Titel:
Keine spezifischen Recherchepflichten beim Restwert für eine Finanzierungsbank
Normenkette:
BGB § 254
Leitsätze:
1. Eine finanzierende Bank ist nicht gehalten, wie ein Unternehmen, was sich mit An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen befasst, bei der Restwertermittlung die Recherchen auszuweiten (Abgrenzung zu BGH BeckRS 2010, 15175). (Rn. 24 – 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Wert des im verunfallten Fahrzeug vorhandenen Kraftstoffs ist – wie der Wert des Fahrzeugs selbst – ein Vermögensvorteil, der zum klägerischen Eigentum zählt; eine ersatzfähige Einbuße begründet der Restkraftstoff deshalb nicht. Verbleibt nach einem Unfall Kraftstoff im Fahrzeugtank und ist der Geschädigte mit dessen unvergüteter Hingabe nicht einverstanden, ist es seine Aufgabe, den wirtschaftlichen Wert des Restkraftstoffs selbst zu realisieren (Anschluss OLG Düsseldorf BeckRS 2017, 100461). (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Tank, Kraftstoff, Restwert, Finanzierungsbank
Fundstellen:
DAR 2023, 705
LSK 2023, 35322
BeckRS 2023, 35322
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.382,76 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.01.2022 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 205,76 € vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozenpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.06.2022 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 4.412,76 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.
2
Der streitgegenständliche Verkehrsunfall ereignete sich am 15.12.2021 in O. zwischen dem klägerischen Fahrzeug mit amtlichem Kennzeichen … und dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug mit amtlichem Kennzeichen …, welches dem klägerischen Fahrzeug die Vorfahrt nahm.
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Die Haftung dem Grunde nach steht außer Streit.
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Das klägerische Fahrzeug erlitt einen Totalschaden.
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Der Wiederbeschaffungswert wurde mit 24.000,00 € brutto ermittelt, der Restwert am örtlichen Markt mit 4.060,00 €.
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Im verunfallten Fahrzeug befand sich noch ein Rest im Tank. Für die An- und Abmeldung sowie eine Standzeit wurden dem Kläger außerdem 345,70 € in Rechnung gestellt.
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Hierauf zahlte die Beklagte auf den Wiederbeschaffungsaufwand lediglich 15.770,00 €, auf des Restbenzin regulierte sie keinen Betrag und hinsichtlich der An- und Abmeldekosten nebst Standgebühren bezahlte die Beklagte lediglich 132,94 €.
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Auf die Rechtsverfolgungskosten regulierte die Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.295,43 €.
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Die Beklagte wurde zuletzt zur Regulierung bis zum 12.02.2022 aufgefordert. Der Kläger behauptet, er habe sein Fahrzeug bereits am 22.12.2021 zu dem vom Sachverständigen ermittelten Restwert an das Autohaus … veräußert. Bereits am 20.12.2021 sei die vereinbarte Finanzierung beendet gewesen und das Fahrzeug abgelöst, sowie die Fahrzeugpapiere übergeben worden.
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Der Kläger ist weiter der Auffassung, er habe einen Anspruch auf geschätzte 30,00 € Resttankinhalt. Im Übrigen seien die Gerichtskosten ab Zahlungseingang zu verzinsen.
- 1.
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Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 4.412,76 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.01.2022 zu zahlen.
- 2.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 331,06 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 3.
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Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 483,00 € Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz für die Zeit vom Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszuzahlenden Kostenquote zu bezahlen.
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Die Beklagte beantragt
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Die Beklagte behauptet, sie habe dem Klägervertreter am 10.01.2022 ein Restwertangebot in Höhe von 8.230,00 € übermittelt.
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Die Beklagte ist weiter der Auffassung, der Kläger habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, insbesondere habe er die Pflicht die Beklagte nach einem Restwertangebot zu befragen. Der Tankinhalt sei überdies nicht gesondert erstattungsfähig. Ein weiterer Anspruch hinsichtlich der An- und Abmeldekosten bestehe nicht.
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Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch schriftliche Einvernahme des Zeugen … sowie den Kläger im Rahmen der Hauptverhandlung angehört. Zum Ergebnis dessen wird auf die schriftliche Zeugenaussage sowie das Hauptverhandlungsprotokoll verwiesen.
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Die Parteien erklärten im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2023 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig jedoch nur teilweise begründet.
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I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz seines Schadens in Höhe von 4.382,76 € gem. §§ 7, 17 Abs. 1, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG, §§ 823, 249 ff. BGB. Darüberhinausgehend besteht kein weiterer Anspruch.
