Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 16.11.2023 – Vf 48-VI/22
Titel:

Begründungsanforderungen an eine Verfassungsbeschwerde

Normenketten:
BV Art. 118 Abs. 1
VfGHG Art. 51 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
Mangels hinreichender Substanziierung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung in einem Sorgerechtsverfahren. (Rn. 23 – 33)
1. Ist die angefochtene Entscheidung unter Anwendung von Bundesrecht ergangen, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat und ob ein Verfahrensgrundrecht der BV verletzt wurde, das mit gleichem Inhalt im GG gewährleistet ist. (Rn. 24) (red. LS Axel Burghart)
2. Die in der Verfassungsbeschwerdeschrift zu erbringende Begründungsleistung kann weder durch die Vorlage von Anlagen noch durch deren Hineinkopieren in den Text der Verfassungsbeschwerde ersetzt werden. (Rn. 28) (red. LS Axel Burghart)
3. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es idR einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. (Rn. 29) (red. LS Axel Burghart)
Schlagworte:
Verfassungsbeschwerde, Landesverfassungsgericht, Bundesrecht, Willkürverbot, Verfahrensgrundrecht, Begründung
Vorinstanz:
OLG München, Beschluss vom 21.07.2022 – 12 UF 594/22 e
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35644

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 21. Juli 2022 Az. 12 UF 594/22 e in einem Sorgerechtsverfahren, mit dem über eine Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 4. Mai 2022 Az. 7 F 1695/21 entschieden und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens übertragen wurde. Der Beschwerdeführer und Antragsgegner des Ausgangsverfahrens hat seine Verfassungsbeschwerde mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden.
2
1. Der Beschwerdeführer und die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens sind die zwischenzeitlich geschiedenen Eltern der im Jahr 2013 geborenen Tochter La. und des im Jahr 2015 geborenen Sohnes Lo. Sie hatten seit ihrer Trennung im März 2018 ein Wechselmodell für die Betreuung der Kinder (teilweise im Fünf-Tages-, teilweise im Zwei-Tages-Rhythmus) praktiziert und sich in einem vorangegangenen Sorgerechtsverfahren beim Amtsgericht Rosenheim in der mündlichen Verhandlung vom 21. August 2019 darauf verständigt, dieses fortzuführen.
3
2. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 8. November 2021 stellte die Antragstellerin beim Amtsgericht Rosenheim den Antrag, nunmehr ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder zu übertragen, da sie beabsichtige, gemeinsam mit ihnen in die Schweiz umzuziehen. Sie trug darin und im weiteren Verfahren vor, dass sie ihren Lebensmittelpunkt und den der Kinder in die Schweiz zu ihrem neuen Lebensgefährten, mit dem sie seit mehreren Jahren zusammen sei, verlagern wolle. Dieser sei Schweizer Staatsangehöriger und habe seinen Lebensmittelpunkt, seine Wohnung und seine berufliche Anstellung in der Schweiz. Die Kinder würden sich in der Schweiz wohl fühlen und hätten ein gutes Verhältnis zum Stiefvater aufgebaut. Der Beschwerdeführer trat dem Antrag, ebenfalls anwaltlich vertreten, entgegen.
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Das Amtsgericht hörte an mehreren Terminstagen, zwischen denen von den Eltern ohne abschließenden Erfolg Erziehungsberatungsgespräche wahrgenommen wurden, die Beteiligten, das Jugendamt, den Verfahrensbeistand sowie (in einem gesonderten Termin ohne Anwesenheit der Eltern) die Kinder persönlich an und übertrug mit Beschluss vom 4. Mai 2022 das Recht zur Bestimmung des Umzugs in die Schweiz nach Beginn der bayerischen Sommerferien 2022 für die gemeinsamen minderjährigen Kinder La. und Lo. der Antragstellerin. Es stützte die Entscheidung rechtlich auf § 1628 BGB und merkte an, dass es über § 1671 BGB zu demselben Ergebnis gekommen wäre. Zur Begründung der Übertragung der Entscheidungsbefugnis führte das Amtsgericht zunächst aus, welche Kriterien im Einzelnen – Kontinuität, Kindeswille, Bindungen zu den Elternteilen, Bindungstoleranz, Förderungskompetenz –, einen Umzug der Mutter unterstellt, für einen Verbleib der Kinder beim Vater in Deutschland bzw. für einen Umzug mit der Mutter in die Schweiz sprächen. Bei der anschließenden Gewichtung und Abwägung dieser Kriterien stellte es fest, dass sich die Eltern annähernd gleichwertig kompetent und betreuungsfähig gegenüberstünden; jeder Elternteil habe unterschiedliche Beurteilungskriterien, wenn nur leicht, für sich gewinnen können. Insgesamt kam das Amtsgericht, der fachlichen Einschätzung des Verfahrensbeistands folgend, zu dem Ergebnis, dass es dem Kindeswohl am besten entspreche, wenn der Kontakt und der Umgang zur Mutter weitestgehend aufrechterhalten blieben und die Kinder daher die Möglichkeit erhielten, mit ihr in die Schweiz umzuziehen.
