Titel:
Steuerliche Bewertung einer Ankaufsrechtseinräumung an einem Erbbaurechtsgrundstück
Normenketten:
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 1 S. 1 u. 2, § 12, § 30 Abs. 3 S. 2, § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3
BewG § 4, § 8
AO § 31 Abs. 2, § 169 Abs. 1 S. 1, § 170 Abs. 1, § 175 Abs. 1 S.1 Nr. 1
FGO § 52a, § 52d, § 74,§ 115 Abs. 2 Nr. 1, § 135 Abs. 1
ErbStDV § 8
Leitsatz:
Entfällt der Preis einer Kaufsache, so ist der Beschenkte bereits durch den Erwerb des Ankaufsrechts i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bereichert, weil ihm dadurch eine Rechtsposition zufällt, die einen wirtschaftlichen Vorteil verkörpert. (Rn. 75) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Schenkungsteuer
Rechtsmittelinstanz:
BFH München vom -- – II R 28/23
Fundstellen:
EFG 2024, 671
StEd 2024, 105
ErbStB 2024, 92
BeckRS 2023, 37278
ZEV 2024, 203
DStRE 2024, 986
LSK 2023, 37278
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Streitig sind die Unentgeltlichkeit der Einräumung des Ankaufsrechts an einem Erbbaurechtsgrundstück, der Zeitpunkt der Entstehung der Schenkungsteuer bei der Geltendmachung bzw. der Ausübung eines Ankaufsrechtes und die Einhaltung der Festsetzungsfrist.
2
Mit Erbbaurechtsvertrag vom 12.02.1985 bestellten Frau A und ihre Schwester Frau B zugunsten des Vaters des Klägers, Herrn C, ein Erbbaurecht am Grundstück Adresse 1 in Stadt 1 für die Dauer von 99 Jahren. Der Erbbauzins betrug 26.000 DM jährlich (III. Nr. 1 der Urkunde) und war den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen (III. Nr. 4 der Urkunde). Dem Erbbauberechtigten wurde für alle Verkaufsfälle das Vorkaufsrecht eingeräumt (IV Nr. 1 der Urkunde). Nach § 6 der Urkunde wurde nachfolgende „Ankaufsvereinbarung“ getroffen:
„Der Erbbauberechtigte kann von dem Grundstückseigentümer verlangen, dass dieser ihm das Erbbaugrundstück verkauft und übereignet, wenn die derzeitigen Eigentümerinnen, Frau B und Frau A, sowie der Ehemann von Frau A, Herr D, verstorben sind. Dieser Anspruch kann vom Erbbauberechtigten vom vorgenannten Zeitpunkt bis zum Ablauf des Erbbaurechts ausgeübt werden. Der Grundstückseigentümer ist in diesem Fall verpflichtet, das Erbbaugrundstück zu einem Kaufpreis in Höhe der Hälfte des derzeitigen Bodenwerts, der auf 90 – neunzig – Deutsche Mark pro Quadratmeter festgelegt wird, zu verkaufen und zu übereignen. Auf diesen seinerzeitigen Ankaufspreis von 45 – fünfundvierzig – Deutsche Mark pro Quadratmeter werden alle Erbbauzinszahlungen angerechnet, die der Erbbauberechtigte nach Ablauf von 20 Jahren, vom Beginn des Erbbaurechtes an, noch an den Eigentümer entrichtet.“
3
Unter „VI. Rechtsnachfolger“ wurde Folgendes vereinbart:
„Sämtliche Rechte und Pflichten aus den in dieser Urkunde niedergelegten vertraglichen Vereinbarungen gehen – auch soweit sie schuldrechtlicher Art sind – auf die jeweiligen Rechtsnachfolger der Vertragsparteien über. Rechtsgeschäftlichen Rechtsnachfolgern sind alle Pflichten aus diesem Vertrag aufzuerlegen und sie haben in alle Rechte einzutreten.“
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Mit Nachtragsurkunde Nr. …/… vom 28.03.1995 wurde der Erbbaurechtsvertrag vom 12.02.1985 geändert. Die Erbbauberechtigten waren nunmehr aufgrund Auflassung vom 13.08.1992 Herr C, Frau E und der Kläger als Gesellschafter des Bürgerlichen Rechts. Der Erbbaurechtsvertrag wurde erweitert um die Restfläche des Grundstücks mit der Flurnummer 1 von ca. 262 m² und der darauf stehenden Lagerhalle. Des Weiteren wurde der Erbbauzins auf jährlich 31.288,89 DM erhöht.
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Mit einer zweiten Nachtragsurkunde Nr. …/… vom 31.10.1997 wurde der Erbbauzins auf jährlich 35.087,27 DM erhöht. Über die Ausdehnung des Erbbaurechts aufgrund des Notarvertrages vom 28.03.1995 und seine Entstehung an der Zumessungsfläche von 360 m² wie auch über die Ausdehnung des Vorkaufsrechtes des Erbbauberechtigten am Erbbaugrundstück waren sich die Vertragsteile einig.
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Mit dritter Nachtragsurkunde Nr. …/… vom 15.08.2005 wurde von den Vertragsbeteiligten, Frau A, Frau B und der Kläger der Erbbauzins auf 20.007,36 € erhöht. Zwischenzeitlich war der Kläger Alleineigentümer des Erbbaurechts geworden.
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Am ... 2014 verstarb Frau A. Nach dem Frau B und der Ehemann von Frau A, Herr D, bereits vorverstorben waren, übte der Kläger als Erbbauberechtigter das Ankaufsrecht gegenüber dem Erben, Herrn F, mit schriftlicher Erklärung vom 17.11.2014 aus.
8
Mit Urkunde Nr. …/… vom 07.05.2015 erwarb der Kläger das Erbbaurechtsgrundstück Adresse 1, in Stadt 1, bebaut mit Büro- und Lagergebäuden, mit einer Größe von 3.307 m² von Herrn F.
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In der Schenkungsteuererklärung vom 20.12.2019 wurde der Wert des Ankaufsrechtes mit 0 € erklärt.
10
Mit Bescheid vom 13.07.2020 stellte das Lagefinanzamt Stadt 1 den Grundbesitzwert auf den 17.11.2014 mit einem Gesamtwert des Erbbaurechtsgrundstücks i. H. v. 669.968 € gesondert und einheitlich fest. Der Hälfteanteil wurde i. H. v. 334.984 € festgestellt.
