 2021 zu 60 Tagessätzen sei der Tatbestand der Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Alt. 2 WaffG erfüllt, da es sich bei der Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c StGB um eine gemeingefährliche Straftat handele. Ein Ausnahmefall, der von der Regelvermutung absehen ließe, sei nicht gegeben. Es sei unbeachtlich, dass der Antragsteller seine Fahrerlaubnis zwischenzeitlich wiedererlangt habe, ebenso wie der Umstand, dass diese Tat seine einzige strafrechtliche Auffälligkeit darstelle und zudem keinen Waffenbezug aufweise. Auch spiele keine Rolle, dass die Strafzumessung die unterste Grenze der Regelvermutung darstelle und sich der Antragsteller etwaiger waffenrechtlicher Auswirkungen der Verurteilung nicht bewusst gewesen sein möge. Ebenso wenig könne der Vortrag berücksichtigt werden, der Antragsteller sei von der behandelnden Ärztin nicht auf eine Fahruntüchtigkeit bei Einnahme der verschriebenen Medikamente hingewiesen worden, da sich ein entsprechender Warnhinweis aus den Beipackzetteln ergebe. Zudem habe der Antragsteller am Tattag erstmals ein neues Medikament eingenommen, sodass es nahegelegen hätte, abzuwarten, ob das neue Medikament vertragen werde, bevor eine Teilnahme am Straßenverkehr erfolge. Mit der Rechtmäßigkeit des Widerrufs erwiesen sich auch die Folgeanordnungen als voraussichtlich rechtmäßig.
6
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter und wiederholt zur Begründung seine erstinstanzlichen Ausführungen.
7
Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
8
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
9
1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn sie ist unzulässig. Die Begründung genügt bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO).
10
Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das bezieht sich auf die für das Begehren maßgeblichen Tatsachen und ihre rechtliche Bewertung. Dabei geben die Gründe der angefochtenen Entscheidung den Beschwerdegründen den Inhalt vor, die Dichte der geforderten Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung orientiert sich an deren inhaltlicher Dichte (Happ in Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 146 Rn. 22a m.w.N.). Eine ausreichende Auseinandersetzung verlangt, dass der Beschwerdeführer aufzeigt, wo und weshalb die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus seiner Sicht überprüfungsbedürftig ist. Hierfür muss er die Begründung des Verwaltungsgerichts aufgreifen und konkret darlegen, weshalb er diese für unrichtig hält (vgl. BayVGH, B.v. 22. 8.2002 – 1 CS 02.1547 – juris Rn. 17). Dabei muss er sich jeweils gegen konkrete Argumente und Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts wenden (Kaufmann in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2020, VwGO § 146 Rn. 14 m.w.N.). Der Beschwerdeführer muss im Einzelnen aufzeigen, in welchen Punkten und weshalb die angefochtene Entscheidung aus seiner Sicht nicht tragfähig und überprüfungsbedürftig ist; hieraus muss sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses und die Notwendigkeit seiner Aufhebung ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2019 – 11 CS 19.1837 – juris Rn. 10).
11
Das Vorbringen des Antragstellers wird diesen Anforderungen nicht gerecht, da er lediglich sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, ohne sich mit den Gründen des angegriffenen Beschlusses zu befassen.
12
Das Verwaltungsgericht hat in seinen Beschlussgründen ausgeführt, dass die Waffenbesitzkarten des Antragstellers als Erlaubnisse nach dem Waffengesetz gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Alt. 2 des Waffengesetzes i.d.F. d. Bek. vom 11. Oktober 2002 (WaffG, BGBl I S. 3970), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl I S. 1328), zu widerrufen waren, da mit der rechtskräftigen Verurteilung des Antragstellers vom 24. März 2021 wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen nachträglich Tatsachen eintreten sind, die zur Versagung hätten führen müssen. Der Antragsteller hat sich unter Berücksichtigung dieser Tatsache als unzuverlässig erwiesen und nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts liegen keine Gründe vor, die eine Ausnahme von der Regelvermutung rechtfertigen könnten.
13
Mit diesen Feststellungen setzt sich der Antragsteller im Rahmen seiner Beschwerde nicht auseinander, zumal sich das Verwaltungsgericht mit dem vom Antragsteller bereits erstinstanzlich vorgetragenen und im Rahmen der Beschwerdebegründung erneut vorgebrachten Umständen ausführlich befasst hat: So sei weder zu berücksichtigen, dass der Antragsteller seine Fahrerlaubnis zwischenzeitlich wiedererlangt habe, noch, dass es sich bei der Verurteilung um seine einzige strafrechtliche Auffälligkeit handelt, die keinen Bezug zum Waffenrecht hat. Ebenso hat das Verwaltungsgericht den Vortrag gewürdigt, der Antragsteller sei nicht explizit von der behandelnden Ärztin auf eine mögliche Fahruntüchtigkeit hingewiesen worden, da es ihn diesbezüglich auf die Notwendigkeit, vor Einnahme eines neuen Medikaments den Beipackzettel zu lesen, verweist. Auch das Vorbringen, die Tat liege bereits über drei Jahre zurück, hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 WaffG, die lediglich erfordern, dass seit dem Eintritt der Rechtskraft fünf Jahre noch nicht verstrichen sind, für nicht durchgreifend befunden.
14
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
15
3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013.
16
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).