Inhalt

AG Schwandorf, Endurteil v. 19.04.2023 – 2 C 263/22
Titel:

Schmerzensgeld für Nasenbeinfraktur

Normenketten:
BGB § 249, § 253 Abs. 2
StVO § 9 Abs. 3 S. 3
Leitsätze:
1. 2.500,00 € Schmerzensgeld für Nasenbeinfraktur und Prellungen an Schädel, Oberschenkel und Knie, Operation und mehrfacher ambulanter Nachbehandlung. (Rn. 46 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
2. Kein Abzug neu für alt bei Ersatz von Brillengläsern (ohne Fassung). (Rn. 41 – 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nase, neu für alt, Brillengläser
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35552

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 905,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.12.2021 zu bezahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin unter Berücksichtigung des bereits geleisteten Vorschusses von 900,00 € ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 1.600,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.12.2021 zu bezahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 146,96 € zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem Verkehrsunfall.
2
Der Unfall ereignete sich am 15.07.2021 gegen 23.50 Uhr in Sch. im Bereich der Kreuzung F1. Straße / H2. straße. Am Unfall beteiligt waren die Klägerin als Fußgängerin und die Beklagte zu 1), die mit dem Pkw Opel Corsa mit dem amtlichen Kennz ... fuhr, welcher bei der Beklagten zu 2) versichert war. Die Klägerin war zu Fuß stadtauswärts auf der F1. Straße unterwegs. Die Beklagte zu 1) fuhr stadteinwärts auf der F1. Straße und wollte nach links in die H2. straße einbiegen.
3
Die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 1) habe sie als Fußgängerin im Bereich der Kreuzung beim Linksabbiegen erfasst. Die Klägerin habe im Bereich des Fußgängerwegs die Straße überqueren wollen und habe noch versucht, durch Winken auf sich aufmerksam zu machen.
4
Die Brille der Klägerin sei beim Sturz beschädigt worden, sodass die Klägerin neue Brillengläser habe anschaffen müssen, was Kosten in Höhe von 1.175,00 € verursacht habe. Die Klägerin habe für den Transport ins Krankenhaus eine Zuzahlung in Höhe von 10,00 € leisten müssen, worauf die Beklagte zu 2) im Rahmen ihrer Zahlung 5,00 € verrechnete, darüber hinaus stehe ihr die Kostenpauschale in Höhe von 30,00 € zu. Die Beklagte zu 2) leistete bzgl. der Brille 280,00 € und bzgl. der Kostenpauschale 15,00 € mit Abrechnungsschreiben vom 21.10.2021.
5
Die Klägerin trägt vor, dass sie durch den Unfall eine Schädelprellung, eine Nasenbeinfraktur, eine Prellung am linken Oberschenkel mit lokalem Hämatom sowie eine Knieprellung links erlitten habe und deswegen bis 26.07.2021 krankgeschrieben gewesen sei. Die Klägerin sei hierfür zunächst mit dem Sanitätsdienst in die Notaufnahme des St. B.-Krankenhauses in Sch. gebracht worden, wo ihr die Kühlung der Nase und die Einnahme von drei Mal täglich Ibuprofen 400 empfohlen worden sei. Am 16.07.2021 sei die Untersuchung der Klägerin in der HNO-Praxis Drs. ... in Sch. erfolgt, wo sie in die HNO-Klinik der Uni ... verwiesen worden sei. Aufgrund zunehmender Kopfschmerzen und Schmerzen am linken Bein sei die Klägerin am 16.07.2021 nochmals in der Notaufnahme vorstellig geworden. Am 19.07.2021 sei der Nasenbeinbruch ambulant in der HNO-Klinik der Uni ... in Lokalanästhesie reponiert und geschient worden. Die Lightcast-Schiene sei am 26.07.2021 in der Praxis ...entfernt worden. Die Klägerin sei im Bereich der Nase weiter druckdolent, weshalb sie sich auf eigene Kosten ein sehr leichtes Brillengestell zugelegt habe, auch sei die Nase leicht schief. Die Hämatome im Gesicht und am linken Bein seien nach zwei Wochen fast vollständig abgeheilt gewesen.
