Inhalt

VGH München, Urteil v. 15.11.2023 – 16a D 22.509
Titel:

Entfernung einer Lehrerin aus dem Beamtenverhältnis wegen inner- und außerdienstlichen Verhaltens während der Corona-Pandemie

Normenketten:
BeamtStG § 33 Abs. 1 S. 3, Abs. 2, § 34 Abs. 1 S. 1, S. 3, § 35 Abs. 1 S. 2, § 47 Abs. 1 S. 2
BayDG Art. 11, Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 S. 1
BayBG Art. 95 Abs. 1 S. 1, S. 2
BayEUG Art. 1, Art. 2 Abs. 1
StGB § 52, § 53, § 113 Abs. 1, § 185, § 194
GG Art. 20 Abs. 4, Art. 33 Abs. 1 S. 3, Abs. 5
Leitsätze:
1. Das Widerstandsrecht des Art. 20 Abs. 4 GG greift erst ein, wenn „andere Abhilfe nicht möglich ist“, nämlich auch und gerade durch gerichtliche Kontrolle. Das grundsätzliche staatliche Gewaltmonopol wird dadurch nicht infrage gestellt. (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bereits das vorsätzliche unerlaubte Fernbleiben vom Dienst für die Dauer von mehr als sechs Monaten rechtfertigt die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Gerade im Zusammenhang mit einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wie der Corona Pandemie ist es unverzichtbar, dass staatliche Organisationen im Rahmen ihrer Möglichkeiten funktionieren und den bestehenden Gefahren begegnen. Das ist Kernaufgabe der staatlichen Organisation und Gefahrenabwehr; eng verbunden damit ist auch das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Bürger in die Funktionsfähigkeit des Staates. Aufgrund ohnehin bestehender beschränkender Rahmenbedingungen und der damit verbundenen teilweisen länger dauernden Entscheidungsprozesse ist es auch in der Öffentlichkeit nicht vermittelbar, dass sich möglichst schnell umzusetzende gefahrenabwehrende oder Nachteile verhindernde neue Vorgehensweisen dadurch verzögern, dass Beschäftigte des öffentlichen Dienstes persönlich, rechtlich oder fachlich „anderer Meinung“ sind und sich dadurch die Durchsetzung beschlossener (Schutz-)Maßnahmen verzögert oder die Dienstleistung überhaupt nicht abrufbar ist. (Rn. 76 – 78) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Lehrerin verletzt ihre Verfassungstreuepflicht in schwerwiegender Weise, wenn sie in wesentlichen Aspekten das Gedankengut der Reichsbürger-Ideologie vertritt und versucht, die Öffentlichkeit aktiv damit zu indoktrinieren. (Rn. 81 – 82) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, Lehrerin (Oberstudienrätin), Fernbleiben vom Dienst während der Corona-Pandemie, Pädagogische/medizinische/moralische Bedenken gegen die Hygieneregeln der Schule (Maskenpflicht und Abstand), Verstoß gegen die Verfassungstreue, Reichsbürgerideologie, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Entfernung, Beamtenverhältnis, Lehrerin, Fernbleiben vom Dienst, Corona-Pandemie, Hygieneregeln der Schule, Maskenpflicht, Abstand, Verstoß gegen Verfassungstreue, Verurteilung, Geldstrafe, Aufrechterhaltung, Präsenzunterricht, Reichsverfassung, Weisungsverstoß, innerdienstliche Pflichtverletzung, außerdienstliche Pflichtverletzung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 07.12.2021 – M 19L DK 21.1011
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35954

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

1
In der Sache geht es um die Ahnung diverser Vorwürfe, die im Zusammenhang mit der Covid 19-Pandemie stehen und sich von Mai 2020 bis Januar 2021 abspielten.
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Auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen, weil sich der Senat die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfang zu eigen macht (§ 130b Satz 1 VwGO).
3
Auf die am 23. Februar 2021 erhobene Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. Dezember 2021 gegen die 1970 geborene Beklagte, eine Oberstudienrätin, auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
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Die Beklagte hat gegen dieses Urteil mit Schriftsatz vom 20. März 2022 Berufung eingelegt und beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. Dezember 2021 abzuändern und die Disziplinarklage abzuweisen.
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Das Urteil würdige in keiner Weise die „Diensthaftung“ der Beklagten. Sie habe die unbedingte Pflicht zur Remonstration, wenn, wie bei dem Hygieneplan des … (DZG) vom April 2020, strafbare Handlungen und Menschenrechtsverletzungen umgesetzt werden sollten. Da laut Heinsberg-Studie und allgemein zugänglicher RKI-Information eine Erkrankung im Rahmen der Pandemie eine Letalität von unter 1% bzw. eine Überlebensrate von 99% habe, sei keinerlei Gefahr in Verzug gewesen, die eine Nötigung der Knaben und Mädchen zum Tragen einer Maske bzw. zum Einhalten eines von der Beklagten zu überwachenden Abstandsgebots eventuell rechtfertigen könnte. Den jungen Menschen würden durch das Tragen einer Maske gesundheitliche Einschränkungen zugemutet. Der Junge oder das Mädchen atme unter der Maske CO2 ein, welches er oder sie kurz zuvor als „Abgas“ im Austausch mit Sauerstoff ausgestoßen bzw. abgeatmet habe. Allein dies könne schon innerhalb kurzer Zeit zu Hautrötung, gesteigerter Reizbarkeit mit aggressiven Verhaltensmustern, Kopfschmerzen, Konzentrations- und Reflexeinschränkungen, Müdigkeit, später auch zu Muskelzuckungen, Panik, Krampfanfällen, Bewusstseinsstörungen und Koma, einer sog. CO2-Narkose führen und im Zusammenspiel mit ev. vorhandenen Vorerkrankungen zum Tod führen. Ferner könne die erhöhte Keimkonzentration (Pilze, Bakterien) unter der Maske beim Rückatmen die Atemwege z.B. durch Pilzbefall schädigen. Ein derartiger Eingriff in die Gesundheit eines jeglichen Menschen, insbesondere aber von Jungen und Mädchen, die der Beklagten als Mensch oder als Beamtin anvertraut seien, sei mindestens ein Menschenrechtsverbrechen, letztlich aber auch als Folter zu bezeichnen. Ebenso schade das Abstandhalten einer gesunden und selbstbewussten Entwicklung der Schüler, vor allem, wenn die Beklage, wie im Hygieneplan gefordert, ebenfalls Abstand halte. Auch dies sei ein strafbares Verhalten bzw. ein Menschenrechtsverbrechen. Da die Beklagte bereits vor Erscheinen des ersten Hygieneplans den Schulleiter des DZG und das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus erfolglos dazu aufgefordert habe, den Unterricht zu normalen Bedingungen wiederaufzunehmen und darüber hinaus in zahlreichen Gesprächen auf die Strafbarkeit des im Hygieneplan verlangten Tuns ebenfalls erfolglos hingewiesen habe, sei als letzter Ausweg nur das Fernbleiben von solch strafbarem und menschenverachtendem, kollektivem Tun geblieben; nicht zuletzt um sich vor Bestrafung vor einem Menschenrechts- oder sonstigem Gericht zu schützen.
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Ferner werden die Angemessenheit des seinerzeitigen Hygienekonzepts und die Sinnhaftigkeit des Präsenzunterrichts bei steigenden Inzidenzen im Jahr 2022 in Frage gestellt.
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Die Frage der Verhältnismäßigkeit der Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis wird zwar aufgeworfen, erörtert wird sodann jedoch die Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn von Infektionsschutzmaßnahmen sowie „Einschränkungen des Verfahrens“ insbesondere bei PCR-Tests.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
11
Der Senat hat am 15. November 2023 mündlich verhandelt. Hierzu wird auf das Protokoll Bezug genommen.
12
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt.
14
Die Beklagte hat sich eines einheitlichen, inner- und außerdienstlichen Dienstvergehens im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1, 2 BeamtStG schuldig gemacht, das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigt. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
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1. Der Senat legt seiner Entscheidung die Sachverhalte zugrunde, die Gegenstand der Disziplinarklage sind. Die Beklagte hat die Vorwürfe als solche eingeräumt. Im Einzelnen handelt es sich um Folgende:
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1.1 Nach den coronabedingten Schulschließungen wurde in Bayern am 18. Mai 2020 der Präsenzunterricht an Gymnasien in den Jahrgangsstufen 5 und 6 wiederaufgenommen [siehe Ziff. 2.5, 7. Spiegelstrich der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 8. Mai 2020 (Az. GZ6a-G8000-2020/122-29) ]. Die Beklagte, die in den betreffenden Jahrgangsstufen eingesetzt war, hat weder an diesem Tag noch in der Folgezeit (bis auf den 17.6.2020) ihren Dienst am DZG angetreten und wurde deshalb mit Verfügung vom 21. Januar 2021 mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben. Ihr Fernbleiben vom Dienst erklärte die Beklagte im Wesentlichen damit, dass laut Hygieneplan des DZG die Pflicht bestehe, auf den Verkehrsflächen in der Schule einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und das Abstandsgebot zu wahren. Diese Pflichten seien mit ihrer pädagogischen Überzeugung nicht vereinbar.
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1.2 Die Beklagte äußerte in ihrem Redebeitrag bei einer öffentlichen Demonstration in Landsberg am 30. Mai 2020 u.a. folgendes:
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„So; jetzt brauche ich Luft zum Atmen. Ich bin auch noch Lehrerin. Ich darf aber jetzt nicht unterrichten, weil ich Luft zum Atmen brauche. Ich kann ja keine Maske tragen, wenn ich Luft zum Atmen brauche. Also werde ich jetzt aus dem Schulunterricht entfernt. Denn – stellen Sie sich nur mal vor, eine Person fängt an, keine Maske zu tragen in der Schule, in der ich unterrichte. Was passiert denn da? Da könnten andere ja auch noch auf die Ideen kommen, dass sie Luft zum Atmen brauchen. Und vielleicht besser leben können, ohne sich selbst zu vergiften mit CO2 nach einer Minute des Tragens. Oder ihre eigenen Bakterien, Pilze, was alles so aus unserem Mund rauskommt, wieder einzuatmen, nach weiteren zwei Minuten des Tragens.
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Also, so stehe ich jetzt hier und bin zwar Lehrerin, unterrichte zwar nicht, doch, Fern- und Heimunterricht und PDF-Dateien und, was da alles angeboten ist, und Chats, die mal funktionieren oder nicht, auf jeden Fall, der direkte Kontakt irgendwie der ist mir momentan leider nicht ermöglicht, obwohl ich mich eigentlich als Pädagogin betrachte. Ach ja, Pädagogin: Ähm, ich hab‘ viele Gespräche mit meinem Chef deswegen und möchte mich hier auch öffentlich bei ihm bedanken, dass er so gesprächsbereit ist. Also ich glaub, diese Woche waren’s drei Gespräche, vier Gespräche, ich weiß es nicht.
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Aber mittlerweile kann ich da deutlich sagen, ich halte es für Indoktrination, Kindern beizubringen, mit einem Mindestabstand von anderthalb Metern sich nur durchs Schulhaus oder überhaupt durch die Welt bewegen zu müssen. Also, Indoktrination heißt, ich bringe jemanden etwas bei, was ich als böse erachte, als ähm schädlich, ja? Ich bringe jemanden etwas bei, was er eigentlich nicht lernen soll.
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Ich kann das Kindern nicht beibringen, ich will das Kindern nicht beibringen, es widerspricht meinem pädagogischen Ethos, Kinder dazu anzuhalten, zu überwachen, wenn wir, ähm, den ministeriellen Schreiben glauben wollen, Kinder zu überwachen, dass sie den Mindestabstand von anderthalb Metern einhalten. Und dass sie immer brav die Maske aufsetzen, mit der sie sich vergiften, das kann ich auch nicht mit meinem Menschsein vereinbaren.“
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Weiter beklagte sie im Zusammenhang eines „Fahrplans für ein Impfpassdokument“ einen schon weit vorgedrungenen Überwachungsstaat.
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1.3 Am 18. Mai 2020 (DA Bl. 62) beauftragte der Schulleiter des DZG das Gesundheitsamt Landsberg mit einer Untersuchung der Beklagten. Diese hatte eine Bescheinigung der Praxis Rolf K. vom 10. Mai 2020 (DA Bl. 16) vorgelegt, die bescheinigt, dass das Tragen einer Schutzmaske über einen längeren Zeitraum Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben könne. Eine für den 4. Juni 2020, 10.00 Uhr terminierte amtsärztliche Untersuchung konnte mangels Kooperation der Beklagten in Bezug auf Hygienevorgaben, u.a. die Verweigerung des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes und das Ausfüllen eines notwendigen Formulars, nicht durchgeführt werden.
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1.4 Am 17. Juni 2020 gab die Beklagte Präsenzunterricht am DZG, ohne den Mindestabstand zu den Schülerinnen und Schülern einzuhalten. Einem Schüler gegenüber bemerkte sie, er brauche die Mund-Nasen-Bedeckung beim Verlassen des Sitzplatzes nicht anzulegen.
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1.5 Mit Schreiben vom 18. Juni 2020 wurde die Beklagte vom Schulleiter des DZG aufgefordert, bis zum 26. Juni 2020 ein fachärztliches Attest eines Pneumologen zu der Frage vorzulegen, ob das Tragen einer Schutzmaske über einen längeren Zeitraum Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben könne. Dieser Aufforderung ist die Beklagte nicht nachgekommen.
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1.6 Der Schulleiter des DZG wies die Beklagte mit Schreiben vom 18. Juni 2020 an, zu einem Dienstgespräch am 19. Juni 2020, 13.30 Uhr, in seinem Büro zu erscheinen. Die Beklagte ist unentschuldigt nicht zum Dienstgespräch erschienen.
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1.7 Am 22. Juni versandte die Beklagte an die Eltern und Schüler der Klasse 6b einen Arbeitsauftrag mit folgendem Text:
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„Liebe Eltern, liebe SchülerInnen,
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leider kann ich im Moment keinen Unterricht halten, weil ich die Überwachungsmaßnahmen der SchülerInnen, die das Ministerium vorgibt, bzw. die derzeitigen Unterrichtsbedingungen am DZG mit meinem pädagogischen Ethos nicht vereinbaren kann. Dieses beruht nach wie vor auf einer Unbefangenheit vor körperlicher Nähe und einem respektvollen Umgang damit. Dennoch schicke ich euch/ihnen wie gewohnt Aufgaben für die letzte Juniwoche.
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Herzliche Grüße
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Beklagte“
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1.8 Die Beklagte wurde am 8. August 2020 von ThomMaxx TV interviewt. Das Interview ist auf Video aufgezeichnet worden und jedenfalls Teil 2 ist nach wie vor im Internet öffentlich abrufbar (2. Teil: https://www.youtube.com/watch?v=I0AiS2AmphU; zuletzt besucht am 24.11.2023).
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Dort äußert sich die Beklagte u.a. dazu, dass sie herausgefunden habe, dass die Wahlen seit 1956 nicht mehr gültig seien (Bl. 107 DA). Sie zieht eine Parallele zwischen dem am 23. März 1933 verabschiedeten „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“, dem sog. Ermächtigungsgesetz, und den staatlichen Corona-Maßnahmen. Sie mutmaßt, auch diese würden 12 Jahre fortdauern (Bl. 108 DA). Die Bürger seien „verarscht“ worden, weil ihnen bei Berichten über die Zustände in den Intensivstationen weltweit stets „die ganz gleiche Intensivstation“ gezeigt worden sei (Bl. 109 DA). Es ist ferner davon die Rede, dass „die Marionetten, die unsere Politik gemacht haben“ erpressbar gewesen seien (Bl. 109 DA). Auch zur Gültigkeit des Grundgesetzes, der Fortgeltung der Reichsverfassung und zu Umsturzbestrebungen äußerte sie sich:
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- „Es geht nur noch um die EU, wir haben keinen Geltungsbereich mehr für dieses Grundgesetz.“ (Bl. 117 DA)
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- „Und das heißt aber, dass wir keinen Geltungsbereich mehr für dieses Grundgesetz haben, den haben wir nicht mehr.“ (Bl. 119 DA)
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- „Naja, die Reichsverfassung hat ihre Gültigkeit behalten.“ (Bl. 119 DA)
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- „§ 20 des Grundgesetzes aber wie wir wissen jetzt hier im Gespräch des des nicht mehr gilt, aber es gibt ja Leute die noch dran glauben also insofern.“ (Bl. 122 DA).
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- „Also wie gesagt zum ja 1871 die Verfassung die ist gültiges Recht und auf die könnte man zurückgreifen und es wird auch angestrebt ich kann nur jedem wenn jetzt wirklich Leute zuhören, die sich politisch engagieren wollen auf dem Kanal die Deutsche Lösung gehen und da wird schon richtig kräftig diskutiert. Also es gibt verschiedene Stränge, die daran arbeiten. Wenn jetzt das System zusammenbricht und es wird zusammenbrechen.“ (Bl. 120 DA).
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1.9 Die Beklagte schrieb unter dem Datum „Oktober 2020“ das nachfolgende Schreiben an die Eltern der Klasse 10b des DZG:
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„…bei einem Treffen mit der Klassenelternsprecherin G.H. kam die Idee auf, dass ich Ihnen darlege, warum ich nicht mehr am DZG unterrichte.
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Nach intensiver Suche nach Informationen im Frühjahr, warum die Politik es wagt, drei Wochen lang die Schulen zu schließen, obwohl das Narrativ vom gefährlichen Virus schon vorher höchst fragwürdig war, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass eben jene Politiker, denen viele Menschen noch Vertrauen schenken, von Interessen gelenkt werden, die niemals unsere Freiheit und auch nicht das Wohlergehen unseres Volkes im Sinn haben.
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Zusätzlich bin ich noch mittels verschiedener Quellen auf Verbrechen gestoßen, die so unbeschreiblich grausam sind, dass sie zunächst mein Vorstellungsvermögen überfordert haben. Kinderhandel und Pädophilie, die jetzt gegenüber dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden aufgetaucht sind, sind dem gegenüber noch harmlos zu nennen.
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Als ich dann noch erfuhr, dass namhafte Politiker dieses Landes in großem Stil in diese Verbrachen des rituellen Missbrauchs verwickelt sind, sank meine Bereitschaft, Maßnahmen dieser Regierung, die einem medizinischen und volkswirtschaftlichen Nutzen komplett zuwiderlaufen, zu unterstützen, endgültig.
