Titel:
Keine Beihilfe für Vitaminpräparate und Taxifahrten zu Arztbesuchen
Normenketten:
BayBhV § 7, § 18, § 26
AMG § 2
Leitsätze:
1. Hinsichtlich der Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln gilt, dass das Erfordernis der ärztlichen Verschreibung kumulativ zum Erfordernis der Arzneimitteleigenschaft iSv § 18 S. 1 Nr. 1 BayBhV und der Apothekenpflichtigkeit hinzutritt; letztere besteht bei den Nahrungsergänzungsmitteln Folplus FTA 90 ST (PZN 12388067), Vitamin B12 KAP 60 ST (PZN 14409046) und Vitamin B6 KAP 90 St (PZN 10097986) nicht. (Rn. 29 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der in § 26 S. 1 BayBhV enthaltene Katalog regelt die Beihilfefähigkeit von Fahrtkosten abschließend (hier: Voraussetzungen nicht erfüllt). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ersatzfähigkeit von Vitaminpräparaten im Wege der Beihilfe, Erstattungsfähigkeit von Taxifahrten zu Arztbesuchen im Rahmen der Beihilfe, Beihilfe, Nahrungsergänzungsmittel, Arzneimittel, Vitaminpräparate, Fahrtkosten, Taxi
Fundstelle:
BeckRS 2023, 33809
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten vom 14.01.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.03.2022, soweit der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die Aufwendungen für Taxibeförderungen zu Arztterminen und Vitaminpräparaten abgelehnt hatte.
2
1. Mit Formblattantrag vom 31.12.2021, beantragte die Klägerin beim Landesamt für Finanzen – Dienststelle Ansbach (LfF) die Erstattung diverser, im Zeitraum vom 02.10.2021 bis 29.12.2021 angefallener Aufwendungen mit einem Gesamtrechnungsbetrag von 7.454,67 Euro im Rahmen der Beihilfe.
3
Mit Beihilfebescheid vom 14.01.2022 wurde für die eingereichten Rechnungen eine Beihilfe (Bemessungssatz 70%) in Höhe von 5.062,59 Euro gewährt. In dem Bescheid wurde zunächst unter Verweis auf Hinweis-Nummer 1818 keine Beihilfe für folgende Taxifahrten zu ambulanten Behandlungen gewährt:
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Rechnungsdatum
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Rechnungsbetrag
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05.11.2021
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16,10 Euro
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05.11.2021
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15,90 Euro
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08.11.2021
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16,50 Euro
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22.11.2021
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9,90 Euro
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4
Keine Beihilfe gewährt wurde ferner unter Verweis auf Hinweis-Nummer 1489 für folgende Mittel:
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Rechnungsdatum
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Rechnungsbetrag
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02.12.2021
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8,20 Euro
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08.12.2021 (gemeint ausweislich ärztlicher Verordnung: 03.12.2021)
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30,85 Euro
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5
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 26.01.2022 Einwendungen gegen die Nichterstattung von Kostenpositionen, die als Widerspruch gegen den Beihilfebescheid ausgelegt wurden.