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Hierauf ergingen am 14.07.2020 zwei Schenkungsteuerbescheide jeweils mit einem Wert des Erwerbs von 334.984 € von Frau A (St.Nr. 1) bzw. von Frau B (St.Nr. 2). Nach Abzug des persönlichen Freibetrags von 20.000 € verblieb ein auf 100 € abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb i. H. v. 314.900 €. Unter Anwendung eines Steuersatzes von 30% ergab dies eine festzusetzende Schenkungsteuer i. H. v. jeweils 94.470 €.
12
Hiergegen legte der Kläger jeweils Einspruch ein und vertrat die Auffassung, dass das Grundstück zum hälftigen Wert des damaligen Bodenwertes veräußert worden sei. Man könne nicht von einer Schenkung in Höhe des Differenzbetrages zwischen Verkehrswert und Ankaufspreis ausgehen, zumal Schenker und Beschenkter fremde Dritte seien. Bei fremden Dritten fehle es am Willen der Unentgeltlichkeit. Der Kaufpreis im Erbbaurechtsvertrag sei nach kaufmännischer Abwägung im Rahmen eines entgeltlichen Geschäfts gefunden worden. Der Grund für den niedrigen Verkaufspreis liege im Grundstück selbst und den vorhandenen Aufbauten, einer Werkstatt bzw. Lagergebäude und einer Lkw-Doppelgarage. Die Gebäude seien zum Zeitpunkt des Erbbaurechtsvertrages wertlos gewesen, deshalb sei hierfür keine Gegenleistung vereinbart worden. Auch der vom Finanzamt angenommene Tag der Steuerentstehung, der 17.11.2014, sei objektiv falsch. Bei einer Schenkung komme es nicht auf die Geltendmachung, sondern auf die Ausübung des Ankaufsrechtes an, hier also auf den Tag der Auflassungserklärung in der notariellen Urkunde vom 07.05.2015.
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Mit zwei Einspruchsentscheidungen jeweils vom 06.09.2021 (Erwerb von Frau A St.Nr. 1 bzw. von Frau B St.Nr. 2) wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Urkunde Nr. …/… vom 12.02.1985 stelle neben dem Erbbaurechtsvertrag auch eine Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) dar. Der Zeitpunkt der Zuwendung sei auf einen unbestimmten Zeitpunkt hinausgeschoben gewesen. Gem. § 4 BewG würden Wirtschaftsgüter, deren Erwerb von einer aufschiebenden Bedingung abhänge, erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eintrete. Erst mit dem Tod von Frau A am xx.11.2014 sei die Bedingung für die Ausübung des Ankaufsrechts erfüllt gewesen.
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Der Erbbaurechtsvertrag vom 12.02.1985 stelle eine Schenkung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar, für die die Steuer zu einem unbestimmten Zeitpunkt entstehe (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i. V. m. §§ 4 und 8 BewG). Der Zeitpunkt der Steuerentstehung sei der Zeitpunkt, in welchem der Erbbauberechtigte den Anspruch des Ankaufsrechtes geltend mache. In der Urkunde sei ausdrücklich die Bezeichnung „Anspruch“ verwendet worden. Mit der Geltendmachung des Ankaufsrechts habe der Kläger gegenüber dem Erben von Frau A seinen Anspruch geltend gemacht, wonach dieser ihm das Grundstück zu dem in der Erbbaurechtsurkunde vereinbarten Kaufpreis übereignen müsse. Die Möglichkeit der Geltendmachung sei bis zum Ablauf des Erbbaurechts begrenzt gewesen. Der Zeitpunkt der Übereignung des Grundstücks sei nicht vorgeschrieben gewesen, so dass diese auch zu einem späteren Zeitpunkt hätte erfolgen können. Nach dieser Vertragsgestaltung sei die Schenkungsteuer mit der Geltendmachung des Ankaufsrechtes entstanden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i. V. m. §§ 4 und 8 BewG).
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Die Bereicherung werde in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG ermittelt. Hierbei würden von dem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert der Leistung des Schenkers die Gegenleistungen des Beschenkten mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert abgezogen (R E 7.4 zu § 7 ErbStG). Der Wert der Leistung des Schenkers, also der hälftige Anteil an dem Erbbaurechtsgrundstück, sei vom Lagefinanzamt Stadt 1 mit Feststellungsbescheid vom 13.07.2020 auf 334.984 € festgestellt worden.
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Der Wert der Gegenleistung ermittele sich nach den im Erbbaurechtsvertrag enthaltenen Bedingungen. Da die anzurechnenden Erbbauzinszahlungen den vereinbarten Kaufpreis überstiegen hätten, sei eine Gegenleistung nicht mehr zu erbringen. Die Bereicherung belaufe sich somit auf 334.984 € (Wert der Leistung). Die Erbbauzinszahlungen seien nicht auf den Kaufpreis anzurechnen, denn der Erbbaurechtsvertrag stelle keinen Kaufvertrag dar. Mit der Urkunde vom 12.02.1985 sei dem Erwerber ein Erbbaurecht und zusätzlich das Recht eingeräumt worden, das Erbbaurechtsgrundstück zu erwerben, wenn die im Vertrag vereinbarten Bedingungen eingetreten seien. Erst mit der Geltendmachung des Ankaufsrechtes durch den Kläger sei der Eigentümer des Erbbaurechtsgrundstücks verpflichtet gewesen, dieses an den Kläger entsprechend den Vertragsbedingungen zu veräußern.
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In § 6 der Ankaufsvereinbarung sei der Kaufpreis mit 45 DM/m² festgelegt worden. Dies entspreche 50% des damaligen Bodenwerts. Auf diesen Kaufpreis seien alle Erbbauzinszahlungen anzurechnen, die nach Ablauf von 20 Jahren ab Beginn des Erbbaurechtes noch an den Eigentümer entrichtet worden seien. Aus den Ankaufsbedingungen ergebe sich, dass sich die Zuwendenden über die Teilunentgeltlichkeit der Zuwendung bewusst gewesen seien. Dies gehe aus der Tatsache hervor, dass für den Grund und Boden nur 50% des damaligen Bodenwerts gefordert und für die Aufbauten kein Entgelt verlangt worden sei. Bei geschäftlichen Beziehungen könne zwar das subjektive Merkmal der Freigebigkeit i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entfallen. Hierzu sei aber erforderlich, dass der Zuwendende die Übertragung mit der Absicht an den Erwerber übertrage, hieraus geschäftliche Vorteile zu erzielen (BFH-Urteil vom 29.10.1997 II R 60/94, BFHE 183, 253, BStBl II 1997, 832). Inhalt des Erbbaurechtsvertrages sei die entgeltliche Nutzungsüberlassung des Erbbaurechtsgrundstücks auf die vereinbarte Laufzeit mit der Option, ein vereinbartes Ankaufsrecht geltend zu machen, wenn Frau B, Frau A und deren Ehemann verstorben seien. Welche geschäftlichen Vorteile sich für Frau B und Frau A aus diesem Erbbaurechtsvertrag ergeben hätten, sei nicht dargelegt worden.
