Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 15.05.2023 – B 8 K 20.1375
Titel:

Kürzung einer Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten

Normenketten:
VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 18 Abs. 6
VO (EU) Nr. 1305/2013
VO (EU) Nr. 1307/2013 Art. 4 Abs. 1 lit. e Nr. ii , Nr. iii
DirektZahlDurchfG § 2
Leitsätze:
Der Begünstigte trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Förderkriterien;. (Rn. 52)
„Landwirtschaftliche Tätigkeit“ iSd Art. 4 Abs. 1 lit. e Nr. ii und iii Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 bedeutet die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden (Nr. ii), oder die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden (Nr. iii), wobei der deutsche Gesetzgeber den Begriff "landwirtschaftliche Tätigkeit" iSd Art. 4 Abs. 1 lit. e Nr. ii und iii Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 in § 2 DirektZahlDurchfG weiter dahingehend konkretisiert hat, dass eine solche vorliegt, wenn der Betriebsinhaber einmal vor dem 16. November des Jahres den Aufwuchs mäht und das Mähgut abfährt (Nr. 1) oder den Aufwuchs zerkleinert und ganzflächig verteilt (Nr. 2). (Rn. 49 – 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Landwirtschaftliche „Mindesttätigkeit“ als Voraussetzung für die Ausgleichszulage, Beweislast für das Vorliegen von Förderkriterien, Ausgleichszulage, Kürzung, Beweislast, Darlegungslast, Förderkriterien, AGZ, Dauergrünland, landwirtschaftliche Fläche, Vorortkontrolle, landwirtschaftliche Tätigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 33817

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 27.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.11.2020 (Ziff. 3) wird aufgehoben, soweit darin – bezogen auf das Feldstück 8 – eine Fläche von 0,50 ha abgezogen worden ist. Der Beklagte wird verpflichtet, den auf diese Fördermaßnahme gerichteten Mehrfachantrag des Klägers für 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insoweit neu zu verbescheiden und die Förderung unter Beachtung der jeweiligen Sanktionen neu zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 1/6 und der Beklagte 5/6.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch den jeweiligen Kostengläubiger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten mit Bescheid vom 27.11.2018 vorgenommene Kürzung der Ausgleichszulage (AGZ) für das Jahr 2018.
2
1. Mit Mehrfachantrag vom 19.05.2018 beantragte der Kläger u.a. die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten (AGZ) für eine Fläche von 9,46 ha als „Grünland/Grünfutter in der benacht. Agrarzone“ betreffend alle Feldstücke bis auf die Feldstücke Nr. 1 und Nr. 2. Diese Feldstücke beantragte er als „Sonst. förderf. Flächen in der benacht. Agrarzone“ mit einer Fläche von 0,16 ha.
3
Gleichzeitig versicherte er, von den Verpflichtungen und Hinweisen Kenntnis genommen zu haben, die in den Broschüren „Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland Ausgabe 15“ und „Cross Compliance 2018“, im Merkblatt zum Mehrfachantrag, in den Merkblättern zu den beantragten Einzelmaßnahmen, sowie in der Anleitung zum Ausfüllen des Flächen- und Nutzungsnachweises (FNN) genannt sind, und diese Verpflichtungen einzuhalten bzw. die Förderleistungen zu erfüllen. Er bestätigte, dass seine in diesem Antrag und den Anlagen enthaltenen Angaben richtig und vollständig seien, sowie die Erklärungen in den Anträgen eingehalten würden.
4
2. Am 30.08.2018 erfolgte die erstmalige Kontrolle eines Teils der Feldstücke des Klägers. Ein Prüfbericht wurde nicht erstellt. Im Rahmen einer weiteren Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018 durch die Abteilung … – Prüfdienst des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten …, wurden u.a. auf folgenden Feldstücken Abweichungen zur beantragten Fläche festgestellt: Nr. 1 „…“ (0,04 ha), Nr. 2 „…“ (0,10 ha), Nr. 4 „…“ (0,12 ha), Nr. 7 „…“ (0,02 ha) und Nr. 8 „…“ (0,5 ha).
5
Im Prüfbericht der Vor-Ort-Kontrolle findet sich zu Feldstück Nr. 1 folgende Feststellung: „S. 1 Code 822: Fläche ab 2018: 0,02 ha; Abzug ist Weg und Privatgarten“. Bei Feldstück Nr. 2 wurde Folgendes vermerkt: „S. 1 Code 822: Gesamtes Feldstück keine landwirtschaftliche Vegetation/ keine LF/ Baumförderung entfällt“. Feldstück Nr. 8 wurde wie folgt beschrieben: „S. 1 Code 451: Gesamt LF ab 2019: 1,61 ha. Abzugsfläche ist natürliche Ausbreitung des Waldes“ und „S. 1 Code 592: Landwirt hat verbuschte Fläche gemulcht, bzw. gemäht und Aufwuchs entsprechend Fotos liegen gelassen.“ Der Zustand der drei Feldstücke wurde mit Fotos und in Bezug auf Feldstück Nr. 2 mit einem Video dokumentiert.
6
Mit Schriftsatz vom 09.11.2018 legte der Kläger schriftliche Erklärungen seines Sohnes und zweier „Helfer“ vor, die bestätigten, dem Kläger auf den Feldstücken Nr. 4, 7 und 8 Anfang September 2018 geholfen zu haben, das Gras abzumähen und das abgemähte Material ins Wildgehege zu bringen und an die Wildtiere zu verfüttern.
7
Am 20.11.2018 fand eine Nachkontrolle seitens des Prüfdienstes statt. Bei dieser wurde in Bezug auf Feldstück Nr. 8 für eine Fläche von 0,5 ha „Gesamt – LF ab 2019: 1,61 ha. Abzugsfläche ist natürliche Ausbreitung des Waldes“ bzw. für eine Fläche von 0,47 ha „Landwirt hat verbuschte Fläche gemulcht“ vermerkt (Bl. 178 der Gerichtsakte).
8
3. Mit Bescheid vom 27.11.2018, laut Auszug des Programms „Bescheid Anzeige und Druck“ des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten versandt am 29.01.2019, wurde dem Kläger für die Kulturgruppe „Grünfutter-Agrarzone“ eine Zulage in Höhe von 862,42 € für eine Fläche von 8,67 ha (Kürzung um 0,79 ha) und für die Kulturgruppe „Sonstige Fl.-Agrarz.“ eine Zulage in Höhe von 0 € für eine Fläche von 0,02 ha (Kürzung um 0,14 ha) gewährt.
9
Außerdem erfolgte laut Bescheid eine Kürzung um 4% gemäß Art. 13 Abs. 1 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014, da der Antrag auf AGZ um vier Arbeitstage verspätet eingereicht worden sei. Für die Kulturgruppe „Grünfutter-Agrarzone“ wurde aufgrund einer festgestellten Differenz zwischen der beantragten und der ermittelten Fläche von mehr als 3% bzw. 2 ha eine Kürzung um das 1,5-fache der festgestellten Differenz vorgenommen, für die Kulturgruppe „Sonstige Fl.-Agrarz.“ erfolgte aufgrund der Differenz von mehr als 10% ebenfalls eine Kürzung um das 1,5-fache der festgestellten Differenz (jeweils Art. 19a Abs. 1 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014).
10
4. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 25.02.2019, eingegangen bei dem Beklagten am 27.02.2019, Widerspruch ein. Er wandte sich mit Schreiben vom 10.04.2019 im Wesentlichen gegen die Flächenreduzierung der Feldstücke Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4, Nr. 7 und Nr. 8. Bei dem Feldstück Nr. 1 handle es sich um eine Grünfläche und nicht, wie bei der Vor-Ort-Kontrolle festgestellt, um einen Privatgarten. Die Nutzung des Feldstücks Nr. 2 sei mit dem Code 822 (Streuobstanlage ohne Wiesennutzung) eingeordnet worden, da das Feldstück teilweise als Siloballen- und Steinlagerplatz verwendet werde. Diese Einordnung sei ihm vom Beklagten empfohlen worden und früher förderunschädlich gewesen. Nun sei sie scheinbar förderschädlich, für diese unklaren Veränderungen der Bestimmungen könne er nicht bestraft werden. Ihm müsse zumindest die Möglichkeit gegeben werden, die Fläche unter Code 990 einzuordnen, damit er Zeit habe, die gelagerten Steine zu entfernen. Die Feldstücke Nr. 4, Nr. 7 und Nr. 8 seien Anfang September mit einem Wiesenmäher gemäht und das Mähgut an das Gehegewild verfüttert worden.
11
Im Schreiben vom 18.04.2020 an die Widerspruchsbehörde ergänzte er, dass es sich bei Feldstück Nr. 8 um eine Hanglage und einen „Trockenrasen“ handle, daher komme auch der Braunton auf dem Interpretationsbild. Die Fläche sei mit einem Wiesenmäher gemäht worden, der das Mähgut beim Mähen etwas zerkleinere, wodurch beim Zusammenrechnen kleinere Reste liegen bleiben könnten. Der Wiesenmäher hinterlasse beim Mähen „Großschwaden“, die mit Sicherheit auf den Bildern nicht zu sehen seien, da sie zusammengerecht worden seien.
12
5. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2020 (Az.: …*), den der Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 03.11.2020 erhalten hat, wies die Widerspruchsbehörde u.a. den Widerspruch vom 27.02.2019 zurück (Ziff. 3). Gleichzeitig hob sie den Bescheid vom 27.11.2018 insoweit auf, als darin eine Kürzung der AGZ in Bezug auf die Flächen „Grünland/Grünfutter in der benacht. Agrarzone“ wegen einer Flächenabweichung über 0,65 ha hinaus festgesetzt wurde (Ziff. 3). Es wurde festgelegt, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens durch den Kläger zu tragen sind, und für den Bescheid eine Gebühr von 350 € festgesetzt (Ziff. 7 und 8).
