Titel:
Erfolglose Klage eines staatenlosen Palästinensers aus Libyen auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft
Normenketten:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
Leitsätze:
1. Ein Wegfall des Schutzes oder Beistands iSv § 3 Abs. 3 S. 2 AsylG setzt zunächst voraus, dass dem betreffenden Staatenlosen durch das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) Schutz oder Beistand gewährt worden war und dieser das Einsatzgebiet des UNRWA verlassen hat. Hieran fehlt es, wenn der Betroffene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor der Einreise in die Europäische Union in einem Drittstaat hatte, der nicht zum Einsatzgebiet des UNRWA zählt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme eines staatlichen Verfolgungsprogramms gegen Palästinenser vor. Auch wenn sich deren Situation nach dem Fall des Gaddafi-Regimes verschlechtert hat, geht der libysche Staat nicht planmäßig gegen sie vor. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Libyen, Staatenlose Palästinenser, kein ipso-facto Flüchtling, staatenlose Palästinenser, Flüchtlingseigenschaft, Abschiebungsandrohung nach Libyen, keine Verfolgung in Libyen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 37293
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Kläger, palästinensische Volkszugehörige sunnitischer Religionszugehörigkeit aus Libyen, reisten nach eigenen Angaben am 14. Juli 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 29. Juli 2014 Asylanträge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt). Die Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern der Kläger zu 3) bis 5).
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Bei ihrer Befragung und Anhörung durch das Bundesamt am 2... Juli 2014 und 1... Oktober 2016 gaben die Kläger zu 1) und zu 2) im Wesentlichen an, sie hätten Libyen am 5. Juli 2014 verlassen, hätten sich ca. 8 bis 10 Tage in Italien aufgehalten und seien dann mit dem Zug am 16. Juli 2014 über Österreich nach Deutschland gereist.
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Sie hätten in T. … im Stadtteil Ta. … gelebt.
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Die Klägerin zu 2) erklärte, ihr Elektroingenieurstudium im Jahr 1996 erfolgreich abgeschlossen und dann als Ingenieurin in der Gebäudeplanung gearbeitet zu haben. Sie sei in Ägypten geboren und kurz nach ihrer Geburt mit ihren Eltern nach Libyen gezogen. Sie hätten Libyen wegen des Krieges verlassen. Im ganzen Land seien Kinder entführt und nur gegen Lösegeld freigelassen worden. Ihre Kinder hätten eine private Schule besucht, weil die öffentliche Schule zu gefährlich gewesen wäre. Sie habe angesichts der Nachrichten über entführte und getötete Kinder kaum schlafen können. Palästinenser, Ägypter und Syrer seien seit der Rebellion häufig entführt und umgebracht worden. Ihr Ehemann sei seit 2011 sehr häufig von Soldaten festgenommen worden, weil sie ihm vorgeworfen hätten, anstelle von Medikamenten Drogen zu verkaufen. Sie hätten wegen dieser Probleme ständig umziehen müssen. Einmal sei ihr Mann mit der Waffe bedroht worden und die ganze Familie aus der Wohnung gejagt worden. Er sei wegen seiner palästinensischen Herkunft häufig geschlagen und beleidigt worden. Einmal sei ihr Mann von Milizen am Flughafen L. … in der Nähe von B. … festgenommen worden, weil er keine Personaldokumente gehabt habe, aber ein Bekannter habe ihm geholfen. Sie seien ausgereist, weil sie Angst gehabt hätten, dass ihre Kinder entführt würden. Aus der Taekwando Schule ihrer Kinder sei jemand von Milizen entführt worden. In Libyen gebe es nirgends Sicherheit. Nach Ägypten könnten sie nicht, da sie ein Visum bräuchten und es in Libyen keine ägyptische Botschaft gebe. Ihr Sohn sei am 1... Juli 2014 in der Flüchtlingsunterkunft von einem Syrer sexuell misshandelt worden. Er sei danach einige Monate in ärztlicher Behandlung gewesen. Aktuell solle er noch einmal untersucht werden, ob er ähnlich wie seine Schwester an Epilepsie leide. Er könne seit dem Vorfall kaum schlafen und habe große Konzentrationsschwierigkeiten. Ihre Tochter akzeptiere keine psychologische Behandlung, sie nehme nur Tabletten. Der Arzt sage, sie brauche wohl eine mindestens zweijährige Behandlung, um ihren Zustand zu verbessern. Ihr Mann leide auch an Schlafstörungen, er nehme Tabletten. Er sehe sich als schuldig für den damaligen Vorfall an, da er die Familie nach Deutschland gebracht habe. Bei einer Rückkehr würden sie als Verräter verhaftet und umgebracht werden. Sie hätten keine Rechte. In der Flüchtlingsunterkunft fühlten sie sich nicht sicher. Die Kinder seien sehr traumatisiert und kriegten sofort Panik.
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Der Kläger zu 1) gab an, unter anderem ein Diplom als Apotheker zu haben und 12 Jahre als Leiter einer Medikamentenverteilungsfirma gearbeitet zu haben. Er sei mit drei Jahren aus Ägypten nach Libyen gezogen. Vor der Taekwando Schule seiner Kinder, aber auch vor der Apotheke, in der er gearbeitet habe, sei vor seinen Augen jemand entführt worden. Im Februar 2014 habe es am Flughafen L. … einen Vorfall gegeben, bei dem er von einer unbekannten Person bedroht, geschlagen und beleidigt worden sei, weil er keine Aufenthaltsgestattung gehabt habe und Palästinenser sei. Ein Vermieter habe ihn mit der Waffe bedroht und sie zum Verlassen der Wohnung gezwungen. Der Vermieter habe plötzlich den Mietpreis verdoppelt, das hätten sie sich nicht leisten können. Die Kinder von Syrern und Palästinensern seien in letzter Zeit häufig entführt worden. Das Kind ihrer syrischen Nachbarn sei sexuell missbraucht worden. In ihrem Stadtteil wohnten nur Syrer, deshalb seien sie auch häufig für welche gehalten worden. Die Polizei könne niemanden schützen. Er sei in psychologischer Behandlung und nehme Tabletten, hauptsächlich wegen des Vorfalls mit seinem Sohn.
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Vorgelegt wird eine ärztliche Stellungnahme von Dr. H., Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Integriertes Sozialpädiatrisches Zentrum München, Epileptologie im Epilepsiezentrum LMU, vom ... Juni 2016, in der für die Klägerin zu 3) als Diagnosen V.a. generalisierte Epilepsie G40.3, V.a. juvenile Myoklonus-Epilepsie, V.a vasovagale Synkopen und V.a. posttraumatische Belastungsstörung genannt sind. Die Klägerin zu 3) und ihr Bruder litten an massiven Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Aufmerksamkeitsstörungen. Nach der Stellungnahme von Dr. B., Arzt für Kinder- und Jugendmedizin und ärztlicher Psychotherapeut, Refugio, vom 2... August 2016 zum Antrag auf private Wohnsitznahme sei der Kläger zu 1) seit November 2015 in Psychotherapie; wesentliches Thema seien die Schuldgefühle des Klägers zu 1) wegen des Übergriffs eines Dritten auf den Kläger zu 5). Die private Wohnsitznahme sei auch zur Kontrolle der Epilepsie der Klägerin zu 3) hilfreich. Vorgelegt werden weiter Unterlagen im Zusammenhang mit der gegen den Kläger zu 5) gerichteten Straftat.
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Der Kläger zu 1) legte einen Reisepass der palästinensischen Autonomiebehörde sowie die Kopie einer Geburtsurkunde der palästinensischen Botschaft in Libyen vor. Die Klägerin zu 2) legte die Kopie einer Geburtsurkunde, ausgestellt von Ägypten, vor. Die Kläger zu 1) und zu 2) legten Bestätigungen des UNHCR T. … vom 11. Juni 2014 vor, wonach sie vom UNHCR als Flüchtlinge anerkannt seien, vor. Weiter wurden Geburtsurkunden der Kläger zu 3) bis 5) vorgelegt.
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Mit Bescheid vom 11. Mai 2017, zugestellt am 17. Mai 2017, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1), auf Asylanerkennung (Ziff. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Ziff. 3) ab und verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Ziff. 4). Die Kläger wurden aufgefordert, innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, anderenfalls wurde ihnen die Abschiebung zuvorderst nach Libyen angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreiseverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Am 18. Mai 2017 haben die Kläger Klage beim Verwaltungsgericht München erhoben. Sie beantragen,
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1. den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11. Mai 2017 aufzuheben,
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2. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen,
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3. die Beklagte zu verpflichten, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
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4. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen.
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Zur Begründung wird auf die Angaben gegenüber dem Bundesamt Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 25. November 2020 beantragt die Beklagte
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Zur Begründung wird ergänzend ausgeführt, die Gewährung des subsidiären Schutzstatus komme für die Kläger nach aktueller Lage nicht in Betracht aufgrund der Verständigung von General Haftar und Ministerpräsident al-Sarraj am 23. Oktober 2020 auf einen Waffenstillstand in Libyen.
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Mit Beschluss vom 6. Dezember 2021 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Mit Schriftsatz vom 2. Januar 2022 wiederholt und vertieft der (frühere) Bevollmächtigte der Kläger deren bisheriges Vorbringen vor dem Bundesamt. Insbesondere wird ausgeführt, der Kläger zu 1) sei wegen der Vorkommnisse in Libyen traumatisiert und befinde sich in ärztlicher Behandlung; der behandelnde Arzt sei um ein entsprechendes Attest gebeten worden, das unverzüglich nachgereicht werde. Der Kläger zu 5) sei im Jahr 2014 Opfer eines schweren sexuellen Missbrauchs in der Unterkunft für Asylbewerber geworden; er befinde sich seitdem in ärztlicher Behandlung. Ein entsprechendes Gutachten werde ebenfalls unverzüglich nachgereicht. Entgegen der Auffassung des Bundesamts lägen die Voraussetzungen für § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG vor. Vorgelegt wird eine Bestätigung der Palästinensischen Mission in Berlin, wonach die Kläger palästinensische Volkszugehörige seien.
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Mit Schreiben vom 29. November 2022 und 30. März 2023 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die angekündigten ärztlichen Stellungnahmen, die Kläger zu 1) und zu 5) betreffend, dem Gericht bislang nicht vorliegen, und hat um Vorlage bis zum 16. Januar 2023 gebeten.
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Mit Schriftsatz vom 9. April 2023 lassen die Kläger ergänzend vortragen, trotz möglicher Veränderungen in Libyen herrsche dort immer noch ein innerstaatlicher Konflikt. Die Situation habe sich nicht so entscheidend verbessert, dass die Feststellungen des VG Berlin (U.v. 18.8.2020 – 19 K 69.19.A) nicht mehr zuträfen. Es bestehe eine Reisewarnung. Palästinenser seien in Libyen eine besonders vulnerable Gruppe. Es existierten keine Rückführungsabkommen; in der Praxis könnten die Kläger wohl nicht abgeschoben werden, in jedem Fall könne nicht ein Landesteil, in den abgeschoben werden soll, bezeichnet werden.
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Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 3... Oktober 2023 wird auf das Protokoll hierüber, wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichts- und die Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage zulässig, aber unbegründet.
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a) Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht.
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aa) Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG als ipso-facto-Flüchtlinge.
26
Nach dem durch die vorgelegten Dokumente gestützten klägerischen Vortrag ist davon auszugehen, dass es sich bei den Klägern um staatenlose palästinensische Volkszugehörige handelt, die bis zu ihrer Ausreise ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Libyen hatten.
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Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, dem Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist. Eine Person genießt den Schutz oder Beistand einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 RL 2011/95/EU nur dann, wenn sie diesen Schutz oder Beistand tatsächlich in Anspruch nimmt (EuGH, Urt. v. 17.06.2010 – C-31/09 –, juris Rn. 53). Ein Wegfall des Schutzes oder Beistands im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG setzt also zunächst voraus, dass dem betreffenden Staatenlosen durch das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) Schutz oder Beistand gewährt worden war und dieser das Einsatzgebiet des UNRWA verlassen hat. Hieran fehlt es, wenn der Betroffene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor der Einreise in die Europäische Union in einem Drittstaat hatte, der nicht zum Einsatzgebiet des UNRWA zählt (BVerwG, U.v. 25.4.2019 – 1 C 28/28 – juris Rn. 20 ff.).
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So liegen die Dinge hier, da sich die Kläger im Einsatzgebiet des UNRWA zu keinem Zeitpunkt aufgehalten haben. Die Kläger zu 1) und 2) sind in Ägypten geboren und bereits im Kindesalter nach Libyen gezogen, die Kläger zu 3) – 5) sind in Libyen geboren, so dass davon auszugehen ist, dass sie in Libyen ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor Einreise in die Europäische Union hatten.
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bb) Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG.
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Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 18. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II, S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftslandes) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Als Verfolgungshandlungen gelten gemäß § 3a Abs. 1 AsylG solche Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (Nr. 1), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2).
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Als mögliche Verfolgungsakteure kommen gemäß § 3c AsylG der Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, sowie nichtstaatliche Akteure in Betracht, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung im Sinne des § 3d AsylG zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
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Für die Frage der Verfolgungswahrscheinlichkeit im Falle der Rückkehr in den Heimatstaat ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Dies setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 32). Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 – juris Rn. 24; U.v. 5.11.1991 – 9 C 118/90 – juris Rn. 17). Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab gilt unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Vorverfolgte werden nach den unionsrechtlichen Vorgaben über die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU privilegiert. Danach besteht bei ihnen eine tatsächliche Vermutung, dass ihre Furcht vor Verfolgung begründet ist. Diese Vermutung kann widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass ihnen erneut eine derartige Verfolgung droht (BVerwG, U. v. 4.7.2019 – 1 C 37/18 – juris Rn. 14).
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Die Voraussetzungen des § 3 AsylG für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind nicht erfüllt. Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Kläger nicht erkennbar. Hierzu wird zunächst auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides verwiesen (§ 77 Abs. 3 AsylG).
34
(1) Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich nicht, dass sie Libyen vorverfolgt verlassen haben, weil sie bereits verfolgt worden sind oder von einer Verfolgung unmittelbar bedroht waren. Soweit die Kläger zu 1) und zu 2) darauf verweisen, dass der Kläger zu 1) in Libyen mehrfach von Soldaten wegen des unberechtigten Vorwurfs, anstatt mit Medikamenten mit Drogen zu handeln oder mit Medikamenten die Rebellen zu unterstützen, festgenommen worden sei, zudem einmal von Milizen am Flughafen L. … festgenommen und sehr häufig von Soldaten durchsucht, geschlagen und beleidigt worden sei, erlaubt dieser Vortrag nicht die Feststellung eines Verfolgungsgrunds. Nach dem Vorbringen des Klägers zu 1) ist dieser aufgrund seiner Tätigkeit als Sales Manager viel unterwegs gewesen und bei den zahlreichen Checkpoints befragt und durchsucht worden. Grund für die Verhaftung am Flughafen sei das Fehlen von Personaldokumenten gewesen. Anknüpfungspunkt für die geschilderten Handlungen der Milizen waren demnach die berufliche Tätigkeit des Klägers zu 1) im Medikamentenhandel bzw. das Fehlen von Personaldokumenten, nicht hingegen seine palästinensische Volkszugehörigkeit. Ungeachtet dessen sind die geschilderten Handlungen auch in ihrer Kumulierung nicht derart gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Auch soweit die Kläger vortragen, ein Vermieter habe eine Waffe auf den Kläger zu 1) gerichtet und die Familie trotz eines gültigen Mietvertrags aus der Wohnung verjagt, betrifft dieser Vortrag eine (kriminelle) Handlung des Vermieters, die nicht mit einem Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3 b AsylG verknüpft ist (§ 3a Abs. 3 AsylG); nach dem Vortrag des Klägers zu 1) vor dem Bundesamt war Grund hierfür, dass der Vermieter plötzlich das Doppelte des bisherigen Mietzinses verlangt habe. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Vermutung des Klägers zu 1), dass der Vermieter sie einfach habe loswerden wollen und dass jemand mit einem libyschen Hintergrund mit Sicherheit eine Lösung dafür gefunden hätte. Denn auch daraus lässt sich nicht schließen, dass das Verhalten des Vermieters an einen Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3 b AsylG anknüpfte, sondern allenfalls, dass der Vermieter möglicherweise bei einem Mieter mit mehr Einfluss oder besseren Verbindungen von seinem Tun abgesehen hätte. Gleiches gilt, soweit der Kläger zu 1) vorträgt, er sei grundlos gekündigt worden und, als er sich hiergegen gerichtlich zur Wehr setzen habe wollen, von seinem Arbeitgeber bedroht worden.
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Soweit die Kläger auf zahlreiche Entführungsfälle hinweisen, bieten der Vortrag der Kläger und die vorliegenden Erkenntnismittel keine Grundlage für die Annahme einer den Klägern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden und mit einem Verfolgungsgrund verknüpften Entführung. Im Lagebericht des Auswärtigen Amts (im Folgenden: Lagebericht AA) vom 12. Februar 2018 (S. 12), die Zeit bis Januar 2018 betreffend, ist dargestellt, dass es in Libyen zu zahlreichen Entführungen durch Milizen gekommen sei. Die Anzahl dieser „kommerziellen“ Entführungen steige mit der sich zunehmend verschlechternden Wirtschaftslage (ähnlich: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – BFA –, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Libyen, 23.1.2017). Nach dem aktuellen Lagebericht werden bei kommerziell motivierten Entführungen für die Freilassung der Geiseln von ihren Familien große Geldsummen verlangt und bei Nichtzahlung die Geiseln teilweise ermordet. Opfer politisch motivierter Entführungen könnten insbesondere Politiker, Beschäftigte des Justizwesens, Aktivisten, Journalisten, aber auch Kinder sein (Lagebericht AA v. 12.5.2023, S. 13). Aus den Schilderungen der Kläger zu Entführungen in ihrer Nachbarschaft oder ihrem sonstigen persönlichen Umfeld ergibt sich weder, dass ihnen selbst mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ebenfalls eine Entführung drohen würde, noch, dass eine derartige Entführung nicht kommerziell motiviert, sondern gerade im Hinblick auf ihre palästinensische Volkszugehörigkeit erfolgen würde.
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Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung eine bedrohliche Situation schildern, als sie mit dem Auto unterwegs waren, zunächst einen Checkpunkt nicht sahen und Soldaten beinahe auf sie geschossen hätten, schildern sie ein für sie nachvollziehbar sehr erschreckendes Erlebnis; hieraus ergibt sich allerdings weder eine Verfolgungshandlung noch ein Verfolgungsgrund. Gleiches gilt für das von den Klägerinnen zu 2) und zu 3) geschilderte Kreisen eines Militärhubschraubers unmittelbar über dem Schulhof.
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(2) Es ist ebenso wenig beachtlich wahrscheinlich, dass den Klägern bei ihrer Rückkehr eine Gruppenverfolgung wegen ihrer palästinensischen Volkszugehörigkeit droht.
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In Libyen leben ca. 20.000 Palästinenser, bei denen es sich größtenteils um gut ausgebildete und integrierte Fachkräfte handelt. Nach Kenntnis des Auswärtigen Amts findet eine gezielte staatliche Diskriminierung von Palästinensern nicht statt. Benachteiligungen im Vergleich zu libyschen Staatsangehörigen beträfen nicht nur Palästinenser, sondern Ausländer im Allgemeinen. Eine systematische Diskriminierung durch die Zivilbevölkerung finde nach Kenntnis des Auswärtigen Amts nicht statt (Auswärtiges Amt, Auskunft v. 10.2.2022 an VG Minden). Das Bundesamt nahm 2019 an, dass sich spätestens mit dem Ausbruch verstärkter Kämpfe zwischen den konkurrierenden Regierungen ab Mai 2014 die Situation der Palästinenser deutlich verschlechtert und sich die Wahrnehmung der Palästinenser von dem Bild der Mit-Araber hin zu unerwünschten Ausländern verändert habe. Palästinenser würden als Sündenböcke für konfliktbedingte Probleme angesehen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 19 Libyen, S. 8). Dem entspricht auch eine Einschätzung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe im Jahr 2017. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage habe die Kriminalität zugenommen. Ausländer einschließlich Palästinenser hätten keinen Zugang zu Stammesnetzwerken, die in Situationen wie Gewalt, Entführung oder Diebstahl Schutz bieten könnten. Nach dem Fall des Gaddafi-Regimes habe sich die Situation der Palästinenser verschlechtert und seit dem Ausbruch des bewaffneten Konflikts 2014 weiter verschärft. Es kursierten Gerüchte, dass sie in Verbindung zu Milizen und radikalen Gruppen stünden. Dies sei vor allem für Palästinenser der Fall, die in B. … lebten; Palästinenser, die in T. … und im Westen Libyens lebten, seien nicht in gleicher Weise betroffen. Der Zugang von Palästinensern zu subventionierter Nahrung, Gesundheitsversorgung, Bildung und Elektrizität sei eingeschränkt worden (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Libyen: Palästinensische Flüchtlinge, 31.10.2017, S. 12 f.). Selbst wenn man annimmt, dass die Lage der Palästinenser im Vergleich zur inländischen Bevölkerung schlechter ist, lässt sich nicht feststellen, dass allen Palästinensern in Libyen wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen drohen. Es liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme eines staatlichen Verfolgungsprogramms gegen Palästinenser vor. Auch wenn sich deren Situation nach dem Fall des Gaddafi-Regimes verschlechtert hat, geht der libysche Staat nicht planmäßig gegen sie vor. Es liegen auch keine Berichte darüber vor, dass die Palästinenser einer hinreichend großen Anzahl von Übergriffen staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure ausgesetzt sind, die auf eine hinreichende Verfolgungsdichte schließen lassen könnten. Es ist nicht ersichtlich, dass spezifisch gegen palästinensische Volkszugehörige gerichtete Verfolgungshandlungen dazu führen, dass die Kläger schon wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ausgesetzt sind (OVG MV, U.v. 7.12.2022 – 4 LB 233/18 – juris Rn. 34 ff.; VG Berlin (U.v. 24.08.2020 – 19 K 69.19 A – beck-online, Rn. 16 ff).
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b) Den Klägern ist auch kein subsidiärer Schutz zuzuerkennen.
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Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
41
Für § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG ist vorliegend nichts vorgetragen. Nach den Feststellungen zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft droht den Klägern in Libyen auch keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch einen Akteur im Sinne des § 4 Abs. 3, § 3c AsylG (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Die von den Klägern vorgetragenen Ereignisse sind nicht mit der Folge einer Beweiserleichterung als ernsthafter Schaden zu bewerten.
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Es liegen auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vor, dass den Klägern in ihrem Herkunftsland (§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AsylG) Libyen eine ernsthafte individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht. Ein bewaffneter Konflikt ist dadurch gekennzeichnet, dass er die Schwelle von reinen Unruhen, Spannungen und Gewaltakten überschreitet und dass mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen (EuGH, U. v. 30.1.2014 – C 285/12 – juris). Allerdings wird das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nur dann zur Gewährung subsidiären Schutzes führen können, wenn die Auseinandersetzungen ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Person angesehen werden kann (EuGH, U. v. 30.1.2014 – C 285/12 – juris Rn. 30). Voraussetzung hierfür ist nach der Rechtsprechung des EuGH, dass der Grad willkürlicher Gewalt bei diesem Konflikt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betroffene Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 – C-465/07 – juris Rn. 35, 43). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit ein Betroffener Anspruch auf subsidiären Schutz hat, ist umso geringer, je mehr er zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. insgesamt. VG Berlin, U. v. 27.5.2020 – 19 K 84.19 A – beck online Rn. 21).
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Bezugspunkt für die Gefahrenprognose ist der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr. Das ist in der Regel die Herkunftsregion des Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 13 f. zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG).
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Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG nicht vor. Die seit Sommer 2020 erzielten politischen Fortschritte im libyschen Stabilisierungsprozess haben zu einer neuen Normalität geführt. Die Sicherheitslage bleibt jedoch potentiell volatil (Lagebericht AA v. 12.5.2023, S. 4). Seit März 2022 hat Libyen nominell zwei konkurrierende Regierungen. Die konkurrierenden Exekutiven wirken sich auch dahingehend auf die Sicherheitslage aus, dass die Wiederherstellung des staatlichen Gewaltmonopols ausbleibt. Die teils aus Milizen, teils aus Armee und Polizei hervorgegangenen Sicherheitskräfte agieren vielfach weitgehend unabhängig trotz staatlicher Bezahlung. Während manche ihre Aufgaben seriös wahrnehmen, erinnern andere an mafiöse Strukturen. Auch die militärischen Sicherheitskräfte bleiben gespalten. Dennoch hält der Waffenstillstand seit fast drei Jahren. Die Sicherheitslage hat sich in weiten Teilen des Landes deutlich verbessert (Lagebericht AA v. 12.5.2023, S. 5). Der mit 680.000 Menschen weitaus überwiegende Teil der Binnenvertriebenen konnte in seine Heimat zurückkehren; allerdings gab es im Dezember 2022 noch knapp 143.000 Binnenvertriebene (Lagebericht AA v. 12.5.2023, S. 13). Es werden weiterhin zahlreiche bewaffnete Auseinandersetzungen berichtet, die sich auch auf die Zivilbevölkerung auswirken (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 30.6.2023, Briefing Notes Zusammenfassung Libyen Januar bis Juni 2023).
