Titel:
Erfolgloser Zulassungsantrag: Gleichwertigkeit einer litauischen Friseurausbildung
Normenketten:
VwGO § 86, § 124 Abs. 2
HwO § 50c Abs. 1 S. 1 Nr. 2
AEUV Art. 56, Art. 57
Leitsätze:
1. Die Gleichwertigkeit einer Friseurausbildung in Litauen kann im Hinblick auf den deutschen Meisteritel anhand des Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR) überprüft werden. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen des Stellens von Beweisanträgen in der mündlichen Verhandlung, zu kompensieren. Bloße Ankündigungen von Beweisanträgen in vorbereitenden Schriftsätzen ersetzen weder förmliche Beweisanträge noch lösen sie für sich genommen eine Ermittlungspflicht aus. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Feststellung der Gleichwertigkeit der Meisterausbildung im Friseurhandwerk in Litauen, Gleichwertigkeit, Meisterausbildung, Friseurhandwerk, Litauen, Friseurausbildung, Europäischer Qualifikationsrahmen, Aufklärungsrüge
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 01.03.2023 – AN 4 K 21.710
Fundstellen:
GewA 2024, 123
BeckRS 2023, 34285
LSK 2023, 34285
Tenor
I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. März 2023 – AN 4 K 21.710 – wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,00 € festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus der Begründung des Zulassungsantrags, die für die Überprüfung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblich ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), nicht ergibt, dass einer der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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1. Die Klägerin macht in ihrem Schriftsatz vom 7. August 2023 lediglich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.).
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Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung, dass ein Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Gleichwertigkeit nach § 50c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Handwerksordnung (HwO) in der zuletzt am 9. November 2022 geänderten Fassung (bis zum 30.6.2021 in § 50b HwO geregelt) nicht vorliegt, damit begründet, dass die in Litauen absolvierte Ausbildung der Klägerin auch unter Berücksichtigung sonstiger Befähigungsnachweise nicht mit der Meisterausbildung in dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk gleichwertig sei. Hierfür fehle es hinsichtlich des am 5. Dezember 2019 erteilten Berufsausbildungsdiploms bereits an der Befähigung zu vergleichbaren beruflichen Tätigkeiten. Das mit Berufsausbildungszertifikat vom 5. Dezember 2019 von der Geschlossenen Aktiengesellschaft für Verbraucherdienstleistungen „Eliza“ aus Litauen bescheinigte abgeschlossene Schulungsprogramm „Fachfriseur“ befähige nicht zu dem Friseurmeisterhandwerk vergleichbaren beruflichen Tätigkeiten. Ausweislich der dem Berufsausbildungsdiplom beigefügten Übersicht der Niveaus des litauischen Qualifikationsrahmens befähige dieser dem litauischen Niveau III zugeordnete Abschluss dazu, die berufliche Tätigkeit unter der partiellen Aufsicht des Mitarbeiters der höheren Qualifikation beziehungsweise selbständig unter der äußeren Qualitätskontrolle der Leistung auszuüben. Damit sei davon auszugehen, dass die in der Friseurmeisterverordnung (Friseur-MstrV) beschriebene selbständige Tätigkeit gerade nicht ermöglicht werde, sondern eine Befähigung erreicht worden sei, die zwar die Ausübung der handwerklichen Tätigkeit umfasse, nicht aber die erheblich weitergehenden, in § 2 Abs. 1 Friseur-MstrV beschriebenen beruflichen Komponenten, die den Kern der Tätigkeit als Meister/in ausmachten. Auch hinsichtlich der im Anschluss an die Ausbildung absolvierten fakultativen