Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 26.10.2023 – Vf. 6-VII-22
Titel:

Erfolglose Popularklage gegen Rauchmelderpflicht

Normenketten:
BayBO Art. 46 Abs. 4
BV Art. 98 S. 4, Art. 103, Art. 106 Abs. 3, Art. 118 Abs. 1
Leitsätze:
1. Zur aufgrund der Autonomie des Parlaments eingeschränkten verfassungsrechtlichen Überprüfung des einem Gesetzesbeschluss vorausgehenden parlamentarischen Beratungsverfahrens. (Rn. 45 – 47)
2. Die Regelung zum Einsatz und Betrieb von Rauchwarnmeldern in Wohnungen gemäß Art. 46 Abs. 4 BayBO ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Sie verletzt insbesondere weder das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 BV) noch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106 Abs. 3 BV) und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV). (Rn. 49, 67 und 70)
Schlagworte:
Bayerische Bauordnung, Popularklage, Rauchwarnmelder, Verfassungswidrigkeit, Eigentumsgrundrecht, Unverletzlichkeit der Wohnung, Gleichheitsgrundsatz, parlamentarisches Beratungsverfahren, Verhältnismäßigkeit
Fundstellen:
BayVBl 2024, 121
LSK 2023, 35250
NZM 2024, 99
BeckRS 2023, 35250
NVwZ-RR 2024, 81
ZMR 2024, 463

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Gegenstand der Popularklage ist eine Vorschrift in der Bayerischen Bauordnung (BayBO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2007 (GVBl S. 588, BayRS 2132-1-B), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Juni 2023 (GVBl S. 250), durch § 4 des Gesetzes vom 7. Juli 2023 (GVBl S. 327) und durch Art. 13 a Abs. 2 des Gesetzes vom 24. Juli 2023 (GVBl S. 371). Die Vorschrift regelt den Einsatz und Betrieb von Rauchwarnmeldern in Wohnungen.
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Die angegriffene Vorschrift der Bayerischen Bauordnung lautet wie folgt:
„Art. 46
Wohnungen …
(4) 1In Wohnungen müssen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, die zu Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. 2Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut oder angebracht und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. 3Die Eigentümer vorhandener Wohnungen sind verpflichtet, jede Wohnung bis zum 31. Dezember 2017 entsprechend auszustatten. 4Die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft obliegt den unmittelbaren Besitzern, es sei denn, der Eigentümer übernimmt diese Verpflichtung selbst.“
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Art. 46 Abs. 4 BayBO wurde durch das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Baukammerngesetzes vom 11. Dezember 2012 (GVBl S. 633, BayRS 2132-1-I, 2133-1-I) mit Wirkung vom 1. Januar 2013 eingefügt.
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Vergleichbare Vorschriften gibt es mittlerweile in sämtlichen Bundesländern (vgl. § 15 Abs. 7 Landesbauordnung für Baden-Württemberg; § 48 Abs. 4 Bauordnung für Berlin; § 48 Abs. 4 Brandenburgische Bauordnung; § 48 Abs. 4 Bremische Landesbauordnung; § 45 Abs. 6 Hamburgische Bauordnung; § 14 Abs. 2 Hessische Bauordnung; § 48 Abs. 4 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern;
§ 44 Abs. 5 Niedersächsische Bauordnung; § 47 Abs. 3 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen; § 44 Abs. 7 Landesbauordnung Rheinland-Pfalz; § 46 Abs. 4 Landesbauordnung des Saarlands; § 47 Abs. 4 Sächsische Bauordnung; § 47 Abs. 4 Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt; § 48 Abs. 4 Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein; § 48 Abs. 4 Thüringer Bauordnung). In der Mehrzahl der Bundesländer wurde die Rauchmelderpflicht bereits früher als in Bayern eingeführt (Rheinland-Pfalz: 2003; Saarland: 2004; Hessen und Schleswig-Holstein: 2005; Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern: 2006; Thüringen: 2008; Sachsen-Anhalt: 2009; Bremen: 2010; Niedersachsen: 2012). In allen Bundesländern wird der Eigentümer bzw. Vermieter zur Installation der Rauchwarnmelder verpflichtet. In der überwiegenden Anzahl der Bundesländer wird der Mieter oder sonstige unmittelbare Besitzer zur Wartung der Rauchwarnmelder verpflichtet, in den übrigen wird die Wartungspflicht dem Eigentümer auferlegt.
II.
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Die Antragsteller halten die angegriffene Vorschrift der Bayerischen Bauordnung für verfassungswidrig. Nach ihrer Auffassung verletzt Art. 46 Abs. 4 BayBO das Eigentumsrecht (Art. 103 BV), die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106 Abs. 3 BV) und den Gleichheitsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV). Hilfsweise berufen sie sich auf eine Verletzung des Art. 101 BV.
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Im Wesentlichen machen die Antragsteller geltend:
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Art. 46 Abs. 4 BayBO sei ein „Lobbyprodukt …, dem keine tatsächliche Evaluation der Nützlichkeit und Auswirkungen von Rauchmeldern vorausging … Hätte der Gesetzgeber eine solche Evaluation vorgenommen, hätte er erkennen müssen, dass Rauchwarnmelder statistisch betrachtet keine Leben retten und stattdessen zahlreiche unwägbare Risiken und Belastungen für die Inhaber von Wohnungen mit sich bringen.“ Die Regelungen seien nicht mit Art. 103 und 106 Abs. 3 BV, deren Schutzbereich eröffnet sei, vereinbar, da es an einem legitimen Ziel, an der Eignung, der Erforderlichkeit und der Angemessenheit der Norm fehle. Ein Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV liege vor, weil Mieter und Eigentümer von der Vorschrift in sachlich nicht gerechtfertigter Weise ungleich betroffen seien.
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1. Die Regelung des Art. 46 Abs. 4 BayBO verletze Art. 103 BV wie auch Art. 106 Abs. 3 BV.
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a) Der Schutzbereich von Art. 103 BV, der auch den mietvertraglich vermittelten Besitz einer Wohnung umfasse, sei tangiert, ebenso der Schutzbereich von Art. 106 Abs. 3 BV, der die Integrität der Wohnung gewährleiste. Die Norm des Art. 46 Abs. 4 BayBO stelle „eine Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, da sie unmittelbar bestimmt, wie Eigentümer ihre Wohnung auszugestalten haben, nämlich dass diese Rauchwarnmelder aufweisen muss … Für Vermieter/Eigentümer besteht ein Zugzwang, die Rauchmelder zu installieren, da sie andernfalls Gefahr laufen, Nachteile im Rahmen ihrer Feuerversicherung zu erleiden …“. Auch auf Mieter habe die Norm „eine unmittelbare rechtliche Wirkung, da diese nach der Rechtsprechung des BGH den Einbau landesrechtlich vorgeschriebener Rauchmelder durch ihren Vermieter als Nebenpflicht zu ihrem Mietvertrag dulden müssen …“. Aufgrund dieser Wirkungen werde auch die Integrität der Wohnung beeinträchtigt. „Darüber hinaus liegt auch eine Beeinträchtigung dahingehend vor, dass der Mieter vermittelt durch Art. 46 Abs. 4 BayBO das Betreten seiner Wohnung durch Dritte dulden muss, wenn diese die Rauchmelder anbringen … oder wenn die Funktionsfähigkeit der Rauchmelder überprüft werden muss …“ Die Vereinbarung der Übernahme der Installationspflicht durch den Mieter helfe nicht, wenn der Vermieter hierzu nicht bereit sei.
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Sofern man eine Beeinträchtigung von Art. 103 und 106 BV verneinen wolle, sei hilfsweise Art. 101 BV beeinträchtigt.
