Titel:
rechtmäßige Ausweisung wegen Gewaltstraftaten und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Normenkette:
AufenthG § 53 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 3a, Abs. 4
Leitsätze:
1. Bei Straftaten, die zumindest durch eine Suchterkrankung gefördert wurden, kann nicht von einem Wegfall der für die Ausweisung erforderlichen Wiederholungsgefahr ausgegangen werden, solange der Ausländer nicht eine einschlägige Therapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung eines künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat, insbesondere indem er sich außerhalb des Straf- oder Maßregelvollzugs bewährt hat. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verwaltungsgerichte sind weder an straf- oder strafvollstreckungsgerichtliche Entscheidungen über die Aussetzung der (Rest-)Freiheitsstrafe bzw. Maßregel noch die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Prognosen gebunden. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausweisung wegen Gewaltstraftaten und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Gefahrenprognose, (keine) ausreichend lange Bewährung außerhalb des Straf- und Maßregelvollzugs, Strafaussetzung zur Bewährung, Ausweisung (auch) aus generalpräventiven Gründen, symptomatischer Zusammenhang zwischen Rauschmittelkonsum und Anlassdelikt, Interessenabwägung, Ausweisung, erhöhter Ausweisungsschutz
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 30.03.2023 – M 12 K 22.457
Rechtsmittelinstanzen:
VGH München, Beschluss vom 09.01.2024 – 10 ZB 24.13
BVerfG Karlsruhe, Beschluss vom 18.04.2024 – 2 BvR 29/24
Fundstelle:
BeckRS 2023, 37890
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2022 weiter. Mit diesem Bescheid wurde er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, ein unter der Bedingung der Straffreiheit sowie Alkohol- und Drogenabstinenz auf (zuletzt) drei, andernfalls fünf Jahre befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen und ihm die Abschiebung aus der Haft in den Kosovo angekündigt bzw. im Fall der Entlassung und nicht fristgerechten Ausreise angedroht.
2
Die Berufung ist nicht wegen – hier allein geltend gemachter – ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn die Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätten (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33). Dies ist jedoch nicht der Fall.
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Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass dem zuletzt durch das Landgericht München I am 21. Januar 2021 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilten Kläger ein erhöhter Ausweisungsschutz nach § 53 Abs. 3, 3a und 4 AufenthG nicht zustehe und von ihm im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine erhebliche Wiederholungsgefahr der Begehung weiterer (Gewalt-)Straftaten, insbesondere gegen die Schutzgüter Leben und körperliche Unversehrtheit, ausgehe; sein persönliches Verhalten stelle daher gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (§ 53 Abs. 1 AufenthG) dar. Daneben bestünden auch erhebliche generalpräventive Gründe für die Ausweisung, da ein besonderes Bedürfnis bestehe, durch die Ausweisung des Klägers andere Ausländer von ähnlichen Straftaten, insbesondere gegen die körperliche Unversehrtheit sowie aus dem Bereich der Betäubungsmitteldelikte, abzuhalten.
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Zur Gefahrenprognose des Verwaltungsgerichts wird von Klägerseite im Wesentlichen eingewandt, bei dem nach Jugendstrafrecht verurteilten Kläger habe das Strafgericht eine Reifeverzögerung festgestellt. Durch seine positive Entwicklung seit der Untersuchungshaft habe er eine ausreichende Nachreifung bewiesen. Er habe sich aufgrund einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit der Tat von seinem früheren Umfeld distanziert, ein Antiaggressionstraining absolviert, erfolgreich eine Drogentherapie abgeschlossen, ein Ausbildungsverhältnis begonnen und trotz des schweren Schicksalsschlages durch den Unfall seines Bruders seit nunmehr 17 Monaten (seit seinem freien Ausgang ab April 2022) in Freiheit bewährt. Diese positive Entwicklung habe das Verwaltungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt. Das Resozialisierungsziel sei beim Kläger erreicht. Eine Rückfallgefahr bestehe bei ihm, der nach seiner Haft als Erstverbüßer eine komplette Kehrtwende in seinem Leben vollzogen habe, nicht mehr. Damit werden jedoch keine durchgreifenden Fehler des Verwaltungsgerichts bei seiner Gefahrenprognose aufgezeigt.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, U.v. 12.4.2021 – 10 B 19.1716 – juris Rn. 64; U.v. 12.10.2020 – 10 B 20.1795 – juris Rn. 28; U.v. 30.10.2012 – 10 B 11.2744 – juris Rn. 34; BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 18).
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Nach diesem Maßstab geht vom Kläger nach Auffassung des Senats auch zum aktuellen Zeitpunkt eine Wiederholungsgefahr schwerer Straftaten insbesondere gegen die körperliche Unversehrtheit aus. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht aus dem Verhalten des Klägers in der Vergangenheit unter Berücksichtigung der von ihm begangenen Straftaten eine hohe Rückfallgefahr angenommen. Es hat dabei zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger bei der Anlasstat am 18. Februar 2019 dem (Haupt-)Geschädigten mit einem Messer erhebliche und lebensgefährliche Verletzungen zugefügt hat und es allein aufgrund glücklicher Umstände nicht zum Tod des Geschädigten gekommen ist. Es hat weiter zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger nur wenige Wochen vor dieser Tat wegen gefährlicher Körperverletzung in vier tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen bereits zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zur Bewährung verurteilt worden war und dabei mit erheblicher krimineller Energie wehrlosen und körperlich unterlegenen Personen unter anderem Tritte gegen den Kopf versetzt hat. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht mit Blick auf den bei der anzustellenden Gefahrenprognose geltenden gleitenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab davon ausgegangen, dass bei einem Rückfall des Klägers in sein von einer geringen Hemmschwelle gekennzeichnetes, äußerst gewalttätiges Verhaltensmuster mit erneuten Gefahren für die höchstrangingen Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen zu rechnen wäre, was die Anforderungen an die Eintrittswahrscheinlichkeit einer erneuten Rechtsgutverletzung deutlich absenkt.
7
Da das Strafgericht bei der anlassgebenden Verurteilung vom 21. Januar 2021 einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem Betäubungsmittelkonsum des Klägers (Cannabis, Kokain) und den abgeurteilten Straftaten bejaht hat, hat das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zu Recht angenommen, dass bei Straftaten, die – wie hier – durch eine Suchterkrankung zumindest gefördert wurden, von einem Wegfall der für die Ausweisung erforderlichen Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden kann, solange der Ausländer nicht eine Drogen-, Alkohol- oder sonst einschlägige Therapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung eines künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat, insbesondere indem er sich außerhalb des Straf- oder Maßregelvollzugs bewährt hat (stRspr des Senats, vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 4.12.2023 – 10 B 23.963 – Rn. 31, noch nicht veröffentlicht; U.v. 12.4.2021 – 10 B 19.1716 – juris Rn. 73; U.v. 3.2.2015 – 10 B 14.1613 – juris Rn. 32). Diese Voraussetzungen sieht der Senat zum Zeitpunkt seiner Entscheidung auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Zulassungsverfahren noch nicht als erfüllt. Der Kläger hat den Maßregelvollzug erst mit der Aussetzung der weiteren Vollstreckung seiner durch das Strafurteil vom 21. Januar 2021 angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mit Wirkung zum 5. Oktober 2022 zur Bewährung verlassen. Die Dauer der Führungsaufsicht sowie der Bewährungszeit wurde mit Beschluss des Amtsgerichts D. vom 16. September 2022 auf drei Jahre (Höchstdauer) festgesetzt und dem Kläger unter anderem eine sogenannte Abstinenzweisung (§ 68b Abs. 1 Nr. 10 StGB, mit regelmäßigen Kontrollen) und eine Vorstellungsweisung (einmal monatlich bei der forensischen Ambulanz des kbo Isar-Amper-Klinikums; § 68b Abs. 1 Nr. 10 StGB) erteilt. Angesichts dessen durfte das Verwaltungsgericht ohne Rechtsfehler auch unter Berücksichtigung der vom Kläger zutreffend angeführten positiven Entwicklung seit seiner Inhaftierung, dem erfolgreichen Abschluss der Therapiemaßnahme im Rahmen der Maßregel zum 4. Oktober 2022 sowie anschließenden Bewährung in Freiheit feststellen, dass die nach Abschluss der Therapie in Freiheit verbrachte Zeitspanne bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts, aber auch bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats über den Zulassungsantrag, noch nicht ausreicht, eine relevante Wiederholungsgefahr im konkreten Fall zu verneinen. Dass der Kläger bereits so gefestigt wäre, dass ein Rückfall in alte Verhaltensmuster bereits zum jetzigen Zeitpunkt hinreichend sicher ausgeschlossen werden könnte, vermag auch der Senat nach ca. einem Drittel der festgesetzten Führungsaufsichts- und Bewährungszeit nicht zu erkennen.
