Titel:
Bohrungen zur Vorbereitung des Neu- bzw. Ausbaus einer Eisenbahnstrecke (sog. Brenner-Nordzulauf), Vorbeugender Rechtschutz einer Gemeinde gegen eine beschränkte Erlaubnis nach Art. 15 BayWG u.a. zur Grundwasserbenutzung durch Niederbringung einer Bohrung, Wasserrechtliches Gebot der Rücksichtnahme, Qualifizierte Betroffenheit der Gemeinde in ihrem Recht als kommunale Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung, Verschlechterungsverbot, Beschränkte Sachentscheidungskompetenz der Wasserbehörde, Keine Befugnis der Gemeinde als Sachwalterin allgemeiner öffentlicher Belange
Normenketten:
BayWG Art. 15
WHG § 6, § 13 Abs. 1
WHG § 12 Abs. 1 Nr. 2
WHG § 47 Abs. 1
AEG § 17, § 18
Schlagworte:
Bohrungen zur Vorbereitung des Neu- bzw. Ausbaus einer Eisenbahnstrecke (sog. Brenner-Nordzulauf), Vorbeugender Rechtschutz einer Gemeinde gegen eine beschränkte Erlaubnis nach Art. 15 BayWG u.a. zur Grundwasserbenutzung durch Niederbringung einer Bohrung, Wasserrechtliches Gebot der Rücksichtnahme, Qualifizierte Betroffenheit der Gemeinde in ihrem Recht als kommunale Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung, Verschlechterungsverbot, Beschränkte Sachentscheidungskompetenz der Wasserbehörde, Keine Befugnis der Gemeinde als Sachwalterin allgemeiner öffentlicher Belange
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35254
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin ist eine kreisangehörige Gemeinde und wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zur Niederbringung von zuletzt 17 Erkundungsbohrungen, wovon sieben auf Grundstücken in ihrem Gemeindegebiet liegen.
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Die Beigeladene ist Vorhabenträgerin des Neu- bzw. Ausbaus einer Eisenbahnstrecke (sog. Brenner-Nordzulauf). Sie hat den Antrag auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens noch nicht gestellt, bereitet derzeit allerdings die Planungen vor und hat in diesem Zusammenhang am 26. Juli 2021 mit Änderungen vom 8. September 2021 bei dem Beklagten die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis für eine Untergrund- und Grundwassererkundung beantragt.
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Mit Bescheid vom 15. September 2021, geändert durch Bescheide vom 20. Dezember 2021 und 12. Dezember 2022, erteilte ihr der Beklagte nach §§ 8, 10 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG die widerrufliche beschränkte Erlaubnis zur Niederbringung von 17 Bohrungen mit Teilausbau zu 14 Grundwassermessstellen und drei vollständig ausgebauten Piezometermesssstellen, u.a. auf den im Gemeindegebiet der Klägerin gelegenen Grundstücken FINrn …0 jeweils der Gemarkung L. … und FlNr. … jeweils der Gemarkung R. … (vgl. Nr. I.1 und I.4.1 des Bescheidstenors). Die erlaubte Benutzung diene der Untergrunderkundung für die Korridoranalyse zum Neubau einer Eisenbahnstrecke (Brenner-Nordzulauf) und ergänze die Bohrkampagne seit 2018 für den Planungsraum nördlich und ostwärts von Rosenheim. Bei dem Vorhaben handele es sich um Gewässerbenutzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 WHG, die geeignet seien, dauernd oder in einem nicht unerheblichen Ausmaß schädliche Veränderungen der Beschaffenheit des Grundwassers herbeizuführen. Die Bohrung könne bindige Seesedimente durchörtern und tiefere Grundwasserleiter mit unterschiedlichen Druckpotentialen und verschiedenem Chemismus erschließen, für die nach § 8 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG eine behördliche Gestattung erforderlich sei. Die Erlaubnis habe erteilt werden können, da Versagungsgründe nach § 12 WHG nicht vorlägen. Des Weiteren liege das Vorhaben teilweise im Geltungsbereich einer Landschaftsschutzgebietsverordnung; die wasserrechtliche Genehmigung nach Nr. I ersetze zugleich die erforderlichen naturschutzrechtlichen Entscheidungen über eine Befreiung von den dortigen Verboten und Beschränkungen (vgl. Nr. II des Bescheidstenors)
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Der Beklagte verfügte außerdem verschiedene Inhalts- und Nebenbestimmungen (vgl. Nr. III des Bescheidstenors).