13
Die nochmalige Überprüfung des Sachverhalts im Rahmen der Widerspruchsbearbeitung habe ergeben, dass die festgestellten Abweichungen auf den Feldstücken Nr. 4 und Nr. 7 nicht rechtssicher belegbar seien. Die auf diesen Flächen aberkannte Fläche in Höhe von insgesamt 0,14 ha sei somit beihilfefähig. Übrig blieben somit nur die Abweichungen auf den Feldstücken Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 8. Auf dem Feldstück Nr. 1 seien ein Weg und ein Privatgarten im Umfang von 0,04 ha in Abzug gebracht worden. Dabei handle es sich nachweislich nicht um landwirtschaftlich genutzte und damit auch nicht um förderfähige Flächen. Der Flächenabzug sei rechtmäßig.
14
Das Feldstück Nr. 2 sei mit dem Nutzungscode 822 (Streuobstanlage ohne Wiesen- /Ackernutzung) beantragt worden. Hierbei handle es sich um den Nutzungscode für eine Dauerkultur. Als Dauerkulturen würden nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. g Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 nicht in die Fruchtfolge einbezogene Kulturen außer Dauergrünland und Dauerweideland bezeichnet, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge lieferten. Auf dem Feldstück seien Pflastersteine, ein Autowrack und Siloballen gelagert worden, die Fläche sei außerdem stark zugewachsen und habe waldähnlichen Charakter. Die beantragten zehn Streuobstbäume führten nicht dazu, dass die Fläche als Dauerkultur bezeichnet werden könne. Die Fläche falle ebenfalls nicht unter die Definition von Dauergrünland, Dauerweideland oder Ackerland, weshalb die Aberkennung der nicht landwirtschaftlich genutzten Fläche rechtmäßig sei.
15
Bei dem Feldstück Nr. 8 seien der Abzug von 0,03 ha aufgrund des hereinwachsenden Waldrandes und 0,47 ha wegen eines Verstoßes gegen die Mindesttätigkeit ebenfalls rechtmäßig erfolgt. Der Aufwuchs sei zwar gemäht, aber nicht oder nicht ausreichend abgefahren, sondern liegengelassen worden. Von einer landwirtschaftlichen Nutzung könne deshalb nicht ausgegangen werden.
16
6. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 02.12.2020 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth, dort eingegangen am 03.12.2020, erhoben.
17
Er beantragt zuletzt,
1. Der Bescheid des Beklagten vom 27.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.11.2020 wird aufgehoben, soweit darin – bezogen auf die Feldstücke 1, 2 und 8 – der Förderung geringere Flächengrößen zugrunde gelegt worden, als vom Kläger beantragt worden sind.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, den auf diese Fördermaßnahme gerichteten Mehrfachantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden und die Förderung in Beachtung der jeweiligen Sanktionen neu zu berechnen.
18
Zur Begründung trug er mit Schriftsatz vom 03.12.2021 vor, die überwiegend extensive Bewirtschaftung sowie die örtlichen Gegebenheiten hätten ein besseres Beweidungs- oder Bewirtschaftungsergebnis nicht zugelassen. Soweit die Sachlage bei der Vor-Ort-Kontrolle so interpretiert worden sei, dass die Flächen nicht landwirtschaftlich genutzt würden und deshalb nicht förderfähig seien, sei dieser Auffassung nicht zu folgen. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 30.03.2021 – 3 C 7.20 – juris) stehe der Bewilligungsbehörde, insbesondere dem Vor-Ort-Kontrolleur ein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs nicht (mehr) zu. Auch wenn ein Großteil eines Feldstücks aufgrund einer möglichen Verbuschung nicht vollständig beweidet werden könne, sei die Fläche dennoch als prämienfähiges Grünland anzuerkennen.
19
Zudem sei bei der Vor-Ort-Kontrolle „möglicherweise“ ein GPS-Gerät verwendet worden, welches aufgrund der örtlichen Gegebenheiten schlechten Empfang gehabt habe. Die Funktionstüchtigkeit und Messgenauigkeit werde bestritten.
20
Für den Beklagten beantragt die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zuletzt,
die Klage abzuweisen.
21
Mit Schriftsatz vom 26.01.2022 trug sie vor, dass das BVerwG (s.o.) zwar entschieden habe, dass der Bewilligungsbehörde kein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs zustehe, gleichwohl werde in dem Urteil aber festgehalten, dass die Anerkennung einer Teilfläche als Dauergrünland eine entsprechende effektive Nutzung voraussetze. Das Vegetationsbild einer mehrjährigen Sukzession verholzter Pflanzen und damit ein hereinwachsender Waldrand stehe der Annahme einer solchen Nutzung aber ebenso entgegen, wie ein flächenhaft vorherrschender Aufwuchs von Nichtfutterpflanzen.