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Vor Ort war nun folgendes ersichtlich: Dauern die wirtschaftlich einschränkenden Maßnahmen noch weiter an, zerstört das die finanzielle Grundlage unseres Zusammenlebens. Gleichzeitig wurden in der Schule Maßnahmen verlangt, die jeglicher pädagogischen Grundlage entbehrten: Separieren der SchülerInnen, Tragen einer extrem gesundheitsschädlichen Maske, die die Eltern selbst besorgen sollten, (als nicht zertifiziert ist oder falls gekauft, auf dem Karton den Hinweis enthält, dass sie nicht gegen Covid 19 schützt), Verbot von Gruppen- und Partnerarbeit, was zur Grundlage der modernen Pädagogik zählt, kurzum, alles was bisher die Schule neben dem manchmal langweilig erscheinenden Unterricht interessant und freudvoll gemacht hat, war plötzlich verboten.
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Das Pflegen der Gemeinschaft, oder wie [der Schulleiter] es bei offiziellen Reden zu sagen pflegte, der gute Geist der Schule, war erledigt. Entsprechend fanden in den letzten Tagen des Schuljahrs auch nicht mehr die Aktivitäten statt, die sonst den Sommer und die Vorfreude auf die Ferien so angenehm machten: Kein Schulfest, keine Ausflüge, keine Projekte, Konzerte, Theater usw. Lehrer wurden zu Überwachern des damaligen Maskengebots, da man aus nach meiner Meinung falsch verstandenen Solidarität diese tragen sollte. Wer nicht mitmacht, wird ausgegrenzt. Ich habe nicht mitgemacht, ich wurde ausgegrenzt, diffamiert usw. und habe die Konsequenzen gezogen und das Schulhaus verlassen.
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Noch heute wundert mich, dass weder meine Geschichts- und Sozialkunde-KollegInnen die totalitären Ereignisse und die Existenz dieses Supervirus hinterfragt haben und so zu dem gleichen Schluss gekommen sind, dass hier etwas nicht stimmen kann. Der Verdacht liegt nahe, dass diese KollegInnen die wirtschaftlichen Folgen des Geschehens nicht ganz überblicken und hoffen, dass trotz des finanziellen Niedergangs die Lehrerbezüge und Pensionen noch sehr lange bezahlt werden können. Viele Eltern leben sicherlich in der gleichen Hoffnung.
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Durch die alternativen Medien wusste ich, dass diejenigen, die die menschenunwürdigen Anweisungen unter dem Deckmäntelchen eines tödlichen Supervirus erteilten, so lange weitermachen würden, bis jeder Einzelne von uns sich seiner Selbstbestimmung entsinnt und deutlich zum Ausdruck bringt, dass er/sie nicht mit der sogenannten neuen Normalität, wie sie im Frühjahr von der Bundeskanzlerin verkündet wurde, einverstanden ist. Sich wegducken und hoffen, dass ein anderer dieses Aufbegehren für mich oder meine Kolleginnen übernehmen würde, war und ist nicht mehr möglich.
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Letztlich kann ich es nicht vertreten, gesundheitlich und psychisch schädigende Maßnahmen mitzutragen, die jeglicher Pädagogik spotten und deshalb kriminell zu nennen sind. Pädagogik braucht Unbefangenheit vor körperlicher Nähe, ein gesundes Immunsystem, Lebensfreude, eine vielfältige Gemeinschaft usw.
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Bereits drei Schulkinder sind in Deutschland an den Folgen des Sauerstoffmangels gestorben. Gerade habe ich mit einer Arzthelferin telefoniert, der die Eltern von kollabierten Kindern, Kopfschmerzen, Hautausschlägen usw. durch das sinnlose Tragen einer Maske erzählen. Ich bin nicht bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Da es die Mehrheit meiner KollegInnen sowie die Schulleitung des DZG noch tut, bin ich gegangen. Bitte stellen Sie sich an dieser Stelle die Frage, wem Sie in genau diesem Moment das gesundheitliche Wohl Ihrer Kinder überlassen und ob im Streitfall, wenn Ihr Kind ernsthafte Folgen davon trägt, ein Prozess oder die Schuldzuweisung an eine Lehrkraft oder die Schulleitung, diese Folgen abgemildert würden.
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Sollten sich wieder menschenwürdige Bedingungen am DZG ergeben, bin ich gerne wieder bereit als eine den Kindern und Jugendlichen liebevoll zugewendete Lehrerin zu wirken.
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Es grüßt Sie herzlich…“
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1.10 Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Landsberg Lech vom 23. November 2020 (Az. 211 Js 139348/20) wurde die Beklagte wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in zwei tateinheitlichen Fällen und Beleidigung in dreitateinheitlichen Fällen gem. § 113 Abs. 1, §§ 185, 194, 52, 53 StGB verurteilt. Gegen die Beklagten wurde in diesem Strafbefehl eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 60 € (insgesamt 7.200 €) verhängt. Der seit dem 10. Dezember 2020 rechtskräftige Strafbefehl enthält die folgenden tatsächlichen Feststellungen:
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„1. Am 24.10.2020 wurden Sie durch die uniformierten Polizeibeamten POM K. und PM Sch. bei der angemeldeten und genehmigten Versammlung ‚Gegen Maskenpflicht‘ auf dem G. Platz in 8. L. gegen 11.45 Uhr angetroffen und wegen des Fehlens eines Mund-Nasen-Schutzes einer Kontrolle unterzogen. Bei dieser Kontrolle zeigten Sie eine Bescheinigung vom 10.5.2020 vor, mit welcher attestiert wird, ‚dass das Tragen einer Schutzmaske über einen längeren Zeitraum Auswirkungen auf Ihre Gesundheit haben kann‘.
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Als die Beamten Sie daraufhin aufforderten, Ihre Identität nachzuweisen und einen Personalausweis vorzulegen, verweigerten Sie die Angaben hierzu und übergaben einen 1988 ausgestellten Führerschein. Deshalb wurde Ihnen eröffnet, dass Sie zur vollständigen Identitätsfeststellung zur Dienststelle der Polizeiinspektion Landsberg verbracht werden, wogegen Sie trotz Androhung unmittelbaren Zwangs Sie sich verwehrten, sodass Sie zum Teil zum Dienstfahrzeug getragen werden mussten. Dabei versuchten Sie sich aus dem Griff der Beamten zu reißen, zogen Ihre Arme mit hohem Kraftaufwand nach hinten und wanden die Arme aus dem Griff der Beamten, warfen sich nach ca. 5 Metern auf den Boden, sodass Sie den restlichen Weg getragen werden mussten. Beim Verbringen in das Dienstfahrzeug stießen Sie sich mit den Füßen an der Rückenlehne ab, sodass Sie und die Beamten wieder aus dem Fahrzeug gedrückt wurden. Letztlich wurden Sie von den Beamten in das Fahrzeug gehoben und zur Dienststelle verbracht. Dort angekommen, weigerten Sie sich das Dienstfahrzeug zu verlassen, sodass Sie in das Gebäude der Polizeiinspektion Landsberg getragen werden mussten. Nachdem Sie angekündigt hatte, wieder ohne Mund-Nasen-Schutz an der Versammlung teilzunehmen, wurde Ihnen der Sicherheitsgewahrsam bis zum Versammlungsende angedroht und Sie wurden – wegen der Verweigerung selbständig zu gehen – in die Gewahrsamszelle getragen.
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2. Als Ihnen gegen 15.05 Uhr auf der Dienstelle der Polizeidienststelle L., K2. straße 33, 8. L. durch die Beamten PMin B., PM M. und POM F. die Entlassung aus dem Gewahrsam bekannt gegeben wurde, forderten Sie zur Demonstration zurückgebracht zu werden und äußerten hierbei gegenüber den drei Beamten: ‚ihr seid alles Kasperl!‘, um Ihre Missachtung gegenüber den anwesenden Beamten kundzutun.
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Die Beamten, wie auch deren Dienstvorgesetzter stellten form- und fristgerecht Strafantrag.“
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2. Die Beklagte hat mit den o.g. Sachverhalten – neben der Verwirklichung der Straftatbestände des § 113 Abs. 1 und § 185 StGB – ihre Pflicht verletzt, sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG), bei politischer Betätigung Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren (§ 33 Abs. 2 BeamtStG), sich mit vollem Einsatz ihrem Beruf zu widmen (§ 34 Abs. 1 Satz 1) und mit ihrem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die ihr Beruf erfordert (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG). Im Übrigen hat sie ihre Pflicht verletzt, dienstliche Anordnungen auszuführen und allgemeine Richtlinien ihres Vorgesetzten (hier in Form des Hygienekonzepts der Schule) zu befolgen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Im Einzelnen:
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2.1 Mit dem unerlaubten Fernbleiben vom Dienst (Vorwurf 1.1) hat die Beklagte ihre Pflicht, sich mit vollem persönlichen Einsatz dem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG), und ihre Pflicht zu achtungs- und vertrauensvollem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) ebenso verletzt, wie die Verpflichtung, dem Dienst nicht ohne Genehmigung des Dienstvorgesetzten fernzubleiben (Art. 95 Abs. 1 Satz 1 BayBG).
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Eine etwaige – auch zeitweise – Dienstunfähigkeit, die ein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst ausschließen könnte, ist nicht ersichtlich. Nicht zur Dienstleistung verpflichtet ist ein Beamter nur dann, wenn er dienstunfähig ist und die Dienstunfähigkeit wegen Krankheit auf Verlangen nachgewiesen hat (Art. 95 Abs. 1 Satz 2 BayBG; vgl. OVG NW, U.v. 24.7.2020 – 3d A 1739.19.O – juris Rn. 51ff., 68). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Dem von der Beklagten vorgelegten Attest vom 26. November 2021 kommt kein Beweiswert für den Nachweis einer Erkrankung der Beklagten im vorgeworfenen Zeitraum zu. Insoweit kann auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA Rn. 74) Bezug genommen werden. Im ersten Teil des Interviews auf ThomMaxx TV bezeichnete sich die Beklagte selbst als „pumperlgsund“.
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Die Beklagte ist dem Dienst vorsätzlich und Kenntnis ihrer uneingeschränkten Dienstfähigkeit ferngeblieben. Sie ist, weil sie sich nicht den Hygieneregeln des DZG (insbesondere mit der Verpflichtung, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, sofern nicht der Mindestabstand eingehalten werden kann) unterwerfen wollte, bis zu ihrer vorläufigen Dienstenthebung vorsätzlich dem Dienst ferngeblieben.
61
Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor. Die Beklagte zog die Zweckmäßigkeit der Hygieneregeln in Zweifel und spielte mit dem Hinweis auf eine – ihrer Auffassung nach – nur geringe Letalität von unter 1% die Gefahr von Corona herunter. Es stand ihr nicht zu, die Rechtfertigung von Schutzmaßnahmen infrage zu stellen, zu deren Umsetzung sie verpflichtet war. Die Maskenpflicht diente der Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 7.9.2020 – 20 NE 20.1981 – juris Rn. 20).
62
Die Gehorsamspflicht bindet den Beamten an Gesetze, Verordnungen und spezielle Anweisungen der Vorgesetzten unabhängig von deren Rechtmäßigkeit (BVerwG, U.v. 13.12.2000 – 1 D 34.98 – juris Rn. 41). Dies gilt hier erst recht, weil persönliche Gespräche mit dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten erfolglos blieben und das Schreiben der Beklagten vom 3. April 2020 an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus zwar zur Kenntnis genommen wurde, eine schriftliche Antwort angesichts ihres illusorischen Anliegens, die Schulen nach den Osterferien 2020 bedingungslos wieder zu öffnen, jedoch unterblieben war. Für diesen Fall kann die Bindungswirkung nur durch die Verwaltungsgerichte im Wege der Gewährung von Rechtsschutz beseitigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 12.1.1988 – 1 D 4.87 – juris Rn. 14). Darum hat sich die Beklagte jedoch nicht bemüht, sondern eigenmächtig Selbsthilfe ergriffen.
63
Ebenso wenig verfängt der Hinweis auf das Widerstandsrecht des Art. 20 Abs. 4 GG, auf das sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bezogen hat. Selbst wenn Verfassungsverstöße vorliegen würden, würde das Widerstandsrecht erst eingreifen, wenn „andere Abhilfe nicht möglich ist“, nämlich auch und gerade durch gerichtliche Kontrolle; das grundsätzliche staatliche Gewaltmonopol wird dadurch nicht in Frage gestellt (BayVGH, B.v. 1.11.2020 – 10 CS 20.2449 – juris Rn. 24).
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2.2. Die Beklagte hat mit den Äußerungen im August 2020 im Interview auf ThomMaxx TV (Vorwurf 1.8) gegen ihre Pflicht zur Verfassungstreue aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verstoßen.
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Beamte sind zur Verfassungstreue verpflichtet. Die Ausübung hoheitlicher Befugnisse und die damit verbundenen Eingriffsrechte des Staates sind durch Art. 33 Abs. 4 GG einem Personenkreis vorbehalten, dessen Rechtsstellung in besonderer Weise Gewähr für Verlässlichkeit und Rechtsstaatlichkeit bietet. Beamte realisieren die Machtstellung des Staates, sie haben als „Repräsentanten der Rechtsstaatsidee“ dem ganzen Volk zu dienen und ihre Aufgaben im Interesse des Wohls der Allgemeinheit unparteiisch und gerecht zu erfüllen. Beamte stehen daher in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Aufgrund dieser Treuepflicht gehört es jedenfalls zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG, dass sich der Beamte zu der Verfassungsordnung, auf die er vereidigt ist, bekennt und für sie eintritt (BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 15 m.w.N.). Diese Verpflichtung betrifft das gesamte Verhalten des Beamten, § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG.
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Der Umstand, dass die Beklagte aus ihrer Nähe zur Reichsbürger-Ideologie Folgerungen für ihre Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gezogen hat, wird insbesondere dadurch deutlich, dass Sie sowohl die Gültigkeit des Grundgesetzes als auch der Wahlen (seit 1956) verneint und von der Geltung der Reichsverfassung 1871 ausgeht. Damit wird die Kerntheorie der „Reichsbürger“ aufgegriffen und perpetuiert, nämlich die Behauptung, Deutschland habe keine gültige Verfassung (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2022, S. 242).
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2.3 Die weiteren Äußerungen der Beklagten bei der Demonstration in Landsberg am 30. Mai 2020 (Vorwurf 1.2), in dem Anschreiben an die Schülerinnen und Schüler sowie Eltern vom 22. Juni 2020 und Oktober 2020 (Vorwürfe 1.7 und 1.9) und in dem Interview auf ThomMaxx TV (Vorwurf 1.8) stellen zudem einen Verstoß gegen das beamtenrechtliche Gebot der Mäßigung und Zurückhaltung dar. Beispielhaft sind insoweit zu nennen: Äußerungen der Beklagten auf der Demonstration zur Indoktrination der Schüler durch die Verpflichtung zu Abstandhalten und Masketragen und zum Überwachungsstaat (Disziplinarklage S. 10., in den beiden Schreiben zu den Überwachungsmaßnahmen des Ministeriums und zu Missbrauchsvorwürfen gegen namhafte Politiker, Disziplinarklage S. 13 und 48, sowie in den Interviews insbesondere zu ihren Ansichten im Hinblick auf die nicht bestehende Gefährlichkeit und Letalität von Corona, ihren Aufruf an die Eltern, die Kinder von der Schule daheim und auf dem Spielplatz spielen zu lassen, zur Erpressbarkeit von Politikern und zu Inhalten, die sie in einem Buch von Daniel Prinz nachgelesen habe, Disziplinarklage S. 40 ff.).
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2.4. Dazu kommen die Weisungsverstöße (Vorwürfe 1.3 bis 1.6). Hier hat die Beklagte der Pflicht zuwidergehandelt, Anordnungen ihres Vorgesetzten auszuführen bzw. dessen allgemeine Richtlinien zu befolgen.
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3. Der Verstoß gegen die vorgenannten beamtenrechtlichen Pflichten begründet innerdienstliche Pflichtverletzungen (Vorwürfe 1.1 bis 1.9) und eine außerdienstliche (Vorwurf 1.10).
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3.1. Die Vorwürfe 1.1 bis 1.9 sind als innerdienstliche Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG zu qualifizieren, weil das pflichtwidrige Verhalten in das Amt der Beklagten und in ihre dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 11).
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3.2. Daneben hat sie mit dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Vorwurf 1.10) auch ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Dadurch hat die Beklagte nicht nur gegen eine Strafvorschrift verstoßen, sondern auch gegen die Pflicht, durch ihr Verhalten der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die ihr Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Bei dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte handelt es sich um ein außerdienstliches Fehlverhalten, denn es war weder formell in das Amt der Beklagten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 29; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 10, BayVGH, U.v. 23.7.2014 – 16a D 12.2519 – juris Rn. 52).
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Das Dienstvergehen der Beklagten erfüllt auch die qualifizierenden Voraussetzungen, die § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG an die Disziplinarwürdigkeit eines Fehlverhaltens außerhalb des Dienstes stellt. Danach ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Das ist der Fall, wenn es sich um vorsätzliche Straftaten mit einem Strafrahmen von mindestens bis zu zwei Jahren handelt und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht nur gering wiegt, weil er nach den konkreten Umständen des Falles erkennbar nicht an der unteren Schwelle liegt. Durch die Festlegung eines solchen Strafrahmens bringt der Gesetzgeber verbindlich zum Ausdruck, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Beamtentums in einer Weise beschädigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U.v. 28.7.2011 – 2 C 16.10 – juris Rn. 24; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 11 ff.).
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Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist in § 113 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht. Der Pflichtenverstoß weist auch einen Bezug zum Amt des Lehrers auf, weil die Beklagten den Bildungs- und Erziehungsauftrag (Art. 1 BayEUG) zu Selbstbeherrschung und Verantwortungsgefühl sowie die Aufgaben der Schule (Bereitschaft zum Einsatz für den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, Art. 2 Abs. 1 BayEUG) nicht mehr glaubwürdig erfüllen kann.
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4. Gemäß Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen. Bei einem endgültigen Vertrauensverlust ist der Beamte gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Schwere des Dienstvergehens ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch die disziplinare Maßnahmebemessung steuern (BayVGH, U.v. 5.7.2023 – 16a D 21.1331 – juris Rn. 51 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12).
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Setzt sich das Dienstvergehen – wie hier – aus mehreren Handlungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U.v. 20.9.2023 – 16a D 22.2292 – juris Rn. 39). Hier wiegen das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst und die Verstöße gegen die Pflicht zur Verfassungstreue in etwa gleich schwer.
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4.1 Bereits das vorsätzliche unerlaubte Fernbleiben vom Dienst für die Dauer von mehr als sechs Monaten rechtfertigt die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Es betrifft den Kernbereich der Pflichten aus dem Beamtenverhältnis und stellt ein schweres Dienstvergehen dar. Ein vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Monaten ist regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis endgültig zu zerstören. Aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, offenbart das Fernbleiben über einen derart langen Zeitraum ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit. Daher ist in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, U.v. 12.11.2020 – 2 C 6.19 – juris Rn. 22).
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Erschwerend ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihre Dienstleistung in der Situation der Covid 19-Pandemie verweigerte. Als Beamtin des Freistaates Bayern stand sie in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis und es oblag ihr gerade auch in dieser krisenhaften Pandemielage, ihren Pflichten nachzukommen und zur Gewährleistung des staatlichen Auftrags, Unterricht in Präsenz abzuhalten, beizutragen. Das Beamtenverhältnis ist durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen bewusst so ausgestaltet, dass die Arbeitskraft von Beamten stets und insbesondere auch in Krisenzeiten abgerufen werden kann, um die Funktionsfähigkeit des Staates durchgehend sicherzustellen.
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Gerade im Zusammenhang mit einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wie der Corona Pandemie ist es unverzichtbar, dass staatliche Organisationen im Rahmen ihrer Möglichkeiten funktionieren und den bestehenden Gefahren begegnen. Das ist Kernaufgabe der staatlichen Organisation und Gefahrenabwehr; eng verbunden damit ist auch das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Bürger in die Funktionsfähigkeit des Staates. Aufgrund ohnehin bestehender beschränkender Rahmenbedingungen und der damit verbundenen teilweisen länger dauernden Entscheidungsprozesse ist es auch in der Öffentlichkeit nicht vermittelbar, dass sich möglichst schnell umzusetzende gefahrenabwehrende oder Nachteile verhindernde neue Vorgehensweisen dadurch verzögern, dass Beschäftigte des öffentlichen Dienstes persönlich, rechtlich oder fachlich „anderer Meinung“ sind und sich dadurch die Durchsetzung beschlossener (Schutz-)Maßnahmen verzögert oder die Dienstleistung überhaupt nicht abrufbar ist.
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4.2 Auch die schuldhafte Missachtung der politischen Treuepflicht ist disziplinarrechtlich von erheblicher Bedeutung, weil die Einhaltung dieser Pflicht unverzichtbare beamtenrechtliche Kernpflicht ist. Das Verhalten der Beklagten macht deutlich, dass sie die Amtspflicht, sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Einhaltung einzutreten, nicht erfüllt hat. Sie hat die Geltung des Grundgesetzes als Grundlage staatlicher Legitimation mehrfach verneint und damit zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass sie die geltende staatliche Ordnung nicht anerkennt. Ihr Verhalten ist geeignet, einen erheblichen Ansehens- und Vertrauensverlust herbeizuführen. Durch die schwerwiegende Verletzung ihrer Grundpflichten aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG hat sie das Vertrauen sowohl der Allgemeinheit als auch des Dienstherrn in eine zukünftige amtsentsprechende Dienstführung zerstört. Die verfassungsrechtliche Konstituierung einer wehrhaften Demokratie schließt es aus, dass der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren auch von der freien inneren Bindung seiner Amtsträger an die geltende Verfassung abhängt, zur Ausübung staatlicher Gewalt Amtsträger im Dienst belässt, die die freiheitliche demokratische Grundordnung in grundsätzlicher Weise ablehnen (vgl. BVerfG, B.v. 6.5.2008 – 2 BvR 337/08 – juris Rn. 18 und 22; BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 91).
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Der Beamte muss sich mit den Prinzipien der verfassungsmäßigen Ordnung ohne innere Distanz identifizieren. Damit ist nicht eine Verpflichtung gemeint, sich die Ziele oder eine bestimmte Politik der jeweiligen Regierung zu eigen zu machen. Gefordert ist aber die Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren und für sie einzutreten. Dies schließt nicht aus, an Erscheinungen dieses Staates Kritik zu üben und für Änderungen der bestehenden Verhältnisse mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln einzutreten, solange in diesem Gewand nicht eben dieser Staat und seine verfassungsmäßige Grundlage in Frage gestellt werden. An einer „unkritischen“ Beamtenschaft können Staat und Gesellschaft kein Interesse haben. Unverzichtbar ist aber, dass der Beamte den Staat und die geltende verfassungsrechtliche Ordnung bejaht, sie als schützenswert anerkennt und aktiv für die eintritt. Der Staat ist darauf angewiesen, dass seine Beamten für ihn einstehen und Partei für ihn ergreifen. Die Grundentscheidung des Grundgesetzes zur Konstituierung einer wehrhaften Demokratie lässt es nicht zu, dass Beamte im Staatsdienst tätig werden, die die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie die rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnen und bekämpfen. Diesen Personen fehlt die Eignung für die Ausübung eines öffentlichen Amtes. Ihnen kann von den Bürgern nicht das zur Wahrnehmung des öffentlichen Amtes berufserforderliche Vertrauen entgegengebracht werden.
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Die Beklagte hat ihre Verfassungstreuepflicht in schwerwiegender Weise verletzt. Sie vertritt in wesentlichen Aspekten das Gedankengut der Reichsbürger-Ideologie; ihre Ansichten sind kongruent mit sog. reichsbürgertypischen Denkansätzen. Konsequent und zu recht wurde die Beklagte daher auch als Reichsbürgerin gemäß Reichsbürgerdefinition in dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 29. Dezember 2016 eingestuft (vgl. Schreiben des PP Oberbayern Nord v. 18.11.2020, Bl. 178/179 DA).