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Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 18. Oktober 2021, bei Gericht am selben Tag eingegangen, ließ die Klägerin Klage erheben.
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Sie beantragt zuletzt sinngemäß,
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den Bescheid des Beklagten vom 15. September 2021 in der Fassung der Bescheide vom 20. Dezember 2021 und 12. Dezember 2022 aufzuheben.
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Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass drei der geplanten Erkundungsbohrungen solche Flächen beträfen, die im Eigentum der Klägerin stünden und sie eine Inanspruchnahme ihrer Flächen verweigert habe. Außerdem sei die Zufahrt zu verschiedenen Bohrgrundstücken zum Teil nur über Wege möglich, die nur als öffentliche Feld- und Waldwege gewidmet seien. Die Vornahme der Bohrung sei somit nur unter bestimmungswidriger Inanspruchnahme gemeindlicher Flächen möglich. Das Vorhaben Brenner-Nordzulauf beeinträchtige weiter in der Trassenführung „pink“ massiv die schützenswerten Interessen der Klägerin und ihrer Gemeindebürger in individueller und zugleich qualifizierter Weise und mit massivem Gewicht. Die beabsichtigte Baumaßnahme und insbesondere die geplanten Bahntrassen verliefen unmittelbar angrenzend an das Wasserschutzgebiet der „Brunnen Schaurein“, die von der Klägerin für die öffentliche Wasserversorgung betrieben werden. Auch die Quellfassungen H. … Quelle und L. … Quelle lägen in der Nähe. Eine Beeinträchtigung von Menge und Qualität des aus diesem Brunnen geförderten Trinkwassers sei mithin sehr wahrscheinlich. Durch die drainierende Wirkung der Bauwerke und die Injektionen zur Tunnelstabilisierung würden Grundwasserströme massiv verändert. Mithin sei zu befürchten, dass der „Brunnen Schaurein“ unbrauchbar werden könnte. Auch hinsichtlich der anderen genannten Quellen sei von einer Beeinträchtigung auszugehen. Ferner sei durch das Bauvorhaben mit einer unwiederbringlichen Zerstörung landschafts-und naturschutzrechtlich geschützter Gebiete zu rechnen. Im Übrigen teilten unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze die vorbereitenden Arbeiten das rechtliche Schicksal der eigentlichen Baumaßnahme. Die Vorarbeiten seien weder verhältnismäßig noch erforderlich. Eine Vielzahl der hier streitgegenständlichen Bohrungen liege nicht mehr auf der gewählten Trassenführung, so dass von vornherein nicht ersichtlich sei, weshalb an dieser Bohrung noch Interesse bestehe. Schließlich werde eine Anwendbarkeit des Umweltrechtsbehelfsgesetzes auf das streitgegenständliche Verfahren nicht gesehen.
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Die Beigeladene verteidigt den Bescheid, verweist hierbei insbesondere auf eine Präklusion des klägerischen Vorbringens und beantragt,
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Der Beklagte legte die Behördenakten vor und beantragt ohne Äußerung in der Sache,
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Mit Beschluss vom 8. November 2023 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Mit Einverständnis der Beteiligten (vgl. Schreiben vom 9.10.2023, 26.10.2023 und 6.11.2023) kann über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die Klage ist bereits unzulässig.
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Der Klägerin fehlt die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Als Drittbetroffene ist die Klägerin nur dann zur Klage befugt, wenn sie ihr Begehren auf eine öffentlich-rechtliche Norm zu stützen vermag, die nach dem in ihr enthaltenen Entscheidungsprogramm auch sie als Dritte schützt. Maßgeblich ist, ob sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich hinreichend von der Allgemeinheit unterscheidet (BayVGH, B.v. 6.3.2023 – 8 CS 22.2607 – juris Rn. 18 m.w.N.). Weder kann die Klägerin mit Blick auf einen künftigen Planfeststellungsbeschluss nach § 18 Abs. 1 AEG zum Neu- bzw. Ausbau des Brenner-Nordzulaufs Umstände aufzeigen, nach denen die Verletzung eigener Rechte durch den ich hier streitgegenständlichen Bescheid zumindest möglich erscheint (unten 1.), noch ist eine anderweitige eigenständige Rechtsverletzung in Bezug auf die hier allein gegenständlichen Bohrvorhaben ersichtlich (unten 2.).
