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AG Kronach, Endurteil v. 29.08.2023 – 1 C 79/23
Titel:

Übergegangener unbegründeter Schadensersatzanspruch wegen längerer stationärer Verweildauer in einem Krankenhaus 

Normenkette:
SGB X § 116
Leitsatz:
Die medizinische Erforderlichkeit ist eine Sachverständigenfrage und dem Zeugenbeweis nicht zugänglich. Zeugen sollen und dürfen lediglich Tatsachen bekunden, die zuvor von der beweisbelasteten Partei jedoch konkret geschildert werden müssen. (Rn. 5 – 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
konservative Therapie, medizinische Erforderlichkeit, Zeugenbeweis, Beweislast, Sachverständigengutachten
Fundstelle:
BeckRS 2023, 35118

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 452,80 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

1
Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
2
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 452,80 € aus übergegangenem Schadensersatz gem. § 116 SGB X.
3
Der Vortrag des Klägers bezüglich der Notwendigkeit einer 5-tägigen Verweildauer des Versicherten im Krankenhaus ist unzureichend und daher einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Die Einvernahme der angebotenen Zeugen wäre reine unzulässige Ausforschung.
4
Das Gericht hatte den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2023 darauf hingewiesen, dass er vollumfänglich beweispflichtig ist und konkret vortragen muss, welche Behandlungen, Untersuchungen usw. nach dem 09.04.2021 durchgeführt wurden, die einen stationären Verbleib des Versicherten bis 13.04.2021 erforderten. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Nachbesserung seines Vortrags binnen 2 Wochen eingeräumt. Innerhalb der Frist trug der Kläger jedoch lediglich vor, dass der Versicherte am 09.04.2021 eine Kribbelparästhesie im Bereich des linken Armes entwickelte und am 09.04.2021 ein MRT durchgeführt wurde, bei der eine Bandscheibenprotusion auf Höhe HWK 5/6 festgestellt wurde. Es sei ein konservatives Vorgehen durch einen hinzugezogenen Neurochirurgen empfohlen worden und am Tage der Entlassung habe beim Versicherten noch eine Restsymptomatik bestanden. Eine stationäre konservative Therapie bis 13.04.2021 sei daher medizinisch erforderlich gewesen. Zum Beweis werden die 2 behandelnden Ärzte als Zeugen angeboten.
5
Der Vortrag genügt insoweit nicht den Anforderungen. Es wird nicht ansatzweise vorgetragen, welche Behandlungen/Untersuchungen nach dem 09.04.2021 beim Versicherten noch durchgeführt wurden, welche Feststellungen die Ärzte wann und wie getroffen haben, welche konkreten Beschwerden beim Versicherten an welchem Tag vorgelegen haben und warum der Aufenthalt über den 12.04.2021 hinaus (bis zu diesem Tag hat die Beklagte den Aufenthalt bezahlt) erforderlich war, insbesondere da offensichtlich eine konservative Therapie empfohlen wurde, d.h. kein operativer Eingriff o.ä. erfolgte. Der angebotene Zeugenbeweis stellt daher einen reinen Ausforschungsbeweisantrag dar, der unzulässig ist und dem daher nicht nachgegangen werden muss. Die Angaben der Ärzte sollen insoweit erst den fehlenden Vortrag des Klägers ersetzen.
6
Die medizinische Erforderlichkeit ist zudem eine Sachverständigenfrage und dem Zeugenbeweis nicht zugänglich. Zeugen sollen und dürfen lediglich Tatsachen bekunden, die zuvor von der beweisbelasteten Partei jedoch konkret geschildert werden müssen. Ein Sachverständigengutachten zum Nachweis der medizinischen Erforderlichkeit war mangels konkreter Anknüpfungstatsachen (es wurden seitens des Klägers keinerlei Behandlungsunterlagen o.ä. vorgelegt) ebenfalls nicht einzuholen.
7
Der beweisbelastete Kläger hat daher weder ausreichend vorgetragen noch zulässigen Beweis für seine Behauptungen angeboten, so dass ihm kein weiterer Zahlungsanspruch gegen die Beklagte mehr zusteht.
8
Mangels Hauptanspruch besteht auch kein Anspruch auf Zinsen.
9
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
10
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
11
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.