Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 15.11.2023 – Vf. 28-VI-23
Titel:

Mangels substanziierter Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässiger Eilantrag im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen in einem Umgangsverfahren

Normenketten:
BVerfGG § 32
VfGHG Art. 27 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
Mangels substanziierter Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässiger Eilantrag im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen in einem Umgangsverfahren. (Rn. 29 – 31)
1. Einstweilige Anordnungen können nur dazu dienen, eine vorläufige Regelung zu treffen; die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung darf die Hauptsacheentscheidung grundsätzlich nicht vorwegnehmen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zudem regelmäßig unzulässig, wenn der Verfassungsgerichtshof eine entsprechende Rechtsfolge im Hauptsacheverfahren nicht bewirken könnte. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine detaillierte Umgangsregelung unter Beteiligung und Anweisung Dritter kann mit einem (Haupt-)Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom Verfassungsgerichtshof nicht begehrt werden. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Auferlegung einer Gebühr gem. Art. 27 Abs. 1 S. 2 VfGHG ist nicht auf das Hauptsacheverfahren beschränkt. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
einstweilige Anordnung, Verfassungsbeschwerde, Eilantrag, Umgangsregelung, Substantiierung, Vorwegnahme der Hauptsache
Vorinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 28.06.2023 – 12 UF 261/23 e
AG Ingolstadt, Endbeschluss vom 09.03.2023 – 006 F 327/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35576

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführerin wird eine Gebühr von 1.500 € auferlegt.

Entscheidungsgründe

I.
1
1. Die mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin richtet sich gegen den Endbeschluss des Amtsgerichts I.vom 9. März 2023 Az. 006 F 327/22, mit dem ihr Umgang mit ihrem Sohn K. bis zum 8. März 2024 ausgesetzt wurde, und den auf ihre Beschwerde hin ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 28. Juni 2023 Az. 12 UF 261/23 e, mit dem der erstinstanzliche Beschluss dahin abgeändert wurde, dass der „Umgang […] derzeit abzuweisen“ ist. Zugleich wurden Anträge der Beschwerdeführerin, soweit sie sich auf Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung bezogen, verworfen.
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a) Die Beschwerdeführerin ist die Mutter des im Jahr 2017 geborenen Kindes K. Sie und der Vater des Jungen waren nicht verheiratet und leben dauerhaft getrennt.
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Am 19. März 2021 zeigte das Jugendamt erneut eine Gefährdung des K. an, der bis dahin seinen Aufenthalt bei der Beschwerdeführerin hatte. Der Vater, der zu diesem Zeitpunkt zusammen mit der Beschwerdeführerin die gemeinsame elterliche Sorge für K. innehatte, holte ihn auf Anregung des Jugendamts am selben Tag aus dem Kindergarten in M. ab und nahm ihn mit nach I., wo K. seitdem bei seinem Vater und dessen Familie lebt.
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Zwischen dem Vater und der Beschwerdeführerin wurden bzw. werden seither mehrere familiengerichtliche Verfahren bezüglich der elterlichen Sorge und des Umgangs geführt. Weiter ist vor dem Verwaltungsgericht München u. a. unter dem Az. M 18 K 23.3031 eine Klage nebst Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz anhängig, mit der die Beschwerdeführerin diverse Datenschutzverstöße des zuständigen Jugendamts der Stadt I.festgestellt und dieses – unter anderem – „zur Erarbeitung und Publizierung einer gemeinsamen Datenschutzerklärung“ verurteilt haben will.
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b) Der Ablauf des Umgangsverfahrens, soweit hier von Belang und nach den vorgelegten Unterlagen rekonstruierbar, stellt sich wie folgt dar:
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aa) Nachdem die Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren wegen elterlicher Sorge deutlich gemacht hatte, Umgang mit K. pflegen und wahrnehmen zu wollen, wurde vom Amtsgericht I.von Amts wegen ein Umgangsverfahren eingeleitet. Nach Anhörung des Vaters, des Jugendamts und der Verfahrensbeiständin des K., der Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dr. S. sowie nach Anhörung des K. durch die zuständige Familienrichterin – die im Rahmen anderer anhängiger familiengerichtlicher Verfahren erfolgte – setzte das Amtsgericht I.mit dem angegriffenen Endbeschluss vom 9. März 2023 den Umgang der Beschwerdeführerin bis zum 8. März 2024 aus.