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Die Haftung dem Grunde nach steht außer Streit, sodass lediglich noch zu bestimmen war wie hoch der ersatzfähige Betrag in Hinblick auf den Wiederbeschaffungsaufwand, weitere An- und Abmeldekosten nebst Standgebühr, sowie Ersatz eines Restinhalts Benzin im Tank des verunfallten Fahrzeugs, ist.
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Nach § 249 BGB hat derjenige, der zum Schadenersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Schadensersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann, wenn bei der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten ist, der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.
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1. Der Geschädigte ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot jedoch gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung).
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Der Kläger macht vorliegend den Wiederbeschaffungsaufwand, d. h. Wiederbeschaffungswert reduziert um den Restwert geltend. Im Rahmen der Schadenersatzpflicht besteht die Möglichkeit den Wiederbeschaffungsaufwand, an Stelle des für die Reparatur erforderlichen Herstellungsaufwandes in Geld geltend zu machen, soweit ein Fall eines wirtschaftlichen Totalschadens vorliegt. Also ein Fall bei dem die Reparaturkosten erheblich über dem Wiederbeschaffungswert liegen, d.h. 130% von diesem ausmachen. Dies ist vorliegend der Fall.
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Der Kläger hat vorliegend einen Anspruch auf den restlichen eingeklagten Betrag in Höhe von 4.170,00 €.
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a. Vorliegend liegt kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB vor. Der Geschädigte leistet dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit danach im Allgemeinen ausreichend Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Abs. 2 BGB gezogenen Grenzen, wenn der die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeugs zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt. Um seiner aus § 254 Abs. 1 S. 1 BGB ergebenden Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen, kann der Geschädigte im Einzelfall jedoch gehalten sein, von einer danach grundsätzlich zulässigen Verwertung des Unfallfahrzeugs Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen.
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Etwas anderes gilt nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn es sich beim Geschädigten um ein Unternehmen handelt, welches sich jedenfalls auch mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen befasst. In diesem Fall ist dem Geschädigten bei subjektbezogener Schadensbetrachtung die Inanspruchnahme des Restwertmarktes im Internet und die Berücksichtigung dort abgegebener Kaufangebote zuzumuten (BGH Urteil vom 01.06.2010 – VI ZR 316/09).
27
So liegt es im konkreten Fall gerade nicht.
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Abzustellen ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf den Kläger selbst, sondern auf die Finanzierungsbank, im Zeitpunkt des Schadensereignisses.
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Soweit es sich aus dem Schreiben der Bank vom 20.12.2021 ergibt, war diese mit dem Kläger gemeinsam Vertragspartner mit dem Autohaus … Eigentümerin im Zeitpunkt des Verkaufs war immer noch die Finanzierungsbank.
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Die Zahlung der Ablösesumme erfolgte ausweislich der Zeugenaussage des Zeugen ... auch an die Bank und erst damit, war der Finanzierungsvertrag beendet. Aber auch dies betrifft letztlich nur die schuldrechtliche Ebene. Mangels Vortrags zu einer etwaigen Klausel, die zu einer „automatischen“ Übereignung des Fahrzeuges an den Kläger führt. Eine etwaige Übereignung oder Rückübereignung an den Kläger ist zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar erfolgt. Viel mehr erfolgte eine Übereignung des Fahrzeuges von der Bank an das kaufende Autohaus … .
31
Das Eigentum erlangte diese jedoch bereits mit Zahlung der Ablösesumme, welches noch vor Übermittlung des Restwertangebotes erfolgte.
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Dem von der Beklagten zitierten Urteil des BGH liegt dabei als Unternehmen jedoch gerade ein Autohaus zugrunde. Dies ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Ein Autohaus beschäftigt sich in der Tat mit dem Verkauf von Fahrzeugen, dem Handel eben dieser. Dies ist jedoch nicht der Fall bei der A. Bank. Diese ist eine Finanzierungsbank, deren einziger Zweck es ist eine Fahrzeugfinanzierung zu ermöglichen für Endverbraucher. Für den Verkauf oder Ankauf von Fahrzeugen und den Handel mit Fahrzeugen ist jedoch nicht die Bank, sondern sind einzelne Autohäuser bzw. Autohändler zuständig. Dies ist jedoch getrennt voneinander zu betrachten. Die Autohändler wiederum bieten dem Kunden, der ein Fahrzeug nicht selbstständig finanzieren kann, dann oft die Möglichkeit dieses über Haus eigene Banken finanzieren zu können. Zwischengeschaltes Glied des Verkaufs ist jedoch der Händler. Insoweit verfügt die Bank gerade nicht über die Fähigkeiten des Fahrzeughandels und es gehört auch nicht zu ihrem Aufgabengebiet Fahrzeuge an- und zu verkaufen. Es kann daher im konkreten Fall nicht zugemutet werden, Restwertangebote zu ersuchen.