6
Mit Teilabhilfebescheid vom 04.02.2022 wurde die Aufwendung der Taxifahrt am 22.11.2021 infolge des geschilderten Sachverhaltes (Heimfahrt nach narkotisierter Magen-Darm-Spiegelung) nacherstattet.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2022 wies die Beklagtenseite den Widerspruch der Klägerin gegen den Beihilfebescheid vom 14.01.2022 mit Ausnahme der Taxiquittung vom 05.11.2021 (15,90 Euro), bezüglich derer mit Teilabhilfebescheid vom 08.03.2022 eine beihilferechtliche Nacherstattung erfolgte, als unbegründet zurück. Die Beklagtenseite begründete die Ablehnung der Beihilfegewährung im Wesentlichen damit, dass nach § 7 Abs. 1 der Bayerischen Beihilfeverordnung (BayBhV) Aufwendungen beihilfefähig seien, soweit sie dem Grunde nach medizinisch notwendig seien. Dabei seien die aus Anlass einer Krankheit bei ärztlichen Leistungen nach §§ 8 bis 17 BayBhV verbrauchten oder nach Art und Umfang schriftlich verordneten Arznei- und Verbandmittel sowie Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 bis 3 des Medizinproduktegesetzes (MPG) beihilfefähig (§ 18 Abs. 1 BayBhV). Die Mittel, auf die sich die eingereichten Rechnungen vom 02.12.2021 und 03.12.2021 bezögen, seien als Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen, gemäß § 18 Satz 1 und 4 Nr. 2 und 4 BayBhV nicht beihilfefähig. Als Kosten der allgemeinen Lebenshaltung seien diese unabhängig von einer ärztlichen Verordnung von der Beihilfefähigkeit generell ausgenommen, wozu nach VV Nr. 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV grundsätzlich auch Nahrungsergänzungsmittel zählten. Nur in Ausnahmefällen seien entsprechende Aufwendungen beihilfefähig, wobei die hierfür notwendige medizinische Indikation i.S.d. Aufzählung unter VV Nr. 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV vorliegend nicht gegeben sei. Bei den Mitteln Folplus FTA 90 ST (PZN 12388067) aus der ärztlichen Verordnung vom 02.12.2021 über 8,20 Euro sowie den Mitteln Vitamin B12 KAP 60 ST (PZN 14409046) und Vitamin B6 KAP 90 St (PZN 10097986) aus der ärztlichen Verordnung vom 03.12.2021 über 30,85 Euro handele es sich weder um ein Arzneimittel noch ein Medizinprodukt oder ein apothekenpflichtiges Produkt.
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Die Aufwendungen für die Taxifahrten am 05.11.2021 über 16,10 Euro von der Praxis von Dr. … zur Wohnanschrift der Klägerin sowie am 08.11.2021 über 16,50 Euro von der Wohnanschrift der Klägerin zur ambulanten Behandlung von Dr. … seien beihilferechtlich nicht berücksichtigungsfähig. Nach § 26 Satz 1 Nr. 5 BayBhV seien Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung nur in besonderen Ausnahmefällen und nach vorheriger Genehmigung durch die Beihilfestelle beihilfefähig. Ein vom Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen definierter Katalogtatbestand eines Ausnahmefalls sei nicht ersichtlich. Die ärztliche Verordnung führe nicht isoliert zur Beihilfefähigkeit der Aufwendungen. Auch in diesem Fall müssten die Voraussetzungen des § 26 Satz 1 Nr. 5 BayBhV vorliegen, was hier nicht der Fall sei.
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2. Mit Schreiben vom 02.04.2022, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 04.04.2022, erhob die Klägerin Klage gegen den Widerspruchsbescheid des LfF vom 03.03.2022, Az. … – 95108614. Zur Begründung der Klage führte sie im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der Aufwendungen für die Taxifahrt von der Praxis Dr. … zur Wohnanschrift der Klägerin am 05.11.2021 die Notfallsituation nach wie vor bestanden habe. Aus dem als Anlage 12 zur Klage beigefügten Attest ergebe sich die medizinische Notwendigkeit der Taxifahrt zur Bluttransfusion am 08.11.2021.
10
Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 21.04.2022
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Die mit Rezept vom 02.12.2021 bzw. 03.12.2021 verordneten Präparate Folplus sowie Vitamin B6 und Vitamin B12 seien nicht beihilfefähig i.S.d. § 18 BayBhV. Bei den streitgegenständlichen Mitteln handele es sich um Nahrungsergänzungsmittel, die nach der Rechtsprechung des BayVGH selbst hochdosiert nicht beihilfefähig seien. Die streitgegenständlichen Mittel fielen auch nicht unter die von der VV zu § 18 BayBhV vorgesehenen Ausnahmefälle.
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Eine Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Fahrtkosten i.S.d. § 26 BayBhV sei nicht gegeben. Es liege kein Notfall vor, da die Feststellung der offenbar problematischen Hämoglobinwerte bereits mehrere Tage vor den angefallenen Taxifahrten erfolgt sei. Aus dem in Anlage 12 der Klage vorgelegten Attest ergebe sich auch keine Begründung, warum die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich gewesen sei. Der Termin für die Bluttransfusion am 08.11.2021 sei im Voraus geplant gewesen und mithin kein Notfall. § 26 Satz 1 Nr. 4 BayBhV sei nicht einschlägig. Die Voraussetzungen des § 26 Satz 1 Nr. 4 BayBhV seien klägerseitig nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Im Übrigen setze § 26 Satz 1 Nr. 4 BayBhV als eng auszulegende Vorschrift eine „an sich gebotene“ stationäre Behandlung voraus. Auch § 26 Satz 1 Nr. 5 BayBhV sei nicht einschlägig. Die Vorschrift sei als Ausnahmetatbestand eng auszulegen. Weder sei ein vorheriger notwendiger Antrag auf Kostenübernahme gestellt worden noch liege ein Fall einer als erteilt geltenden Genehmigung vor. Das Risiko, gelegentliche Taxikosten zu begleichen, beeinträchtige die Beihilfeberechtigte nicht in ihrer amtsangemessenen Lebensführung. Nach der Rechtsprechung des VG München seien in diesem Lichte selbst Taxifahrten bei akut auftretenden Schmerzen mit Einschränkung der Bewegungsfreiheit ohne vorherige Genehmigung nicht beihilfefähig.
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Mit Schriftsatz vom 31.05.2022 wiederholte die Klägerin im Wesentlichen ihre bisherige Argumentation.
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Mit Schriftsatz vom 15.06.2022, datiert auf den 21.4.2022, vertiefte der Beklagte seine Ausführungen zur fehlenden Beihilfefähigkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen.
15
Die Klägerin machte mit Schriftsatz vom 25.06.2022 weitere Ausführungen zur Notwendigkeit der verordneten streitgegenständlichen Mittel. Ferner vertiefte sie ihren Vortrag, warum es sich bei den Terminen am 05.11.2022 und 08.11.2022 um Notfalltermine gehandelt habe.
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Schließlich wies die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 11.07.2022 erneut darauf hin, dass selbst bei Vorliegen eines Notfalls Taxikosten nicht automatisch beihilfefähig seien, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 26 Satz 1 Nr. 4 und 5 BayBhV.
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Die Beteiligten erklärten mit Schriftsätzen vom 11.08.2022 (Klägerin) und 17.08.2022 (Beklagter) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
19
Aufgrund der mit Schriftsätzen vom 11.08.2022 und 17.08.2022 erklärten Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
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Da die Klägerin im Rahmen ihrer Klage keinen konkreten Antrag stellt, sondern lediglich Klage „gegen den Widerspruchsbescheid“ erhebt, bedarf das Klagebegehren der Auslegung, § 88 VwGO.
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Im wohlverstandenen Interesse der Klägerin ist das Klagebegehren dahingehend auszulegen, dass streitgegenständlich nur die Beihilfefähigkeit jener Aufwendungsposten ist, die im ursprünglichen Beihilfeantrag enthalten waren und mit Belegen nachgewiesen worden sind, Gegenstand des Widerspruchs der Klägerin vom 26.01.2022 waren und denen mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2022 nicht abgeholfen worden ist. Denn in Bezug auf insoweit überschießende Aufwendungen, konkret die im Rahmen der Klage eingereichten Anlagen 7, 9 und 13, wäre die Klage mangels vorheriger Antragstellung beim LfF unzulässig.
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Die so verstandene Klage ist zulässig, jedoch in der Sache ohne Erfolg. Der Bescheid des LfF vom 14.01.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.03.2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Beihilfegewährung über das vom Beklagten bereits gewährte Maß hinaus (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Die Klägerin ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 BayBhV beihilfeberechtigte Versorgungsempfängerin.
24
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfen verlangt werden, gegeben war (BVerwG, U.v. 30.4.2009 – 2 C 127.07 – juris Rn. 7; U.v. 15.12.2005 – 2 C 35.04 – BVerwGE 125, 21). Danach findet für die seitens der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen die auf Grundlage von Art. 86a Abs. 5 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.08.1998 erlassene Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung – BayBhV) vom 02.01.2007 (GVBl. S. 15, BayRS 2030-2-27-F) in der Fassung der Änderung vom 18.08.2021 (GVBl. S. 558), gültig mit Wirkung vom 01.10.2021, Anwendung, da die von ihr geltend gemachten Aufwendungen im November bzw. Dezember 2021 entstanden sind.
