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ArbG München, Endurteil v. 14.06.2023 – 29 Ga 54/23
Titel:

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung der Stellenbesetzung bei fehlerhafter Durchführung des Bewerbungsverfahrens – fingierte Bewerbungen

Normenkette:
ZPO § 935
Leitsatz:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung der Stellenbesetzung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist mangels Verfügungsanspruchs unbegründet, wenn die Verfügungsbeklagte die Bewerbung des Verfügungsklägers zu Recht deshalb nicht im Bewerbungsverfahren berücksichtigt hat, weil sie sich inhaltlich eindeutig nicht auf die ausgeschriebene Stelle bezog. (Rn. 15 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweiliges Verfügungsverfahren, Verfügungsanspruch, Verfügungsgrund, Bewerbungsverfahrensanspruch, fingierte Bewerbungen
Rechtsmittelinstanz:
LArbG München, Urteil vom 10.08.2023 – 3 SaGa 14/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35389

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 5.550,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Der Verfügungskläger begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung, der Verfügungsbeklagten zu untersagen, eine zu besetzende Stelle als „Arbeitsvermittler-/in (w/m/d) Arbeitgeberservice (Arbeitsort E.) zu besetzen.
2
Die Verfügungsbeklagte schrieb Anfang 2023 eine Stelle als Arbeitsvermittler/-in (w/m/d) Arbeitgeberservice (Arbeitsort E.) – Referenzcode 2023_E_.....8 – öffentlich aus. Zum genauen Inhalt der Stellenausschreibung wird auf Anlage A 1 – Bl. 11 f. d.A. Bezug genommen.
3
Der Verfügungskläger bewarb sich hierauf innerhalb der Bewerbungsfrist, dem 15.03.2023, online über die von der Verfügungsbeklagten zur Verfügung gestellten Bewerbungsmaske, vgl. Bewerbungsunterlagen als Anlage A2 – Bl. 14 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 17.05.2023 erhielt er eine Absage (Anlage A 3 – Bl. 31 d.A.).
4
Auf schriftliche Anforderung des Verfügungsklägers vom 18.05.2023 (Anlage A 4 – Bl. 32 ff. d.A.) wurde diesem von der Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 30.05.2023 mitgeteilt, dass er zu der ausgeschriebenen Stelle in der Arbeitgeberbetreuung ein bereits im Rahmen eines Bewerbungserfahrens für eine Stelle im J. verwendetes Anschreiben wortgleich übernommen habe und schließt daraus auf mangelnde Sorgfalt und Ernsthaftigkeit und mangelndes Interesse. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage A 5 (Bl. 34 f. d. A.) Bezug genommen.
5
Der Verfügungskläger ist der Meinung, dass ein Verfügungsanspruch bestehe, weil die Verfügungsbeklagte seinen Bewerberverfahrensanspruch verletzt habe, sie hätte ihn aufgrund seiner Qualifikationen und seiner Berufserfahrung zum Bewerbungsgespräch einladen müssen.
6
Der wahre Grund, weshalb der Verfügungskläger nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden sei, sei ein „Sperrvermerk“ im Personalverwaltungssystem der Verfügungsbeklagten.
7
Die Verfügungsbeklagte habe es zudem unterlassen, dem Verfügungskläger die dem Auswahlverfahren zugrundeliegende schriftliche Dokumentation zugänglich zu machen.
8
Ein Verfügungsgrund bestehe, weil die endgültige Besetzung der Stelle drohe.
9
Der Verfügungskläger beantragt,
Der Verfügungsbeklagten wird – unter Androhung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes – untersagt, die Stellen als „Arbeitsvermittler/in (m/w//d) – Arbeitgeberservice (Arbeitsort E.) – Referenzcode 2023_E_.....8“ bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu besetzen.
10
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag abzuweisen.
11
Sie machte in der mündlichen Verhandlung geltend, dass dem Bewerbungsschreiben nicht hätte entnommen werden können, was den Verfügungskläger für die ausgeschriebene Stelle im Arbeitgeberservice qualifizieren sollte. So habe er seine Kenntnisse im SGB II und bezüglich der Arbeitsweise des J. angeführt, nicht aber dargestellt, woraus seine Qualifikation für die Arbeitgeberbetreuung im Rahmen des SGB III resultiere. Der Verfügungskläger habe lediglich sein Anschreiben aus einer früheren Stellenausschreibung für das J. G. kopiert und sich nicht mit der zu besetzenden Stelle auseinandergesetzt.
12
Im Personalverwaltungssystem der Verfügungsbeklagten gebe es bezüglich des Verfügungsklägers keinen Sperrvermerk. Das Kandidatenprofil eines jeden Bewerbers enthalte den Vermerk „(gesperrt)“ und bedeute, dass die im Onlinebewerbungsverfahren durch die Bewerber eingegebenen persönlichen Daten nicht durch die Verfügungsbeklagte bearbeitet bzw. verändert werden könnten, also „gesperrt“ seien.
13
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen des Verfügungsklägers nebst Anlagen Bezug genommen sowie das Sitzungsprotokoll, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Entscheidungsgründe

