Inhalt

VGH München, Beschluss v. 28.11.2023 – 10 CE 23.2141
Titel:

zum Geltungsbereich der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung 

Normenketten:
AufenthG § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 1
UkraineAufenthÜV § 2 Abs. 1
Leitsatz:
Die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nach § 2 Abs. 1 der Die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nach § 2 Abs. 1 der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung gilt nur für den Zeitraum von 90 Tagen „ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet“; sie verfolgt nicht den Zweck, einem Dritt-Ausländer das „Pendeln“ zwischen dem Bundesgebiet und seinem Herkunftsland mit einem gegebenenfalls mehrfach unterbrochenen Aufenthalt von insgesamt 90 Tagen zu ermöglichen. gilt nur für den Zeitraum von 90 Tagen „ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet“; sie verfolgt nicht den Zweck, einem Dritt-Ausländer das „Pendeln“ zwischen dem Bundesgebiet und seinem Herkunftsland mit einem gegebenenfalls mehrfach unterbrochenen Aufenthalt von insgesamt 90 Tagen zu ermöglichen. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zurückweisung, aserbaidschanischer Staatsangehöriger, der sich in der Ukraine aufgehalten hat, Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels (Drittausländer in der Ukraine), mehrfache Einreisen in das Bundesgebiet, Ukraine, Aserbaidschan, Aufenthaltstitel, Befreiung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 23.11.2023 – M 27 E 23.5406
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35942

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, von seiner Zurückweisung abzusehen und den Zurückweisungshaftantrag beim Amtsgericht Hof zurückzunehmen.
2
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 23. November 2023.
3
Das Verwaltungsgericht hat einen Anordnungsanspruch des Antragstellers zu Recht verneint. Er hat nicht glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf Einreise in das Bundesgebiet hat; vielmehr ist er zurückzuweisen, weil er unerlaubt einreisen will (§ 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 AufenthG).
4
Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nach § 2 Abs. 1 der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung für den dort genannten Zeitraum von 90 Tagen nur „ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet“ gilt. Nach den vorliegenden Unterlagen sei der Antragsteller bereits zwischen dem 8. und dem 11. März 2022 auf dem Landweg in das Bundesgebiet eingereist und am 11. März 2022 auf dem Luftweg in sein Herkunftsland Aserbaidschan wieder ausgereist. Daher sei sein erneuter Einreiseversuch am 29. September 2023 nicht mehr eine „erstmalige“ Einreise gewesen, die somit nicht von § 2 Abs. 1 der genannten Verordnung umfasst sei.
5
In der Beschwerdebegründung wird dagegen eingewandt, dem Antragsteller stünden in jedem Fall 90 Tage erlaubnisfreien, aber rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet zu. Da er bei seiner erstmaligen Einreise im März 2022 nur einen Tag im Bundesgebiet verbracht habe, wäre sein Aufenthalt nach seiner neuerlichen Einreise für noch 89 Tage rechtmäßig.
6
Eine solche Auslegung des § 2 Abs. 1 der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung ist jedoch schon angesichts dessen Wortlaut fernliegend. Wie die Beschwerdebegründung selbst ausführt, dürfen sich die von dieser Vorschrift erfassten Ausländer für 90 Tage ab der erstmaligen Einreise erlaubnisfrei, jedoch rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und müssen innerhalb dieses Zeitraums entweder einen Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG stellen oder das Bundesgebiet verlassen. Nach § 1 der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung soll den betroffenen Ausländern die Einreise in das Bundesgebiet ohne Visumverfahren und die Einholung des für einen langfristigen Aufenthalt erforderlichen Aufenthaltstitels im Bundesgebiet ermöglicht werden. Diesem Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht es dagegen nicht, einem Dritt-Ausländer gewissermaßen das „Pendeln“ zwischen dem Bundesgebiet und seinem Herkunftsland mit einem gegebenenfalls mehrfach unterbrochenen Aufenthalt von insgesamt 90 Tagen zu ermöglichen. Die Auslegung des § 2 Abs. 1 Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung, dass nur die erstmalige Einreise in das Bundesgebiet visumfrei sein soll, wird auch gestützt durch die – von der Beschwerdebegründung selbst herangezogene – Begründung der Vierten Verordnung zur Änderung der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung (BR-Drs. 152/23 vom 6.4.2023). Hier heißt es ausdrücklich: „Von der Regelung nicht umfasst sollen solche Fälle sein, in denen Staatsangehörige anderer Staaten als der Ukraine bereits in ihren Heimatstaat oder ihr Herkunftsland zurückgekehrt sind und nunmehr aus anderen Gründen als die sichere Rückkehr nach Deutschland einreisen wollen.“ Eben diese Konstellation trifft auf den Antragsteller zu, der nach eigenen Angaben im März 2022 aus dem Bundesgebiet in sein Herkunftsland Aserbaidschan zurückgekehrt ist und nunmehr erneut in das Bundesgebiet einreisen möchte, um hier Aufenthalt zu nehmen und später seine Ehefrau nachzuholen.
7
Somit beabsichtigt der Antragsteller eine unerlaubte Einreise und ist gemäß § 15 Abs. 1 AufenthG zurückzuweisen.
8
Auf die weiteren Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts geht die Beschwerdebegründung nicht ein.
9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
10
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.
11
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).