Titel:
Begrenzte Beihilfe für Krankengymnastik nach der Bobath-Methode
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5
BBhV § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 2, § 6, § 23 Abs. 1, § 49 Abs. 4, Anl. 9
BBG § 80 Abs. 6 Nr. 1
SGB V § 125
VwGO § 43, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3
Leitsätze:
1. Ein in die Zukunft gerichteter Feststellungsantrag auf Beihilfefähigkeit therapeutischer Maßnahmen ist auch bei einer unheilbar erkrankten beihilfeberechtigten bzw. berücksichtigungsfähigen Person unzulässig, weil sich die Beihilfefähigkeit der zukünftig geltend gemachten Aufwendungen nach der zu dem jeweiligen Zeitpunkt geltenden (Bundes-)Beihilfeverordnung richten müssen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Höchstbetragsregelung für Heilmittel in § 23 Abs. 1 BBhV iVm Anlage 9 zur BBhV ist von der Verordnungsermächtigung in § 80 Abs. 6 Nr. 1 BBG gedeckt und inhaltlich nicht zu beanstanden (hier: Krankengymnastik nach der Bobath-Methode). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beihilfe, Höchstbeträge für beihilfefähige Aufwendungen für Heilmittel, Höchstbetrag, Heilmittel, Krankengymnastik, Bobath, vorbeugender Rechtsschutz
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 09.05.2023 – W 1 K 22.1300
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35963
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 5.563,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Klägerin begehrt die Gewährung von der Höhe nach unbegrenzten Beihilfeleistungen für Heilmittelaufwendungen (hier: Krankengymnastik nach der Bobath-Methode) für ihre minderjährige Tochter.
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Die Klägerin ist als Bundesbeamtin dem Grunde nach beihilfeberechtigt. Der Bemessungssatz zu krankheitsbedingten Aufwendungen ihrer 2016 geborenen und im Rahmen der Beihilfe berücksichtigungsfähigen Tochter, bei der eine spastische Lähmung aller vier Extremitäten (Tetraspasmus) vorliegt, beträgt 80 v.H.
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Mit Antrag vom 15. Juni 2022 machte die Klägerin beim Bundesverwaltungsamt Aufwendungen i.H.v. 563,00 EUR für zehn Einheiten Krankengymnastik nach der Bobath-Methode gemäß Rechnung vom 13. April 2022 für ihre Tochter geltend.
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Mit Bescheid vom 20. Juni 2022 erkannte die Beklagte hiervon Aufwendungen i.H.v. 493,00 EUR als beihilfefähig an und gewährte eine Beihilfe gemäß Bemessungssatz von 80% i.H.v. 394,40 EUR. Die Aufwendungen für Heilmittel seien nur i.R.d. in Anlage 9 zu § 23 Abs. 1 BBhV genannten Höchstbeträge beihilfefähig.
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Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. August 2022 zurück.
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Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage und begehrte die Gewährung weiterer Beihilfe, soweit der Bescheid diesbezüglich hinter dem Rechnungsbetrag i.H.v. 563,00 EUR zurückbleibt, sowie die Feststellung, dass die Beklagte, solange das Gesetz die Übernahme der Krankheitskosten für die Tochter der Klägerin vorsieht, verpflichtet ist, bei fortbestehender medizinischer Notwendigkeit der Krankengymnastik die Kosten der Behandlung ohne Deckelung zu erstatten. Die Ablehnung der vollständigen Erstattung der Aufwendungen für die Krankengymnastik sei rechtswidrig, da sie zu einem unzulässigen faktischen Selbstbehalt für Minderjährige führe. Der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, da das System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Mitversicherte unter 18 Jahren ausdrücklich eine Zuzahlungsbefreiung vorsehe. Mit der Ablehnung der vollen Erstattung einer medizinisch notwendigen therapeutischen Maßnahme verletze die Beklagte ihre Fürsorgepflicht, da dies eine unzumutbare Belastung bedeute. Die Tochter werde nach derzeitiger Lage bis zur Volljährigkeit auf diese Therapie angewiesen sein, sodass sich über die nächsten elf Jahre voraussichtlich ein Fehlbetrag von 2.500 bis 5.000 EUR ergeben werde. Die Klägerin habe daher ein berechtigtes Interesse auf Feststellung, dass die Beklagte auch zukünftig verpflichtet sei, die Kosten ohne Deckelung zu erstatten.
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Mit Urteil vom 9. Mai 2023 wies das Verwaltungsgericht Würzburg die Klage ab. Der Feststellungsantrag sei unzulässig, da weder die für das zukünftige Erstattungsbegehren einschlägigen rechtlichen Maßstäbe noch die tatsächlichen Grundlagen bereits mit der erforderlichen Konkretheit feststünden. Darüber hinaus fehle es an der bei vorbeugendem Rechtsschutz notwendigen Darlegung, weshalb es für die Klägerin unzumutbar wäre, abzuwarten, bis in der Zukunft etwaige nachteilige Verwaltungsakte ergehen. Die Ablehnung der Erstattung der über den von der Beklagten bescheidsmäßig festgesetzten Betrag hinausgehenden Aufwendungen sei rechtmäßig. Die Aufwendungen des berücksichtigungsfähigen Kindes der beihilfeberechtigten Klägerin für zehn Einheiten ärztlich verordneter Krankengymnastik nach der Bobath-Methode seien dem Grunde nach beihilfefähig, die medizinische Notwendigkeit stehe außer Streit. Jedoch seien die insoweit beihilfefähigen Aufwendungen gemäß Nr. 6 der Anlage 9 zu § 23 Abs. 1 BBhV auf den Höchstbetrag von 47,80 EUR beschränkt. Die Höchstbetragsregelung beruhe auf einer hinreichend bestimmten und ausreichend legitimierten gesetzlichen Grundlage und stehe mit höherrangigem Recht in Einklang; im Übrigen begegne weder die Regelung als solche noch deren Anwendung im vorliegenden Einzelfall Bedenken.
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Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung, denn es sei unzumutbar, in Zukunft immer wieder denselben Streitgegenstand einzuklagen, zumal die Erkrankung der Tochter der Klägerin unheilbar und der künftige physiotherapeutische Behandlungsbedarf medizinisch gesichert sei. Des Weiteren habe die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Beihilfe ohne Berücksichtigung eines Höchstsatzes, da wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG eine Höchstbetragsregelung für Minderjährige nicht von § 80 Abs. 6 Nr. 1 BBG gedeckt werde. Die Beihilfeverordnung weiche ohne hinreichenden Grund von der gesetzlichen Regelung des SGB V für gesetzlich Krankenversicherte ab, welche keine Zuzahlungen für Minderjährige vorsehe. Die Beihilfe stelle vorliegend mit 80 v.H. den Kern der Gesundheitsversorgung dar und keine bloße Ergänzung. Die beantragten Aufwendungen seien insgesamt und nicht nur bis zum Höchstbetrag wirtschaftlich angemessen, d.h. eine gleich wirksame preisgünstigere Behandlung stand und stehe nicht zur Verfügung. In diesem Zusammenhang habe die Frage, ob das Bundesministerium des Innern als Verordnungsgeber der BBhV durch Festsetzung erstattungsfähiger Höchstgrenzen einen (faktischen) Eigenanteil für Minderjährige festsetzen dürfe, grundsätzliche Bedeutung; diese Frage sei bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Es gebe keine Rechtsprechung für minderjährige Beihilfeberechtigte.
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Die Beklagte ist dem Antrag entgegengetreten und verteidigt das angefochtene Urteil.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die vorgelegten Akten der Beklagten Bezug genommen.
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Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt, ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nicht.
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1. Der klägerische Vortrag begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Solche liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – juris Rn. 32 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn.15 m.w.N.).
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Dies ist hier nicht der Fall. Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu Zweifeln daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat, weil der gestellte Feststellungsantrag unzulässig ist (a.) und die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte (weitere) Erstattung der anlässlich der Krankengymnastik ihrer Tochter angefallenen Kosten hat (b.).
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a) Das Zulassungsvorbringen hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aufgezeigt, soweit das Verwaltungsgericht den in die Zukunft gerichteten Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen hat.