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Nach deren § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig, der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, wobei sich die konkrete Beihilfefähigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall nach den §§ 8 bis 28 BayBhV richtet.
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2. Gemessen an diesen Vorschriften hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr geltend gemachten Aufwendungen für die streitgegenständlichen Mittel (siehe dazu unter a.) sowie die streitgegenständlichen Taxifahrten am 05.11.2021 bzw. 08.11.2021 (siehe dazu unter b.) im Wege der Beihilfe.
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a. Die Klägerin hat keinen beihilferechtlichen Anspruch auf Ersatz der von ihr geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit den Mitteln Folplus FTA 90 ST (PZN 12388067), Vitamin B12 KAP 60 ST (PZN 14409046) und Vitamin B6 KAP 90 St (PZN 10097986), da insoweit die Voraussetzungen für eine Beihilfefähigkeit nach § 18 BayBhV nicht vorliegen.
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Beihilfefähig nach § 18 Satz 1 BayBhV sind die aus Anlass einer Krankheit bei ärztlichen Leistungen verbrauchten oder nach Art und Umfang schriftlich verordneten apothekenpflichtigen Arzneimittel nach § 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) (Nr. 1) bzw. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 bis 3 MPG zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind (Nr. 4).
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Hinsichtlich der Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln gilt nach der Rechtsprechung des BayVGH, dass das Erfordernis der Verschreibung kumulativ zum Erfordernis der Arzneimitteleigenschaft i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV und der Apothekenpflichtigkeit hinzutritt, sodass der Umstand, dass eine Verschreibung erfolgt ist, noch nichts darüber aussagt, ob ein „Arzneimittel“ i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i.V.m. § 2 AMG vorliegt. Ein Produkt wird nicht schon dadurch zum „Arzneimittel“ i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV i.V.m. § 2 AMG, dass es im konkreten Fall ärztlich verschrieben wurde, alleine zur Beschwerdelinderung eingesetzt wurde und kein Lebensmittel ist. Vielmehr ist von einem Arzneimittel i.S.v. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV in der seit 01.10.2014 geltenden Fassung nur dann auszugehen, wenn sämtliche positiven und negativen Voraussetzungen i.S.v. § 2 AMG (i.V.m. § 18 Satz 1 Nr. 1 BayBhV) erfüllt sind – eine bloße „Nähe“ zum Begriff der „Arznei“ genügt diesen Anforderungen nicht (BayVGH, B.v. 29.1.2019 – 14 ZB 18.663 – juris Rn. 14; BayVGH PharmaR 2022, 380 (381)). Explizit nicht beihilfefähig sind nach § 18 Satz 4 BayBhV hingegen Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (Nr. 2) bzw. Aufwendungen für Vitaminpräparate, die keine Fertigarzneimittel i.S.d. § 4 Abs. 1 AMG sind (Nr. 3).
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Gemessen an diesen Maßstäben ist bei den streitgegenständlichen Mitteln eine Beihilfefähigkeit nicht gegeben. Eine Apothekenpflicht, vgl. § 43 AMG, besteht, soweit ersichtlich, weder bei dem Mittel Folplus FTA 90 ST (PZN 12388067) noch bei den Mitteln Vitamin B12 KAP 60 ST (PZN 14409046) und Vitamin B6 KAP 90 St (PZN 10097986). Vielmehr sind diese explizit als „Nahrungsergänzungsmittel“ klassifiziert und frei erhältlich. Dem entsprechenden Vortrag des Beklagten ist die Klägerin auch nicht substantiiert entgegengetreten. Damit sind die streitgegenständlichen Mittel als „Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen“ (§ 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV) bzw. als „Vitaminpräparat“ (§ 18 Satz 4 Nr. 3 BayBhV) zu klassifizieren. Die in § 18 Satz 4 Nr. 3 BayBhV enthaltene Rückausnahme von Fertigarzneimitteln i.S.d. § 4 Abs. 1 AMG ist bereits nicht einschlägig, als dass Fertigarzneimittel Arzneimittel i.S.d. § 2 Abs. 1 AMG sind und mithin grundsätzlich der Apothekenpflicht nach § 43 AMG unterliegen, was bei den streitgegenständlichen Mitteln gerade nicht der Fall ist.