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Eine ernsthafte individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen Konflikts lässt sich für die Kläger danach auch unter Berücksichtigung einer Dunkelziffer für nicht bekannt gewordene oder nicht erfasste Fälle und auch bei umfassender Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Einzelfalls nicht feststellen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung, dass die Kläger palästinensische Volkszugehörige sind und dass medizinische Einrichtungen, die der Kläger zu 1) aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit möglicherweise häufig aufsuchen würde, in der Vergangenheit besonders gefährdet waren. Jedoch ist seit dem Waffenstillstand im Oktober 2020 die Zahl der zivilen Opfer der bewaffneten Auseinandersetzungen in Libyen drastisch gesunken. Der Waffenstillstand wird nunmehr bereits über einen längeren Zeitraum grundsätzlich eingehalten, selbst wenn es immer wieder zu lokalen Gewaltausbrüchen kommt. Der unter internationaler Vermittlung zustande gekommene Friedenprozess ist von keiner Seite abgebrochen worden. Auch die Rückkehr des größten Teils der Binnenvertriebenen in ihre Herkunftsorte spricht dafür, dass die Betroffenen vor Ort das Risiko für sich nunmehr als vertretbar einschätzen (OVG MV, U.v. 7.12.2022 – 4 LB 233/18 OVG – juris Rn. 50 ff.). Nachdem derzeit ein Wiederaufflammen des gewaltsamen Konflikts nicht konkret zu befürchten ist, ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen die Kläger in ihrer Eigenschaft als staatenlose Palästinenser stärker als andere Angehörige der Zivilbevölkerung gefährdet wären (ebenso VG Hamburg, U.v. 24.5.2022 – 2 A 4029/17 – juris Rn. 56).
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c) Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten.
47
aa) § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit. Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen extremer Gewalt in Betracht, und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen. In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung nach Art. 4 GRC ist maßgeblich, ob sich die betroffene Person unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, U. v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 92, 95). Das wirtschaftliche Existenzminimum ist immer dann gesichert, wenn erwerbsfähige Personen durch eigene Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können (BVerwG, Urt. v. 21.4.2022 – 1 C 10/21 – juris Rn. 13 ff. m.w.N.).
48
Für die Beurteilung, ob außergewöhnliche Umstände vorliegen, die dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK eine Abschiebung des Ausländers verbieten, ist grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen und zunächst zu prüfen, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 26).
49
Derzeit führt Deutschland keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen nach Libyen durch; im aktuellen Lagebericht ist kein konkreter Zielort einer Abschiebung genannt (Lagebericht AA v. 12.5.2023, S. 14). Die Infrastruktur des Landes hat unter den Kriegswirren erheblich gelitten. Reisen im Land ist weiterhin sehr unsicher (Auswärtiges Amt, Libyen: Reisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/libyensicherheit/219624, Stand: 10.8.2023). Die wichtigsten Flughäfen wurden durch Kämpfe schwer beschädigt. Es gibt Verbesserungen bei den Inlands- und internationalen Flügen, die jetzt vom internationalen Flughaften Benina in B. … durchgeführt werden. Der Hauptzugang nach T. … erfolgt über Flüge von Tunesien zum Flughafen Mitiga mit begrenzter Kapazität (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Libyen, 30.5.2022, S. 20). Vor diesem Hintergrund lässt sich derzeit weder ein Ankunftsort der Abschiebung bestimmen noch sicher prognostizieren, auf welchem Weg und wann die Kläger wieder nach T. … zurückkehren können. Für die Lebensverhältnisse wird mangels anderer Anhaltspunkte auf die allgemeine Situation in Libyen abgestellt (vgl. VG Berlin, U.v. 15.9.2020 – 19 K 63/20 A – juris Rn. 25 ff.).
50
Aus den obigen Feststellungen zum Flüchtlingsschutz und zum subsidiären Schutz ergibt sich, dass den Klägern im Falle der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht wegen der Sicherheitslage mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
51
Eine solche Gefahr besteht auch nicht wegen der humanitären Lage in Libyen. Denn die Kläger wären in der Lage, ihr wirtschaftliches Existenzminimum nach den obigen Maßstäben in Libyen zu sichern.