18
Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch die Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben.
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Nach Ansicht des Klägers steht der Festsetzung der Schenkungsteuer der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen. Mangels Anzeigepflicht bei notariell beglaubigten Schenkungen gemäß § 31 Abs. 2 AO habe die vierjährige Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 AO mit Ablauf des 31.12.2014 zu laufen begonnen. Irrelevant für die Fristberechnung sei die Aufforderung zur Abgabe der Schenkungsteuererklärung, da diese erst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung erfolgt sei. Im Streitfall sei der Kläger von einer Anzeigepflicht i. S. d. § 30 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG befreit gewesen. Da die vermeintliche Schenkung unter Lebenden notariell beurkundet worden sei, seien der Kläger bzw. dessen Vater gem. § 30 Abs. 3 Satz 2 ErbStG nicht zu einer Anzeige verpflichtet gewesen. Das gelte auch in den Fällen, in denen die Schenkung im notariellen Vertrag aufschiebend bedingt erfolgt sei. Nach diesen Grundsätzen habe die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des 31.12.2014 zu laufen begonnen und mit Ablauf des 31.12.2018 geendet. Da die Aufforderung zur Abgabe der Schenkungsteuererklärung – ohne die keine Pflicht zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung bestehe – erst im Jahr 2019 ergangen sei, trete auch keine Ablaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO ein.
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Der Beginn der Festsetzungsfrist sei entgegen der Auffassung des Beklagten gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO gehemmt gewesen. Nach dieser Vorschrift sei der Beginn der Festsetzungsfrist gehemmt bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker verstorben sei oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt habe. Entgegen der Auffassung des Beklagten ende die Hemmung bereits mit Eintritt der ersten der beiden Alternativen („oder“ und nicht „und“). Die Regelung werde von der Rechtsprechung auch nicht anders ausgelegt (BFH-Urteile vom 08.03.2017 – II R 2/15, BStBl II 2017, 751; und vom 26.07.2017 II R 21/16, BFHE 259, 16, BStBl II 2017, 1163; FG Nürnberg, Urteil vom 16.06.2016 4 K 1902/15, juris). Maßgeblich sei dabei die Alternative, die als erste eingetreten sei.
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Außerdem liege keine Schenkung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. Die Vereinbarung zwischen den Zuwendenden und dem Vater des Klägers im notariellen Vertrag vom 12.02.1985 seien in der Gesamtschau der Leistungspflichten der Parteien nicht objektiv unentgeltlich. Zudem mangele es an der subjektiven Unentgeltlichkeit. Bei dem Vater des Klägers und den Zuwendenden handelte es sich um fremde Dritte. Der Vertrag sei im regulären Geschäftsverkehr geschlossen worden. Der Beklagte stütze sich allein auf die Tatsache, dass in § 6 des Erbbaurechtsvertrags geregelt sei, dass der Grundstückseigentümer bei Ausübung des Ankaufsrechts verpflichtet sei, das Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe der Hälfte des damaligen Bodenwerts, der von den Parteien auf 90 DM/m² festgelegt worden sei, zu verkaufen. Hieraus schließe der Beklagte, dass dem Vater des Klägers das Recht eingeräumt worden sei, das Grundstück unter dem Verkehrswert zu kaufen, und damit ein teilentgeltliches Geschäft sowie eine freigebige Zuwendung vorlägen. Dabei unterstelle der Beklagte zum einen, dass der von den Parteien festgelegte Bodenwert den tatsächlichen Verkehrswert darstelle, und dass die Ankaufsvereinbarung losgelöst von der Bestellung des Erbbaurechts und der Festlegung des Erbbauzinses gesehen werden müsse.
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Die Bestellung des Erbbaurechts und das Ankaufsrecht stünden zusammen in einer synallagmatischen Verbindung. Sowohl das Ankaufsrecht als auch das Erbbaurecht seien in ein und dieselbe Urkunde aufgenommen. Auch die Regelung, dass Erbbaurechtszinsen nach dem Ablauf von 20 Jahren auf den Kaufpreis angerechnet werden könnten, zeige eindeutig die Zusammengehörigkeit des Erbbaurechts mit dem Ankaufsrecht. Alle Leistungen danach sollten zunächst auf den Kaufpreis angerechnet werden und, falls die Begünstigten länger leben würden, würde sich die Vereinbarung nach den damaligen Vorstellungen der Parteien wirtschaftlich zu Lasten des Vaters des Klägers entwickeln. Eine künstliche Aufteilung der Vereinbarung in einen separaten Kaufvertrag und einen separaten Erbbaurechtsvertrag würde dem allgemeinen Verständnis von Vereinbarungen entgegenlaufen.
23
Für die Beurteilung der objektiven Unentgeltlichkeit müsse es auch bei Geschäften unter einer aufschiebenden Bedingung auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ankommen. Denn spätere Änderungen in den Wertverhältnissen bis zum Eintritt der Bedingung könnten zu einem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führen, was dann das ursprüngliche Geschäft rückwirkend objektiv unentgeltlich machen würde.
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Neben den Erbbauzinsen und dem vereinbarten Kaufpreis seien auch noch die Übernahme einmaliger und wiederkehrender, privatrechtlicher und öffentlicher Abgaben, Steuern, Lasten und Pflichten, die Übernahme der Erschließungskosten durch Bebauung, die Instandhaltung der Gebäude und die Überlassung der vom Kläger errichteten Gebäude 1/3 unter dem Verkehrswert bei Heimfall an die Zuwendenden zu berücksichtigen.
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Bei dieser nach kaufmännischen Gesichtspunkten gebotenen Gesamtschau sei zu erkennen, dass der Erbbauberechtigte spiegelbildlich das Wertentwicklungsrisiko des Grundstücks in solchen Vereinbarungen trage und daher die mit dem Ankaufsrecht einhergehende Anrechnungsmöglichkeit ein Reflex dieses wirtschaftlichen Risikos sei. Bestehe nämlich das Risiko, dass z. B. aufgrund einer Reihe kaufmännischer Fehlentscheidungen der Immobilienwert kaum die Investitionsaufwendungen decke, liege es im kaufmännischen Interesse des Erbbauberechtigten, vorab diese Aufwendungen der Höhe nach zu begrenzen. Eine solche Begrenzung sei vorliegend in der Anrechnungsmöglichkeit von ab Oktober 2005 gezahlten Erbbauzinsen auf den Kaufpreis zu erblicken.
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Die Verknüpfung von Ankaufsrecht und Erbbaurecht sei – vergleichbar dem klassischen Mietkauf – vertraglich als „Quasikauf in Raten“ bzw. als „Quasikauf gegen Rente“ auszulegen. Im vorliegenden Fall werde durch den Aufschub des Ankaufsrechts auf den Tod der letzten Zuwendenden bzw. des Ehemannes zudem das Interesse der Veräußerer bedient, sich für die verbleibende Lebenszeit von voraussichtlich 20 Jahren, regelmäßig wiederkehrende und wertgesicherte Einnahmen zu sichern. Der Erwerber gehe hingegen das Wagnis ein, dass er, wenn der Veräußerer lange lebe, den Kaufgegenstand möglicherweise überbezahle. Es sei davon auszugehen, dass die Parteien ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Höhe des Erbbauzinses, Laufzeit ohne Anrechnung von 20 Jahren, Anrechnung später geleisteter Erbbauzinszahlungen und Höhe des Kaufpreises im Ankaufsfall gefunden hätten.
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Wie beim Kaufrechtsvermächtnis sei bei einem Erwerb unter Lebenden das Ankaufsrecht Gegenstand der Zuwendung. Dieses habe der Bedachte im Zuge des Vertragsschlusses des Erbbaurechtsvertrags erworben, jedoch aufschiebend befristet auf den Todeszeitpunkt der Zuwendenden bzw. des Ehemannes. Unabhängig davon entstehe die Steuer jedoch erst im Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts, da es sich erst durch die Geltendmachung realisiere. Das bedeutet aber, dass es für die Frage, ob das Ankaufsrecht unentgeltlich oder entgeltlich erworben worden sei, auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses des Erbbaurechtsvertrages ankomme. Nur wenn zu diesem Zeitpunkt nach der Gesamtbetrachtung aller Leistungs- und Gegenleistungsverpflichtungen ein (teil) unentgeltliches Geschäft vorliege, könne es sich überhaupt um eine freigebige Zuwendung handeln.
die beiden angefochtenen Schenkungsteuerbescheide auf den 17.11.2014 jeweils vom 14.07.2020 in der Gestalt der jeweiligen Einspruchsentscheidung vom 06.09.2021 aufzuheben.
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Das Finanzamt beantragt,
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Die Beteiligten regen übereinstimmend an, für den Fall des jeweiligen Unterliegens die Revision zuzulassen.
31
Nach Ansicht des Finanzamts beginnt die Festsetzungsfrist gem. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sei eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Diese betrage für die Schenkungsteuer regelmäßig vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO).
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Beim vorliegenden Schenkungssachverhalt handele es sich um die Geltendmachung des nach der Urkunde vom 12.02.1985 (Urk.-Nr. …/…) ausbedungenen Rechtes des Erbbauberechtigten, das Ankaufsrecht gegenüber dem Erben des Letztversterbenden der drei Beteiligten Frau B, Herrn D und Frau A geltend zu machen. Mit dem Tod der Letztversterbenden Frau A am xx.11.2014 habe dem Erbbauberechtigten das Recht zugestanden, das Ankaufsrecht bis zum Ablauf des Erbbaurechtes im Februar 2084 (Abs. II in Verbind. mit § 6 der Urkunde vom 12.02.1985) geltend zu machen. Dies habe er mit schriftlicher Erklärung vom 17.11.2014 gegenüber dem Erben getan (Hinweis in der Urkunde vom 07.05.2015, Urk.-Nr. …/… unter 2.). Diese Urkunde sei mit Schreiben vom 03.09.2016 aufgrund eines Gesprächs vom 25.08.2016 beim Finanzamt eingereicht worden. Sie sei laut Absatz XII der Urkunde (Kosten und Abschriften) durch den Notar nicht der Schenkungsteuerstelle zur Kenntnis übermittelt worden. Mit Schreiben vom 27.11.2018 seien die Erbbaurechtsbestellungsurkunde vom 12.02.1985, Urk.-Nr. …/…, sowie die erste Nachtragsurkunde vom 28.03.1995, Urk.-Nr. …/…, die zweite Nachtragsurkunde vom 31.10.1997, Urk.-Nr. …/… und die dritte Nachtragsurkunde vom 15.08.2005, Urk.-Nr. …/… angefordert worden. Diese seien am 01.02.2019 beim Finanzamt eingegangen.
33
Die Festsetzungsfrist beginne grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden sei oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden sei (§ 170 AO). Für die Schenkungsteuer beginne die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker gestorben sei oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt habe. Positive Kenntnis des Finanzamts von der vollzogenen Schenkung liege dann vor, wenn das für die Verwaltung der Schenkungsteuer zuständige Finanzamt in erforderlichem Umfang (Name und Anschrift des Schenkers und des Bedachten, Rechtsgrund des Erwerbs) Kenntnis erlangt habe (BFH-Urteil vom 06.06.2007 II R 54/05, BFHE 217, 393, BStBl II 2007, 954). Nicht ausreichend sei die Kenntnis von Umständen, die nur zur Prüfung Anlass gäben, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliege (BFH-Urteil vom 28.05.1998 II R 54/95, BStBl. II 1998, 647).
34
Erst die am 01.02.2019 eingegangenen Urkunden hätten das Finanzamt in die Lage versetzt zu entscheiden, ob ein der Schenkungsteuer unterliegender Vorgang vorliege, denn in der Erbbaurechtsbestellungsurkunde sei nur ausgeführt worden, wann und gegenüber wem das Ankaufsrecht geltend gemacht werden könne und wie der Kaufpreis zu ermitteln sei. Das Finanzamt habe somit von der vollzogenen Schenkung erst im Jahr 2019 Kenntnis erlangt. Die Festsetzungsfrist betrage vier Jahre und habe deshalb mit Ablauf des Jahres 2019 begonnen. Die Schenkungsteuerbescheide vom 14.07.2020 seien somit innerhalb der Festsetzungsfrist erstellt worden.
35
Nach dem Erbbaurechtsvertrag seien die Erbbauzinszahlungen auf den vereinbarten Kaufpreis von 45 DM/m² anzurechnen. Diese Anrechnung widerspreche aber dem Erbbaurechtsvertrag, der für die Nutzung eines Vermögensgegenstandes einen Erbbauzins festlege, der nach den Vertragsbedingungen sogar an die geänderten Preisbedingungen im Allgemeinen Geschäftsverkehr angepasst werden könne.
36
Sollten die Erbbauzinsen, die nach zwanzig Jahren, also ab März 2005, weiterhin gezahlt wurden, Kaufpreisraten darstellen, wäre vorliegend ein Kaufvertrag erforderlich gewesen. Der Kaufpreis würde sich, je nachdem wie lange der Erbbauzins gezahlt worden wäre, maximal bis zum Februar 2084 erhöhen. Würde der Kläger sein Ankaufsrecht erst in der Zukunft geltend machen, würde er somit das Grundstück zwischenzeitlich unentgeltlich nutzen, da ja nach Darstellung des Klägers der Erbbauzins auf den Kaufpreis angerechnet werden müsse. Die Zahlungen der Erbbauzinsen stellten aber entweder ein Nutzungsentgelt oder Kaufpreisraten dar.
37
Der Umstand, dass die Erbbauzinszahlungen von der Höhe her auf den Kaufpreis angerechnet werden sollen, stelle letztlich nur eine Kaufpreisfindung auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Ankaufsrechtes dar. Der Klägervertreter trage in seiner Klagebegründung vor, dass die Erbbauzinszahlungen wahrscheinlich so berechnet worden seien, dass die Altersversorgung für die wahrscheinliche Lebensdauer gesichert sein sollte, so auch die Vereinbarung von zwanzig Jahren bis zum Februar 2005. Die Vertragsbeteiligten hätten sich aber darüber im Klaren sein müssen, dass die Vereinbarung vom Februar 1985 zugunsten oder aber auch zuungunsten der Beteiligten habe ausgehen können, je nachdem, wann der Erbbauberechtigte entsprechend der Erbbaurechtsurkunde das Ankaufsrecht habe geltend machen können. Den Beteiligten habe die Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung offensichtlich gewesen sein müssen, auch im Hinblick auf die Vereinbarung des Erbbaurechtes für 99 Jahre bis zum Februar 2084.
38
Hinsichtlich der Berechnung der Bereicherung werde auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 06.09.2021 und auf das BFH-Urteil vom 06.06.2001 (II R 5/00 BFH/NV 2001, 1564, ergangen zur Bewertung eines Kaufrechtsvermächtnisses) verwiesen. Dort werde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Steuer für den Erwerb erst entstehe, wenn das Gestaltungsrecht ausgeübt werde und die Berechnung der Bereicherung mit den Werten zum Zeitpunkt der Steuerentstehung erfolge.
39
Die Gegenleistung für den Erwerb hätten die seinerzeitigen Eigentümer mit 45 DM/m² Grund und Boden beziffert. Nach den Vorstellungen der damaligen Eigentümerinnen hätten diese den Wert des Grund und Bodens mit 90 DM/m² angenommen. Ob dieser Wert zu diesem Zeitpunkt tatsächlich zu erzielen gewesen wäre oder ob er überhöht gewesen sei, könne dahinstehen. Die damaligen Eigentümerinnen seien von 90 DM/m² Verkehrswert ausgegangen und hätten dem Erbbauberechtigen das Recht eingeräumt, den Grund und Boden für 45 DM /m² zu erwerben, so dass zum damaligen Zeitpunkt von einem teilentgeltlichen Erwerb ausgegangen worden sei. Hinsichtlich der aufstehenden Gebäude sei eine Gegenleistung (Kaufpreis) nicht vereinbart worden, so dass diese unentgeltlich übergehen sollten.
40
Die in dem vorliegenden Erbbaurechtsvertrag vereinbarten Bedingungen entsprächen den Regeln des Erbbaurechtsgesetzes (§ 2 „Vertragsgemäßer Inhalt“). Die Ausgestaltung der Rechte und Pflichten sei Sache der damaligen Eigentümerinnen und des damaligen Erbbauberechtigten gewesen. In diesem Vertrag seien auch Vereinbarungen wegen des zu entrichtenden Erbbauzinses getroffen worden (Urkunde Nr. …/… unter III. Erbbauzins). Bei der Festlegung des Erbbauzinses seien keine Vereinbarungen getroffen worden, die einen Hinweis darauf geben würden, dass im Erbbauzins ein Entgelt für einen möglichen späteren Verkauf enthalten wäre. Wenn in diesem Erbbauzins ein Teilentgelt für einen späteren Kauf vereinbart worden wäre, würde dies dazu führen, dass bereits im Jahr 1985 ein Kaufvertrag mit Ratenzahlung vorläge. Nach der vorliegenden Urkunde komme ein Kaufvertrag aber erst zustande, wenn die Eigentümerinnen und Herr D verstorben seien und der Erbbauberechtigte das Ankaufsrecht geltend mache.
41
Die Schenkungsteuer entstehe vorliegend im Zeitpunkt der Geltendmachung des Ankaufsrechtes, also am 17.11.2014. Die Bereicherung des Erwerbers ermittele sich hierbei nach § 12 ErbStG, indem vom ermittelten Wert der Leistung des Schenkers die tatsächlich erbrachten Gegenleistungen des Beschenkten mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert abgezogen würden. Bei der Ermittlung der Gegenleistung des Beschenkten seien die Anweisungen laut § 6 des Erbbaurechtsvertrages anzuwenden. Diese stellten aber nur eine Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des Kaufpreises dar. Ob dieser im Zeitpunkt des Kaufs dem Verkehrswert des zu übereignenden Grundstücks entspreche, sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages nicht vorhersehbar gewesen. Die zu erbringende Gegenleistung habe nur in Höhe von 45 DM/m² bestanden. Eine höhere zu erbringende Gegenleistung sei nicht zu erbringen.
42
Der Abzug der nach zwanzig Jahren gezahlten Erbbauzinsen stelle nur eine Berechnungsgrundlage für den zu zahlenden Kaufpreis dar. Die Ermittlung des Werts der Bereicherung im Zeitpunkt der Steuerentstehung sei, wie dies in der Einspruchsentscheidung bereits ausgeführt worden sei, eine andere.
43
Das vom Kläger angeführte BFH-Urteil vom 30.01.2013 (II R 6/12, BFHE 240, 178, BStBl II 2013, 930) könne auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden, da hier der Kaufpreis im Zeitpunkt des Verkaufs dem Verkehrswert entsprochen habe, so dass zum Zeitpunkt des Kaufs sich Leistung und Gegenleistung gleichwertig gegenübergestanden hätten.
44
Im vorliegenden Klagefall liege im Zeitpunkt des Abschlusses des Erbbaurechtsvertrages kein Kaufvertrag vor, es würden nur die Bedingungen festgelegt, wann das Erbbaurechtsgrundstück gekauft werden kann und welche Gegenleistungen zu erbringen seien. Der Kauf sei auf einen unbestimmten Zeitpunkt in die Zukunft vereinbart.
45
Auf den Zeitpunkt des Todes der Schenker komme es vorliegend nicht an, denn der Erwerb habe von einer aufschiebenden Bedingung abgehangen (§ 4 BewG). Erst wenn die Bedingung eingetreten sei, werde der Erwerb berücksichtigt. Vorliegend habe der Erwerb auch noch im Jahr 2084 erfolgen können, denn dem Erbbauberechtigten habe die Geltendmachung des Ankaufsrechtes bis zum Ablauf des Erbbaurechtes zugestanden, somit bis zum Februar 2084.
46
Nach Abs. VI der Erbbaurechtsbestellungsurkunde seien sämtliche Rechte und Pflichten aus den in dieser Urkunde niedergelegten vertraglichen Vereinbarungen auf die jeweiligen Rechtsnachfolger der Vertragsparteien übergegangen. Hiernach seien Frau B und Frau A als Zuwendende anzusehen, da sie das Ankaufsrecht ausbedungen hätten. Derjenige, der das Ankaufsrecht geltend mache, habe den Erwerb als solchen von Frau B und Frau A zu versteuern (BFH vom 17.02.1993, Az.: II R 72/90).
47
Vorliegend müsse zwischen dem Erbbaurechtsvertrag und dem Ankaufsrecht unterschieden werden. Der Erbbaurechtsvertrag sei ein Vertrag über eine bestimmte Laufzeit, der dem Erbbauberechtigten das Recht einräume, ein bestimmtes Grundstück mit oder ohne Aufbauten zu nutzen, wobei die Nutzungen im Erbbaurechtsvertrag schriftlich festgelegt seien. Für diese Nutzung sei der Erbbauberechtigte verpflichtet, den vereinbarten Erbbauzins fristgerecht zu bezahlen, vergleichbar einer Miete für eine gemietete Wohnung.
48
Die Vereinbarung eines Ankaufsrechtes räume dem Erbbauberechtigten das Recht ein, das Ankaufsrecht auszuüben, wenn die im Vertrag vereinbarten Bedingungen eingetreten seien. Die Geltendmachung des Ankaufsrechtes stelle noch keinen Vertrag dar, mit dem das Eigentum an einer Sache auf den Erwerber übergehe. Hierzu sei ein Überlassungsvertrag in Form eines Schenkungsvertrages oder eines Kaufvertrages erforderlich. Die Bedingungen, mit dem das Eigentum erworben werden könne, seien im Erbbaurechtsvertrag beschrieben. Die zu erbringenden Gegenleistungen müssten hierbei nicht dem Verkehrswert der Leistung der Zuwendenden entsprechen. Die Gegenleistungen könnten höher oder niedriger sein, je nachdem, wie die Vertragsparteien es vereinbarten. Eine Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung sei nicht erforderlich.
Entscheidungsgründe
49
Eine Aussetzung des vorliegenden Klageverfahrens gem. § 74 FGO aufgrund einer eventuellen Änderung der Höhe der Schenkungsteuer aufgrund eines geänderten Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts der wirtschaftlichen Einheit in Stadt 1, Adresse 1, ist nicht geboten.
50
1. Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens steht grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Dabei ist es regelmäßig geboten und zweckmäßig (Ermessensreduzierung auf Null), dass das Gericht den Streit um die Rechtmäßigkeit eines Folgebescheids aussetzt, solange noch unklar ist, ob und wie der angefochtene Grundlagenbescheid geändert wird. Im Einzelfall kann trotz ausstehender Entscheidung über einen Grundlagenbescheid keine Ermessensreduzierung auf Null vorliegen und daher eine Fortführung des Verfahrens ermessensgerecht sein.
51
Das ist z. B. dann der Fall, wenn das Vorbringen eines Beteiligten den Folgebescheid als solchen betrifft und im Verfahren über diesen Bescheid entscheidungserheblich ist. In diesem Fall kann das betreffende Vorbringen bereits zur Entscheidung über die Klage führen, ohne dass es noch auf die Entscheidung über den Grundlagenbescheid ankommt. Dann kann eine zeitnahe Entscheidung sowohl der Prozessökonomie als auch dem (objektivierten) Interesse der Beteiligten entsprechen. Von Bedeutung ist dabei, dass unbeschadet einer Entscheidung über den Folgebescheid dieser bei einer nachfolgenden Aufhebung oder Änderung des Grundlagenbescheids (auch im dagegen gerichteten Klageverfahren) gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist, ohne dass es einer weiteren gerichtlichen Entscheidung bedarf (BFH-Urteil vom 25.08.2010 II R 65/08, BFHE 231, 239, BStBl II 2011, 225).
52
2. Im vorliegenden Fall ist für die Entscheidung über eine Änderung der Grundstücksbewertung die im vorliegenden Verfahren zu treffende Feststellung über den Stichtag der Zuwendung, die Einhaltung der Festsetzungsfrist und das Vorliegen einer steuerpflichtigen freigebigen Zuwendung vorgreiflich. Eine eventuelle Anpassung der Höhe der Schenkungsteuer infolge einer eventuellen Änderung der Grundstücksbewertung ist gem. § 175 AO Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 möglich, ohne dass es einer erneuten gerichtlichen Entscheidung bedarf.
53
Die Klage ist unbegründet.
54
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entstehung der Steuer war die Geltendmachung des Ankaufsrechts.