I.
14
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist in der Sache unbegründet, da eine Vereitelung oder wesentliche Erschwerung der Verwirklichung eines Rechtes des Verfügungsklägers im Sinne des § § 935 ZPO nicht zu befürchten ist.
15
Der Verfügungskläger hat sich in der Sache ausweislich seines Bewerbungsschreibens nicht auf die von der Verfügungsbeklagten ausgeschriebene Stelle eines Arbeitsvermittlers im Arbeitgeberservice bei der F. beworben, deren Besetzung er mit vorliegendem Verfahren zu verhindern sucht.
16
Auch wenn im Betreff des Anschreibens die Stelle als Mitarbeiter im Arbeitgeberservice mit entsprechendem Referenzcode aus der aktuellen Stellenausschreibung vom Verfügungskläger genannt wird, so steht dazu aber bereits die Inbezugnahme des E. als konkreter Arbeitsort im Widerspruch. Den weiteren Ausführungen, die keinen Bezug zum Aufgabenbeschrieb der Verfügungsbeklagten und den von ihr erwarteten Kompetenzen und Erfahrungen für eine Tätigkeit in der Arbeitgeberbetreuung aufweisen, ist zu entnehmen, dass sich der Kläger auf eine Stelle im J. mit der Aufgabenstellung Vermittlung von Arbeitssuchende, nicht aber für die Arbeitgeberbetreuung bewirbt. Dies ergibt sich neben der Herausstellung und Betonung der für eine Tätigkeit eines Arbeitsvermittlers im J. erforderlichen Qualifikationen und Erfahrungen durch den Verfügungskläger auch daraus, dass der Verfügungskläger dieses Anschreiben schon in der Vergangenheit wortgleich für Bewerbungen auf Stellenausschreibungen der Verfügungsbeklagten für Arbeitsvermittler im J. verwendet hat.
17
Es ist nach Auffassung der Kammer nicht zu beanstanden, dass die Verfügungsbeklagte die Bewerbung des Verfügungsklägers, die sich inhaltlich eindeutig nicht auf die ausgeschriebene Stelle bezog, im weiteren Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigte.
18
Da bereits kein Verfügungsanspruch gegeben ist, kommt es auf das Vorliegen eines Verfügungsgrundes nicht an.
II.
19
1. Die Kosten des Verfahrens hat als unterliegende Partei der Verfügungskläger zu tragen, § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO.
20
2. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes erfolgt gemäß § 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG,3ff ZPO in Höhe von 50% des durchschnittlichen Quartalsverdienstes.
III.
21
Der Verfügungskläger kann gegen dieses Urteil nach Maßgabe der nachfolgenden Rechtsmittelbelehrung Berufung einlegen. Im Einzelnen gilt: