Titel:
Urteil ohne Unterschrift
Normenkette:
StPO § 329 Abs. 1
Leitsätze:
Der Umstand, dass das erstinstanzliche schriftliche Urteil keine Unterschrift des Tatrichters aufweist, steht einer Verwerfung der Berufung nach § 329 StPO nicht entgegen. (Rn. 2)
Liegen die Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 vor, hat das Berufungsgericht das Verfahren ohne jede sachliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils zu beenden. Die Bestimmung nimmt die Möglichkeit in Kauf, dass ein sachlich unrichtiges Urteil allein darum rechtskräftig wird, weil der Angeklagte in der Berufungsverhandlung ohne genügende Gründe ausgeblieben ist (Bestätigung von BGH BeckRS 1962, 105991). (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufung, Verwerfung, Nichterscheinen, Ausbleiben, unentschuldigt, Urteil, sachlich unrichtig, ohne Unterschrift
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.04.2023 – 6 NBs 204 Js 28506/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 37084
Tenor
I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17. April 2023 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
1
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Zur Begründung wird auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Antragsschrift vom 27. Juli 2023 Bezug genommen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
2
Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zutreffend ausgeführt hat, steht der Umstand, dass das erstinstanzliche schriftliche Urteil keine Unterschrift des Tatrichters aufweist, einer Verwerfung der Berufung nach § 329 StPO nicht entgegen. Das Verwerfungsurteil nach § 329 Abs. 1 setzt voraus, dass zulässig Berufung eingelegt worden ist, die Verfahrensvoraussetzungen gegeben sind, keine Prozesshindernisse vorliegen, der Angeklagte ordnungsgemäß geladen wurde, weder der Angeklagte noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsmacht erschienen ist und das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 329 Rn. 6 ff.; Gössel in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 329 Rn. 60, 63). Liegen diese Voraussetzungen vor, hat das Berufungsgericht das Verfahren ohne jede sachliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils zu beenden (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. Rn. 32). Die Bestimmung nimmt die Möglichkeit in Kauf, dass ein sachlich unrichtiges Urteil allein darum rechtskräftig wird, weil der Angeklagte in der Berufungsverhandlung ohne genügende Gründe ausgeblieben ist (BGH, Urteil vom 3. April 1962 – 5 StR 580/61 –, BGHSt 17, 188-190, juris Rn. 4). Ein Urteil ohne Gründe ist, sofern es nach § 268 Abs. 2 StPO verkündet worden ist, grundsätzlich wirksam und kann in Rechtskraft erwachsen (BGH, Urteil vom 8. Juli 1955 – 2 StR 144/55 –, BGHSt 8, 41-42, juris).
3
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.