22
Ergänzend zur Begründung im Widerspruchsbescheid trug sie zu Feldstück Nr. 8 vor, dass bei diesem eine Fläche von 0,47 ha aberkannt habe werden müssen, weil diese nicht landwirtschaftlich genutzt worden sei. Unter „landwirtschaftlicher Tätigkeit“ verstehe man nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 i.V. m. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Nr. ii und iii Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 unter anderem die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden, oder die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden.
23
Nach § 2 Abs. 1 DirektZahlDurchfV liege eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Nr. ii oder iii der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 auf einer landwirtschaftlichen Fläche, die während des gesamten Jahres, für das ein Antrag auf Direktzahlung gestellt wird, nicht für eine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Nr. i der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 genutzt wird, vor, wenn der Betriebsinhaber einmal vor dem 16. November des Jahres den Aufwuchs mäht und das Mähgut abfährt oder den Aufwuchs zerkleinert und ganzflächig verteilt.
24
Bei der ersten Kontrolle am 30.08.2018 seien auf dem westlichen Teil des Feldstücks Altgrasbestände vorhanden gewesen, welche definitiv belegen würden, dass dieser Flächenteil bis zum 30.08.2020 nicht landwirtschaftlich genutzt worden sei. Bei der Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018 hätten die Kontrolleure dann festgestellt, dass die Fläche zwar gemäht, aber der Aufwuchs nicht bzw. nicht vollständig abgefahren worden sei. Die Bestätigungen der Helfer des Klägers (Mähen „Anfang September“ und Verfütterung an die Tiere im Wildgehege) seien vor dem Hintergrund, dass am 20.09.2018 noch eine erhebliche Menge Mähgut auf der Fläche vorhanden war, nicht nachvollziehbar. Damit die Anforderung an die Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen erfüllt ist, müsse das Mähgut vollständig abgefahren werden und dürfe nicht auf der Fläche liegen gelassen werden.
25
Die bei der Vor-Ort-Kontrolle verwendeten Messgeräte würden jährlich im Rahmen einer Mess-Validierung auf ihre Genauigkeit überprüft.
26
In einem Schriftsatz vom 20.03.2022 führte der Kläger Weiteres zur Begründung seiner Klage aus. Der Kläger habe den Prüfer bei Beginn der Vor-Ort-Kontrolle unbeabsichtigt verärgert, was den gesamten Prüfungstermin zu seinen Lasten beeinflusst habe.
27
Zu den Feldstücken Nr. 1 und Nr. 2 trägt er vor, dass diese im Mehrfachantrag 2018 jeweils mit dem Code 822 (Streuobstanlage ohne Wiesen-/Ackernutzung), bzw. wie es in früheren Codierungslisten gestanden habe „ohne Untergrundnutzung“ beantragt worden seien. Dies heiße, dass keine landwirtschaftliche Nutzung des „Untergrundes“ erfolgen müsse. Dass sich auf Feldstück Nr. 1 ein „Privatgarten“ befunden habe, dieses Feldstück am Waldrand gelegen und mit Sträuchern bewachsen gewesen sei, werde bestritten. Aber auch wenn dies so wäre, sei es aus o.g. Gründen förderunschädlich. Es würden nur Bäume gewertet, die nachweislich vorhanden gewesen seien.
28
Auch dass sich das Feldstück Nr. 2 am Waldrand befunden und mit Sträuchern bewachsen gewesen sei, werde bestritten. Das Feldstück habe der Kläger im Jahr 2000 in die Obstbaumförderung einbezogen, da ihm dies seitens des Beklagten mit dem Hinweis empfohlen worden sei, dass beim Code 822 („Streuobstanlage ohne Untergrundnutzung“) eine Lagerung von Pflastersteinen und Siloballen nicht förderschädlich sei. Dass der Nutzungscode nicht eindeutig sei, dürfe nicht zu Lasten des Landwirtes gehen.
29
Das Feldstück Nr. 8 sei mit dem Code 451 („Wiesen einschließlich Streuobstwiesen“) mit einer Fläche von 1,64 ha beantragt worden. Das Bild Bl. 209 der Förderakte zeige, dass das Gras vollständig abgefahren worden sei, beim Aufladen des Mähgutes sei lediglich eine geringe Menge Gras liegen geblieben. Dies könnten auch der Sohn des Klägers und zwei Angestellte bestätigen.
30
Der Kläger ergänzte im Schriftsatz vom 29.03.2022, dass es auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb, den er 1993 von seinem Vater übernommen habe, bis 2019 acht Betriebsprüfungen gegeben habe, bei denen es bei sieben Prüfungen keinerlei Beanstandungen gegeben habe. Bei der streitgegenständlichen Prüfung hingegen sei nunmehr jedes Feldstück des Klägers beanstandet worden.
