Titel:
Erfolglose Klage auf Zahlung eines weiteren Ausgleichs für Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr
Normenketten:
PBefG § 45a Abs. 1, Abs. 2 S. 1, § 57 Abs. 1 Nr. 9
PBefAusglV § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die "Fahrplanangebote" im Sinne von § 3 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 Alt. 1 PBefAusglV ist unternehmens- und linienbezogen, nicht auf den Verbundfahrplan insgesamt bezogen bzw. nutzerbezogen. (Rn. 27 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. In der Einstellung einer rechtswidrigen oder zumindest fragwürdigen Verwaltungspraxis liegt kein Ermessensfehlgebrauch (Anschluss an BFH BeckRS 2005, 25007900). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausgleichspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Straßenpersonenverkehr, Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr, Ansatz der Gültigkeitstage im Verkehrsverbund, Vertrauen auf die bisherige Berechnungspraxis, Straßenpersonenverkehr, gemeinwirtschaftliche Leistungen, Ausgleich, Mindereinnahmen, Ausbildungsverkehr, Gültigkeitstage, Berechnungspraxis, Vertrauensschutz
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 21.01.2020 – Au 3 K 17.454
Fundstelle:
BeckRS 2023, 34258
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin, ein Personenbeförderungsunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, begehrt einen höheren Ausgleich für Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr für das Kalenderjahr 2013.
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Sie betreibt mehr als 60 Regionalbuslinien im Rahmen des Augsburger Verkehrs- und Tarifverbunds (AVV) und befördert auf diesen Linien u.a. Personen mit Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr, die in bestimmten aufgedruckten Tarifzonen für alle Linien des AVV gelten. Der AVV teilt den beteiligten Verkehrsunternehmen nach einem vereinbarten Schlüssel einen Anteil an der Gesamtzahl der verkauften Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr zu.
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Mit Rundschreiben vom 26. Mai 1981 hatte das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr zu Fragen im Zusammenhang mit dem Ansatz von Gültigkeitstagen im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV dahingehend Stellung genommen, dass als Gültigkeitstage die Tage angesetzt werden könnten, an denen für den Auszubildenden nach Fahrplan eine Fahrtmöglichkeit bestehe und diese Fahrtmöglichkeit durch Tarifbestimmungen nicht ausgeschlossen sei. Beim Betrieb von mehreren Linienverkehren, die teils von Montag bis Samstag, teils nur von Montag bis Freitag durchgeführt würden, seien für die in den einzelnen Linienverkehren verkauften Monatskarten jeweils die Gültigkeitstage anzusetzen, die sich nach den Fahrplänen ergäben. Ein Ansatz von 26 Gültigkeitstagen sei nur möglich, wenn der Auszubildende mit seiner am Samstag gültigen Monatskarte von „seiner“ Haltestelle (Wohnort) aus die Teilstrecke am Samstag befahren könne. Die Benutzung einer anderen, in geringer Entfernung (1 bis 2 km) befindlichen Haltestelle könne noch als unschädlich angesehen werden.
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Mit Schreiben vom 1. Juli 1996 erklärte das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, dass grundsätzlich nur der Ausnutzungsfaktor für Schultage anzusetzen sei, wenn eine Linie nur an Schultagen betrieben werde. Würden innerhalb der bedienten Zonen jedoch auch andere Linien mit Betriebszeit von Montag bis Samstag verkehren, könne der Ausnutzungsfaktor 26 Tage angesetzt werden, da für die gesamte Woche eine Fahrtberechtigung bestehe.
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Am 16. Mai 2014 stellte die Klägerin einen Formularantrag auf Gewährung eines Ausgleichs für gemeinwirtschaftliche Leistungen im Ausbildungsverkehr nach § 45a PBefG für das Kalenderjahr 2013 sowie einer Vorauszahlung für das Kalenderjahr 2014.
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Mit Schreiben vom 24. Juni 2016 korrigierte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr die Rechtsanwendung beim Ansatz von Gültigkeitstagen für Parallelverkehre anderer Unternehmen und erklärte das ministerielle Schreiben vom 1. Juli 1996 für nicht weiter anwendbar. Hinsichtlich der Gültigkeitstage könne ein Wert inklusive der Samstagsbedienung nur dann angesetzt werden, wenn der Auszubildende mit seiner an Samstagen gültigen Monatskarte von seiner Haltestelle aus aufgrund der Verkehrsbedienung durch den gleichen Unternehmer auch am Samstag fahren könne. Die Benutzung einer anderen, in geringer Entfernung befindlichen Haltestelle könne als unschädlich angesehen werden, soweit diese von demselben Unternehmen bedient werde, das den Verkehr von Montag bis Freitag bediene. Für noch nicht beschiedene Anträge könne aufgrund des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aufgrund der Äußerung des Wirtschaftsministeriums vom 1. Juli 1996 kein Vertrauensschutz gewährt werden. Es liege keine echte Rückwirkung vor. Die Verwaltung sei verpflichtet, bei erkannter Rechtswidrigkeit für die Zukunft die Ansprüche rechtmäßig festzusetzen. Ferner lägen nicht die Voraussetzungen vor, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bei ähnlichen Interessenlagen vom Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung durch Einzelmaßnahmen aus Vertrauensschutzgründen abgewichen werden könne. Das Rechnungsprüfungsamt habe die Praxis der Bestimmung der Gültigkeitstage bereits 1995 gerügt.
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Mit Bescheid vom 20. September 2016 setzte die Regierung von Schwaben unter Anwendung der ministeriellen Maßgaben den Ausgleichsanspruch für das Kalenderjahr 2013 auf 4.079.415 EUR,- fest und bewilligte der Klägerin als Ausgleich für die Beförderung Auszubildender nach Abzug bereits geleisteter Vorauszahlungen eine Abschlusszahlung in Höhe von 163.681,- EUR.
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Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 19. Oktober 2016 Widerspruch ein, soweit der Bescheid die Zuordnung der Fahrausweise im AVV betraf.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2017 setzte die Regierung von Schwaben den Ausgleichsanspruch für das Jahr 2013 auf 4.089.133,- EUR fest, gewährte eine Restzahlung von 9.718,- EUR und wies den Widerspruch im Übrigen mit der Begründung zurück, Ausgleichsleistungen würden nur für genehmigte Linienverkehre des jeweiligen Unternehmers erbracht. Leistungen anderer Unternehmer auf parallelen Linien könnten nicht als Begründung für den Ansatz höherer Gültigkeitstage anerkannt werden. Dies widerspreche dem Grundgedanken des § 45a PBefG, der einen leistungs- und unternehmensbezogenen Ausgleich gewähren solle. Andernfalls könnten sämtliche Verkehrsunternehmer den Höchstsatz für die jeweils eigenen Linien beanspruchen. Auch die grundsätzliche Nutzungsberechtigung des Zeitfahrausweises rechtfertige nicht den Ansatz von maximalen Gültigkeitstagen. In § 3 Abs. 2 PBefAusglV werde neben tariflichen Einschränkungen ausdrücklich ein begrenztes Fahrplanangebot als Kürzungsgrund genannt. Es handele sich um zwei selbstständige Kürzungskriterien, die sich nicht gegenseitig heilen könnten. Unerheblich sei auch, dass bereits die Einnahmeaufteilung durch den Verbund und die damit verbundene Zuweisung der Karten an bestimmte Unternehmer einer fehlenden Samstagsbedienung Rechnung trügen. Hierbei handele es sich um ein von § 45a PBefG unabhängiges Verfahren. Die Anzahl der zugeteilten Karten sei keine Voraussetzung für die Kürzung wegen eines begrenzten Fahrplanangebots. Die Leistungen nach § 45a PBefG würden auch Nicht-Verkehrsverbünden gewährt. Nur § 3 Abs. 3 PBefAusglV treffe eine Regelung für Verkehrsverbünde. Wäre das Verkehrsunternehmen neben der danach erfolgenden Erhöhung der Beförderungsfälle so zu stellen, als hätte es auch am Samstag eine Verkehrsleistung erbracht, käme das einer Mehrfachanrechnung des Kooperationsumstands gleich. Der Verbundzuschlag solle gerade Verluste durch sog. „Parallellinien“ ausgleichen. Dabei würden auch die Gültigkeitstage berücksichtigt, da ja die Beförderungsfälle und nicht nur die Anzahl der verkauften Fahrkarten um den Verbundzuschlag erhöht würden. Auch die Berufung auf Vertrauensschutz sei nicht gerechtfertigt, da für das Jahr 2013 noch keine Festsetzungen getroffen worden seien. Den Unternehmern sei bekannt gewesen, dass das Ministerium die Berechnungspraxis hinterfrage. Das Schreiben des Ministeriums vom 1. Juli 1996 regele nur den singulären Einzelfall des AVV. Im ministeriellen Schreiben vom 24. Juni 2016 sei festgestellt worden, dass die damalige Regelung der systematischen Auslegung der Personenbeförderungs-Ausgleichsverordnung widerspreche.
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Am 24. März 2017 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Beklagten unter entsprechender Abänderung des Bescheids der Regierung von Schwaben vom 20. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2017 zu verpflichten, den Ausgleichsanspruch in Höhe von 4.290.692,37 EUR, hilfsweise in Höhe von 4.154.980,- EUR und weiter hilfsweise, in Höhe von 4.108.778,- EUR festzusetzen.
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Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 21. Januar 2020 ab. Die Klägerin habe für das Kalenderjahr 2013 keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Ausgleichs für Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr gemäß § 45a Abs. 1, § 57 Abs. 1 Nr. 9 PBefG i.V.m. § 3 Abs. 1 PBefAusglV. Für die streitige Ausnutzung der Zeitfahrausweise seien 2,3 Fahrten je Gültigkeitstag zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 PBefAusglV). Dabei sei die Woche mit höchstens 6 Tagen, der Monat mit höchstens 26 Tagen und das Jahr mit höchstens 240 Tagen anzusetzen (§ 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 PBefAusglV). Diese Werte könnten unterschritten werden, soweit Fahrplan-angebote nicht vorhanden seien oder tarifliche Einschränkungen bestünden oder nur ausbildungsnotwendige Tage berücksichtigt werden sollten (§ 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV). Der Begriff „Gültigkeitstag“ im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 2 PBefAusglV habe auch eine materielle Bedeutung. Die formale Gültigkeit der ausgegebenen Zeitfahrausweise genüge nicht; es müsse ein tatsächliches Verkehrsangebot an dem fraglichen Tag geben. Maßgeblich für die Berechnung der Ausnutzung seien die Tage, an denen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs Fahrleistungen in Anspruch genommen werden könnten. Das Erfordernis der tatsächlichen Nutzbarkeit des Fahrausweises folge aus Sinn und Zweck der Ausgleichsregelung des § 45a PBefG, den Verkehrsunternehmen einen (hälftigen) Ausgleich dafür zu gewähren, dass ihnen aus sozialen Gründen betriebswirtschaftlich nicht kostendeckende Tarifgestaltungen für den Ausbildungsverkehr „zugemutet“ würden. Dementsprechend setze der Ausgleichsanspruch nicht nur einen genehmigten Linienverkehr voraus, sondern auch dessen tatsächliche Durchführung, ohne die dem Verkehrsunternehmen keine Beförderungskosten und keine auszugleichenden Mindereinnahmen entstünden. Eine historische Betrachtungsweise stütze dieses Ergebnis. Wenige Jahre nach Inkrafttreten des § 45a PBefG zum 1. Januar 1977 habe das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr mit dem an die nachgeordneten Behörden gerichteten Rundschreiben vom 26. Mai 1981 zusammenfassend festgestellt, dass als Gültigkeitstage die Tage anzusetzen seien, an denen für den Auszubildenden nach Fahrplan eine Fahrtmöglichkeit bestehe und diese durch Tarifbestimmungen nicht ausgeschlossen sei. Hiervon sei das Staatsministerium ersichtlich auch in seinem Schreiben vom 1. Juli 1996 ausgegangen, mit dem es die Regierung von Schwaben darauf hingewiesen habe, dass grundsätzlich nur der Ausnutzungsfaktor für Schultage anzusetzen sei, wenn eine Linie nur an Schultagen betrieben werde. Für die Berechnung der Ausgleichsleistungen sei festzustellen, an welchen Tagen ein Betrieb stattfinde. Dementsprechend habe der Oberbundesanwalt im Jahr 2000 vor dem Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass anerkanntermaßen auch eine tatsächliche Einschränkung des Verkehrsangebots an unterrichtsfreien Tagen als Reduzierung der Gültigkeitsdauer von Zeitfahrscheinen im Ausbildungsverkehr zu werten sei. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht diesen Hinweis im Urteil vom 7. September 2000 (3 C 31.99) nicht aufgegriffen und ohne Auseinandersetzung mit dieser Rechtsproblematik nur auf die tariflich geregelte Gültigkeitsdauer der Zeitfahrausweise abgestellt habe, habe es der dezidierten Auffassung der Vorinstanz, für die Berechnung der Ausgleichsleistungen seien die Tage maßgeblich, an denen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs Fahrleistungen in Anspruch genommen werden könnten, nicht widersprochen, obwohl es dies in anderem Zusammenhang ausdrücklich getan habe. Daher sei davon auszugehen, dass das Bundesverwaltungsgericht die langjährige Praxis, Ausgleichszahlungen nur bei einem tatsächlichen Verkehrsangebot zu gewähren, nicht habe ändern wollen. Die auf Initiative des Bundesrats erfolgte Änderung der Personenbeförderungs-Ausgleichsverordnung zum 1. Januar 2003 habe an dieser aus dem Gesetz folgenden und allgemein anerkannten Vorgabe nichts ändern können. Der damals neu eingefügte § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV, wonach die Höchstwerte nach Halbsatz 1 unterschritten werden könnten, soweit Fahrplanangebote nicht vorhanden seien, sei zumindest missverständlich. Nach dem Ausgeführten verbleibe als Anwendungsbereich der ersten Alternative nur der Fall eines Linienverkehrs gemäß § 42 Satz 2 PBefG ohne Fahrplan. Ansonsten sei das der Behörde eingeräumte Kürzungsermessen nach gebotener gesetzeskonformer Auslegung der nachrangigen Norm stets in der Weise auf Null reduziert, dass wegen des fehlenden Verkehrsangebots entsprechend zu kürzen sei. Auch die zweite Alternative des § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV erscheine problematisch. Es erschließe sich nämlich nicht, inwiefern tarifliche Einschränkungen die Gültigkeitstage von Fahrausweisen noch zusätzlich begrenzen könnten. Angesichts der Unstimmigkeiten der ersten beiden Kürzungsalternativen habe das Oberverwaltungsgericht Brandenburg in seinem Urteil vom 30. Juni 1999 (4 A 11/98 – juris Rn. 43) zu der sich bereits damals abzeichnenden Neuregelung formuliert, jene enthielten eher eine Präzisierung des Begriffs der Gültigkeitstage als neu eröffnete Kürzungsmöglichkeiten. Damit sei im Rahmen von § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 Alt. 1 und 2 PBefAusglV bereits kein Ermessen gegeben, so dass Ermessensfehler nicht in Betracht kämen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin ebenso wenig berufen, auch wenn bei ihren Anträgen in der Vergangenheit nach § 45a PBefG im Rahmen von § 3 Abs. 2 PBefAusglV jeweils die Höchstwerte hinsichtlich der Gültigkeitstage anerkannt worden seien. Eine rechtswidrige Verwaltungspraxis könne auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensgrundsatzes keinen Anspruch auf ein Verwaltungshandeln gegen das Gesetz begründen. Die Klägerin habe, wie hilfsweise geltend gemacht, auch keinen Anspruch auf weitere Ausgleichszahlungen in Höhe von 65.847,- EUR. Nach § 45a PBefG sei jeweils der Unternehmer bzw. das Verkehrsunternehmen anspruchsberechtigt, das die Beförderung durchgeführt habe. Die Vorschrift biete keine Rechtsgrundlage dafür, dass ein Verkehrsunternehmen die Mindereinnahmen eines anderen Verkehrsunternehmens ausgeglichen erhalte, die diesem durch Beförderungsleistungen im Ausbildungsverkehr entstanden seien. Ausgleichsleistungen nach § 45a PBefG könnten jedenfalls nur für genehmigte Linienverkehre des jeweiligen Unternehmers geleistet werden, was auch dann zu gelten habe, wenn die Unternehmen in einem Verkehrsverbund miteinander verbunden seien und ihr Verkehrsangebot aufeinander abgestimmt hätten. Ein Verkehrsverbund lasse die rechtliche und wirtschaftliche Eigenständigkeit seiner Mitglieder unberührt. Die erforderliche personenbeförderungsrechtliche Genehmigung werde nicht dem Verkehrsverbund, sondern dem Unternehmen erteilt, das den jeweiligen Linienverkehr betreibe. Die Auffassung der Klägerin führe dazu, dass eine Beförderungsleistung mehrfach ausgeglichen würde, nämlich einmal zugunsten des Verkehrsunternehmens, das die Leistung erbracht habe, und zusätzlich zugunsten eines oder sogar mehrerer anderer Mitglieder des Verkehrsverbundes, die an dem fraglichen Wochentag (Samstag) bzw. in den Schulferien keine Beförderungsleistung erbrächten. Der besonderen Angebotssituation bei Verkehrsverbünden habe der Normgeber jedoch bereits durch den sog. Verbundzuschlag Rechnung getragen (vgl. § 3 Abs. 3 PBefAusglV). Einen weiteren Ausgleich sehe weder § 45a PBefG noch die hierzu ergangene Personenbeförderungs-Ausgleichsverordnung vor. Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Gewährung eines weiteren Ausgleichs gemäß § 45a PBefG in Höhe von 19.645 EUR zu. Bei der Festsetzung des Ausgleichs sei jede genehmigte Linie einzeln zu betrachten und der Ausgleich damit streng linienbezogen zu berechnen. § 45a Abs. 1 PBefG nehme ausdrücklich auf „Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach den §§ 42 und 43 Nr. 2“ PBefG Bezug. Wer im Sinne von § 1 Abs. 1 PBefG mit Kraftfahrzeugen im Linienverkehr (§§ 42 und 43 PBefG) Personen befördere, müsse gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PBefG im Besitz einer Genehmigung sein. Der Ausgleichsanspruch aus § 45a PBefG sei demnach von vornherein auf den Umfang der Genehmigung beschränkt. Da die Genehmigung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 PBefG jeweils für die einzelne Linie erfolge, sei allein auf die Fahrtmöglichkeit auf dieser abzustellen. Dies gelte auch, wenn bei Verkehrsverbünden die Einzelgesellschafter die Unternehmer seien, die den Ausgleich beanspruchen könnten. Bei der Berechnung der Ausgleichsleistungen seien ihre jeweiligen Erträge oder Ertragsanteile aufgrund von Einnahmeaufteilungsverträgen nach § 5 Abs. 1 PBefAusglV sowie die Zahl der Beförderungsfälle und die mittleren Reiseweiten auf ihren jeweiligen Linien maßgeblich (vgl. im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 3 PBefAusglV in solchen Fällen BVerwG, U.v. 27.3.1992 – 7 C 26.91 – NVwZ 1992, 1198 f.). Der Unternehmer erhalte bereits für die am Samstag bzw. in den Schulferien fahrenden Linien entsprechende Ausgleichszahlungen. Warum er für eine oder sogar mehrere andere Linien, die keine Leistung an Samstagen bzw. in den Schulferien erbrächten, ebenfalls einen höheren Ausgleich erhalten sollte, erschließe sich nicht. Zudem sei völlig unklar, nach welchen Kriterien entschieden werden solle, ob eine auch samstags bzw. in den Schulferien fahrende Linie eine oder mehrere andere Linien ergänze, so dass sie als Einheit betrachtet werden könnten und jeweils höhere Ausgleichsansprüche bestünden. Die ministeriellen Schreiben ließen die Frage unbeantwortet, ob bereits eine nicht angebundene Haltestelle die Berücksichtigungsfähigkeit des Samstags bei der nur von Montag bis Freitag verkehrenden Linie ausschließe oder es hierzu mehrerer bzw. wie vieler nicht angebundener Haltestellen bedürfe. Unklar sei überdies, ob hierbei zwischen „normalen“ und untergeordneten Haltestellen zu unterscheiden sei. Zweifelhaft erscheine zudem, ob ein fehlendes Samstagsangebot auch durch mehrere Linien unter Inkaufnahme eines Umsteigens ausgeglichen werden könne. Soweit das ministerielle Schreiben vom 24. Juni 2016 darauf abstelle, ob der Auszubildende mit seiner Fahrkarte von seiner Haltestelle aus auch am Samstag fahren könne, führe dies in der konkreten Verbundsituation nicht weiter, weil aufgrund der verbundinternen Verteilung der Fahrkarten nicht ermittelt werden könne, wessen Fahrkarte welcher Linie zugeordnet werde. Die Anerkennung von Parallelbedienungen und der damit nötige Vergleich einzelner Linien mit einer oder sogar mehrerer anderer Linien führe zu einem sehr hohen, kaum vertretbaren Verwaltungsaufwand.
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Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie führt aus, das angefochtene Urteil berücksichtige nicht die Besonderheiten der Zuteilung von Zeitfahrausweisen im Verbund bei der Berechnung der Ausgleichsleistung nach § 45a PBefG und verstoße gegen §§ 3, 5 PBefAusglV und die Grundsätze des Vertrauensschutzes. Es müsse unstreitig ein tatsächliches Verkehrsangebot hinsichtlich der auf den Tickets aufgedruckten zeitlichen und räumlichen Gültigkeit vorhanden sein, um den vollen Ausnutzungswert anzusetzen. Da die Mitglieder eines Verkehrsverbunds ihre Zeitfahrausweise wechselseitig anerkennen würden und ein Fahrgast daher mit dem Zeitfahrausweis beliebige genehmigte Linien im aufgedruckten zeitlichen und räumlichen Geltungsbereich in Anspruch nehmen könne, sei es nicht sachgemäß, auf die einzelne genehmigte Linie abzustellen. Die strenge Anknüpfung an den einzelnen Genehmigungsumfang werde vom Gesetz nicht vorgegeben. Nach § 5 PBefAusglV werde die Verbundleistung dem einzelnen Verbundteilnehmer anteilig zugewiesen. Darauf baue die Berechnung seines Ausgleichsanspruchs auf. Das Verwaltungsgericht habe den Ausgleichsanspruch mit seinem Urteil aus dem Jahr 2016 keineswegs auf den genehmigten Linienbetrieb beschränkt. Vielmehr sei es darum gegangen, dass für die Ausnutzung des Tickets keine ohne Genehmigung erbrachten und damit im Sinne von § 61 PBefG ordnungswidrigen Fahrleistungen hätten herangezogen werden dürfen. Die Klägerin und die übrigen Verbundunternehmen seien hingegen auf der Grundlage von Genehmigungen tätig. Auch wenn in § 45a Abs. 1 PBefG von Linienverkehr die Rede sei, werde damit kein strenger Linienbezug des Ausgleichs hergestellt. Die Vorschrift stelle auf die Einbußen des Unternehmers für seine Leistungen aufgrund der im Ausbildungsverkehr gewährten Vergünstigungen ab. Wenn Tickets für einen Verkehrsraum (Zonen) im Verkehrsverbund ausgegeben würden, sei die Gefahr einer doppelten Kompensation nicht gegeben. Der Zeitausweis vermittle dem Ausweisinhaber die Berechtigung, von allen Verbundunternehmen Leistungen in Anspruch zu nehmen. Daher sei auf das tatsächliche Angebot des Verbunds abzustellen. Die ausgegebenen Zeitfahrausweise würden verbundintern nach einem bestimmten vereinbarten Schlüssel den jeweiligen Unternehmern zugeordnet, unabhängig davon, ob das jeweilige Unternehmen wirklich die entsprechende Anzahl von Tickets ausgegeben habe. Der Ausgleichsanspruch knüpfe an das Unternehmen als Antragsteller und in zeitlicher und räumlicher Hinsicht an die Anzahl der verkauften Tickets mit dem angebotenen Gültigkeitsumfang an. Statt der Anzahl der selbst verkauften Zeitfahrausweise werde dem Unternehmer vom Verbund eine gewisse Anzahl dieser Ausweise als Teil der realen Verbund-Gesamtleistung fiktiv zugewiesen, was sich nach der Zahl der Beförderungsfälle auf den jeweiligen Linien der Verbundmitglieder richte. Einnahmeseitig werde auf die volle Nutzbarkeit des Zeitfahrausweises abgestellt. Die Ausweise würden jeweils uneingeschränkt als Wochen- bzw. Monatstickets zu einem entsprechend höheren Preis verkauft, als es für ein nur an fünf Wochentagen nutzbares Ticket der Fall wäre. Die Tarifhoheit liege beim Verbund; dem Unternehmer sei es nicht möglich, zeitlich eingeschränkte oder günstigere Tickets auszugeben. Die im Vergleich höhere Einnahme führe zu einer Minderung des Ausgleichsanspruchs, da 50% des Deltas zwischen den Erträgen und dem Produkt aus Personen-Kilometern und verkehrsspezifischen Kosten ausgeglichen würden. Zu den Erträgen gehörten nach § 4 PBefAusglV die Fahrgeldeinnahmen sowie die Einnahmen aus erhöhtem Beförderungsgeld. Es wäre daher unbillig, wenn gleichzeitig auf der Ausgleichsseite (bei der Zahl der Beförderungsfälle, in die die Gültigkeitstage einflössen) eine niedrigere Anzahl an Gültigkeitstagen einzustellen wäre, da dies den Ausgleichsanspruch unverhältnismäßig reduzieren würde. Die Vorschriften der PBefAusglV würden bei einer Leistung im Verbund gerade nicht auf die tatsächliche Anzahl der Beförderungsfälle der einzelnen Linien abstellen. Stattdessen sei die verbundinterne Zuscheidung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 PBefAusglG Ausgangspunkt für die Berechnung der Personen-Kilometer nach § 3 Abs. 2 Satz 1 PBefAusglV. § 5 PBefAusglV sei lex specialis zu § 3 PBefAusglV. § 5 Abs. 1 Satz 2 PBefAusglG verknüpfe im Ergebnis die interne Vereinbarung über die Aufschlüsselung der Einnahmeaufteilung und der Zuweisung von Kartenanzahlungen mit dem Anspruch nach § 45a PBefG. Das interne Verfahren bestimme die Ausgangsbasis für die Anspruchsberechnung. Bei der nach § 3 Abs. 2 PBefAusglV vorzunehmenden Betrachtung, mit welcher Anzahl von Gültigkeitstagen die Beförderungsfälle pro Gültigkeitszeitraum anzusetzen seien, sei auf das Fahrplanangebot abzustellen. Da die Beförderungsfälle sich anhand der insgesamt im Verbund verkauften Zeitfahrausweise bestimmten, sei auch hinsichtlich des Fahrplanangebots darauf abzustellen, ob während der gesamten Woche im Verbund ein ausreichendes Fahrplanangebot vorgehalten werde. Dies sei vorliegend der Fall. Voraussetzung für die Aufteilung der Karten sei die insgesamt betrachtete Vollabdeckung der aufgedruckten Gültigkeit für den Ausbildungsverkehr von montags bis samstags, d.h. es stehe jeder vollen Gültigkeitsangabe eine voll nutzbare Möglichkeit gegenüber. Die Verteilung der Karten auf Grundlage einer wirtschaftlichen Anknüpfung sei von § 5 Abs. 1 Satz 2 PBefAusglV gewollt. Die Zuweisung der Erträge und der Karten liefen parallel. Entscheidend sei der Verteilungsschlüssel. Eine doppelte Kompensation sei ausgeschlossen. Die Gesamtzahl der Zeitfahrausweise sei real durch Zählung der verkauften Tickets ermittelt worden. Ihr stehe eine real abrufbare Leistung des Verbunds gegenüber. Dem einzelnen Unternehmer sei ein Teil dieser real erbrachten Leistung zugewiesen worden. Dies bedeute aber auch, dass den anderen Unternehmern nur die verbleibenden Teile je nach Verteilungsschlüssel zugewiesen worden seien, sodass insgesamt 100% der Zeitfahrausweise aufgeteilt seien. Sofern jedem Zeitfahrausweis eine volle Nutzbarkeit gegenüberstehe, sei für eine Kürzung gemäß § 3 Abs. 2 PBef-AusglV kein Raum. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 28. November 2007 (3 C 47.06) auf die auf dem Zeitfahrausweis angegebenen Gültigkeitstage abgestellt. Die Inhaber der Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr könnten die Ausweise im Rahmen der aufgedruckten Gültigkeit tatsächlich nutzen. Innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs könnten sie sämtliche Verkehrsangebote des AVV nutzen. Der Verbundzuschlag nach § 3 Abs. 3 PBefAusglV erhöhe die Zahl der zuvor ermittelten Beförderungsfälle fiktiv. Hinsichtlich der Gültigkeitstage treffe er keine Aussage, sodass diese Vorschrift unabhängig von der Berechnung der Beförderungsfälle und der vorliegenden Problematik zu betrachten sei. Es handle sich nicht um einen doppelten Ausgleich. Der Zuschlag sei der gesetzliche Anreiz für den einzelnen Unternehmer, sich an einem Verbund zu beteiligen, obwohl er dadurch Nachteile in Kauf nehme. Das erstinstanzliche Urteil sei auch rechtsfehlerhaft, soweit es die Berufung auf Vertrauensschutz ablehne. Die bisher gelebte und durch ministerielle Handreichungen bzw. Verwaltungsvorschriften bestätigte Verwaltungspraxis sei rechtmäßig gewesen; das darauf gerichtete Vertrauen der Klägerin schutzwürdig. Die Ausgleichsmittel seien in die Kalkulation des Verkehrs für das Kalenderjahr eingeflossen. Es sei unzulässig, rückwirkend die Berechnungsgrundlagen des Ausgleichsanspruchs zum Nachteil des Verkehrsunternehmens zu ändern. Verwaltungsvorschriften könnten die Normen der PBefAusglV und des PBefG nicht abändern. Hinsichtlich der Hilfsanträge werde auf die erstinstanzlich vorgebrachten Argumente verwiesen. Das angegriffene Urteil überzeuge auch diesbezüglich nicht. Soweit das Verwaltungsgericht das ministerielle Schreiben vom 24. Juni 2016 hinsichtlich der Abdeckung durch Parallelstrecken der Klägerin oder anderer Unternehmen im AVV für zu unbestimmt halte, erschließe sich nicht, woher das Gericht die Anknüpfung der tatsächlich nutzbaren Gültigkeit eines Zeitfahrausweises an den genehmigten Fahrplan nehme, während §§ 5, 3 PBef-AusglV und § 45a PBefG den Ausgleichsanspruch an die geleisteten Personen-Kilometer des Unternehmens anknüpften. Stelle man wie die Widerspruchsbehörde darauf ab, dass die Auszubildenden an den Gültigkeitstagen von ihrer Haltestelle bis zur Ausbildungsstätte kämen (streckenstatt zonenbezogene Betrachtungsweise), sei das Fahrplanangebot an Samstagen bzw. schulfreien Tagen durch die Linien der Klägerin und anderer Verkehrsunternehmen im AVV abgedeckt. Daher sei für den Hilfsantrag (Antrag zu 3) die Abdeckung durch die Linien der Klägerin und von anderen AVV-Unternehmen zu berücksichtigen. Für den äußerst hilfsweise gestellten Antrag zu 4 seien nur die Abdeckung der Verbindungen durch eigene Linien der Klägerin heranzuziehen, wie es die Widerspruchsbehörde, allerdings fälschlicherweise nur für zwei Linien, getan habe.
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Die Klägerin beantragt,
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das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und den Beklagten unter entsprechender Abänderung des Bescheids der Regierung von Schwaben vom 20. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2017 zu verpflichten, den Ausgleichsanspruch in Höhe von 4.290.692,37 EUR, hilfsweise in Höhe von 4.154.980,- EUR und weiter hilfsweise in Höhe von 4.108.778,- EUR festzusetzen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen
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und nimmt zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und die Klageerwiderung Bezug. Die Klägerin vermenge die einzelnen Komponenten, aus denen sich der Ausgleichsanspruch errechne, nehme unzulässige Perspektivwechsel zwischen der Perspektive des Karteninhabers und des Linienbetreibers vor, um eine möglichst hohe Ausgleichssumme zu erzielen, und fordere eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte. Im Verbund werde die Berechnung des Ausgleichsanspruchs teilweise dadurch überlagert, dass der Nutzer mit einer Karte möglichst alle Angebote auf der von ihm gewählten Strecke nutzen können solle, ohne mehrere Fahrtberechtigungen bei den jeweils konkret anbietenden Unternehmen lösen zu müssen. Dieses Problem werde durch Zuscheidung von Karten nach einem vertraglich vereinbarten Schlüssel gelöst. Die mit dieser Praxis verbundene Unschärfe werde durch den sog. Verbundzuschlag zugunsten des Unternehmers berücksichtigt und ausgeglichen. Der Zuschlag habe auch positive Auswirkungen auf die Berechnung der Faktoren „Fahrten pro Tag“ und „Gültigkeitstage“. Bei den Gültigkeitstagen gebe es keine weiteren verbundbedingten Schwierigkeiten, diese dem einzelnen Unternehmer zuzuordnen, sodass auch hier kein Anlass bestehe, Unschärfen über den Verbundzuschlag hinaus weiter auszugleichen. Ausgeglichen würden Fahrten auf genehmigten Linien des beantragenden Unternehmens an den laut Fahrplan angebotenen Tagen. Diese Fahrten seien eindeutig zu ermitteln. Allein entscheidend sei, wann der Unternehmer welche Linien tatsächlich fahre, denn nur dann könne er den auszugleichenden Verlust erleiden. Bei den Berechnungselementen des Ausgleichsanspruchs komme es nicht primär darauf an, ob und wie ein Schüler seine Zeitkarte nutzen könne (Nutzerperspektive), sondern vielmehr darauf, ob das antragstellende Unternehmen dem Schüler ein Fahrangebot biete (Unternehmerperspektive). Bei dieser Art der Berechnung gingen auch keine „Ausgleichsleistungen verloren“, denn jedes konkrete Fahrangebot eines Unternehmers werde ausgeglichen. Die Klägerin vermenge in ihrer Argumentation den Faktor „Anzahl der zugeschriebenen Karten“ mit dem Faktor „Gültigkeitstage“ und argumentiere, dass am Ende Karten in der Ausgleichsberechnung verloren gingen, weil sie demjenigen, der z.B. Samstagsbedienung anbiete, nicht zugeschieden worden seien. Dieses Phänomen werde aber bereits bei der Anzahl der Karten, wo auch tatsächlich die Unschärfe ihre Ursache habe, durch den Verbundzuschlag berücksichtigt. Es sei daher weder systematisch richtig noch notwendig, diesen Umstand bei der Berechnung der Gültigkeitstage ein zweites Mal zu berücksichtigen. Das Verwaltungsgericht habe aus der gefestigten Rechtsprechung und der Gesetzessystematik korrekt geschlossen, dass der Gültigkeitstag aus der Warte des Unternehmens, also dessen tatsächlichen Angebots, zu betrachten sei und nicht aus der Warte des Schülers und dessen theoretischer Möglichkeit, auch am Samstag seine Zeitkarte nutzen zu dürfen.
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Dem widersprach die Klägerin mit Schriftsatz vom 7. November 2022 und legte anhand der Berechnungsformel „Ausgleichsleistung = 0,5 (Anzahl der verkauften Zeitfahrausweise x Fahrtenhäufigkeit für einen Zeitfahrausweis je Gültigkeitstag x Anzahl der Gültigkeitstage für einen Zeitfahrausweis x mittlere Reiseweite in km x spezifischer Kostensatz je Personenkm – Einnahmen“ dar, dass nach ihrer Ansicht Ausgleichsleistungen bei im Verbund arbeitenden Unternehmen verloren gingen.
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Der Beklagte meint, diese Formel sei bei einem Verbundunternehmen um den Faktor 1,1 ergänzungsbedürftig. Zudem sei der Eingangsfaktor auf 0,44 zu korrigieren. Daraus ergebe sich die Formel „Ausgleichsanspruch = 0,44 (((Anzahl der verkauften Karten x Fahrten/Tag x Gültigkeitstage) x 1,1 x mittlere Reiseweite x Kostenansatz) – Erträge)“. Es treffe nicht zu, dass sich der Ausgleich bei der von der Klägerin beschriebenen Konstellation halbiere. Die rein hypothetische einzelunternehmerscharfe Aufteilung des Fahrplanangebots nach Wochentagen würde in der Praxis in anderer Form bewältigt werden. Die Beispiele verglichen auch nicht die Situation von Unternehmen innerhalb und außerhalb des Verbunds und seien damit nicht aussagekräftig. Der Verbundzuschlag gleiche die geringere Anzahl ausgegebener Fahrkarten aus. Den Unternehmen im Verbund entstünden jedoch nicht nur Nachteile. Es könne auch positive Synergieeffekte geben. Dem Unternehmen sollten gemäß § 45a PBefG nur Nachteile ausgeglichen werden, die überhaupt entstanden seien. Bei einem Fahrangebot an fünf Tagen könnten auch nur in diesem Zeitraum Kosten entstehen. Auf den weiteren Schriftsatz vom 5. Oktober 2023 wird Bezug genommen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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Der Bescheid des Beklagten vom 20. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, soweit darin über 4.089.133,- EUR hinausgehende Ausgleichsleistungen abgelehnt werden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat für das streitgegenständliche Abrechnungsjahr 2013 keinen Anspruch auf die Bewilligung von Ausgleichsleistungen in Höhe von 4.290.692,37 EUR und daher keinen weitergehenden Zahlungsanspruch von 201.559,37 EUR, hilfsweise von 65.847,- EUR bzw. höchst hilfsweise von 19.645,- EUR.
23
1. Nach § 45a Abs. 1 des Personenbeförderungsgesetzes – PBefG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl I S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2023 (BGBl I Nr. 56), ist dem Unternehmer für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr auf Antrag ein Ausgleich nach Maßgabe des § 45a Abs. 2 PBefG zu gewähren, wenn und soweit der Ertrag aus den für die Beförderungen genehmigten Beförderungsentgelten zur Deckung der nach § 45a Abs. 2 Satz 2 PBefG zu errechnenden Kosten nicht ausreicht. Einzelheiten zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs ergeben sich aus § 45a Abs. 2 PBefG und der auf der Grundlage von § 57 Abs. 1 Nr. 9 PBefG erlassenen Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr (Personenbeförderungsausgleichsverordnung – PBefAusglV) vom 2. August 1977 (BGBl I S. 1460), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. August 2021 (BGBl I S. 3436).
24
Nach § 45a Abs. 2 Satz 1 PBefG wird als Ausgleich die halbe Differenz zwischen dem Ertrag und der Summe der geleisteten Personen-Kilometer, multipliziert mit den durchschnittlichen verkehrsspezifischen Kosten, die das Wirtschaftsministerium in der auf der Grundlage von § 45a Abs. 2 Satz 2 PBefG erlassenen Ausgleichszahlungsverordnung (PBefKostenV) vom 6. April 1993 (GVBl S. 314), zuletzt geändert durch Verordnung vom 29. Oktober 2015 (GVBl S. 406), gewährt. Für das Jahr 2013 ist der Ausgleichsanspruch nach § 45a Abs. 2 Satz 3 PBefG um 12% zu kürzen, sodass statt 0,5 für „die halbe Differenz“ der Faktor 0,44 anzusetzen ist (vgl. BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – BVerfGE 125, 104 = juris Rn. 80 ff. zur materiellen Verfassungsmäßigkeit der Kürzung).
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1.1. Als Erträge sind die Einnahmen aus dem Verkauf von Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr und aus erhöhten Beförderungsentgelten anzusetzen (§ 4 PBefAusglV). Die Personen-Kilometer werden nach § 3 Abs. 1 PBefAusglV durch Multiplikation der Beförderungsfälle mit der mittleren Reiseweite ermittelt. Die mittlere Reiseweite ergibt sich pauschal aus § 3 Abs. 4 PBefAusglV, wobei der Nachweis tatsächlich abweichender Werte möglich ist (§ 3 Abs. 5 PBefAusglV). Die Zahl der Beförderungsfälle ist nach § 3 Abs. 2 Satz 1 PBefAusglV nach den verkauften Wochen-, Monats- und Jahreszeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr zu errechnen. Für die Ausnutzung der Zeitfahrausweise sind 2,3 Fahrten je Gültigkeitstag zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 PBefAusglV). Dabei ist die Woche mit höchstens 6 Tagen, der Monat mit höchstens 26 Tagen und das Jahr mit höchstens 240 Tagen anzusetzen; diese Werte können unterschritten werden, soweit Fahrplanangebote nicht vorhanden sind oder tarifliche Einschränkungen bestehen oder nur ausbildungsnotwendige Tage berücksichtigt werden sollen (§ 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV). Jeder Beförderungsfall ist nur einmal zu zählen, auch wenn mit einem Zeitfahrausweis mehrere Verkehrsmittel benutzt werden (§ 3 Abs. 2 Satz 4 PBefAusglV). Die Zahl der Beförderungsfälle entspricht somit den in einem Kalenderjahr verkauften Zeitfahrausweisen und deren Ausnutzung. Die verkauften Zeitfahrausweise sind mit den Gültigkeitstagen zu multiplizieren (vgl. BVerwG, U.v. 14.2.1996 – 11 C 3.95 – NZV 1996, 253 = juris Rn. 10, 13).
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Ist der Unternehmer – wie die Klägerin – an einem Verkehrsverbund beteiligt, werden Ertrag und geleistete Personen-Kilometer abweichend von den vorstehenden Ausführungen jeweils nach dem vereinbarten Verteilungsschlüssel ermittelt (§ 5 PBefAusglV). Ertrag ist der dem Einzelunternehmer zugewiesene Anteil (§ 5 Abs. 1 Satz 1 PBefAusglV). Die Zahl der Beförderungsfälle berechnet sich aufgrund der dem Einzelunternehmer aus der Gesamtzahl aller verkauften Zeitfahrausweise zugewiesenen Anzahl der Ausweise (§ 5 Abs. 1 Satz 2 PBefAusglV) und deren Ausnutzung. Sie darf nach § 3 Abs. 3 Satz 1 PBefAusglV im Verkehrsverbund zum Ausgleich zuscheidungsbedingter Nachteile um 10% erhöht werden (sog. Verbundzuschlag). Die Klägerin erhält auf der Grundlage nachgewiesener Mindereinnahmen (§ 3 Abs. 5 PBef-AusglV) 15,3% als Zuschlag.
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1.2. Die Beteiligten streiten allein um die Auslegung der in § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 Alt. 1 PBefAusglV enthaltenen Kürzungsmöglichkeit, von der der Beklagte Gebrauch gemacht hat. Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, ob „Fahrplanan-gebote“ auf die genehmigte Linie des Verkehrsunternehmers bezogen bzw. unternehmens- und linienbezogen (so der Beklagte) oder auf den Verbundfahrplan insgesamt bezogen bzw. nutzerbezogen (so die Klägerin) auszulegen sind. Aus § 5 PBefAusglV, der in Absatz 1 Satz 2 für den Verbund eine Sonderregelung für die Anzahl der Zeitfahrausweise, aber nicht für deren Ausnutzung trifft, ergibt sich insoweit kein Hinweis. Greifbare Anhaltspunkte für eine planwidrige Lücke sind dem Regelungsgefüge und der Begründung zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes und zum Entwurf der Personenbeförderungsausgleichsverordnung vom 20. Mai 1977 (BR-Drs. 246/77) jedoch nicht zu entnehmen. In der Begründung wird unmittelbar im Anschluss an die Erläuterung des § 3 Abs. 2 PBefAusglV unter ausschließlicher Bezugnahme auf § 3 Abs. 3 PBefAusglV erörtert, dass die in einem Verkehrsverbund niedrigere Zahl der ausgegebenen Fahrausweise durch einen 10% igen Zuschlag auf die Zahl der Beförderungsfälle auszugleichen sei (BR-Drs. 246/77, S. 13). Ein darüber hinaus gehender Ausgleich von Verbundnachteilen wird nicht erwähnt bzw. vorgesehen.
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Das Fehlen einer Sonderregelung, die Ausgleichsberechtigung, die dem personenbeförderungsrechtlichen Unternehmen mit eigener Liniengenehmigung (§ 45a Abs. 1 PBefG; Bidinger, PBefG, Stand Juni 2023, § 45a Rn. 32) zusteht, das ebenfalls unternehmensbezogene Antragserfordernis und der Sinn und Zweck des Ausgleichsanspruchs, Defizite des Unternehmens im Ausbildungsverkehr auszugleichen, die sich aus der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 3 C 28.11 – BVerwGE 143, 60 = juris Rn. 19; U.v. 28.11.2007 – 3 C 47.06 – NVwZ-RR 2008, 395 = juris Rn. 10), sprechen für ein unternehmens- und linienbezogenes Verständnis der streitgegenständlichen Kürzungsvorschrift. Aus § 45a PBefG und den Begründungen zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes und zum Entwurf der Personenbeförderungsausgleichsverordnung (BR-Drs. 246/77, S. 9, 13) sowie zu ihrer Änderung zum 1. Januar 2003 (BR-Drs 744/02, S. 5) wird deutlich, dass die Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr, die auf tatsächlich erbrachten Beförderungsleistungen beruhen, zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Unternehmen des öffentlichen Nahverkehrs ausgeglichen werden sollen. Die von den einzelnen Verkehrsunternehmen festgesetzte Gültigkeitsdauer der Fahrausweise soll nicht allein maßgebend sein, sondern nur die Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr, der an bestimmten Tagen bzw. zu bestimmten Zeiten nicht stattfinde (BR-Drs. 246/77, S. 13). Das Bundesverwaltungsgericht hat in anderem Zusammenhang betont, dass maßgeblicher Bezugspunkt der Ausgleichsberechnung immer der Sinn und Zweck der Ausgleichsregelung ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 a.a.O. Rn. 19).
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Ansonsten lässt sich der obergerichtlichen Rechtsprechung zu der zu entscheidenden Frage nichts entnehmen. Immerhin hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 27. März 1992 (7 C 26.91 – NVwZ 1992, 1198 = juris Rn. 13) im Falle einer Teilfusion einzelner Verkehrsunternehmen eine Formulierung („Sind dagegen die Einzelgesellschafter die Unternehmer, die den Ausgleich beanspruchen können, sind nur ihre jeweiligen Erträge (oder ihre Ertragsanteile bei Einnahmeaufteilungsverträgen nach § 5 Abs. 1 PBefAusglV) sowie die Zahl der Beförderungsfälle und die mittleren Reiseweiten auf ihren jeweiligen Linien maßgeblich.“) gewählt, die eine unternehmens- und linienbezogene Betrachtung der Ausgleichsberechnung nahelegt. In seiner Entscheidung vom 7. September 2000 (3 C 31.99 – Buchholz 442.01 § 45a PBefG Nr. 9 = juris; Vorinstanz OVG Bbg., U.v. 30.6.1999 – 4 A 11/98 – juris) hat es die hier nicht streitentscheidende Frage verneint, ob die für die Ausgleichsberechnung anzusetzenden Gültigkeitstage mit der Anzahl der Tage gleichzusetzen ist, an denen Ausbildung stattfindet, bzw. ob die Landesbehörden die anzurechnenden Gültigkeitstage von Zeitfahrausweisen unter Berufung auf „landestypische Durchschnittswerte“ abweichend von den Vorgaben des § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV festlegen können. Dies wurde mit dem im Interesse der Verwaltungsvereinfachung auf Pauschalierung gerichteten Zweck der Personenbeförderungs-Ausgleichsverordnung begründet. Mit der zum 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Kürzungsmöglichkeit des § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV hat der Verordnungsgeber sodann jedoch klargestellt, dass auch eine hinter der Kappungsgrenze zurückbleibende Anzahl an ausbildungsnotwendigen Tagen deren Unterschreiten rechtfertigt. In seiner Entscheidung vom 28. November 2007 (3 C 47.06 – NVwZ-RR 2008, 395 = juris) erörtert das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Kostenermittlung, wie Wochen-, Monats- und Jahreskarten voneinander abzugrenzen sind, und die daraus zu ziehenden Folgerungen für die anzusetzenden Gültigkeitstage. Nicht Gegenstand der Ausführungen sind jedoch die Voraussetzungen für eine Anrechnung von Samstagen bzw. das Unterschreiten der Kappungsgrenze in einem Verkehrsverbund. Im Urteil vom 26. April 2012 (a.a.O.) nimmt das Bundesverwaltungsgericht nur zu Fragen der Ertragsermittlung Stellung. Das Bundesverfassungsgericht (B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – BVerfGE 125, 104 = juris Rn. 80) hat die Kürzung des Ausgleichsanspruchs bzw. der Subvention nach § 45a Abs. 2 Satz 3 Alt. 1 PBefG gemessen an Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG als materiell verfassungsgemäß angesehen. Soweit ersichtlich betraf nur die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 8. November 2016 (Au 3 K 15.1241 – juris) die streitige Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 PBefAusglV. Das Gericht vertrat auch in diesem Urteil eine linienbezogene Sichtweise, auf die es jedoch nicht entscheidungserheblich ankam, da dem den Ausgleich beanspruchenden Verkehrsunternehmer keine Linie mit Samstagsverkehr genehmigt worden war.
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Das aufgrund teleologischer Auslegung gefundene Ergebnis erscheint auch nicht sachwidrig oder unverhältnismäßig. Selbst wenn einem Unternehmer, der auf einer Linie nur an fünf Tagen Verkehrsleistungen im Ausbildungsverkehr erbringt, bereits weniger Erträge zugewiesen werden, um damit der fehlenden Samstagsbedienung Rechnung zu tragen, hat er aus demselben Grund auch tatsächlich weniger Kosten, sodass auch eine etwaige Unterdeckung regelmäßig geringer ausfallen dürfte. Da sich die Einnahmeaufteilung zwischen den an einem Verkehrsverbund beteiligten Unternehmen außerhalb der Regelungsbefugnis des Verordnungsgebers vollzieht, erscheint es im Übrigen unzulässig, hieraus Rückschlüsse auf die Auslegung der Personenbeförderungsausgleichsverordnung zu ziehen.
31
1.3. Die Regierung von Schwaben ist zu Recht davon ausgegangen, dass ihr im Rahmen der Ermittlung der Personen-Kilometer kein dahingehendes Ermessen zustand, ihre bisherige Verwaltungspraxis beim Ansatz der Gültigkeitstage gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV fortzuführen. Das ministerielle Schreiben vom 24. Juni 2016 (IIE2-3523.2-003/15) gab ihr zwingend vor, bei der Entscheidung über die noch nicht verbeschiedenen Anträge auf Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr ab dem Jahr 2013 hinsichtlich der Gültigkeitstage einen Wert inklusive Samstagsbedienung nur dann anzusetzen, wenn der Auszubildende mit seiner am Samstag gültigen Monatskarte von seiner Haltestelle aus aufgrund der Verkehrsbedienung durch den gleichen Unternehmer auch am Samstag fahren kann. In dem Schreiben wird ferner klargestellt, dass allein das unternehmens- und linienbezogene Verständnis der streitgegenständlichen Vorschrift rechtlich vertretbar sei, das Rechnungsprüfungsamt die vormalige Verwaltungspraxis bereits 1995 beanstandet habe und sich die Rechtsanwendung bei erkannter Rechtswidrigkeit der bisherigen Verwaltungspraxis umgehend an den als richtig erkannten Maßstäben zu orientieren habe. Das für die Verwaltungspraxis bisher maßgebende ministerielle Schreiben vom 1. Juli 1996 (7424d1 – VII/B1d – 30239) sollte nicht mehr angewendet werden.
32
Die ministerielle Ermessenslenkung, die wie dargelegt auch dem Sinn und Zweck des Ausgleichsanspruchs nach § 45a Abs. 1 PBefG entspricht (vgl. Art. 40 BayVwVfG), ist nicht zu beanstanden. In der Einstellung einer rechtswidrigen oder zumindest fragwürdigen Verwaltungspraxis liegt kein Ermessensfehlgebrauch (vgl. BFH, B.v. 25.1.2005 – I B 79/04 – BFH/NV 2005, 1232 = juris Rn. 12 m.w.N.). Nach obergerichtlicher Rechtsprechung kann eine Behörde eine tatsächliche einheitliche Verwaltungspraxis, die sowohl aufgrund des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als auch aufgrund des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen kann, für die Zukunft aus willkürfreien, d.h. sachgerechten Gründen ändern (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2013 – 6 C 13.12 – BVerwGE 148, 48 Rn. 55; B.v. 26.6.2007 – 1 WB 12.07 – Buchholz 449.2 § 40 SLV 2002 Nr. 3 = juris Rn. 29 jeweils m.w.N.). Bei der Aufgabe einer gegenüber mehreren Betroffenen geübten rechtswidrigen Verwaltungspraxis mit nicht unerheblichen fiskalischen Auswirkungen handelt es sich um einen derartigen sachgerechten Grund. Es ist allgemein anerkannt, dass Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Fortführung einer von vornherein rechtswidrigen oder rechtswidrig gewordenen Verwaltungspraxis vermittelt, da dies der Bindung der Behörden und Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) zuwiderlaufen würde (vgl. BVerfG, B.v. 28.6.1993 – 1 BvR 390/89 – NVwZ 1994, 475 = juris Rn. 13; BGH, B.v. 9.11.2021 – EnVR 36/20 – N& R 2022, 105 Rn. 56; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 40 Rn. 117 ff.; Geis in Schoch/Schneider, VwVfG, Stand August 2022, § 40 Rn. 76).
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Es kann daher offenbleiben, ob dem Verwaltungsgericht darin zu folgen ist, dass der Beklagte den Ausgleichsanspruch der Klägerin schon deshalb gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV habe kürzen müssen, weil der Begriff „Gültigkeitstag“ neben der formalen Gültigkeit des Fahrausweises seit jeher auch ein tatsächliches Verkehrsangebot des jeweiligen Verkehrsunternehmers vorausgesetzt habe und bereits hierdurch das behördliche Ermessen auf null reduziert worden sei (UA S. 12 f.).
34
1.4. Wie bereits ausgeführt, stand auch die jahrzehntelang geübte Verwaltungspraxis einer Kürzung der Ausgleichszahlung nicht entgegen. Bei der Aufgabe der als rechtswidrig erkannten Verwaltungspraxis handelt es sich weder um einen Verstoß gegen das aus den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit abzuleitende verfassungsrechtliche Verbot einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen („echte Rückwirkung“) noch um einen Fall der nur ausnahmsweise unzulässigen tatbestandlichen Rückanknüpfung („unechte Rückwirkung“), in dem eine Rechtsnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich eine nach altem Recht erreichte Position entwertet (vgl. BVerwG, B.v. 23.2.2022 – 3 B 11.21 – NJW 2022, 2214 Rn. 15). Der Verordnungsgeber hat die streitgegenständliche Kürzungsvorschrift nicht geändert. Als die Regierung von Schwaben mit Bescheid vom 20. September 2016 in Form des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2017 die Kürzung vornahm, handelte es sich bei der Ausgleichsberechnung für das Kalenderjahr 2013 zudem noch nicht um einen abgeschlossenen Sachverhalt. Der zu zahlende Ausgleich wird ungeachtet des gewährten Vorschusses nachträglich festgesetzt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 PBefAusglV), weil sich eine Unterdeckung im Sinne von § 45a Abs. 1 Nr. 1 PBefG zeitabschnittsweise nur nachträglich, nämlich nach Ermittlung der auf das betreffende Kalenderjahr entfallenen Erträge und Kosten, feststellen lässt. In dem Zeitpunkt, in dem der Verkehrsunternehmer seine Kostenkalkulation für ein Kalenderjahr macht, gibt es folglich noch keinen begünstigenden Verwaltungsakt, der ihm etwa unter den Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG Vertrauensschutz vermitteln könnte (vgl. VerfG BB, B.v. 17.1.2020 – 65/18 – NJW 2020, 1735 Rn. 24). Aufgrund des rechtlich so angelegten Verfahrens konnte die Klägerin bis zur Antragstellung am 16. Mai 2014 und auch bis zur Entscheidung über den Antrag nicht darauf vertrauen, dass der Ausgleichsanspruch abschließend entsprechend der bisherigen Rechtsauffassung berechnet werden würde. Dies gehört wie andere Unwägbarkeiten, die in die dem Wirtschaftsjahr vorgelagerte Kostenkalkulation einfließen, zum wirtschaftlichen Risiko des Unternehmers. Ein dahingehendes Vertrauen erscheint auch nicht schutzwürdig, weil aus einem Fahrplanangebot an Samstagen herrührende Kosten und Mindereinnahmen bei der Klägerin mangels tatsächlichen Fahrplanangebots gar nicht entstehen konnten und die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 Alt. 1 PBefAusglV ihrem Sinn und Zweck nach eine unternehmens- und linienbezogene Auslegung nahelegt.
35
Im Falle einer unechten Rückwirkung kann die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in das geltende Recht schon dann gemindert sein, wenn eine Regelung auslegungsbedürftig ist und bei methodengerechter Auslegung verschiedene, in Wissenschaft oder Praxis vertretene Ergebnisse in Betracht kommen. Solange eine Klärung des Inhalts einer auslegungsbedürftigen Norm durch die Rechtsprechung nicht erfolgt ist, kann der Einzelne bei Ausübung seiner Freiheitsgrundrechte nicht ohne Weiteres darauf vertrauen, dass sich gerade die für ihn günstige Auslegung in der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung als die „richtige“ erweisen und Bestand haben wird (BVerfG, B.v. 14.12.2022 – 2 BvL 7/13 u.a. – NJW 2023, 1947 Rn. 106 m.w.N.). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 14.12.2022 a.a.O. Rn. 103 m.w.N.). Diese im Rahmen der unechten Rückwirkung entwickelten Grundsätze haben bei einer Änderung einer (rechtswidrigen) Verwaltungspraxis erst recht zu gelten.
36
Es kann daher dahinstehen, ob mit dem Vortrag, die Ausgleichsmittel seien in die Kostenkalkulation für das Kalenderjahr 2013 eingeflossen, hinreichend dargelegt worden ist, dass die Klägerin dabei tatsächlich noch auf die Fortführung der bisherigen Verwaltungspraxis vertraut hat.
37
2. Bei einer unternehmens- und linienbezogenen Auslegung der in § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 Alt. 1 PBefAusglV enthaltenen Kürzungsmöglichkeit (s.o. 1.2.) sind auch die Hilfsanträge unbegründet. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen folgt der Senat gemäß § 117 Abs. 5 VwGO den Gründen des Widerspruchsbescheids vom 20. Februar 2017 (S. 4 ff.), mit dem der Beklagte u.a. zwei von der Klägerin betriebene Buslinien von der Kürzung ausgenommen hat, und der erstinstanzlichen Klageerwiderung vom 10. August 2017 (S. 6 ff.), mit der die Regierung von Schwaben den auf einzelne Linien bezogenen Einwänden der Klägerin entgegengetreten ist (zur Bezugnahme auf sonstige Schriftstücke vgl. Clausing/Kimmel in Schoch/Schneider, VwGO, Stand März 2023, § 117 Rn. 21). Der nachvollziehbaren und nach den Akten plausiblen Darlegung zu den betreffenden Buslinien ist die Klägerin im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten.
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3. Als unterlegene Rechtsmittelführerin hat die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
39
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), da sie auslaufendes Recht betrifft und die streitgegenständlichen Vorschriften ab 1. Januar 2023 durch Art. 24 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juli 2023 (GVBl S. 455) und ggf. eine nach Art. 24 Abs. 4 BayÖPNVG noch zu erlassende Rechtsverordnung unbekannten Inhalts ersetzt werden. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung bezweckt, eine für die Zukunft richtungsweisende Klärung herbeizuführen, und rechtfertigt daher regelmäßig nicht, Rechtsfragen zu ausgelaufenem oder auslaufendem Recht sowie zu Übergangsrecht zuzulassen. Dies kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Fragen sich zu Nachfolgevorschriften offensichtlich in gleicher Weise stellen oder wenn ihre Beantwortung für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung ist (vgl. BVerwG, B.v. 31.3.2021 – 2 B 64.20 – juris Rn. 7 m.w.N). Dies ist jedoch nicht der Fall. Art. 24 BayÖPNVG legt nicht fest, wie künftig Mindereinnahmen des Unternehmens wegen der Ausgabe ermäßigter Fahrkarten im Ausbildungsverkehr ausgeglichen werden sollen. Diese Regelung bleibt offenbar einer nach Absatz 4 noch zu erlassenden Rechtsverordnung vorbehalten. Ferner ist von der Altregelung in § 45a Abs. 2 PBefG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV auch kein nicht überschaubarer Personenkreis betroffen. Bei der Regierung von Schwaben sind lediglich eine überschaubare Anzahl von Widersprüchen anhängig, über die sie voraussichtlich demnächst entscheiden wird.