Titel:
Erfolgloses form-, aber nicht fristgerechtes Weiterbeschäftigungsverlangen eines Auszubildendenvertreters
Normenkette:
BayPVG Art. 9, Art. 82
Leitsätze:
1. Ein Weiterbeschäftigungsverlangen nach Art. 9 Abs. 2 BayPVG, welches vor Beginn der Drei-Monats-Frist zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses gestellt wird, ist unwirksam. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Weiterbeschäftigungsverlangen nach Art. 9 Abs. 2 BayPVG verlangt Schriftform. Diese ist nicht gewahrt in der Zusammenschau eines außerhalb der Frist formgerecht gestellten Antrags und der frist-, aber nicht formgerechten telefonischen Nachfrage des Auszubildenden. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nur unter besonderen Umständen des Einzelfalls kann ein Arbeitgeber sich treuwidrig verhalten, wenn er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis gemäß Art. 9 Abs. 2 BayPVG sei nicht gewahrt. Nicht rechtsmissbräuchlich ist es, wenn sich der Arbeitgeber zum frist- bzw. formfehlerhaften Weiterbeschäftigungsverlangen des Auszubildenden gerade nicht geäußert, insbesondere das verfrühte Begehren nicht als fristgerecht bestätigt, und telefonische Nachfragen des Auszubildenden insoweit erfolglos bleiben. (Rn. 30) (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(Landes) Personalvertretungsrecht, Voraussetzungen einer Weiterbeschäftigung für eine Auszubildendenvertretung, Form- und Fristversäumnis, Vertrauen in Einhaltung von Form und Frist (abgelehnt), Entfallen eines etwaigen Vertrauens
Fundstelle:
BeckRS 2023, 37290
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass ein Weiterbeschäftigungsverhältnis mit dem Beteiligten zu 1) nach Art. 9 Abs. 2 BayPVG nicht zustande gekommen ist.
II. Im Hinblick auf das Feststellungsbegehrenn des Beteiligten zu 1) bzgl. eines Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 1) mit dem Antragsteller wird das Verfahren zum Zwecke der Verweisung abgetrennt.
Gründe
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Der Antragsteller begehrt die gerichtliche Feststellung, dass mangels Einhaltung der Vorgaben des Art. 9 Bayerisches Personalvertretungsgesetz (BayPVG) die Voraussetzungen für eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1) als Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei der ... Staatsoper (JAV) nach Beendigung seiner Ausbildung nicht vorliegen. Der Beteiligte zu 1) begehrt zudem die Feststellung, dass zwischen ihm und dem Antragsteller ein Arbeitsverhältnis besteht.
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Der Beteiligte zu 1) stand vom 1. September 2019 bis zum 24. Juni 2022 in einem Ausbildungsverhältnis bei der ... Staatsoper mit einer Ausbildung zum Bühnenmaler und -plastiker mit der Fachrichtung Malerei. Zudem wurde er durch die Wahlen vom 22./23. Juni 2021 als Mitglied der JAV gewählt.
3
Mit Schreiben vom 14. Januar 2022 wandte sich das Personalreferat der ... Staatsoper an den Beteiligten zu 1) und teilte mit, dass eine Übernahme des Beteiligten zu 1) in ein festes Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Ausbildung nicht beabsichtigt sei. Nach einem Telefonat mit der damals stellv. Personalleiterin, der Zeugin G., reagierte der Beteiligte zu 1) daraufhin mit einem von ihm unterschriebenen Schreiben vom 1. Februar 2022, eingegangen beim Personalreferat am 1. Februar 2022, dass er seine „Übernahme im erlernten Beruf (Theatermaler) nach Abschluss [s]einer Ausbildungsprüfung geltend“ mache. Er erbat innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens die Mitteilung, ob seinem Übernahmeverlangen – vorbehaltlich des Bestehens der Abschlussprüfung – nachgekommen werde. Nachdem der Beteiligte zu 1) keine derartige Rückmeldung vom Personalreferat, insbesondere der damals stellv. Leiterin, der Zeugin G., erhielt, fragte er telefonisch mehrmals nach. Dabei erhielt er keine weiteren Informationen.
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Nach Bestehen der Abschlussprüfung am 24. Juni 2022 geht der Beteiligte zu 1) nunmehr von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis aus, der Antragsteller hingegen sieht kein Weiterbeschäftigungsverhältnis.
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Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2022 hat sich der Antragsteller daher durch das Landesamt für Finanzen mit entsprechenden Original-Vollmachten seitens der ... Staatsoper vom 28. Juni 2022 an das Verwaltungsgericht München gewandt. Mit Schriftsätzen vom 6. Juli 2022, 4. Januar 2023 und 16. Mai 2023 wird zur Begründung ausgeführt. Die Frist des Art. 9 Abs. 2 BayPVG sei vom Beteiligten zu 1) nicht eingehalten worden. Damit habe kein wirksames Weiterbeschäftigungsverlangen vorgelegen, dass die gesetzliche Folge des Art. 9 Abs. 2 BayPVG habe auslösen können. Hilfsweise sei ein Weiterbeschäftigungsverhältnis nach Art. 9 Abs. 4 BayPVG aufzulösen, da keine unbefristete Stelle für die Beschäftigung des Beteiligten zu 1) zur Verfügung stehe. Schon nach den tarifvertraglichen Regelungen seien die Arbeitsverträge der Bühnenmaler und -plastiker im Geltungsbereich des NV Bühne mit Rücksicht auf die künstlerischen Belange der Bühne Zeitverträge, so dass bereits tarifvertragliche Einstellungshindernisse bestünden. Auch stünden mangels Stellenplan und Haushaltsmitteln keine freien Stellen zur Verfügung.
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Der Antragsteller beantragt,
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Es wird festgestellt, dass ein Weiterbeschäftigungsverhältnis mit dem Beteiligten zu 1) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzung des Art. 9 Abs. 2 BayPVG nicht zustande gekommen ist.
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Hilfsweise: Das zwischen dem Antragsteller und dem Beteiligten zu 1) gem. Art. 9 Abs. 2 BayPVG gesetzlich begründete Arbeitsverhältnis ist aufgelöst.
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Die Beteiligte zu 1) beantragt zuletzt,
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den Antrag und Hilfsantrag des Antragstellers gemäß Antragsschrift von 6. Juli 2023 zurückzuweisen.
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Es wird beantragt festzustellen, dass zwischen dem Beteiligten zu 1) und dem Antragsteller ein Arbeitsverhältnis seit dem 27. Juni 2022 besteht und das Verfahren insoweit abzutrennen und an das zuständige Arbeitsgericht zu verweisen.
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Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 19. September 2022 sowie in der Anhörung am 10. Oktober 2023 ausgeführt. Der Beteiligte zu 1) habe sich nach dem Schreiben vom 14. Januar 2022 mit der Personalabteilung, Frau G., telefonisch in Verbindung gesetzt, um seine Übernahme zu besprechen. Diese habe ihm mitgeteilt, dass eine Weiterbeschäftigung problemlos möglich sei, er solle nur so schnell wie möglich, formlos, einen entsprechenden Antrag stellen. Dies habe er getan, nachdem er darauf vertraut habe. Trotz mehrmaliger Auskunftsersuchen habe er danach keinerlei Auskünfte, damit auch keine ablehnenden Aussagen erhalten. Durch die einvernehmliche Weiterarbeit am 27. Juni 2022 mit Arbeitsanweisungen durch den Stell. Leiter des Malersaals Herrn W., dem zu diesem Zeitpunkt direkten Vorgesetzten des Beteiligten zu 1), sei bereits aus diesem Grund ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, dessen Feststellung vorliegend begehrt werde.
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Der Beteiligte zu 2) beantragt,
die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen.
