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OLG München, Hinweisbeschluss v. 02.11.2023 – 18 U 4551/22
Titel:

Schadensersatz wegen Diesel-Abgasskandal -  Vorteilsanrechnung wegen gefahrener Kilometer 

Normenkette:
ZPO § 513 Abs. 1, § 522 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Klagepartei hat jedenfalls dann keinen Schadenersatzanspruch wegen des Erwerbs eines angeblich vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs (mehr), wenn ein etwaiger Schaden jedenfalls durch die vorzunehmende Vorteilsausgleichung kompensiert wird. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein Fahrzeugkäufer Nutzungen in Gestalt von gefahrenen Kilometern gezogen hat. Dieser Vorteil wird vom Ersatzanspruch abgezogen, ohne dass es hierfür einer Gestaltungserklärung der Beklagten bedarf. Hinsichtlich der Höhe der Nutzungen trifft den Käufer eine sekundäre Darlegungslast. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Schadensersatz, Ersatzanspruch, Vorteil, Laufleistung, Darlegungslast
Vorinstanz:
LG München II, Urteil vom 20.07.2022 – 11 O 814/22
Fundstelle:
BeckRS 2023, 34923

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 20.07.2022, Az. 11 O 814/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 20.07.2022 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2
Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dies zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Das Landgericht hat die auf Schadensersatz wegen des Erwerbs eines angeblich vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs gerichtete Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen.
3
Die Klagepartei hat jedenfalls dann keinen Schadenersatzanspruch (mehr), wenn ein etwaiger Schaden jedenfalls durch die vorzunehmende Vorteilsausgleichung kompensiert wird. Außerdem kann die Höhe eines etwaigen Schadenersatzanspruchs seitens des Gerichts nicht berechnet werden, wenn die Klagepartei den hierfür benötigten Kilometerstand des Fahrzeugs nicht mitteilt.
4
Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein Fahrzeugkäufer Nutzungen in Gestalt von gefahrenen Kilometern gezogen hat. Da der Vorteil und der Ersatzanspruch gleichartig sind, wird der Vorteil vom Ersatzanspruch abgezogen, ohne dass es hierfür einer Gestaltungserklärung der Beklagten bedarf. Hinsichtlich der Höhe der Nutzungen trifft den Käufer eine sekundäre Darlegungslast. Denn die Laufleistung des Fahrzeugs seit dem Tag der Fahrzeugübergabe liegt außerhalb des Wahrnehmungsbereichs der Beklagten (vgl. z.B. MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl., § 249 BGB, Rn. 279 m.w.N.).
5
Mit Verfügung vom 29.09.2023 hatte der Vorsitzende deshalb konkret Vortrag u.a. zum aktuellen Kilometerstand, zum Restwert und zu einem etwaigen Verkaufserlös angefordert, um das Vorliegen eines etwaigen Schadens prüfen zu können. Soweit ersichtlich, wurden diese Fragen im 69-seitigen Schriftsatz der Klägervertreter vom 27.10.2023 aber nicht beantwortet.
II.
6
Zur Vermeidung weiterer Kosten regt der Senat die Zurücknahme der offensichtlich unbegründeten Berufung an. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz).