Titel:
Anwendbarkeit der Grundsätze der Kettenübertragung bei Betriebsfortführung durch einen Pächter
Normenketten:
UStG § 1 Abs. 1a S. 1, § 15a
RL 77/388/EWG Art. 5 Abs. 8
MwStSystRL Art. 19
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2,§ 135 Abs. 1, § 151, § 155
ZPO § 708 Nr. 10, § 711
Leitsatz:
Bei Vorliegen mehrerer Leistungsbeziehungen ist jeder Vorgang einzeln und selbständig zu beurteilen, so dass Erwerbe von mehreren Personen nicht zusammengerechnet werden dürfen (vgl. BFH-Urteile vom 4. Februar 2015 – XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, BeckRS 2015, 95099) (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Geschäftsveräußerung im Ganzen, Anwendbarkeit der Grundsätze der Kettenübertragung bei Betriebsfortführung durch einen Pächter, Steuerbare Umsätze
Rechtsmittelinstanz:
BFH München vom -- – V R 3/23
Fundstellen:
EFG 2023, 722
UStB 2023, 316
LSK 2023, 3681
MwStR 2023, 516
BeckRS 2023, 3681
DStRE 2023, 1480
Tenor
1. Die mit Bescheid vom 4. Juni 2020 und Einspruchsentscheidung vom 23. September 2020 festgesetzte Umsatzsteuer für 2017 wird um … € herabgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
Die Klägerin, …, betrieb eine Fischverarbeitung, eine Fischzucht, einen Hofladen und eine Gaststätte.
2
Mit Kaufvertrag vom 23. November 2016 veräußerte sie an X und Y (Erwerber) zu gleichen Teilen Teile ihres Betriebsvermögens und zwar Grundbesitz mit darauf befindlichen Gaststättengebäude, Betonbecken, Laden- und Wohngebäude einschließlich Wasserleitungsrechten und beweglicher Einrichtung. Rechte und Ansprüche aus einer wasserrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb der Fischzuchtanlage und aus mit Grundstücksnachbarn bestehenden Vereinbarungen/Grunddienstbarkeiten betreffend die Wasserentnahme aus der A zur Versorgung der Fischzuchtanlage wurden abgetreten.
3
Voraussetzung für die Auszahlung des Kaufpreises an die Klägerin war laut Kaufvertrag, dass das Landratsamt der Übertragung der beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis auf die Erwerber zugestimmt oder zumindest mitgeteilt hatte, dass es zuzustimmen beabsichtige.
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Laut Vertrag sollten vom Kaufpreis … € auf den Grund und Boden, … € auf die Gebäude, … € auf die Teich- und Außenanlagen (lt. Anlage zur Ergänzungsbilanz zum 31. Dezember 2017 entfielen davon … € auf die Teichanlagen und … € auf die Außenanlagen) und … € auf die beweglichen Einrichtungen (lt. Ergänzungsbilanz: Ladeneinrichtung: … €, Einrichtung Fischerhütte: … € und Einrichtung „Kaser“: … €) entfallen.
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Zwischen der Klägerin und den Erwerbern bestand Einigkeit, dass die Klägerin weiterhin mit Fisch beliefert werden würde, was auch nach Übergang des Besitzes zum 1. Januar 2017 geschah.
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Mit Vertrag vom 31. Januar 2017 wurde die F GmbH mit den Erwerbern und anderen natürlichen Personen als Gesellschaftern und u.a. der Erwerberin Y als Mitgeschäftsführerin gegründet und am 21. Februar 2017 im Handelsregister eingetragen. Gegenstand der GmbH sollte der Betrieb einer Teichwirtschaft/Fischaufzucht, der Handel mit Fischereiprodukten aller Art sowie der Betrieb einer Gastronomie sein. An die F GmbH wurde mit Pachtvertrag vom 5. Mai 2017 von den jeweiligen Erwerbern die gesamte Fischzuchtanlage inklusive Gebäude und Fischzuchtbecken rückwirkend zum 1. Januar 2017 gegen einen Pachtzins zuzüglich Umsatzsteuer verpachtet und alle Rechte aus der wasserrechtlichen Erlaubnis für die Dauer des Pachtverhältnisses übertragen.
7
In ihrer am 11. März 2019 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 2017 ging die Klägerin davon aus, dass bezüglich der übertragenen Wirtschaftsgüter eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorläge.
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Nachdem der Erwerber X dem FA auf Anfrage mitgeteilt hatte, dass ein Dritter (die F GmbH) auf den gekauften Liegenschaften Fische züchten und handeln sollte und der Erwerb eines Betriebs oder Teilbetriebs weder angedacht noch vollzogen worden sei, ging das FA davon aus, dass der Betrieb nicht durch die Erwerber selber fortgeführt und dies auch nicht beabsichtigt worden sei. Deswegen nahm es eine steuerpflichtige Lieferung der Einrichtung i.H.v. … € und der Teichanlagen i.H.v. … € an und legte der Umsatzsteuerfestsetzung für 2017 mit Bescheid vom 4. Juni 2020 somit (zusätzliche) steuerpflichtige Umsätze i.H.v. … € (netto) zu Grunde. Die Veräußerung der Grundstücke nebst Außenanlagen wurde nach § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr gültigen Fassung (UStG) steuerfrei belassen.
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Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 23. September 2020 als unbegründet zurück. Es ging davon aus, dass die Erwerber ein Unternehmen mit dem Gegenstand der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und Betriebsvorrichtungen führten, während die F GmbH als eigenständiges Unternehmen eine Fischzucht, Handel mit Fischereiprodukten aller Art und Gastronomie betreibe. Die Erwerber würden mit ihrer Verpachtung keine hinreichend ähnliche Tätigkeit wie die Klägerin fortführen.
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Eine entsprechende Fortführungsabsicht hinsichtlich des Produktionsbetriebs der Klägerin sei aus nach außen erkennbaren objektiven Kriterien nicht abzuleiten.
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Eine Kettenveräußerung liege auch nicht vor, da die Erwerber die erworbenen Gegenstände an die GmbH weiterverpachteten und nicht an diese veräußerten oder in die GmbH einbrachten. Ob ein gesondert geführter Betrieb bestanden habe, könne dahinstehen, allerdings sei zu bezweifeln, dass die Geschäftsfelder Hofladen, Gastronomie und Fischzucht allein lebensfähig wären.
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Auf den Gerichtsbescheid vom 21. September 2022 stellte das FA mit Schreiben vom 13. Oktober 2022 Antrag auf mündliche Verhandlung.
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Mit ihrer Klage macht sich die Klägerin die Argumentation des Gerichts im Gerichtsbescheid zu eigen und trägt im Übrigen im Wesentlichen vor, die veräußerten Vermögensgegenstände hätten ein hinreichend Ganzes gebildet und den Erwerbern ermöglicht, den Betrieb fortzuführen. Weder sei die Fischzucht Voraussetzung für die (zurückbehaltene) Fischverarbeitung gewesen noch hätten der Hofladen oder die Gaststätte Verbindung zum Fischverarbeitungsbetrieb.
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Außerdem käme es hinsichtlich der Fortführungsabsicht auf den Veräußerungszeitpunkt an. Diese sei bei den Verhandlungen und Besprechungen eindeutig ausgesprochen worden und ihr gegenüber sei seitens der Erwerber zugesagt worden, den Teilbetrieb nahtlos fortzuführen. Es seien diverse Vereinbarungen getroffen worden, welche eindeutig auf eine Fortführung hindeuteten. Insbesondere sei immer Voraussetzung gewesen, dass sie von den Erwerbern mit Fischen beliefert würde. Dies sei auch übergangslos geschehen. Bereits vor dem 1. Januar 2017 hätten die Erwerber die Fischbecken mit Fischen besetzt und nach Besitzübergang auch weiter genutzt.
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Auch da die wasserrechtliche Erlaubnis nur für Zwecke der Fischzucht gewährt worden ist und die Ansprüche daraus laut Kaufvertrag ausdrücklich auf die Erwerber zu übertragen waren, sei von einer Fortsetzung der Fischzucht auszugehen gewesen. Andernfalls wäre die Übertragung der wasserrechtlichen Erlaubnis gescheitert oder erloschen.
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Die Klägerin beantragt,
die mit Bescheid vom 4. Juni 2020 und der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2020 festgesetzte Umsatzsteuer für 2017 um … € herabzusetzen.
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Es verweist auf die Einspruchsentscheidung und betont, dass im Kaufvertrag unter „Verkauf“ nur Grundstücke nebst aufstehenden Gebäuden erfasst würden. Im Übrigen sprächen die vorliegenden Unterlagen nicht dafür, dass die Erwerber das Unternehmen selbst fortführen wollten.
