Titel:
Erfolgloser Eilantrag der Nachbarn gegen Kinderspielplatz
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, Abs. 7 S. 2, § 146
BauGB § 31 Abs. 2
BImSchG § 22 Abs. 1a
Leitsätze:
1. Bei einer Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots (§ 31 Abs. 2 BauGB). Nachbarrechte werden in diesem Fall nur dann verletzt, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da der sog. Gebietsbewahrungsanspruch auf der durch eine Baugebietsfestsetzung wechselseitigen Eigentumsbindung beruht, besteht ein von konkreten Beeinträchtigungen unabhängiger gebietsübergreifender Schutz der Nachbarn vor (behaupteten) gebietsfremden Nutzungen im lediglich angrenzenden Plangebiet grundsätzlich nicht. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zu berücksichtigen sind nur die Auswirkungen der bestimmungsgemäßen Nutzung einer Einrichtung. Missbräuchliche Nutzungen sind dem Anlagenbetreiber ausnahmsweise nur dann zurechenbar, wenn er durch die Ausgestaltung der Anlage einen relevanten Anreiz für ihre rechtswidrige Inanspruchnahme geschaffen und diesem Anreiz nicht in angemessener und zumutbarer Weise entgegengewirkt hat. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
4. Gegen eine dem Anlagenbetreiber nicht zurechenbare unerlaubte Nutzung öffentlicher Einrichtungen ist mit den Mitteln des Sicherheits- und Polizeirechts einzuschreiten. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorläufiger Rechtsschutz, Beschwerde gegen Abänderungsentscheidung, Nachbarklage gegen Kinderspielplatz, Rücksichtnahmegebot, Befreiung, gebietsübergreifender Gebietsbewahrungsanspruch, missbräuchliche Nutzung, Anspruch auf Erlass eines Bebauungsplans
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 06.07.2023 – AN 9 S 23.1215
Fundstelle:
BeckRS 2023, 37858
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Antragstellerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, wendet sich gegen eine von der Antragsgegnerin als Bauordnungsbehörde deren Servicebetrieb öffentlicher Raum (SöR) erteilte Baugenehmigung vom 24. März 2023 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 13. Juni 2023 zur Errichtung eines Kinderspielplatzes. Das Vorhabengrundstück liegt südöstlich der Wohnanlage der Antragstellerin und befindet sich im Geltungsbereich eines anderen Bebauungsplans als das Grundstück der Antragstellerin. Von der Einhaltung der für das Vorhabengrundstück geltenden Planfestsetzungen „öffentliche Grünfläche, Bolzplatz und Parkplätze“ wurde eine Befreiung erteilt.
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Nachdem das Verwaltungsgericht einem Antrag der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gegen den ursprünglichen Baugenehmigungsbescheid zunächst stattgegeben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage angeordnet hatte, hat es diese Entscheidung auf Antrag der Antragsgegnerin gemäß § 80 Abs. 7 VwGO mit dem hier streitgegenständlichen Beschluss vom 6. Juli 2023 geändert. Aufgrund des Erlasses der Tekturgenehmigung vom 13. Juni 2023 lägen die Voraussetzungen nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht mehr vor. Die Baugenehmigung sei nunmehr hinreichend bestimmt, der Nutzerkreis der Anlage sei auf Kinder zwischen 3 und 14 Jahren festgelegt worden. Eine befürchtete Nutzung durch Jugendliche und junge Erwachsene sei nicht Gegenstand der Baugenehmigung. Das Grundstück der Antragstellerin und das des streitgegenständlichen Vorhabens befänden sich nicht in einem einheitlichen Plangebiet; Anhaltspunkte für einen intendierten planübergreifenden Nachbarschutz lägen nicht vor. Das Gebot der Rücksichtnahme werde durch die erteilte Befreiung voraussichtlich nicht verletzt, da angesichts der Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG nicht erkennbar sei, dass die von dem Vorhaben zu erwartende Lärmentwicklung unzumutbar sein könnte. Es handle sich nicht um einen Abenteuer- oder Aktivspielplatz und die Abstände zur Wohnbebauung der Antragstellerin seien erheblich, so dass nicht von einem atypischen Ausnahmefall ausgegangen werden könne.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