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Es wurde vorliegend das sich aus dem Schadensgutachten ergebende höchste Angebot gewählt. Es ist dabei weder eingewendet noch zu erkennen, dass das Gutachten im Rahmen der Restwertermittlung fehlerhaft ist, sodass auf die Angaben im Gutachten vertraut werden durfte und man sich nach diesen richten durfte. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liegt nicht vor.
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b. Nicht zu berücksichtigen ist das Restwertangebot der Beklagten, das deutlich höher liegt als das angenommene. Eine vertragliche Bindung zum Verkauf des verunfallten Fahrzeuges erfolgte ausweislich der vorliegenden Ankaufsurkunde, dem Schreiben der Bank vom 20.12.2022 und der Angaben des Zeugen ... sowie des Klägers bereits am 22.12.2021 vertraglich hinsichtlich des Verkaufs seines verunfallten Fahrzeugs an das Autohaus … . Das Fahrzeug samt Schlüssel und Papier war diesen auch bereits am 22.12.2021 überlassen worden. Das Fahrzeug samt Schlüssel und Papieren befand sich insoweit nach dem Unfall noch beim Autohaus. Die Beklagte hingegen hat erst mit Eingang des Schreibens am 10.01.2022 beim Kläger das höhere Angebot vorgelegt.
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Soweit sich dies aus den Angaben des Zeugen … ergibt, war zwischen der Bank, dem Kläger und dem Autohaus vereinbart, dass das Autohaus die Ablösesumme zahlt. Die Abwicklung des Vertragsverhältnisses erfolgte zugleich.
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Die vertragliche Verpflichtung war damit bereits weit vor dem Eingang des Restwertangebotes eingegangen. Es ist dabei keinem Vertragspartner zumutbar sich von einer bindenden Verpflichtung wieder zu lösen. Insoweit würde die Beklagte Vertragsbruch verlangen und jedenfalls dies ist nicht mehr zumutbar.
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Der Kläger muss sich damit vorliegend auch nicht auf das höhere Restwertangebot verweisen lassen und hat auch nicht gegen eine Schadensminderungspflicht verstoßen.
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Dabei ist zu beachten, dass der Geschädigte im Totalschadensfall weder gehalten ist abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und bessere Restwertangebote vorzulegen, noch muss er dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs die Möglichkeit einräumen, ihm höhere Restwertangebote zu übermitteln (AG Coburg, Urteil vom 27.09.2018 – 12 C 951/18). Wie bereits dargestellt sind weder der Kläger noch die Finanzierungsbank insbesondere als Unternehmen, dass sich mit dem Kauf gebrauchter Fahrzeuge beschäftigt bzw. auskennt und dem es aufgrund seines Fachwissens möglich und zumutbar wäre etwaige Recherchearbeit zu leisten auf einer Restwertbörse.
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2. Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für die An- und Abmeldung des Fahrzeugs und die damit einhergehende Standgebühr bestehen keine Bedenken. Das klägerische Fahrzeug erlitt vorliegend unstreitig einen Totalschaden. Der Kläger hat überdies unstreitig ein Ersatzfahrzeug angeschafft.
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Bei einem Totalschaden entstehen dem Geschädigten für die Abmeldung seines zerstörten Fahrzeugs und die Anmeldung seines neuen Fahrzeuges Kosten für die An- und Abmeldung. Insoweit sind diese erstattungsfähig soweit sie tatsächlich entstanden sind (KG DAR 2008, 25 LS, KG DAR 2004,352).
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Die dafür entstanden Kosten konnten vom Kläger mittels Vorlage der Rechnung dargelegt werden. Diese sind nicht zu beanstanden. Selbiges gilt für die geltend gemachte Standgebühr sowie die Kosten für das Kennzeichen (AG Dortmund, Urteil vom 18.04.2013 – 406 C 6809/12). Es handelt sich dabei auch um Kosten, die üblicherweise anfallen, bei einer An- und Abmeldung des Fahrzeugs. Diese hat im konkreten Fall unstreitig stattgefunden, aufgrund des Verkaufs des eigenen verunfallten Fahrzeugs und des Neuerwerbs eines Ersatzfahrzeuges für das einem Totalschaden erlegenen klägerischen Fahrzeug.
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Diese Kosten sind überdies nur aufgrund des Unfallereignisses entstanden. Andernfalls hätte es keiner Neubeschaffung bedurft.