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Der Bevollmächtigte des Beteiligten zu 2) hat mit Schriftsätzen vom 22. September 2022 und 3. Februar 2023 sowie in der Anhörung am 10. Oktober 2023 Stellung genommen. Der Hauptantrag sei bereits unzulässig, da die Verwaltungsgerichte nur im Falle des Art. 9 Abs. 4 BayPVG nach Art. 82 BayPVG zur Entscheidung berufen seien. Verbunden mit einem umfangreichen Bestreiten, u.a. in Bezug auf den Geltungsbereich des Tarifvertrags bzw. dahingehend, dass das Vorhandensein verfügbarer Stellen überhaupt geprüft worden sei oder dass keine Haushaltsmittel zur Verfügung stünden, wird ausgeführt, der Beteiligte zu 1) habe von der Leiterin der Personalverwaltung G. die Aussage erhalten, es sei „reine Formsache“ und er müsse sich keine Sorgen zwecks Übernahme machen; er solle „so schnell wie möglich“ einen formlosen Übernahmeantrag an sie schicken. Frau G. habe gegenüber dem Beteiligten zu 1) damit auf Einhaltung der Form und Frist des Art. 9 Abs. 2 BayPVG verzichtet. Zudem stünde der Grundsatz von Treu und Glauben einer Berufung auf die Nichteinhaltung der Frist entgegen, wobei zudem die sechsmonatige Frist des § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG analog anzuwenden sei. Die Einstellung von Frau H. beweise, dass tatsächlich ein freier Arbeitsplatz mit der Möglichkeit dauerhafter Beschäftigung zur Verfügung gestanden habe. Im Übrigen gelte nach § 18 Abs. 5 TVA-L BBiG ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet, da der Beteiligte zu 1) im Anschluss an das Ausbildungsverhältnis beschäftigt worden sei.
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Die Beteiligte zu 3) stellt – entgegen der Ankündigung im am 24. Oktober 2022 bei Gericht eingegangenen Schreiben – zuletzt im Termin am 10. Oktober 2023 keinen Antrag, hat sich aber schriftsätzlich den Ausführungen des Beteiligten zu 2) angeschlossen
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In der Anhörung am 10. Oktober 2023, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Niederschrift Bezug genommen wird, fand eine umfangreiche Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie eine Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugin G. und Parteieinvernahme des Beteiligten zu 1). statt.
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Im Übrigen wird auf die Gerichtsakten des Verfahren M 20 P 22.3385 sowie des Verfahrens M 20 P 23.1577 mit einem Antrag des Beteiligten zu 2) bzgl. der Mitgliedschaft des Beteiligten zu 1) im JAV und M 20 P 23.4939, das aus der Abtrennung bzgl. des Antrags des Beteiligten zu 1) entstanden ist, Bezug genommen.
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Der (Haupt) Antrag des Antragstellers ist zulässig und begründet (1.). Mangels Einhaltung der Form- und Fristvorschriften lagen die Voraussetzungen für ein Weiterbeschäftigungsverhältnis auf unbestimmte Zeit des Beteiligten zu 1) nach Beendigung seiner Ausbildung nicht vor. Über den Hilfsantrag nach Art. 9 Abs. 4 BayPVG war daher nicht zu entscheiden (2.)
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Hinsichtlich des Antrags des Beteiligten zu 1) ist das Verfahren zum Zwecke der Verweisung an das Arbeitsgericht abzutrennen.
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1. a) Der antragstellerische (Haupt) Antrag ist in der vorliegenden Form zulässig.
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Dabei ist hinreichend deutlich, dass das Begehren nicht auf eine über die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 BayPVG hinausgehende gerichtliche Feststellung abzielt, etwa auf ein etwaiges Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses nach 18 Abs. 5 TVA-L BBiG. Dies hat der Antragsteller auch deutlich klargestellt. Insoweit wäre der Rechtsweg zur Fachkammer für Personalvertretungsrecht nicht eröffnet (siehe insoweit den Verweisungsbeschluss vom 10. November 2023 im Verfahren M 20 P 23.4939, dem der o.g. Antrags des Beteiligten zu 1) durch Abtrennung zugrundeliegt
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In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass im Rahmen eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens nicht nur das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 4 BayPVG zum Gegenstand gemacht werden kann, sondern auch das Vorliegen der Voraussetzungen für die Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach Art. 9 Abs. 2 BayPVG (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2012 – 17 P 11.2748 – juris Rn. 20; zum BPersVG: BVerwG, B.v. 9.10.1996 – 6 P 21.94 – juris Rn. 19ff.; BVerwG, B.v. 28.7.2006 – 6 PB 9/06 – juris Rn. 15; OVG Lüneburg, B.v. 20.9.1995 – 17 L 6187/94 – juris Orientierungssatz; OVG Bremen, B.v. 9.7.1991 – PV-B 6/90 – juris Rn. 17 ff.; Ballerstedt, Bayerisches Personalvertretungsgesetz, Art. 9 / Rn. 81a). Dem steht nicht entgegen, dass das Bayerische Personalvertretungsgesetz in Art. 82 Abs. 1 BayPVG insoweit von der Regelung in § 108 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) abweicht, als nur eine ausdrückliche Bezugnahme auf Art. 9 Abs. 4 BayPVG erfolgt statt vollumfänglich auf § 56 BPersVG. Der Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts folgend gebietet aber der systematische Prüfungszusammenhang und das gebotene Verhältnis von Haupt- und Hilfsanträgen eine einheitliche Zuständigkeit (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.1996, – 6 P 21.94 – juris Rn. 20f.).