55
a) Die Schenkung ist zwar bereits in dem notariellen Vertrag aus dem Jahr 1985 über die Bestellung des Erbbaurechts enthalten. Wie bei einem Kaufrechtsvermächtnis erwirbt der Zuwendungsempfänger bei einem aufschiebend auf den Tod des Schenkers ausgebrachten Ankaufsrecht ein Übernahmerecht. Dabei handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das es dem Begünstigten ermöglicht, einen (schuldrechtlichen) Anspruch auf Übertragung des Gegenstandes, wie er sich im Nachlass befindet, gegen Zahlung des vom Schenker festgelegten Preises zu begründen (vgl. BGH-Urteil vom 28.01.1994 V ZR 90/92, BGHZ 125, 41, 55; vgl. auch BFH-Urteile vom 16.03.1977 II R 11/69, BFHE 121, 519, BStBl II 1977, 640; vom 21.07.1993 II R 118/90, BFHE 172, 118, BStBl II 1993, 765; und vom 04.05.2000 IV R 10/99, BFHE 191, 529, BStBl II 2002, 850). Die Zuwendung war also doppelt aufschiebend bedingt i. S. d. § 4 BewG bis zum Tod der letzten der drei begünstigten Personen und bis zur Geltendmachung des Ankaufsrechts.
56
aa) Das Ankaufsrecht als solches und nicht der erst durch dessen Ausübung entstehende Übertragungsanspruch ist Gegenstand der Schenkung (BGH-Urteil vom 30.09.1959 V ZR 66/58, BGHZ 31, 13, 20; BFH-Urteil vom 06.0.2001 II R 14/00, BFHE 195, 419, BStBl II 2001, 725, Rn. 18). Liegt der Preis unter dem Verkehrswert der Kaufsache oder entfällt er – wie im Streitfall – ganz, so ist der Beschenkte bereits durch den Erwerb des Ankaufsrechts i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bereichert, weil ihm dadurch eine Rechtsposition zufällt, die einen wirtschaftlichen Vorteil verkörpert.
57
bb) Die Steuer kann allerdings abweichend von § 9 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 ErbStG erst mit der Geltendmachung des Rechts entstehen, weil der mit dem Erwerb des Rechts verbundene Vorteil sich erst dadurch realisiert. „Durch Schenkung“ erworben ist gleichwohl allein das Gestaltungsrecht und nicht der erst als Folge seiner Geltendmachung entstehende Anspruch auf Übertragung des Nachlassgegenstandes. Der Senat hält die zum Kaufrechtsvermächtnis ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auf die vorliegende Fallgestaltung für übertragbar (vgl. BFH-Urteil vom 06.06.2001 II R 76/99, BFHE 195, 415, BStBl II 2001, 605, Rn. 12).
58
b) Der Erbbaurechtsvertrag vom 12.02.1985 stellt eine Schenkung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar, für die die Steuer zu einem unbestimmten Zeitpunkt entsteht (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i. V. m. §§ 4 und 8 BewG). Der Zeitpunkt der Steuerentstehung ist der Zeitpunkt, in welchem der Erbbauberechtigte den Anspruch des Ankaufsrechtes geltend macht.
59
aa) Bei dem Ankaufsrecht erwirbt der Erbbauberechtigte mit dem Tod des letzten der beiden Eigentümerinnen bzw. von deren Ehemann ein Übernahmerecht. Dabei handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das es dem Erbbauberechtigten ermöglicht, einen (schuldrechtlichen) Anspruch auf Übertragung des Erbbaurechtsgrundstücks gegen Zahlung des vom Erblasser festgelegten Preises zu begründen (BFH-Urteil vom 06.06.2001 II R 76/99, BFHE 195, 415, BStBl II 2001, 605, Rn. 12).
60
bb) In der Urkunde wird ausdrücklich die Bezeichnung „Anspruch“ verwendet. Mit der Geltendmachung des Ankaufsrechtes hat der Kläger gegenüber dem Erben von Frau A, Herrn F, seinen Anspruch geltend gemacht, wonach dieser ihm das Grundstück zu dem in der Erbbaurechtsurkunde vereinbarten Kaufpreis übereignen musste. Die Möglichkeit der Geltendmachung war begrenzt bis zum Ablauf des Erbbaurechts. Der Zeitpunkt der Übereignung des Grundstücks war nicht vorgeschrieben, dies hätte auch später erfolgen können. Nach dieser Vertragsgestaltung entstand die Schenkungsteuer mit der Geltendmachung des Ankaufsrechtes (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG in Verbindung mit §§ 4 und 8 BewG).
61
2. Die Zuwendung erfolgte freigebig.
62
a) Objektiv war keine Gegenleistung mehr zu erbringen.
63
Die Bereicherung, die sich aufgrund der Geltendmachung des Ankaufsrechtes zum 17.11.2014 ergibt, wird in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStG ermittelt. Hierbei werden von dem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert der Leistung des Schenkers die Gegenleistungen des Beschenkten mit ihrem nach § 12 ErbStG ermittelten Wert abgezogen (R E 7.4 zu § 7 ErbStG). Der Wert des Erbbaurechtsgrundstücks i. H. v. 669.968 € und damit der Leistungen der beiden Schenkerinnen, jeweils ½ Anteil an dem Erbbaurechtsgrundstück in Stadt 1, Adresse 1, wurde vom Finanzamt Stadt 1 mit Feststellungsbescheid vom 13.07.2020 auf jeweils 334.984 € festgestellt.
64
Eine Umqualifizierung der nach Ablauf von 20 Jahren seit Bestellung des Erbbaurechts gezahlten Erbbauzinsen in Kaufpreisraten ist nicht möglich. Die Rechtsnatur der geleisteten Zahlungen kann nicht rückwirkend „umgewidmet“ werden. Dem Erbbauzins stand im Moment seiner Zahlung die Nutzungsüberlassung des Grundstücks gegenüber. Diese entfällt auch nicht rückwirkend durch die Geltendmachung des Ankaufsrechts, sondern endet ex nunc mit dem Erwerb des Grundstücks durch den Erbbauberechtigten selbst. Eine Abgrenzung zu Kaufpreisraten ist weder zeitlich für bestimmte Erbbauzinszahlungen noch der Höhe nach für einen fiktiven Kaufpreisanteil möglich.
65
Die Zahlung des Erbbauzinses stand daher allein im Synallagma mit der Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks. In dem theoretisch möglichen Fall, dass das Übernahmerecht nicht geltend gemacht würde, wäre in den Erbbauzinsen kein denkbarer Anteil für einen Kaufpreis enthalten. Außerdem fehlt es im Vertrag von 1985 an den übrigen wesentlichen Elementen eines Kaufvertrages, insbesondere einer Verpflichtung zur Übertragung des Grundstückseigentums.