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Der rein pauschale Einwand der Beklagten kann hier daher nicht zum Erfolg durchgreifen.
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3. Ein Anspruch auf den eingeklagten Wert des restlichen noch im verunfallten Fahrzeug befindlichen Tankinhalts besteht hingegen nicht.
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Der Wert des im verunfallten Fahrzeug vorhandenen Kraftstoffs ist – wie der Wert des Fahrzeugs selbst – ein Vermögensvorteil, der zum klägerischen Eigentum zählt; eine ersatzfähige Einbuße begründet der Restkraftstoff deshalb nicht. Verbleibt nach einem Unfall Kraftstoff im Fahrzeugtank und ist der Geschädigte mit dessen unvergüteter Hingabe nicht einverstanden, ist es seine Aufgabe, den wirtschaftlichen Wert des Restkraftstoffs selbst zu realisieren (siehe OLG Düsseldorf, NJOZ 2017, 1275 1279. oder LG Kiel [bespr. durch Rüdiger Balke], SVR 2014, 22 24. LGSchweinfurt (2. Zivilkammer), Endurteil vom 27.09.2019 – 23 S 33/19).
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II. Der Kläger hat außerdem einen weiteren Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 205,76 €.
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Der Anspruch auf die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten ergibt sich zwar als materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch als Schaden aus § 249 BGB. Die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten können allerdings nur in der Höhe geltend gemacht werden, die der berechtigten, d.h. der letztlich festgestellten Forderung entsprechen (BGH, Urteil vom 05.12.2017 – VI ZR 24/17, BeckRS 2017, 138416).
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Die Rechtsverfolgungskosten können daher vorliegend nur aus dem Gegenstandswert von 28.096,21 € (bereits unstreitig regulierter Betrag in Höhe von 23.713,45 zzgl. dem zugesprochenen Betrag in Höhe von 4.382,76 €) geltend gemacht werden.
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Dies entspricht bei einer 1.3 Geschäftsgebühr, der Auslagenpauschale und der Mehrwertsteuer die RVG Tabelle von 2021 zugrunde gelegt einem Gesamtanspruch an Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.501,19 €, abzüglich der bereits außergerichtlich regulierten 1.295,43 € auf Rechtsverfolgungskosten, besteht noch ein weiterer Anspruch in Höhe von 205,76 €. Darüberhinausgehend besteht kein weiterer Anspruch.
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III. Der Kläger hat keinen Anspruch auf pauschale Verzinsung einer möglichen Schadenersatzforderung wegen Verzugs.
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§ 288 BGB ist in dem vorliegenden Fall nicht anwendbar. Es handelt sich bei der streitgegenständlichen Forderung gerade um keine Entgeltforderung.
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Zwar ist ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch neben einem prozessualen nicht von vorneherein ausgeschlossen, doch erfordert ein Antrag auf dieser Grundlage, dass die Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage für Kostenerstattung erfüllt sind. Hinsichtlich des Leistungsantrags der Klägerin bedarf mithin neben dem Nachweis einer Verzugslage auch der eingetretene Schaden besonderer Darlegung.
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Schadensbegründend ist vorliegend nicht die Unterlassung der rechtzeitigen Zahlung einer Geldforderung durch den Schuldner, deren Geldwert damit dem Gläubiger nicht zur Verfügung steht und Verzugszinsfolgen auslöst. Für diese „Geldschuld“ bildet § 288 Absatz I 1 und 2 BGB die Rechtsgrundlage für einen gesetzlich pauschalierten Schadensersatz in Höhe eines bestimmten Zinssatzes. Die Klägerin begehrt hier Verzugszinsen nicht auf die verzugsauslösende Geldschuld, sondern für ihre Geldaufwendungen als Gläubigerin, die sie getätigt hat, um mit gerichtlicher Hilfe eine nach ihrer Ansicht berechtigte Geldforderung durchzusetzen. In Fällen dieser Art kann zur Schadensbemessung nicht auf die abstrakten Regelungen des§ 288 Absatz I 2 BGB zurückgegriffen werden. Der Schaden kann allenfalls in einer konkreten Aufwendung von Zinsen (z. B. durch Kreditaufnahme oder Kontoüberziehung) oder in dem Verlust einer Zinsanlagemöglichkeit für den als Gerichtskosten eingezahlten Geldbetrag liegen (OLG Karlsruhe, Urt. V 10.07.2012, 8 U 66/11).
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Ein solcher wurde nicht dargetan.
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IV. Der Zinsanspruch für die Hauptforderung ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB. Der Zinsanspruch auf die Nebenforderung ergibt sich aus den §§ 288, 291 BGB. B. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.