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b) Die Beeinträchtigung der genannten Grundrechte sei nicht gerechtfertigt, da es bereits an einem legitimen Ziel für die Vorschrift fehle. Nach der Gesetzesbegründung solle die Norm ausschließlich dem Schutz von Leib und Leben der sich in den Wohnungen aufhaltenden Menschen dienen. Auch aufgrund der Hinweise auf der Webseite des zuständigen Ministeriums sei davon auszugehen, dass Rauchwarnmelder ausschließlich der Warnung von Personen dienen sollten, die sich in der von einem Brand betroffenen Wohnung aufhalten, also nur dem Selbstschutz der Mieter und Wohnungseigentümer. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei der Schutz vor Selbstschädigungen im Rahmen der Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit zwar zulässig, aber erheblich eingeschränkt. Nicht ersichtlich sei jedoch, „dass das Ziel Selbstschutz geeignet ist, auch eine Beschränkung des Eigentumsgrundrechts zu rechtfertigen. Ohnehin aber wäre dies nur bei besonders gravierenden Fällen möglich …“. Da ein Schutz des Gemeinwesens nicht beabsichtigt sei, könne die Vorschrift auch nicht durch die Sozialbindung des Eigentums gerechtfertigt werden. Erst recht sei „das Ziel Selbstschutz zudem nicht geeignet, die Beschränkung des Rechts der Integrität der Wohnung zu rechtfertigen. Beschränkungen dieses Rechts sind grundsätzlich nur zu Zwecken der Verfolgung schwerer Straftaten erlaubt.“
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c) Die Rauchmelderpflicht sei zudem in tatsächlicher Hinsicht nicht geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu erreichen. „Rauchmelder sind nicht tauglich dazu, Verletzungen oder Todesfälle durch Feuer oder Rauch zu verhindern.“ Insoweit legen die Antragsteller einige journalistische Artikel vor, in denen dargestellt wird, ein Zusammenhang zwischen Rauchwarnmeldern und Brandopfern sei nicht bewiesen und statistisch nicht zu belegen. Die Zahl der Brandopfer sinke in Deutschland schon seit längerer Zeit aufgrund von Verbesserungen bei der Prävention, beim baulichen Brandschutz und dem Notfallverhalten und zwar unabhängig von der Installation von Rauchwarnmeldern. Eine Trendbeschleunigung durch die Einführung von Rauchmeldern sei nicht erkennbar. Soweit die Staatsregierung ins Blaue hinein behaupte, die Eignung von Rauchwarnmeldern zur Reduzierung von Tod und Verletzung durch Brände werde durch Studien belegt, seien die konkreten Ergebnisse der Studien vorzutragen und diese vorzulegen. Auch für die Behauptung der Staatsregierung, die Einsatzerfahrung der Feuerwehren zeige die Eignung, fehle es an einem Beleg, ebenso wie für die Behauptung, positive Erfahrungen der Feuerwehren seien in Gespräche im parlamentarischen Raum eingeflossen. Im Übrigen müsse der Gesetzgeber selbst die maßgeblichen Tatsachen erheben. Hilfsweise regen die Antragsteller die Einholung eines Sachverständigengutachtens an.
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Weiterhin tragen die Antragsteller vor, eine etwaige Tauglichkeit zur Verhinderung von Tod oder Verletzungen werde durch negative Effekte aufgehoben. „Jedenfalls aber werden die (bloß theoretischen, nicht ersichtlichen) Fälle, in denen Rauchmelder kausal eine Verletzung oder einen Todesfall verhindert haben mögen, dadurch aufgewogen, dass bei Wartungseinsätzen und Fehlalarmen Unfallgefahren in Form von Stürzen sowie Sachschäden entstehen.“ Auch insoweit beziehen sich die Antragsteller auf einen journalistischen Beitrag, in dem von steigenden Unfallzahlen seit der Einführung der Rauchmelderpflicht die Rede ist. Eine steigende Unfallzahl durch die Installation von Rauchwarnmeldern ist nach Auffassung der Antragsteller plausibel, „weil diese erstens an Decken installiert sind und … zweitens auch regelmäßig erreicht werden müssen, nämlich nicht nur für Wartungen, sondern insbesondere auch, um diese im Falle von Fehlalarmen zu deaktivieren.“ Rauchmelder seien stark anfällig für Fehlalarme; insoweit beziehen sich die Antragsteller wiederum auf einen journalistischen Beitrag. Weiterhin behaupten die Antragsteller, etwaige Vorteile von Rauchmeldern würden „durch die durch auf Grund von Fehlalarmen ausgelösten Feuerwehreinsätze entstehenden Sachschäden aufgewogen.“ Ein akustisches Rauchmeldersignal verleite naturgemäß dazu, die Feuerwehr zu alarmieren. Die Feuerwehr verschaffe sich erfahrungsgemäß im Zweifel gewaltsam durch Aufbrechen Zugang zu einer Wohnung, aus der ein Alarm komme. „Die Kosten für die Feuerwehreinsätze muss regelmäßig der Inhaber des Rauchwarnmelders tragen … Schäden, die durch den Einsatz entstehen, kann der Geschädigte regelmäßig nicht von der Feuerwehr … erstattet bekommen …“ Auch für die Behauptung der Zunahme von Feuerwehreinsätzen, ausgelöst durch Fehlalarme, beziehen sich die Antragsteller auf journalistische Darstellungen.
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Auf seinen Beurteilungsspielraum bzw. seine Einschätzungsprärogative könne sich der bayerische Gesetzgeber nicht berufen, weil insoweit eine fehlerhafte Ausübung bzw. Anwendung vorliege. Der Gesetzgeber sei nicht beliebig frei, ob und wie er die einem Gesetzgebungsvorhaben zugrunde liegenden Tatsachen ermittle und bewerte. Das Bundesverfassungsgericht verlange eine Überprüfung, ob prognostizierte Gefahren auf einer hinreichend gesicherten Grundlage beruhten. Je nach Eigenart des Sachbereichs, der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter und den Möglichkeiten des Gesetzgebers, sich ein sicheres Urteil zu bilden, könne die verfassungsrechtliche Kontrolle von einer bloßen Evidenzkontrolle über eine Vertretbarkeitskontrolle bis zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen. Dieser Maßstab an Kontrolldichte müsse auch für die Ermittlung von Tatsachen gelten. Da im vorliegenden Fall kein Sachbereich von überragendem gesellschaftlichen Gewicht oder großer Dringlichkeit, sondern eine einfache Detailfrage des Bauordnungsrechts betroffen sei, sei der gesetzgeberische Beurteilungsspielraum hinsichtlich Tatsachenermittlung und Tatsachenbewertung klein und unterliege einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle. Dies gelte auch deshalb, weil der Gesetzgeber zwar den Schutz hochrangiger Verfassungsgüter, nämlich Leben und Gesundheit anstrebe, durch sein Eingreifen aber gerade auch Gefahren für diese hochrangigen Verfassungsgüter zu besorgen seien. Außerdem hätte sich der Gesetzgeber ein hinreichend sicheres Urteil bilden können; aufgrund der zeitlich früheren Einführung der Rauchmelderpflicht in anderen Bundesländern hätte er die dortigen Entwicklungen evaluieren können.
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Zu berücksichtigen seien bei der Bewertung auch die Hintergründe der Einführung einer Rauchmelderpflicht. In der Presseberichterstattung sei Konsens festzustellen, dass die Rauchmelderpflicht ein reines Lobbyprodukt sei; ein gesamtgesellschaftliches Interesse habe zu keiner Zeit bestanden. Insoweit beziehen sich die Antragsteller auf verschiedene Pressedarstellungen. Weiterhin tragen sie vor, der Bayerische Landtag habe für den am 18. April 2012 gefassten Beschluss zur Einführung der Rauchwarnmelderpflicht keine Begründung angegeben, sondern sich nur allgemein auf eine Initiative der Feuerwehr, deren Neutralität in Frage stehe, bezogen. Relevante Tatsachen seien vorher nicht ermittelt worden. So habe auch das zuständige Staatsministerium im Jahr 2009 noch eingeräumt, dass keine Tatsachen vorlägen und es keine statistischen Erhebungen gebe. Die Vorschrift des Art. 46 Abs. 4 BayBO sei im ursprünglichen Gesetzentwurf gar nicht enthalten gewesen, sondern aufgrund eines Änderungsantrags mit der pauschalen Behauptung, Rauchmelder könnten Leben retten, ohne jede Belege eingefügt worden; eine Aussprache im Parlament hierzu habe nicht stattgefunden. Unter Berücksichtigung dieses Hintergrunds sei festzustellen, dass der Landesgesetzgeber den ihm eingeräumten verfassungsrechtlichen Beurteilungsspielraum verlassen habe. Weder habe er Tatsachen erhoben noch bewertet oder gegeneinander abgewogen. Der Gesetzgeber hätte ermitteln müssen, welche Auswirkungen Rauchmelder auf die Zahl der Brandopfer tatsächlich haben, ebenso hätte er die negativen Auswirkungen von Rauchmeldern, insbesondere die Erhöhung von Sturzrisiken und Sachschäden, ermitteln müssen. Hierfür hätte er auf die Daten anderer Bundesländer zurückgreifen können. Auch die Kosten für Wohnungswirtschaft und Mieter wären zu ermitteln und zu bewerten gewesen.