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Die für die Kettenübertragung geltenden Grundsätze gälten nicht für den Fall der bloßen Nutzungsüberlassung. Zum einen sei die Nutzungsüberlassung vom Gesetzeswortlaut nicht erfasst. Zudem würde die Kündigung eines Pachtvertrages eine sehr einfache und schnelle Zerschlagung eines Betriebs ermöglichen, obwohl eine solche durch das Konstrukt der Geschäftsveräußerung im Ganzen gerade vermieden werden solle. Zum anderen seien Nutzungsüberlassungen vielgestaltig regelbar und als Dauerschuldverhältnisse nicht generell mit einer zweiten Veräußerung gleichzusetzen. Außerdem könnten bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen zwar einzelne für die Fortführung der Unternehmenstätigkeit notwendige Gegenstände statt übereignet auch nur zur Nutzung überlassen werden; Voraussetzung sei jedoch, dass sich daraus kein Hindernis für die dauerhafte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit ergeben könne. Diese Voraussetzung liege im Streitfall nicht vor, da die Pächterin laut Pachtvertrag Änderungen der Nutzungsart jederzeit (also auch von Anfang an) vornehmen könne. Der Pachtzins sei außerdem unabhängig von den Umsätzen vereinbart worden. Auch dieses spreche dafür, dass die Pächterin die Nutzung jederzeit ändern oder aufgeben könne. Die Möglichkeit der Nutzungsänderung durch die Pächterin zeige zudem, dass die Pächterin gerade keine unbedingte Fortführungsabsicht gehabt habe, denn sonst hätte sie sich zur Fortführung ausdrücklich verpflichten können. Gegen eine Anwendung der Rechtsprechung zur Kettenübertragung auf Nutzungsüberlassungen spräche zudem, dass dadurch bereits bestehende Unsicherheiten darüber, wann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliege, noch verschärft würden, da derjenige, der den Betrieb fortführt, durch seine eigenständigen betrieblichen Entscheidungen auf die Beurteilung des Geschäfts zwischen Veräußerer und Zwischenerwerber/Verpächter Einfluss nehmen könne. Komplizierte Vertragswerke unter Einbeziehung Dritter müssten die Folge sein. Schließlich bestehe auch hinsichtlich der Korrekturmöglichkeit und -pflicht nach § 15a UStG ein Unterschied. Während bei mehrstufigen Übertragungen der letzte Erwerber und Betriebsfortführer Korrekturen vorzunehmen habe, bliebe die objektbezogene Einzelrechtsnachfolge und damit Korrekturmöglichkeit und -pflicht beim ersten Erwerber, nicht aber bei dem den Betrieb fortführenden Nutzungsberechtigten. Insofern würde die gesetzliche Systematik durchbrochen. Ein Unterschied zwischen der Kettenveräußerung und der Veräußerung mit anschließender Verpachtung bestünde auch darin, dass nur bei der ersteren der Zwischenerwerber hinweggedacht werden könne und trotzdem noch ein Veräußerungsgeschäft vorliege. Es sei überdies darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Einzelbeurteilung gelte, der keine Verklammerung zulasse.
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Im Übrigen beträfe die Ausweitung der Geschäftsveräußerung im Ganzen auf Nutzungsüberlassungen eine Vielzahl von Fällen.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2023, die eingereichten Schriftsätze und auf die vorgelegten Unterlagen und Akten verwiesen.
22
Die Klage ist begründet. Die Veräußerung des Teilvermögens erfolgte im Wege einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen an die beiden Erwerber. Insbesondere wird das Merkmal der Fortführung eines zumindest hinreichend ähnlichen Betriebs durch die Tätigkeit der F GmbH erfüllt.
23
1. Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG).
24
Diese Vorschriften beruhen unionsrechtlich auf Art. 5 Abs. 8 der Sechsten RL 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (RL 77/388/EWG; nunmehr Art. 19 der RL 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL –). Danach können die Mitgliedstaaten die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen.
25
§ 1 Abs. 1a UStG ist entsprechend Art. 19 MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zu Art. 5 Abs. 8 RL 77/388/EWG kann ergänzend herangezogen werden (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 29. August 2018 – XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 21).
26
2. Bei Vorliegen mehrerer Leistungsbeziehungen ist jeder Vorgang einzeln und selbständig zu beurteilen; Erwerbe von mehreren Personen dürfen nicht zusammengerechnet werden (vgl. EuGH-Urteil X vom 30. Mai 2013 – C-651/11, ECLI:EU:C:2013:346, Rn. 47; BFH-Urteile vom 4. Februar 2015 – XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, Rn. 29, und vom 29. August 2018 – XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 24). Die Einzelbeurteilung gilt dabei nicht nur für den Übertragenden, sondern auch für den Erwerber (BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 – V R 36/13, BFHE 251, 556, BStBl II 2017, 563, Rn. 26).