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bb) Gegen diesen Beschluss legte die Beschwerdeführerin am 14. März 2023 Beschwerde ein. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurde K. am 28. Juni 2023 durch den erkennenden Familiensenat im Beisein der Verfahrensbeiständin angehört. Im Anschluss führte der Familiensenat eine ausführliche gemeinsame mündliche Verhandlung in diesem Verfahren sowie in zwei weiteren Verfahren zwischen den Beteiligten, u. a. dem Sorgerechtsverfahren Az. 12 UF 433/23 e, durch, in dem insbesondere der Sachverständige Dr. S. mündlich angehört wurde.
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cc) Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 28. Juni 2023 änderte das Oberlandesgericht München den Endbeschluss des Amtsgerichts I.vom 9. März 2023 dahin ab, dass der Umgang der Beschwerdeführerin mit K. derzeit abzuweisen sei. Im Übrigen verwarf das Oberlandesgericht die Anträge der Beschwerdeführerin, soweit sie sich auf Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung bezogen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass formale Fehler, die nach Auffassung der Beschwerdeführerin zur Aufhebung des Endbeschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht I.führen sollten, nicht vorlägen. Soweit die Beschwerdeführerin beanstandet habe, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit vorliege, da die Vertreterin des Jugendamts und der bestellte Sachverständige im erstinstanzlichen Anhörungstermin anwesend gewesen seien, sei dieser Grundsatz jedenfalls im Beschwerdeverfahren beachtet worden. Soweit die Beschwerdeführerin den Einwand erhebe, dass über ihre Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Befangenheitsgesuchs gegen die Familienrichterin vom 11. April 2023 bisher nicht entschieden sei, sei hierüber in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden. Zudem habe diese Frage keine Auswirkungen auf das anhängige Beschwerdeverfahren. Soweit die Beschwerdeführerin bemängle, dass zu einzelnen Tatsachen keine förmliche Beweisaufnahme erfolgt sei, so seien diese Tatsachen zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr entscheidungsrelevant, da sie den Umgang des Vaters mit K. vor März 2021 beträfen. Zudem stelle die erfolgte Einholung eines Sachverständigengutachtens eine förmliche Beweisaufnahme dar. Der Sachverständige habe sich bei Erstellung des Gutachtens auf keinen der Umstände gestützt, über die nach Auffassung der Beschwerdeführerin förmlich Beweis hätte erhoben werden müssen. Eine Aussetzung des erstinstanzlichen Verfahrens wegen der von der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgericht erhobenen Klagen gegen das Jugendamt und Fachstellen wegen Datenschutzverstößen sei nicht erforderlich gewesen, weil diese Fragen nicht vorgreiflich für das familiengerichtliche Verfahren seien.
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Schließlich sei der Beschwerdeführerin mehrfach Akteneinsicht gewährt worden, sodass der Grundsatz rechtlichen Gehörs nicht verletzt worden sei, auch wenn ihr möglicherweise einzelne Schriftstücke nicht übersandt worden seien. Mittlerweile habe die Beschwerdeführerin sämtliche Schriftstücke einsehen können.
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In der Sache könne der erstinstanzlich angeordnete völlige Umgangsausschluss keinen Bestand haben. Ein Umgang gemäß § 1684 BGB sei aber gegenwärtig nicht regelbar und daher derzeit abzuweisen. Die Beschwerdeführerin sei der Auffassung, dass sie einen Anspruch auf unbegleiteten Umgang habe. Tatsächlich sei derzeit nur ein begleiteter Umgang möglich. Das Familiengericht könne gemäß § 1684 Abs. 4 BGB das Umgangsrecht einschränken, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich sei, und dabei – unter strengen Maßgaben gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor allem bei längerfristigen Maßnahmen – insbesondere anordnen, dass der Umgang nur stattfinden dürfe, wenn ein mitwirkungsbereiter Dritter anwesend sei. Im Verfahren wegen Regelung des Umgangsrechts sei somit die Feststellung zu treffen, ob der Schutz des Kindes eine Umgangsbegleitung erfordere, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. Es bestehe ein Spannungsverhältnis zwischen der grundrechtlichen Position des Kindes, das vom Staat verlangen könne, gegen wahrscheinlich eintretende Gefährdungen seines Wohls Vorkehrungen zu treffen, und der grundrechtlichen Position der Mutter, die ein Recht auf Umgang habe. Zur Einschätzung einer Gefährdung des Kindes stehe die vorläufige Einschätzung des Sachverständigen Dr. S. zur Verfügung, aber auch die unbestrittene Tatsache, dass K. im Alter von vier Jahren nach I.zum Vater gewechselt sei und seither seine Mutter nicht mehr gesehen oder gesprochen habe. Der Sachverständige Dr. S. komme, ohne Verwertung persönlicher Daten der Beschwerdeführerin, in seiner vorläufigen Einschätzung zum Ergebnis, dass aus familienpsychologischer Perspektive vor dem Hintergrund der inzwischen erheblichen Zeit der Trennung von Mutter und Sohn, dem damit verbundenen Verlust an Vertrautheit und Bindung sowie des fortbestehenden Elternkonflikts ein Umgang des K. mit der Beschwerdeführerin zunächst einer fachlich begleiteten, getrennten Vorbereitung von Mutter und Sohn bedürfe, um nach der langen Zeit ohne Kontakt insbesondere eine absehbare erhebliche Irritation des Kindes zu vermeiden. Diese Einschätzung sei nachvollziehbar und entspreche der Vorgehensweise in zahlreichen Umgangsverfahren, in denen es einen längeren Kontaktabbruch zum umgangsberechtigten Elternteil gegeben habe.