8
Dieser für den Kläger nach wie vor noch negativen Gefahrenprognose steht nach zutreffender Einschätzung des Verwaltungsgerichts auch nicht der Umstand entgegen, dass die weitere Vollstreckung der Restjugendstrafe aus dem Strafurteil vom 21. Januar 2021 sowie der angeordneten Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Auch wenn straf- oder strafvollstreckungsgerichtlichen Entscheidungen über die Aussetzung der (Rest-)Freiheitsstrafe bzw. Maßregel grundsätzlich eine wesentliche Indizwirkung im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr zukommt, sind die Verwaltungsgerichte weder an diese Entscheidungen noch die diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Prognosen gebunden (BVerfG, B.v. 6.12.2021 – 2 BvR 860/21 – juris Rn. 19; B.v. 19.10.2016 – 2 BvR 1943/16 – juris Rn. 21; BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 18; zuletzt BayVGH, U.v. 4.12.2023 – 10 B 23.963 – Rn. 31, noch nicht veröffentlicht). Unabhängig davon, dass das Amtsgericht D. im Beschluss vom 16. September 2022 strafbewehrte Weisungen zum Nachweis der Abstinenz des Klägers von Alkohol und Drogen mit engmaschigen regelmäßigen Kontrollen und eine ambulante Betreuung und Nachsorge durch die forensische Ambulanz des kbo Isar-Amper-Klinikums angeordnet und damit zum Ausdruck gebracht hat, dass der Kläger noch für eine längere Zeit einer engmaschigen Kontrolle in der Führungsaufsicht bedarf, ist die Einschätzung, der Kläger mache (inzwischen) einen gefestigten Eindruck (Amtsgericht) bzw. habe eine komplette Kehrtwende in seinem Leben vollzogen (Klägerseite), durch die in der Zwischenzeit begangenen, nicht unerheblichen wiederholten (Verkehrs-)Ordnungswidrigkeiten sowie die Straftat im Straßenverkehr zumindest etwas relativiert. So hat die Beklagte in ihrer Erwiderung im Zulassungsverfahren zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger beginnend ab April 2022 während der Führungsaufsicht und einem anhängigen Ausweisungsverfahren mehrere erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen, die mit zwei befristeten Fahrverboten und Bußgeldern geahndet wurden, sowie am 3. Juni 2023 eine mit Strafbefehl des Amtsgerichts München geahndete Straftat des fahrlässigen Fahrens trotz Fahrverbots (§ 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVG) begangen hat, was gegen die behauptete Nachreifung spricht.
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Der weitere Einwand der Klägerseite, auch generalpräventive Gründe könnten die angefochtene Ausweisung nicht rechtfertigen, weil eine generalpräventive Ausweisung jedenfalls unverhältnismäßig sei, greift ebenfalls nicht durch. Soweit unter Verweis auf eine Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (B.v. 13.5.2022 – 3 A 844/20 – juris Rn. 20) schon die grundsätzliche Möglichkeit der Annahme eines generalpräventiven Ausweisungsinteresses in Zweifel gezogen wird, weil es sich bei den Straftaten um sogenannte Hangtaten handle, ist dies nicht geeignet, im Fall des Klägers die Annahme erheblicher generalpräventive Gründe ernstlich in Zweifel zu ziehen. Zum einen hat die Beklagte in ihrer Erwiderung zutreffend darauf hingewiesen, dass das Sächsische Oberverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung unter „Hangtaten“ (lediglich) Taten versteht, denen kein rational gesteuertes Verhalten zugrunde liegt, was bei den abgeurteilten Straftaten des Klägers aber nicht festgestellt worden ist. Zum anderen schließt ein symptomatischer Zusammenhang zwischen Rauschmittelkonsum und Anlassdelikt im Sinne von § 64 StGB nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die Annahme (auch) eines generalpräventiven Ausweisungsinteresses nicht etwa von vornherein aus (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 1.12.2022 – 19 ZB 22.1538 – juris Rn 52; U.v. 4.12.2023 – 10 B 23.963 – Rn. 36, noch nicht veröffentlicht). Schließlich wurde der Kläger bereits mit Urteil des Amtsgerichts München vom 11. Dezember 2018 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in mehreren Fällen verurteilt, wobei ein solcher symptomatischer Zusammenhang gerade nicht festgestellt worden ist.
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Zu Recht ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass bei der nach § 53 Abs. 1 AufenthG erforderlichen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das öffentliche Ausweisungsinteresse die privaten Bleibeinteressen des Klägers überwiegt. Die Rüge, die Abwägung des Verwaltungsgerichts sei fehlerhaft, weil es den längeren Zeitraum nach den abgeurteilten Straftaten mit der festgestellten positiven Entwicklung des Klägers, seinem glaubhaften Einstellungswandel und die deshalb zumindest erheblich reduzierte Wiederholungsgefahr nicht hinreichend berücksichtigt sowie seine vollständige Entwurzelung vom Kosovo verkannt habe, greift nicht durch. Zum einen geht vom Kläger nach Auffassung des Senats auch zum aktuellen Zeitpunkt noch eine relevante Wiederholungsgefahr schwerer Straftaten insbesondere gegen die körperliche Unversehrtheit aus, zum anderen besteht auch ein entsprechendes schwerwiegendes generalpräventives Ausweisungsinteresse (siehe oben). Das Verwaltungsgericht ist zutreffend auch davon ausgegangen, dass sich der Kläger in der Vergangenheit weder beruflich noch sozial nachhaltig im Bundesgebiet integriert hat; erst ab September 2022 hat er eine Ausbildung aufgenommen. Nicht ernstlich in Zweifel gezogen wird durch das Zulassungsvorbringen weiter die Annahme des Verwaltungsgerichts, dem Kläger sei eine Rückkehr in den Kosovo zumutbar. Insbesondere wird durch die Klägerseite nicht nachvollziehbar dargelegt, dass er vom Kosovo vollständig entfremdet bzw. „entwurzelt“ ist. Der Kläger besitzt unstreitig jedenfalls mündliche albanische Sprachkenntnisse, kennt den Kosovo zumindest von Urlaubsreisen und hat dort noch Verwandte, zu denen ein Kontakt als erster Anlaufpunkt wiederhergestellt werden kann. Es ist auch davon auszugehen, dass er Albanisch in Wort und Schrift innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit in ausreichendem Umfang wieder erlernen kann. Seine in Deutschland lebende Familie könnte ihn jedenfalls in der Anfangszeit zudem finanziell unterstützen. Vor diesem Hintergrund ist die Bewertung des Erstgerichts, der Kläger sei als junger und gesunder Mann in der Lage, sich im Kosovo eine Existenzgrundlage aufzubauen und seinen Lebensunterhalt zumindest als ungelernte Kraft mit einfacher Arbeit selbst zu bestreiten, letztlich nicht zu beanstanden. Die Gesamtwürdigung des Verwaltungsgerichts der für und gegen eine Aufenthaltsbeendigung beim Kläger sprechenden Umstände ist somit auch im Ergebnis fehlerfrei.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
12
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.