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d) Es fehle auch an der Erforderlichkeit der Vorschrift, da jedenfalls ein gleich effektives, aber milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte. Die bereits begonnene Informationskampagne der Regierung zum Zweck der Erhöhung der Zahl der freiwillig installierten Rauchmelder hätte zunächst fortgeführt und ausgewertet werden müssen, zumal der Regierung bewusst gewesen sei, dass in Ländern mit einer bauordnungsrechtlichen Rauchmelderpflicht durchschnittlich nur ca. ein Prozent mehr Rauchmelder installiert seien als in Ländern ohne gesetzliche Regelung.
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e) Die Norm sei auch nicht angemessen. „In Anbetracht dessen, dass Rauchmelder nicht die avisierten Ziele des Gesetzgebers erfüllen, ist sie nicht geeignet, die Rechte auf Eigentum und die Unverletzlichkeit der Wohnung in der Abwägung zu überwiegen. Art. 46 Abs. 4 BayBO ist folglich auch deswegen unverhältnismäßig.“
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2. Art. 46 Abs. 4 BayBO verstoße auch gegen Art. 118 Abs. 1 BV, der die ungleiche Behandlung gleichliegender Sachverhalte verbiete, sofern die Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sei. Die rechtliche Beziehung von Mietern und Eigentümern zu ihrer Wohnung sei für die tatsächliche Frage ihres Schutzes vor Beeinträchtigungen von Leben und Gesundheit durch Brände irrelevant. „Mieter und Eigentümer stellen in Bezug auf die Rauchmelderpflicht gleich gelagerte Sachverhalte dar, die ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden.“ Eine Ungleichbehandlung liege deshalb vor, weil Eigentümer hinsichtlich Installation und Wartung der Rauchmelder frei seien, mangels Sanktionierung hätten sie bei Nichtbeachtung der Verpflichtung nur versicherungsrechtliche Nachteile zu befürchten. Für Mieter sei die Beachtung der Norm als Nebenpflicht ihres Mietvertrages jedoch zwingend, sie müssten die Installation und auch die Wartung durch den Eigentümer dulden, auch wenn sie selbst bereits einen Rauchmelder angebracht hätten. Außerdem hätten sie keinerlei Auswahlrecht hinsichtlich der Installation, was im Hinblick auf die Qualitätsunterschiede besonders problematisch sei. Zudem müssten Mieter die Anschaffungs- bzw. Wartungskosten als Betriebskosten tragen, ohne Einfluss auf deren Höhe zu haben. Eine Ungleichbehandlung liege auch darin, dass Eigentümer die Kosten steuerlich absetzen könnten. Überdies könne ein Eigentümer nach Art. 46 Abs. 4 Satz 4 BayBO die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft an sich ziehen, was gegenüber Eigentümern, die ihre eigene Wohnung bewohnen, eine Ungleichbehandlung darstelle. Eine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung sei nicht geben, der Gesetzgeber hätte die Belastung für Eigentümer und Mieter vereinheitlichen können. Beispielsweise hätte er in Ausübung seiner Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG die Auswahl der Rauchmelder und deren Wartung den Mietern vorbehalten können.
III.
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1. Der Bayerische Landtag hält die Popularklage für unbegründet.
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Art. 103 BV sei nicht verletzt. Die angegriffene Vorschrift stelle eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar. Es seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass diese nicht verhältnismäßig sei.
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Auch Art. 106 Abs. 3 BV sei nicht verletzt. Art. 46 Abs. 4 BayBO begründe keine Pflicht zur Duldung des Betretens der eigenen Wohnung durch Dritte. Eigentümer und Mieter könnten vereinbaren, dass der Mieter die Installation der Rauchwarnmelder vornimmt. Ausweislich der Begründung sei dem Gesetzgeber daran gelegen gewesen, die Fälle, in denen die vermietete Wohnung durch den Eigentümer betreten werden muss, zu beschränken. Sofern ein Betreten der Wohnung erforderlich werde, sei dieser Eingriff verhältnismäßig. Das Anbringen von Rauchwarnmeldern sei geeignet, Brände rechtzeitig zu bemerken, um sie zu verhindern bzw. zu bekämpfen. Ein gleich wirksames milderes Mittel gebe es nicht. Eine Rechtsgüterabwägung führe zur Angemessenheit.
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Auch Art. 118 Abs. 1 BV sei nicht verletzt. Der Gesetzgeber habe eine Regelung getroffen, die die Betroffenen, Eigentümer und Mieter, jeweils geringstmöglich belaste.
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2. Die Bayerische Staatsregierung hält die Popularklage für unbegründet. Die angegriffene Vorschrift verstoße nicht gegen Art. 103, Art. 106 Abs. 3 und Art. 118 Abs. 1 BV; Art. 101 BV sei aufgrund Subsidiarität nicht anwendbar.
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a) Der Schutzbereich von Art. 103 BV sei durch Art. 46 Abs. 4 BayBO, der eine Inhalts- und Schrankenbestimmung darstelle, zwar betroffen, und das Eigentumsgrundrecht schütze auch vertraglich begründete Nutzungsrechte wie das des Mieters. Die Vorschrift sei jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
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aa) Die Norm diene ausweislich der Gesetzesbegründung dem Zweck, Leben dadurch zu retten, dass Menschen, die sich insbesondere nachts schlafend in der Wohnung aufhalten, vor Rauch und darin enthaltenen giftigen Gasen so rechtzeitig akustisch gewarnt werden, dass ein Verlassen der Wohnung ermöglicht werde. Dem Gesetzgeber stehe eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich des Bedürfnisses der Verwirklichung des verfolgten Zwecks zu. Der Schutz des Lebens sei ein legitimer Zweck staatlicher Rechtssetzung, der auch von den Vorschriften des materiellen Bauordnungsrechts verfolgt werde, wie in Art. 3 Satz 1 BayBO sowie in den Abschnitten IV bis VII des Dritten Teils der Bayerischen Bauordnung zum Ausdruck komme. Der Verweis der Antragsteller auf einen nur eingeschränkt zulässigen Schutz vor Selbstgefährdung verkenne, dass sich die Alarmierungsursache gar nicht in der eigenen Wohnung befinden müsse. Aber selbst wenn lediglich eine Selbstgefährdung verhindert würde, sei es dem Staat durchaus gestattet, den sich unbewusst selbst Gefährdenden zu Hilfe zu kommen, wenn er zu einem einfachen und kostengünstigen Mittel greife.
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bb) Weiterhin führt die Staatsregierung an, die Antragsteller bestritten die Geeignetheit der Vorschrift im Wesentlichen unter Verweis auf drei allenfalls als populärwissenschaftlich zu bezeichnende Veröffentlichungen. Andere Studien kämen jedoch zum gegenteiligen Ergebnis. Einsatzerfahrungen der Feuerwehr zeigten, dass Rauchwarnmelder geeignet seien, Menschen in einer Wohnung bei einem Brandereignis zu warnen; insoweit sei auf Fachinformationen des Landesfeuerwehrverbands Bayern zu verweisen. Die behauptete Zunahme von Stürzen bei der Wartung der Geräte sei durch nichts belegt.
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cc) Die Rauchwarnmelderpflicht sei auch erforderlich. Der Eingriff in die Rechte von Vermietern und Mietern sei minimal, der finanzielle Aufwand überschaubar. Für einen Mieter erschöpfe sich die Beeinträchtigung darin, dass er Zugang zu seiner Wohnung zur Montage und der nur selten erforderlichen Wartung gewähren müsse. Die Verpflichtung unterscheide sich nicht von anderen mietvertraglichen Verpflichtungen.
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dd) Die Vorschrift sei auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Der Gesetzgeber habe einen angemessenen Ausgleich zwischen Allgemein- und Individualinteressen herbeigeführt. Die Grundrechtsbeeinträchtigung bewege sich in einem minimalen Bereich. Auf der anderen Seite sei das gesetzgeberische Ziel des Schutzes von Leben und Gesundheit in die Abwägung einzustellen. Die Einführung der Rauchwarnmelderpflicht beruhe auf vom Gesetzgeber wohlerwogenen Gründen. Die Erfahrungen der Feuerwehren, die ihre Aufgabe der Bekämpfung von Bränden und drohenden Brand- und Explosionsgefahren tagtäglich erfüllten, seien in den parlamentarischen Raum eingeflossen. Das Argument der Antragsteller, etwaigen Vorteilen der Rauchwarnmelder sei die Verursachung von Sachschäden bei Fehlalarmen gegenüberzustellen, verkenne, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Installation von Rauchmeldern und Einsätzen der Feuerwehr nicht bestehe. Eine unmittelbare Fehlalarmierung sei technisch nicht möglich.