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aa) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass kein hinreichend konkretes, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht. Denn jeder Beihilfeantrag eröffnet ein neues Verwaltungsverfahren. Der Anspruch auf Beihilfe ist grundsätzlich nach den zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Vorschriften zu beurteilen, für die Beihilfe beantragt wird (stRspr, z.B. BVerwG, U.v. 8.11.2012 – 5 C 4.12 – juris Rn. 12). Auch wenn die Tochter der Klägerin unheilbar erkrankt ist, sodass sich unstrittig auch in Zukunft weiterer Behandlungsbedarf ergeben wird, wird sich die Beihilfefähigkeit der insoweit zukünftig geltend gemachten Aufwendungen für therapeutische Maßnahmen nach der zu dem jeweiligen Zeitpunkt geltenden Bundesbeihilfeverordnung richten müssen. Zwar muss beim Streit um künftige Rechtsverhältnisse stets mit ganz oder weitgehend fingierten Sachverhalten gearbeitet werden (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 43 Rn. 21). Dennoch muss insoweit zumindest feststehen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen im Einzelnen hierfür gelten werden. Diese Entwicklung ist vorliegend – gerade auch in Anbetracht des langen Zeitraums von mindestens elf Jahren – nicht absehbar. Die insoweit nicht vorhersehbare Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen wird insbesondere anhand der Tatsache, dass die Höchstbeträge in der Anlage 9 zur Bundesbeihilfeverordnung zum 1. Mai 2023 angepasst wurden und nun den aktuell geltenden Sätzen in dem Vertrag über physiotherapeutische Leistungen nach § 125 SGB V entsprechen (53,10 EUR nach der Bundesbeihilfeverordnung und 53,07 EUR nach dem SGB V), besonders deutlich.
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bb) Überdies ist mit dem Vorbringen der Klägerin, es sei ihr nicht zuzumuten, parallel zur fortlaufenden Behandlung immer wieder Widerspruchs- bzw. Klageverfahren wegen desselben Streitgegenstands zu führen, nicht das erforderliche spezifische Interesse gerade an vorbeugendem Rechtsschutz dargelegt.
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Klagen, mit denen vorbeugend Rechtsschutz begehrt wird, erfordern nach ständiger Rechtsprechung ein entsprechend qualifiziertes, d.h. gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.1987 – 3 C 53.85 – juris Rn. 25; B.v. 20.9.1989 – 9 B 165.89 – juris Rn. 3 m.w.N.). Für einen vorbeugenden Rechtsschutz ist dort kein Raum, wo und solange der Betroffene in zumutbarer Weise darauf verwiesen werden kann, die befürchteten Maßnahmen der Behörde abzuwarten und gegebenenfalls einen von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Vorbeugende Klagen sind daher nur zulässig, wenn der Verweis auf den nachgängigen Rechtsschutz mit für den Kläger unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (stRspr.; vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2008 – 3 C 35.07 – juris Rn. 26 m.w.N.).
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Diesbezüglich ist schon nichts vorgetragen. Soweit die Klägerin hierzu nur vorbringt, mit einer Verweisung auf zukünftige Einzelklagen sei der Zugang zur zweiten Instanz erschwert und damit ihr Recht auf den gesetzlichen Richter eingeschränkt, kann dies nicht nachvollzogen werden.
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b) Ebenso wenig sind Zweifel an der Richtigkeit der Klageabweisung hinsichtlich der Kostenerstattung der gesamten, mit Rechnung vom 13. April 2022 i.H.v. 563,00 EUR angefallenen Kosten dargelegt und liegen auch nicht vor.
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aa) Soweit die Klägerin vorträgt, Anspruch auf die Erstattung des vollen Rechnungsbetrags von 563,00 EUR zu haben, bestehen schon deshalb keine Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da ihre Klage zum Teil wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig ist. Denn die Beklagte hat der Klägerin von diesem Betrag bereits 394,40 EUR zuerkannt. Ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, d.h. die Verfolgung eines rechtsschutzwürdigen Interesses. Für eine unnötige oder gar missbräuchliche Ausübung von Klagemöglichkeiten brauchen die Gerichte nicht zur Verfügung zu stehen (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, vor § 40 Rn. 11 m.w.N.). Indem die Beklagte bereits einen Teilbetrag der eingereichten Rechnung zuerkannt hat, ist die Klägerin diesbezüglich klaglos gestellt und ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der erstrebten gerichtlichen Entscheidung kommt insoweit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin zugleich beantragt hat, den Bescheid hinsichtlich der Entscheidung über die Erstattung dieser Kostenrechnung aufzuheben, da die begehrte Leistung als Geldleistung ohne weiteres teilbar ist und insoweit keine vollständige Aufhebung und Neuverbescheidung erfordert.
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bb) Ungeachtet der teilweisen Unzulässigkeit bestehen aber auch im Übrigen keine Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, da das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die geforderte Erstattung des Rechnungsbetrags hat und ihre Klage (jedenfalls) unbegründet ist, weil der Erstattungsbetrag i.H.v. 394,40 EUR im Beihilfebescheid vom 20. Juni 2022 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 8. August 2022 rechtmäßig festgesetzt worden ist.
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Indem sie den vollen Rechnungsbetrag i.H.v. 563,00 EUR erstattet haben möchte (vgl. Klageantrag in der mündlichen Verhandlung), wendet sich die Klägerin einerseits gegen die Festlegung von beihilfefähigen Höchstbeträgen in der Anlage 9 zur Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung – BBhV) vom 13. Februar 2009 (BGBl I S. 326), i.d.F. d. Bek. vom 1. Dezember 2020 (BGBl I S. 2713; berichtigt am 1.3.2021, BGBl I S. 343), sowie – mutmaßlich – andererseits gegen die (nur anteilige) Kostenübernahme der Aufwendungen i.H.v. 80 v.H. entsprechend des für ihre Tochter vorgesehenen Bemessungssatzes.
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Der Einwand der Klägerin verkennt das System der Beihilfeleistungen. Denn diese stellen entgegen ihrer Auffassung weder den Kern der Gesundheitsversorgung des Beamten dar noch werden Minderjährige durch die beihilferechtlichen Regelungen im Vergleich zu den Regelungen im System der gesetzlichen Krankenversicherung dar in rechtlich relevanter Weise ungleich behandelt. Denn es ist ausschließlich die Klägerin gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 BBhV beihilfeberechtigt, während ihre Tochter im Rahmen der Beihilfeberechtigung der Klägerin selbst lediglich berücksichtigungsfähig ist, § 4 Abs. 2 Satz 1 BBhV.
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(1) Der in Art. 33 Abs. 5 GG normierte Grundsatz der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten ist das Korrelat zu dem hergebrachten Grundsatz der Treuepflicht des Beamten und ist die allgemeine Grundlage des Anspruchs des Beamten auf angemessene Besoldung und Versorgung und, ergänzend, darüber hinaus darauf, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Familie auch bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Pflege-, Geburts- oder Todesfälle nicht gefährdet wird (Badura in Dürig/Herzog/Scholz,, GG, 101. EL Mai 2023, Art. 33 Rn. 71). Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der Beamte mit der Regelalimentation so nicht bewältigen kann, und dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird. Sind die Dienst- und Versorgungsbezüge so bemessen, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Beamte die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls tragen kann. Wenn sich der Dienstherr für ein Mischsystem aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen entscheidet, muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Die Fürsorgepflicht verlangt aber nicht, dass Aufwendungen in Krankheits- bzw. Pflegefällen durch ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden oder dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.2009 – 2 C 127.07 – juris Rn. 8,12; U.v. 10.6.1999 – 2 C 29.98 – juris Rn. 22 f.). Die Beihilfe ist ihrem Wesen nach eine Hilfeleistung, die – neben der zumutbaren Eigenbelastung des Beamten – nur ergänzend in angemessenem Umfang einzugreifen hat, um in einem durch die Fürsorgepflicht gebotenen Maße die wirtschaftliche Lage des Beamten durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern (BVerwG, U.v. 20.10.1976 – 6 C 187.73 – juris Rn. 22 m.w.N.).