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Die Person des Leistungsempfängers bestimmt sich entsprechend allgemeinen Grundsätzen nach dem der Leistung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis und damit dem Kaufvertrag. Die Klägerin übertrug die Vermögenswerte zwar in einer einzigen Urkunde. Ausweislich des Vertrags erwarb aber jeder Erwerber „zu gleichen Teilen“, d.h. hälftiges Miteigentum an den jeweiligen Vermögenswerten.
28
Daher liegen im Streitfall mehrere Leistungen vor, die an den jeweiligen Erwerber als Leistungsempfänger im Umfang des auf ihn übertragenen Miteigentumsanteils erbracht wurden, sodass in Bezug auf den einzelnen Miteigentumsanteil der jeweilige Erwerber, nicht aber eine (von den Erwerbern gebildete) GbR als Leistungsempfänger anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 2021 – V R 44/20, BFH/NV 2022, 565, Rn. 22).
29
Dafür, dass Erwerberin eine GbR sein sollte, liegen keine Anhaltspunkte vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass eine solche GbR später nach außen hin aufgetreten wäre. Jedenfalls wurde der Pachtvertrag mit der F GmbH nicht zwischen einer GbR und der F GmbH geschlossen, sondern Vertragspartner waren die beiden Erwerber. Hierauf kommt es nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 22. November 2018 – V R 65/17, BFHE 263, 90, Rn. 27, und vom 7. Mai 2020 – V R 1/18, BFHE 270, 146, Rn. 29; vgl. zum erforderlichen Außenauftritt der Gemeinschaft: EuGH-Urteil Valstybinė mokesčių inspekcija (Contrat d'activité commune) vom 16. September 2020 – C-312/19, ECLI:EU:C:2020:711) jedoch an, da – anders als noch nach früherer Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 22. November 2007 – V R 5/06, BFHE 219, 442, BStBl II 2008, 448, Rn. 17 ff, m.w.N.) – nicht auf die Bildung und den Außenauftritt einer gesonderten GbR verzichtet werden kann, wenn statt dem Miteigentümer die Gemeinschaft als solche als Unternehmer (als Erwerber einer Geschäftsveräußerung im Ganzen) Beachtung finden soll.
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3. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jeweils einen selbständigen Unternehmensteil in Sinne eines „Teilvermögens“ an den Erwerber X und die Erwerberin Y übertragen.
31
a) Nach der Rechtsprechung erfasst der Tatbestand der Geschäftsveräußerung die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von selbständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann (BFH-Urteil vom 29. August 2018 – XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 22, m.w.N.).
32
Bei dem Begriff „Teilvermögen“ handelt es sich um einen autonomen unionsrechtlichen Begriff, der eine einheitliche Auslegung finden muss, um eine unterschiedliche Anwendung der Mehrwertsteuerregelung in den Mitgliedstaaten zu verhindern. Er bezieht sich auf eine Kombination von Bestandteilen eines Unternehmens, die zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausreicht, auch wenn diese Tätigkeit nur Teil eines größeren Unternehmens ist, von dem sie abgespalten wurde. Die organisatorischen Verhältnisse beim Veräußerer sind unmaßgeblich. Es kommt nicht darauf an, ob bereits beim Veräußerer eine eigenständige betriebliche Organisation vorlag, sondern darauf, ob ein Teilvermögen übertragen wird, das vom Erwerber selbständig hätte übernommen werden können und für das im Falle der entgeltlichen Übertragung der Erwerber eine Gegenleistung gezahlt hätte (vgl. zur ständigen Rechtsprechung: BFH-Urteil vom 29. August 2018 – XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 23, m.w.N.).
33
b) Das Bruchteilseigentum an den übertragenen Vermögenswerten stellt in diesem Fall ein „Teilvermögen“ dar, da es zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, nämlich der umsatzsteuerbaren und -pflichtigen Verpachtung ausreicht. Insbesondere verlangt der Begriff des Teilvermögens nicht, dass der vermietete Grundstücksteil ein (nach den nationalen Bestimmungen des jeweiligen Mitgliedstaats der Europäischen Union) zivilrechtlich selbständiges Wirtschaftsgut ist (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 2021 – XI R 8/19, BFHE 272, 536, BStBl II 2022, 34, Rn. 37, m.w.N.).