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1. Die Klägerin sieht sich durch das Bauvorhaben des Brenner-Nordzulaufs insbesondere in der Erfüllung ihrer kommunalen Aufgabe der Trinkwasserversorgung beeinträchtigt. Sie sei deshalb bereits durch die streitgegenständlichen Bohrvorhaben, die dessen Vorbereitung dienten, in ihren Rechten verletzt. Mit diesem Vortrag zeigt die Klägerin keine Umstände auf, aus der sich die auch nur mögliche Verletzung eigener Rechte durch den streitigen Bescheid ergeben könnte.
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Die von der Klägerin maßgeblich postulierte Rechtmäßigkeitsverknüpfung zwischen dem vorliegenden wasserrechtlichen Vorhaben für Bohrungen zur Untergrund- und Grundwassererkundung für die Korridoranalyse zum Neubau des Brenner-Nordzulaufs und dem Neu- bzw. Ausbau des Brenner-Nordzulaufs als solchen besteht nicht und kann deshalb auch keine Klagebefugnis gegen die Bohrvorhaben begründen. Die Existenz bzw. Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses nach § 18 Abs. 1 AEG ist, ebenso wie auch die anderer, gegebenenfalls erforderlicher fachgesetzlicher Erlaubnisse für planvorbereitende Vorarbeiten nach § 17 AEG (oder auch etwaige künftige vorbereitende Maßnahmen; vgl. § 18 Abs. 2 AEG), keine Voraussetzung der Rechtmäßigkeit für die streitgegenständliche wasserrechtliche Erlaubnis. Einwände gegen das planfestzustellende Vorhaben selbst können nur Gegenstand eines gegen den auf das Vorhaben bezogenen Planfeststellungsbeschluss gerichteten Rechtsschutzverfahrens sein, weil andernfalls die Voraussetzungen für eine vorbeugende Unterlassungsklage (bzw. einen vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutz) gegen ein sich noch im Stadium der Planung befindliches (planfeststellungsbedürftiges) Vorhaben unterlaufen würde (vgl. BVerwG, B.v. 21.11.2022 – 7 VR 3/22 – Rn. 10; B.v. 21.3.2022 – 7 VR 1/22 – juris Rn. 10).
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Vorbeugender Rechtsschutzes ist nur zulässig, wenn die Klägerin ein entsprechend qualifiziertes, nämlich auf die Inanspruchnahme gerade vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse aufweisen könnte (vgl. BVerwG, GB v. 9.7.2020 – 7 A 1/20 – juris Rn. 10). Dies ist nicht der Fall, weil nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin zur Wahrung ihrer Rechte auf die Inanspruchnahme gerade vorbeugenden Rechtsschutzes angewiesen wäre und ihr deshalb die von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen – auch vorläufigen – Rechtsschutzformen nicht zumutbar wären. Vollendete Tatsachen, die der Gewährung effektiven Rechtsschutzes entgegenstehen, werden mit der hier angefochtenen Bohrmaßnahmen der beigeladenen Vorhabenträgerin nicht geschaffen (vgl. zum gesamten Vorstehenden bereits VG München, B.v. 2.12.2022 – M 31 S 22.5826 – juris Rn. 14 f. zu einem weiteren Bohrvorhaben der Beigeladenen).
