Inhalt

OLG Nürnberg, Beschluss v. 02.11.2023 – 8 W 2163/23
Titel:

Streitwertbestimmung Stufenklage - Auskunft über Beitragsanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung

Normenketten:
GKG § 40, § 44, § 68
ZPO § 254
Leitsatz:
Der Streitwert einer Stufenklage, mit der zunächst Auskunft über Beitragsanpassungen im Rahmen einer privaten Krankenversicherung verlangt wird und bei der es nicht mehr zu einer Bezifferung des Feststellungs- und Leistungsantrags kommt, kann nicht anhand von Durchschnittswerten aus einer Vielzahl anderer Verfahren betreffend Prämienrückforderungen festgesetzt werden. Vielmehr ist der Streitwert nach § 44 GKG zu bestimmen, dh es ist der höchste der auf den einzelnen Stufen geltend gemachte Werte maßgebend. Das ist regelmäßig der zu erwartende Zahlungsanspruch, der sogleich rechtshängig wird. (Rn. 8 – 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Streitwertfestsetzung, Stufenklage, Feststellungs- und Leistungsantrags, Durchschnittswerte, private Krankenversicherung, Prämienrückforderung, Beitragsanpassung, Auskunft, Schätzung
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 27.09.2022 – 8 O 2412/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35244

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.09.2022, Az. 8 O 2412/22, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Parteien streiten über die Streitwertfestsetzung für ein erstinstanzliches Klageverfahren, dem Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung zugrunde lagen.
2
Der Kläger hatte eine Stufenklage erhoben, mit der er Auskunft über alle in den Jahren 2014 bis 2022 erfolgten Beitragsanpassungen durch Vorlage diverser Unterlagen forderte. Der Klageantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen blieb zunächst 8 W 2163/23 – Seite 2 – ebenso unbeziffert wie der Zahlungsantrag. In der Klageschrift hatte der Kläger den Streitwert mit 18.963,00 € angegeben.
3
Mit (rechtskräftigem) Endurteil vom 27.09.2022 hat das Landgericht die Klage vollständig abgewiesen (Bl. 135 ff. d.A. – LG). Es hat außerdem den Streitwert auf 4.000,00 € festgesetzt und hierzu ausgeführt, dass mangels anderer Anhaltspunkte eine entsprechende Schätzung gemäß § 3 ZPO erfolge (LGU 10).
4
Gegen diese Streitwertfestsetzung haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 24.04.2023 aus eigenem Recht Beschwerde erhoben und beantragt, den Wert auf 18.963,00 € zu erhöhen (Bl. 154 ff. d.A. – LG).
5
Die Beklagte hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Beschluss vom 30.10.2023 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 163 f. d.A. – LG).
II.
6
1. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist statthaft gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG. Sie wurde auch fristgerecht erhoben (§§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG). Über das Rechtsmittel entscheidet der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG).
7
2. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolgt. Das Landgericht hat den Streitwert im angefochtenen Beschluss vom 27.09.2022 zu Recht auf 4.000,00 € festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG).
8
Im Fall einer – wenngleich unzulässigen – Stufenklage ist der Streitwert nach § 44 GKG zu bestimmen, d.h. es ist der höchste der auf den einzelnen Stufen geltend gemachte Werte maßgebend. Dies ist regelmäßig der zu erwartende Zahlungsanspruch, der sogleich rechtshängig wird, so dass gem. § 40 GKG auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift abzustellen ist. Bleibt die Klage – wie im Streitfall – auf der Auskunftsstufe stecken, kommt den gem. § 61 Satz 1 GKG, § 253 Abs. 3 Nr. 2 ZPO erfolgten Wertangaben des Klägers naturgemäß besondere Bedeutung zu. Sie sind für das Gericht jedoch nicht bindend, sondern nur indiziell zu berücksichtigen (vgl. BeckOK-KostR/Jäckel, GKG, § 61 Rn. 7 ff. m.w.N. [Stand: 01.07.2023]).
9
In der Klageschrift (Seite 68) hatte der Kläger angegeben, aufgrund der Auswertung einer „riesigen Datenmenge“ seiner Prozessbevollmächtigten ergebe sich für den Leistungsantrag eine durchschnittliche Anspruchshöhe von 1.178,00 € pro Jahr und für den Feststellungsantrag ein durchschnittlicher Wert von 929,00 € pro Jahr. Demnach sei von einem Streitwert von 18.963,00 € auszugehen.
10
Die Ermittlung des Streitwertes anhand von Durchschnittswerten aus einer Vielzahl anderer Verfahren betreffend Prämienrückforderungen stellt jedoch keine taugliche Methode dar. Sie berücksichtigt nicht, dass das wirtschaftliche Interesse gerade für das konkrete Verfahren ermittelt werden muss (vgl. ausführlich LG Nürnberg-Fürth, r+s 2023, 910). Zu diesem originären Interesse hat der Kläger allerdings keine tragfähigen Angaben gemacht und etwaige Anhaltspunkte sich für den Senat auch nicht ersichtlich. Es war daher gerechtfertigt, den Wert gem. § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO auf 4.000,00 € zu schätzen (vgl. Senatsurteil vom 14.03.2022 – 8 U 2907/21, juris Rn. 56).
11
3. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
12
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).