Zusatzdisziplinen, die der Klägerin mit einem als „Friseurmeister-Befähigungszertifikat“ übertitelten Dokument von der „UAB Eliza“ am 25. November 2020 ausgestellt und durch Schreiben der Direktorin vom gleichen Tag erläutert worden sei, ergebe sich keine Befähigung zu vergleichbaren beruflichen Tätigkeiten. Unter Berücksichtigung dieser „fakultativen Disziplinen“ sei nicht davon auszugehen, dass es sich um einen Ausbildungsnachweis handele, der in dem Friseurmeisterhandwerk die Befähigung zu vergleichbaren beruflichen Tätigkeit belege, § 50c Abs. 2 Nr. 1 HwO. Es sei nicht von zwei voneinander zu unterscheidenden Ausbildungen auszugehen und auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen Kurse liege keine Befähigung zu gleichwertigen Tätigkeiten vor. Dabei treffe es schon nicht zu, dass es sich bei der litauischen Berufsausbildung um eine Weiterqualifikation handele, die auf der primären Berufsausbildung in Deutschland aufbaue. Ausweislich des von der Beklagten in Bezug genommenen AIKOS Informationsportals handele es sich bei der absolvierten Ausbildung um ein Programm, das als Mindestausbildung die Sekundarstufe voraussetze, wozu die Angaben aus der Bestätigung vom 25. November 2020 jedenfalls teilweise im Widerspruch zu den sonstigen Angaben stünden. Daneben könne – unabhängig von der Einordnung der Ausbildung als Berufserstausbildung – unter Berücksichtigung der Bestandteile der litauischen Aus- bzw. Weiterbildung vor und nach dem 5. Dezember 2019 nicht davon ausgegangen werden, dass sich hinsichtlich der Klassifikation in den litauischen und europäischen Referenzrahmen eine wesentlich andere Zuordnung als der im Berufsausbildungsdiplom erfolgten ergäbe. Selbst wenn man – anders als das Gericht – davon ausgehen würde, dass der Ausbildungsnachweis der Klägerin unter Berücksichtigung des „Friseurmeister-Befähigungszertifikats“ vom 25. November 2020 im Sinne des § 50c Abs. 2 Nr. 1 HwO die Befähigung zu dem Friseurmeisterabschluss vergleichbaren beruflichen Tätigkeiten belegen würde, läge die Voraussetzung des § 50c Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 HwO nicht vor, weil wesentliche Unterschiede zwischen der litauischen Berufsausbildung und dem Abschluss als Friseurmeister/in anzunehmen wären. Dies ergebe sich bereits daraus, dass von einem wesentlichen Unterschied von den Fertigkeiten und Kenntnissen der Friseurmeisterprüfung auszugehen sei, weil bei der nach § 50c Abs. 3 Nr. 1 Hs. 2 Alt. 2 HwO zu berücksichtigenden Dauer von einem erheblichen Unterschied auszugehen sei.
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1.1 Die Klägerin bringt zunächst vor, dass das Urteil gegen Art. 56, 57 AEUV verstoße. Die nationalen Rechtsvorschriften seien im Lichte der Vorschriften der Europäischen Union auszulegen. Das Verwaltungsgericht habe festgestellt, dass die litauische Ausbildung nicht das litauische Niveau V erreiche und deshalb der Meisterprüfung nach deutschem Recht nicht im Sinne des § 50c Abs. 1 Nr. 2 HwO gleichwertig sei. Das Gericht stelle dabei allein auf den formalen Referenzrahmen und das AIKOS Informationsportal ab. Es sei jedoch zweifelhaft, dass diese Datenbank verbindliche Auskünfte enthalte. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass es in Litauen kein höheres Ausbildungsniveau als das ihre gebe. Sie habe in der Klagebegründung beantragt, eine Stellungnahme zur Frage, ob die litauische Ausbildung zur Friseurmeisterin der deutschen entspreche, einzuholen. Das Verwaltungsgericht sei darauf nicht eingegangen. Die Anforderungen in einem Handwerksberuf müssten sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit richten. Die Anforderungen im Friseurhandwerk seien geringer als in anderen Handwerksberufen.