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Zudem ist nichts dafür ersichtlich, dass die Bohrvorhaben zur Erkundung und Untersuchung der Untergrund- und Grundwasserverhältnisse für die Trassenplanung des Brenner-Nordzulaufs im Planungsraum nördlich und ostwärts von Rosenheim nicht mehr erforderlich wären. Dem Vortrag der Klägerin, die streitgegenständlichen Bohrungen liegen nicht mehr auf der gewählten Trassenführung, so dass nicht ersichtlich sei, weshalb an ihnen noch Interesse bestünde, ist die Beigeladene auch zuletzt ausdrücklich entgegengetreten. Danach lägen diese Bohrungen schon bisher auf der ausgewählten Trasse, die inzwischen als optimierte Vorzugsvariante in der Planung weiterverfolgt werde. Ein Entfall des Sachbescheidungsinteresses steht somit nicht inmitten. Selbst wenn dies zwischenzeitlich so nicht mehr zutreffen würde, weil nunmehr von Seiten der Beigeladenen bereits ein Ergebnis bei der Wahl der lokalen Vorzugstrassenführungen als Grundlage für die weitere Planung vorgelegt wurde (vgl. https://www.brennernordzulauf.eu/newsreader/2023-10-25-variantenentscheide-laengere-tunnel-weniger-flaechenverbrauch-schutz-des-trinkwassers.html) und daraus gegebenenfalls auch Folgen für die Frage einer auch künftige Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Bohrvorhaben resultieren könnten – die Beteiligten haben hierzu allerdings sämtlich nicht vorgetragen –, könnte sich die Klägerin hierauf nicht berufen. Dies deshalb, weil ein entsprechender Verstoß, der gegebenenfalls im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens nach § 12 Abs. 2 WHG eine Rolle spielte, als solcher keinen Eingriff in eine geschützte Rechtsposition der Klägerin auslösen würde (vgl. z.B. Fellenberg/Schiller in GK-WHG, 2021, § 12 Rn. 76 m.w.N.). Individuelle Belange Dritter, die zum Kreis der rechtmäßigen Wasserbenutzer und derjenigen Personen zählen, deren Belange nach den Umständen des Einzelfalls von der Benutzung in qualifizierter und individualisierter Weise betroffen werden, sind auch im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens nur nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots geschützt (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2018 – 3 A 16.15 – juris Rn. 19; dazu sogleich nachfolgend unter 2.).
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2. Auch eine anderweitige eigenständige Rechtsverletzung der Klägerin durch die mit der angefochtenen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis zugelassenen Bohrvorhaben ist nicht ersichtlich. Es fehlt an der Möglichkeit einer Verletzung sowohl des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots und des Verschlechterungsverbots (2.1) als auch sonstiger prüfungsgegenständlicher und drittschützender Rechtspositionen der Klägerin (2.2 bis 2.4).
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2.1 Eine auch nur denkbare Verletzung des Rücksichtnahmegebots scheidet vorliegend aus. Das in § 6 Abs. 1 Nr. 3, § 13 Abs. 1 WHG verankerte wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot gebietet, im Rahmen der Ermessensbetätigung bei Erteilung einer beschränkten Erlaubnis nach §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Alt. 1 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG Belange Dritter einzubeziehen, deren rechtlich geschützte Interessen von der beantragten Gewässerbenutzung in individualisierter und qualifizierter Weise betroffen werden können. Dieser Personenkreis hat einen Anspruch auf ermessensgerechte – d.h. insbesondere rücksichtnehmende – Beachtung und Würdigung seiner Belange (vgl. aktuell z.B. BayVGH, B.v. 11.2.2020 – 8 ZB 19.1481 – juris Rn. 12 m.w.N.).
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Zwar kann sich die Klägerin in individueller Hinsicht als kommunaler Träger der öffentlichen Wasserversorgung, dessen Aufgabe die örtliche Wasserversorgung ist (Art. 83 Abs. 1 BV, Art. 57 Abs. 2 Satz 1 GO i.V.m. § 50 Abs. 1 WHG), auf das in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 13 Abs. 1 WHG verankerte wasserrechtliche Rücksichtnahmegebot stützen.
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Jedoch fehlt es von vornherein an einer auch nur möglichen qualifizierten Betroffenheit der Klägerin. Als Rechtsposition kommt insoweit nur das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 2 BV in Betracht, dessen Verletzung in Fällen wie diesen voraussetzt, dass die Wasserversorgung als gemeindliche Einrichtung erheblich gefährdet wäre, indem entweder in die bauliche Anlage der Einrichtung selbst eingegriffen würde oder diese in ihrer Funktionsfähigkeit entweder zerstört oder erheblich beeinträchtigt würde; dies kann auch durch Einwirken auf das Grundwasser in unmittelbarer Nähe der Brunnen geschehen (vgl. BayVGH, U.v. 20.5.2021 – 8 B 19.1587 – juris Rn. 37). Unabhängig hiervon kann sie sich aber nicht zur Sachwalterin von Belangen der Allgemeinheit machen.
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Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, auf welche Weise die von der streitigen Erlaubnis umfassten Maßnahmen die Klägerin verletzen können. Nach der (aktualisierten) gutachtlichen Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes Rosenheim vom 27. August 2021 (Bl. 29 ff. der Behördenakte) sind die verfahrensgegenständlichen Bohrungen und Gewässerbenutzungen zur Untergrund- und Grundwassererkundung unter Beachtung der im streitbefangenen Bescheid umgesetzten Inhalts- und Nebenbestimmungen wasserwirtschaftlich möglich. Dieser Beurteilung des zuständigen Wasserwirtschaftsamts als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) kommt besondere Bedeutung zu (vgl. aktuell z.B. BayVGH, U.v. 16.8.2022 – 8 N 19.1138 – juris Rn. 61). Ihr ist die Klägerin nicht ansatzweise substantiiert entgegengetreten. Schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG sind in Bezug auf die streitgegenständlichen Erkundungsbohrungen vorhabenbedingt sonach nicht zu erwarten.
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2.2 Mit der Einwendung, mit den streitbefangenen Untergrund- und Grundwassererkundungen gingen Eingriffe in ihr Eigentum an drei (nicht näher bestimmten) Grundstücken einher, vermag die Klägerin keine für die Klagebefugnis relevante Möglichkeit einer Betroffenheit in eigenen Rechten aufzuzeigen.
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Zunächst ist zu festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerbevollmächtigten nach Aktenlage – jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die Beigeladene – offenbar lediglich eines (nicht drei) der betroffenen Grundstücke im Eigentum der Klägerin steht bzw. stand (FlNr. … Gemarkung und Gemeinde R. …, Bohrung Nr. … nach Nr. … des streitgegenständlichen Bescheids, vgl. hierzu die Angaben der Grundstückseigentümer auf den Bohranzeigen bezüglich der einzelnen Grundstücke auf Bl. 113 ff. der Behördenakte).
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Eine Möglichkeit der Betroffenheit in eigenen Rechten ergibt sich schon deshalb nicht, weil der angefochtene Bescheid in seinen Hinweisen zutreffend davon ausgeht, dass die streitbefangene beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis nicht das Recht gewährt, Grundstücke, Gegenstände und Anlage Dritter zu benutzen und die privatrechtliche Verfügungsbefugnis unabhängig hiervon begründet werden muss (vgl. S. 16 des Bescheids). Die mit der hier beklagten beschränkten Erlaubnis gewährte Befugnis zur Niedererbringung von Bohrungen mit Ausbau zu Grundwassermessstellen wird unbeschadet der einfachrechtlichen Eigentumsrechte der Klägerin nach § 903 BGB (vgl. dazu und zum Ausschluss der Berufung auf Art. 14 Abs. 1 GG durch Kommunen aktuell BVerwG, U.v. 25.5.2023 – 7 A 7/22 – juris Rn 28 m.w.N.) erteilt. Eine beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis entfaltet aufgrund ihrer Rechtsnatur – anders als eine Bewilligung oder gehobene Erlaubnis (vgl. § 16 WHG) – keine privatrechtsgestaltende Wirkung (vgl. etwa Fellenberg/Schiller in GK-WHG, 2021, § 10 Rn. 13 m.w.N.; grundlegend und weiterführend Breuer/Gärditz, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 955 ff.) Die Beigeladene als Inhaberin dieser beschränkten Erlaubnis hat sich die das private Eigentumsrecht überwindende Berechtigung entweder durch zivilrechtliche Vereinbarung mit der Klägerin oder auf öffentlich-rechtlichem Wege, namentlich durch eine Erlaubnis für (planvorbereitende) Vorarbeiten nach § 17 AEG, zu verschaffen (vgl. dazu bereits in einem Verfahren der Klägerin BVerwG, B.v. 21.3.2023 – 7 VR 1/22 – juris, zum inhaltsgleichen § 44 Abs. 1 Satz 1 EnWG BVerwG, B.v. 22.6.2023 – 4 VR 3/23 – juris). Die entsprechenden Einwendungen, die auf dem zivilrechtlichen Eigentum der Klägerin fußen, sind mithin vorliegend nicht prüfungsgegenständlich und können daher bereits dem Grunde nach keine aus den streitbefangenen Bescheid folgende, auch nur mögliche Rechtsverletzung i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO begründen.
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2.3 Soweit sich die Klägerin am Rande auf Belange des Natur- und Landschaftsschutzes beruft, besteht ebenfalls keine Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten. Die Klägerin ist auch insoweit auf die Rüge von Vorschriften beschränkt, die ihrem Schutz dienen. Weder die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 2 BV verbürgte Selbstverwaltungsgarantie noch ihre Planungshoheit vermitteln ihr einen Anspruch auf vollumfängliche Überprüfung der angegriffenen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis (vgl. statt vieler aktuell z.B. BVerwG, U.v. 9.12.2021 – 4 A 2/20 – juris Rn. 16). Im Gegenteil ist eine Gemeinde im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes außerhalb des – hier nicht eröffneten – Anwendungsbereichs von § 36 BauGB (vgl. BVerwG, U.v. 20.5.2010 – 4 C 7.09 – juris Rn. 34; VG München, U.v. 5.6.2018 – M 2 K 17.1637 – juris Rn. 27) nicht befugt, als Sachwalterin Belange des Gemeinwohls – hier Belange des Schutzes von Natur und Landschaft – geltend zu machen.
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Auch in der Sache selbst ist der gerügte Verstoß gegen Belange des Natur- und Landschaftsschutzes nach Aktenlage nicht zu erkennen. Nach der naturschutzfachlichen Beurteilung der unteren Naturschutzbehörde (Bl. 18 ff. der Behördenakte) liegen Teile der Bohrvorhaben im Gemeindegebiet der Klägerin zwar im Bereich gesetzlich geschützter Biotope (vgl. im Einzelnen die naturschutzfachliche Beurteilung der Bohrpunkte durch die Beigeladene, Bl. 255 ff. der Behördenakte). Unter Berücksichtigung der im streitgegenständlichen Bescheid verfügten Auflagen (Nr. III.6) kann die Beeinträchtigung der geschützten Biotope weitestgehend vermieden bzw. ausgeglichen werden. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.
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2.4 Ebenso wenig kann die Klägerin schließlich ihre Klagebefugnis mit dem Vortrag begründen, die Vornahme der Bohrungen sei nur unter rechtswidriger Inanspruchnahme von (nicht näher bestimmten) Wegegrundstücken möglich. Öffentliche Feld- und Waldwege würden durch die Beigeladene bestimmungswidrig genutzt und dabei für den öffentlichen Verkehr gesperrt werden. Auch hieraus ergibt sich keine für das vorliegende Verfahren erhebliche, auch nur mögliche Rechtsverletzung der Klägerin.