6
Aufgrund dieser Umstände sei ein Schmerzensgeld von 2.500,00 € angemessen, worauf die Beklagte zu 2) lediglich 900,00 € verrechnet habe.
7
Die Beklagten seien als Gesamtschuldner zum Ausgleich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verpflichtet.
8
Die Klägerin meint, die Beklagte zu 1) sei voll für den Unfall verantwortlich, sodass die Beklagten als Gesamtschuldner für die geltend gemachten Positionen einzustehen hätten.
9
Die Klägerin meint, ein Abzug Neu-für-Alt bzgl. der Brillengläser sei nicht angezeigt.
10
Die Beklagten befänden sich spätestens seit dem Ablehnungsschreiben vom 06.12.2021 in Verzug.
11
Die Klägerin beantragt,
1.
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin weitere 915,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.12.2021 zu bezahlen.
2.
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin unter Berücksichtigung des bereits geleisteten Vorschusses von 900,00 € ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 1.600,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.12.2021 zu bezahlen.
3.
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 146,96 € außergerichtliche Rechtsanwaltsvergütung zu bezahlen.
12
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
13
Die Beklagten tragen vor, die Beklagte zu 1) habe nach links in die H2. straße abbiegen wollen. Sie habe frühzeitig den Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt und sich zur Mitte eingeordnet. Sie habe den entgegenkommenden Verkehr beobachtet und ihre Geschwindigkeit reduziert. Es sei weder Gegenverkehr noch Fußgänger zu erkennen gewesen. Sie sei bereits etwa 10 m in die H2. straße eingefahren gewesen, als plötzlich von rechts eine Frau auf die Straße gelaufen sei, welche vollständig dunkel gekleidet gewesen sei und daher nicht zu erkennen gewesen sei. Die Beklagte zu 1) habe sofort gebremst. Die Klägerin sei nicht zu Fall gekommen, sondern stehen geblieben und dann gestolpert. Die Beklagte zu 1) könne nicht einmal sicher sagen, dass es zu einer Berührung ihres Fahrzeugs mit der Klägerin gekommen sei.
14
Die Klägerin sei nicht auf dem Gehweg gegangen, sondern aus dem dortigen Gebüsch etwa 10 m nach der Einmündung auf die Kreuzung gelaufen. Die Klägerin habe ihre Unfallschilderung mehrfach geändert.
15
Die Beklagten tragen vor, die Qualität der ausgetauschten Brillengläser sei nicht identisch, sodass die vorgenommene Regulierung ausreichend sei. Die Kostenpauschale sei nur mit 25,00 € zu bemessen.
16
Hinsichtlich der Verletzungen seien über die Schädelprellung, Nasenbeinfraktur, Oberschenkelprellung links mit Hämatombildung und Knieprellung links hinaus keine unfallbedingten Beschwerden der Klägerin mehr vorhanden.
17
Das Gericht hat die Klägerin und die Beklagte zu 1) informatorisch angehört. Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. G. L.. Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

18
Die zulässige Klage ist zu einem weit überwiegenden Teil begründet.
A.
19
Das Amtsgericht Schwandorf ist gem. §§ 23, 71 GVG sachlich und gem. § 32 ZPO örtlich zuständig.
B.
20
Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Brillengläser i.H.v. 1.175,00 €, der Unkostenpauschale von insgesamt 25,00 € sowie auf Zahlung des Schmerzensgeldes in Höhe von 2.500,00 € gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 249 ff. BGB, sodass unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen im tenorierten Umfang zu entscheiden war.