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Die Beschwerdeführerin habe eine Begleitung durch das Jugendamt bisher abgelehnt und die Unterzeichnung einer Datenschutzerklärung verlangt; sie habe nun vor dem Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung beantragt, um eine Mitwirkung des Jugendamts am begleiteten Umgang durchzusetzen. Grundsätzlich müsse zwar nicht das Jugendamt einen Umgang begleiten, sofern eine andere zur Mitwirkung bereite, aber auch hierfür geeignete Person zur Verfügung stehe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Umgang fachlich vorbereitet werden müsse. Hierzu bedürfe es fachlicher Kompetenzen, die bei den von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Personen (Elternbeirat oder Kindergartenfreunde) nicht gewährleistet seien. Aktuell sei die Beschwerdeführerin zudem nicht bereit, einer Begleitperson eine Schweigepflichtsentbindung zu erteilen, sodass bei dieser keine Erkundigungen zum Verlauf des Umgangs eingeholt werden könnten. Dies habe zur Folge, dass sich auch nicht feststellen ließe, ob die Begleitung noch weiter erforderlich sei oder nicht und inwieweit das Verhalten der Beschwerdeführerin den Bedürfnissen des K. während des Umgangs gerecht werde. Ein Umgang sei daher von Amts wegen derzeit nicht zu regeln, während ein Umgangsausschluss für einen festgelegten Zeitraum nicht veranlasst sei. Wenn sich die Beschwerdeführerin zu einer Zusammenarbeit mit dem Jugendamt entschließe, das Jugendamt hierzu vom Verwaltungsgericht verpflichtet würde oder sich eine andere geeignete mitwirkungsbereite Person finde, könnte ein begleiteter Umgang auch vor Ablauf der erstinstanzlich gesetzten Jahresfrist organisiert werden.
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Eine Aussetzung des Umgangsverfahrens nach § 21 FamFG im Hinblick auf das eingeleitete verwaltungsgerichtliche Verfahren, wie von der Beschwerdeführerin beantragt, sei in der Beschwerdeinstanz nicht angezeigt, da dies dem Beschleunigungsgrundsatz in Kindschaftssachen widerspreche. Die Beschwerdeführerin sei nicht daran gehindert, jederzeit aufgrund eigener Initiative mit dem Jugendamt einen begleiteten Umgang zu regeln. Eine Anordnungskompetenz gegenüber dem Jugendamt zur Begleitung des Umgangs habe der Senat nicht.
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Etwaige Datenschutzverstöße des Jugendamts oder des Sachverständigen müsse die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgericht klären. Der Senat sei hierfür nicht zuständig, zumal persönliche Daten der Beschwerdeführerin im Verfahren nicht verwendet würden.
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dd) Mit Schreiben vom 6. Juli 2023 stellte die Beschwerdeführerin ein Befangenheitsgesuch; zugleich legte sie unter der Überschrift „Vortrag Rüge Gehörsverletzungen Teil I“ Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 28. Juni 2023 ein. Das Oberlandesgericht München verwarf mit Beschluss vom 11. Juli 2023 den Ablehnungsantrag als unzulässig und wies die Gehörsrüge zurück. Mit Beschluss vom 20. Juli 2023 entschied das Oberlandesgericht, dass es auch unter Berücksichtigung der im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 12. Juli 2023 nachgeschobenen Gründe bei der Entscheidung über die Gehörsrüge vom 11. Juli 2023 verbleibe, und verwarf zudem eine Gegenvorstellung der Beschwerdeführerin als unzulässig.