66
Für eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung findet sich in der Urkunde über die Einräumung des Erbbaurechts und des Übernahmerechts kein hinreichender Anhaltspunkt. Die schenkungsteuerliche Betrachtung folgt der tatsächlich gewählten zivilrechtlichen Vereinbarung. Es hätte den Vertragsbeteiligten freigestanden, eine andere Vereinbarung einschließlich eines aufschiebend bedingten Kaufvertrages zu treffen. Diesen Weg haben sie jedoch nicht gewählt.
67
Die im Vertrag von 1985 vorgesehene Anrechnung der ab 2005 gezahlten Erbbauzinsen auf den Kaufpreis ist eine Vorgabe allein für die Berechnung des Kaufpreises für den Fall der tatsächlichen Ausübung des Ankaufrechts, der aufgrund der langen Laufzeit des Erbbaurechts bis zur Geltendmachung des Ankaufsrechts letztlich auf Null gesunken ist. Der Wert der Gegenleistung ermittelte sich nach den im Erbbaurechtsvertrag enthaltenen Bedingungen. Da die anzurechnenden Erbbauzinszahlungen den vereinbarten Kaufpreis überstiegen, war eine Gegenleistung nicht mehr zu erbringen.
68
Auch der Umstand, dass für den Fall der Geltendmachung des Ankaufsrechts – anders als für den Heimfall des Erbbaurechtsgrundstücks, bei dem der Wert der vom Erbbauberechtigten Gebäude mit 2/3 hätte berücksichtigt werden sollen – keine wertmäßige Berücksichtigung der Gebäude vorgesehen war, verstärkt das Element der Freigebigkeit der Einräumung des Ankaufsrechts.
69
b) Auch subjektiv war den Grundstückseigentümerinnen bewusst, dass der Kaufpreis im besten Fall die Hälfte des von ihnen angenommenen Verkehrswertes betragen würde. Im nicht unwahrscheinlichen Fall, dass die Letztversterbende hinreichend lange über die zwanzigjährige Anfangsphase hinaus leben würde, war ein immer geringer werdender bzw. gar kein Kaufpreis mehr zu entrichten. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den Schenkerinnen und dem Vater des Klägers um Geschäftspartner und nicht um Familienangehörige gehandelt hat. Gerade aus der erkennbaren Absicht der Schenkerinnen, zu Lebzeiten durch den Erhalt des Erbbauzinses finanziell abgesichert zu sein, und der Verfügung über das Grundstück zu einem vom Erbbauberechtigten wählbaren Zeitpunkt nach dem Tod der Letztversterbenden ergibt sich eine Interessenlage, wie sie bei Schenkungen und Vermächtnissen typischerweise vorliegt. Das Bewusstsein der Schenkerinnen, dass ihr Erbe keinen adäquaten Kaufpreis mehr bekommen würde, hat nach Überzeugung des Gerichts vorgelegen.
70
Die Geltendmachung des Ankaufsrechts am 17.11.2014 führte daher zu einem unentgeltlichen Erwerb nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG des Rechts, das Grundstück Adresse 1 in Stadt 1 ohne Zahlung eines Kaufpreises zu übernehmen.
71
3. Die Festsetzungsfrist war bei Ergehen der angefochtenen Schenkungsteuerbescheide auf den 17.11.2014 jeweils am 14.07.2020 noch nicht abgelaufen.
72
Nach § 169 Abs. 1 S. 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist.
73
Der Beginn der Festsetzungsfrist richtet sich nach § 170 AO.
74
a) Die Festsetzungsfrist würde vorliegend nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Jahres 2014, somit am 31.12.2014, beginnen. Nach § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.
75
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG entsteht die Steuer bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in der Fassung vom 24.03.1999). Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23.11.2011 II R 33/10, BStBl II 2012, 473, und vom 30.11.2009 II R 70/06, BFH/NV 2010, 900). Dies erfordert, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann; maßgebend hierfür ist ausschließlich die Zivilrechtslage (BFH-Urteile vom 22.08.2007 II R 33/06, BStBl II 2008, 28, und vom 16.16.2008 II R 10/06, BStBl II 2008, 631).
76
Im vorliegenden Fall liegt der Vollzug der Schenkung in der Geltendmachung des Ankaufsrechts am 17.11.2014. Damit ist die Steuer entstanden.
77
b) Aus § 170 Abs. 2 AO ergibt sich jedoch ein anderer Zeitpunkt.
78
aa) Nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt abweichend von § 170 Abs. 1 AO die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt.
79
bb) Im vorliegenden Fall war eine Anzeige zu erstatten. Nach § 30 Abs. 1 ErbStG ist jeder der Erbschaftsteuer unterliegende Erwerb (§ 1) vom Erwerber, bei einer Zweckzuwendung vom Beschwerten binnen einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Anfall oder von dem Eintritt der Verpflichtung dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen. Erfolgt der steuerpflichtige Erwerb durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, ist zur Anzeige auch derjenige verpflichtet, aus dessen Vermögen der Erwerb stammt (§ 30 Abs. 2 ErbStG).
80
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs steht es einer Anzeige gemäß § 30 ErbStG gleich, wenn das für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt anderweitig eine Kenntnis von der Schenkung erlangt, die ihm ohne weitere Ermittlungen die Prüfung ermöglicht, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt. Dazu gehört regelmäßig die Angabe des Namens und der Wohnung des Schenkers und des Bedachten (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 ErbStG) sowie die Angabe des Rechtsgrundes für den Erwerb (vgl. BFH-Urteil vom 05.02.2003 II R 22/01, BStBl II 2003, 502, m. w. N.).
81
Einer Anzeige bedarf es nach § 30 Abs. 3 Satz 2 ErbStG jedoch nicht, wenn eine Schenkung unter Lebenden oder eine Zweckzuwendung gerichtlich oder notariell beurkundet ist. In diesem Fall besteht nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 ErbStG, § 8 Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung (ErbStDV) eine Anzeigepflicht der Notare.
82
Vorliegend bedurfte es mangels einer notariellen Beurkundung der Geltendmachung des Ankaufsrechts einer Anzeige des Klägers. Diese ist in der Einreichung des notariellen Kaufvertrages vom 07.05.2015, in der auf die schriftliche Geltendmachung des Ankaufsrechts hingewiesen worden ist, am 05./08.09.2016 zu sehen.
83
Die Festsetzungsfrist begann daher mit Ablauf des Jahres 2016. Sie betrug gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre und lief bis zum 31.12.2020.
84
Die angefochtenen Bescheide sind am 14.07.2020 und damit innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen.
85
Die angefochtenen Schenkungsteuerbescheide erweisen sich daher als rechtmäßig.
86
Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.
87
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
88
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.