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Unerheblich für die Beihilfefähigkeit ist demnach auch der Umstand, dass die streitgegenständlichen Mittel von einem Arzt schriftlich verordnet wurden.
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Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf apothekenpflichtige Arzneimittel verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht (OVG NW, U.v. 20.6.2013 – 1 A 334/11 – juris Rn. 43 ff.; BayVGH, U.v. 10.8.2015 – 14 B 14.766 – juris Rn. 34 ff; beide zu § 22 BBhV). Zur Begründung verweist das Gericht auf seine Entscheidung in einer Parallelsache, vgl. VG Bayreuth, U.v. 10.11.2015 – B 5 K 15.96:
„Insbesondere verstößt die Beschränkung nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fordert die Fürsorgepflicht, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten „Mischsystems“ zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (BVerwG, U.v. 5.5.2010 – 2 C 12/10 – ZBR 2011, 126 – juris Rn. 13 m. w. N.). Dabei ist der Dienstherr durch die Fürsorgepflicht in ihrem von Art. 33 Abs. 5 GG erfassten Kernbereich grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Erstattung von Behandlungskosten aus triftigen Gründen zu beschränken oder auszuschließen. Er muss zwar eine medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung im Krankheitsfall gewährleisten. Das bedeutet jedoch nicht, dass er die Aufwendungen eines medizinisch notwendigen Arzneimittels in jedem Fall erstatten muss. Der Dienstherr kann die Kosten bestimmter Medikamente ganz oder teilweise von der Beihilfe ausschließen, solange er dadurch den Maßstab des medizinisch Gebotenen nicht unterschreitet. Dies gilt insbesondere für Aufwendungen, die bezwecken, Beeinträchtigungen des allgemeinen Wohlbefindens entgegenzuwirken (BVerwG, U.v. 5.5.2010 – 2 C 12/10 – ZBR 2011, 126 – juris Rn. 15). Eine Verletzung der Fürsorgepflicht durch den generellen Ausschluss nicht apothekenpflichtiger Arzneimittel ist im vorliegenden Fall insbesondere auch deshalb nicht gegeben, da die Beihilfevorschriften in § 49 Abs. 2 BayBhV eine Härtefallregelung vorsehen. Danach kann die oberste Dienstbehörde in besonders begründeten Ausnahmefällen, die nur bei Anlegung des strengsten Maßstabs anzunehmen sind, über diese Verordnung hinaus die Gewährung von Beihilfe zulassen. Dadurch ist sichergestellt, dass der pauschale Leistungsausschluss bei nicht apothekenpflichtigen Arzneimitteln in Einzelfällen, wie z. B. bei chronischen Erkrankungen, die finanziellen Möglichkeiten des Betroffenen nicht in unzumutbarer Weise übersteigt (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2010 – 2 C 12/10 – ZBR 2011, 126 – juris Rn. 16 zum Beihilfeausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel).“
33
Eine solche Ausnahmekonstellation ist im vorliegenden Fall seitens der Klägerin jedoch weder dargetan noch sonst – insbesondere mit Blick auf den verhältnismäßig niedrigen Verkaufspreis der streitgegenständlichen Mittel – ersichtlich.
34
b. Die Klägerin hat auch keinen beihilferechtlichen Anspruch auf Erstattung der von ihr geltend gemachten Aufwendungen für die streitgegenständlichen Taxifahrten am 05.11.2021 bzw. 08.11.2021, da insoweit die Voraussetzungen für eine Beihilfefähigkeit nach § 26 BayBhV nicht vorliegen.