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c) Zwischenzeitlich übertrug das Amtsgericht I.mit Beschluss vom 30. März 2023 die alleinige elterliche Sorge auf den Vater des K. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 28. Juni 2023 Az. 12 UF 433/23 e zurückgewiesen. Insoweit wird unter dem Aktenzeichen Vf. 33-VI-23 ein weiteres Verfassungsbeschwerdeverfahren von der Beschwerdeführerin geführt.
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2. Mit ihrer am 30. Juni 2023 eingegangenen und mit weiteren Schreiben, insbesondere vom 14. und 24. Juli 2023, ergänzend begründeten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 BV), ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV), des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 118 Abs. 1 BV), des verfassungsrechtlichen Schutzes von Familie und Kindern (Art. 124, 125 BV), des Erziehungsrechts der Eltern (Art. 126 Abs. 1 BV) sowie Verstöße gegen Art. 84 BV (insoweit i. V. m. Art. 6 und Art. 8 Abs. 2 EMRK sowie Art. 7, 8, 24 und 27 EU-Grundrechte-Charta), Art. 98 BV, Art. 19 GG und Art. 20 Abs. 3 und 4 GG.
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a) Die Beschwerdeführerin macht zusammengefasst geltend, die Entscheidungen enthielten keine Ausführungen dazu, welche konkrete Umgangsregelung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls dem Wohl des Kindes entspreche. Es fehle an einer nachvollziehbaren Begründung und Grundlage, die nicht lediglich auf Vermutungen, auch des Sachverständigen, und unwahren, unbewiesenen oder ausdrücklich bestrittenen Behauptungen des Vaters beruhe. Dass das Wohl des Kindes durch einen Umgang gefährdet sei, sei mitnichten nachgewiesen. Dessen Angaben in der Anhörung vom 28. Juni 2023 zeigten deutlich, dass noch eine tiefere sichere Bindung „und positive Verknüpfung vom Kind zur Mutter“ bestehe.
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Die Überwachung und Zwangsbegutachung von Umgängen durch Träger mit Berichterstattungspflicht sowie die Erteilung von Auflagen stellten einen Grundrechtseingriff in die Intimsphäre und den Kernbereich privater Lebensgestaltung dar.
Eine Gesetzesgrundlage für den Zwang zur Abgabe einer Schweigepflichtsentbindung sei nicht auffindbar und vom Oberlandesgericht auch nicht benannt worden. Es liege zudem ein Fall der Ungleichbehandlung gegenüber anderen Eltern vor, die per Beschluss einen begleiteten Umgang auferlegt bekommen hätten. § 1684 BGB setze keine fachliche Eignung eines den Umgang begleitenden Dritten voraus. Die von der Beschwerdeführerin benannten Dritten seien willkürlich abgelehnt worden. Die Beschwerdeführerin sei des Weiteren in ihren Grundrechten aus Art. 126 BV und Art. 91 BV verletzt, weil das Jugendamt kein rechtliches Gehör zum Thema Umgangsbegleiter gewährt und keine vertrauenswürdigen Träger, die eine Umgangsanbahnung begleiten könnten, benannt habe.
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Die Beschwerdeführerin sei zudem durch die Verarbeitung unrechtmäßig erhobener Daten und Wiedergabe ausdrücklich bestrittener Behauptungen in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, ihrer Menschenwürde, ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sowie ihrem Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt. Den Verfahrensbeiständen oder Jugendämtern sei zu keinem Zeitpunkt mündlich oder schriftlich eine Einwilligung zur Datenverarbeitung erteilt worden. Es bestehe ein absolutes Verwertungsverbot. In diesem Zusammenhang beantragt die Beschwerdeführerin die Vorlage mehrerer Fragen an den Europäischen Gerichtshof. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei auch dadurch verletzt, dass Schriftsätze der Beschwerdeführerin nicht an den Sachverständigen übermittelt worden seien. In diesem Fall hätte der Sachverständige aufgrund erheblicher Anhaltspunkte für eine Erziehungsunfähigkeit des Vaters die Hinzuziehung eines psychiatrischen Sachverständigen beantragen können. Sämtliche kritische Aussagen des Sachverständigen bezogen auf den Vater seien nicht zu Protokoll genommen worden. Eine Audiodatei mit Angaben des Kindes sei entgegen dem Antrag der Beschwerdeführerin nicht bis zum Schluss angehört worden. Es sei nicht über die Ablehnungsgesuche vom 11. und 20. Mai 2023 entschieden worden, sodass die Entscheidung des Oberlandesgerichts unter Mitwirkung der abgelehnten Richterin A. ergangen sei, was den Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletze.