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(2) Gemäß § 80 Abs. 6 Nr. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) i.d.F. d. Bek. vom 7. Dezember 2018 (BGBl I S. 2232) darf der Verordnungsgeber ausdrücklich Höchstbeträge vorsehen. Von dieser Verordnungsermächtigung ist die in Rede stehende Höchstbetragsregelung in § 23 Abs. 1 BBhV i.V.m. Anlage 9 zur BBhV gedeckt. Konkrete inhaltliche Vorgaben für die Festlegung und Ausgestaltung der Höchstbeträge sind der Verordnungsermächtigung nicht zu entnehmen. Diesbezüglich wurde von der Klägerin auch nichts vorgetragen. Gemäß § 23 Abs. 1 BBhV sind Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich verordnete Heilmittel und bei der Anwendung der Heilmittel verbrauchte Stoffe nur nach Maßgabe der Anlagen 9 und 10 beihilfefähig. Die darin liegende Begrenzung der Beihilfefähigkeit ist nicht zu beanstanden, denn bei der Regelung der Beihilfe – einer in der Fürsorgepflicht wurzelnden, nur ergänzenden Hilfeleistung des Dienstherrn – kommt dem Normgeber wie auch sonst bei der Gestaltung der Rechtsverhältnisse von Beamten ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Beamte muss wegen des ergänzenden Charakters der Beihilfe insoweit auch Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus einer pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht – hier in Gestalt von Höchstbeträgen – ergeben und keine unzumutbare Belastung bedeuten (vgl. BVerwG, U.v. 3.7.2003 – 2 C 36.02 – juris Rn. 18 f.).
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Aufgrund dieser Umstände besteht auch keine Vergleichbarkeit mit dem System der gesetzlichen Krankenversicherung, so dass sich die von von der Klägerin angestellte vergleichende Betrachtung mit den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung und den Vorgaben des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) verbietet. Denn die Krankheitsvorsorge auf Grund von Beihilfe und ergänzender Privatversicherung unterscheidet sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen grundlegend von der gesetzlichen Krankenversicherung unterscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2010 – 2 C 12.10 – juris Rn. 17 m.w.N.).
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(3) Unter Anwendung dieser Maßgaben hat die Beklagte zu Recht den Höchstbetrag gemäß Nr. 6 der Anlage 9 zu § 23 Abs. 1 BBhV zugrunde gelegt und den Bemessungssatz von 80 v.H. angewendet. Nachdem die Beklagte offenkundig von der medizinischen Notwendigkeit und Angemessenheit dieser Behandlung ausgegangen ist, kommt es auch nicht darauf an, ob die Behauptung der Klägerin, eine gleich wirksame Behandlung stehe nicht zur Verfügung, tatsächlich zutrifft. Diese Handhabung widerspricht auch nicht der Ausnahme gemäß § 49 Abs. 4 Nr. 1 BBhV, nach dem bei Minderjährigen keine Kürzungen i.S.v. § 49 Abs. 1 Satz 1 BBhV (Eigenbehalt) vorgesehen sind. Denn Höchstbeträge und Eigenbehalte sind strukturell etwas anderes, auch wenn der Beamte in beiden Fällen gegebenenfalls die verbliebenen Beträge aus dem Eigenvermögen aufwenden muss. Dies zeigt gerade § 49 Abs. 4 Nr. 6 BBhV auf: Demnach werden Eigenbehalte nicht abgezogen, wenn Höchstbeträge festgesetzt worden sind.
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2. Ebenso wenig liegt der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor.
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Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Darlegung offensichtlicher Punkte ist entbehrlich (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72).
31
Soweit die Klägerin geklärt haben möchte, ob das Bundesministerium des Innern als Verordnungsgeber der BBhV durch Festsetzung erstattungsfähiger Höchstgrenzen einen (faktischen) Eigenanteil für Minderjährige festsetzen darf, ist diese Frage nicht entscheidungserheblich, denn mit den Höchstgrenzen werden keine Eigenanteile in bestimmter Höhe festgesetzt, sondern die Beihilfe wird in der Höhe gedeckelt. Ob dadurch eine vom Beihilfeberechtigten zu leistende Zuzahlung entsteht, hängt davon ab, wieviel der Leistungserbringer abrechnet und kann ggf. auch dazu führen, dass überhaupt keine Zuzahlung erforderlich ist. Soweit die Klägerin eine Klärungsbedürftigkeit der Frage eines Verstoßes der Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Heilmittel auf einen Höchstbetrag gemäß § 23 Abs. 1 i.V.m. Anlage 9 BBhV gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn aufwirft, wurde dies bereits höchstrichterlich verneint (vgl. BVerwG, U.v. 2.4.2014 – 5 C 40.12 – juris).
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 und § 52 Abs. 2 und Abs. 3 GKG und entspricht der vom Verwaltungsgericht und nicht in Frage gestellten Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
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5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).