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Sie macht insbesondere sinngemäß geltend, mit der Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans werde hier dessen erforderliche, förmliche Änderung umgangen. Infolgedessen werde sowohl ihr Anspruch auf Beteiligung und gerechte Abwägung ihrer Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB in einem solchen Verfahren „abgeschnitten“ als auch eine notwendige Umweltprüfung unterlassen. Der Wegfall von Parkplätzen und die drohende missbräuchliche Nutzung führe zu einem städtebaulichen Missstand, der eine Planungspflicht der Gemeinde begründe. Bei dem streitgegenständlichen Spielplatz handle es sich um das größte Spielgelände in der Umgebung; es sei nicht nur wegen seiner Größe, sondern auch wegen der Lage (Seebereich, große Grünanlage) und der Ausstattung mit attraktiven Spielgeräten mit einem großen Besucherandrang und zunehmendem Parkdruck in der Umgebung der Wohnanlage der Antragstellerin zu rechnen. Ein vorgeschlagener Alternativstandort („Hundezone“) sei von der Antragsgegnerin abgelehnt worden. Im Bebauungsplan aus dem Jahr 1981 sei am Vorhabenstandort etwas völlig anderes vorgesehen und dies sollte „störungsfrei“ in Bezug auf Anwohner sein. Die zu erwartenden Belastungen für die Nachbarschaft seien nicht ausreichend berücksichtigt worden, es sei unrealistisch, dass das Aufstellen von Hinweisschildern mit den genehmigten Nutzungszeiten deren Einhaltung bewirke. Die zahlreichen Sitzpodeste als „Aufenthaltsort“ seien auch für Erwachsene und ältere Jugendliche geeignet, weshalb eine Nutzung durch Gruppen während der Nachtzeit zu befürchten sei. Hinzu komme, dass keinerlei Toilettenanlagen vorgesehen seien und es daher zur „Verrichtung der Notdurft“ entlang der Grundstücksgrenze zur Antragstellerin kommen könne.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 6. Juli 2023 (AN 9 S 23.1215) abzuändern und den Antrag der Antragsgegnerin auf Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 24. Mai 2023 im Verfahren AN 9 S 23.556 abzulehnen,
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weiter den Erlass eines „Hängebeschlusses“, dass mit den Bauarbeiten nicht begonnen werden dürfe, solange über die Beschwerde der Antragstellerin vom Senat nicht entschieden worden sei.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Eine Rechtsverletzung durch die Erteilung der Befreiung scheide mangels Lage des Grundstücks der Antragstellerin im Plangebiet aus und ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass im Rahmen der Entscheidung über die Befreiung keine Abwägungsentscheidung im Sinne von § 1 Abs. 7 BauGB getroffen werde. Die Problematik einer bei Einzelbauvorhaben im Plangebiet fehlenden Abwägung bzw. Öffentlichkeitsbeteiligung werde im Rahmen der Befreiungsentscheidung nach § 31 Abs. 2 BauGB dahingehend gelöst, dass Grundzüge der Planung nicht berührt sein dürften. Die Befreiung zugunsten eines Spielplatzes sei rechtmäßig erteilt. Streitgegenständlich sei die Baugenehmigung für einen Spielplatz für Kinder bis 14 Jahre, befürchteten Verstößen gegen die genehmigte Nutzung und die Nutzungszeiten sei mit den Mitteln des Ordnungsrechts zu begegnen. Geschaffene Sitzgelegenheiten für Eltern bzw. Erwachsene änderten nichts am Nutzungszweck. Auch schon jetzt befänden sich, wie in Grünanlagen üblich, Bänke in unmittelbarer Nähe des Grundstücks der Antragstellerin.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Abänderungsantrag der Antragsgegnerin nach § 80 Abs. 7 VwGO zu Recht stattgegeben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 24. März 2023 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 13. Juni 2023 abgelehnt. Die von der Beschwerde fristgerecht vorgetragenen Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 1, 3 VwGO), auf deren Prüfung § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Senat beschränkt, rechtfertigen die beantragte Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage der Antragstellerin mangels Verletzung nachbarschützender Rechte voraussichtlich erfolglos bleiben, so dass ihr Interesse an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegenüber dem Vollzugsinteresse der Bauherrin nachrangig ist.
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1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin verletzt die mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) von der planerischen Festsetzung „öffentliche Grünfläche – Parkplatz“ und „öffentliche Grünfläche – Bolzplatz“ zugunsten eines Spielplatzes für Kinder im Alter zwischen 3 und 14 Jahren keine zumindest auch ihrem Schutz dienenden Rechte.
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Der Umfang des Rechtsschutzes eines Nachbarn bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB hängt davon ab, ob die jeweiligen Festsetzungen dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist. Bei einer Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen richtet sich der Nachbarschutz lediglich nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots (§ 31 Abs. 2 BauGB). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 9.4.2021 – 9 CS 21.553 – juris Rn. 20 m.w.N.; B.v. 11.11.2021 – 9 ZB 21.2434 – juris Rn. 5).
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Letzteres ist hier der Fall, weil die Antragsgegnerin nicht von nachbarschützenden Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans befreit hat.
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Zwar betrifft die streitgegenständliche Befreiung Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, welche im Grundsatz nachbarschützend sind (vgl. z.B.: Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand 1. Mai 2023, § 31 Rn. 69 a m.w.N.), allerdings gilt dies nur dann, wenn sich sowohl das Vorhabengrundstück als auch das Nachbargrundstück – anders als hier – in demselben Plangebiet befinden. Da der sog. Gebietsbewahrungsanspruch auf der durch eine Baugebietsfestsetzung wechselseitigen Eigentumsbindung beruht, besteht ein von konkreten Beeinträchtigungen unabhängiger gebietsübergreifender Schutz der Nachbarn vor (behaupteten) gebietsfremden Nutzungen im lediglich angrenzenden Plangebiet grundsätzlich nicht (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2007 – 4 B 55.07 – NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 18.2.2020 – 15 CS 20.57 – juris Rn. 18 m.w.N.). Eine ausnahmsweise planerische Intention, planübergreifend Gebietsbewahrungsansprüche zu begründen, ist vorliegend nicht ersichtlich. Dass die Gemeinde im Falle einer Bauleitplanung bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie bei der Abwägung selbst (§ 1 Abs. 7 BauGB) Belange zu berücksichtigen hätte, die ein benachbartes Plangebiet betreffen, führt für sich gesehen nicht zur Annahme eines baugebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruchs. Insoweit fehlt es an dem spezifischen bauplanungsrechtlichen Grund für ein solches Abwehrrecht, nämlich dem Bestehen einer bau- und bodenrechtlichen Schicksalsgemeinschaft der betroffenen Grundstückseigentümer (vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2020, a.a.O., Rn. 18). Mangels eines gebietsübergreifenden Gebietsbewahrungsanspruchs beurteilt sich der Nachbarschutz vorliegend daher – wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist – (nur) nach dem Rücksichtnahmegebot.
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Die von dem Vorhaben ausgehenden, zu erwartenden Lärmimmissionen sind indes unter Würdigung der Privilegierung gemäß § 22 Abs. 1a BImSchG zumutbar und verstoßen nicht gegen das Rücksichtnahmegebot.
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Geräuscheinwirkungen, die u.a. von Kinderspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind nach § 22 Abs. 1a BImSchG im Regelfall keine schädlichen Umwelteinwirkungen, sondern als sozialadäquat hinzunehmen und grundsätzlich nicht unzumutbar (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 CE 15.1140 – juris Rn. 18; B.v. 12.2.2020 – 15 CS 20.45 – juris Rn. 17; VGH BW, U.v. 23.5.2014 – 10 S 249/14 – juris Rn. 28 f.). Zu den von Anliegern im Regelfall zu duldenden Geräuscheinwirkungen zählen nicht allein solche, die durch kindliche Laute sowie durch körperliche Aktivitäten der Kinder hervorgerufen werden; ebenso gehören hierzu das Sprechen und Rufen von Betreuerinnen und Betreuern sowie das Nutzen kindgerechter Spielgeräte wie einer zum Standard der Ausgestaltung eines Kinderspielplatzes gehörenden Seilbahn (vgl. BVerwG, B.v. 5.6.2013 – 7 B 1.13 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 22.8.2013 – 15 ZB 12.1984 – juris Rn. 21). Die Frage, ob vom Betrieb eines Kinderspielplatzes herrührende Geräuscheinwirkungen über den Rahmen des Üblichen hinausgehen und damit nicht als Regelfall der Nutzung im Sinne von § 22 Abs. 1a BImSchG zu verstehen sind, kann nur auf der Grundlage einer abwägenden, die Umstände des konkreten Falles berücksichtigenden Beurteilung beantwortet werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.6.2013, a.a.O., Rn. 9). Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nur auf das streitgegenständliche Vorhaben am vorgesehenen Standort und nicht auf einen Vergleich mit Alternativstandorten an. Das Verwaltungsgericht hat unter Bewertung der vorgesehenen Spielgeräte das Vorliegen eines Ausnahmefalls zutreffend verneint. Allein der Verweis auf die räumliche Ausdehnung des Spielplatzes am Rande des weitläufigen Naherholungsgebietes rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung auf außergewöhnliche Geräuscheinwirkungen durch die Spielplatznutzung.