21
I. Das Gericht geht nach der durchgeführten Beweisaufnahme von folgendem Sachverhalt aus:
22
Die Klägerin war als Fußgängerin auf dem Gehweg der F1. straße stadtauswärts unterwegs und wollte die H2. straße überqueren. Die Beklagte zu 1) fuhr mit ihrem Pkw auf der F1. straße stadteinwärts und wollte in die H2. straße einbiegen. Im Bereich der Kreuzung erfasste die Beklagte zu 1) mit ihrem Pkw die Klägerin, welche hierdurch stürzte, sich verletzte (hierzu genauer unten) und wodurch ihre Brillengläser beschädigt wurden. Die Kollision zwischen dem Pkw und der Klägerin ereignete sich eher im Randbereich des Fußgängerwegs bzw. ggf. etwas rechts daneben.
23
Das Gericht ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt, dass es zu einem Kontakt zwischen der Klägerin und dem Beklagtenfahrzeug gekommen ist.
24
Unabhängig davon, ob der Abbiegevorgang der Beklagten zu 1) aus einem vorherigen Stillstand heraus erfolgte oder aus der Fahrt und einer Abbremsung, so befand sich die Klägerin bereits mehrere Meter im Einmündungstrichter. Die Klägerin war trotz ihrer eher dunklen Kleidung relativ früh für die Beklagte zu 1) zu sehen, da durch den Abbiegevorgang bereits bei einer geringen Lenkbewegung ein Anleuchten der Klägerin stattgefunden hat.
25
Dass die Klägerin erst etwa 10 m nach Beginn der Einmündung die Straße überquert hat, konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden.
26
Dies alles ergibt sich aus den Angaben der Unfallbeteiligten, soweit ihnen jeweils gefolgt werden kann, sowie aus den Ausführungen des Sachverständigen L..
27
Die Klägerin beschrieb, dass sie sich auf dem Heimweg befand und auf dem Gehweg an der F1. Straße in stadtauswärtiger Richtung ging. Sie habe das Abbiegen bemerkt und habe ihren Schritt beschleunigt, um den Verkehrsfluss nicht unnötig zu behindern. Als sie bemerkt habe, dass das Fahrzeug nicht langsamer werde, habe sie noch versucht, durch Winken auf sich aufmerksam zu machen, was jedoch nicht geglückt sei, und es eben zur Kollision gekommen sei. Die Klägerin beschrieb außerdem, dass sie zuerst auf der Motorhaube gelandet sei und dann auf den Boden gestürzt sei.
28
Die Ausführungen der Klägerin waren in sich schlüssig und nachvollziehbar. Das Gericht hat keine objektiven Anhaltspunkte, die sich nicht mit den Schilderungen der Klägerin in Einklang bringen ließen.
29
Die Beklagte zu 1) führte aus, dass sie langsam in die Straße eingebogen sei, weil sich dort auch ein Schlagloch befinde. Sie habe die Frau winken gesehen und habe dann gebremst. Die Frau sei erst noch gestanden und als sie ausgestiegen sei, sei die Frau auf ihren Knien gewesen, einen Zusammenstoß habe sie nicht bemerkt. Den Angaben der Beklagten zu 1) kann jedoch, insbesondere auch unter Berücksichtigung des schriftsätzlichen Vortrags, der Unfall habe sich etwa 10 m nach der Einmündung ereignet, nicht gefolgt werden.
30
Der Sachverständige führte aus, dass aus technischer Sicht letztlich nicht gesagt werden könne, ob es zu einer Kollision gekommen sei, da eben das Fahrzeug der Beklagten zu 1) nicht mehr vorhanden sei. Die Verletzungen der Klägerin, insbesondere auch die Hämatome an den Beinen, seien jedoch ohne Weiteres mit einer Kollision, wie von der Klagepartei beschrieben, in Einklang zu bringen.
31
Das Gericht hat keine Anhaltspunkte, dass die Feststellungen des Sachverständigen zur Frage des Unfallhergangs und der hier möglichen Konstellationen unzutreffend sind. Der Sachverständige ist bereits langjährig als Gutachter auf dem Gebiet der Unfallanalytik für Gerichte tätig. Die Ausführungen sind frei von Widersprüchen. Der Sachverständige ging erkennbar von zutreffenden Anhaltspunkten aus, die nachvollziehbar erläutert worden sind. Der Sachverständige hat seiner Analyse die verschiedenen Möglichkeiten zugrunde gelegt. Die Schlussfolgerungen waren jeweils in sich logisch. Schwächen des Sachverständigen in den Tatsachengrundlagen oder in der Anwendung seines Sachverstands wurden nicht erkennbar.