34
Anders als möglicherweise zum eigenständigen Produktionsbetrieb reicht für eine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit ein Miteigentumsanteil. Dieser kann gesondert entgeltlich überlassen werden und ist insofern tauglicher Gegenstand einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (vgl. BFH-Urteile vom 6. Juli 2016 – XI R 1/15, BFHE 254, 283, BStBl II 2016, 909, Rn. 40 und vom 22. November 2007 V R 5/06, BFHE 219, 442, BStBl II 2008, 448, Rn. 20, vgl. auch BFH-Urteil vom 25. November 2015 – V R 66/14, BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793).
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c) Die Erwerber haben jeweils ihren Miteigentumsanteil auch zu eigenunternehmerischen Zwecken, nämlich der entgeltlichen Verpachtung an die F GmbH, verwendet.
36
Insbesondere liegen – wie oben aufgeführt – keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie die Vermögenswerte jeweils in eine (im Erwerbszeitpunkt noch zu gründende) Gesellschaft eingelegt haben. Ob die Einbringung wesentlicher Betriebsgrundlagen in eine Personengesellschaft insofern dem Erfordernis einer unternehmerischen Tätigkeit genügt (vgl. dazu BFH-Urteile vom 7. März 2018 – XI R 13/16, BFH/NV 2018, 952, Rn. 15, und vom 18. September 2019 – XI R 33/18, BFHE 266, 448, BStBl II 2021, 243, Rn. 22), ist somit hier nicht relevant.
37
d) Damit liegt eine Übertragung eines Teilvermögens an jeweils einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen vor. Insbesondere handelt es sich nicht um einen Fall, bei dem Vermögenswerte an verschiedene Erwerber veräußert wurden, die nur zusammen ein Teilvermögen bildeten (vgl. BFH-Urteil vom 4. Februar 2015 – XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, Rn. 33) oder die nicht unternehmerisch genutzt wurden (vgl. BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 – V R 36/13, BFHE 251, 556, BStBl II 2017, 563, Rn. 24).
38
4. Auch die weitere Voraussetzung der Fortführung bzw. Fortführungsabsicht der Unternehmenstätigkeit wird durch die Tätigkeit der F GmbH erfüllt.
39
a) Der Tatbestand „Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens“ im Sinne von Art. 19 Abs. 1 der MwStSystRL ist nur erfüllt, wenn der Übernehmer beabsichtigt, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht bloß die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie gegebenenfalls den Warenbestand zu verkaufen (EuGH-Urteile Zita Modes vom 27. November 2003 – C-497/01, ECLI:EU:C:2003:644, Rn. 44, und Mailat vom 19. Dezember 2018 – C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 25). Diesbezüglich können oder müssen in bestimmten Fällen die Absichten des Erwerbers im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände eines Geschäftsvorgangs berücksichtigt werden, sofern sie durch objektive Anhaltspunkte untermauert werden (EuGH-Urteile Schriever vom 10. November 2011 – C-444/10, ECLI:EU:C:2011:724, Rn. 38, und Mailat vom 19. Dezember 2018 – C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 26). Die Fortführungsabsicht realisiert sich regelmäßig in der tatsächlichen Fortsetzung (vgl. Sölch/Ringleb/Oelmaier, UStG § 1 Rn. 192).
40
b) Die für die Geschäftsveräußerung notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit muss bei einer mehrfachen Übertragung aber nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen, denn es handelt sich bei dem Kriterium der Fortführung der Unternehmenstätigkeit nicht um ein höchstpersönliches Kriterium (BFH-Urteil vom 25. November 2015 – V R 66/14, BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793, Rn. 29 ff). Dementsprechend steht ein sog. Durchgangserwerb einer Person, die die unternehmerische Tätigkeit nicht selbst fortführt, einer Geschäftsveräußerung nicht entgegen (BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2020 – XI B 33/20, BFH/NV 2021, 459, Rn. 31).
41
c) Dies gilt nach Überzeugung des Gerichts nicht nur bei Ketten“übertragungen“, zu denen die o.g. Rechtsprechung ergangen ist, sondern auch, wenn der Fortführung der Unternehmenstätigkeit durch einen Dritten keine Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen zu Grunde liegt, sondern diese aufgrund einer vertraglichen Nutzungsüberlassung erfolgt.