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Diese Bewertung gilt auch in Anbetracht der „Vogt“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (U.v. 26.9.1995 – 7/1994/454/535 – NJW 1996, 375), wonach Lehrern ein minderer Gefährdungsgrad für die freiheitliche demokratische Grundordnung zuzubilligen ist, weil sie nicht schwerpunktmäßig hoheitlich geprägte Aufgaben wahrnehmen (vgl. BayVGH, U.v. 20.7.2022 – 16a D 20.1464 – juris Rn. 34 zu einer Lehrerin, die einen Staatsangehörigkeitsausweis unter fortgesetzter Verwendung der Angaben von Bundestaaten des Deutschen Kaiserreichs und dem Hinweis auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz mit dem Stand von 1913, beantragt hatte). Die Äußerungen im Video haben jedoch ein besonderes Gewicht. Die Beklagte hat bewusst die Öffentlichkeit gesucht und versuchte, diese ihrerseits zu indoktrinieren. Sie konfrontierte die potentiellen Zuseher des Videos mit Verschwörungstheorien und Inhalten der Reichsbürgerbewegung (s. 2.2), was darin gipfelte, dass sie den „Zusammenbruch“ des Systems thematisierte und dazu aufrief, an der Diskussion in Hinblick auf eine neue Verfassungsordnung teilzunehmen. Damit ist selbst bei Billigung eines milderen Gefährdungsgrades von Lehrern jedes (noch) tolerable Maß bei weitem überschritten. Die Beklagte hat sich, stets die Öffentlichkeit suchend, von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgewendet und strebt eine neue Verfassungsordnung an. Das ist der Worst Case der Verfassungsuntreue und kann in einer wehrhaften Demokratie nicht akzeptiert werden.
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4.3 Erschwerend wirken weiter die anderen Dienstvergehen, so der zweifache Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und die dreifache Beleidigung, die mit Strafbefehl geahndet wurden, sowie die vier Weisungsverstöße.
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Erschwerend kommt auch hinzu, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung keinerlei Einsicht zeigte. Sie bestritt entgegen der Einstufung der Weltgesundheitsorganisation vom 11. März 2020 den Ausbruch der COVID-19-Krankheit als Pandemie. Ihr „Verteidigungsvorbringen“ in der mündlichen Verhandlung beschränkte sich auf die wiederholte Verwendung von Schlagworten wie „Massenpsychose“ und „Massenritual“ als Umschreibung der damals gängigen und von der Bevölkerung mehrheitlich akzeptierten Hygienemaßnahmen. Das DZG wurde als „Hygienekaserne“ bezeichnet. Auf die weiteren Vorwürfe, insbesondere der Verfassungsuntreue, gingen die Beklagte und ihr Prozessbevollmächtigter nur insoweit ein als der Widerstand gegen die Vollstreckungsbeamte sowie die Verpflichtung, ein fachärztliches Attest vorzulegen, thematisiert worden sind. Hinsichtlich des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte ließ sich die Beklagte dahin ein, an ihr sei Gewalt ausgeübt worden. Sie berichtete von einem „Überfall“ von „maskierten Männern“ am 14. Oktober 2021, die sich nicht ausgewiesen hätten, und einem daran anschließenden 12-tägigen Gefängnisaufenthalt. Dieses „Ereignis“ hat indes keinerlei Bezug zu den hier vorliegenden Dienstvergehen und fand deutlich später statt als die Dienstvergehen, gleichwohl war es ihr wichtig, dass im Protokoll aufgenommen wurde, dass ihr Sohn dadurch traumatisiert worden sei. Zur Aufforderung vom 18. Juni 2020, ein fachärztliches Attest eines Pneumologen vorzulegen, wurde vorgetragen, das sei ja wegen der damaligen Wartezeit für einen Termin bei einem Pneumologen gar nicht möglich gewesen wäre. Es war nicht davon die Rede, dass es die Beklagte überhaupt versucht hätte.
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Der persönliche Eindruck der Beklagten in der mündlichen Verhandlung war verherrend. Sie hat sich mit einem stets milden Lächeln als Inhaberin der alleinigen Wahrheit präsentiert und betont, dass es ihr egal sei, wie der Senat entscheide; es gehe ihr nur um die Kinder. Das betonte sie auch nochmals in ihrem Schlusswort. Warum diese Motivationslage zur Verfassungsuntreue führte, blieb bis zuletzt im Dunkeln.
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5. Nachhaltige Milderungsgründe, die das Vertrauen des Dienstherrn in die Beklagte trotz ihrer Dienstvergehen noch nicht als unheilbar zerstört erscheinen lassen, sind nicht zu erkennen. Insbesondere ist die Dienstpflichtverletzung der Beklagten nicht als einmaliges Fehlverhalten einer ansonsten pflichtbewussten Beamtin in einer besonderen persönlichen Krisensituation im Sinne einer überwundenen abgeschlossenen negativen Lebensphase zu werten.
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Als persönliche Milderungsgründe zu Gunsten der Beklagten ist lediglich ihr bisheriges unbeanstandetes Verhalten zu berücksichtigen. Das rechtfertigt nicht die Annahme, das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Beamtin sei noch nicht endgültig zerstört, weil die entlastenden Umstände auch in Anbetracht des Zeitraumes, über den sich die Verletzung ihrer beamtenrechtlichen Dienstleistungspflichten erstreckt hat, die Schwere der belastenden Gesichtspunkte nicht ansatzweise aufwiegen.
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Unter Berücksichtigung der dargestellten Umstände ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens in Auseinandersetzung mit den vorstehenden Milderungsgründen und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als die dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Pflichtverletzungen der Beklagten angemessene, aber auch notwendige Maßnahme zu erachten.
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Angesichts des von der Beklagten begangenen Dienstvergehens und der aufgezeigten Gesamtwürdigung ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht unverhältnismäßig. Die Beklagte hat ein besonders schweres Fehlverhalten gezeigt. Sie hat die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Ihre Entfernung aus dem Dienst ist die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Eine anderweitige Verwendung der Beklagten – verbunden mit einer Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis – kommt nicht als „mildere Maßnahme“ in Betracht. Wenn – wie hier – das Vertrauensverhältnis des Dienstherrn zu der Beamtin endgültig zerstört ist, weil sie als Beamtin „nicht mehr tragbar ist“ und es dem Dienstherrn nicht zumutbar ist, das Beamtenverhältnis mit ihr fortzusetzen, muss der Frage, ob die Beamtin anderweitig eingesetzt werden kann, nicht nachgegangen werden. Die darin für die Beklagte liegende Härte ist nicht unverhältnismäßig oder unvereinbar mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise. Sie beruht auf dem vorangegangenen Fehlverhalten der für ihr Handeln verantwortlichen Beklagten, die sich bewusst gewesen sein muss, dass sie hiermit ihre berufliche Existenz aufs Spiel setzt (BayVGH, U.v. 24.5.2023 – 16a D 20.2247 – juris Rn. 73).
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Nach alldem war die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge des Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG zurückzuweisen.
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Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).