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b) Der Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 101 BV als Auffanggrundrecht sei nicht eröffnet, da speziellere Grundrechte einschlägig seien. Im Übrigen fehle es diesbezüglich auch an einer hinreichend substanziierten Darlegung einer Grundrechtsverletzung, so dass die Popularklage insoweit bereits unzulässig sei.
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c) Hinsichtlich der Betroffenheit von Eigentümern komme ein Eingriff in Art. 106 Abs. 3 BV nicht in Betracht, insoweit sei nur das Eigentumsgrundrecht betroffen.
Ein Eingriff in die Rechte von Mietern sei wegen der minimalen Intensität verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
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d) Art. 118 BV sei nicht verletzt. Soweit die gesetzliche Regelung die Pflicht zur Anbringung von Rauchwarnmeldern den Eigentümern und nicht den Mietern zuweise, bestünden sachliche Gründe für diese Ungleichbehandlung. Es entspreche gängiger Praxis, dass bauliche Veränderungen, Einbauten und Ausstattungen in Wohnungen vom Eigentümer vorgenommen würden, beispielsweise die in § 63 Abs. 3 Satz 1 des Gebäudeenergiegesetzes geregelte Ausstattung mit Heizkörperthermostaten. Die Gefahr des Einbaus von Rauchwarnmeldern minderer Qualität bestehe nicht. Einen Anspruch auf eine bestimmte Ausstattung habe der Mieter nur bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung. Zudem diene die Zuweisung der Installationspflicht an die Eigentümer einer effektiven Durchsetzung der Verpflichtung im Hinblick auf die Störerauswahl durch die Bauaufsichtsbehörden. Hinsichtlich der grundsätzlich dem unmittelbaren Besitzer zugewiesenen Pflicht zur Wartung sei eine Ungleichbehandlung zwischen Eigentümer und Mieter nicht erkennbar.
IV.
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Die Popularklage ist zulässig.
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1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig einschränken. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG), d. h. hoheitlich gesetzte, abstrakt-generelle Bestimmungen, die sich an Rechtssubjekte wenden und mit unmittelbarer Außenwirkung Rechte und Pflichten begründen, ändern oder aufheben. Hierzu gehört auch die angegriffene Norm des Art. 46 Abs. 4 BayBO.
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2. Die Verfassungswidrigkeit einer Rechtsvorschrift des bayerischen Landesrechts kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Als natürliche Personen sind die Antragsteller daher antragsberechtigt (vgl. Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 98 Satz 4 Rn. 8).
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3. Zu den prozessualen Voraussetzungen der Popularklage gehört nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig einschränkt. Hierfür genügt nicht die bloße Behauptung, dass die angefochtene Rechtsvorschrift nach Auffassung des Antragstellers gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Vielmehr muss der Vortrag so präzisiert werden, dass der Verfassungsgerichtshof beurteilen kann, ob der Schutzbereich der bezeichneten Grundrechtsnorm berührt ist. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 19.2.2018 VerfGHE 71, 28 Rn. 32 m. w. N.).
36
Gemessen daran haben die Antragsteller hinreichend substanziiert dargelegt, aus welchen Gründen die angegriffenen Regelungen ihrer Ansicht nach gegen Art. 103 BV (Eigentum) und Art. 106 Abs. 3 BV (Unverletzlichkeit der Wohnung) verstoßen. Insoweit haben sie Verfassungsnormen, die subjektive Rechte verbürgen, als verletzt bezeichnet und hinreichend nachvollziehbar die Gründe dargelegt, aus denen sie die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Regelungen herleiten. Ob auch hinsichtlich Art. 118 BV (Gleichheitsgrundsatz) und der hilfsweise angeführten Verletzung von Art. 101 BV (allgemeine Handlungsfreiheit) ausreichend substanziierte Rügen vorliegen, kann dahinstehen.
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4. Ist die Popularklage – wie hier – in zulässiger Weise erhoben, erstreckt der Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der angefochtenen Vorschriften auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, selbst wenn insofern keine Rügen geltend gemacht worden sind oder wenn diese keine Grundrechte verbürgen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.9.2011 VerfGHE 64, 159/169; vom 9.2.2021 – Vf. 6-VII-20 – juris Rn. 37; vom 21.4.2021 BayVBl 2022, 736 Rn. 32; vom 27.9.2023 – Vf. 62-VII-20 – Rn. 40).
V.
38
Die Popularklage ist unbegründet.
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Die in Art. 46 Abs. 4 BayBO geregelten Verpflichtungen zur Ausstattung von Wohnungen mit Rauchwarnmeldern und zu deren Wartung sind mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.
40
1. Zur verfassungsrechtlichen Überprüfung einer angegriffenen Rechtsvorschrift ist deren konkreter Inhalt durch Auslegung zu ermitteln. Erst nach Feststellung von Norminhalt und Regelungsbereich kann beurteilt werden, ob die Vorschrift mit der Bayerischen Verfassung vereinbar ist oder nicht. Maßgebend für die Auslegung einer Rechtsvorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus ihrem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 19.10.2017 VerfGHE 70, 225 Rn. 42; vom 26.4.2022 BayVBl 2022, 475 Rn. 50; vom 17.5.2022 BayVBl 2022, 702 Rn. 53).
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Art. 46 Abs. 4 BayBO bestimmt, dass in konkret benannten Räumen in Wohnungen, nämlich in Schlafräumen, Kinderzimmern und Fluren, die zu Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens ein Rauchwarnmelder vorhanden sein muss. Die Rauchwarnmelder sind so einzubauen oder anzubringen und zu betreiben, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. Die Verpflichtung zur Ausstattung wird dem Eigentümer der Wohnung zugewiesen, die Verpflichtung zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft, also die Wartung der Rauchwarnmelder, dem unmittelbaren Besitzer, sofern nicht der Wohnungseigentümer die Verpflichtung übernimmt. Die Vorschrift begründet bauordnungsrechtlich eine Verpflichtung des Eigentümers zur Installation, jedoch weder explizit eine Berechtigung des Wohnungseigentümers, eine (vermietete oder sonst überlassene) Wohnung zum Zweck der Installation eines Rauchwarnmelders zu betreten, noch eine Verpflichtung des unmittelbaren Besitzers einer Wohnung zur Duldung einer Betretung. Die konkrete Umsetzung der (bauordnungsrechtlich) geschaffenen Verpflichtung bleibt den Beteiligten und damit grundsätzlich dem Zivilrecht überlassen.
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2. Hiervon ausgehend sind die angegriffenen Regelungen des Art. 46 Abs. 4 BayBO verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren sind ausschließlich Vorschriften der Bayerischen Verfassung, nicht Normen des – vorrangigen (Art. 31 GG) – Bundesrechts (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 7.12.2021 – Vf. 60-VII-21 – juris Rn. 15) und auch nicht unionsrechtliche Regelungen. Eine mittelbare Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV verankerten Rechtsstaatsprinzips kommt aber dann in Betracht, wenn ein Widerspruch zum Bundesrecht offen zutage tritt und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 9.2.2021 – Vf. 6-VII-20 – juris Rn. 40; ausführlich VerfGH vom 27.9.2023 – Vf. 62-VII-20 – Rn. 46 ff., jeweils m. w. N.). Anhaltspunkte insoweit sind vorliegend nicht erkennbar.
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b) Die angegriffene Norm ist verfassungsmäßig zustande gekommen. Art. 46 Abs. 4 BayBO wurde in einem ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren am 29. November 2012 vom Bayerischen Landtag in Zweiter Lesung einstimmig beschlossen.