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3. a) Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 3. Juni 2022 Beschwerde ein. Er beantragte, den Beschluss aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht bezüglich der gemeinsamen Kinder allein zu übertragen, zurückzuweisen. In der Beschwerdebegründung vom 24. Juni 2022 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Entscheidung am Kindeswohl orientieren müsse und dafür alle Umstände des Einzelfalls abzuwägen seien. Das Verfahren müsse geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine solche Entscheidung zu erlangen. Das Amtsgericht habe insbesondere im Rahmen des Kontinuitätsgrundsatzes wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt und die berücksichtigten unzutreffend bewertet; der Grundsatz der Kontinuität spreche nicht nur leicht für den Beschwerdeführer, sondern ganz erheblich. Neben Fehlern und Aufklärungsdefiziten hinsichtlich der Bewertung der Bindungstoleranz der Antragstellerin sowie der Bindungen der Kinder sei die Beurteilung im Hinblick auf das Prinzip der Förderung unzutreffend. Bei dem vom Amtsgericht angenommenen leichten Übergewicht für die Kindsmutter im Rahmen der Förderungskompetenz habe dieses sich lediglich auf eine Aussage des Kindergartenpersonals gestützt und keine ausreichende Entscheidungsgrundlage gebildet. Auch sei der Wille der Kinder, der für einen Verbleib in Deutschland spreche, zu wenig beachtet worden.
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Am 12. Juli 2022 ging beim Oberlandesgericht ein vom Beschwerdeführer selbst verfasstes und unterschriebenes Beschwerdeschreiben vom 10. Juli 2022 ein, das in Abschrift „an übrige Beteiligte“ übermittelt wurde. Der anwaltliche Bevollmächtigte des Beschwerdeführers wies mit Schriftsatz vom 13. Juli 2022 darauf hin, dass die damit übermittelten Unterlagen, insbesondere die Erklärungen dritter Personen, ohne seine Kenntnis erstellt und eingereicht worden seien; selbstverständlich habe er den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass ein Vortrag ausschließlich über die Anwälte zu erfolgen habe. Unabhängig davon mache sich der Beschwerdeführer die übermittelten „Sittlichkeitserklärungen“ dritter Personen in seinem Vortrag zu eigen und verweise auf diese. Bislang sei nicht eindeutig gewesen, ob die Antragstellerin tatsächlich in die Schweiz ziehen würde, wenn die Kinder in Deutschland blieben. Nach zwischenzeitlicher Kenntnis sei es aber wohl so, dass sie in jedem Fall in die Schweiz ziehen werde. In diesem Fall könne das derzeit praktizierte Wechselmodell in keinem Fall aufrechterhalten werden und werde vorsorglich beantragt, dem Beschwerdeführer das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder zur alleinigen Ausübung zu übertragen. Dieser Antrag wurde im Termin vom 18. Juli 2022 zurückgenommen.
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Die Einzelrichterin, auf die die Beschwerde zur Entscheidung übertragen wurde, erholte eine schriftliche Stellungnahme des Jugendamts, hörte am 18. Juli 2022 erneut die beiden Kinder La. und Lo. in Anwesenheit des Verfahrensbeistands an und erörterte im anschließenden Termin den Sachverhalt mit den Beteiligten und dem Verfahrensbeistand.
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b) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 21. Juli 2022 hob das Oberlandesgericht - Einzelrichterin – die Sachentscheidung des Amtsgerichts Rosenheim vom 4. Mai 2022 auf und ersetzte sie dadurch, dass es das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder der Antragstellerin übertrug. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus:
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Die Entscheidung sei auf Grundlage des § 1671 BGB zu treffen, nicht des § 1628 BGB, Maßstab sei das Kindeswohl. Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter entspreche dem Wohl der Kinder am besten. Das Vorhaben der Mutter, mit den Kindern in die Schweiz zu ziehen, lasse sich in Anbetracht der Ablehnung durch den Vater nur verwirklichen, wenn ihr nach § 1671 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Bestandteil der Personensorge (§ 1631 Abs. 1 BGB) übertragen werde. Nach einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts sei dem Elternteil der Wohnortwechsel mit den Kindern erlaubt. Die Zurückweisung des Antrags der Mutter hätte hingegen zur Folge, dass das gemeinsame Aufenthaltsbestimmungsrecht fortbestünde und es beim derzeitigen Zustand verbliebe. Ein Umzug der Mutter mit den Kindern wäre dann rechtswidrig.
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Wesentliche Gesichtspunkte bei der Entscheidung zwischen beiden Eltern seien (nach der Kommentierung im „Staudinger“ zu § 1671 BGB) „die Persönlichkeit der Eltern und ihre persönlichen Lebensumstände, ihre Erziehungseignung, die Betreuung und äußeren Lebensverhältnisse, die das Kind bei ihnen vorfindet; die Qualität der jeweiligen Eltern-Kind-Beziehung; die Kontinuität und Stabilität der kindlichen Lebensbedingungen und der Wille der Kinder“.
11
Es bestünden keinerlei Bedenken hinsichtlich der Erziehungsfähigkeit bzw. Erziehungsgeeignetheit der Mutter. Das Amtsgericht sei beim Vater ebenfalls von einer uneingeschränkten Erziehungsgeeignetheit ausgegangen. Das Beschwerdegericht sehe aber aufgrund der Beeinflussung der Kinder hinsichtlich des Umzugs, die sowohl vonseiten des Verfahrensbeistands habe festgestellt werden können als auch durch die gerichtliche Anhörung der Kinder deutlich geworden sei, eine geringere Erziehungseignung des Vaters. Beide Eltern seien in der Lage, die Kinder eigenständig zu versorgen und zu fördern. Das Amtsgericht habe zu Recht festgestellt, dass die Frage der Bindungstoleranz vorliegend nicht streitentscheidend sei. Beide Eltern räumten sich wechselseitig erhebliche Betreuungszeiten an den Wochenenden oder in den Ferien ein. Die Gefahr eines Kontaktabbruchs zu einem Elternteil würde sich in beiden Fallgestaltungen stellen, sofern die Eltern aus beruflichen oder privaten Gründen die angedachten Umgänge und Betreuungszeiten nicht einhalten könnten. Auch hinsichtlich der Förderungskompetenz ergäben sich etwa gleich hohe und gute Voraussetzungen für die beiden Elternteile. Die Bindungen zu beiden Eltern seien gut, was auch dadurch zum Ausdruck komme, dass sich beide Kinder letztendlich nicht für das Leben bei dem einen oder anderen Elternteil positionierten. Eine emotional engere Beziehung sei vom Verfahrensbeistand – beruhend auf Beobachtungen bei den gemeinsamen Treffen von Kindern und Mutter bzw. Vater – zwischen La. und der Mutter festgestellt worden; bezüglich Lo. habe er keine besondere emotionale Beziehung zu einem der Elternteile feststellen können. Der Beschwerdeführer wende zu Recht ein, dass die Kontinuität zunächst für einen Verbleib in Deutschland spreche, da die Kinder hier ihre (bisherigen) Lebensjahre verbracht hätten, sodass sich hier ihr soziales und familiäres Umfeld aufhalte. Allerdings sei die Kontinuität im Hinblick auf die Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der Erziehungsverhältnisse nur eingeschränkt ein Bewertungsmaßstab, da jedenfalls das aktuelle Betreuungsmodell unter Einbeziehung der Mutter so nicht mehr stattfinden könne, wenn der Umzug vollzogen werde. Dem Amtsgericht sei zuzustimmen, wenn es von einer teilweisen Verlagerung der Kontinuität ausgehe, da der Kontakt zum mütterlichen Umfeld auch bei einem Umzug in gewissem Umfang aufrechterhalten bleiben werde. Außerdem sei zu beachten, dass die Tochter La. auch bei einem dauerhaften Umzug zum Vater die Grundschule wechseln werde und für Lo. die Einschulung anstehe, sodass eine Veränderung seines Umfelds auch in Deutschland eintreten werde (wird näher ausgeführt). Die Kontinuität spreche daher entgegen der Ansicht des Kindsvaters nicht eindeutig für einen Verbleib.
12
Wesentlich für die Entscheidung, das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter zu übertragen, sei die Tatsache, dass eine stärkere emotionale Bindung zwischen Tochter und Mutter festzustellen sei und Zweifel an der uneingeschränkten Erziehungseignung des Vaters bestünden. Diese Gesichtspunkte überwögen den Aspekt der teilweisen Kontinuität in Form des familiären Umfelds. Dem Kindeswillen sei vorliegend keine ausschlaggebende Wirkung zugekommen. Beide Kinder hätten den Wunsch geäußert, dass möglichst alles so bleibe, wie es gerade ist. Sie sprächen sich nicht eindeutig für einen Verbleib beim Vater aus, sondern wollten, dass sich an der Situation nichts ändere. Nachdem dieser Zustand nicht aufrechterhalten werden könne und zwingenderweise eine Veränderung des sozialen Umfelds anstehe, könne der kindliche Wille hier nicht ausschlaggebend sein.
13
Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Der Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 22. Juli 2022 zugestellt.
II.
14
1. Mit der am 2. August 2022 eingegangenen Verfassungsbeschwerde vom 31. Juli 2022 und einem am 29. August 2022 eingegangenen Schreiben vom 25. August 2022 begehrt der (im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer wegen behaupteter Grundrechtsverletzungen die Aufhebung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 21. Juli 2022 sowie im Wege der einstweiligen Anordnung „die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gemeinsam wie schon vorher“, da die Kindsmutter durch den Umzug einen regelmäßigen Kontakt der Kinder zum Kindsvater verhindere. In einem weiteren Schreiben vom 12. Februar 2023 wird das Vorbringen ergänzt.
15
Der Beschwerdeführer rügt in den beiden im August 2022 eingegangenen Schreiben in erster Linie die Verletzung seines Elternrechts und allgemeinen Persönlichkeitsrechts unter Berufung auf Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. Art. 126 Abs. 1 Satz 1 BV. Daneben macht er einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot geltend und sieht seine Verfahrensgrundrechte auf rechtliches Gehör sowie auf den gesetzlichen Richter verletzt. Insofern benennt er Bestimmungen des Grundgesetzes wie Art. 3 Abs. 1 oder Art. 103 Abs. 1 GG. Im Schreiben vom 12. Februar 2023 führt er ergänzend Art. 118 Abs. 1, Art. 91 Abs. 1 sowie Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV als gerügte Verfassungsbestimmungen an.
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Der Beschwerdeführer hebt in seiner Verfassungsbeschwerde einleitend hervor, dass er sich insbesondere dagegen wende, dass das Amtsgericht und das Oberlandesgericht eine Entscheidung von enormer Tragweite getroffen hätten, ohne die Umstände umfassend aufzuklären und eine zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen. In seinen weiteren Ausführungen und seinem Schreiben vom 25. August 2022 wechseln sich sodann ohne erkennbare Gliederung oder nachvollziehbare Abgrenzung zueinander Hinweise auf und Zitierungen aus Urteilen anderer Oberlandesgerichte, des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts, teils auch Kommentarliteratur, mit Darstellungen aus der Vorgeschichte und Prozessgeschichte des hier betroffenen Ausgangsverfahrens ab. Zwischendurch eingestreut finden sich Beanstandungen des Beschwerdeführers an den ergangenen Entscheidungen. In weiten Teilen beschäftigen sich die Ausführungen mit allgemeinen Erwägungen zum Inhalt des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und zur Bedeutung des Kindeswohls in diesem Zusammenhang, mit Folgerungen daraus für das Sorgerecht und auch das Sorgerechtsverfahren, mit abstrakten Erwägungen zu „Umgang“ und „Kindeswohlprinzip“ in verschiedenen Artikeln der UN-Kinderrechtskonvention, mit Zulässigkeitsfragen einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG i. V. m. § 23 Abs. 1, §§ 92, 93 a, 93 c BVerfGG oder etwa auch mit allgemeinen rechtspolitischen Forderungen dahingehend, dass die allseitige Gerechtigkeit in der Gesetzgebung stärker berücksichtigt werden müsse.
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Diesem unstrukturierten und in weiten Teilen aus sich heraus kaum verständlichen Vortrag lässt sich unter Zuhilfenahme der Gründe der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts sowie der vorangegangenen des Amtsgerichts zusammengefasst an konkret auf die angegriffene Entscheidung bezogenen Rügen Folgendes entnehmen:
18
Der Beschwerdeführer moniert insgesamt, dass das Oberlandesgericht im angegriffenen Beschluss vom 21. Juli 2022 der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder zu Unrecht und in verfahrensfehlerhafter Weise übertragen habe, da der Sachverhalt nicht in dem gebotenen Maß aufgeklärt worden sei und der Verfahrensbeistand bei seiner Tätigkeit die Standards eines Fachverbands nicht beachtet habe. Die in der Entscheidung getroffene Abwägung sei nicht hinreichend am Kindeswohl ausgerichtet und verletze daher insbesondere das beiden Elternteilen grundrechtlich gewährleistete Elternrecht. Das Oberlandesgericht und das Amtsgericht hätten sehr einseitig und parteienlastig zugunsten der Mutter entschieden und nicht nach geltendem Recht.
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Der Beschwerdeführer beanstandet vor allem, dass mit der angegriffenen Entscheidung der Grundsatz der Kontinuität, der ganz stark für einen Verbleib der Kinder beim Beschwerdeführer spreche, und der Kindeswille nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Das Amtsgericht sowie das Oberlandesgericht seien fehlerhaft und ohne Abwägung aller Umstände des Einzelfalls von einer teilweisen Verlagerung der Kontinuität ausgegangen. Sie hätten insofern lediglich eine Bewertung dahingehend vorgenommen, dass die Kontinuität vorliegend noch nicht so stark ausgeprägt sei wie im jugendlichen Alter, die Kinder in jungen Jahren noch leichter Freundschaften schließen würden und zudem in der Schweiz die sozialfamiliäre Kontinuität zur Mutter und zu deren Umfeld erhalten bliebe. Die Kinder hätten geäußert, dass sie gerne alles so beibehalten wollten, wie es jetzt sei, der Kindeswille sei auf möglichst wenig Veränderung gerichtet. Im Ergebnis habe das Oberlandesgericht seine Entscheidung allein auf eine behauptete Einschränkung der Förderungskompetenz gestützt, die auf einer reinen Behauptung des Kindergartens beruhe, die weder auf ihre Richtigkeit noch auf ihre Ursachen überprüft worden sei. Es habe bei der Beurteilung der Bindungstoleranz des Kindsvaters sowie bei der Einordnung des Kindeswillens seine kinderpsychologische Sachkunde nicht dargetan und die Grundlagen der Bewertung des Verfahrensbeistands nicht näher ermittelt. Dessen Einschätzung einer emotionalen Nähe der Tochter zur Mutter sei ohne Angabe der Bewertungsgrundlage erfolgt. Diese leichte Tendenz könne außerdem das starke Übergewicht des Kontinuitätsgrundsatzes in keinem Fall überbieten. Unabhängig davon habe der Verfahrensbeistand nämlich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er keinerlei Probleme sehe, ob sich nun die Kinder beim Vater oder der Mutter befänden. Im Übrigen sei durch die Aussage der Richterin, dass der Kindsvater seinen Vortrag nicht vorbringen dürfe, sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Durch Angebote wie Geldleistungen bei der Anhörung habe der Verlust des Aufenthaltsbestimmungsrechts für den Kindsvater gemildert werden sollen. Seine vorab erfolgten schriftlichen Einwendungen seien in Gänze übergangen und eine „Würdigung des Beschwerdeführers“ vom Oberlandesgericht nicht gestattet worden. Die Aufrechterhaltung des Wechselmodells, mit dem die Bedeutung der Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen zu gleichen Teilen unterstrichen werde, sei angezeigt und entspreche dem Wohl der Kinder. Der neue Lebenspartner könne zum Wohl aller nach Deutschland ziehen. Der Kindsmutter sei nahegelegt worden, ihren Wunsch zurückzustellen. Entscheidend sei die Sicherung des Kindeswohls. Glaube der zurückbleibende Elternteil, dass seine Beziehung zu den Kindern durch den Wohnortwechsel Schaden nehme, weil Besuche nur noch selten möglich seien, dann könne er seine Zustimmung zum Umzug verweigern.
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Das weitere Schreiben des Beschwerdeführers vom 12. Februar 2023 enthält erneut allgemeine Ausführungen zu verschiedenen Grundrechtsverbürgungen des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung sowie weitgehend abstrakte Überlegungen zu Fragen etwa der Privatautonomie oder zur Drittwirkung der Grundrechte; zudem werden die bisherigen Beanstandungen teilweise wiederholt und vertieft. Im Hinblick auf die konkret angegriffene Entscheidung bringt der Beschwerdeführer zum Ausdruck, dass aus seiner Sicht Amtsgericht und Oberlandesgericht gehalten gewesen wären, „den Parteien einen Umzug zugunsten der Kinder nach Deutschland zu organisieren“, etwa mit einem Pendelmodell der Mutter in die Schweiz, damit für alle das Problem gelöst wäre.
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2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hält in seiner Stellungnahme vom 27. Januar 2023 die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, jedenfalls für unbegründet.
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Auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen des Beschwerdeführers im Schreiben vom 25. August 2022 entspreche die Verfassungsbeschwerde nicht den Substanziierungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG. Soweit ein Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör gerügt werde, sei die Verfassungsbeschwerde zudem mangels Rechtswegerschöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) unzulässig, da der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe. In der Sache lägen keine Verstöße gegen Art. 91 Abs. 1 BV (rechtliches Gehör), Art. 118 Abs. 1 BV (Willkürverbot), Art. 126 Abs. 1 Satz 1 BV (Erziehungsrecht der Eltern) und Art. 86 Abs. 1 Abs. 2 BV (Recht auf den gesetzlichen Richter) vor. Insbesondere sei ein Verstoß gegen das Willkürverbot zu verneinen. Das Oberlandesgericht habe seine Entscheidung unter Auseinandersetzung mit einschlägiger Rechtsprechung sachlich begründet. Anhaltspunkte für eine offensichtlich sachwidrige Entscheidung seien nicht ersichtlich und würden vom Beschwerdeführer auch nicht vorgetragen.
III.
23
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
24
1. Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Prüfung vielmehr auf die Frage, ob die Gerichte gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben, die ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen. Ist die angefochtene Entscheidung – wie hier – unter Anwendung von Bundesrecht ergangen, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat. In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, bei entsprechender Rüge auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie z. B. das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) oder der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV), mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.6.2013 VerfGHE 66, 94/96 ff.; vom 24.8.2022 – Vf. 9-VI-21 – juris Rn. 49 m. w. N.; vom 29.11.2022 – Vf. 5-VI-22 – juris Rn. 38).
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2. Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab können die Rügen einer Verletzung von Vorschriften der Bayerischen Verfassung zum Erziehungsrecht der Eltern (Art. 126 Abs. 1 Satz 1 BV) und zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 101 BV), auf die der Beschwerdeführer hauptsächlich abstellt, für sich genommen von vornherein nicht durchgreifen. Diese materiellen Grundrechte stellen keinen geeigneten Prüfungsmaßstab dar, weil die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in einem bundesrechtlich geregelten (Sorgerechts-)Verfahren ergangen ist und ausschließlich auf der Auslegung und Anwendung von Bundesrecht beruht – im Wesentlichen § 1671 BGB. In einem solchen Fall beschränkt sich die Prüfung durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat. Ohne erfolgreiche Rüge einer Verletzung des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV) – woran es hier fehlt (vgl. sogleich unter 3.) – kann eine Verletzung weiterer materieller Grundrechte der Bayerischen Verfassung nicht geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.3.2004 VerfGHE 57, 16/20; vom 25.8.2015 BayVBl 2016, 15 Rn. 16; vom 21.12.2020 – Vf. 20-VI-18 – juris Rn. 23; vom 29.11.2022 – Vf. 5-VI-22 – juris Rn. 41).
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3. Auf eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV) durch den angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts kann sich der Beschwerdeführer zwar grundsätzlich berufen. Diese Rüge ist jedoch nicht in einer den Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG genügenden Weise begründet worden und damit unzulässig.
27
a) Willkürlich ist eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Eine fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet allein noch keinen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen, sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.8.2006 VerfGHE 59, 200/203 f.; vom 30.10.2019 – Vf. 52-VI-18 – juris Rn. 26; vom 17.5.2022 – Vf. 63-VI-19 – juris Rn. 38; vom 24.8.2022 – Vf. 9-VI-21 – juris Rn. 53).
28
b) Nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG sind in der Verfassungsbeschwerde die Handlung oder Unterlassung der Behörde, gegen die sich der Beschwerdeführer wendet, und das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer geltend macht, zu bezeichnen. Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar dargelegt werden, sodass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint.
Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein (VerfGH vom 2.2.1966 VerfGHE 19, 14/15; vom 22.7.2019 – Vf. 64-VI-16 – juris Rn. 14; vom 20.9.2022 – Vf. 1-VI-22 – juris Rn. 29; vom 4.1.2023 – Vf. 27-VI-22 – juris Rn. 19 m. w. N.). Um der Verfassungsbeschwerde den erforderlichen Inhalt zu geben, darf der Beschwerdeführer auf Schriftstücke Bezug nehmen, die er ihr beifügt, wobei er seinen erforderlichen Sachvortrag nicht durch eine pauschale Bezugnahme auf beigefügte Schriftstücke ersetzen kann (vgl. VerfGH vom 27.2.2017 BayVBl 2018, 34 Rn. 20). Die in der Verfassungsbeschwerdeschrift zu erbringende Begründungsleistung kann weder durch die Vorlage von Anlagen noch durch deren Hineinkopieren in den Text der Verfassungsbeschwerde ersetzt werden (VerfGH BayVBl 2018, 34 Rn. 20; vom 21.7.2020 – Vf. 56-VI-17 – juris Rn. 63; vom 9.2.2022 – Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 34; BVerfG vom 20.3.2012 – 2 BvR 1382/09 – juris Rn. 5; vom 20.2.2019 – 2 BvR 280/19 – juris Rn. 7; VerfGH Nordrhein-Westfalen vom 16.7.2020 – 41/20.VB-1 – juris Rn. 3). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, aufgrund eines undifferenzierten Verweises auf die Anlagen den verfassungsrechtlich relevanten Sachverhalt und die daraus hergeleitete Verletzungsrüge selbst zu ermitteln (vgl. VerfGH vom 7.2.2017 – Vf. 84-VI-15 – juris Rn. 19 m. w. N.).
29
Darüber hinaus setzt eine aus sich heraus verständliche und nachvollziehbare Darlegung eines Grundrechtsverstoßes voraus, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt (VerfGH vom 24.10.2017 – Vf. 9-VI-17 – juris Rn. 40; vom 20.3.2018 BayVBl 2019, 207 Rn. 14 m. w. N.). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 9.2.2022 – Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 35; vom 20.9.2022 – Vf. 1-VI-22 – juris Rn. 30; vom 28.2.2023 – Vf. 53-VI-22 – BeckRS 2023, 3332 Rn. 42, jeweils m. w. N.; BVerfG vom 10.11.2015 NJW 2016, 1505 Rn. 9; vom 28.3.2019 – 2 BvR 2432/18 – juris).
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Den dargestellten Substanziierungspflichten muss der Beschwerdeführer innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG genügen. Nach Ablauf dieser Frist kann er die Beschwerdebegründung zwar noch in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ergänzen; er kann aber fehlende notwendige Bestandteile der Verfassungsbeschwerde nicht mehr nachschieben (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 15.11.2018 – Vf. 10-VI-17 – juris Rn. 15; vom 12.4.2021 – Vf. 14-VI-18 – juris Rn. 15; vom 20.9.2022 – Vf. 1-VI-22 – juris Rn. 31 m. w. N.).
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c) Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht.
32
aa) Maßgeblich für die Beurteilung sind die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers vom 31. Juli 2022 und sein Schreiben vom 25. August 2022, nicht sein weit nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangenes weiteres Schreiben vom 12. Februar 2023.
33
bb) An der erforderlichen nachvollziehbaren Darlegung des behaupteten Verstoßes gegen das Willkürverbot fehlt es schon deshalb, weil die Ausführungen des Beschwerdeführers in den maßgeblichen Begründungsschreiben insgesamt keine in sich geschlossene und aus sich heraus verständliche Darstellung – wie sie auch von einem juristischen Laien erbracht werden könnte – enthalten. Der Vortrag ist völlig unstrukturiert. Rechtliche und rechtspolitische Betrachtungen, Hinweise auf und Auszüge aus Entscheidungen anderer Gerichte wechseln sich weitgehend abgrenzungslos mit Darstellungen aus der Vorgeschichte und Prozessgeschichte des hier betroffenen Ausgangsverfahrens und mit Auszügen aus der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts (und der vorangegangenen des Amtsgerichts) sowie mit Einzelbeanstandungen ab. Es ist in weiten Teilen schwierig und nur mithilfe der (zahlreichen) Anlagen, insbesondere der Gründe der im Ausgangsverfahren ergangenen familiengerichtlichen Entscheidungen, möglich, einzelne Passagen der Begründung überhaupt den jeweiligen Bereichen zuzuordnen.
Die für eine zulässige Verfassungsbeschwerde erforderliche Begründungsleistung hat der Beschwerdeführer daher nicht erbracht.
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cc) Im Übrigen vermögen die Beanstandungen des Beschwerdeführers an der materiell-rechtlichen Würdigung im maßgeblichen Beschluss des Oberlandesgerichts vom 21. Juli 2022 weder eine fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts noch gar Willkür aufzuzeigen. Dies gilt selbst dann, wenn man sich diese unter Zuhilfenahme der Anlagen wie eben dargestellt erschließt.
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(1) Die Beanstandungen gehen bereits im Ansatz fehl, da der Beschwerdeführer den tatsächlichen Ausgangspunkt der Prüfung des Oberlandesgerichts bei der nach § 1671 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB zu treffenden Abwägungsentscheidung grundlegend verkennt. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 28. April 2010 BGHZ 185, 272 die zuvor in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, welches Gewicht bei Auswanderung in ein anderes (fernes) Land den einzelnen Aspekten des Kindeswohls beizumessen ist und welche Bedeutung den Elternrechten beider Eltern sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils für die Entscheidung zukommt, höchstrichterlich geklärt. In Fällen beabsichtigter Auswanderung seien für die Entscheidung über die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil neben dem Kindeswohl die beiderseitigen Elternrechte einzubeziehen. Die allgemeine Handlungsfreiheit des auswanderungswilligen Elternteils schließe es aus, dass auch die Möglichkeit des Verbleibs des betreuenden Elternteils im Inland als tatsächliche Alternative in Betracht komme, selbst wenn diese dem Kindeswohl am besten entspräche. Die Gründe des Elternteils für seinen Auswanderungswunsch seien nur insoweit bedeutsam, als sie sich nachteilig auf das Kindeswohl auswirkten. Auch wenn durch die Auswanderung der Umgang zwischen Kind und anderem Elternteil wesentlich erschwert werde, ergebe sich daraus allein weder eine generelle noch eine vermutete Kindeswohlschädlichkeit. Das Bedürfnis des Kindes nach einem intensiven Umgang mit beiden Elternteilen sei vielmehr als Element des Kindeswohls im Rahmen der Entscheidung nach § 1671 BGB in die vom Familiengericht zu treffende umfassende Abwägung einzubeziehen. Welches Gewicht diesen Umständen für die Entscheidung letztlich zukomme, sei eine Frage des Einzelfalls. Zu fragen sei, ob die Auswanderung mit dem Elternteil oder der Verbleib des Kindes beim weiter im Inland ansässigen Elternteil die für das Kindeswohl bessere Lösung sei (vgl. BGH a. a. O. Leitsatz und Rn. 18 bis 28). Will also der bisherige (Mit-)Betreuungselternteil mit dem Kind ins Ausland auswandern und beantragt zu diesem Zweck das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht, so ist Entscheidungsthema des Familiengerichts nicht, ob dem Elternteil die Auswanderung zu gestatten ist. Die Auswanderung ist – als freie Entscheidung des Elternteils – als vorgegebenes Faktum zu unterstellen; zur Entscheidung steht nur die Frage, wer das Kind künftig betreuen soll – Auswanderung mit Kind oder Betreuungs-(Sorgerechts-)Wechsel zum anderen Elternteil (Coester in Staudinger, BGB, 2020, § 1671 Rn. 210 a; vgl. z. B. auch Hennemann in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 1671 Rn. 112; Rakete-Dombek/Berning in Kaiser/Schnitzler/Schilling/Sanders, BGB Familienrecht, 4. Aufl. 2021, § 1671 Rn. 25).
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Das Oberlandesgericht ist in seiner Entscheidung dieser Rechtsprechung gefolgt. So hat es die vom Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung vom 28. April 2010 (unter Rn. 16) dargelegten Gründe, weshalb es gegebenenfalls einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den auswanderungswilligen Elternteil bedarf, damit ein Umzug mit den Kindern rechtmäßig ist, auf Seiten 7/8 des angegriffenen Beschlusses offensichtlich übernommen, auch wenn auf die einschlägige Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur verkürzt mit „(BGH a. a. O.)“ verwiesen wird. Das Oberlandesgericht hat weiter hervorgehoben, dass die Kontinuität im Hinblick auf die Einheitlichkeit und Gleichmäßigkeit der Erziehungsverhältnisse nur eingeschränkt ein Bewertungsmaßstab sei, da jedenfalls das aktuelle Betreuungsmodell unter Einbeziehung der Mutter so nicht mehr stattfinden könne, wenn der Umzug vollzogen werde (S. 9 des Beschlusses). Schließlich hat es ausgeführt, dass dem Kindeswillen vorliegend keine ausschlaggebende Wirkung zukommen könne. Beide Kinder hätten den Wunsch geäußert, dass möglichst alles so bleibe, wie es gerade sei; sie sprächen sich gerade nicht eindeutig für einen Verbleib beim Vater aus, sondern wollten, dass sich an der Situation nichts ändere. Nachdem dieser Zustand nicht aufrechterhalten werden könne und zwingenderweise eine Veränderung des sozialen Umfelds anstehe, könne der kindliche Wille hier nicht ausschlaggebend sein (S. 10 des Beschlusses).
