Titel:
Überbrückungshilfe IV – hier Verneinung eines coronabedingten Umsatzrückgangs
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
BayHO Art. 53
GG Art. 3
Leitsätze:
1. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt hinsichtlich der Voraussetzungen der Gewährung der Überbrückungshilfe IV ist gemäß der geübten Verwaltungspraxis der beklagten IHK der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde, sodass neuer Tatsachenvortrag und die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant sind, weil bzw. wenn und soweit die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet werden. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die möglicherweise erhöhte (verfahrensmäßige) Fürsorgebedürftigkeit eines einzelnen Antragstellenden hat zugunsten der quasi „objektiven“, materiellen/finanziellen Fürsorgebedürftigkeit einer Vielzahl von Antragstellenden, denen ein existenzbedrohender Liquiditätsengpass drohen würde, wenn ihnen nicht zeitnah staatliche Zuwendungen in Form von Corona-Soforthilfen gewährt werden, zurückzutreten. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
3. Umsatzeinbrüche aufgrund von auslaufenden Verträgen und aufgrund von Investitions- und Nachfragerückgängen bei Kunden sind wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art. (Rn. 52 und 55 – 61) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versagungsgegenklage, Ablehnung eines Antrags auf Gewährung der Corona-Überbrückungshilfe, Überbrückungshilfe IV, Phase 5, Werbebranche, Anbieter digitaler Werbe- und Informationssysteme sowie Videoboards, Einbruch bei Auftragseingang und Umsatz, strittige Coronabedingtheit des Umsatzrückgangs, Nach- und Fernwirkungen der Coronapandemie nicht ausreichend, kein Anspruch auf Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe, maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Entscheidung der Behörde über den Förderantrag, nachträgliches Vorbringen irrelevant, Förderung in vorhergehenden Zeiträumen mangels Vergleichbarkeit irrelevant, Nichterfüllung der Vorgaben der Förderrichtlinie gemäß der Verwaltungspraxis, keine Auslegung der Richtlinie durch das Gericht, Plausibilisierung der geübten Verwaltungspraxis, ständige Verwaltungspraxis, keine Relevanz der Förderpraxis in anderen Bundesländern, keine Ermessensfehler oder Willkür, kein atypischer Ausnahmefall, keine sachwidrige Differenzierung, keine Gleichbehandlung im Unrecht, kein Anspruch auf richtlinienwidrige Gewährung der Corona-Überbrückungshilfe, Corona-Überbrückungshilfe, digitale Werbe- und Informationssysteme, kleine und mittelständische Unternehmen, Vorbehalt, Umsatzeinbrüche, Verwaltungspraxis, Billigkeitsleistung, Zuwendungsrichtlinie, intendiertes Ermessen, Coronabedingtheit, Ungleichbehandlung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 37706
Tenor
I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin, die in der Werbebranche tätig ist und als Dienstleister digitale Werbe- und Informationssysteme anbietet sowie Videoboards vermarktet, begehrt eine Corona-Überbrückungshilfe IV gemäß der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 6. Mai 2022, Az. 33-3560-3/210/1 (BayMBl. Nr. 278) – im Folgenden: Richtlinie Überbrückungshilfe IV – in Höhe von 263.006,43 EUR für Umsatzrückgänge in den Monaten Januar bis Juni 2022.
2
Mit Online-Antrag vom 1. Juni 2022 (Antragsdatum: 9.6.2022) beantragte die Klägerin eine Überbrückungshilfe in Höhe von 263.006,43 EUR. Als Branche gab sie durch den prüfenden Dritten an: Sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Tätigkeiten a. n. g. Die angegebenen Umsatzeinbrüche seien coronabedingt.
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Mit vorläufigem Bescheid vom 16. Juni 2022 wurde der Klägerin eine Überbrückungshilfe IV auf der Grundlage von Art. 53 BayHO, der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften und der Richtlinie Überbrückungshilfe dem Grunde nach für den beantragten Zeitraum vorläufig gewährt und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid ergehe ausschließlich, um die mit Ablauf des befristeten Rahmens der Europäischen Kommission am 30. Juni 2022 endende Frist für die Gewährung von Überbrückungshilfe zu wahren. Die Festsetzung stehe unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung der Antragsberechtigung und Berechnung der Anspruchshöhe. Es bestehe insofern kein Vertrauensschutz, Überbrückungshilfe IV endgültig zu erhalten.
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Der prüfende Dritte gab auf Rückfrage der Beklagten am 18. November 2022 unter anderem an: Ursächlich für die Umsatzeinbrüche sei gewesen, bei auslaufenden Verträgen aus der Vor-Corona-Zeit die durch die Pandemie eingeschränkte Möglichkeit, neue Verträge abschließen zu können. Trotz der mittlerweile gelockerten Situation seien vor allem regionale Kunden nicht bereit gewesen, Vertriebsmitarbeiter als Externe in ihrem Unternehmen zu empfangen. Größere Unternehmen hielten sich aufgrund unsicherer Lage (Öffnungszeiten, termingerechtes Arbeiten, weitere Lockdowns) ihre Werbeetats weiterhin zurück. Die Klägerin habe dargelegt, dass die Umsatzeinbrüche ausschließlich durch die Coronapandemie und die damit verbundenen gesetzlichen Regelungen bedingt seien.
5
Mit Ablehnungsbescheid vom 25. April 2023 lehnte die beklagte IHK für München und Oberbayern den Antrag der Klägerin auf Gewährung eine Überbrückungshilfe IV als Billigkeitsleistung gemäß der Richtlinie Überbrückungshilfe IV ab (Nr.1). Dieser Bescheid ersetzte vollständig die Haupt- und Nebenbestimmungen des vorangegangenen Bescheides vom 16. Juni 2022, der allein zur beihilferechtlichen Fristwahrung ergangen sei (Nr. 2). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß Nr. 2.1 Satz 3 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV sei eine Antragsberechtigung nur gegeben, wenn der Umsatzeinbruch im Förderzeitraum coronabedingt sei. Eine konkrete und individuelle Einschränkung durch coronabedingte Umstände sei zu versichern. Nach Nr. 1.2 der FAQ des Bundes müsse für jeden Fördermonat ein coronabedingter Umsatzeinspruch nachgewiesen werden. Nicht als coronabedingt gälten beispielsweise Umsatzeinbrüche, die zurückzuführen seien auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art oder die sich erkennbar daraus ergäben, dass sich Umsätze bzw. Zahlungseingänge lediglich zeitlich verschöben. Die ausgeführten Umstände zur Darlegung eines coronabedingten Umsatzrückgangs würden dem Maßstab an die Begründung der Coronabedingtheit nicht gerecht. Die Klägerin begründe den Umsatzeinbruch mit Verträgen, die ausgelaufen seien. Des Weiteren sei schwierig, neue Verträge abzuschließen, da die Kunden keine Personen in die Unternehmen lassen möchten und von Budgetkürzungen betroffen seien. Die vorgetragenen Gründe fielen unter den allgemeinen Investitionsrückgang der Kunden in die Leistungen der Klägerin und den Rückgang an Kunden bzw. Aufträgen. Dass die rückläufigen Investitionen der potenziellen Kunden der Klägerin in ihre Tätigkeit auf der Pandemie beruhten, begegne Zweifeln. Die Entscheidung zur Investition habe im beantragten Zeitraum nicht nur von der Pandemie abgehangen, sodass der Grund für das Ausbleiben nachzuweisen gewesen sei. Dieser Nachweis sei nicht erbracht worden. Als Angehöriger der Branche sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Tätigkeiten seien Schwankungen wie in den Monaten Januar und Juni 2022 regelmäßig und könnten kompensiert werden. Denn die Klägerin sei aufgrund der Tätigkeit in der Branche Angehöriger eines sogenannten Boombranche, die erfahrungsgemäß überwiegend coronaunabhängig wirtschafte. Der erforderliche Nachweis einer besonderen individuellen Einschränkung sei nicht erbracht worden. Die Überbrückungshilfe IV sei nach Nr. 1 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV eine außerordentliche Wirtschaftshilfe, mit der Unternehmen gefördert werden sollten, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Coronapandemie erlitten hätten. Dieser Zweck werde nicht mehr erreicht, wenn Umsatzausfälle ausgeglichen würden, die auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art zurückzuführen seien. Der Investitionsrückgang und die in Inanspruchnahme und Nachfrage von Kunden nach den angebotenen Unternehmensleistungen seien eine Verschiebung im Konsumverhalten und seien Teil dieses Risikos. Das Unternehmen sei auch nicht selbst von Schließungsanordnungen betroffen gewesen. Die bestehenden Zweifel am Fehlen des auf Corona beruhenden Umsatzrückgangs hätten nicht ausgeräumt werden können. Damit seien die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe IV nicht erfüllt.
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Es entspreche der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, den Antrag entsprechend abzulehnen. Bei haushaltsrechtlich relevanten Ermessensentscheidungen über die Erteilung und Aufhebung von Bewilligungsbescheiden verpflichte Art. 7 BayHO zur sorgfältigen Beachtung des Gebots der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel. Gründe, die gegen diese Entscheidung sprächen oder eine Abweichung von der regelmäßigen Entscheidungspraxis begründen würden, seien nicht ersichtlich.
7
1. Die Klägerin erhob Klage gegen die streitgegenständliche Ablehnung und ließ zur Klagebegründung durch ihren Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 27. Juni 2023 im Wesentlichen ausführen: Die bewilligende Stelle habe bei der Bescheidung des Antrags der Klägerin Kriterien herangezogen, die unter keinem rechtlichen Aspekt unter Berücksichtigung der FAQ zur Überbrückungshilfe IV vertretbar seien. Überdies sei ein anspruchsbegründender Ermessenfehler der Beklagten gegeben. Das Unternehmen der Klägerin sei in der Werbebranche tätig. Für die Monate Januar 2022 bis Juni 2022 habe die Klägerin im Rahmen ihres Antrags auf Überbrückungshilfe IV Fixkosten in Höhe insgesamt 263.006,43 EUR geltend gemacht. Das Geschäftsmodell der Klägerin sei weder saisonabhängig, noch könne die Rede von inhärenten Schwankungen sein. Die bereits Anfang 2020 begonnene Pandemie und ihre Folgen (Einschränkungen etc.) habe die Klägerin sogar noch verstärkt als Anbieterin von Werbeinhalten in 2022 existenzgefährdend belastet. Die Klägerin habe darauf hingewiesen, dass die Umsatzeinbußen kausal zu den Schließungsanordnungen und Beschränkungen der Kundinnen und Kunden des Unternehmens gewesen seien, mithin die Klägerin selbst nur eingeschränkt angebotsfähig gewesen sei. Die Klägerin sei in ihrem Geschäftsfeld in Branchen tätig gewesen, die von den staatlichen Schließungsanordnungen nachweislich betroffen gewesen seien. Im Annex sei die Betroffenheit aufgrund der stellenweisen Ruhendstellungen und/oder fehlende Neuverträge in der Werbebranche impliziert gewesen. Die stark eingeschränkten Möglichkeiten bis hin zur Unmöglichkeit der Kundinnen und Kunden des Unternehmens ihre eigenen Angebote auf dem Markt zur Verfügung zu stellen, hätten Ausgaben für das Bewerben von Produkten und Dienstleistungen obsolet gemacht.
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Die 15. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung sei zum 27. Januar 2022 angepasst und in der Presse bekannt gemacht worden. Die Zugangsbeschränkungen 2G für Ladengeschäfte mit Kundenverkehr seien seinerzeit in mehreren Ländern gerichtlich beanstandet worden. Das Land Bayern habe diese Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umgesetzt und die Zugangsbeschränkungen 2G für Ladengeschäfte aufgehoben. Ein hoher Schutz sei im gesamten Einzelhandel jedoch weiterhin gefordert gewesen. Da für die Kundinnen und Kunden eine strenge FFP2-Maskenpflicht und eine Begrenzung der zulässigen Kundenzahl (sogenannte 10-qm-Regel) gegolten habe. Die Zugangsregelungen seien dann im Vergleich zum Januar 2022 aufgelockert worden, jedoch nicht gänzlich, was die geringe Umsatzsteigerung zwischen Januar 2019 und Februar 2019 erläutere, jedoch aufgrund der weiter bestehenden Zugangsbeschränkungen ebenso erläutere, weshalb die Umsatzeinbußen im Februar 2022 im Vergleich zum Februar 2019 bestanden hätten. Schwankungen der Finanzierungskosten seien wegen abnehmender Darlehensstände und verschiedenen Fälligkeiten mit Zinsen für diverse betriebliche Darlehen einhergegangen.
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Dass es sich bei den unstreitigen Umsatzrückgängen nicht um coronabedingte Umsatzrückgänge handele, sei eine unter keinem erdenklichen Gerichtspunkt haltbare rechtliche Auffassung und somit schlicht rechtsfehlerhaft und ermessensfehlerhaft. Eine derartige Handhabung und Anwendung der Förderrichtlinien sei unter keinem rechtlichen Aspekt nur ansatzweise rechtlich vertretbar. Von der Beklagten sei nur ausgeführt worden, dass Zweifel durch die Ausführung der Klägerin nicht ausgeräumt seien, obwohl der Umsatzeinbruch im Vergleich zu 2019 bereits nachweislich dargestellt worden sei und keine transparente Ermittlung zur Ermessensentscheidung der Beklagten erfolgt sei. Sofern gefordert werde, dass jede Kundin und jeder Kunde eine Versicherung dazu hätte machen müssen, weshalb keine weiteren Verträge verlängert oder neu abgeschlossen worden seien (nämlich aus coronapandemischen Gründen), übersteige dies wohl den Rahmen des Möglichen. Seitens der Beklagten werde nur die Behauptung aufgestellt, dass der Investitionsrückgang als Verschiebung des Konsumverhaltens zu bezeichnen sei. Dies entspreche nicht dem Untersuchungsgrundsatz des § 24 VwVfG. Es dürften keine unerfüllbaren Beweisforderungen gestellt werden. Sollte die Voraussetzung der Bewilligung der Überbrückungshilfe sein, dass jeder Cent der Umsatzeinbußen ausschließlich und im vollen Umfang seitens aller Antragstellerinnen und Antragssteller beweisbar nachgewiesen werden müsse, werde es faktisch dazu führen, dass keine Bewilligung ergehen werde, da der nahtlose Beweis nicht möglich sein werde. Sinn und Zweck der Überbrückungshilfe würde dann gegen Null gehen, wenn dies als allgemeine Praxis durch die Gerichte bestätigt werden würde. Die Beklagten unterscheide nicht zwischen Nachweisen und Beweisen. Die Umsatzeinbrüche im Januar 2022 bis März 2022 seien nicht durch allgemeine wirtschaftliche Faktoren hervorgerufen. Die Negativvoraussetzungen lägen allesamt nicht vor, sodass die Klägerin an einem Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung habe. Die Klägerin sei ihrer Darlegungslast zu den coronabedingten Umsatzeinbrüchen nachgekommen. Die Beklagte habe sich mit den Ausführungen der Klägerin erkennbar nicht auseinandergesetzt.
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Zur weiteren Klagebegründung ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 4. September 2023 noch im Wesentlichen weiter vorbringen: Die Beklagte entscheide ohne Prüfung des Einzelfalls mit einer pauschalen Formulierung über die Ablehnung des Antrags, mithin willkürlich. So würden Kriterien herangezogen, die nach dem Maßstab der FAQ nicht ausschlaggebend seien. Zu vergleichen seien die Monate des Antragsjahres und die jeweiligen Vergleichsmonate aus dem Jahr 2019. Ein zusätzlicher Vergleich zweier Monate aus dem Antragsjahr sei nicht angezeigt. Die negativen Tatbestände nach den FAQ lägen nicht vor. Eine Argumentation seitens der Beklagten erfolge nicht. Die Beklagtenseite habe richtigerweise festgestellt: „Der Antragssteller habe zu versichern und soweit wie möglich dazulegen, dass die ihm entstandenen Umsatzeinbrüche, für die Überbrückungshilfe beantragt wird, coronabedingt sind.“ In Bezug auf diese Ausführung könne festgestellt werden, dass das Plausibelmachen ausreichend sei und die Umsatzeinbrüche nachgewiesen worden seien. Weiterhin könne die Gegenseite nicht plausibel darstellen, weshalb die Infektionsschutzmaßnahmen keine Auswirkungen auf den Umsatzeinbruch hätten haben sollen bzw. weshalb die dargelegte Begründung für den Umsatzrückgang nicht plausibel sein solle. Zur Tatsache, dass die Klägerin keinen saisonalen Schwankungen oder allgemeinen Faktoren wirtschaftlicher Art unterliegen könne, sei keine Stellung genommen worden. Die Klägerin habe soweit wie möglich dargelegt, dass die Umsatzrückgänge coronabedingt gewesen seien. Eine Beweisführung wird nach FAQ und Förderrichtlinie nicht gefordert. Es erscheine mehr als plausibel, dass die Klägerin als Anbieterin von digitalen Werbe- und Informationssystemen für den weiteren Handel Umsatzeinbrüche erlitten habe, da der Handel insgesamt besonders schwerwiegend von den Coronaschutzmaßnahmen betroffen gewesen sei. Es als wahrscheinlicher anzusehen, dass es sich hierbei um saisonale Schwankungen handele solle, sei nicht nachvollziehbar unter dem Aspekt, dass es keine saisonalen Schwankungen haben geben können.
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Es stelle kein Ausschlusskriterium der Antragsberechtigung dar, wenn man selbst nicht direkt von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen gelte. Vielmehr sei ausreichend erläutert, dass die direkte Betroffenheit der Kundinnen und Kunden der Klägerin auf diese durchgeschlagen hätten. Auch von den Pandemiemaßnahmen (Maskenpflicht etc.) und den Ängsten der Kundschaft sei die Klägerin, wie jede andere auch, betroffen gewesen, sobald es nötig geworden sei, einen persönlichen Kontakt herzustellen. Die Herleitung, dass von der Gegenseite bezeichnete „Fernwirkungen“ nicht von der Überbrückungshilfe umfasst seien, sei nicht richtig. Alle coronabedingten Umsatzrückgänge seien von der Überbrückungshilfe umfasst. Alle negativen Voraussetzungen der FAQ seien erfüllt und die Antragberechtigung liege vor. Im Wege der Gleichbehandlung und dem Verbot von willkürlichen Entscheidungen sei dem Antrag damit zu entsprechen und der Ablehnungsbescheid aufzuheben.
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2. Zur Begründung der Klageerwiderung ließ die Beklagte durch ihre Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 28. Juli 2023 im Wesentlichen ausführen: Ein Anspruch auf die streitgegenständliche Förderleistung bestehe nicht. Es fehle an der nach Nr. 2.1 Buchst. e) der Richtlinie Überbrückungshilfe IV erforderlichen Antragsberechtigung der Klägerin. Die Klägerin unterfalle nicht dem Kreis derjenigen Unternehmen, deren Umsatz in den entsprechenden Monaten im Januar 2022 bis Juni 2022 coronabedingt um mindestens 30% gegenüber dem jeweiligen Fördermonat des Jahres 2019 zurückgegangen sei. Als objektiven Anknüpfungspunkt für die Förderberechtigung stelle die Beklagte in ihrer ständigen Verwaltungspraxis diesbezüglich auf die Betroffenheit von Infektionsschutzmaßnahmen, wie etwa die Zugehörigkeit oder die Nähe zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche, ab. Nicht coronabedingt gälten beispielsweise Umsatzeinbrüche, die auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art (wie Liefer- oder Materialengpässe) zurückzuführen seien oder die sich erkennbar daraus ergäben, dass Umsätze bzw. Zahlungseingänge sich lediglich zeitlich verschöben. Ebenso seien Umsatzeinbrüche, die nur aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen aufträten, nicht coronabedingt (vgl. auch Nr. 1.2 der FAQ). Nach dem vorgenannten Maßstab sei von der Klägerin im Förderverfahren nicht hinreichend dargelegt worden, dass die von ihr angegebenen Umsatzeinbußen coronabedingt entstanden seien. Die Klägerin sei im gesamten Förderzeitraum weder von staatlichen Schließungsverordnungen noch von sonstigen staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung betroffen gewesen.
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Zudem sei hinsichtlich der Fördermonate April 2022 bis Juni 2022 erwähnt, dass mit dem Bund-Länder-Beschluss vom 16. Februar 2022 schrittweise bis zum 20. März 2022 noch bestehende weitreichende Einschränkungen des gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens zurückgenommen und durch Basisschutzmaßnahmen wie das Tragen medizinischer Masken ersetzt worden seien (vgl. Nr. 1 des Bund-Länder-Beschluss vom 16.2.2022). In Bayern hätten auf Grundlage des 16. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 1. April 2022 seit dem 3. April 2022 lediglich allgemeine Verhaltensempfehlungen, eine Maskenpflicht insbesondere in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs sowie eine einrichtungsbezogene Testpflicht für den Zugang zur Krankenhäusern und Pflegeheime bestanden (§§ 1 bis 3 der 16. BayIfSMV). Der Vortrag der Klägerin im Förderverfahren, dass es durch Budgetkürzungen bei ihren Auftraggebern zu weniger Bestellungen gekommen sei, genüge vor diesem Hintergrund auch nicht, um einen coronabedingten Umsatzeinbruch geltend zu machen. Es handele sich hierbei um Fernwirkungen der Coronapandemie, die nicht von der Überbrückungshilfe IV umfasst seien. Das Förderverfahren sei zudem auf eine rasche und unkomplizierte Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel ausgelegt. Diese erfordere die Schaffung klarer Abgrenzungskriterien. Es sei auch deshalb sachgerecht, auf objektive und eindeutige Kriterien wie die Betroffenheit von Infektionsschutzmaßnahmen bzw. die Zugehörigkeit zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche abzustellen. Das seien für den vorliegend allein relevanten Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV ausreichende Differenzierungsgründe.
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3. In der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2023 nahmen sowohl die Klägerin als auch ihre Prozessbevollmächtigter sowie die Prozessbevollmächtigte der Beklagten jeweils per Videokonferenz an der mündlichen Verhandlung teil.
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Der Klägerbevollmächtigte beantragte,
die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides der IHK für München und Oberbayern vom 25. April 2023 verpflichtet, der Klägerin wie beantragt eine Überbrückungshilfe gemäß der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 6. Mai 2022 in Höhe von 263.006,43 EUR endgültig zu gewähren.
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Die Beklagtenbevollmächtigte beantragte in der mündlichen Verhandlung,
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze samt Anlagen in der Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Halbsatz 2 Alt. 1 VwGO) bezüglich der beantragten Förderung statthaft und auch im Übrigen zulässig.
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Bescheid der beklagten IHK vom 25. April 2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
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Dass die Voraussetzungen für die Gewährung der begehrten Überbrückungshilfe IV in Höhe von 263.006,43 EUR nicht vorliegen, hat die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 25. April 2023, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend begründet und mit Schriftsatz vom 28. Juli 2023 (siehe Tatbestand unter II. 2.) sowie in der mündlichen Verhandlung vertiefend ausführlich in nachvollziehbarer Weise erläutert.
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Das Vorbringen der Klägerin führt zu keiner anderen Beurteilung.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Überbrückungshilfe IV von insgesamt 263.006,43 EUR. Ein solcher Anspruch auf Bewilligung folgt nicht aus der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten auf der Basis der Richtlinie Überbrückungshilfe IV. Des Weiteren liegt auch kein atypischer Ausnahmefall vor. Genauso wenig ist der Ausschluss der Klägerin von einer Förderung der von ihr geltend gemachten Erstattung ihrer Umsatzausfälle nach der Richtlinie Überbrückungshilfe IV und der Förderpraxis der Beklagten als gleichheitswidriger oder gar willkürlicher Verstoß zu werten.
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Denn bei Zuwendungen der vorliegenden Art aufgrund von Richtlinien, wie der Richtlinie Überbrückungshilfe IV, handelt es sich – wie sich bereits aus der Vorbemerkung Satz 1 erster Spiegelstrich und Satz 2 sowie Nr. 1 Satz 7 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV ergibt – um eine Billigkeitsleistung nach Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO), die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der bei der Beklagten beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen im billigen pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. Vorbemerkung Satz 2 und Satz 3 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV sowie Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Denn das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. allgemein BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 365 – juris Rn. 26 und zu Corona-Beihilfen BayVGH, B.v. 23.10.2023 – 22 ZB 23.1426 – BeckRS 2023, 34287; B.v. 22.9.2023 – 22 ZB 22.1195 – juris; Be.v. 31.8.2023 – 22 ZB 22.2114 bzw. 22 ZB 22.2115 – juris; Be.v. 17.8.2023 – 22 ZB 23.1125 bzw. 22 ZB 23.1009 – juris; B.v. 18.6.2023 – 6 C 22.2289 – juris; B.v. 22.5.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris; B.v. 4.4.2023 – 22 ZB 22.2656 – juris; B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris; B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris; B.v. 29.9.2022 – 22 ZB 22.213; B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 bzw. 6 ZB 21.2023 – juris sowie zuletzt etwa OVG NRW, B.v. 22.11.2023 – 4 A 109/20 – juris; B.v. 14.9.2023 – 4 B 547/23 – juris; VG Aachen, U.v. 6.11.2023 – 7 K 981/23 – juris; VG Magdeburg, U.v. 23.8.2023 – 6 A 6/23 MD – juris; VG München, U. v. 18.8.2023 – M 31 K 21.4949 – juris; U.v. 26.7.2023 – M 31 K 22.3594 – juris; U.v. 21.7.2023 – M 31 K 22.3462 – juris; U.v. 28.6.2023 – M 31 K 22.1561 – juris; U.v. 8.5.2023 – M 31 K 21.4671 – juris; VG Stuttgart, U.v. 26.7.2023 – 3 K 4298/22 – juris; VG Augsburg, U.v. 27.9.2023 – Au 6 K 21.1783 – juris; U.v. 9.8.2023 – Au 6 K 23.277 – juris; U.v. 19.7.2023 – Au 6 K 22.1310, Au 6 K 22.2318 – juris; U.v. 5.7.2023 – Au 6 K 22.1053 – juris; U.v. 22.3.2023 – Au 6 K 21.2527 – juris; VG Leipzig, U.v. 27.7.2023 – 5 K 547/21 – juris; VGH BW, U.v. 13.7.2023 – 14 S 2699/22 – juris; VG Hamburg, U.v. 13.6.2023 – 16 K 1847/22 – juris; VG Bayreuth, U.v. 5.6.2023 – B 8 K 21.774 – juris; G.v. 29.12.2022 – B 8 K 22.624 – BeckRS 2022, 43502; G.v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris; VG Gießen, U.v. 21.11.2022 – 4 K 3039/21.GI – juris; U.v. 29.8.2022 – 4 K 1659/21.GI – juris; VG Halle, U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22/HAL – BeckRS 2022, 9223; U.v. 8.3.2022 – 4 A 11/22 – juris; VG Trier, U.v. 8.12.2021 – 8 K 2827/21.TR – COVuR 2022, 238 sowie die Kammerrechtsprechung, etwa VG Würzburg, Ue.v. 9.10.2023 – W 8 K 23.422 bzw. W 8 K 23.316 – juris; Ue.v. 17.7.2023 – W 8 K 23.164 bzw. W 8 K 23.223 – juris; Ue.v. 3.7.2023 – W 8 K 23.52 bzw. W 8 K 22.1504 – juris; U.v. 3.7.2023 – W 8 K 23.189 – juris; Ue.v. 17.4.2023 – W 8 K 22.1233 bzw. W 8 K 22.1835 – juris; U.v. 13.2.2023 – W 8 K 22.1507 – juris; U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.1124 – BeckRS 2022, 34296; U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris; U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris; U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.577 – BeckRS 2022, 22894; jeweils m.w.N.).
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Ein Anspruch auf Förderung besteht danach im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis der Beklagten auch positiv verbeschieden werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 346 – juris Rn. 26).
27
Dabei dürfen Förderrichtlinien nicht – wie Gesetze oder Verordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, Be.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 bzw. 6 ZB 21.2023 – jeweils juris; B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris; vgl. auch OVG NRW, B.v. 14.9.2023 – 4 B 547/23 – juris Rn. 10). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Förderrichtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 – BVerwGE 58, 45 – juris Rn. 24).
28
Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 – 4 BV 15.1830 – juris Rn. 42 m.w.N.). Der Zuwendungsgeber bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben er dem Fördergegenstand zuordnet und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Insoweit hat er auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde (OVG NRW, B.v. 14.9.2023 – 4 B 547/23 – juris Rn. 10 u. 14; BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris; Be.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 bzw. 6 ZB 21.2023 – juris; vgl. auch B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 22; B.v. 22.5.2020 – 6 ZB 20.216 – juris sowie VG München, U.v. 21.9.2022 – M 31 K 22.423 – juris Rn. 24; U.v. 21.9.2022 – M 31 K 21.5244 – juris Rn. 22; siehe auch NdsOVG, U.v. 12.12.2022 – 10 LC 76/21 – juris Rn. 29; U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 24).
29
Es ist allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten einer Förderung festzulegen, seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen sowie seine Förderpraxis nach seinen Vorstellungen entsprechend auszurichten (vgl. etwa NdsOVG, U.v. 15.9.2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 41 ff.; U.v. 21.4.2022 – 10 LC 204/20 – juris Rn. 31; U.v. 5.5.2021 – 10 LB 201/20 – NVwZ-RR 2021, 835 – juris Rn. 30; U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 29 ff.; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 und 6 ZB 21.2023 – jeweils juris; B.v. 3.5.2021 – 6 ZB 21.301 – juris Rn. 8; B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; jeweils m.w.N.) und auch – sofern nicht willkürlich – zu ändern (OVG NRW, U.v. 22.3.2021 – 14 A 1131/18 – DWW 2021, 186 – juris LS 2 u. Rn. 53).
30
Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (vgl. NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris; SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 – 2 A 480/17 – NVwZ-RR 2019, 219; OVG SH, U.v. 17.5.2018 – 3 LB 5/15 – juris; OVG NW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 – 10 A 1481/11 – ZNER 2012, 436).
31
Denn zuwendungsrechtlich kommt es nicht auf eine Auslegung der streitgegenständlichen Zuwendungsrichtlinie in grammatikalischer, systematischer oder teleologischer Hinsicht an (vgl. VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 31). Es kommt weiter nicht darauf an, welche Bedeutung die in der Richtlinie verwendeten Begriffe im Verständnis der Klägerseite oder im allgemeinen Sprachgebrauch (etwa unter Rückgriff auf Wikipedia oder den Duden) üblicherweise haben, sondern allein darauf, ob die dem Ablehnungsbescheid zugrundeliegende Anwendung der Richtlinie dem Verständnis und der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten entspricht (so ausdrücklich BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – BeckRS 2022, 31594 Rn. 23; B.v. 29.9.2022 – 22 ZB 22.213 – BA Rn. 23; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 – juris Rn. 20 m.w.N.). Maßgeblich für die Selbstbindung der Verwaltung ist nicht der Wortlaut der Richtlinie Überbrückungshilfe IV oder gar der Wortlaut der FAQ usw., sondern ausschließlich das Verständnis des Zuwendungsgebers und die tatsächliche Verwaltungspraxis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (VGH BW, B.v. 21.10.2021 – 13 S 3017/21 – juris Rn. 33 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9 f.; SächsOVG, B.v. 1.10.2021 – 6 A 782/19 – juris m.w.N.).
32
Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 29. Aufl. 2023, § 114 Rn. 41 ff.).
33
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Voraussetzungen der Gewährung der Überbrückungshilfe IV ist nicht der Zeitpunkt der Antragstellung im Verwaltungsverfahren bei der Behörde und auch nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Dem materiellen Recht folgend, das hier vor allem durch die Richtlinie Überbrückungshilfe IV und deren Anwendung durch die Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist vielmehr auf den Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2022 – 6 ZB 20.438 – juris m.w.N.), sodass – abgesehen von vertiefenden Erläuterungen – ein neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren grundsätzlich irrelevant sind (vgl. VG Weimar, U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26 sowie VG München, U.v. 22.11.2022 – M 31 K 21.6438 – BeckRS 2022, 34340 Rn. 30; U.v. 15.11.2022 – M 31 K 21.6097 – juris Rn. 34; U.v. 10.10.2022 – M 31 K 22.661 – BeckRS 2022, 32186 Rn. 27; B.v. 25.6.2020 – M 31 K 20.2261 – juris Rn. 19; VG Aachen, U.v. 21.11.2022 – 7 K 2197/20 – juris Rn. 34; VG Würzburg, U.v. 13.2.2023 – W 8 K 22.1507 – juris Rn 30 ff.; m.w.N.).
34
Im Corona‐Beihilfen – Leitfaden zu Verbundunternehmen (z.B. https://www.stbk-sachsen-anhalt.de/wp-content/uploads/2020/11/StBK-SA_Leitfaden-Corona-Beihilfen-Verbundunternehmen.pdf), der vom Bundesministerium für Wirtschaft für die Überbrückungshilfe I bis III sowie zur November- und Dezemberhilfe am 4. März 2021 veröffentlicht wurde (vgl. https://www.stbk-sachsen-anhalt.de/ueberbrueckungshilfe-i-2/), ist ausdrücklich übergreifend vermerkt, dass im Subventionsrecht auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Bewilligungsstelle abzustellen ist. Der Leitfaden, der sich explizit auf die Richtlinien Bayern und Hinweise des Bundes bezieht, wurde zwischen Bund und Ländern abgestimmt und gilt in allen Bundesländern. Bayern, das sich im streitgegenständlichen Corona-Beihilfe-Verfahren gemäß § 47b ZustV durch Beleihung der beklagten IHK als Zuwendungsbehörde (Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG) bedient, hat den Leitfaden ausdrücklich seiner Verwaltungspraxis bzgl. Corona-Beihilfen zugrunde gelegt (siehe explizit schon VG Würzburg, U.v. 18.10.2021 – W 8 K 21.716 – juris Rn. 8 und 9 sowie Rn. 33, 36, 39 ff., 56).
35
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist demnach gemäß der geübten Verwaltungspraxis der beklagten IHK – wie diese in zahlreichen bei Gericht anhängigen Verfahren verlautbart hat – der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris Rn. 8 u. 10), sodass neuer Tatsachenvortrag und die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant sind, weil bzw. wenn und soweit die Zuwendungsvoraussetzungen – wie hier – allein aufgrund der bis zur behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet werden (vgl. auch BayVGH, B.v. 23.10.2023 – 22 ZB 23.1426 – BeckRS 2023, 34287 Rn. 20 u. 25; B.v. 4.4.2023 – 22 ZB 22.2656 – juris Rn. 8). Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen (VG Halle, U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22 HAL – BeckRS 2022, 9223 Rn. 25; VG München, U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 und 26 ff.; VG Würzburg, Ue.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 und W 8 K 21.982 – juris Rn. 38; U.v. 26.7.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21; VG Weimar, U.v. 29.1.2021 – 8 K 795/20 We – juris Rn. 31; U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26). Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht oder erkennbar war, konnte und musste die Beklagte auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigen, so dass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, im Nachhinein keine Berücksichtigung finden können (VG Weimar, U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 25 f. m.w.N.; vgl. auch BayVGH, B.v. 23.10.2023 – 22 ZB 23.1426 – BeckRS 2023, 34287 Rn. 20 u. 25; B.v. 31.8.2023 – 22 ZB 22.2114 – juris Rn. 17.; B.v. 31.8.2023 – 22 ZB 22.2115 – juris Rn. 15; VG Stuttgart, U.v. 26.7.2023 – 3 K 4298/22 – juris Rn. 38; VG Bayreuth, U.v. 5.6.2023 – B 8 K 21.774 – juris Rn. 56 und 77).
36
Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung der Antragstellenden im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Es ist weiter nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte die Angaben der Klagepartei auf ihre Substantiierung und Plausibilität hin prüft und gegebenenfalls mangels ausreichender Darlegung die begehrte Zuwendung ablehnt (VG München, U.v.20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 30 ff. m.w.N; VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.585 und W 8 K 21.982 – juris Rn. S. 15 f.; U.v. 3.8.2020 – W 8 K 20.743 – juris Rn. 37).
37
Die Anforderung geeigneter Nachweise für die Anspruchsberechtigung nach der Richtlinie ist auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayHO) gerade im Bereich der Leistungsverwaltung sachgerecht und nicht zu beanstanden. Ferner entspricht die Verpflichtung zur Mitwirkung seitens der Antragstellenden allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen, Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.4.2021 – W 8 K 20.1487 – juris Rn. 31 m.w.N.). In dem Zusammenhang oblag der Klägerin eine substantiierte Darlegungslast schon im Verwaltungsverfahren (vgl. BayVGH, B.v. 20.6.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 u. 21). Neues Vorbringen im Klageverfahren – wie hier – ist grundsätzlich nicht mehr (ermessens-)relevant (vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.577 – BeckRS 2022, 22894 Rn. 28 ff.; U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 31 ff.).
38
Des Weiteren hängt es nach der von der Beklagten dargelegten richtliniengeleiteten Verwaltungspraxis vom Einzelfall in der jeweiligen Fallkonstellation ab, ob und inwieweit Nachfragen erfolgen, da die Bewilligungsstelle grundsätzlich auf die vom prüfenden Dritten gemachten Angaben vertrauen darf, sofern es keine Anhaltspunkte für Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit gibt. Wenn überhaupt eine Nachfrage angezeigt ist, kann aufgrund der massenhaft anfallenden und in kurzer Zeit zu entscheidenden Förderanträge oftmals eine einmalige Nachfrage zur Plausibilisierung auf elektronischem Weg genügen. Aufgrund dessen und aufgrund der Tatsache, dass neben der Überbrückungshilfe IV auch andere Hilfsprogramme zur Bewältigung der finanziellen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie aufgelegt wurden, handelt es sich hierbei um ein Massenverfahren, dessen Bewältigung ein gewisses Maß an Standardisierung auf behördlicher Seite erfordert (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 13.7.2020 – W 8 E 20.815 – juris Rn. 28 f.). Dabei ist weiterhin zu beachten, dass dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Effektivitäts- und Zügigkeitsgebot (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) bei der administrativen Bewältigung des erheblichen Förderantragsaufkommens im Rahmen der Corona-Beihilfen besondere Bedeutung zukommt; dies gerade auch deswegen, um den Antragstellenden möglichst schnell Rechtssicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten ihrer Förderanträge und damit über die (Nicht-)Gewährung von Fördermitteln zu geben (VG München, U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 23; U.v. 23.2.2022 – M 31 K 21.418 – juris Rn. 28; U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 u. 26 ff. m.w.N.).
39
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat ebenfalls hervorgehoben, dass sich grundsätzlich Aufklärungs- und Beratungspflichten aus Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG auf präzisierungsbedürftige Anträge erstrecken, wobei sich die Beratungs- bzw. Aufklärungs- und Belehrungspflichten nach dem jeweiligen Einzelfall richten. Zu beachten ist dabei, dass die möglicherweise erhöhte (verfahrensmäßige) Fürsorgebedürftigkeit eines einzelnen Antragstellenden vorliegend zugunsten der quasi „objektiven“, materiellen/finanziellen Fürsorgebedürftigkeit einer Vielzahl von Antragstellenden, denen ein existenzbedrohender Liquiditätsengpass drohen würde, wenn ihnen nicht zeitnah staatliche Zuwendungen in Form von Corona-Soforthilfen gewährt werden, zurückzutreten hat bzw. mit letzteren zum Ausgleich zu bringen ist, zumal die Antragstellenden im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine letztlich aus § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB resultierende, zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben trifft. Die Anforderungen an ein effektiv und zügig durchgeführtes Massenverfahren sind dabei nicht zu überspannen (siehe BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 u. 21).
40
Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, vor Antragstellung vorab ihre konkrete Verwaltungspraxis im Einzelfall mitzueilen, weil sich diese naturgemäß aus der geübten Handhabung entwickelt und im Übrigen die Richtlinie und die FAQ den (groben) Rahmen vorgeben. Zudem lag es im Verantwortungsbereich der Klägerin, sich bei Zweifeln über die zu erfüllenden Voraussetzungen bei der Beklagten zu erkundigen (OVG NRW. B.v. 7.11.2023 – 1 A 1632/21 – juris Rn.26), und nicht umgekehrt. Maßgeblich – auch mit Blick auf ein möglicherweise schutzwürdiges Vertrauen – ist nicht, von welchen Voraussetzungen die Klägerin tatsächlich ausgegangen ist, sondern von welchen Voraussetzungen sie bei der Antragstellung aufgrund der in den Formularen enthaltenen Hinweise und Fragen bzw. der dabei abzugebenden Erklärungen und Versicherungen sowie angesichts der Richtlinie Überbrückungshilfe IV und der FAQ ausgehen durfte (BayVGH, B.v. 22.9.2023 – 22 ZB 22.195 – juris Rn.32 f.; VG Magdeburg, U.v. 23.8.2023 – 6 A 6/23 MD – juris Rn. 90).
41
Nach den dargelegten Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Gewährung der begehrten Überbrückungshilfe IV. Weder die Richtlinie Überbrückungshilfe IV selbst noch ihre Handhabung in ständiger Verwaltungspraxis der Beklagten sind vorliegend zu beanstanden.
42
Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage steht der Klägerin nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO nur beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist der ablehnende Bescheid vom 25. April 2023 nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere den Rahmen, der durch die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung gezogen wurde, eingehalten, den erheblichen Sachverhalt vollständig und im Ergebnis zutreffend ermittelt und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot und das Gebot des Vertrauensschutzes nicht verletzt.
43
Die streitgegenständlichen Umsatzausfälle sind im Rahmen der Überbrückungshilfe IV nach der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten aufgrund der Richtlinie Überbrückungshilfe IV nicht förderfähig.
44
Einschlägig ist die Richtlinie für die Gewährung der Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV); Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 6. Mai 2022, Az. 33-3560-3/210/1 (BayMBl. Nr. 278), insbesondere:
… mit dem Förderzeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2022. Diese Überbrückungshilfe IV ist in Form einer Billigkeitsleistung gemäß § 53 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) bzw. Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) als freiwillige Zahlung zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz zu gewähren, wenn Unternehmen, Soloselbständige und Angehörige der Freien Berufe Coronabedingt erhebliche Umsatzausfälle erleiden. 8Durch Zahlungen als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten soll ihre wirtschaftliche Existenz gesichert werden.
Nr. 2.1 S. 1 Buchst. e) und S. 3 bis 5:
1Antragsberechtigt im Zeitraum Januar 2022 bis Juni 2022 (Förderzeitraum) sind unabhängig von dem Wirtschaftsbereich, in dem sie tätig sind, von der Corona-Krise betroffene Unternehmen, einschließlich Sozialunternehmen (gemeinnützige Unternehmen), aller Wirtschaftsbereiche (einschließlich der landwirtschaftlichen Urproduktion), sowie Soloselbständige und selbständige Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb, …
e) deren Umsatz in dem entsprechenden Monat im Zeitraum Januar 2022 bis Juni 2022 Coronabedingt im Sinne der Sätze 2 und 3 der Sätze 3 und 4 um mindestens 30% gegenüber dem jeweiligen Monat des Jahres 2019 zurückgegangen ist. Klein- und Kleinstunternehmen gemäß Anhang I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (EU Nr. 651/2014) sowie Soloselbständige und selbständige Angehörige der freien Berufe können wahlweise als Vergleichsgröße im Rahmen der Ermittlung des Umsatzrückgangs im Verhältnis zum jeweiligen Fördermonat den jeweiligen monatlichen Durchschnitt des Jahresumsatzes 2019 zum Vergleich heranziehen; Antragsteller haben zudem bei außergewöhnlichen betrieblichen Umständen die Möglichkeit, alternative Zeiträume des Jahres 2019 oder 2020 heranzuziehen.
2Liegt der Umsatz eines Unternehmens im Jahr 2020 bei mindestens 100% des Umsatzes des Jahres 2019, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass etwaige monatliche Umsatzschwankungen des Unternehmens nicht Coronabedingt sind, es sei denn, das Unternehmen kann stichhaltig den Nachweis führen, dass die in Ansatz gebrachten monatlichen Umsatzrückgänge Coronabedingt sind; hierfür ist die Bestätigung des prüfenden Dritten ausreichend; dies gilt nicht für die Beantragung der Neustarthilfe 2022. 3Der Nachweis des Antragstellers, individuell von einem Coronabedingten Umsatzeinbruch betroffen zu sein, kann zum Beispiel geführt werden, wenn der Antragsteller in einer Branche tätig ist, die von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen ist. 4Nicht gefördert werden Umsatzausfälle, die z. B. nur aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen auftreten; ausgenommen von diesem Ausschluss sind kleine und Kleinstunternehmen (gemäß Anhang I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (EU) Nr. 651/2014), Soloselbstständige und selbstständige Angehörige der freien Berufe, welche von dem Wahlrecht Gebrauch machen, den jeweiligen monatlichen Durchschnitt des Jahresumsatzes 2019 zur Bestimmung des Referenzumsatzes heranzuziehen. 5Nicht als Coronabedingt gelten beispielsweise Umsatzeinbrüche, die zurückzuführen sind auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art oder die sich erkennbar daraus ergeben, dass Umsätze bzw. Zahlungseingänge sich lediglich zeitlich verschieben, die sich aufgrund von Schwierigkeiten in der Mitarbeiterrekrutierung ergeben oder auf Betriebsferien zurückzuführen sind.
45
Weiter zu beachten sind die FAQs zur „Corona-Überbrückungshilfe IV“ (von Januar 2022 bis Juni 2022) (https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/DE/FAQ/Ubh-IV/ueberbrueckungshilfe-iv.html), insbesondere:
Muss der coronabedingte Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent für jeden einzelnen Fördermonat bestehen?
Ja, Überbrückungshilfe IV kann nur für diejenigen Monate im Zeitraum Januar 2022 bis Juni 2022 beantragt werden, in denen ein coronabedingter Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum Referenzmonat im Jahr 2019 erreicht wird.
46
Nicht gefördert werden Umsatzausfälle, die zum Beispiel nur aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen auftreten. Nicht als coronabedingt gelten beispielsweise Umsatzeinbrüche, die zurückzuführen sind auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art (wie Liefer- oder Materialengpässe) oder die sich erkennbar daraus ergeben, dass Umsätze beziehungsweise Zahlungseingänge sich lediglich zeitlich verschieben. Ebenso sind Umsatzeinbrüche, die sich aufgrund von Schwierigkeiten in der Mitarbeiterrekrutierung ergeben, nicht coronabedingt. Im Falle von Betriebsferien sind die Umsatzausfälle nicht coronabedingt.
47
Der Antragsteller hat zu versichern und soweit wie möglich darzulegen, dass die ihm entstandenen Umsatzeinbrüche, für die Überbrückungshilfe beantragt wird, coronabedingt sind.
48
Liegt der Umsatz eines Unternehmens im Jahr 2020 bei mindestens 100 Prozent des Umsatzes des Jahres 2019, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass etwaige monatliche Umsatzschwankungen des Unternehmens nicht coronabedingt sind. Dies gilt nicht, wenn der Antragsteller stichhaltig nachweisen kann, dass er trotz der positiven Umsatzentwicklung im Jahr 2020 im Förderzeitraum individuell von einem coronabedingten Umsatzeinbruch betroffen ist. Der Nachweis des Antragstellers, individuell von einem coronabedingten Umsatzeinbruch betroffen zu sein, kann zum Beispiel geführt werden, wenn der Antragsteller in einer Branche tätig ist, die von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen ist. Als von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen gelten Unternehmen, deren Branche oder deren Geschäftsfeld in den Schließungsanordnungen des betreffenden Bundeslandes genannt sind. Alternativ können beispielsweise die Eröffnung neuer Betriebsstätten, der Aufbeziehungswiese Ausbau eines Online-Handels oder der Zukauf von Unternehmen im Jahr 2020 zur Nachvollziehbarkeit der Abwesenheit eines Umsatzeinbruchs in 2020 trotz Corona-Betroffenheit angeführt werden. Darüber hinaus können Faktoren für einen temporär geringeren Jahresumsatz 2019 angeführt werden. Wenn der Geschäftsbetrieb durch Quarantäne-Fälle oder Corona-Erkrankungen in der Belegschaft nachweislich stark beeinträchtigt ist, ist ein daraus resultierender Umsatzeinbruch coronabedingt.
49
Ausgehend von den vorstehenden zitierten Vorgaben hat die Beklagte unter Heranziehung der Richtlinie Überbrückungshilfe IV, die sich in der Sache mit den Vollzugshinweisen für die Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen deckt, sowie der FAQ zur Überbrückungshilfe IV ihre Förderpraxis plausibel begründet (siehe neben dem streitgegenständlichen Bescheid insbesondere ihren im Tatbestand unter II. 2. referierten Schriftsatz vom 28.7.2023). Sie hat ihre Verwaltungspraxis konkret dargestellt und nachvollziehbar erläutert (vgl. zu diesem Erfordernis NdsOVG, B.v. 24.10.2022 – 10 LA 93/22 – juris Rn. 10), dass sie die streitgegenständlichen Umsatzausfälle nicht als förderfähige Kosten (Verneinung eines coronabedingten Umsatzrückgangs) ansehe. Zweifel am Vorliegen der von der Beklagtenseite plausibel dargelegten Förderpraxis bestehen nicht (zur „Feststellungslast“ der Beklagtenseite siehe VG Düsseldorf, U.v. 16.1.2023 – 20 K 7275/21 – juris Rn. 42; VG Gelsenkirchen, U.v. 18.11.2022 – 19 K 4392/20 – juris Rn. 48).
50
Das klägerische Vorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.
51
Soweit die Ablehnung im Bescheid nur kurz begründet wurde, ist dies nicht ermessensfehlerhaft, weil zum einen die verfahrensmäßige Bewältigung der Förderanträge den Erfordernissen eines Massenverfahrens geschuldet war und zum anderen die Beklagte ihre Ermessenserwägungen im Klageverfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO in zulässiger Weise ergänzen kann. So konnte die Beklagte ihre Ermessenserwägungen anknüpfend an die Verwaltungsvorgänge und die erlassenen Bescheide im Klageerwiderungsschriftsatz vom 27. Juli 2023 sowie in der mündlichen Verhandlung ergänzen und vertiefen (vgl. VG Augsburg, U.v. 19.7.2023 – Au 6 K 22.1310, Au 6 K 22.2318 – juris Rn. 92). Im Übrigen bedarf es grundsätzlich ohnehin keiner weiteren Ermessenserwägungen, weil die Beklagte im Regelfall auch auf die haushaltsrechtlichen Gründe der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Rücksicht nehmen muss, sofern nicht außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen (vgl. VG Leipzig, U.v. 27.7.2023 – 5 K 547/21 – juris Rn. 37).