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Zu berücksichtigen sind nur die Auswirkungen der bestimmungsgemäßen Nutzung der Einrichtung. Missbräuchliche Nutzungen sind dem Anlagenbetreiber ausnahmsweise nur dann zurechenbar, wenn er durch die Ausgestaltung der Anlage einen relevanten Anreiz für ihre rechtswidrige Inanspruchnahme geschaffen hat und diesem Anreiz nicht in angemessener und zumutbarer Weise entgegengewirkt hat (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2023 – 9 ZB 22.266 – juris Rn. 9; B.v. 3.8.2015 – 22 CE 15.1140 – juris Rn. 22 m.w.N.). Allein die Eignung einer missbräuchlichen Nutzung genügt insoweit nicht (BVerwG, B.v. 29.5.1989 – 4 B 26.89 – juris). Die Antragsgegnerin hat vorliegend keinen besonderen Anreiz für eine widmungswidrige Nutzung geschaffen. Mit dem Hinweis auf die Nutzungsbedingungen und -zeiten des Spielplatzes wird in angemessener Weise einer irregulären Inanspruchnahme entgegengewirkt. Es reicht nicht jede Ausstattung eines Spielplatzes mit adäquaten Spielgeräten, um bereits daraus eine Anreizwirkung abzuleiten, sondern die Ausstattung muss zu einer regelwidrigen Nutzung geradezu „einladen“. Die Schaffung von Sitzgelegenheiten kann nicht als besonderer Anreiz für eine widmungswidrige Nutzung eingestuft werden, da sie dem Aufenthalt insbesondere von begleitenden Eltern oder anderen Aufsichtspersonen dienen (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2015, a.a.O. Rn. 24; U.v. 6.2.2015 – 22 B 12.269 – Rn. 62).
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Gegen eine dem Anlagenbetreiber nicht zurechenbare unerlaubte Nutzung öffentlicher Einrichtungen ist mit den Mitteln des Sicherheits- und Polizeirechts einzuschreiten (vgl. BVerwG, B.v. 29.5.1989 – 4 B 26.89 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 23.1.2015 – 22 ZB 14.42 u.a. – Rn. 69 m.w.N.); dies gilt ebenso für eine seitens der Antragstellerin befürchtete, unerlaubte Verrichtung der Notdurft in öffentlichen Grünanlagen. Unzumutbare Auswirkungen verkehrlicher Art durch den Betrieb des streitgegenständlichen Spielplatzes sind trotz des Wegfalls von 12 Stellplätzen unter Berücksichtigung des im Übrigen fortbestehenden öffentlichen Parkplatzes nicht ersichtlich. Außerdem hätte sich wohl auch die Verwirklichung des bauplanerisch festgesetzten Bolzplatzes nicht als vollkommen „störungsfrei“ dargestellt.
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2. Entgegen ihrer Ansicht hat die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf Aufstellung eines (geänderten) verbindlichen Bauleitplans. Dies ergibt sich bereits aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB. In der Rechtsprechung ist überdies geklärt, dass kein subjektiver Anspruch auf Planung, Planänderung oder auf bestimmte Festsetzungen in Bauleitplänen besteht (vgl. BVerwG, B.v. 2.9.2009 – 4 BN 16.09 – juris Rn. 12; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2023, § 1 Rn. 184). Dass aus Sicht der Antragstellerin eine (abermalige) Abwägung ihrer Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB erstrebenswert ist, ändert daran nichts. Soweit sie in diesem Zusammenhang außerdem geltend macht, die Planungshoheit der Antragsgegnerin sei hier aufgrund eines ihrer Auffassung nach entstehenden „städtebaulichen Missstands“ eingeschränkt, weil „durch den Wegfall dringend notwendiger Parkplätze“ und durch „die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung des Geländes Konflikte im öffentlichen Raum und mit der Nachbarschaft entstehen können“, begründet auch dieser Vortrag keinen Anspruch auf Erlass eines weiteren Bebauungsplans. Denn auch wenn sich das Planungsermessen der Gemeinde ausnahmsweise zu einer objektiv-rechtlichen Planungspflicht verdichten kann, wenn qualifizierte städtebauliche Gründe von besonderem Gewicht vorliegen (vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2003 – 4 C 14.01 – BVerwGE 119, 25-45 = juris), mag dies im Einzelfall aufsichtsrechtliche Maßnahmen rechtfertigen, ein subjektiver Anspruch des Bürgers wird dadurch jedoch nicht begründet (vgl. Reidt in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 9. Aufl. 2022, Erforderlichkeit von Bauleitplänen, Rn. 6.30). Was schließlich die von der Antragstellerin vermisste Umweltprüfung gemäß § 2 Abs. 4 BauGB betrifft, enthält auch die Verpflichtung an den Plangeber (§ 2 Abs. 4 Satz 1 BauBG), eine Umweltprüfung durchzuführen, kein drittschützendes Verfahrensrecht (vgl. HessVGH B. v. 20.3.2018 – 3 A 2514/16.Z – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 28.8.2007 – 14 ZB 07.627 – juris Rn. 7), aus dem sich ein entsprechender Anspruch zugunsten der Antragstellerin ableiten ließe.
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Durch die Entscheidung über die Beschwerde hat sich der weitere Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung (sogenannter „Hänge- bzw. Schiebebeschluss“) erledigt (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2019 – 15 CS 19.2048 – juris Rn. 32).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die im Beschwerdeverfahren keine Einwände erhoben worden sind.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).