32
Das Gericht hat unter Berücksichtigung aller Umstände keine Zweifel, dass es zu einer Kollision zwischen der Klägerin und dem Beklagtenfahrzeug gekommen ist. Die Klägerin hat die Kollision anschaulich geschildert, das Verletzungsbild ist nachvollziehbar und auch nach den Angaben des Sachverständigen ohne Weiteres mit einer Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug erklärbar. Wenn unterstellt wird, dass die Klägerin nach dem Bremsen erst gestolpert und auf den Knien gelandet ist, so sind die Verletzungen an der Seite nicht nachzuvollziehen. Es mag sein, dass die Beklagte zu 1) im Pkw die Kollision nicht wahrgenommen hat; dies allein erschüttert jedoch nicht die Überzeugung, dass es eben zu einer Kollision gekommen ist.
33
Auch dass sich die Kollision ereignet hat, als die Klägerin im Bereich des Gehwegs bzw. geringfügig rechts hiervon die Straße überqueren wollte, steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Der schriftsätzliche Vortrag der Beklagtenseite, die Kollision habe sich etwa 10 m nach dem Einmündungsbereich ereignet, konnte nicht bestätigt werden. Zwar lässt sich der Kollisionsort neben dem eigentlichen Gehweg lokalisieren – v.a. aufgrund der Endposition des Fahrzeugs sowie den auf der Fahrbahn vorhandenen Blutflecken – jedoch nicht in einem Bereich von 10 m oder mehr nach dem Einmündungsbereich. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei aufgrund der Lage des Blutflecks davon auszugehen, dass der Pkw bereits sehr weit eingebogen sei. Hätte sich die Kollision deutlich näher Richtung F1. Straße ereignet, so wäre die Lage der Klägerin eher seitlich rechts vom Pkw zu erwarten gewesen.
34
Der theoretischen Möglichkeit, die Klägerin sei aus dem dortigen Gebüsch auf die Straße getreten, folgt das Gericht nicht. Hierfür gibt es unter Berücksichtigung der dortigen Gegebenheiten keinen Grund, und die bloße theoretische Möglichkeit, dass die Klägerin die Grünfläche betreten hat, um von dort aus wieder geradeaus weiterzugehen, genügt nicht, um von einem atypischen Verlauf des Spazierwegs auszugehen.
35
II. Die Beklagtenseite haftet gem. § 7 Abs. StVG voll für den streitgegenständlichen Unfall.
36
Der Beklagten zu 1) ist ein Verstoß gegen § 9 Abs. 3 S. 3 StVO anzulasten. Gem. § 9 Abs. 3 S. 1 StVO sind beim Abbiegen entgegenkommende Fahrzeuge durchzulassen, gem. S. 3 ist auf zu Fuß Gehende besondere Rücksicht zu nehmen, ggf. ist zu warten.
37
Gegen diese Vorschrift hat die Beklagte zu 1) verstoßen. Die Klägerin war bevorrechtigt, gem. § 9 Abs. 3 S. 3 StVO war ihr gegenüber sogar besonders Rücksicht zu nehmen.
38
Hieran ändert auch nichts, dass die Klägerin eher dunkel gekleidet war. Nach den Ausführungen des Sachverständigen war sie dennoch durch den Lichtschein des Fahrzeugs relativ bald zu erkennen und daher auch für die Beklagte zu 1) sichtbar. Ein Mitverschulden der Klägerin kann hieraus nicht abgeleitet werden.
39
Auch kann kein Mitverschulden durch ein missverständliches Überqueren der Fahrbahn angenommen werden. Dass die Klägerin die Straße deutlich neben der Markierung überquert hat, konnte im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht bewiesen werden (s.o.). Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Fahrbahn im Bereich der dortigen Markierung bzw. geringfügig rechts daneben überquert hat, was nicht zu beanstanden ist.
40
Dies führt zu einer vollständigen Haftung der Beklagtenseite.
41
III. Die Kosten für die Brillengläser sind vollständig von den Beklagten zu ersetzen. Ein Abzug Neufür-Alt ist vorliegend nicht vorzunehmen.
42
Grundsätzlich soll durch den Abzug Neu-für-Alt sichergestellt werden, dass der Geschädigte nicht dadurch bereichert wird, dass er für eine alte Sache, die durch ein Schadensereignis beschädigt wird, eine neue Sache erhält. Voraussetzung für einen solchen Abzug ist zum einen, dass beim Geschädigten eine Vermögensmehrung eingetreten ist, sich die Werterhöhung wirtschaftlich günstig auswirkt und die Vorteilsausgleichung für den Geschädigten zumutbar ist (vgl. Grüneberg, BGB, vor § 249 Rn 97 ff.). Dies liegt hier nicht vor. Es kann bereits nicht von einer Vermögensmehrung durch die neuen Brillengläser ausgegangen werden. Zwar mag es durchaus zutreffen, dass Brillengläser eine gewisse Lebensdauer haben; dass durch die neuen Gläser allerdings eine spürbare Vermögensmehrung eingetreten ist, kann dennoch nicht angenommen werden. Brillengläser werden üblicherweise an das jeweilige Brillengestell angepasst und auch hinsichtlich beispielsweise des Augenabstands an den Träger der Brille angepasst. Die Brillengläser können daher schon nicht ohne Weiteres weiterverwendet oder gar weiterverkauft werden. Etwas anderes mag hinsichtlich eines Brillengestells gelten; die Klägerin macht jedoch nur den Ersatz der Gläser geltend.
43
Es gibt auch nach den vorgelegten Unterlagen keinen Anhaltspunkt, dass die Klägerin sich nach dem Unfall höherwertige Gläser anfertigen ließ. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen K2, K3 und K13. Insbesondere aus der Anlage K13 ergibt sich, dass es sich auch bei den alten Gläsern um Gleitsichtgläser gehandelt hat. Die Sehstärke ist ebenfalls gleich geblieben.
44
Die Kosten für die Brillengläser sind daher in voller Höhe zu ersetzen. Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlung von 280,00 € stehen der Klägerin hier also noch 895,00 € zu.
45
Die Kostenpauschale ist mit 25,00 € zu bemessen, § 287 ZPO, sodass der Klägerin unter Berücksichtigung der hierauf geleisteten Zahlung in Höhe von 15,00 € noch 10,00 € zustehen.
46
IV. Der Klägerin steht gem. § 253 Abs. 2 BGB auch ein Schmerzensgeldanspruch zu. Die Klägerin wurde durch den Unfall verletzt. Die Höhe des Schmerzensgeldes ist aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes festzusetzen (vgl. Grüneberg, BGB, § 253 Rn 15).
47
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin eine Schädelprellung, eine Nasenbeinfraktur, eine Prellung am linken Oberschenkel mit lokalem Hämatom sowie eine Knieprellung links erlitten hat. Dies ist auch zwischen den Parteien unstreitig. Die Klägerin musste wegen des Nasenbeinbruchs operiert werden und für längere Zeit war nicht klar, ob ein erneuter Eingriff erforderlich werden würde. Die Klägerin musste sich mehrfach in ärztliche Behandlung begeben. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält das Gericht einen Betrag in Höhe von 2.500,00 € für angemessen. Das Gericht verkennt nicht, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin für einen eher kürzeren Zeitraum bestanden hat; dennoch hält das Gericht den Betrag in Höhe von 2.500,00 € für angemessen, weil eben auch eine Operation erfolgt ist und die Klägerin durch die Fraktur und die Prellungen eben auch durchaus über Wochen Schmerzen zu erdulden hatte.
48
Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 900,00 € steht der Klägerin daher noch ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 1600,00 € zu.
49
V. Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug.
50
Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus § 249 BGB. C.
51
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
52
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 S. 2 ZPO.