Titel:
Unzulässige Beschwerde gegen Ablehnung eines Antrags auf Berichtigung eines Versteigerungsprotokolls
Normenketten:
RPflG § 11 Abs. 2
ZVG § 78
ZPO § 164
Leitsätze:
1. Die Beschwerde gegen die Protokollberichtigung oder die Ablehnung eines darauf gerichteten Antrags ist nur zulässig, wenn die beantragte Protokollberichtigung als unzulässig abgelehnt wird oder ein Unzuständiger entschieden hat. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen, so ist die Entscheidung unanfechtbar, da der Zweck der Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG sich darin erschöpft, eine Entscheidung eines Richters herbeiführen zu können. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Durch eine unrichtige Angabe einer Rechtsbehelfsbelehrung wird ein unstatthaftes Rechtsmittel nicht statthaft. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Protokollberichtigung, Beschwerde, Erinnerung, unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung, Statthaftigkeit, Unanfechtbarkeit
Vorinstanz:
AG Wolfratshausen, Beschluss vom 25.04.2023 – 2 K 19/21
Fundstelle:
BeckRS 2023, 34577
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 25.04.2023, Az. 2 K 19/21, wird verworfen.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1
Über die öffentliche Sitzung das Amtsgerichts zum Versteigerungstermin am 11.11.2022 wurde durch die vorsitzende Rechtspflegerin und die Justizangestellte als Protokollführerin eine Niederschrift erstellt (Blatt 81/85).
2
Im Verkündungstermin vom 18.11.2022 wurde der Zuschlagsbeschluss verkündet (Blatt 100/101 bzw. 102/106).
3
Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 01.12.2022 beantragte der Antragsgegner Protokollberichtigung und legte sofortige Beschwerde gegen den Zuschlagsbeschluss ein (Blatt 112/124). Dabei beantragte er, in das Protokoll neue Sätze einzufügen mit einem im Antrag vorgegebenen Inhalt, bestimmte Absätze gemäß dem Antrag neu zu fassen sowie bestimmte Sätze zu streichen (Blatt 113).
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Mit Beschluss vom 09.01.2023 wies die Rechtspflegerin des Amtsgerichts den Antrag auf Berichtigung des Protokolls vom 11.11.2023 vollumfänglich zurück (Blatt 138/142).
5
Gegen diesen Beschluss legte der Antragsgegner durch Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 31.01.2023 (Blatt 144/148) Erinnerung ein und beantragte auch hier, in das Protokoll neue Sätze einzufügen, Absätze gemäß dem Antrag neu zu fassen sowie bestimmte Sätze zu streichen.
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Mit Beschluss vom 19.04.2023 half die Rechtspflegerin des Amtsgerichts der Erinnerung nicht ab, § 11 Abs. 2RPflG.
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Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 25.04.2023 wies die Richterin am Amtsgericht die Erinnerung gegen den Beschluss vom 09.01.2023 zurück. Die Verantwortlichkeit für den Protokollinhalt sei gemäß den §§ 163,164 ZPO ausschließlich den Teilnehmern der Sitzung übertragen, es bestehe keine gesetzliche Kompetenz des für die Entscheidung über die Erinnerung zuständigen Richters, den Inhalt des Protokolls zu ändern. Auf die weiteren Einzelheiten des Beschlusses wird Bezug genommen (Blatt 163/164).
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Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 11.05.2023 legte der Antragsgegner gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein (Blatt 165/169). Auf die dort gestellten Anträge und die Begründung wird inhaltlich verwiesen.
9
Mit Verfügung vom 19.05.2023 (Blatt 170) wies die Richterin am Amtsgericht die Antragsgegnerseite als Beschwerdeführer darauf hin, dass mit dem Beschluss vom 25.04.2023 eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden sei, die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss sei nicht statthaft. Werde die Erinnerung vom Gericht als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen, so sei die Entscheidung unanfechtbar, denn der Zweck der Rechtspflegererinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RPflG erschöpfe sich darin, eine Entscheidung des Richters herbeiführen zu können. Die sofortige Beschwerde sei daher unzulässig. Der Antragsgegner möge binnen einer Woche mitteilen, ob die sofortige Beschwerde trotzdem aufrechterhalten bleiben solle.
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Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht.
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Am 19.06.2023 legte das Amtsgericht die sofortige Beschwerde im Beschwerdegericht vor (Blatt 171).
12
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss vom 25.04.2023 ist unzulässig.
13
Die Berichtigung des Protokolls gemäß § 78 ZVG richtet sich nach § 164 ZPO. Eine Beschwerde ist gegen die Protokollberichtigung bzw. deren Ablehnung grundsätzlich nicht zulässig, weil dem übergeordneten Gericht mangels Teilnahme an dem Termin eine Überprüfung des Protokollinhalts nicht möglich ist; eine Einschränkung dieses Grundsatzes und somit eine Ausnahme besteht für den Fall, dass die beantragte Protokollberichtigung als unzulässig abgelehnt wird oder ein Unzuständiger entschieden hat (Stöber/Becker, ZVG, 23. Aufl., § 78, Rn. 13; OLG München, Beschluss vom 09.10.1980, Az. 25 W 1709/80, OLGZ 1980, 465 (466); Böttcher, ZVG, 7. Aufl., § 78, Rn. 3; Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 78 ZVG, Rn. 8 und 9).
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Vorliegend war der Antrag auf Protokollberichtigung ausschließlich auf inhaltliche Abänderung gerichtet, er wurde von der Rechtspflegerin nicht wegen Unzulässigkeit, sondern als unbegründet zurückgewiesen.
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Grundsätzlich ist damit gegen die Ablehnung der Protokollberichtigung kein Rechtsmittel gegeben.
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Gemäß § 11 Abs. 2 RPflG findet die Erinnerung gegen Entscheidungen des Rechtspflegers statt, wenn gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
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Offenbleiben kann hier, ob, wie es Becker in Stöber, ZVG, 23. Aufl., § 78, Rn. 13, vertritt, folgerichtig auch eine Berichtigung des Rechtspflegers (bzw. deren Ablehnung) entgegen § 11 Abs. 2 RPflG unanfechtbar sein muss, weil auch hier nur die Personen berichtigen können, die in der Verhandlung selbst tätig waren.
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Vorliegend hat die Richterin am Amtsgericht mit dem hier angefochtenen Beschluss entschieden und die Erinnerung zurückgewiesen. Wird die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen, so ist die Entscheidung unanfechtbar, da der Zweck der Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG sich darin erschöpft, eine Entscheidung eines Richters herbeiführen zu können (MüKoZPO/Hamdorf, 6. Aufl., § 11 RPflG, Rn. 7; Schmid, Rechtspflegergesetz, § 11, Rn. 2 a.E.).
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Daran ändert auch die unrichtig erteilte Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Beschluss (über ein Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde) nichts. Durch eine unrichtige Angabe einer Rechtsbehelfsbelehrung wird ein unstatthaftes Rechtsmittel nicht statthaft (MüKoZPO/ Stackmann, 6. Aufl., § 232 ZPO, Rn. 14; BGH, Beschluss vom 21.02.2007, NJW-RR 2007, 1071; BGH, Beschluss vom 20.07.2011, Az. XII ZB 445/10, NJW-RR 2011,1569).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.