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b) In der Verfassungsbeschwerde vom 30. Juni 2023 beantragt die Beschwerdeführerin, ihr „aufgrund schwerwiegender Nachteile […] durch nunmehr 2 Jahre andauernden Umgangsboykott des Vaters durch Kontaktverhinderung zwischen beschwerdeführender Mutter und Kind und hierdurch ertrotzter Kontinuität und versuchter Bindungszerstörung“ im Weg des einstweiligen Rechtsschutzes unverzüglich ein Umgangsrecht zum Kind zu gewähren. Im Schreiben vom 14. Juli 2023 beantragt sie ergänzend und konkretisierend, „das Jugendamt einstweilig zu verpflichten vertrauliche Träger zu benennen […], die einen ersten und zweiten Umgang begleiten und die Regelungen der Schweigepflicht des SGB VIII §§ 62-65 schriftlich zusagen“. Weiter beantragt die Beschwerdeführerin dort, „einstweilig einen Umgang festzulegen, der lediglich für maximal einen Monat begleitet wöchentlich Freitags 14-17 Uhr stattfindet und danach ausgedehnt wird auf erweiterte Wochenendumgänge Freitag direkt nach der Schule bis Montag vor der Schule und hälftige Ferienumgänge…“. Aushilfsweise werde beantragt, das Verfahren gemäß § 21 FamFG auszusetzen, bis das Verwaltungsgericht im Verfahren M 18 K 23.3031 entschieden habe. Mit Schreiben vom 4. August 2023 beantragt die Beschwerdeführerin erneut, dem Kind unverzüglich einen vertraulichen, gegebenenfalls zunächst begleiteten Umgang zur Mutter zu gewähren. Das Kind werde mit zunehmender Zeitdauer immer schwerer traumatisiert, da es aufgrund der verzerrten Darstellungen des Vaters und dessen Lügen der Annahme sein müsse, die Mutter wolle es nicht mehr sehen. Es bestehe eine nicht mehr zu leugnende Kindeswohlgefährdung seelischer Art durch die „absolute und nachgewiesene“ Tatsache der Bindungsintoleranz des emotional instabilen Vaters, der einen Hang zur Gewohnheitslüge aufweise. Erginge die einstweilige Anordnung nicht, sei der Beschwerdeführerin für weitere Jahre jede Aussicht genommen, dem Sohn noch in irgendeiner Form helfen zu können. Die einstweilige Anordnung sei auch unumgänglich, um dem Sorgerechtsverfahren mit Blick auf „ertrotzte Kontinuität“ nicht noch weiter vorzugreifen. Allein ein Sorgerechtswechsel könne Lösung der völlig verfahrenen Situation sein.
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3. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz erachtet in seiner Stellungnahme vom 16. Oktober 2023 die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht für gegeben. Zum einen dürfte die Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig sein, sodass eine einstweilige Anordnung von vornherein nicht in Betracht komme. Zum anderen lägen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch den Verfassungsgerichtshof nach Maßgabe der hierfür geltenden strengen Maßstäbe nicht vor.
II.
23
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig.
24
1. Einstweilige Anordnungen können nur dazu dienen, eine vorläufige Regelung zu treffen; die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung darf die Hauptsacheentscheidung grundsätzlich nicht vorwegnehmen. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zudem regelmäßig unzulässig, wenn der Verfassungsgerichtshof eine entsprechende Rechtsfolge im Hauptsacheverfahren nicht bewirken könnte (vgl. VerfGH vom 13.1.2022 – Vf. 88-IVa-21 – juris Rn. 18; vom 30.3.2022 – Vf. 13-IVa-22 – juris Rn. 14, jeweils m. w. N.; vgl. zu § 32 BVerfGG BVerfG vom 3.9.1957 BVerfGE 7, 99/105 f.; vom 4.7.1962 BVerfGE 14, 192/193; vom 13.2.2003 – 2 BvQ 3/03 – juris Rn. 20; Barzcak in Barzcak, BVerfGG, 2018, § 32 Rn. 7, jeweils m. w. N.).
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Bereits im Hinblick darauf bestehen Bedenken an der Zulässigkeit. Die Beschwerdeführerin begehrt mit ihrem (Haupt-)Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom Verfassungsgerichtshof eine detaillierte Umgangsregelung unter Beteiligung und Anweisung Dritter. Eine solche einstweilige Anordnung ginge über die vorläufige Regelung eines Zustands hinaus und hätte jedenfalls teilweise Rechtsfolgen zum Inhalt, die der Verfassungsgerichtshof im Hauptsacheverfahren nicht anordnen könnte.