31
Mit Schriftsatz vom 27.04.2022 trug der Beklagte ergänzend vor, dass die beiden Feldstücke Nr. 1 und Nr. 2 mit dem Nutzungscode 822 Streuobstanlage (ohne Wiesen-/Ackernutzung) beantragt worden seien. Mit diesem Nutzungscode seien Flächen zu codieren, bei denen die Obstnutzung eindeutig im Vordergrund stehe (regelmäßige und vollständige Obstnutzung; im Zweifelsfall mit Nachweisen z.B. Brennerei, Vermarktung). Es handele sich dabei um Flächen, die üblicherweise mit ca. 100 Bäumen (Hoch- oder Halbstamm) je Hektar bepflanzt seien. Es erfolge keine Weide-/Wiesen-/Ackernutzung, der Aufwuchs werde lediglich gemulcht. Bei den beiden Feldstücken handle es sich aber gerade nicht um eine Streuobstanlage nach der o.g. Definition. Ebenso handle es sich um keine landwirtschaftliche Fläche, die mit einem anderen Nutzungscode hätte beantragt und gefördert werden können.
32
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.

Entscheidungsgründe

33
Die zulässige Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage bzw. Bescheidungsklage hat im Hinblick auf Feldstück Nr. 8 Erfolg, im Übrigen war die Klage abzuweisen.
1.
34
Der streitgegenständliche Bescheid vom 27.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 02.11.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO), soweit darin – bezogen auf das Feldstück Nr. 8 – eine Fläche von 0,50 ha abgezogen worden ist. Der Kläger hat einen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, ihm die beantragte Förderung zu gewähren bzw. seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das Gericht ist, soweit die Klage Feldstück Nr. 8 betrifft, zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger jedenfalls im maßgeblichen Förderjahr die Förderkriterien für die streitgegenständliche Teilfläche erfüllt hat und die streitgegenständliche Flächenkürzung in Höhe von 0,50 ha betreffend Feldstück Nr. 8 rechtswidrig erfolgte. In Bezug auf Feldstück Nr. 1 und 2 war die Klage abzuweisen.
1.1
35
Die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids begegnet keinen Bedenken. Insbesondere hat das zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … gehandelt (vgl. Ziff. 6.1 der Richtlinie für die Gewährung der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten (AGZ) gemäß Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 in der Fassung vom 03.04.2017, Az. G3-7275-1/113 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Lfd. Nr. 18 der Anlage 1 zur Ämterverordnung-LM (AELFV) vom 16.06.2005 (GVBl. S. 199, BayRS 7801-2-L), die zuletzt durch Verordnung vom 28.07.2021 (GVBl. S. 505) geändert worden ist).
36
Die erforderliche Anhörung (Art. 28 BayVwVfG) erfolgte im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018, nach Bescheiderstellung am 06.06.2019 sowie vor Erlass des Widerspruchbescheids mit Schreiben vom 25.03.2020 (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG). Der Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides enthält eine ausreichende Begründung (Art. 39 BayVwVfG).
2.2
37
Der Bescheid ist jedoch teilweise materiell-rechtlich zu beanstanden.
2.2.1
38
Rechtsgrundlage für die beantragte Förderung ist die Richtlinie des Freistaates Bayern für die Gewährung der Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten (AGZ) vom 03.04.2017, Az. G3-7275-1/113 (im Folgenden: Förderrichtlinie). Diese Förderrichtlinie findet unionsrechtlich ihre Grundlage in der für das Förderjahr geltenden Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005, der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates.
39
Die streitgegenständliche „Kürzung“ beruht auf Art. 18 Abs. 6 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission.
40
Art. 18 Abs. 6 Satz 1 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 lautet wie folgt:
„Ist im Falle von Beihilfeanträgen und/oder Zahlungsanträgen für flächenbezogene Beihilferegelungen oder Stützungsmaßnahmen die angemeldete Fläche größer als die ermittelte Fläche für eine Kulturgruppe gemäß Artikel 17 Absatz 1, so wird die Beihilfe oder Stützung unbeschadet etwaiger nach Artikel 19 vorzunehmender Verwaltungssanktionen auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.“
41
Eine Ermessensausübung des Fördergebers ist darin nicht vorgesehen.
42
Die „ermittelte Fläche“ ist in Art. 2 Abs. 1 Nr. 23 Buchst. a Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 wie folgt definiert:
43
Im Rahmen flächenbezogener Beihilferegelungen die Fläche, die alle Förderkriterien oder anderen Auflagen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Beihilfegewährung erfüllt, ungeachtet der Zahl der Zahlungsansprüche, über die der Begünstigte verfügt […] Der Begriff „Förderkriterien“ ist in den unionsrechtlichen Verordnungen nicht erläutert. Allgemein kann man bei den Förderkriterien von Anforderungen sprechen, die erfüllt sein müssen, damit eine Förderung gewährt wird (vgl. Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 35 Rn. 5 f.).