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b) Die Voraussetzungen für ein Weiterbeschäftigungsverhältnis bzw. für ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit aufgrund von Art. 9 BayPVG zwischen dem Antragsteller und dem Beteiligten zu 1) liegen nicht vor.
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(1) Der Beteiligte zu 1) hat sein Weiterbeschäftigungsverlangen nicht formgerecht innerhalb des Frist des Art. 9 Abs. 2 BayPVG, nämlich innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses, geltend gemacht.
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Für die Annahme einer Sechs-Monatsfrist entgegen des Wortlauts ist – entgegen der Ausführungen des Bevollmächtigten des Beteiligten zu 2) – kein Raum (BayVGH, B.v. 19.11.2012 – 18 P 11.1960 – juris Rn. 23 ff.; BAG, B.v. 15.12.2011 – 7 ABR 40/10 – juris Rn. 23 ff.).
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Ein Weiterbeschäftigungsverlangen, dass vor Beginn der Drei-Monats-Frist zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses gestellt wird, ist unwirksam (BayVGH, B.v. 19.11.2012 – 18 P 11.1960 – juris Rn. 23; BVerwG, B.v. 22.4.1987 – 6 P 15/83 – juris Rn. 22 ff.; BVerwG, B.v. 9.10.1996 – 6 P 21/94 – juris Rn. 22).
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Die schriftliche Antragstellung am 1. Februar 2022 erfolgte einige Zeit vor dem 24. März 2022, dem Tag des Beginns der Drei-Monats-Frist nach Art. 9 Abs. 2 BayPVG.
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Das Weiterbeschäftigungsverlangen verlangt Schriftform, so dass die telefonischen Nachfragen kein formwirksames Verlangen darstellten (vgl. zu Einhaltung der Form per Email: BAG, B.v. 15.12.2011 – 7 ABR 40/10 – juris Rn. 32; Hamburg. OVG, B.v. 15.1.2010 – 8 Bf 272/09.PVL – juris Rn. 28; VG München, B.v. 10.12.2019 – M 20 P 19.3402 – juris Rn. 30). Die gebotene strenge Schriftform ist auch nicht in der Zusammenschau des außerhalb der Frist formgerecht gestellten Antrags und der frist-, aber nicht formgerechten telefonischen Nachfrage als gewahrt anzusehen. Eine solche Auslegung in der Zusammenschau unterliefe gerade die strenge Form.
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(2) Dem Antragsteller ist auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Nichteinhaltung der Form- und Fristvorgaben zu berufen.
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Nach Art. 9 Abs. 5 BayPVG kommt es ausdrücklich nicht darauf an, ob der Arbeitgeber seiner Mitteilungspflicht nach Art. 9 Abs. 1 BayPVG nachgekommen ist. Wenn aber der Arbeitgeber selbst bei Nicht-Erfüllung seiner gesetzlichen Hinweispflicht nach Art. 9 Abs. 1 BayPVG nicht daran gehindert ist, sich auf eine fehlende Einhaltung von Form und Frist des Weiterbeschäftigungsverlangens zu berufen (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 9.10.1996 – 6 P 20/94 – juris Rn. 23; VG Berlin, B.v. 30.3.2020 – 71 K 8.19 PVG – juris Rn. 29), sind die Anforderungen umso höher, wenn der Arbeitgeber die Auszubildenden nicht auf fehlerhafte Form- und Fristeinhaltung hinweist. Nur unter besonderen Umständen des Einzelfalls kann ein Arbeitgeber sich treuwidrig verhalten, wenn er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis sei nicht gewahrt. Ein solches treuwidriges Verhalten kann nach obergerichtlicher Rechtsprechung nur dann bejaht werden, wenn besondere, außergewöhnliche Umstände hinzutreten, was der Fall ist, wenn das Verhalten des Arbeitgebers darauf abzielt, den Auszubildenden von der form- und fristgerechten Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsverlangens abzuhalten, obwohl die entstehenden Nachteile für den Arbeitgeber vorhersehbar waren und es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, sie abzuwenden (BVerwG, B.v. 31.5.2005 – 6 PB 1/05 – juris Rn. 10; BVerwG, B.v. 9.10.1996 – 6 P 20/94 – juris Rn. 23; BAG, B.v. 15.12.2011 – 7 ABR 40/10 – juris Rn. 39). Aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber nicht unverzüglich nach Eingang einer formwidrigen Email auf das Fehlen des Schriftformerfordernisses hingewiesen hat, kann nicht auf treuwidriges Verhalten geschlossen werden (Hamburg. OVG, B.v. 15.1.2010 – 8 Bf 272/09.PVL – juris Rn. 31). Etwas Anderes dürfte auch nicht deshalb gelten, wenn der Arbeitgeber selbst zunächst nicht bemerkt, dass ein Weiterbeschäftigungsverlangen per Email nicht dem Schriftformerfordernis entspricht (Hamburg. OVG, a.a.O. Rn. 31 a.E.; a.A. VG München, B.v. 10.12.2019 – M 20 P 19.3402 – juris Rn. 39). Solche in der o.g. Rechtsprechung genannten außergewöhnlichen Umstände liegen vielmehr erst dann vor, wenn das Verhalten des Arbeitgebers darauf abzielt, den Auszubildenden von einem form- und fristgerechten Weiterbeschäftigungsverlangen abzuhalten oder ihm arglistig zu vermitteln, dass bereits ein formgerechtes Verlangen vorliegt (vgl. VG Berlin, B.v. 30.3.2020 – 71 K 8.19 PVG – juris Rn. 29, 33 a.E.). So könnte dies der Fall sein, wenn der Arbeitgeber beispielsweise ein formwidriges Weiterbeschäftigungsverlangen zunächst ausdrücklich bestätigt und damit die Erwartung weckt, dass er dies für ausreichend erachtet und sich später nicht auf das fehlende Formerfordernis berufen wird (VG Berlin, a.a.O.).
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Solche außergewöhnlichen Umstände sind vorliegend nicht zu bejahen.
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Der Antragsteller hat sich zum frist- bzw. formfehlerhaften Weiterbeschäftigungsverlangen des Beteiligten zu 1) gerade nicht geäußert, insbesondere das verfrühte Begehren nicht als fristgerecht bestätigt. Telefonische Nachfragen insoweit blieben erfolglos. Das Schweigen kann dabei der o.g. Rechtsprechung folgend nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden (vgl. Ballerstedt, Bayer. Personalvertretungsgesetz, Art. 9 / Rn. 36a).
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Soweit sich die Beteiligten zu 1) und 2) auf telefonische Aussagen der damaligen stellv. Personalleiterin, der Zeugin G., gegenüber dem Beteiligten zu 1) auf das Schreiben vom 14. Januar 2022 und somit im Vorfeld des 1. Februar 2022 berufen, kann dahinstehen, ob insoweit zwischenzeitlich etwaig ein gewisses Vertrauen beim Beteiligten zu 1) entstanden sein könnte. Durch das Ausbleiben jeglicher Rückmeldung des Personalreferats an den Beteiligten zu 1) trotz ausdrücklicher Aufforderung einer entsprechenden Mitteilung im Schreiben vom 1. Februar 2022 und der telefonischer Nachfragen, in denen der Beteiligte zu 1) gerade keine weiteren Informationen erhielt, wäre selbst für den Fall, dass in einem vorangegangenen Telefonat beim Beteiligten zu 1) ein gewisses Vertrauen in fehlende Form- und Fristvorgaben seines Weiterbeschäftigungsverlangens entstanden sein sollte, ein solches jedenfalls hinfällig geworden. Der Beteiligte zu 1) hat selbst eingeräumt, dass die Zeugin G. bei seinen telefonischen Nachfragen, ob alles passen würde bzw. was mit seinem Antrag sei, ihm keine weiteren Informationen habe geben können. Damit erfolgte gerade keine positive Bestätigung, dass das Weiterbeschäftigungsverlangen als korrekt eingereicht betrachtet werde. Die Beweisaufnahme mit Einvernahme der Zeugin G. und Parteieinvernahme des Beteiligten zu 1) hat für das Gericht im Übrigen keine hinreichende Klarheit über die genauen Inhalte des unstrittig erfolgten Telefonats gebracht. Während sich die Zeugin eher allgemein haltend darauf beruft, in solchen Telefonaten keine Zusagen zu machen, hat der Beteiligte zu 1) darauf verwiesen, die Zeugin habe gesagt, die Übernahme sei reine Formsache und er solle so schnell wie möglich formlos einen Antrag stellen. Auf die Niederschrift über die Beweisaufnahme wird insoweit Bezug genommen.