52
Soweit die Klägerin bemängelt, das Ermessen sei nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden, im streitgegenständlichen Bescheid sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte konkret auf die klägerseits vorgetragenen Umstände eingegangen sei, ist dem entgegenzuhalten, wie seitens der Beklagten ausgeführt, dass die Klägerin den Umsatzeinbruch mit Verträgen begründe, die ausgelaufen seien. Des Weiteren sei es schwierig gewesen, neue Verträge abzuschließen, da die Kunden keine Personen in ihr Unternehmen lassen möchten und von Budgetkürzungen betroffen seien. Die vorgetragenen Gründe fielen unter dem allgemeinen Investitionsrückgang der Kunden in die Leistungen der Klägerin und der Rückgang an Kunden bzw. Aufträgen. Dass die Rückläufe der Investitionen der potentiellen Kunden der Klägerin in ihre Tätigkeit auf der Pandemie beruhten, begegne Zweifeln. Die Entscheidung zur Investition habe im beantragten Zeitraum nicht nur von der Pandemie abgehangen, so dass der Grund für das Ausbleiben nachzuweisen gewesen sei. Dieser Nachweis sei nicht erbracht worden. Als Angehöriger der Branche sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und technische Tätigkeiten seien Schwankungen wie in den Monaten Januar und Juni 2022 regelmäßig und könnten kompensiert werden. Denn die Klägerin sei aufgrund der Tätigkeit in der Branche Angehörige einer sog. Boombranche, die erfahrungsgemäß überwiegend coronaunabhängig wirtschafte. Der erforderliche Nachweis einer besonderen individuellen Einschränkung sei nicht erbracht worden. Die Überbrückungshilfe sei eine außerordentliche Wirtschaftshilfe, mit der Unternehmen gefördert werden sollten, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten hätten. Dieser Zweck werde nicht mehr erreicht, wenn Umsatzausfälle ausgeglichen würden, die auf wirtschaftlichen Faktoren allgemeiner Art zurückzuführen seien. Der Investitionsrückgang und die in Inanspruchnahme und Nachfrage von Kunden nach den angebotenen Unternehmensleistungen seien eine Verschiebung im Konsumverhalten und seien Teil dieses Risikos. Das Unternehmen sei auch selbst nicht von Schließungsanordnungen betroffen gewesen. Es entspreche der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, den Antrag entsprechend abzulehnen. Bei haushaltsrechtlich relevanten Ermessensentscheidungen über die Erteilung und Aufhebung von Bewilligungsbescheiden verpflichte Art. 7 BayHO zur sorgfältigen Beachtung des Gebots der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel.
53
Aus dem Vorbringen der Beklagten, sowohl im Bescheid als auch in den weiteren Ausführungen, lässt sich erkennen, dass diese Ermessen ausgeübt hat und jedenfalls ein Ermessenausfall nicht vorliegt. Die Beklagte hat sich darüber hinaus, ausgehend von den Förderrichtlinien und der Verwaltungspraxis, für einen entsprechend intendierten Regelfall entschieden. Bei einer solchen Entscheidung bedarf es grundsätzlich keiner Darstellung von weiteren Ermessenserwägungen. Abgesehen davon hat sie diese zulässiger Weise ergänzt (vgl. VGH BW, U.v. 13.7.2023 – 14 S 2699/22 – juris Rn. 90). Darüber hinaus hätte es hier ausgehend von den haushaltsrechtlichen Grundsätzen besonderer, hier nicht vorliegender Gründe bedurft, um eine von intendierten Ermessenausübungen abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. In dieser Fallkonstellation versteht sich das Ergebnis der Abwägung im Rahmen der richtliniengeleiteten und der ständig geübten Vergabepraxis ohne weitere Begründung von selbst (vgl. VG Leipzig, U.v. 27.7.29023 – 5 K 547/21 – juris Rn. 37; VG Hamburg, U.v. 13.6.2023 – 16 K 1847/22 – juris Rn. 40).
54
Die Beklagte hat mit Bezug auf die Richtlinie Überbrückungshilfe IV und die einschlägigen FAQ ihre Verwaltungspraxis plausibel dargelegt, wonach sie die Fördervoraussetzung mangels Nachweises der Antragsberechtigung nicht als gegeben ansehe und infolgedessen mangels Vertrauensschutzes die Aufhebung und Rückforderung ermessensfehlerfrei zulässig sei.
55
Soweit die Klägerseite zur Begründung der Coronabedingtheit ihrer Umsatzrückgänge vorbringt, ihre Kunden gerade aus der Handelsbranche hätten sich bei der Werbung aufgrund der unsicheren Lage zurückgehalten, der Handel sei besonders schwerwiegend von den Coronaschutzmaßnahmen betroffen gewesen sowie der Zugang bei ihren Kunden sei beschränkt gewesen, erfüllen diese Umstände gerade nicht die Voraussetzungen der Coronabedingtheit nach der geübten Verwaltungspraxis der Beklagten.
56
Die Klägerseite legt ihr eigenes Verständnis von Richtlinie und FAQ zugrunde, auf das es nicht ankommt. Vielmehr obliegt allein der Beklagten die Auslegung der Richtlinie Überbrückungshilfe IV samt FAQ und die Bestimmung über die konkrete Handhabung im Rahmen ihrer Verwaltungspraxis. Allein maßgebend ist das Verständnis der Coronabedingtheit durch die Beklagtenseite und nicht das Verständnis der Klägerin, auch wenn die konkreten Fördervorgaben etwa in den FAQ unklar formuliert und daher schwierig in ihren Einzelheiten zu erkennen gewesen sein mögen (vgl. OVG NRW, B.v. 14.9.2023 – 4 B 547/23 – juris Rn. 10 u. 14; VG Augsburg, U.v. 19.7.2023 – Au 6 K 22.1310, Au 6 K 22.2318 – juris Rn. 77; VG München, U.v. 10.3.2023 – M 31 K 22.1123 – juris Rn. 31). Es kommt nicht darauf an, ob die einschlägige Richtlinienbestimmung und die entsprechenden FAQ vermeintlich widersprüchlich sind und welche Maßnahmen nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bzw. bei – aus Sicht der Klägerseite – „richtiger Auslegung“ nach der Richtlinienbestimmung förderfähig wären (BayVGH, B.v. 23.10.2023 – 22 ZB 23.1426 – BeckRS 2023, 34287 Rn. 13). Danach ist gerade auch unter Zugrundelegung der Angaben der Klägerin zur tatsächlichen Situation im Förderzeitraum keine Förderfähigkeit gegeben, sodass die Beklagte die begehrte Förderung ermessensfehlerfrei ablehnen konnte.
57
Die breiten Ausführungen der Klägerseite, dass sie ihre Umsatzeinbrüche nachgewiesen habe und die Negativvoraussetzungen nach Nr. 1.2 Abs. 2 Satz 1 der FAQ (saisonale bzw. inhärente Schwankungen, allgemeine wirtschaftliche Faktoren wie Liefer- oder Materialengpässe, zeitliche Verschiebungen von Zahlungseingängen, Schwierigkeiten bei Mitarbeiterrekrutierung, Betriebsferien) nicht vorlägen, verfangen nicht. Denn zum einen reicht das bloße Vorliegen von Umsatzrückgängen für sich nicht, sofern diese nicht coronabedingt im Sinne der Verwaltungspraxis sind. Zum anderen genügt auch nicht das Fehlen der Negativtatbestände, weil diese ausdrücklich nur Beispiele benennen und nicht abschließend sind, sodass allein ein Umkehrschluss nicht zur Coronabedingheit und damit Förderfähigkeit führen kann. Vielmehr ist nach der plausibilisierten – und gerichtsbekannten – Verwaltungspraxis maßgeblich auf die Betroffenheit von inländischen, insbesondere bayerischen Infektionsschutzmaßnahmen, wie etwa auf die Zugehörigkeit oder die Nähe zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche im konkreten Förderzeitraum abzustellen, wie die Beklagte in ihrem Klageerwiderungsschriftsatz vom 28. Juli 2023 ausdrücklich betont. An diesen fehlt es auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerseite.
58
So behauptet die Klägerseite nicht einmal selbst, dass sie oder ihre Kunden im ersten Halbjahr 2022 von staatlichen Schließungsmaßnahmen betroffen gewesen seien. Der prüfende Dritte hat in seiner Stellungnahme vom 18. November 2022 selbst von „der mittlerweile gelockerten Situation“ gesprochen. Auch im Klagebegründungsschriftsatz vom 27. Juni 2023 ist von aufgelockerten, wenn auch nicht gänzlich aufgehobenen, Zugangsregelungen die Rede, nicht aber von fortbestehenden Schließungsanordnungen. Des Weiteren scheint die Weigerung der Kunden, Vertriebsmitarbeiter der Klägerin als Externe in ihrem Unternehmen zu empfangen, die Folge von eigenen Schutzmaßnahmen der Kunden gewesen zu sein, nicht aber Folge von staatlicherseits angeordneten Kontaktbeschränkungen.
59
Die Bevollmächtigte der Beklagten hat in ihrer Klageerwiderung plausibel ausgeführt: Ein Anspruch auf die streitgegenständliche Förderleistung bestehe nicht. Es fehle an den nach Nr. 2.1 Buchst. e) der Richtlinie Überbrückungshilfe IV erforderlichen Antragsberechtigung der Klägerin. Die Klägerin unterfalle nicht dem Kreis derjenigen Unternehmen, deren Umsatz in den entsprechenden Monaten im Januar 2022 bis Juni 2022 coronabedingt um mindestens 30% gegenüber dem jeweiligen Fördermonat des Jahres 2019 zurückgegangen sei. Als objektiven Anknüpfungspunkt für die Förderberechtigung stelle die Beklagte in ihrer ständigen Verwaltungspraxis diesbezüglich auf die Betroffenheit von Infektionsschutzmaßnahmen, wie etwa die Zugehörigkeit oder die Nähe zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche, ab. Nicht coronabedingt gälten beispielsweise Umsatzeinbrüche, die auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art (wie Liefer- oder Materialengpässe) zurückzuführen seien oder die sich erkennbar daraus ergäben, dass Umsätze bzw. Zahlungseingänge sich lediglich zeitlich verschöben. Ebenso seien Umsatzeinbrüche, die nur aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen aufträten, nicht coronabedingt (vgl. auch Nr. 1.2 der FAQ). Nach dem vorgenannten Maßstab sei von der Klägerin im Förderverfahren nicht hinreichend dargelegt worden, dass die von ihr angegebenen Umsatzeinbußen coronabedingt entstanden seien. Die Klägerin sei im gesamten Förderzeitraum weder von staatlichen Schließungsverordnungen noch von sonstigen staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung betroffen gewesen. Zudem sei hinsichtlich der Fördermonate April 2022 bis Juni 2022 erwähnt, dass mit dem Bund-Länder-Beschluss vom 16. Februar 2022 schrittweise bis zum 20. März 2022 noch bestehende weitreichende Einschränkungen des gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens zurückgenommen und durch Basisschutzmaßnahmen wie das Tragen medizinischer Masken ersetzt worden seien (vgl. Nr. 1 des Bund-Länder-Beschluss vom 16.2.2022). In Bayern hätten auf Grundlage der 16. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 1. April 2022 seit dem 3. April 2022 lediglich allgemeine Verhaltensempfehlungen, eine Maskenpflicht insbesondere in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs sowie eine einrichtungsbezogene Testpflicht für den Zugang zur Krankenhäusern und Pflegeheime bestanden (§§ 1 bis 3 der 16. BayIfSMV). Der Vortrag der Klägerin im Förderverfahren, dass es durch Budgetkürzungen bei ihren Auftraggebern zu weniger Bestellungen gekommen sei, genüge vor diesem Hintergrund auch nicht, um einen coronabedingten Umsatzeinbruch geltend zu machen. Es handele sich hierbei um Fernwirkungen der Coronapandemie, die nicht von der Überbrückungshilfe IV umfasst seien. Das Förderverfahren sei zudem auf eine rasche und unkomplizierte Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel ausgelegt. Diese erfordere die Schaffung klarer Abgrenzungskriterien. Es sei auch deshalb sachgerecht, auf objektive und eindeutige Kriterien wie die Betroffenheit von Infektionsschutzmaßnahmen bzw. die Zugehörigkeit zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche abzustellen.
60
Dem klägerischen Vorbringen ist weiter entgegenzuhalten, dass nach der Förderpraxis der Umstand, dass auch von den Kunden der Klägerin im maßgeblichen Förderzeitraum des ersten Halbjahrs 2022 noch bestimmte infektionsschutzrechtliche Vorgaben zu beachten waren bzw. die Kunden von sich aus Vorsicht walten ließen, sodass diese von den Angeboten und Leistungen der Klägerin kein Gebrauch machten, nach der plausibel dargelegten und einheitlich gehandhabten Förderpraxis der Beklagten nicht zur Bejahung der Förderfähigkeit führten, sondern mit Verweis unter anderem auf das allgemeine Geschäftsrisiko zu deren Verneinung. Denn zum einen reicht nicht jeder Zusammenhang mit der Coronapandemie für eine Förderfähigkeit aus. Zum anderen dienten die Infektionsschutzmaßnahmen im ersten Quartal 2022 und erst recht im zweiten Quartal 2022 dazu, mehr Freiheiten zu gewähren und auch verbunden mit der Möglichkeit für Unternehmen, Umsatz zu generieren (vgl. schon VG Würzburg, U.v. 9.10.2023 – W 8 K 23.422 – juris Rn. 69).
61
Fernwirkungen oder Nachwirkungen („Nachwehen“) der Coronapandemie sind im Übrigen nicht ausreichend. Denn gerade nicht jegliche Auswirkungen der Coronapandemie und auch von staatlichen Maßnahmen im Sinne einer „Conditio sine qua non“ genügen nach der Verwaltungspraxis für eine Anspruchsberechtigung, selbst wenn – unterstellt – ohne die Coronapandemie die Umsätze der Klägerin höher ausgefallen wären.
62
Auch aus in vorangegangenen Zeiträumen positiv verbeschiedenen Anträgen der Klägerseite auf Überbrückungshilfe resultiert kein Verstoß gegen das Willkürverbot und kein Anspruch auf Gleichbehandlung infolge einer Selbstbindung der Verwaltung. Denn zum einen gibt eine eventuelle fehlerhafte Förderung in der Vergangenheit keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung, sondern ist gegebenenfalls ihrerseits zu revidieren. Zum anderen bindet sich die Beklagte nur im Rahmen der konkreten landesrechtlichen Vorgaben und der konkreten Förderprogramme im jeweiligen Förderzeitraum. Darüber hinaus ist es der Beklagten ohnehin unbenommen, ihre Praxis zu ändern (VG Würzburg, U.v. 9.10.2023 – W 8 K 23.316 – juris Rn. 28 mwN). Zudem sprechen sachgerechte Gründe dafür, die jeweiligen Überbrückungshilfen fortzuentwickeln und zu modifizieren, weil sich sowohl die grundsätzliche Pandemielage – trotz hoher 7-Tage-Inzidenz im März und April 2022 (https://corona-pandemieradar.de/de/inzidenz) – tatsächlich geändert hatte, als auch die staatlichen Infektionsschutzmaßnahmen – auf die die Beklagte in ihrer Förderpraxis maßgeblich mit abstellte – gerade im ersten Halbjahr 2022 und erst recht im 2. Quartal 2022 angepasst und weitgehend gelockert wurden. Wesentlicher Aspekt war dabei auch die Zunahme von Geimpften und Genesenen sowie die nicht mehr in gleicher Weise wie zuvor drohende Überlastung des Gesundheitssystems. Infolgedessen konnte die Überbrückungshilfe auch mit Blick auf die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit angepasst werden. Willkür ist erst recht nicht zu erkennen.
63
Soweit die Klägerin – erstmals in der mündlichen Verhandlung – vorgebracht hat, ihr Geschäftsumfeld sei von Schließungsanordnungen betroffen gewesen, die Kunden seien betroffen gewesen und zwar als Veranstalter von Messen und Sportveranstaltungen sowie in der Kulturbranche, ist dem entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen schon deshalb unberücksichtigt bleiben muss und für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung der Beklagten und der Antragsablehnung irrelevant ist, weil dieses Vorbringen neu ist und nicht einmal ansatzweise im Förderverfahren getätigt worden ist. Vielmehr hat der prüfende Dritte – wie schon referiert – auf Nachfrage der Beklagten überhaupt nichts Dahingehendes vorgebracht. Der prüfende Dritte gab auf Rückfrage der Beklagten am 18. November 2022 unter anderem konkret an: Ursächlich für die Umsatzeinbrüche sei gewesen, bei auslaufenden Verträgen aus der Vor-Corona-Zeit die durch die Pandemie eingeschränkte Möglichkeit, neue Verträge abschließen zu können. Trotz der mittlerweile gelockerten Situation seien vor allem regionale Kunden nicht bereit gewesen, Vertriebsmitarbeiter als Externe in ihrem Unternehmen zu empfangen. Größere Unternehmen hielten sich aufgrund unsicherer Lage (Öffnungszeiten, termingerechtes Arbeiten, weitere Lockdowns) ihre Werbeetats weiterhin zurück.
64
Abgesehen davon vermochte die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage keine konkreten Angaben zu machen, etwa, welche Sportveranstaltungen oder sonstigen Veranstaltungen ausgefallen sein sollten, an denen sie mit ihren Webeprodukten hätte teilnehmen können. Sie nannte – abgesehen von einem ausgefallenen Volleyballspiel – weder konkrete Veranstalter, noch den Umfang der dadurch bei ihr angeblich ausgelösten Umsatzausfälle. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angesprochen hat, dass einzelne Sportveranstaltungen ausgefallen sein sollten, weil die Sportler an Corona erkrankt gewesen seien, führt dies nicht zur Förderfähigkeit. Vielmehr betonte die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung explizit die Unsicherheiten und dadurch bedingte Zurückhaltung ihrer Kunden. Bei ihren Kunden seien unter dem Eindruck der Coronapandemie zum einen die finanziellen Möglichkeiten beschränkt gewesen und zum anderen hätten ihre Kunden aufgrund der unsicheren Lage keine weiteren Investitionen gerade in die Produkte der Klägerin tätigen wollen. Dieses Vorbringen begründet jedoch keine Förderfähigkeit.
65
Des Weiteren erschließt sich aus den in Bayern im Förderzeitraum geltenden 15. und 16. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung nicht, dass die von der Klägerseite nur allgemein angesprochenen Veranstaltungen ihrer Kunden – abgesehen von einzelnen lokalen bzw. regionalen Hotspots (vgl. etwa den noch bis 16.2.2022 geltenden § 15 der 15. BayfSMV „Regionaler Hotspot-Lockdown“) – konkret verboten gewesen sein sollten.
66
Selbst unter Berücksichtigung des Vorbringens im Klageverfahren und gerade in der mündlichen Verhandlung wäre die Klägerin nach ihrem Vorbringen insoweit allenfalls in einzelnen Fällen über weniger Kunden und nur mittelbar indirekt („über Eck“) und damit in nicht förderfähiger Weise betroffen gewesen.
67
Ein einfaches Bestreiten der von der Beklagten dargelegten Verwaltungspraxis genügt zudem nicht (BayVGH, B.v. 22.5.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 33 mit Bezug auf BVerwG, B.v. 2.11.2007 – 3 B 58/07 – juris Rn. 6).
68
Auch wenn es keine zwingende Pflicht der Klageseite geben mag, das Bestehen einer entsprechenden Verwaltungspraxis gewissermaßen durch „Gegenbeispiele“ zu entkräften (so BayVGH, B.v. 21.12.2021 – 12 ZB 20.2694 – juris Rn. 28 „keine Pflicht, … das Bestehen einer entsprechenden Verwaltungspraxis … durch „Gegenbeispiele“ zu entkräften“; a.A. SächsOVG, B.v. 4.8.2022 – 6 A 702/19 – juris Rn. 10 „nur, wenn sie Fälle benennt“), reicht eine – wie hier – schlichte, nicht näher substantiierte gegenteilige Behauptung einer anderen Verwaltungspraxis nicht aus, zumal es – wie bereits ausgeführt – gerade im Falle der Gewährung einer Zuwendung bzw. Billigkeitsleistung in der Sphäre des Leistungsempfängers liegt, das Vorliegen der Fördervoraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Dies gilt gleichermaßen, soweit ein Anspruch unter Berufung auf eine Gleichbehandlung eingefordert wird (siehe schon VG Würzburg U.v. 14.11.2022 – 8 K 22.1124 – BeckRS 2022, 34296 Rn. 70 mit Bezug auf VG Halle, U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22 HAL – BeckRS 2022, 9223 Rn. 25.). Ein einfaches Bestreiten der von der Beklagten dargelegten Verwaltungspraxis bzw. das pauschale Behaupten einer gegenläufigen Förderpraxis genügt nicht (so ausdrücklich BayVGH, B.v. 22.5.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 33 mit Bezug auf BVerwG, B.v. 2.11.2007 – 3 B 58/07 – juris Rn. 6).
69
Letztlich kommt es auf den Einzelfall an, ab welcher Zahl von qualitativ vergleichbaren Abweichungen in anderen Antragsverfahren – die im vorliegenden Fall bezogen auf Bayern schon gar nicht aufgezeigt wurden – in Relation zur Gesamtzahl der Fälle eine Duldung der abweichenden Praxis angenommen werden kann (vgl. SächsOVG, B.v. 4.8.2022 – 6 A 702/19 – juris Rn. 10 mit Bezug auf BVerfG, B.v. 12.7.2007 – 1 BvR 1616/03 – juris Rn. 15 „offengelassen“). Umgekehrt bedarf es zur Begründung einer Verwaltungspraxis keiner bestimmten Zahl an Fällen; hierzu kann bereits die Verlautbarung einer geplanten Vorgehensweise durch Verwaltungsvorschrift (antizipierte Verwaltungspraxis) oder eine erste Entscheidung ausreichen, die in Verbindung mit dem Gleichheitssatz grundsätzlich zur Selbstbindung der Verwaltung führt (SächsOVG, B.v. 4.8.2022 – 6 A 702/19 – juris Rn. 10; vgl. auch Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 40 Rn. 60).
70
Der Beklagten obliegt dabei – wie schon dargelegt – allein die Auslegung der Richtlinie Überbrückungshilfe IV samt FAQ und die Bestimmung über die konkrete Handhabung im Rahmen ihrer Verwaltungspraxis.
71
Für die Plausibilität der Verwaltungspraxis der Beklagten spricht Nr. 2.1 S. 1 Buchst. e) und S. 3 bis 5 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV, in der ausdrücklich als Beispiel für coronabedingte Umsatzeinbrüche vom Betroffensein durch staatliche Schließungsanordnungen die Rede ist. Sonstige Umsatzeinbrüche aufgrund saisonaler oder inhärenter Schwankungen sind nicht förderfähig, auch nicht Einbrüche aufgrund wirtschaftlicher Faktoren allgemeiner Art oder aufgrund zeitlicher Verschiebungen bzw. aufgrund von Schwierigkeiten in der Mitarbeiterrekrutierung wegen Betriebsferien (ebenso Nr. 2 Abs. 7a der Vollzugshinweise). Nr. 1.2 der FAQ spricht zudem darüber hinaus ausdrücklich von „Schließungsanordnungen des betreffenden Bundeslandes“ und verdeutlicht so die Relevanz nationaler Infektionsschutzmaßnahmen für die Coronabedingtheit. Weiter begründen auch nationale Quarantäneanordnungen oder Coronaerkrankungen betreffend die Belegschaft die Coronabedingtheit, wenn der Ausfall der Belegschaft zu Umsatzeinbrüchen führt.
72
Den – bereits skizzierten – Ausführungen der Klägerseite im Verwaltungsverfahren war und ist – genauso wenig wie im Klageverfahren – keine Coronabedingtheit im Sinne der Fördervoraussetzungen gemäß der Verwaltungspraxis zu entnehmen.
73
Der Freistaat Bayern gewährt im Übrigen eine finanzielle Überbrückungshilfe für Unternehmen, die unmittelbar oder mittelbar durch coronabedingte Auflagen oder Schließungen betroffen sind, als Unterstützungsleistung. Die Überbrückungshilfe erfolgt durch teilweise oder vollständige Übernahme der erstattungsfähigen Fixkosten. Die Überbrückungshilfe IV ist in Form einer Billigkeitsleistung gemäß Art. 53 BayHO als freiwillige Zahlung zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz zu gewähren, wenn Unternehmen coronabedingt erhebliche Umsatzausfälle erleiden. Durch Zahlungen zur temporären Überbrückung („Überbrückungshilfe“) als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten soll ihre wirtschaftliche Existenz gesichert werden (Vorbemerkung S. 1 und S. 2 sowie Nr. 1 S. 7 und S. 8 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV).
74
Danach entspricht es im Lichte der vorgenannten Zielbestimmung der Zuwendungsrichtlinie mithin gerade nicht dem Wesen der Überbrückungshilfe, alle in irgendeiner Form mit der Corona-Pandemie zusammenhängenden wirtschaftlichen Einbußen der Wirtschaftsteilnehmer zu ersetzen oder die Klägerin im Förderzeitraum von betrieblichen Fixkosten völlig freizustellen. Vielmehr soll ausdrücklich lediglich ein Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten geleistet werden. Ziel ist die wirtschaftliche Existenzsicherung, nicht aber die vollständige Abfederung jeglicher coronabedingter Einbußen. Aus dem Umstand, dass die Überbrückungshilfe ergänzend zu einer reinen Fixkostenerstattung in gewissem Umfang auch die zumindest temporäre wirtschaftliche Anpassung von Unternehmen an die Umstände der Coronapandemie fördert, folgt nichts anderes. Auch über eine reine Fixkostenerstattung hinausreichende Fördergegenstände beschränken sich letztlich auf einzelne, typische, unmittelbar auf pandemiebedingte Vorgaben zurückgehende Maßnahmen zur temporären, existenzsichernden Überbrückung. Es entspräche auch nicht der Zielsetzung der Förderprogramme der Überbrückungshilfe, aus der Perspektive einzelner Wirtschaftsteilnehmer einen umfassenden Ersatz jeglicher wirtschaftlichen Einbußen zur Verfügung zu stellen, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie entstanden sind (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris 22 f.; B.v. 22.5.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 42 sowie VG Aachen, U.v. 6.11.2023 – 7 K 981/23 – juris Rn. 31; VG Augsburg, U.v. 19.7.2023 – Au 6 K 22.1310, Au 6 K 22.2318 – BeckRS 2023, 24359 Rn. 91; VG München, U.v. 18.8.2023 – M 31 K 21.4949 – juris Rn 24. ff.; U.v. 28.6.2023 – M 31 K 22.1561 – juris Rn. 26 ff.; U.v. 21.4.2023 – M 31 K 22.84 – juris Rn. 29 ff.; U.v. 10.3.2023 – M 31 K 22.1123 – juris Rn. 29 und 31; jeweils mit Bezug auf VG Würzburg, U.v. 13.2.2023 – W 8 K 22.1507 – juris Rn. 84, 92, 99).
75
Denn die Gewährung der Überbrückungshilfe IV setzt erhebliche coronabedingte Umsatzeinbußen voraus und dient als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten und der Existenzsicherung des Betriebes. Damit wird deutlich, dass zwischen der betrieblichen Ausgabe und der Aufrechterhaltung des Betriebs ein Zusammenhang bestehen muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 42).
76
Die Klägerin hat keine letztlich durchgreifenden Argumente vorgebracht, die für eine andere – in Bayern geübte – Verwaltungspraxis sprechen und eine andere Beurteilung rechtfertigen würden. Im Übrigen könnten einzelne Ausreißer in den vorliegenden Massenverfahren für sich nicht eine gegenläufige Verwaltungspraxis begründen (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 18 ff.), sondern wären gegebenenfalls im Rahmen der Schlussprüfung zu korrigieren.
77
Die Beklagte hat wiederholt (auch in anderen bei Gericht anhängigen Verfahren) betont, dass sich die Verwaltungspraxis allein auf ihren Zuständigkeitsbereich in Bayern bezieht und auch beschränkt und dass die konkrete Förderpraxis in anderen Bundesländern, die sich auf die Tätigkeit anderer Bewilligungsstellen auf der Basis der dort jeweils geltenden Richtlinie bezieht, für sie nicht relevant war und ist.
78
Nach alledem war nach der plausibel dargelegten Förderpraxis die Förderfähigkeit der streitgegenständlichen Umsatzeinbrüche aus der Sicht der Beklagten mangels Coronabedingtheit zu verneinen.
79
In der vorliegenden Konstellation ist weiter kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Entscheidung der Beklagten hätte gebieten müssen (vgl. OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris; kritisch VG München, U.v. 5.7.2022 – M 21 K 21.1483 – BayVBl. 717, 719/720 – juris Rn. 33 ff.), weil der konkrete Sachverhalt keine außergewöhnlichen Umstände aufweist, die von der Richtlinie und der darauf basierenden Förderpraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten. Denn die von der Beklagten nach ihrer Verwaltungspraxis und nach ihrem Verständnis der Coronabedingtheit (insbesondere erforderlicher konkreter Bezug zu nationalen Infektionsschutzmaßnahmen) zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses erfolgte Ablehnung der Förderfähigkeit des streitgegenständlichen Umsatzausfalles ist keine atypische Besonderheit, die eine abweichende Behandlung gebietet, sondern gängige Praxis in einer typischen Fallkonstellation wie auch bei anderen Betrieben und in anderen Branchen. Daran ändert sich auch nichts durch das – im Verwaltungsverfahren zwangsläufig nicht zu berücksichtigende – Vorbringen im Klageverfahren. So liegt kein atypischer Ausnahmefall vor, sondern eine Fallgestaltung, die häufiger vorkommt und nach der Ausgestaltung der Förderpraxis und des praktizierten Förderverfahrens gerade nicht gefördert werden soll.
80
Des Weiteren ist der Ausschluss der Klägerin von der Förderung auch sonst nicht willkürlich, weil sachgerechte und vertretbare Gründe von der Beklagtenseite vorgebracht wurden.
81
Der Allgemeine Gleichheitssatz gebietet nur, ein gleichheitsgerechtes Verteilungsprogramm zu erstellen und in diesem Rahmen einen Anspruch zu gewähren (NdsOVG, U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 25; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98 – juris Rn. 21).
82
Aufgrund des freiwilligen Charakters einer Förderung und dem weiten Ermessen des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien ist eine entsprechende Nachprüfung der Förderrichtlinien nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Förderungsempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 119 – juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 – M 31 K 19.203 – juris Rn. 15). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – BVerfGE 1, 14, 52 – juris LS 18 und Rn. 139; B.v. 19.10.1982 – 1 BvL 39,80 – BVerfGE 61, 138, 147 – juris Rn. 34) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. auch VGH BW, U.v. 13.7.2023 – 14 S 2699/22 – juris Rn. 69 u. 72).
83
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 346 – juris Rn. 32). Geboten ist so eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Nicht erlaubt ist eine uneinheitliche und damit objektiv willkürliche Förderpraxis (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.727 – DVBl 2013, 1402). Auch in der vorliegenden Subventionssituation ist es allein Sache des Richtlinien- bzw. Zuwendungsgebers, den Kreis der Antragsberechtigten und den Kreis der förderfähigen Aufwendungen nach seinem eigenen autonomen Verständnis festzulegen. Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben, hier vor allem bestimmte Kostenpositionen bzw. Umsatzeinbrüche, die nach der Behördenpraxis nicht als pandemiebedingt und zur wirtschaftlichen Existenzsicherung als notwendig angesehen wurden, auszuschließen. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt – auch bei Corona-Beihilfen – mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG Bayreuth, G.v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 35; VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 23 ff.; U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 27 ff.; U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 28; BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 13; NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 33 ff.; VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris Rn. 48; VG Köln, G.v. 17.8.2015 – 16 K 6804/14 – juris; jeweils m.w.N.).
84
Der Zuwendungsgeber hat dabei einen weiten Gestaltungsspielraum, soweit er bei der Förderung nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten vorgeht. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen der öffentlichen Hand in weitem Umfang zu Gebote (SächsOVG, U.v. 29.3.2023 – 6 A 158/20 – juris Rn. 38; U.v. 24.11.2021 – 6 A 540/19 – juris Rn. 48 ff.; OVG LSA, B.v. 26.4.2021 – 1 L 49/19 – juris Rn.10; NdsOVG, U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 28; U.v. 15.9.2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 43; U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 30 ff. und 38; OVG NRW, U.v. 22.3.2021 – 14 A 1131/18 – DWW 2021, 186 – juris Rn. 44; m.w.N.).
85
Insofern steht dem Zuwendungsgeber auch hinsichtlich der Regelungen der verfahrensmäßigen und inhaltlichen Anforderungen an den Antrag auf Gewährung einer Zuwendung ein breiter Gestaltungs- bzw. Ermessensspielraum zu. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die zur Bewilligung zuständige Stelle sich bei der Entscheidung des Einzelfalles auf den schlichten Wortlaut der Richtlinie beruft oder diesen ihrerseits interpretiert (OVG NRW, B.v. 7.11.2023 – 1 A 1632/21 – juris Rn. 19 ff.).
86
Der Zuwendungs- und Richtliniengeber ist auch bei Corona-Beihilfen, wie hier bei der Überbrückungshilfe, nicht daran gehindert, den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken und mit Blick auf die Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel zu begrenzen. Es kommt nur darauf an, ob die von der Beklagtenseite entwickelte Förderpraxis dem entsprechenden Zweck der Förderrichtlinie und dem Willkürverbot gerecht wird. Das Gestaltungsermessen erfasst auch die Ausgestaltung des Förderverfahrens, auch angesichts der Pflicht zur sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln. Nur der Zuwendungs- und Richtliniengeber bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 20, 21 und 63; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19).
87
Die Beklagte hat im schriftlichen und mündlichen Vorbringen ihrer Bevollmächtigten im Klageverfahren nachvollziehbar dargelegt, dass es nicht willkürlich und ohne Sachgrund sei, die streitgegenständliche Förderung auf solche Betriebe zu beschränken, deren Umsatzeinbruch – nach ihrem Verständnis -coronabedingt sei. Mit der Überbrückungshilfe IV, die als außerordentliche Wirtschaftshilfe ausgestaltet sei, sollten diejenigen Unternehmen gefördert werden, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Coronapandemie erlitten hätten (vgl. Nr. 1 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV). Diesem Zweck würde nicht entsprochen, würden auch Umsatzausfälle ausgeglichen, die auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art zurückzuführen seien. Das Förderverfahren sei zudem auf eine rasche und unkomplizierte Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel ausgelegt. Dies erfordere die Schaffung klarer Abgrenzungskriterien. Es sei auch deshalb sachgerecht, auf objektive und eindeutige Kriterien wie die Betroffenheit von Infektionsschutzmaßnahmen bzw. die Zugehörigkeit zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche abzustellen. Dies seien für den vorliegend relevanten Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 BV ausreichende Differenzierungsgründe.
88
Die Beklagte durfte weitgehend frei auf die von ihr als maßgeblich erachteten Gesichtspunkte zurückgreifen. Denn es ist grundsätzlich die Sache des Richtlinien- und Zuwendungsgebers, ausgeprägt durch seine Verwaltungspraxis, zu entscheiden, welche Merkmale er bei dem Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansieht, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln (NdsOVG, U.v. 6.12.2022 – 10 LB 112/21 – juris Rn. 26; U.v. 15.9.2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 42 f. mit Bezug auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.7.2011 – 1 BvR 932/10 – juris Rn. 33).
89
Der Gleichheitssatz ist nicht bei jeder Differenzierung verletzt, wenn rechtfertigende Sachgründe vorliegen. Gerade bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist es zulässig, zugunsten eines praktikablen Verwaltungsverfahrens im weiten Umfang zu typisieren und generalisieren, auch wenn dies zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit geht, insbesondere wenn es sich um die Gewährung einer Leistung handelt, auf die weder ein verfassungsrechtlicher noch ein einfachgesetzlicher Anspruch besteht (vgl. NdsOVG, U.v. 21.4.2022 – 10 LC 204/20 – juris Rn. 33 u. 75). Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl von Einzelfällen im Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen. Gleiches gilt im Wesentlichen auch für die Bindung der Verwaltung im Bereich der Zuwendungsgewährung. Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, Maßstäbe zur Gewährung einer Förderung nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen, und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Mit Blick auf den Zweck und die Voraussetzungen der Zuwendungsgewährung im Rahmen der Überbrückungshilfe ist dabei festzuhalten, dass die Überbrückungshilfe als Billigkeitsleistung von einer gegebenenfalls erforderlichen Entschädigung oder einem Ausgleich für infektionsschutzrechtliche Maßnahmen deutlich zu unterscheiden ist (VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 33 u. 38 m.w.N.).
90
Die Ausgestaltung des Förderverfahrens in Anknüpfung an die Angaben des jeweiligen Antragstellenden im Online-Verfahren dient der Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung und vermeidet aufwendige und längere Prüfungen, die dem Ziel der möglichst schnellen und zeitnahen Bewilligung von Mitteln entgegenstünden. Die Ausgestaltung des Verfahrens bei Corona-Hilfen der vorliegenden Art baut maßgeblich auf die besondere Funktion des eigens eingebundenen prüfenden Dritten bei der Antragstellung, um überhaupt eine korrekte sowie zügige und effektive Bewältigung der Vielzahl von Förderanträgen seitens der Bewilligungshilfe gewährleisten zu können (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95 – juris Rn. 104; siehe auch VG München, U.v. 1.3.2023 – M 31 K 22.3666 – juris Rn. 26 „qualifiziert-objektive Gewährsfunktion“ des prüfenden Dritten; U.v. 8.2.2023 – M 31 K 21.5025 – BeckRS 2023, 2626 Rn. 26). Nach der Systematik des Verwaltungsverfahrens darf die Bewilligungsstelle – außer in Verdachtsfällen – auf die vom prüfenden Dritten gemachten Angaben vertrauen (vgl. Nr. 9.1 Satz 2 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV), auch um eine zügige Vergabe der Fördermittel zu gewährleisten und die Haushaltsmittel dennoch vor einer unberechtigten Inanspruchnahme zu schützen (BayVGH, B.v. 22.5.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 29 f.). Primär liegt es im Verantwortungsbereich der Klägerseite zu prüfen, ob eine Antragsberechtigung gegeben war (vgl. VG Magdeburg, U.v. 23.8.2023 – 6 A 6/23 MD – juris Rn. 90; vgl. auch BayVGH, B.v. 22.9.2023 – 22 ZB 22.1195 – juris Rn. 32 f.). Bei der Gewährung der Corona-Hilfe, wie hier der Überbrückungshilfe IV, handelt es sich um ein Massenverfahren, bei dem im Bewilligungsverfahren keine Einzelprüfung in der Tiefe erfolgen kann und es gerade um eine schnelle und effiziente Hilfe für möglichst viele Wirtschaftsteilnehmer gehen soll (vgl. VG Halle, U.v. 8.3.2022 – 4 A 11/22 – juris Rn. 32). Zudem ist es dem Richtlinien- und Zuwendungsgeber nach dem Ziel der Gewährleistung eines möglichst einfachen und effektiven Verwaltungsvollzugs nicht verwehrt, die Förderung und seine Modalitäten entsprechend danach auszurichten (vgl. VG München, U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 27 und 32). Die Beklagte darf gerade in Massenverfahren mit einer Vielzahl von Einzelfällen typisieren, generalisieren und pauschalieren, ohne dass dies gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt (VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 33 m.w.N.), auch wenn es zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit gehen mag (NdsOVG, B.v. 2.11.2022 – 10 LA 79/22 – juris Rn. 14; vgl. auch VGH BW, U.v. 13.7.2023 – 14 S 2699/22 – juris Rn. 79).
91
Soweit die Klägerin gleichwohl eine Ungleichbehandlung zwischen sich und anderen sieht, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie gerade gleichbehandelt wird wie andere Betriebe in Bayern in vergleichbarer Fallkonstellation, die ebenfalls in vergleichbarer Situation nicht gefördert wurden, wie die Beklagte plausibilisiert hat. Das Vorbringen der Klägerin ändert nichts an der Zulässigkeit der typisierenden Regelung, die im zulässigen Rahmen auf eine Weiterdifferenzierung bezogen auf jeden einzelnen Fall verzichtet (vgl. VG München, U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris Rn. 30 ff.). Auch die gravierenden Auswirkungen der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen trafen die Klägerin zudem nicht allein, sondern eine Vielzahl von Geschäftstreibenden in vergleichbarer Situation.
92
Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinie und der darauf aufbauenden Förderpraxis bestehen keine triftigen Anhaltspunkte. Dass die Beklagte in vergleichbaren Zuwendungsfällen – bewusst abweichend von der eigenen Förderpraxis – anders verfahren wäre, ist nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt und substantiiert. Vielmehr haben die Beklagtenbevollmächtigten die Vorgehensweise und die Beweggründe der Beklagten im Verwaltungs- und Klageverfahren dargelegt und erläutert, warum eine Coronabedingtheit der Umsatzeinbrüche verneint worden sei, weil sie nicht unmittelbar und konkret genug auf die nationalen Infektionsschutzmaßnahmen, sondern auch auf andere Faktoren zurückzuführen gewesen seien und Fernwirkungen der Pandemie nicht ausreichten. Demnach stellen die unterschiedlichen Behandlungen – auch gemäß der Nähe zu konkreten Infektionsschutzmaßnahmen, konkret zu bayerischen Maßnahmen – einen vertretbaren sachlichen Grund im Blick auf die Verneinung der Förderberechtigung der Klägerin dar. Infolgedessen liegt auch keine Ungleichbehandlung, sondern eine Gleichbehandlung wie in vergleichbaren Förderfällen vor.
93
Selbst eine unrichtige, weil richtlinienwidrige Sachbehandlung der Behörde in anderen Einzelfällen wäre unschädlich, weil dadurch keine abweichende Verwaltungspraxis begründet würde (vgl. BayVGH, B.v. 24.8.2021 – 6 ZB 21.972 – juris Rn. 8 u. 10 sowie NdsOVG, U.v. 5.5.2021 – 10 LB 201/20 – NVwZ-RR 2021, 835 – juris LS 1 u. Rn. 31 f. und ausführlich VG Würzburg, Ue.v. 10.5.2021 – W 8 K 20.1659 bzw. W 8 K 20.1864 – jeweils juris Rn. 38 m.w.N.).
94
Denn selbst, wenn in einzelnen Fällen andere Empfänger gleichwohl Aufwendungen bzw. Umsatzausfälle der streitgegenständlichen Art gefördert bekommen hätten bzw. haben, soweit diese überhaupt vergleichbar wären, und nicht oder (noch) nicht überprüft sowie zur Rückforderung aufgefordert sein sollten, könnte die Klägerin nichts für sich daraus herleiten. Denn die Klägerin kann – selbst bei einer rechtswidrigen Förderung einzelner anderer Personen oder Unternehmen, die die Voraussetzungen der Richtlinien nicht erfüllen – „keine Gleichbehandlung im Unrecht“ für sich beanspruchen (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 26.2.1993 – 8 C 20/92 – BVerwGE 92, 153 – juris Rn. 14 m.w.N.; NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 37 u. 51 f.). Art. 3 Abs. 1 GG begründet keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Verhältnis zu solchen Personen, denen rechtswidrige Vergünstigungen zugewandt bzw. (vorläufig oder endgültig) belassen wurden. Mit einer in Einzelfällen unrichtigen Sachbehandlung hat die Beklagte keine abweichende Verwaltungspraxis konstituiert. Es ist nicht erkennbar, dass der Urheber der Richtlinie eine betreffende Abweichung billigt oder duldet. Dafür bedürfte es einer aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar werdenden Absicht, zukünftig vergleichbare Fälle ebenso zu behandeln. Eine solche Praxis setzt dabei bewusst und gewollt einen dauerhaft geänderten Vollzug voraus, der sich aus einer im Nachhinein als fehlerhaft erkannten Rechtsanwendung im Einzelfall gerade nicht ergibt. Eine Abweichung in Einzelfällen ohne rechtfertigenden Grund ist wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes rechtswidrig und begründet keine Änderung der Verwaltungspraxis (NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 29 f.; U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98 – juris Rn. 42 u. 44; VG München U.v. 26.7.2023 – M 31 K 22.3594 – juris Rn. 38 f.; U.v. 23.3.2021 – M 31 K 20.4082 – juris Rn. 42; VG Stuttgart, U.v. 26.7.2023 – 3 K 4298/22 – juris Rn. 38; vgl. auch Aschke in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 60. Ed. Stand: 1.1.2023, § 40 Rn. 65 f. m.w.N.) und damit auch keinen Anspruch der Klägerin. Denn die Klägerin kann nicht verlangen, dass die gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebundene Beklagte ihr gegenüber gewissermaßen ihren Fehler wiederholt und entsprechend eine rechtswidrige Bewilligung der Förderung ausspricht (BVerwG, U.v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 – BVerwGE 134, 206 – juris Rn. 24, kein „Fehlerwiederholungsanspruch“). Vielmehr wird umgekehrt hinsichtlich der rechtswidrig begünstigten Anderen ein Rücknahmeverfahren zu prüfen sein bzw. im Rahmen eines Schlussbescheids eine Korrektur im gesetzlichen Rahmen zu erfolgen haben (vgl. VG München, U.v. 28.6.2023 – M 31 K 22.1561 – juris Rn. 44; BayVGH, B.v. 24.8.2021 – 6 ZB 21.972 – juris Rn. 6 ff.; VG Gießen, U.v. 30.8.2021 – 4 K 573/21.GI – juris Rn. 17 ff.; VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 79 und U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.577 – BeckRS 2022, 22894 Rn. 75.; U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1303 – juris; U.v. 17.5.2021 – W 8 K 20.1561 – juris; U.v. 10.5.2021 – W 8 K 20.1659 und W 8 K 20.1864 – jeweils juris Rn. 38). Letzteres hat die Beklagte in bei Gericht anhängigen Klageverfahren wiederholt angekündigt und dazu nach eigenen Angaben auch eigens ihr Personal aufgestockt (vgl zum Ganzen auch BayVGH, B.v. 23.10.2023 – 22 ZB 23.1426 – BeckRS 2023, 34287 Rn. 15).
95
Der Umstand, dass es in diesen Massenverfahren gepaart mit einem schnellen Entscheidungsbedarf auch zu fehlerhaften Zuwendungsentscheidungen, die über das von der Verwaltungspraxis Gedeckte hinausschießen, kommt, ist nachvollziehbar und durchaus realitätsnah. Infolgedessen sind die Förderentscheidungen, teilweise über Abschlagszahlungen, durchweg mit einem Vorläufigkeitsvorbehalt bzw. dem Hinweis auf eine nachherige Prüfung sowie eine mögliche Rückforderung versehen. Derartige Fallkonstellationen zu Rückforderungsbescheiden sind häufig Gegenstand gerichtlicher Verfahren und daher gerichtsbekannt.
96
Auch aus in vorangegangenen Zeiträumen positiv verbeschiedenen Anträgen der Klägerseite auf Überbrückungshilfe resultiert – wie bereits ausgeführt – mangels Vergleichbarkeit kein Verstoß gegen das Willkürverbot.
97
Ein Vergleich mit der Förderpraxis in den anderen Bundesländern ist mit Blick auf eine mögliche Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht anzustellen, da allein die Verwaltungspraxis im Freistaat Bayern – für den die Beklagte gemäß § 47b ZustV als Beliehene handelt – ohne Rücksicht auf die Praxis in anderen Bundesländern und die dortigen Förderleistungen maßgeblich ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 24 f.; SächsOVG, U.v. 24.11.2021 – 6 A 540/19 – juris Rn. 24; OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris). Die landesrechtlichen Vorgaben zur Gewährung von Zuwendungen sind nur für das jeweilige Bundesland verbindlich, ohne dass es darauf ankommen kann, ob in anderen Bundesländern abweichende Fördervoraussetzungen zur Anwendung gelangen oder in der Vergangenheit gelangt sind. Art. 3 Abs. 1 GG bindet jeden Träger öffentlicher Gewalt allein in dessen Zuständigkeitsbereich. Auf die Förderpraxis anderer Bundesländer mit möglicherweise anderen förderpolitischen Zielsetzungen kann sich ein Kläger bzw. eine Klägerin zur Begründung eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit Erfolg berufen. Die föderale Struktur überlässt den jeweiligen Bundesländern einen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der Förderung und rechtfertigt gerade unterschiedliche Regelungen und Förderungen sowie Schwerpunktsetzungen in einzelnen Bundesländern und damit auch eine abweichende Ausgestaltung der Förderpraxis im Detail (vgl. VG Würzburg, U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1302 – juris Rn. 48 und U.v. 20.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris Rn. 55; mit Verweis auf OVG SH, U.v. 19.10.2015 – 2 LB 27/15 – juris Rn. 45; VG Koblenz, U.v. 20.3.2015 – 5 K 9/14.KO – juris Rn. 30; BVerfG, U.v. v 23.11.1988 – 2 BvR 1619/83, 2 BvR 1628/83 – BVerfGE 79, 127, 158 sowie Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 40 Rn. 129; Aschke in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 60. Ed. Stand: 1.1.2023, § 40 Rn. 69; sowie VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 80 und U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.577 – BeckRS 2022, 22894 Rn. 76.; jeweils m.w.N.).
98
Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass die Rüge der Ungleichbehandlung im Vergleich von Bayern zu Fallgestaltungen in anderen Bundesländern nicht durchgreift, weil es maßgeblich auf die einheitliche Förderpraxis innerhalb des Gebietes des Freistaates Bayern ankommt (BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 24 betreffend VG Würzburg, U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris Rn. 109 f. zur Überbrückungshilfe III; BayVGH, B.v. 17.3.2022 – 6 ZB 21.2057 – juris Rn. 13 betreffend VG Würzburg, U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1302 – juris Rn 48 zum Landwirtschaftsrecht).
99
Abgesehen davon, dass die Klägerin aus Förderfällen in anderen Bundesländern für sich in Bayern rechtlich nichts herleiten kann, ist zu betonen, dass der streitgegenständlichen Förderung eine Richtlinie des Freistaates Bayern und gerade kein formelles oder materielles Bundesgesetz zugrunde liegt, also kein Akt des Bundes und auch keine Rechtsvorschrift (vgl. auch schon BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris Rn. 28; B.v. 29.9.2022 – 22 ZB 22.213 – BA Rn. 28), die die Ermessensentscheidung über die Gewährung der Überbrückungshilfe leiten sollen, auch wenn die FAQ bundesweit einheitlich sind und die Förderung auch aus Bundesmitteln erfolgt. Maßgeblich ist danach die aus der bayerischen Richtlinie abgeleitete, tatsächlich geübte Verwaltungspraxis im Zuständigkeitsbereich der Beklagten für den Freistaat Bayern. Die gegenteilige Sicht geht damit ins Leere (BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 24 u. 25).
100
Demnach ist festzustellen, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Überbrückungshilfe IV hatte und hat.
101
Nach alledem war die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
102
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
103
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.