2.2.2
44
Ein Förderkriterium für die Gewährung der AGZ ist – neben einer Fläche in einem benachteiligten Gebiet – eine beihilfefähige, landwirtschaftlich genutzte Fläche, vgl. Ziff. 2 der Förderrichtlinie. Die AGZ wird entsprechend dem Umfang der im Antragsjahr bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche gewährt (Ziff. 5.2.1 der Förderrichtlinie).
45
„Landwirtschaftliche Fläche“ ist jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt wird (Art. 4 Abs. 1 Buchst. e Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).
46
Unter den Begriff „Dauerkultur“ fallen nicht in die Fruchtfolge einbezogenen Kulturen außer Dauergrünland und Dauerweideland, die für die Dauer von mindestens fünf Jahren auf den Flächen verbleiben und wiederkehrende Erträge liefern, einschließlich Reb- und Baumschulen und Niederwald mit Kurzumtrieb (Art. 4 Abs. 1 Buchst. g Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).
47
Der Begriff „Dauergrünland und Dauerweideland“ (zusammen „Dauergrünland“) wird in Art. 4 Abs. 1 Buchst. h Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 definiert als „Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind […]“.
48
„Gras oder andere Grünfutterpflanzen“ wiederrum sind alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutmischungen für Weideland oder Wiesen in dem Mitgliedstaat sind, unabhängig davon, ob die Flächen als Viehweiden genutzt werden (Art. 4 Abs. 1 Buchst. i Verordnung (EU) Nr. 1307/2013).
49
Nach Ziff. 5.2.2 der Förderrichtlinie sind jedoch Flächen von der Förderung ausgenommen, die nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Nr. ii und iii der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommen wurden:
50
Danach bedeutet „landwirtschaftliche Tätigkeit“,
- die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden (Nr. ii),
- oder die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden (Nr. iii).
51
Der deutsche Gesetzgeber hat den Begriff „landwirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst. e Nr. ii und iii Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 in § 2 DirektZahlDurchfG weiter konkretisiert. Danach liegt eine solche vor, wenn der Betriebsinhaber einmal vor dem 16. November des Jahres den Aufwuchs mäht und das Mähgut abfährt (Nr. 1) oder den Aufwuchs zerkleinert und ganzflächig verteilt (Nr. 2).
52
Grundsätzlich trägt der Begünstigte im Rahmen der Antragstellung die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Förderkriterien (vgl. Schulze/Schulte im Busch in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, Verordnung (EU) Nr. 640/2014 Art. 35 Rn. 35).
2.2.3
53
Das Gericht ist, soweit die Klage Feldstück Nr. 8 betrifft, zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Förderkriterien für die streitgegenständliche Teilfläche jedenfalls im Jahr 2018 erfüllt hat.
54
Das streitgegenständliche Feldstück Nr. 8 wurde aufgrund der Vor-Ort-Kontrolle am 20.09.2018 mit einer Fläche von 0,03 ha wegen hereinwachsendem Waldrand, bzw. 0,47 ha deswegen aberkannt, weil die Prüfer davon ausgingen, dass die jeweilige Teilfläche vom Kläger zwar gemäht, der gemähte Aufwuchs aber liegen gelassen wurde und das Feldstück damit nicht der erforderlichen landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne der Förderrichtlinie unterlag.
55
Das Gericht erlangte aufgrund der vorliegenden schriftlichen Unterlagen und nach der mündlichen Verhandlung die erforderliche Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass der Kläger das Feldstück Nr. 8 jedenfalls im Jahr 2018 landwirtschaftlich genutzt und damit die Förderkriterien für die Gewährung der AGZ erfüllt hat.
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Unstreitig und mit Bildern dokumentiert ist, dass eine Mahd im Förderjahr 2018 bis zur zweiten Kontrolle am 20.09.2018 erfolgte. Durch den bei der damaligen Prüfung anwesenden Prüfer konnte deshalb eine „Wiederanerkennung der Selbstbewirtschaftung“ angenommen werden (vgl. Stellungnahme des Prüfdienstes des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … vom 29.03.2023, Bl. 290 der Gerichtsakte).
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Dass auf den bei der Vor-Ort-Kontrolle am 30.08.2018 angefertigten Bildern auf einer Teilfläche ein verholzter Aufwuchs zu sehen war, kann allenfalls als Nachweis dafür dienen, dass diese Teilfläche allenfalls bis zu diesem Datum (noch) nicht gemäht worden war.
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Streitig bleibt lediglich, ob der Kläger im Förderjahr 2018 das gemähte Gras abgefahren und an das Gehegewild verfüttert hat.