45
aa) Das Gesetzgebungsverfahren begegnet unter dem von den Antragstellern (unter einem anderen Aspekt) angesprochenen Gesichtspunkt, dass die Norm in dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Staatsregierung vom 10. September 2012 (LT-Drs. 16/13683) noch nicht enthalten war, sondern erst aufgrund eines Änderungsantrags verschiedener Abgeordneter der Fraktionen der FDP und der CSU vom 25. September 2012 (LT-Drs. 16/13736) und ohne Aussprache im Plenum vom 29. November 2012 in das Gesetzesvorhaben eingefügt worden ist (Plenarprotokoll 16/113 S. 10506), keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sämtliche beratenden Ausschüsse haben einstimmig Zustimmung zu u. a. diesem Änderungsantrag empfohlen (LT-Drs. 16/14776), das Gesetz wurde am 29. November 2012 einstimmig mit u. a. dieser Änderung beschlossen (Plenarprotokoll 16/113 S.10506). Durch den Änderungsantrag wurde in das Gesetzesvorhaben kein vollständig neuer Inhalt eingefügt, der keinen Bezug zu der mit dem Gesetzentwurf verbundenen Regelungsmaterie aufweist (vgl. Brechmann in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 71 Rn. 4, Art. 72 Rn. 4). Die durch den Änderungsantrag eingefügte Vorschrift zur Einführung einer Verpflichtung zur Installation und Wartung von Rauchwarnmeldern hielt sich thematisch im Rahmen der Gesetzesinitiative zur Änderung der Bayerischen Bauordnung. Diese diente der Anpassung der Bayerischen Bauordnung an neue technische Regelwerke (DIN 18040-1 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude“ und DIN 18040-2 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen“) sowie der Überarbeitung bauordnungsrechtlicher Vorschriften im Licht aktueller Bedürfnisse und Erkenntnisse; der Gesetzentwurf enthielt insoweit auch bereits Änderungsvorschriften, denen verschiedene bauordnungsrechtliche Erwägungen des Brandschutzes zugrunde lagen (vgl. z. B. LT-Drs. 16/13683 S. 12 f.).
46
Unerheblich ist auch, dass nach der Einbringung des Änderungsantrags und dessen Behandlung in den Ausschüssen keine Aussprache mehr im Plenum stattfand. Ein wesentlicher Teil der Beratungen und der vorbereitenden Willensbildung wird gerade in den Ausschüssen geleistet, in den Ausschüssen vollzieht sich ein wesentlicher Teil des Willens- und Entscheidungsprozesses eines Parlaments (vgl. VerfGH vom 21.2.2002 VerfGHE 55, 28/36; BVerfG vom 10.5.1977 BVerfGE 44, 308/317; BGH vom 17.5.2018 NJW 2019, 368 Rn. 27 ff.). Dies dient der Entlastung der Beratungspflicht des Plenums (vgl. Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 72 Rn. 11). Die Bayerische Verfassung enthält keine ausdrücklichen Regelungen zu dem einem Gesetzesbeschluss vorausgehenden parlamentarischen Beratungsverfahren, zu dem auch Aussprachen im Plenum gehören, überlässt die Vorbereitung der gesetzgeberischen Entscheidung also weitgehend der Autonomie des Parlaments (vgl. hierzu auch NdsStGH vom 14.2.1979 – StGH 2/77 – juris Rn. 571).
47
bb) Auch soweit die Antragsteller – wenn auch wiederum unter anderen rechtlichen Aspekten – beanstanden, dass der Gesetzgeber seine Verpflichtung, die dem Gesetzesvorhaben zugrunde liegenden Tatsachen zu ermitteln und zu bewerten, verletzt habe, ist die prozedurale Gestaltung der Gesetzgebung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es ist die autonome Entscheidung der Abgeordneten, welche Informationen und welchen Beratungs- und Diskussionsbedarf sie insoweit für notwendig erachten; diese autonome Entscheidung ist verfassungsgerichtlich grundsätzlich nicht überprüfbar (VerfGH vom 29.9.2005 VerfGHE 58, 212/234 ff.; vom 23.11.2016 VerfGHE 69, 324 Rn. 72). Auch muss der Abwägungsprozess im Landtag nicht im Einzelnen nachgewiesen werden (VerfGHE 69, 324 Rn. 72). Es liegt hier auch kein Fall vor, in dem für den Gesetzgeber und das von ihm anzuwendende Verfahren ausnahmsweise besondere Anforderungen bezüglich der Informationsbeschaffung sowie der Intensität und Tiefe der parlamentarischen Beratung bestünden (vgl. hierzu VerfGHE 58, 212/232). Davon zu unterscheiden ist die – von den Antragstellern in den Mittelpunkt gerückte – Frage, ob eine unzureichende Sachverhaltsermittlung oder Prognose aus materiellen verfassungsrechtlichen Erwägungen zur Verfassungswidrigkeit einer Norm führen kann (vgl. Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 72 Rn. 11; vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen unter c) aa) (2) (b)).
48
c) Art. 46 Abs. 4 BayBO schränkt Grundrechte der Bayerischen Verfassung nicht in unzulässiger Weise ein.
49
aa) Das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 BV) wird durch Art. 46 Abs. 4 BayBO nicht verletzt.
50
(1) Der Schutzbereich des Art. 103 BV ist durch die angegriffene Vorschrift tangiert. Das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum ist in seinem rechtlichen Gehalt gekennzeichnet durch Privatnützigkeit, d. h. durch die Zuordnung zu einem Rechtsträger, in dessen Hand es als Grundlage privater Initiative und im eigenverantwortlichen privaten Interesse von Nutzen sein soll, sowie durch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Durch Art. 103 BV wird das Eigentum in allen seinen Ausstrahlungen gewährleistet. Geschützt ist insoweit jede bestehende privatrechtliche vermögenswerte Rechtsposition (VerfGH vom 23.7.1996 VerfGHE 49, 111/116 f.). Dementsprechend gilt der Eigentumsschutz grundsätzlich auch für vertraglich vermittelte Nutzungs- und Besitzrechte. Das aus dem Mietvertrag folgende Besitzrecht eines Mieters genießt die Gewährleistung des Art. 103 BV (zum Grundrechtsschutz des Art. 14 GG: BVerfG vom 26.5.1993 BVerfGE 89, 1/5 f.; vgl. auch Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 103 Rn. 43). Sowohl Eigentümer als auch Mieter einer Wohnung sind daher in ihrem Grundrechtsschutz durch die gem. Art. 46 Abs. 4 BayBO begründeten Verpflichtungen berührt.
51
(2) Das Eigentumsgrundrecht wird durch Art. 46 Abs. 4 BayBO nicht verletzt. Dem Grundrecht sind die Bindungen aus Art. 103 Abs. 2 und Art. 158 Satz 1 BV immanent. Eine verfassungswidrige Eigentumsbeschränkung liegt nicht vor, wenn der Normgeber in Ausübung seiner Befugnis, die Eigentumsordnung im Dienst des Gemeinwohls festzulegen, den Inhalt des Eigentums allgemeinverbindlich abgrenzt. Er darf dabei allerdings das Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt nicht antasten und den Eigentümern keine unzumutbaren, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in Einklang stehende Beschränkungen auferlegen. Die Eigentumsgarantie ist nur bei schweren und unzumutbaren Beeinträchtigungen verletzt. Es kommt darauf an, ob der Betroffene an der funktionsgerechten Verwendung seines Eigentums gehindert wird, ob also die Möglichkeit der Nutzung genommen oder wesentlich beeinträchtigt wird (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.1.1986 VerfGHE 39, 1/8; vom 22.4.2005 VerfGHE 58, 94/98; vom 22.1.2008 VerfGHE 61, 1/12; vom 15.12.2009 – Vf. 6-VII-09 – juris Rn. 37).
52
Die angegriffene Regelung des Art. 46 Abs. 4 BayBO stellt jedenfalls sowohl für Eigentümer als auch für unmittelbare Besitzer von Wohnungen eine durch die Sozialbindung des Eigentums gerechtfertigte Inhalts- und Schrankenbestimmung gemäß Art. 103 Abs. 2, Art. 158 Satz 1 BV dar. Die Norm genügt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sie verfolgt einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck und ist zur Zweckerreichung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn.
53
Der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedeutet, dass das zur Erreichung eines bestimmten gesetzgeberischen Ziels eingesetzte Mittel hierzu nicht völlig ungeeignet sein darf und zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich sein muss. Unter mehreren geeigneten Mitteln ist das am wenigsten belastende zu wählen, der Einzelne darf nicht in einem zum angestrebten Zweck in krassem Missverhältnis stehenden Maß belastet werden. Dem Gesetzgeber steht ein weiter Spielraum für die Beurteilung der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit eines Gesetzes zu. Der Verfassungsgerichtshof hat insoweit nur zu prüfen, ob sich die vom Gesetzgeber im Rahmen seiner weiten Einschätzungs- und Beurteilungsprärogative und aufgrund einer wertenden Abwägung getroffenen Einschätzungen, in bestimmten Fällen die von ihm angewandten Mittel als geeignet und erforderlich sowie für zumutbar anzusehen, in einem nach den Maßstäben der Verfassung vertretbaren Rahmen halten (vgl. VerfGH vom 11.11.1997 VerfGHE 50, 226/249 f.; BayVBl 2022, 702 Rn. 97, jeweils m. w. N.). Er darf nicht seine eigenen Wertungen und Einschätzungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen (vgl. VerfGH vom 25.9.2015 VerfGHE 68, 198 Rn. 178).