52
Angehörige der Zivilbevölkerung in ganz Libyen, insbesondere Binnenvertriebene und Rückkehrer, stehen weiterhin vor großen Herausforderungen in Bezug auf den Schutz. Der Zugang zu medizinischer Versorgung, Medikamenten und lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen, einschließlich Unterkünften, Wasser und sanitären Einrichtungen, ist der dringendste Bedarf. Hunderttausende von Menschen, die in Großstädten leben, sind durch explosive Kampfmittelrückstände und nicht zur Wirkung gelangte Sprengkörper stark gefährdet (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Libyen, 30.5.2022, S. 23 f.). Im Jahr 2020 waren in Libyen etwa 1,3 Millionen Menschen auf eine Form von humanitärer Hilfe angewiesen. Seit 2018 hat das Welternährungsprogramm seine Präsenz vor Ort in Libyen verstärkt und unterstützt jeden Monat rund 100.000 Menschen mit regelmäßigen und Notfall-Nahrungsmittelverteilungen im ganzen Land (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Libyen, 30.5.2022, S. 21). Die medizinische Versorgung ist insbesondere außerhalb der Hauptstadt vielfach technisch, apparativ bzw. hygienisch problematisch. Gewalttätig ausgetragene Konflikte und die Ausreise des häufig ausländischen Pflegepersonals der staatlichen Krankenhäuser und privaten Kliniken stellen eine zusätzliche Belastung für das angeschlagene Gesundheitssystem dar (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Libyen, 30.5.2022, S. 22). Im Vergleich zu den Jahren 2020 und 2021 nahm die Zahl der Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, Krankentransporte und medizinisches Personal im Jahr 2022 und dem ersten Quartal 2023 weiter ab und lag bei ca. 10 Angriffen. Es wird von einem Mangel an (teilweise lebenswichtigen) Medikamenten berichtet (BAMF, Gesundheitssystem und medizinische Versorgung, Mai 2023, S. 1 f.). Libyen verfügt im Gegensatz zu anderen unruhegeschüttelten arabischen Ländern über große Vermögensreserven und die größten bestätigten Erdölreserven Afrikas (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Libyen, 30.5.2022, S. 20). Die politische Krise wirkte sich 2022 auch auf die Wirtschaft aus, als Haftarloyale Kräfte Teile der Ölinfrastruktur blockierten. Im Dezember 2022 konnte nach einer politischen Einigung die Ölproduktion wieder aufgenommen werden (Lagebericht AA v. 12.5.2023, S. 6). Eine im September 2022 durch geführte Bevölkerungsbefragung zur sozio-ökonomischen Situation ergab, dass eine Mehrheit der Befragten sich in ihrer Nachbarschaft einigermaßen sicher fühlen (85,4%) und angeben, bei der Versorgung mit Lebensmitteln trotz der derzeitigen Preise zumindest knapp zurechtzukommen (80,5%). 64,4% der Befragten gaben an, einen zumindest beschränkten Zugang zu einem Allgemeinarzt zu haben (BFA, Dossier Libya Socio-Economic Servey 2022, S. 4 f.).
53
Danach ist davon auszugehen, dass die Kläger das zu ihrem Lebensunterhalt in Libyen unbedingt Notwendige durch eigene Erwerbstätigkeit und nötigenfalls durch die humanitäre Unterstützung internationaler Organisationen erlangen können. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Kläger als palästinensische Volkszugehörige nicht auf die Unterstützung durch einen Stammesverband zurückgreifen können und – wie oben ausgeführt – sich nicht prognostizieren lässt, wie schnell sie an ihren bisherigen Wohnort in T. … zurückkehren können. Jedoch sind die Kläger zu 1) und 2) erwerbsfähig und haben Erfahrung mit dem libyschen Arbeitsmarkt. Aufgrund ihrer Ausbildung sind sie qualifizierte Fachkräfte. Der Kläger zu 1) war in einer leitenden Tätigkeit im Gesundheitssektor beschäftigt und hatte mit seinem Einkommen für die Familie sorgen können; es sind keine Gründe erkennbar, warum der Kläger zu 1) nicht wieder eine vergleichbare Berufstätigkeit aufnehmen könnte. Die Klägerinnen zu 3) und 4) sind bereits erwachsen, der Kläger zu 5) ist siebzehn Jahre alt, so dass die Kläger zu 1) und 2) auch nicht in erheblichem Umfang durch die Betreuung ihrer Kinder an einer Erwerbstätigkeit gehindert wären. Was die Klägerinnen zu 3) und zu 4) anbelangt, ist zu berücksichtigen, dass ihre in Deutschland durchlaufende Schulbildung ihnen zumindest in Teilen auch in Libyen von Nutzen sein und ihnen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erleichtern dürfte. Soweit die Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung darauf verwies, dass sie seit 1990 kein Aufenthaltsrecht in Libyen hätten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Nach ihrem Vorbringen vor dem Bundesamt konnten die Kläger zu 1) und 2) ungeachtet des Fehlens eines Aufenthaltsrechts über lange Jahre einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Im Übrigen scheint ein erheblicher Teil der Palästinenser in Libyen ohne Aufenthaltsdokument sein, wie die zitierten Äußerungen des damaligen palästinensischen Botschafters in Libyen im Themenpapier der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Libyen: Palästinensische Flüchtlinge, 31.10.2017, S. 8) zeigen. Nach derselben Quelle (S. 8) scheint eine Aufenthaltsbewilligung von einem Arbeitsvertrag abhängig und dann selbst bei illegaler Einreise möglich zu sein.