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Bereits im Verwaltungsverfahren legte der Kläger die Bestätigungen dreier „Helfer“ vor, die übereinstimmend angaben, ihm Anfang September 2018 beim Abmähen und Verbringen, bzw. Verfüttern des Grases geholfen zu haben (Bl. 15 der Behördenakte 2018).
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In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, das Mähgut und den hohen Altgrasbestand, wie er auf den Bildern des Prüfdienstes zu sehen sei, an das Damwild verfüttert zu haben. Dieses schäle gerne die Verholzung und die Rinde ab und fresse auch alte Grasbestände, wenn diese entsprechend zerkleinert worden seien (Protokoll. S. 6).
61
Diese Einlassung vermochte der Beklagte nicht zu entkräften.
62
Der bei der zweiten Vor-Ort-Kontrolle anwesende Prüfer gab in der mündlichen Verhandlung selbst an, dass ein Teil des Aufwuchses offenbar abgefahren worden sei (Protokoll S. 6). Auch in seiner Stellungnahme vom 29.03.2023 (Bl. 290 der Gerichtsakte) gibt er an, dass der Kläger die abgefahrenen Vegetationsreste ins Damwildgehege verbracht habe.
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Auf den bei der Vor-Ort-Kontrolle gefertigten Bildern ist zwar erkennbar, dass noch verbliebene Grasreste auf der Fläche vorhanden sind (vgl. Bl. 118 der Behördenakte); die Einlassung des Klägers, er habe das Heu mit einem Wiesenmäher gemäht, der das Mähgut etwas zerkleinere, wodurch auch nach dem Zusammenrechen kleinere Reste liegen bleiben würden (Bl. 274 der Behördenakte 2018), vermögen diese Bilder aber nicht zu widerlegen.
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Auch die Argumentation des Beklagten, auf Befliegungsbildern vom 09.04.2018 sei die Fläche mit einem gräulichen Braunton verfärbt, der darauf hinweise, dass es sich um Altgrasbestände handle, die bereits 2017 nicht genutzt worden seien, geht fehl. Denn allein maßgeblich ist, ob das Feldstück im Förderjahr 2018 landwirtschaftlich genutzt wurde.
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Ebenso wenig ist der mit einer Fläche von 0,03 ha abgezogene Waldrand in den Behördenakten bzw. auf den vorgelegten Satellitenbildern erkennbar oder dokumentiert. Auch in der mündlichen Verhandlung konnten die Beklagtenvertreter keine eindeutigen Angaben zum Verlauf des Waldrandes auf den vorhandenen Bildern machen (Protokoll S. 7).
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Aus den oben genannten Gründen ist die Kürzung der Flächen betreffend das Feldstück Nr. 8 rechtswidrig. Der Kläger hat infolgedessen Anspruch auf die beantragte Leistung. Die diesem Ergebnis entgegenstehende Entscheidung im streitgegenständlichen Bescheid in Form des Widerspruchsbescheids ist deshalb aufzuheben und über den Antrag neu zu entscheiden.
2.2.4
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Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Das Gericht konnte hinsichtlich der Feldstücke Nr. 1 und Nr. 2 nicht zur Überzeugung gelangen, dass der Kläger die Förderkriterien für die streitgegenständlichen Teilflächen im maßgeblichen Förderjahr 2018 erfüllt hat.
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a. Das Feldstück Nr. 1 wurde mit einer Fläche von 0,04 ha aufgrund des Vorhandenseins eines Weges und eines „Privatgartens“ aberkannt.
69
Der Abzug des Weges, der im Übrigen auf den Bildern in der Behördenakte (Bl. 83 der Behördenakte 2018) eindeutig dokumentiert ist, erfolgte rechtmäßig, denn auf einem (befestigten) Weg kann jedenfalls keine landwirtschaftliche Nutzung i.S.d. Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 erfolgen.
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Ebenso wenig ist eine solche auf der als „Privatgarten“ bezeichneten Teilfläche erkennbar. Die Fläche ist, wie aus den Bildern (Bl. 83 der Behördenakte 2018) ersichtlich mit Bodendeckern (vermutlich Immergrün) bewachsen.
71
Der Verweis des Klägers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Bewilligungsbehörde ein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs nicht zustehe (BVerwG, U.v. 30.03.2021 – 3 C 7.20 – juris Rn. 23), und seine Einlassung, er habe den Aufwuchs von Feldstück Nr. 1 gemäht und an sein Damwild verfüttert, ist in der Sache unbehelflich, denn der Kläger hat das Feldstück Nr. 1 nicht als „Dauergrünland“, sondern als „sonstige förderfähige Flächen“ mit dem Nutzungscode 822 als „Streuobstanlage (ohne Wiesen-/Ackernutzung)“ beantragt.
72
Dieser Nutzungscode 822 bezeichnet eine „Dauerkultur“, wie sie in Art. 4 Abs. 1 Buchst. g Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 definiert ist (s.o.). Nach der Anleitung zum Ausfüllen des Flächen- und Nutzungsnachweises (FNN) des Jahres 2018 (S. 5) sind damit „Flächen zu codieren, bei denen die Obstnutzung eindeutig im Vordergrund steht (regelmäßige und vollständige Obstnutzung). Es handelt sich dabei um Flächen, die üblicherweise mit ca. Bäumen (Hoch- oder Halbstamm) je Hektar bepflanzt sind. Es erfolgt keine Wiesen/Ackernutzung, der Aufwuchs wird lediglich gemulcht.“
73
Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der aberkannten Teilfläche des Feldstücks Nr. 1 um keine Streuobstanlage nach der o.g. Definition. Nach seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung stünden auf dem Feldstück insgesamt vier Obstbäume, darunter ein Pflaumen- und ein Apfelbaum mit wenig Ertrag, sowie zwei Apfelbäume, die mit ca. 100 kg pro Jahr gut getragen hätten (Protokoll S. 3).
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Nach der o.g. Definition und der Förderpraxis des Beklagten ist jedoch grundsätzlich eine „regelmäßige und vollständige Obstnutzung“ erforderlich. Dies bedarf nach der in der mündlichen Verhandlung erklärten Förderpraxis (Protokoll S. 5) im Zweifel einen Nachweis, beispielsweise einer Brennerei oder Vermarktung des Obstes. Selbiges hat der Kläger weder behauptet noch vermochte er einen entsprechenden Nachweis zu führen.
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Auf der streitgegenständlichen Teilfläche (Weg und „Privatgarten“) befinden sich – ausweislich der sich in der Behördenakte befindlichen Fotos (Bl. 83 ff. der Behördenakte 2018) – auch keine (anerkannten) Obstbäume, so dass diese Fläche jedenfalls nicht als „Dauerkultur“ förderfähig ist. Naturgemäß waren auch in den Jahren 2015 bis 2017 keine förderfähigen Bäume vorhanden.
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b. Das Feldstück Nr. 2 wurde mit einer Fläche von 0,10 ha zu Recht vollständig aberkannt, da auf dem Feldstück Pflastersteine, ein Autowrack und Siloballen gelagert wurden.
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Der Kläger hat das Feldstück wie Feldstück Nr. 1 als „sonstige förderfähige Fläche“ mit dem Nutzungscode 822 als „Streuobstanlage (ohne Wiesen-/Ackernutzung)“ beantragt.
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Auch das Feldstück Nr. 2 entspricht nicht einer „Dauerkultur“ nach der o.g. Definition. Die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, es stünden darauf drei Kirschbäume mit etwa 30 kg Ertrag, zwei bis drei Pflaumenbäume (mit zwei bis drei Pflaumen) und Birnbäume, die ebenfalls wenig getragen hätten (Protokoll S. 3), lassen eine „regelmäßige und vollständige Obstnutzung“ nicht erkennen. Auf den sich in der Behördenakte befindlichen Fotos des Feldstücks (Bl. 90 ff. Behördenakte 2018) ist vielmehr zu erkennen, dass die Fläche auf der die Obstbäume stehen, stark zugewachsen ist und einen „waldähnlichen“ Charakter aufweist. Eine ordnungsgemäße Ernte der vorhandenen Obstbäume ist nach Überzeugung des Gerichts aufgrund des dichten Bewuchses ohne weiteres kaum möglich. Der Kläger vermochte dies nicht zu entkräften. Auch einen Nachweis beispielsweise der Brennerei oder Vermarktung des Obstes hat der Kläger auch für das Feldstück Nr. 2 nicht erbracht.
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c. Der Vortrag des Klägers, dass die Flächenabweichungen deshalb nicht rechtmäßig seien, weil bei der Vor-Ort-Kontrolle „möglicherweise“ ein GPS-Gerät verwendet worden sei, das an den dortigen örtlichen Gegebenheiten keinen Empfang hatte und dessen erforderliche Funktionstüchtigkeit und Messgenauigkeit nicht nachgewiesen sei, ist nicht substantiiert und kann ihm nicht zum Erfolg verhelfen. Wie der Beklagte dargelegt hat, werden die bei der Flächenkontrolle verwendeten GPS-Geräte jährlich im Rahmen einer Mess-Validierung auf ihre Genauigkeit überprüft (Bl. 102 der Gerichtsakte). Der Kläger vermochte dem Gericht keine Anhaltspunkte aufzuzeigen, diese Angaben in Zweifel zu ziehen. Die abgezogenen (Teil-)Flächen sind im Übrigen anhand der vorgelegten Orthophotos ausreichend dokumentiert und nachvollziehbar.
80
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO und entspricht dem gegenseitigen Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 und Abs. 1 VwGO i.V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.