54
(a) Die in Art. 46 Abs. 4 BayBO für Eigentümer und unmittelbare Besitzer normierten Verpflichtungen dienen einem legitimen Ziel.
55
In der Begründung des Änderungsantrags, mit dem die angegriffene Norm in das Gesetzesvorhaben eingebracht worden ist, wird ausgeführt, dass die gesetzliche Verpflichtung ausschließlich dem Schutz von Leib und Leben der sich in der Wohnung aufhaltenden Menschen dienen solle (LT-Dr. 16/13736). Jährlich würden bei Wohnungsbränden Menschen an den Folgen von Verbrennungen sterben oder im Brandrauch ersticken. Weiterhin bezieht sich die Begründung des Änderungsantrags nicht nur auf die in der überwiegenden Anzahl der Bundesländer bereits vorgeschriebene gesetzliche Verpflichtung zur Installation und Wartung von Rauchwarnmeldern, sondern explizit auch auf den Beschluss des Landtags vom 18. April 2012, mit dem dieser die Initiative von Feuerwehren für die Anbringung von Rauchmeldern in Wohnungen begrüßt und sich für eine Rauchwarnmelderpflicht in allen Neubauten und mit Übergangsfrist auch in allen Altbauten ausgesprochen hatte (LT-Drs. 16/12234). Dem Landtagsbeschluss vom 18. April 2012 war eine ausführliche Debatte im Plenum vorausgegangen (Plenarprotokoll 16/99 S. 9104 bis 9131), ihm lag ein Positionspapier „Rauchmelder retten Leben!“ des LandesFeuerwehrVerbandes Bayern e.V., des Werkfeuerwehrverbandes Bayern e.V. und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in Bayern (im Folgenden: AGBF Bayern) zugrunde (im Internet abrufbar unter 19-lfv_positionspapier_ rauchwarnmelder_02-04-12_zuransicht.pdf (lfv-bayern.de)), das am 13. April 2012 an den zuständigen Staatsminister des Innern übergeben worden war. In dem Positionspapier wird (unter Hinweis auf gesetzliche Regelungen in neun anderen Bundesländern und die bisherigen Umsetzungserfahrungen) eine Gesetzesinitiative zur Änderung der Bayerischen Bauordnung zur Einführung einer „Rauchwarnmelderpflicht“ gefordert. Wünschenswert sei „zumindest die Ausstattung der Schlafräume, Kinderzimmer und der Flure in privaten Wohnungen mit Rauchwarnmeldern, da der unbestrittene Nutzen sowohl für die Bewohner der betroffenen Wohnung als auch für alle im gleichen Objekt anwesenden Nachbarn (‚Frühwarneffekt‘ mit frühzeitigerer Information über einen Notruf der Feuerwehr) nur auf diesem Wege erreicht werden kann“.
56
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei der Einführung der Rauchwarnmelderpflicht den Schutz von Leben und Gesundheit des in der Wohnung selbst wohnenden Eigentümers bzw. des unmittelbaren Besitzers der Wohnung sowie aller anderen dort dauerhaft wohnenden bzw. sich vorübergehend aufhaltenden weiteren Personen und zudem bei Mehrpersonenobjekten auch den Schutz der im gleichen Objekt wohnenden oder anwesenden sonstigen Personen beabsichtigt hat. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit wird durch Art. 100 BV (Menschenwürde) und 101 BV (Handlungsfreiheit) garantiert (ständige Rechtsprechung; VerfGH vom 30.4.1987 VerfGHE 40, 58/61; vom 21.12.1989 VerfGHE 42, 188/194; vom 17.5.2006 VerfGHE 59, 63/74). Der Schutz der Bevölkerung vor Gefahren für Leben und Gesundheit zählt zu den überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern, die Grundrechtsbeschränkungen rechtfertigen können (VerfGH vom 25.6.2010 VerfGHE 63, 83/97; vom 27.9.2023 – Vf. 62-VII-20 – Rn. 80). Die Schutzpflicht des Staates für Leben und Gesundheit ergibt sich zudem aus Art. 99 BV (vgl. VerfGH vom 12.10.1994 VerfGHE 47, 207/ 223; vom 15.7.2004 VerfGHE 57, 84/98). Der Gesetzgeber verfolgt also einen legitimen Zweck.
57
Soweit die Antragsteller meinen, die angegriffene Norm solle lediglich dem – nur eingeschränkt zulässigen – Selbstschutz der Wohnungseigentümer und Mieter dienen, geht diese Annahme schon angesichts der dargestellten umfassenderen gesetzgeberischen Zielrichtung fehl.
58
Ebenso unzutreffend ist die Annahme der Antragsteller, ein „Schutz des Gemeinwesens“ (wobei insoweit wohl auf den Begriff des Gemeinwohls in Art. 103 Abs. 2 BV Bezug genommen werden soll) sei nicht beabsichtigt, weshalb die Vorschrift nicht durch die Sozialbindung des Eigentums zu rechtfertigen sei. Das Gebot der Sozialbindung in Art. 103 Abs. 2 bzw. Art. 158 BV, das Art. 14 Abs. 2 GG entspricht (VerfGH vom 29.6.1977 VerfGHE 30, 67/72), eröffnet die gesetzgeberische Befugnis zu einer am Gemeinwohl orientierten Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums. Wenn der Gesetzgeber Eigentümern und Besitzern Pflichten zur Installation und Wartung von Rauchwarnmeldern auferlegt, nimmt er damit wie dargestellt ihm obliegende grundrechtliche Schutzpflichten zum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit aller sich in den Wohnungen aufhaltenden Personen und/oder der sich in benachbarten Wohnungen aufhaltenden Personen, also potenziell nahezu der gesamten Bevölkerung, wahr. Die Grundrechtsnormen der Art. 100 und 101 BV sowie Art. 99 BV gebieten den staatlichen Organen auch, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen (vgl. VerfGHE 57, 84/98; 63, 83/98). Bei Erfüllung dieser Schutzpflichten nimmt der Gesetzgeber damit unzweifelhaft Belange des Gemeinwohls im Sinn des Art. 103 Abs. 2 BV wahr.
59
(b) Der Gesetzgeber durfte auch davon ausgehen, dass die durch die angegriffene Regelung geschaffenen Verpflichtungen zur Installation und Wartung von Rauchwarnmeldern dazu beitragen können, das mit ihnen verfolgte Ziel zu erreichen und den ihnen zugedachten Zweck zu erfüllen (vgl. zum Gebot der Geeignetheit VerfGH BayVBl 2022, 702 Rn. 101 m. w. N.). Angesichts der eingeschränkten Sinneswahrnehmung im Schlaf liegt es auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung, dass ein durch Brandrauch ausgelöstes akustisches Signal dazu beitragen kann, gefährdete Personen frühzeitig zu alarmieren, damit sie sich in Sicherheit bringen bzw. Hilfe anfordern können. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber sich insoweit insbesondere auf die Einschätzungen von Institutionen stützt, die kraft der ihnen zugewiesenen Aufgaben besonders fachkundig sind: Den Feuerwehren ist nach Art. 4 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes der abwehrende Brandschutz als gesetzliche Aufgabe zugewiesen; ihre Fachkunde bezüglich des Nutzens von Rauchwarnmeldern in Wohnungen, wie sie in den Fachinformationen der Feuerwehren dargestellt werden, steht außer Zweifel.
60
Soweit die Antragsteller generell behaupten, Rauchwarnmelder seien nicht tauglich, um Todesfälle und Verletzungen durch Feuer und Rauch zu verhindern, also die Eignung der Geräte an sich infrage stellen, und zur Begründung auf journalistische Darstellungen verweisen sowie die fehlenden Beweise und statistischen Belege für einen Zusammenhang bemängeln, ist im Übrigen auf den grundsätzlich weiten Beurteilungs- und Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers zu verweisen. Der Verfassungsgerichtshof kann fachbezogene Erwägungen grundsätzlich nur darauf überprüfen, ob sie offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind (VerfGHE 63, 83/98). Die Einschätzung des Gesetzgebers hinsichtlich der Eignung von Rauchwarnmeldern zur Reduzierung von Gefahren für Leben und Gesundheit ist jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar.
Sie stützt sich vielmehr auf Erfahrungen fachkundiger Institutionen und ist ohne Weiteres plausibel und einleuchtend. Der Gesetzgeber war, da er sich auf Erkenntnisse aus Fachkreisen, die plausibel, nachvollziehbar und nicht eindeutig widerlegt waren, stützen konnte, auch nicht verpflichtet, zusätzlich selbst entsprechende tatsächliche Untersuchungen zur Nützlichkeit von Rauchwarnmeldern anzustellen oder zu beauftragen.