54
Nach ihrem Vorbringen haben die Kläger in T. … zur Miete gewohnt, was bedeutet, dass sie nicht in eine in ihrem Eigentum stehende Wohnung zurückkehren können. Allerdings ergibt sich aus ihrem Vorbringen, dass sie – trotz des teilweise kriminellen Verhaltens von Vermietern – immer wieder eine Wohnung gefunden haben. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum ihnen dies bei einer Rückkehr nicht gelingen könnte, insbesondere nachdem offenbar auch ihre in Libyen lebenden Angehörigen – wenn auch unter Schwierigkeiten – eine Wohnung gefunden haben. Hierfür sprechen auch die vorliegenden Erkenntnisse zur Rückkehr von Binnenvertriebenen, wonach 87% der Zurückgekehrten in ihren alten Häusern oder Wohnungen und somit 13% in neu beschafften Wohnraum leben; auch leben nach den letzten zur Verfügung stehenden Zahlen der Internationalen Organisation für Migration 81% der (verbliebenen) Binnenvertriebenen in selbstbezahlten privaten Unterkünften (Lagebericht AA v. 12.5.2023 S. 13). Beides weist darauf hin, dass die Beschaffung von Wohnraum für Binnenvertriebene – und demgemäß auch für Rückkehrer – möglich ist. Soweit die Kläger darauf verweisen, dass die noch in Libyen lebenden Verwandten, der Bruder des Klägers zu 1) und der Bruder der Klägerin zu 2), nicht in der Lage seien, die Kläger nach einer Rückkehr nach Libyen zu unterstützen, so ist davon auszugehen, dass diese zumindest durch ihre Erfahrung den Klägern helfen können, sich zu orientieren und anfängliche Schwierigkeiten zu überwinden.
55
Soweit die Kläger eine erhöhte Vulnerabilität geltend machen und hierzu auf ihre gesundheitliche Situation verweisen, ist zu berücksichtigen, dass sich die Kläger nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung derzeit nicht in ärztlicher Behandlung befinden. Nach Angaben der Kläger sei dies der mangelhaften Versorgungssituation in Altötting geschuldet. Allerdings ist bislang nicht substantiiert vorgetragen und durch ärztliche Bescheinigung glaubhaft gemacht, welche ärztliche Behandlung überhaupt nötig wäre; dass auch dies an der Versorgungssituation in Altötting scheitern würde, ist nicht nachvollziehbar. Weiter lässt sich weder aus dem Vortrag der Kläger noch anderweitig erkennen, inwieweit ihre gesundheitliche Situation sie daran hindern würde, ihren Lebensunterhalt in Libyen zu erwirtschaften.
56
bb) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Erforderlich ist, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18.05 – juris Rn. 15; OVG NRW, B.v. 5.5.2017 – 13 A 198/17.A – juris Rn. 8). Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn in dem Abschiebezielstaat dringend erforderliche Behandlungsmöglichkeiten fehlen oder wenn solche Behandlungsmöglichkeiten zwar vorhanden, für den betreffenden Ausländer aber aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht erreichbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2002 – 1 C 1.02 -juris Rn. 9). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen (§ 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG).
57
Wie bereits zu § 60 Abs. 5 AufenthG ausgeführt, ist vorliegend weder substantiiert vorgetragen noch durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft gemacht, welche gesundheitlichen Gründe der Abschiebung entgegenstehen. In Bezug auf den Kläger zu 5) haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er habe eine Psychotherapie durchlaufen und es gehe ihm besser als damals, aber er sei immer noch davon belastet. Inwieweit diese anhaltende Belastung einen Krankheitswert hat und weiterhin ärztlicher Behandlung bedarf, ergibt sich hieraus nicht. Gleiches gilt für die Kläger zu 1) bis 4).
58
d) Die in dem angefochtenen Bescheid verfügte Androhung der Abschiebung nach Libyen stützt sich auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V. m. § 59 AufenthG, die festgesetzte Ausreisefrist auf § 38 Abs. 1 AsylG.
59
Was die Einreisesperre für Palästinenser, Syrer und Sudanesen aus dem Jahr 2015 und die von General Haftar verfügte Einreisesperre für Personen aus einer Reihe von Ländern anbelangt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Libyen: Palästinensische Flüchtlinge, 31.10.2017, S. 7), ist die aktuelle Möglichkeit der Einreise in den in der Abschiebungsandrohung benannten Zielstaat nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Abschiebungsandrohung (SächsOVG, U.v. 6.10.2021 – 5 A 478/19.A – juris Rn. 24). Ungeachtet dessen ist bereits unklar, inwieweit etwaige Einreisesperren in Bezug auf Palästinenser vollzogen werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Libyen: Palästinensische Flüchtlinge, 31.10.2017, S. 7), insbesondere nachdem dem Auswärtigen Amt zwei Fälle staatenloser Palästinenser aus dem Jahr 2019 bekannt sind, die nach Libyen einreisen konnten und ein Visum erhielten (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 3.6.2020 an das VG München).
60
Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf eine kürzere Bemessung des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Anhaltspunkte dafür, dass die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 AufenthG auf 30 Monate nicht rechtmäßig ist, liegen nicht vor. Insofern wird gemäß § 77 Abs. 3 AsylG auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen.
61
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 83b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.
62
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 ff ZPO.