26
Wird einer Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache stattgegeben, stellt der Verfassungsgerichtshof fest, welche Verfassungsbestimmung verletzt wurde und durch welche gerichtliche oder behördliche Handlung oder Unterlassung die Verletzung erfolgt ist (Art. 54 Satz 1 VfGHG). Die Abhilfe gemäß Art. 54 Satz 2 VfGHG erfolgt bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde regelmäßig durch die Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und gegebenenfalls Zurückverweisung der Sache an das zuständige Fachgericht (vgl. VerfGH vom 22.3.1974 VerfGHE 27, 35/43 ff.; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 120 Rn. 67; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 120 Rn. 101). Eine eigene Sachentscheidung des Verfassungsgerichtshofs scheidet auch und gerade in Umgangsverfahren wie dem vorliegenden dagegen grundsätzlich aus. Denn die konkrete Regelung des Umfangs und der Ausübung des Umgangsrechts ist den Familiengerichten übertragen (§ 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB). Weder die Verfassungsbeschwerde noch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind zusätzliche Rechtsbehelfe zum fachgerichtlichen Verfahren, die sich diesem in gleicher Funktion ohne Weiteres anschlössen. Dies gilt umso mehr, als sich in – wie hier – auf Bundesrecht beruhenden Verfahren die Prüfung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs in materieller Hinsicht darauf beschränkt, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. nur VerfGH vom 4.1.2023 BayVBl 2023, 192 Rn. 28 m. w. N.). Der Hilfsantrag der Beschwerdeführerin auf Aussetzung des Verfahrens „gemäß § 21 FamFG“ betrifft von vornherein keine vom Verfassungsgerichtshof im einstweiligen Rechtsschutz sinnvollerweise zu treffende Regelung.
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2. Diese Bedenken können aber letztlich dahinstehen, da der Antrag nicht den gesetzlichen Begründungserfordernissen genügt und daher jedenfalls aus diesem Grund unzulässig ist.
28
a) Der Verfassungsgerichtshof kann in Verfassungsbeschwerdeverfahren eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund dringend geboten ist (Art. 26 Abs. 1 VfGHG). Wegen der weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung in der Regel auslöst, ist an die Voraussetzungen, unter denen sie erlassen werden kann, ein strenger Maßstab anzulegen (ständige Rechtsprechung; vgl. nur VerfGH vom 8.4.1992 VerfGHE 45, 49/52; vom 19.7.1995 VerfGHE 48, 83/85; vom 29.1.1998 VerfGHE 51, 27/30). Das Eilverfahren nach Art. 26 Abs. 1 VfGHG ist – ebenso wie das nach § 32 BVerfGG – nicht darauf angelegt, möglichst lückenlosen vorläufigen Rechtsschutz vor dem Eintritt auch endgültiger Folgen zu bieten (VerfGH vom 20.6.2023 – Vf. 15-IVa-23 – juris Rn. 39 m. w. N.; vgl. zu § 32 BVerfGG BVerfG vom 14.5.1996 BVerfGE 94, 166/ 216 f.; vom 7.7.2021 NVwZ 2021, 1368 Rn. 23).
29
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung durch den Verfassungsgerichtshof kommt danach nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen in Betracht als die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Fachgerichte. Insbesondere sind, wenn eine einstweilige Anordnung zur Abwendung eines geltend gemachten schweren Nachteils erstrebt wird, erheblich strengere Anforderungen an die Schwere des Nachteils zu stellen (vgl. zu § 32 BVerfGG BVerfG vom 23.7.2013 - 2 BvR 1573/13 – juris Rn. 2; vom 9.12.2013 – 2 BvR 2541/13 – juris Rn. 5; vom 9.2.2022 – 2 BvR 167/22 – juris Rn. 3, vom 8.6.2023 – 2 BvQ 60/23 – juris Rn. 6). Einstweilige Anordnungen können zudem nur dazu dienen, eine vorläufige Regelung zu treffen; sie dürfen die Hauptsacheentscheidung grundsätzlich nicht vorwegnehmen (vgl. VerfGH vom 19.7.1982 VerfGHE 35, 82/87; vom 6.5.2021 – Vf. 37-IVa-21 – juris Rn. 16; vom 30.3.2022 – Vf. 13-IVa-22 – juris Rn. 14; vgl. zu § 32 BVerfGG BVerfG vom 26.6.2014 – 2 BvR 1170/14 – juris Rn. 11; vom 6.7.2022 – 2 BvR 1139/22 – juris Rn. 4). Ein zulässiger Antrag nach Art. 26 Abs. 1 VfGHG erfordert zu allen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung hinreichend substanziierte Darlegungen (vgl. VerfGH vom 20.6.2023 – Vf. 15-IVa-23 – juris Rn. 39 m. w. N.; vgl. zu § 32 BVerfGG BVerfG vom 28.9.2020 - 1 BvQ 106/20 – juris Rn. 3; vom 22.10.2020 NVwZ 2020, 1749 Rn. 4; vom 24.2.2022 – 1 BvQ 12/22 – juris Rn. 3).
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b) Diesen Anforderungen wird der Antrag in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.
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aa) Eine ins Einzelne gehende Regelung des Umgangs, wie sie die Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag begehrt, würde – soweit man den Antrag nicht ohnehin als auf einen nicht zulässigen, da in der Hauptsache nicht bewirkbaren Regelungsinhalt gerichtet ansieht – in grundsätzlich unzulässiger Weise der Entscheidung in der Hauptsache vorgreifen. Denn der Beschwerdeführerin geht es im Ergebnis ersichtlich nur um eine eilige – positive – Entscheidung über ihr Begehren in der Hauptsache. Durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung soll aber lediglich ein Zustand vorläufig geregelt und nicht die Hauptsache präjudiziert werden (vgl. zu § 32 BVerfGG BVerfG vom 10.10.2017 BVerfGE 147, 39 Rn. 11; vom 6.7.2022 – 2 BvR 1139/22 – juris Rn. 4). Umstände, die dafür sprechen könnten, dass die Vorwegnahme der Hauptsache hier ausnahmsweise zulässig wäre, etwa weil sonst ein schwerer, nicht wieder gutzumachender Schaden entstünde (vgl. BVerfGE 147, 39 Rn. 16), sind weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich. Insbesondere sind die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu der behaupteten Kindeswohlgefährdung nicht hinreichend substanziiert.
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bb) Die Beschwerdeführerin legt nicht nachvollziehbar dar, dass die beantragte einstweilige Anordnung eines – begleiteten oder unbegleiteten – Umgangs dringend geboten wäre, um schwere Nachteile im Sinn des Art. 26 Abs. 1 VfGHG abzuwehren. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang eine Gefährdung des – insoweit vorrangig maßgeblichen (vgl. BVerfG vom 4.2.2011 – 1 BvR 303/11 – juris Rn. 14) – Kindeswohls geltend macht, erschöpft sich ihr Vortrag in pauschalen, teils schlagwortartigen Behauptungen, wie etwa über die „absolute und nachgewiesene“ Tatsache der Bindungsintoleranz des Vaters und die „fortschreitende“ Traumatisierung aufgrund der „verzerrten“ Darstellungen des Vaters. Die Schilderung von subjektiven Wertungen oder Mutmaßungen ohne nachvollziehbare Tatsachengrundlage genügt den Begründungsanforderungen jedoch offensichtlich nicht. In den im Verfahren nach Art. 26 Abs. 1 VfGHG vom Verfassungsgerichtshof grundsätzlich zugrunde zu legenden Tatsachenfeststellungen und Tatsachenwürdigungen in den angegriffenen Entscheidungen (vgl. zu § 32 BVerfGG BVerfG vom 4.2.2011 – 1 BvR 303/11 – juris Rn. 14; vom 12.12.2018 – 2 BvR 2588/18 – juris Rn. 20; vom 7.12.2020 NVwZ 2021, 143 Rn. 7; Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl. 2020, § 32 Rn. 57 m. w. N.), hier des sachverständig beratenen Oberlandesgerichts, finden die Behauptungen keine Stütze. Der Vortrag der Beschwerdeführerin, die im Wesentlichen nur ihre eigene Würdigung derjenigen des Oberlandesgerichts gegenüberstellt, ist nicht geeignet aufzuzeigen, dass die getroffenen Tatsachenfeststellungen offensichtlich fehlerhaft wären oder die Tatsachenwürdigungen unter Berücksichtigung der betroffenen Grundrechtspositionen offensichtlich nicht trügen.
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Der von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vorgenommene Verweis auf den Sachvortrag in anderen anhängigen Verfahren führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Denn es ist – auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung – nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, aus vorgelegten Anlagen den verfassungsrechtlich relevanten Sachverhalt und die daraus hergeleitete Verletzungsrüge selbst zu ermitteln (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 7.2.2017 – Vf. 84-VI-15 – juris Rn. 19; vom 20.9.2022 – Vf. 1-VI-22 – juris Rn. 29).