61
Soweit die Antragsteller die Eignung der angegriffenen Vorschrift zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels mit der Argumentation bestreiten, Rauchwarnmelder würden statistisch betrachtet keine Leben retten, die Zahl der Brandopfer gehe überall zurück und ein Zusammenhang zwischen Rauchwarnmeldern und Brandopfern sei statistisch nicht zu belegen, ist ebenfalls auf die Beurteilungs- und Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, die der Verfassungsgerichtshof nur eingeschränkt überprüfen kann, zu verweisen. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht gehalten, vor dem Erlass einer gesetzlichen Regelung statistische Erhebungen zu deren voraussichtlicher Wirksamkeit einzuholen. Es ist auch insoweit nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber sich auf Einschätzungen von Fachinstitutionen stützt. So wird in dem Positionspapier bayerischer Feuerwehrverbände und des AGBF Bayern auf die sich aus der Brandschadenstatistik Hamburgs ergebende deutliche Reduzierung der Zahl der Brandtoten seit der dortigen Einführung der Rauchwarnmelderpflicht im Jahr 2006 Bezug genommen. Weiterhin wird darin darauf verwiesen, dass sich im Ausland in Ländern mit einer Rauchwarnmelderpflicht bei einer Ausstattungsquote von ca. 80% die Opferzahlen etwa halbiert hätten. Darauf durfte sich der Gesetzgeber auch ohne das Vorliegen repräsentativer Statistiken oder etwaiger Evaluierungen in anderen Bundesländern aufgrund seiner Einschätzungsprärogative stützen. Von den Antragstellern wird auch nichts Belastbares dafür vorgetragen, dass die Einschätzung des Gesetzgebers hinsichtlich der Kausalität als fehlerhaft widerlegt worden wäre. In den von ihnen in Bezug genommenen Beiträgen wird die Kausalität unter Hinweis auf Verbesserungen bei der Prävention, Reduzierung der Zahl der Raucher u. Ä. lediglich in Zweifel gezogen bzw. bestritten. Die Argumentation der Antragsteller zu einer angeblichen Verengung des Beurteilungsspielraums und einem angeblich erhöhten Maßstab an Kontrolldichte für die Tatsachenermittlung und Tatsachenbewertung im Hinblick darauf, dass es nicht um einen Sachbereich von überragendem gesellschaftlichen Gewicht, sondern um eine einfache Detailfrage des Bauordnungsrechts gehe, greift zu kurz. Wie dargelegt verfolgt der Gesetzgeber mit der bauordnungsrechtlich angeordneten Rauchwarnmelderpflicht den Schutz von Leben und Gesundheit der sich in den Wohnungen (und Nachbarwohnungen) aufhaltenden Personen, also den Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter und damit ein gesamtgesellschaftliches Interesse.
62
Soweit die Antragsteller vorbringen, eine etwaige Tauglichkeit werde durch negative Effekte aufgehoben, ist dies keine Frage der Eignung, sondern der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn.
63
(c) Die angegriffene Regelung ist zur Zweckerreichung auch erforderlich. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass ein anderes, gleich wirksames und die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels nicht zur Verfügung steht (vgl. zum Kriterium der Erforderlichkeit VerfGH BayVBl 2022, 702 Rn. 105 m. w. N.). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber auf der Grundlage des ihm zukommenden weiten Einschätzungs- und Prognosespielraums ersichtlich davon ausging, dass durch eine Fortführung und weitere Intensivierung der bereits begonnenen und über einen längeren Zeitraum fortgeführten Informationskampagne zum Zweck der Erhöhung der Zahl der Rauchwarnmelder auf freiwilliger Basis nicht dasselbe Schutzniveau erreicht werden würde wie durch eine gesetzlich angeordnete Verpflichtung. Gestützt wird diese Einschätzung durch die Feststellung in dem bereits mehrfach angesprochenen Positionspapier „Rauchmelder retten Leben!“ aus dem Jahr 2012, dass trotz der in Bayern seit zwei Jahrzehnten von Staat, Kommunen und Fachinstitutionen betriebenen Aufklärungskampagne die Mehrzahl der Haushalte noch nicht über Rauchwarnmelder verfüge. Dabei wurde Bezug genommen auf Erhebungen des Instituts Forsa (Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH), einem der führenden Markt- und Meinungsforschungsinstitute in Deutschland. Diese belegten, dass die Rauchwarnmelderausstattung in Bundesländern mit Rauchwarnmelderpflicht für private Haushalte maßgeblich höher sei als in Ländern ohne eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung und dass in Bundesländern mit gesetzlicher Pflicht der Ausstattungsgrad um durchschnittlich 40% gestiegen sei.
64
(d) Die angegriffene Vorschrift ist auch verhältnismäßig im engeren Sinn, sie greift nicht in unangemessener Weise in Grundrechtspositionen ein. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinn verlangt, dass die von der Regelung ausgehende Grundrechtsbeeinträchtigung für die Betroffenen noch in einem angemessenen und vernünftigen Verhältnis zu dem dadurch erreichbaren Rechtsgüterschutz stehen muss. Der Einzelne muss Beschränkungen seiner Grundrechte hinnehmen, wenn überwiegende Allgemeininteressen dies rechtfertigen. Insoweit ist eine umfassende Güterabwägung notwendig, die aber nur dann zu einer Korrektur führt, wenn die betroffenen Individualinteressen ersichtlich schwerer wiegen als die die Grundrechtsbeeinträchtigung auslösenden Allgemeinwohlinteressen. Bei der Ermittlung der im Einzelfall relevanten Maßstäbe kommt den in dem betreffenden Bereich vorhandenen gesetzgeberischen Wertentscheidungen erhebliches Gewicht zu. Handelt der Gesetzgeber in Erfüllung der ihm nach Art. 100 und 101 BV sowie Art. 99 BV obliegenden Schutzpflichten, liegt es grundsätzlich in seinem Verantwortungsbereich zu entscheiden, ob, mit welchem Schutzniveau und auf welche Weise Situationen entgegengewirkt werden soll, die nach seiner Einschätzung zu Schäden führen können. Auch hierbei kommt ihm grundsätzlich ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu (VerfGHE 63, 83/100 m. w. N.). Der Gesetzgeber hat die Ausgewogenheit zwischen der Art und Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigungen einerseits und den zum Eingriff berechtigenden Tatbestandselementen andererseits zu wahren. Bedeutsam ist vor allem, unter welchen Voraussetzungen welche und wie viele Grundrechtsträger wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind und unter welchen Voraussetzungen dies geschieht. Ein maßgebliches Kriterium ist also die Intensität der Beeinträchtigung. Auf Seiten der Gemeinwohlinteressen ist das Gewicht der Ziele und Belange maßgeblich, denen die Regelung dient (vgl. VerfGH vom 28.3.2003 VerfGHE 56, 28/49; BayVBl 2022, 702 Rn. 108 ff. m. w. N.).
65
Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Beeinträchtigung und dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe ist die Grenze des Zumutbaren im vorliegenden Fall ohne jeden Zweifel gewahrt. Die durch Art. 46 Abs. 4 BayBO Eigentümern und unmittelbaren Besitzern auferlegten Verpflichtungen zur Installation und Wartung von Rauchwarnmeldern greifen angesichts des vergleichsweise geringen finanziellen, zeitlichen und organisatorischen Aufwands für die Erfüllung dieser Pflichten allenfalls marginal in Grundrechte ein. Eine im Verhältnis zu dem verfolgten Zweck unangemessene Belastung ist nicht ansatzweise erkennbar.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund des von den Antragstellern angeführten Arguments der Gefahr vermehrter Fehlalarme bei einer flächendeckenden Ausstattung mit Rauchwarnmeldern (von der auch in dem Positionspapier „Rauchmelder retten Leben!“ ausgegangen wird). Eine erhöhte Zahl von Fehlalarmen in – nach Einschätzung von Feuerwehrverbänden und des AGBF Bayern – geringem Umfang sowie in deren Folge die vereinzelte Entstehung von (wegen des Haftungsprivilegs für Rettungseinsätze) nicht zu ersetzenden Sachschäden ist angesichts des hohen Werts der zu schützenden Rechtsgüter hinzunehmen, zumal Fehlalarme durch die korrekte Installation eines zertifizierten Produkts und dessen ordnungsgemäße regelmäßige Wartung minimiert werden. Etwaige Unfälle und Sachschäden infolge der Installation und Wartung der (regelmäßig an der Decke anzubringenden) Rauchwarnmelder können durch sorgsame Vorgehensweise vermieden werden. Im Übrigen ist die von den Antragstellern behauptete Zunahme von Stürzen bei der Wartung der Geräte durch nichts belegt.