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Fragen des räumlichen und sachlichen Umfangs des Gemeingebrauchs an nach Angaben der Klägerin als öffentlicher Feld- und Waldweg gewidmeten Flächen und seiner Abgrenzung zur Sondernutzung sind vorliegend nicht entscheidungsmaßstäblich, da sie – auch mit Blick auf § 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG – nicht vom Prüfprogramm der streitbefangenen beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis erfasst sind. Nach Art. 53 Nr. 1, Art. 56 BayStrWG ist das Benutzungsregime an öffentlichen Feld- und Waldwegen einem gesonderten (Verwaltungs-) Verfahren überantwortet, so dass die Sachentscheidungskompetenz der Wasserbehörde mit Blick auf die Prüfung dieser spezifischen öffentlichen Belange begrenzt ist. Damit ist normativ zum Ausdruck gebracht, dass sich die Wasserbehörde einer entsprechenden Prüfung zu enthalten hat (vgl. BVerwG, U.v. 17.3.1989 – 4 C 30/88 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 25.7.2023 – 8 CS 23.517 – juris Rn. 13). Der beschränkten wasserrechtlichen Erlaubnis nach §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Alt. 1 WHG i.V.m. Art. 15 BayWG kommt bundesrechtlich keine Konzentrationswirkung zu; nichts anderes ergibt sich aus dem Landesrecht (vgl. Art. 69 Satz 2 BayWG; vgl. Fellenberg/Schiller in GK-WHG, 2021, § 12 Rn. 31; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 12 Rn. 30). Soweit neben der wasserrechtlichen Zulassung eine gesonderte straßenrechtliche Zuständigkeit (vgl. hier Art. 58 Abs. 2 Nr. 3 BayStrWG) mit einem einschlägigen straßenrechtlichen Verfahren (Art. 53 Nr. 1, Art. 56 BayStrWG) vorgesehen ist, darf die Wasserbehörde ihre Entscheidung nicht nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG auf etwaige außerhalb der Wasserwirtschaft liegenden Gründe stützen. Die Abgrenzung zwischen Gemeingebrauch und Sondernutzung ist unabhängig vom vorliegenden wasserrechtlichen Verfahren isoliert straßenrechtlich klärungsfähig (vgl. zum Rechtsschutz von Nutzungsprätendenten gegenüber dem Straßenbaulastträger im Rahmen von Art. 53 Nr. 1 BayStrWG namentlich BayVGH, U.v. 27.2.2014 – 8 B 12.2268 – juris Rn. 32 ff.) und – unabhängig davon – gegebenenfalls auch einer Anordnung nach § 17 AEG zugänglich (vgl. BVerwG, B.v. 21.11.2022 – 7 VR 3.22 – juris Rn. 11 und 13).
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Lediglich ergänzend und ohne dass es mit Blick auf das Vorstehende vorliegend darauf ankommt, ist darauf hinzuweisen, dass öffentliche Feld- und Waldwege nach Art. 53 Nr. 1 BayStrWG der Bewirtschaftung von Feld- und Waldgrundstücken dienen. Die Bewirtschaftung von Feld- und Waldgrundstücken ist jedoch nicht mit land- und forstwirtschaftlicher Benutzung gleichzusetzen. Wenn die öffentlichen Feld- und Waldwege auch ihrem überwiegenden Zweck nach der Bewirtschaftung gerade solcher (Außenbereichs-) Grundstücke dienen, so wird der Gemeingebrauch an ihnen doch nicht auf einen beschränkten Personenkreis begrenzt, insbesondere auch nicht auf die Personen, die den Weg zur Bewirtschaftung der Grundstücke nutzen (vgl. BayVGH aaO Rn. 39; Schmid in Zeitler, BayStrWG, Stand 31. EL September 2021, Art. 53 Rn. 10). Die Klassifizierung zum öffentlichen Feld- und Waldweg wird im Übrigen auch nicht dadurch gehindert, dass der Weg – untergeordnet neben einer land- und fortwirtschaftlichen Hauptnutzung – auch noch anderen Zwecken dient, beispielsweise der Verbindung einzelner Anwesen im Außenbereich mit dem übergeordneten Straßennetz (vgl. Schmid aaO).
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3. Vor dem Hintergrund der fehlenden Klagebefugnis kann offenbleiben, ob die Einbeziehung der Änderungsbescheide vom 20. Dezember 2021 und 12. Dezember 2022 mit Schriftsätzen der Klagepartei von 18. Januar 2022 und 13. Januar 2023 im Hinblick auf die notwendige und hier wohl nicht vorliegende Sachdienlichkeit der Änderung einer bereits unzulässigen Klage (vgl. hierzu Peters/Kujath, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 91 Rn. 59 ff.; Riese, in: Schoch/Schneider/Riese, 44. EL März 2023, VwGO § 91 Rn. 63) eine zulässige Klageänderung i.S.d. § 91 Abs. 1 VwGO darstellen kann.
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Daher war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht billigem Ermessen i.S.v. § 162 Abs. 3 VwGO, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich somit auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.