Erst recht ist es nicht seine Aufgabe, diese Anlagen aus anderen anhängigen Verfahren zutage zu fördern, um eine ausreichende Grundlage für die verfassungsrechtliche Beurteilung zu schaffen (vgl. zur Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht BVerfG vom 21.2.2018 – 2 BvR 349/14 – juris Rn. 17; vom 8.9.2020 – 1 BvR 1038/20 – juris Rn. 2; Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl. 2020, § 92 Rn. 35 m. w. N.).
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Im Übrigen bleibt unklar, wie bei einer sich aus den erhobenen Vorwürfen gegen den Kindsvater – eine tatsächliche Grundlage für diese unterstellt – ergebenden Kindeswohlgefährdung die Einräumung eines Umgangs geeignet sein sollte, die Gefährdung abzuwehren. Der Sache nach wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihren Ausführungen gegen den fortdauernden Aufenthalt des Kindes beim Vater an sich, wie sich auch aus ihrer Formulierung ergibt, allein ein Sorgerechtswechsel könne Lösung der völlig verfahrenen Situation sein. Vor diesem Hintergrund hat die Beschwerdeführerin auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die von ihr beantragte einstweilige Anordnung einer Umgangsregelung als Sicherungsmittel für das Hauptsacheverfahren überhaupt geeignet wäre. Der bloße Hinweis auf eine „ertrotzte Kontinuität“ genügt hierfür nicht.
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Ein schwerer Nachteil, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen würde, ist auch sonst nicht ersichtlich. Das Oberlandesgericht hat in seiner angegriffenen Entscheidung einen Umgang gerade nicht endgültig abgelehnt, sondern sich nur unter Abwägung der Grundrechtspositionen der Beteiligten außerstande gesehen, derzeit eine Regelung zu treffen, nachdem die Beschwerdeführerin den aus Sicht des Senats aus Gründen des Kindeswohls einzig in Betracht kommenden begleiteten Umgang unter den für erforderlich gehaltenen Maßgaben abgelehnt hat. Diese Entscheidungsmöglichkeit ist in der fachgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (vgl. hierzu OLG Frankfurt vom 24.11.2020 NJW-RR 2021, 131 Rn. 11; OLG Brandenburg vom 26.10.2021 BeckRS 2021, 35639 Rn. 54; Veit in BeckOK BGB § 1684 Rn. 80, 294). Nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts steht es der Beschwerdeführerin ausdrücklich frei, aufgrund eigener Initiative, sei es mit Hilfe des Jugendamts, sei es mit Hilfe einer anderen geeigneten und mitwirkungsbereiten Person, einen begleiteten Umgang zu organisieren. Vor diesem Hintergrund folgt allein aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin den vom Oberlandesgericht für notwendig erachteten begleiteten Umgang durch fachlich geeignete Personen, die dem Gericht Auskunft über den Verlauf des Umgangs geben können, derzeit aus verschiedenen Gründen ablehnt und als rechtswidrig erachtet, kein schwerer oder gar irreparabler Nachteil, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen würde. Das Verfahren nach Art. 26 Abs. 1 VfGHG stellt hier kein geeignetes Mittel dar, eine nach Auffassung des Fachgerichts grundsätzlich mögliche Umgangsregelung ausschließlich zu den von der Beschwerdeführerin gewünschten Bedingungen oder nur unter Hinzuziehung allein von ihr als vertrauenswürdig angesehener Personen zu erzwingen.
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3. Da der Antrag schon den Darlegungserfordernissen zu den besonderen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht genügt, kann dahinstehen, ob eine einstweilige Anordnung auch deshalb ausscheidet, weil die Verfassungsbeschwerde aus prozessualen oder sachlichen Gründen bei vorläufiger Bewertung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
III.
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Es ist angemessen, der Beschwerdeführerin gemäß Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG eine Gebühr in Höhe von 1.500 € aufzuerlegen. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist nicht auf das Hauptsacheverfahren beschränkt (vgl. VerfGH vom 28.7.1989 – Vf. 76-VI-89 – S. 8; vom 1.2.2021 – Vf. 98-VII-20 – juris Rn. 23; vom 12.4.2021 – Vf. 21-VII-21 – juris Rn. 28; vom 28.6.2021 – Vf. 73-VII-20 – juris Rn. 29).