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Diese Ausgangslage für die Abwägungsentscheidung berücksichtigt der Beschwerdeführer bei seinen Beanstandungen offensichtlich nicht. Denn er stellt maßgeblich gerade darauf ab, dass die Aufrechterhaltung des Wechselmodells angezeigt sei und dem Wohl der Kinder entspreche – was das Oberlandesgericht nicht als Alternative in Betracht gezogen hat und nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch nicht in Betracht ziehen durfte. Diesen unzutreffenden Ansatz vertieft der Beschwerdeführer, indem er ausführt, dass der neue Lebenspartner zum Wohl aller nach Deutschland ziehen könne und der Kindsmutter nahegelegt worden sei, ihren Wunsch zurückzustellen, bzw., dass aus seiner Sicht Amtsgericht und Oberlandesgericht gehalten gewesen wären, „den Parteien einen Umzug zugunsten der Kinder nach Deutschland zu organisieren“.
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(2) Eine fehlerhafte oder sogar willkürliche Abwägung des Oberlandesgerichts zeigt der Beschwerdeführer auch im Übrigen nicht auf. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung sowohl hinsichtlich der einzelnen bei der Abwägung zu berücksichtigenden Kriterien als auch hinsichtlich der abschließenden Gesamtbewertung ausführlich, sorgfältig und ohne Weiteres nachvollziehbar begründet. Die Einzelkriterien sprachen teils für eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter und damit einen Umzug auch der Kinder, teils dagegen, in einigen Bereichen gab es kein Übergewicht einer Seite, sodass das Oberlandesgericht am Ende eine schwierige Entscheidung im Rahmen einer Gesamtabwägung zu treffen hatte. Dass es hierbei zum Ergebnis kam, dass zwei zugunsten des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Mutter sprechende Gesichtspunkte den zugunsten eines Verbleibs beim Vater sprechenden Aspekt der teilweisen Kontinuität überwogen, ist nicht zwingend, aber ohne Weiteres nachvollziehbar und lässt keine Rechtsfehler erkennen. Für die vom Beschwerdeführer subjektiv wahrgenommene Einseitigkeit und Parteienlastigkeit zugunsten der Mutter bieten die Entscheidungsgründe keinen objektiven Anhalt.
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(3) Soweit der Beschwerdeführer angebliche Defizite der Sachverhaltsermittlung in den Raum stellt, bleibt der Vortrag pauschal und ohne nachvollziehbaren verfassungsrechtlichen Bezug. Teils fehlt es den Behauptungen schon nach den Entscheidungsgründen an einer tatsächlichen Grundlage.
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4. Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) geltend macht, wird ein solcher zwar behauptet, aber nicht näher begründet. Auch insoweit genügt das Beschwerdevorbringen nicht ansatzweise dem Substanziierungserfordernis des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG.
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5. Eine zulässige Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) liegt, abgesehen von der auch insoweit fehlenden ausreichenden Substanziierung, auch deshalb nicht vor, weil der Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren keine Anhörungsrüge eingelegt hat.
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Zum notwendigen Inhalt des Vortrags in einer Verfassungsbeschwerde gehört auch der Nachweis der Erschöpfung des Rechtswegs gemäß Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG. Die Verfassungsbeschwerde ist ein letzter außerordentlicher Rechtsbehelf, der nur dann zulässig ist, wenn alle prozessualen und faktischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, um dem als verfassungswidrig beanstandeten Verhalten der Gerichte entgegenzutreten. Die Verfassungsbeschwerde muss erforderlich sein, um die Grundrechtsverletzung auszuräumen. Zum Rechtsweg im Sinn des Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG gehört auch der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge nach § 321 a ZPO bzw. – hier – § 44 FamFG (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 19.12.2005 VerfGHE 58, 289/291; vom 4.10.2017 – Vf. 9-VI-17 – juris Rn. 26; vom 4.2.2019 – Vf. 39-VI-18 – juris Rn. 17; vom 4.1.2023 – Vf. 27-VI-22 – juris Rn. 20).
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Der Beschwerdeführer rügt sowohl ausdrücklich als auch der Sache nach eine Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör. So macht er beispielsweise geltend, dass seine vorab erfolgten schriftlichen Einwendungen vom Oberlandesgericht in Gänze übergangen worden seien und eine „Würdigung des Beschwerdeführers“ nicht gestattet worden sei. Da er dem nun als verfassungswidrig beanstandeten Verhalten des Oberlandesgerichts nicht bereits im fachgerichtlichen Verfahren mit der dort statthaften Anhörungsrüge entgegengetreten ist, fehlt es an der erforderlichen Rechtswegerschöpfung.
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Da die Verfassungsbeschwerde bezüglich der sonstigen Rügen des Beschwerdeführers bereits aus anderen Gründen unzulässig ist, kommt es nicht mehr darauf an, dass das Unterlassen der Einlegung des statthaften Rechtsbehelfs der Anhörungsrüge grundsätzlich zur Folge hat, dass die Verfassungsbeschwerde nicht nur in Bezug auf die behauptete Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör, sondern insgesamt unzulässig ist (vgl. grundlegend zu § 321 a ZPO VerfGH vom 4.2.2019 – Vf. 39-VI-18 – juris Rn. 26).
IV.
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Durch die Entscheidung in der Hauptsache hat sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.
V.
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Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).