67
bb) Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106 Abs. 3 BV) wird durch die angegriffene Regelung ebenfalls nicht verletzt.
68
(1) Art. 106 Abs. 3 BV schützt die räumliche Privatsphäre des Bürgers und untersagt Organen der öffentlichen Gewalt, gegen den Willen des Wohnungsinhabers in diese einzudringen (VerfGH vom 30.1.2006 VerfGHE 59, 23/25; vom 10.10.2007 VerfGHE 60, 179/182). Soweit das Gesetz einen Wohnungseigentümer zur Installation und Wartung von Rauchwarnmeldern in der von ihm selbst bewohnten Wohnung verpflichtet, ist der Schutzbereich des Grundrechts nicht tangiert; dies wird von den Antragstellern auch nicht behauptet. Die angegriffene Norm kann den Schutzbereich der Unverletzlichkeit der Wohnung aus der Perspektive des unmittelbaren Besitzers allenfalls insoweit berühren, als der Gesetzgeber den Wohnungseigentümer zur Anbringung von Rauchwarnmeldern in dessen Wohnung verpflichtet.
69
(2) Eine Verletzung des Art. 106 Abs. 3 BV durch die angegriffene Norm ist nicht ersichtlich. Anders als in der Konstellation, die der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 26. April 2022 zugrunde lag, bei der die Satzungsermächtigung ein behördliches Betretungsrecht umfasste (vgl. BayVBl 2022, 475 Rn. 66, 68 ff.), begründet die Vorschrift lediglich bauordnungsrechtlich eine Verpflichtung zur Installation von Rauchwarnmeldern für den Eigentümer. Die Umsetzung dieser Verpflichtung bleibt zunächst den Beteiligten, sinnvollerweise durch eine einvernehmliche Absprache, überlassen. Gegebenenfalls hat die Durchsetzung der bauordnungsrechtlichen Verpflichtung gemäß Art. 54 Abs. 2 BayBO zu erfolgen. Dem Schutzgehalt des Art. 106 Abs. 3 BV, der nur vor bestimmten Beeinträchtigungen bewahren und eine räumliche Sphäre zur Entfaltung des Privatlebens gewährleisten will (vgl. BVerfG vom 26.5.1993 BVerfGE 89, 1/12), trägt die angegriffene Vorschrift ausreichend Rechnung. Sie dient, wie ausgeführt, dem Ziel, Leben und Gesundheit sämtlicher in der Wohnung befindlichen Personen sowie (in Mehrparteiengebäuden) sämtlicher sich in benachbarten Wohnungen aufhaltenden Personen zu schützen. Hierbei handelt es sich um Güter von hohem Rang, die der Gesetzgeber zu schützen hat. Damit indirekt verbundene geringfügige Belästigungen hat ein Wohnungsinhaber hinzunehmen. Sofern der unmittelbare Besitzer sich in einem Mietverhältnis mit dem verpflichteten Eigentümer befindet, hat er im Übrigen mietvertraglich aus verschiedensten Gründen Zugang zur Wohnung zu gewähren (zur Abrechnung von Betriebskosten nach §§ 556 ff. BGB, zur Erhaltung des vertragsgemäßen Zustands nach § 535 Abs. 1 Satz 2, § 555 a BGB, zur Durchführung sonstiger Modernisierungsmaßnahmen nach §§ 555 b ff. BGB). Die Zivilgerichte haben insoweit auf eine sozialverträgliche und zumutbare Konkretisierung zu achten.
70
cc) Die angegriffene Regelung verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV.
71
Der Gleichheitssatz untersagt dem Normgeber, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz verlangt jedoch keine schematische Gleichbehandlung, sondern lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Er verbietet Willkür. Der Gesetzgeber handelt nicht schon dann willkürlich, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste wählt. Es bleibt vielmehr seinem Ermessen überlassen zu entscheiden, in welcher Weise dem allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Nur wenn die äußersten Grenzen dieses Ermessens überschritten sind, wenn für die getroffene Regelung jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 19.7.2016 VerfGHE 69, 207 Rn. 40; BayVBl 2022, 736 Rn. 37). Die Anwendung des Gleichheitssatzes beruht auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen, die nie in allen, sondern immer nur in einzelnen Elementen gleich sind. Es liegt im Ermessen des an das Willkürverbot gebundenen Gesetzgebers zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse dafür maßgebend sind, dass diese im Recht gleich oder verschieden behandelt werden. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (VerfGH vom 15.4.1987 VerfGHE 40, 45/50 f.). Sachgründe, die für eine Differenzierung stets erforderlich sind, müssen dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sein.
72
Anhand dieser Vorgaben lässt sich eine gleichheitswidrige Regelung des Gesetzgebers hier nicht feststellen. Dass der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Installation dem Eigentümer auferlegt hat, ist sachlich gerechtfertigt. Der Eigentümer ist grundsätzlich für die Verkehrssicherung verantwortlich und zieht Nutzen aus dem Eigentum, es ist daher sachgerecht, ihm auch die bauordnungsrechtliche Installationspflicht aufzuerlegen. Es entspricht deshalb gängiger Praxis, dass bauliche Veränderungen und Ausstattungen vom Eigentümer vorgenommen werden. Aus einer Verpflichtung ergibt sich zwangsläufig die Berechtigung zur Umsetzung der Verpflichtung – im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben; inwieweit hierin eine Ungleichbehandlung liegen soll, ist nicht nachvollziehbar. Sachlich sinnvoll und daher jedenfalls nicht gleichheitswidrig erscheint es andererseits, die Wartungspflicht grundsätzlich dem unmittelbaren Besitzer, der sich, anders als der Eigentümer, beständig in der betroffenen Wohnung aufhält und damit unmittelbar Zugriff auf den Rauchwarnmelder hat, aufzuerlegen. Unverständlich ist die Argumentation der Antragsteller, der Eigentümer sei hinsichtlich der ihm auferlegten Verpflichtungen frei, für den Mieter sei die Beachtung jedoch zwingend. Art. 46 Abs. 4 BayBO ordnet für Eigentümer und unmittelbare Besitzer jeweils bauordnungsrechtliche Verpflichtungen an, die für beide gleichermaßen bindend sind. Ebenfalls nicht gefolgt werden kann der Auffassung, es bedeute eine Ungleichbehandlung, dass ein Mieter Installation und Wartung durch den Eigentümer dulden müsse, auch wenn er bereits selbst einen Rauchwarnmelder angebracht habe; eine Installationspflicht für den Mieter sieht die Vorschrift schon nicht vor, ebenso wenig eine Wartungspflicht für einen außerhalb einer Verpflichtung angebrachten Rauchwarnmelder. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung irrelevant ist auch der Hinweis auf die steuerliche Absetzbarkeit; Art. 46 Abs. 4 BayBO trifft ausschließlich eine bauordnungsrechtliche Regelung, etwaige steuerliche Folgen ergeben sich aus den Vorschriften des Steuerrechts. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Argumentation, der Mieter habe Anschaffungs- bzw. Wartungskosten als Betriebskosten zu tragen; die Möglichkeiten zur Verteilung der Betriebskosten richten sich nach dem in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers fallenden Mietrecht. Völlig unverständlich ist schließlich die Argumentation der Antragsteller, die nach Art. 46 Abs. 4 Satz 4 BayBO bestehende Möglichkeit, die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft an sich zu ziehen, bedeute gegenüber Eigentümern, die ihre Wohnung selbst bewohnen, eine Ungleichbehandlung.
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dd) Die angegriffene Norm verletzt auch nicht das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV). Dieses Grundrecht tritt als allgemeines Auffanggrundrecht gegenüber speziellen grundrechtlichen Sicherungen zurück (VerfGH vom 23.8.2011 VerfGHE 64, 149/158; vom 17.7.2017 VerfGHE 70, 137 Rn. 88; vom 27.8.2018 VerfGHE 71, 235 Rn. 25; Funke in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 101 Rn. 1). Art. 101 BV ist auch im vorliegenden Fall subsidiär, es ist nicht ersichtlich, dass das Grundrecht über die durch Art. 103 und 106 BV gewährleisteten Schutzfunktionen hinaus tangiert sein könnte.
VI.
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Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).