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1.1.1 Damit zieht die Klägerin die Richtigkeit der Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Gleichwertigkeit des Ausbildungsnachweises nach § 50c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HwO nicht in Zweifel. Das Vorgehen des Verwaltungsgerichts, die Gleichwertigkeit der Ausbildung der Klägerin anhand des in der Bescheinigung vom 5. Dezember 2019 angegebenen Niveaus des europäischen und litauischen Qualifikationsrahmens zu überprüfen, ist nicht zu beanstanden. Die Bildungsminister der EU und das Europäische Parlament haben mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR) einen gemeinsamen Referenzrahmen als Übersetzungsinstrument zwischen verschiedenen Qualifikationssystemen und deren Niveaus beschlossen (vgl. Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2017 (2017/C 189/03)). Dieser Europäische Qualifikationsrahmen macht nationale Qualifikationen europaweit verständlich und fördert so die Mobilität von Beschäftigten und Lernenden und deren lebenslanges Lernen. Er ist der Referenzrahmen für den Vergleich der verschiedenen nationalen Qualifikationssysteme. Kernstück des EQR sind acht Referenzniveaus. Sie beschreiben Lernergebnisse, also das, was Lernende wissen, verstehen und in der Lage sind, zu tun. Der 2008 von den europäischen Institutionen verabschiedete und 2017 überarbeitete EQR wird europaweit umgesetzt. Dazu entwickeln die Mitgliedstaaten eigene nationale Qualifikationsrahmen. Ihre Niveaus werden den Niveaus des EQR zugeordnet. Damit dient der EQR als europäischer Metarahmen, der den Vergleich der verschiedenen nationalen Bildungssysteme in Europa erleichtert. Die Niveaus des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) wurden im Rahmen der sogenannten Referenzierung „1:1“ den Niveaus des EQR zugeordnet. Deutsche Qualifikationen, die dem DQR zugeordnet wurden, sind somit gleichzeitig dem entsprechenden EQR-Niveau zugeordnet (Bundesministerium für Bildung und Forschung unter https://www.dqr.de/dqr/de/der-dqr/dqr-und-eqr/dqr-und-eqr_node.html). Die jeweiligen nationalen Referenzniveaus entsprechen also dem diesbezüglichen europäischen Referenzniveau. Für Litauen ist dies in Nr. 4.9 des Befehls Nr. V-231 betreffend die Genehmigung des Inhalts, der Form und des Erstellungsverfahrens des Berufsausbildungsdiploms und des Berufszertifikats vom 23. März 2015 geregelt.
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Vor diesem Hintergrund durfte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, dass der Ausbildungsnachweis der Klägerin vom 5. Dezember 2019 mit dem litauischen Niveau III dem deutschen Niveau III entspricht und damit nicht dem Niveau V, das die erforderlichen Lernergebnisse für das Führen des Meistertitels abbildet. Entgegen der Annahme der Klägerin kommt es für die Bestimmung des Qualifikationsniveaus nicht darauf an, ob es sich um eine sicherheitsrelevante bzw. relativ anspruchsvolle Berufsausbildung handelt oder mit welcher Führungsspanne in der Regel in dem erlernten Beruf gearbeitet wird, da der EQR bzw. die nationalen Referenzrahmen nicht zwischen den jeweiligen Berufsausbildungen bzw. den Anforderungen bei der künftigen Berufsausübung unterscheiden, sondern bestimmte Lernergebnisse abstrakt einem Qualifikationsniveau zuordnen.
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Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich auch nicht ansatzweise, weshalb die Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts gegen Art. 56, 57 AEUV verstoßen sollte. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihre in Litauen absolvierte Ausbildung der deutschen Meisterprüfung im Friseurhandwerk gleichwertig ist, um sich mit einem eigenen Friseurgeschäft in Deutschland niederzulassen. Diese Tätigkeit ist europarechtlich von der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV und nicht von der Dienstleistungsfreiheit der Art. 56 ff. AEUV umfasst. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des EuGH zur Dienstleistungsfreiheit führt somit nicht weiter. Die Niederlassungsfreiheit garantiert Inländergleichbehandlung und beinhaltet ein Diskriminierungsverbot. Da aber auch von deutschen Staatsangehörigen zur Führung des Meistertitels das Qualifikationsniveau V bzw. VI des EQR bzw. des entsprechenden deutschen Qualifikationsrahmens verlangt wird, stellt das Erfordernis, dass die Klägerin nachweist, ihre Ausbildung entspreche diesem Qualifikationsniveau, keine Diskriminierung dar. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch darauf hat, dass ihre in Litauen absolvierte Ausbildung zur Friseurmeisterin als der deutschen Ausbildung gleichwertig anerkannt wird. Dies betrifft die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die sekundärrechtlich in der sog. Anerkennungsrichtlinie 2005/36/EG, geändert durch RL 2013/55/EU, geregelt ist. Für den Bereich der in Anlage A der HwO aufgeführten Berufe, dazu gehören auch Friseure, erfolgte die Umsetzung der Anerkennungsrichtlinie durch das Anerkennungsgesetz vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2515) und eine entsprechende Änderung der Bestimmungen der HwO (insb. § 50b ff. HwO a.F.). Alle Personen mit einer ausländischen Ausbildung erhielten einen Anspruch auf Überprüfung der Gleichwertigkeit ihrer im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen mit einem deutschen Berufsabschluss. Die Einführung des EQR und der entsprechenden nationalen Qualifikationsrahmen dient der Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung von Berufsausbildungen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sich aus der Anerkennungsrichtlinie ein Anspruch auf Anerkennung ihrer in Litauen erworbenen Qualifikation als Meisterprüfung nach deutschem Recht ohne Gleichwertigkeitsprüfung ergäbe.
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1.1.2 Weiter hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass auch das Dokument von der „UAB Eliza“ vom 25. November 2020 und das Schreiben der Direktorin vom selben Tag der Klägerin keine für das Führen des deutschen Meistertitels erforderliche Qualifikation bescheinigen. Entgegen den Empfehlungen des Rates vom 22. Mai 2017 (2017/C 189/03), wonach die Nationalstaaten den EQR verwenden sollen, und dem? oben genannten Befehl? vom 23. März 2015 enthält die Bestätigung vom 25. November 2020 anders als die Diplomurkunde vom 5. Dezember 2019 keine Aussage über das mit fakultativen Zusatzkursen verbundene Qualifikationsniveau. Sie bezieht sich vielmehr ausdrücklich auf die Diplomurkunde vom 5. Dezember 2019, die jedoch nur das Qualifikationsniveau III bescheinigt. Soweit die Klägerin auf das Schreiben der Direktorin vom 25. November 2020 verweist, kommt diesem aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen keine für die die Gleichwertigkeit der Ausbildung feststellende Stelle bindende Wirkung zu. Das Gleiche gilt für den Hinweis im letzten Absatz (beginnend mit „Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen“) auf der Bestätigung von der „UAB Eliza“ vom 25. November 2020.
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1.1.3 Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der mit dem Diplom und der Bescheinigung attestierte Umfang und die Inhalte der Ausbildung nicht als dem deutschen Friseurmeisterabschluss gleichwertig anzusehen sind, ist die Klägerin im Zulassungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Das Verwaltungsgericht hat seine Rechtsauffassung damit begründet, dass es sich bei der litauischen Ausbildung um keine Weiterqualifikation handele, die auf einer primären Berufsausbildung aufbaue, und sich auch unter Berücksichtigung der fakultativen Disziplinen bei Heranziehung des litauischen Referenzrahmens nicht das Niveau V, das insoweit zumindest ähnliche wie die in § 2 Abs. 1 Friseur-MstrV festgehaltenen Anforderungen beschreibe, erreicht werde. Die Klägerin bringt demgegenüber nur vor, dass das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Rechtsauffassung nicht die Auskünfte aus dem AIKOS Informationsportal hätte heranziehen dürfen, geht aber nicht darauf ein, dass nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Ausbildungsinhalte der Ausbildung der Klägerin nicht dem litauischen Referenzniveau V genügen. Die diesem Referenzniveau zugeordneten Lernergebnisse ergeben sich nicht aus dem AIKOS Informationsportal, sondern aus den Beschreibungen des litauischen Referenzrahmens, der Bestandteil der Diplomurkunde vom 5. Dezember 2019 ist.
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1.2 Bezüglich der das Urteil des Verwaltungsgerichts selbständig tragenden Erwägung, dass selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 50c Abs. 1 HwO die Voraussetzung des § 50c Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 HwO nicht gegeben wäre, weil wesentliche Unterschiede zwischen der litauischen Berufsausbildung und dem Abschluss als Fri-seurmeister/in in Deutschland anzunehmen wären, bringt die Klägerin vor, dass allein die Dauer der Ausbildung nicht ausschlaggebend sein könne. Jedenfalls sei aber die Dauer der von der Klägerin absolvierten fakultativen Disziplinen mit einem Umfang von 300 Stunden nicht so gering, dass sie von vornherein wesentlich geringwertiger als der deutsche Meisterprüfungskurs angesehen werden könne. Damit erfüllt die Klägerin bereits nicht die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. § 50 Abs. 3 Nr. 1 HwO bestimmt ausdrücklich, dass bei der Frage, ob die im Ausland erworbene Befähigung wesentliche Unterschiede zur entsprechenden Meisterprüfung aufweist, die Dauer der Ausbildung zu berücksichtigen ist. Bezüglich der Ausbildungsdauer ist ein Soll-Ist-Vergleich durchzuführen. Diesen Vergleich hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf den den fakultativen Disziplinen entsprechenden Zeitumfang mit dem Stundenumfang der Teile II und III der deutschen Meisterprüfung sowie der Gesamtdauer der Ausbildung in Litauen und Deutschland vorgenommen. Die dabei festgestellten erheblichen Unterschiede hinsichtlich der Dauer lassen sich mit dem Hinweis, dass die geringere Dauer der Ausbildung für die fakultativen Disziplinen nicht zu einer wesentlichen Geringwertigkeit der Ausbildung führe, nicht entkräften, weil es insoweit lediglich auf den Soll-Ist-Vergleich der Dauer und nicht der Qualität der Ausbildung ankommt.
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2. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass sie in der Klagebegründung beantragt habe, eine Stellungnahme zur Frage, ob die litauische Ausbildung zur Friseurmeisterin der deutschen entspreche, einzuholen, aber das Verwaltungsgericht darauf nicht eingegangen sei und es die Inhalte des AIKOS Informationsportals nicht in die mündliche Verhandlung oder sonst in das Verfahren eingeführt habe, sodass sie dazu auch nicht Stellung habe nehmen können, macht sie sinngemäß das Vorliegen des Zulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend. Dieser Zulassungsgrund ist jedoch bereits nicht hinreichend dargelegt und liegt auch nicht vor.
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2.1 Bezüglich der Nichteinholung einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung oder der Kultusministerkonferenz benennt die Klägerin zwar mit dem Verweis auf § 86 Abs. 1 VwGO eine Norm, aus deren Missachtung durch das Gericht sich ein Verfahrensfehler ergeben könnte. An einer Darlegung der sonstigen Voraussetzungen des Zulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO fehlt es jedoch. Die Klägerin zeigt nicht auf, aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ergab sich aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen sowohl in formeller Hinsicht (Qualifikationsniveau) als auch inhaltlich, dass es an einer Gleichwertigkeit der von der Klägerin in Litauen absolvierten Ausbildung und der deutschen Friseurmeisterprüfung fehlt. Insbesondere hat es die Klägerin unterlassen, in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden unbedingten Beweisantrag zu stellen. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen des Stellens von Beweisanträgen in der mündlichen Verhandlung, zu kompensieren. Bloße Ankündigungen von Beweisanträgen in vorbereitenden Schriftsätzen ersetzen weder förmliche Beweisanträge noch lösen sie für sich genommen eine Ermittlungspflicht aus (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 75). Zudem sind die Handwerkskammern für diejenigen Anerkennungsverfahren zuständig, bei denen ein Handwerksberuf als inländische Referenzqualifikation heranzuziehen ist, so dass es an einer entsprechenden Kompetenz der von der Klägerin genannten Stellen zur Beantwortung der Frage nach der Gleichwertigkeit der jeweiligen Ausbildungen fehlt.
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2.2 Bezüglich der Einbeziehung der Informationen aus dem AIKOS Informationsportal benennt die Klägerin schon keinen Verfahrensfehler. Sinngemäß beruft sie sich wohl auf eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung von rechtlichem Gehör. Die Klägerin legt aber weder dar, dass die Entscheidung auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruht noch was sie bei ordnungsgemäßer Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Auch liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht vor, weil bereits die Beklagte auf die Auskünfte aus dem AIKOS Informationsportal in der Klageerwiderung Bezug genommen hatte, sie somit Gegenstand des Verfahrens waren und der Klägerin auch das Schreiben der Beklagten vom 2. Mai 2022, das wesentliche Informationen zum AIKOS Informationsportal enthält, zugeleitet worden ist. Die im AIKOS Informationsportal recherchierte Frage, ob die der Klägerin mit Diplom vom 5. Dezember 2019 bescheinigte Ausbildung auf einer Erstausbildung aufbaut, war im Übrigen für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich, weil bereits die Ausbildungsinhalte nicht dem erforderlichen Referenzniveau genügen und zudem wesentliche Unterschiede in der Ausbildung bestehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 54.3.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
16
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 VwGO).