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Das Gericht ist vielmehr zu der Überzeugung gelangt, dass der Beteiligte zu 1) gerade angesichts dessen, dass er gerade keine bekräftigende positive Antwort bezüglich seines Weiterbeschäftigungsverlangens vom Personalreferat mehr erhielt, mehr als skeptisch hätte sein müssen und gerade nicht (mehr) darauf vertrauen konnte, die Weiterbeschäftigung würde schon klappen. Dass es sich anscheinend gerade um keine „reine Formsache“ handeln würde, wie die Zeugin G. ihm gegenüber geäußert haben soll, hätte dem Beteiligten zu 1) klar sein müssen, als er gerade trotz schriftlicher Bitte und telefonischer Nachfragen keine Rückmeldung erhielt.
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Weder war das Personalreferat rechtlich verpflichtet, den Beteiligten zu 1) auf die Frist- bzw. Formprobleme seines Weiterbeschäftigungsverlangens hinzuweisen, noch setzte dieses durch das Unterbleiben jeglicher Reaktion einen fortgesetzten Vertrauenstatbestand, es würde schon alles zu passen.
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2. Einer Entscheidung über den Hilfsantrag i.S.v. Art. 9 Abs. 4 BayPVG bedurfte es daher nicht.
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a) Es kann daher auch dahinstehen, ob bei der Dienststelle tatsächlich und rechtlich im Bereich der Bühnenmaler und -plastiker schon aufgrund tarifvertraglicher Vorgaben (vgl. § 2 Abs. 2 Tarifvertrag Normalvertrag (NV) Bühne) keine unbefristeten Arbeitsverhältnisse möglich sind und – so der Vortrag des Beteiligten zu 2) – damit der Anwendungsbereich des Art. 9 BayPVG insoweit tarifrechtlich (unzulässig) eingeschränkt werde.
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b) Allerdings wird darauf hingewiesen, dass es nicht auf das Vorhandensein entsprechender Planstellen ankommt, sondern darauf, ob ein auf Dauer angelegter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden kann (BayVGH, B.v. 11.12.2012 – 17 P 11.2748 – juris Rn. 32; BVerwG, B.v. 9.9.1999 – 6 P 5/98 – juris Rn. 17; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 22.8.2007 – OVG 62 PV 9.06 juris Rn. 14; HessVGH, B.v. 21.3.1996 – 22 TL 2391/95 – juris Rn. 29). Dabei ist der Arbeitsgeber jedoch in der Definition der von ihm benötigten Arbeitsplätze frei (BayVGH, B.v. 9.3.2015 – 17 P 14.1220 – juris). Es erfolgt lediglich eine Missbrauchskontrolle durch das Gericht (BayVGH, B.v. 11.12.2012 – 17 P 11.2748 – juris Rn. 34; BayVGH, B.v. 9.3.2015 – 17 P 14.1220 – juris Rn. 23).
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c) Ob eine analoge Anwendung des Art. 9 BayPVG auf befristete Arbeitsverhältnisse angesichts dessen, dass statt dem Beteiligten zu 1) vielmehr Frau H. ein befristetes Arbeitsverhältnisses angeboten wurde, in Betracht kommen kann (vgl. hierzu auch OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 22.8.2007 – OVG 62 PV 9.06 juris Rn. 25), bedarf daher ebensowenig einer Beantwortung. Dies gilt auch in Anbetracht des Umstandes, dass die Ausbildungen von Frau H. als Bühnenplastikerin und des Beteiligten zu 1) als Bühnenmaler nicht vergleichbar sind.
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Einer Kostenentscheidung bedarf es im personalvertretungsrechtlichen Verfahren nicht. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. In Bezug auf Fragen der Kostenerstattung weist das Gericht jedoch bereits auf die obergerichtliche Rechtsprechung zu – nicht erstattungsfähigen – Rechtsanwaltskosten des Jugendvertreters in der ersten Instanz hin (BVerwG, B.v. 12.11.2012 – 6 P 1/12 – juris Rn. 10 ff.).