42
aa) Zwar liegt eine Geschäftsführung im Ganzen zwischen Veräußerer und Erwerber dann nicht vor, wenn sämtliche zur Ausübung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden wirtschaftlichen Tätigkeit erforderlichen Gegenstände lediglich vermietet wurden und die an ihnen bestehenden Eigentumsrechte nicht übertragen wurden (EuGH-Urteil Mailat vom 19. Dezember 2018 – C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 22f; BFH-Urteile vom 24. Februar 2021 – XI R 8/19, BFHE 272, 536, BStBl II 2022, 34, Rn. 25, und vom 28. Juni 2017 – XI R 23/14, BFHE 258, 517, Rn. 74, jeweils m.w.N.).
43
Allerdings ist die Übertragung von Vermögensgegenständen lediglich zwischen dem Veräußerer und dem Begünstigten notwendig und betrifft die Frage, ob ein Teilvermögen übergegangen ist. Sie ist jedoch kein Kriterium dafür, ob eine Fortführung der Unternehmenstätigkeit – die gerade kein höchstpersönliches Kriterium darstellt – vorliegt. Dementsprechend spielt es entgegen der Auffassung des FA keine Rolle, dass der Wortlaut des § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG, der mit „entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht“ lediglich die Vermögensübertragung bezeichnet, die Nutzungsüberlassung als Grundlage der Unternehmensfortführung nicht bezeichnet.
44
bb) Für die Beurteilung der Fortführung(sabsicht) spielen deshalb auch Elemente wie die Laufzeit eines gewährten Mietvertrags und die für seine Beendigung vereinbarten Bedingungen bei der Gesamtbeurteilung eine Rolle, auch wenn weder die Laufzeit des Mietvertrags noch die Möglichkeit, diesen kurzfristig zu kündigen, als solche für die Schlussfolgerung entscheidend sind, dass der Erwerber beabsichtigte, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil sofort abzuwickeln (vgl. in diesem Sinne EuGH-Urteile Mailat vom 19. Dezember 2018 – C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 28, und Schriever vom 10. November – C-444/10, ECLI:EU:C:2011:724, Rn. 42f; BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 – V R 36/13, BFHE 251, 556, BStBl II 2017, 563, Rn. 17f, m.w.N.). Diese Modalitäten der Nutzungsüberlassung können – wie das FA zu Recht bemerkt – sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Dies spricht jedoch nicht per se dagegen, dass auch auf Grundlage einer bloßen Nutzungsüberlassung eine Unternehmensfortführung vorliegen kann, die dazu führt, dass die vorangehende Veräußerung nach § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG zu behandeln ist.
45
cc) Eine entsprechende Auslegung entspricht dem Zweck der Begünstigung einer Geschäftsveräußerung im Ganzen. Dieser liegt darin, Übertragungen von Unternehmen zu erleichtern, nämlich sie zu vereinfachen und zu vermeiden, dass die Mittel des Begünstigten mit einer erheblichen Ausgabe belastet werden, zumal er diese Belastung später durch einen Vorsteuerabzug wiedererlangen würde (EuGH-Urteil Mailat vom 19. Dezember 2018 – C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038, Rn. 13, m.w.N.). Eine besondere Behandlung ist u. a. deshalb gerechtfertigt, weil die bei der Übertragung anfallende Mehrwertsteuer im Verhältnis zu den Mitteln des fraglichen Betriebs besonders hoch sein kann (EuGH-Urteil X vom 30. Mai 2013 – C-651/11, ECLI:EU:C:2013:346, Rn. 42, m.w.N.).
46
Auch beim Erwerb eines Teilbetriebs durch einen Erwerber, der diesen nicht selber fortführt, aber selber unternehmerisch tätig ist, käme es ohne die Begünstigung zu einer hohen Steuerbelastung, die später durch einen Vorsteuerabzug wiedererlangt werden kann, jedoch zwischenzeitlich die Liquidität des Erwerbers beinträchtigen würde. Dies gilt nicht nur dann, wenn der Erwerber den Teilbetrieb weiterveräußert, sondern sogar verstärkt, wenn es mangels Weiterveräußerung nicht zu einem zeitnahen Zufluss eines (vergleichbar hohen) Kaufpreises kommt, sondern aufgrund Weiterverpachtung kein unmittelbarer Liquiditätsausgleich stattfindet.
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Der Vereinfachungszweck hinsichtlich der Unternehmensübertragung ist aufgrund der gegebenen Übertragung einer Zusammenfassung verschiedener Vermögensgegenstände, die ein Teilvermögen bilden, gegeben – unabhängig davon, ob diese weiterübertragen oder weiterüberlassen wird. Dem steht auch nicht entgegen, dass bei einer Änderung der Verhältnisse (beim Unternehmensfortführer), der Erwerber (und nicht der Nutzungsberechtigte) zur Korrektur nach § 15a UStG verpflichtet (bzw. berechtigt) ist. Eine Durchbrechung der gesetzlichen Systematik besteht insofern nicht, als z.B. auch bei einer Nutzungsänderung des Mieters der Vermieter, der zur Steuerpflicht optiert hat, gegebenenfalls die nach § 15a UStG erforderlichen Konsequenzen ziehen muss.
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dd) Eine größere Rechtsunsicherheit für den Veräußerer ergibt sich durch diese Auslegung nicht, da er sich bereits jetzt der Fortführungsabsicht seines Käufers versichern muss, wenn er Planungssicherheit erlangen will. Will der Käufer nur als Zwischenerwerber fungieren, muss sich der Veräußerer in jedem Fall entweder über die Fortführungsabsichten des Letzterwerbers oder des „Letztnutzenden“ informieren.
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ee) Die vom FA aufgeworfene Frage, ob der Erwerb des Zwischenerwerbers hinweggedacht werden könnte und trotzdem noch eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorläge, spielt bei der Beurteilung, ob die Kriterien Fortführungsabsicht (und Ähnlichkeit der fortgeführten Tätigkeit) auch durch einen Pächter erfüllt werden können, keine Rolle, denn es geht darum, ob eine Geschäftsveräußerung im Ganzen an den ersten (und damit nicht wegdenkbaren) Erwerber vorliegt.
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d) Im vorliegenden Fall hat die F GmbH die Unternehmenstätigkeit der Klägerin fortgeführt. Dies erfolgte nahtlos nach Besitzübergang, denn auch im Januar wurden der Klägerin Fische geliefert, wovon auch das FA ausgeht. Auch hinsichtlich des Betriebs des Hofladens und der Gaststätte ist zumindest von einer Fortführungsabsicht durch die F GmbH auszugehen, da laut Gründungsvertrag Gegenstand der F GmbH der Betrieb einer Teichwirtschaft/Fischaufzucht, der Handel mit Fischereiprodukten aller Art sowie der Betrieb einer Gastronomie sein sollte.
51
Nach den oben ausgeführten Grundsätzen ist es dabei unschädlich, dass die Unternehmensfortführung durch die F GmbH nicht aufgrund einer Übertragung des Teilvermögens, sondern lediglich aufgrund einer Verpachtung erfolgte. Die vertraglich eingeräumte Möglichkeit der Nutzungsänderung stellt dabei – entgegen der Auffassung des FA – kein Hindernis für die dauerhafte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit dar. Weder behindert diese Möglichkeit die Unternehmensfortführung noch weist die vertragliche Einräumung der Möglichkeit im vorliegenden Kontext und bei Berücksichtigung der tatsächlichen Fortführung durch die Pächterin darauf hin, dass tatsächlich im Übertragungszeitpunkt keine Fortführungsabsicht bestand.
52
Darauf, ob zwischen den Erwerbern und der F GmbH keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, weil nicht ausreichend Vermögenswerte übertragen wurden (vgl. EuGH-Urteil Mailat vom 19. Dezember 2018 – C-17/18, ECLI:EU:C:2018:1038), bzw. – worauf das FA zu Recht hinweist – weil Erwerbe von mehreren Personen nicht zusammengerechnet werden dürfen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Februar 2015 – XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908, Rn. 29), kommt es im vorliegenden Fall nicht an.
53
5. Die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten ähnelten sich im vorliegenden Fall auch hinreichend.
54
a) Das Unionsrecht fordert nicht, dass der Begünstigte vor der Übertragung eine wirtschaftliche Tätigkeit derselben Art ausgeübt haben müsste wie der Übertragende (EuGH-Urteil Zita Modes vom 27. November 2003 – C-497/01, ECLI:EU:C:2003:644, Rn. 45). Der Erwerber darf deswegen den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb z.B. in seinem Zuschnitt ändern oder modernisieren (BFH-Urteil vom 29. August 2018 – XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 46, m.w.N.). Auch setzt die Geschäftsveräußerung nicht die Fortsetzung der nämlichen Tätigkeit, sondern nur voraus, dass sich die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten hinreichend ähneln (BFH-Urteil vom 24. Februar 2021 – XI R 8/19 –, BFHE 272, 536, BStBl II 2022, 34, Rn. 32).
55
Ob dies der Fall ist, ist von den nationalen Gerichten im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu entscheiden. Dabei ist der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, besondere Bedeutung zuzumessen (BFH-Urteile vom 29. August 2018 – XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378, Rn. 25, und vom 24. Februar 2021 – XI R 8/19, BFHE 272, 536, BStBl II 2022, 34, Rn. 27).
56
b) Dem FA ist darin zuzustimmen, dass das von der Klägerin betriebene Produktionsunternehmen (Fischzucht, Handel und Gaststättenbetrieb) und das jeweils von den Erwerbern betriebene Verpachtungsunternehmen sich nicht hinreichend ähnlich sind (vgl. BFH-Beschluss vom 15. April 2016 – XI B 109/15, BFH/NV 2016, 1306, Rn. 29, m.w.N.).
57
Allerdings kommt es nach Überzeugung des Gerichts nicht nur hinsichtlich der Fortführungsabsicht und hier vorliegenden tatsächlichen Fortführung des Unternehmens, sondern auch hinsichtlich des Ähnlichkeitserfordernis nicht auf die unternehmerische Tätigkeit des („Zwischen“-)Erwerbers und an der Geschäftsveräußerung im Ganzen Beteiligten, sondern auf die tatsächlich fortgeführte Tätigkeit – die auch durch einen Dritten erfolgen kann (s.o.) – an. Entscheidend ist, dass im Endergebnis mit dem Teilvermögen des Veräußerers ein hinreichend ähnliches Unternehmen fortgeführt wird (werden sollte).
58
Das von der BFH-Rechtsprechung entwickelte Ähnlichkeitskriterium – das sich so in Art. 19 MwStSysRL nicht wiederfindet – dient bei unionsrechtskonformer Auslegung lediglich dazu, zu konkretisieren, was „Fortführung“ einer Unternehmenstätigkeit bedeutet, und eine Zerschlagung des übertragenen Unternehmens(teils) – die eine Begünstigung nach dem EuGH ausschließen würde – durch Umgestaltungen, die über eine Zuschnittsänderung oder Modernisierung hinausgehen, zu verhindern.
59
Davon ausgehend, dass die Fortführung der Unternehmenstätigkeit durch einen Dritten erfolgen kann, wäre es somit zweckwidrig, hinsichtlich der Ähnlichkeit der Tätigkeiten nicht auf diese fortgeführte Tätigkeit, sondern auf die „zwischengeschaltete“ Tätigkeit des Erwerbers abzustellen. Dementsprechend stand in dem der BFH-Entscheidung vom 25. November 2015 (V R 66/14, BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793) zu Grunde liegenden Fall der Annahme einer Geschäftsveräußerung zwischen der vermietenden GbR (als Veräußerer) und ihren Gesellschaftern nicht entgegen, dass diese selber nicht als Vermieter tätig wurden, sondern erst ein Dritter (weiterer Erwerber).
60
Dafür spricht auch, dass allgemein berücksichtigt werden darf, wenn sich an der tatsächlichen Nutzung des Grundstücks für die Produktionstätigkeit durch Änderungen der Zuordnung des Grundstücks nichts geändert hat (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 2019 – XI R 3/17, BFHE 265, 549, BStBl II 2021, 953, Rn. 78).
61
Bleibt die unternehmerische Tätigkeit im Endeffekt ähnlich mit der vor der Geschäftsveräußerung, besteht kein Grund zwischenzeitliche kurzzeitige Beendigungen (BFH-Urteil vom 26. Juni 2019 – XI R 3/17, BFHE 265, 549, BStBl II 2021, 953, Rn. 75) oder andersartige Tätigkeiten von „Durchgangsunternehmen“ als schädlich für eine Geschäftsveräußerung zu qualifizieren. Darauf deutet auch hin, dass der BFH im Urteil vom 7. März 2018 (XI R 13/16, BFH/NV 2018, 952, Rn. 15) erwogen hat, eine Geschäftsveräußerung im Ganzen an eine Erwerberin anzunehmen, deren unternehmerische Tätigkeit jedenfalls nicht der Tätigkeit des Veräußerers und auch nicht des fortführenden Unternehmens ähnlich gewesen wäre.
62
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
63
7. Die Revision war zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), da das Gericht es höchstrichterlich nicht als geklärt ansieht, ob die für Kettenübertragungen entwickelten Grundsätze auch bei einer Nutzungsüberlassung an Dritte anwendbar sind.