35
Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass der in § 26 Satz 1 BayBhV enthaltene Katalog die Beihilfefähigkeit von Fahrtkosten abschließend regelt (vgl. insoweit auch VG Würzburg BeckRS 2012, 46938 Rn. 19). Nicht entscheidungserheblich ist mithin, ob die streitgegenständlichen Taxifahrten vom 05.11.2022 bzw. 08.11.2022 im Rahmen eines medizinischen Notfalls erfolgt sind.
36
Nach diesen Grundsätzen liegt in Bezug auf die Taxifahrten am 05.11.2021 bzw. 08.11.2021 kein Fall des § 26 Satz 1 Nr. 4 BayBhV vor, wonach Fahrten zu einer ambulanten Krankenbehandlung sowie zu einer vor- oder nachstationären Behandlung, zur Durchführung einer ambulanten Operation im Krankenhaus oder in einer Facharztpraxis, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht durchführbar ist, wie zu einer stationären Krankenhausbehandlung bis zu einer Höhe von 200 €, beihilfefähig sind. Voraussetzung des § 26 Satz 1 Nr. 4 BayBhV ist insoweit, dass eine an sich gebotene (jedenfalls teilstationäre) Krankenhausbehandlung vermieden wird.
37
Dies ist vorliegend nicht ersichtlich: Bei der streitgegenständlichen Fahrt am 05.11.2021 handelte es sich um die Rückfahrt der Klägerin von der Praxis Dr. … zu ihrer Wohnanschrift. Vorangegangen war ein Termin zur weiteren medizinischen Abklärung. Dass durch diesen Termin eine an sich gebotene Krankenhausbehandlung vermieden wurde, ergibt sich weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus der unter Ziffer 12 des Beihilfeantrags eingereichten Verordnung einer Krankenbeförderung, die lediglich von einem „dringenden Termin bei Dr. …“ spricht. Auch die von Dr. … ausgestellte, unter Ziffer 13 des Beihilfeantrags eingereichte Verordnung einer Krankenbeförderung spricht lediglich generell von einem „Notfalltermin bei uns“, ohne dass ersichtlich wäre, inwiefern ohne Wahrnehmung des Termins eine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig wäre. Nicht entscheidungserheblich ist insoweit auch, dass das LfF mit Teilabhilfebescheid vom 08.03.2022 die Fahrtkosten für die Hinfahrt zur Praxis Dr. … am 05.11.2021 – etwaig überschießend – nacherstattet hat. Denn jedenfalls folgt aus der Einzelfallentscheidung keine behördliche Bindungswirkung für die Beurteilung der Beihilfefähigkeit übriger Aufwendungspositionen. Bei der Taxifahrt am 08.11.2022 handelte es sich hingegen um die Anfahrt zu einer im Vorfeld geplanten Bluttransfusion, für die ein Klinikaufenthalt – wie bereits das fachärztliche Praxisangebot zeigt – gerade nicht an sich geboten ist. Anhaltspunkte, die im Einzelfall zu einer anderen rechtlichen Würdigung hinsichtlich der Gebotenheit eines Klinikaufenthalts führen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere ist in diesem Kontext zu berücksichtigen, dass die geplante Bluttransfusion erst drei Tage später nach der Vorstellung in der Praxis von Dr. … am 05.11.2021 erfolgt ist.
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Schließlich liegt in Bezug auf die Taxifahrten am 05.11.2021 bzw. 08.11.2021 auch kein Fall des § 26 Satz 1 Nr. 5 BayBhV vor. Demnach sind Aufwendungen für Fahrten in besonderen Ausnahmefällen auch zu ambulanten Behandlungen beihilfefähig, wenn diese im Vorfeld von der Festsetzungsstelle genehmigt wurden. Ob ein derartiger – eng auszulegender – Ausnahmefall vorliegt, kann vorliegend dahinstehen. Denn jedenfalls wurde ein vorheriger Antrag auf Kostenübernahme seitens der Klägerin unstreitig nicht gestellt. Es liegt auch kein Fall einer als erteilt geltenden Genehmigung vor. Die notwendige vorherige Einholung der Genehmigung der Festsetzungsstelle kann auch nicht durch die ärztliche Verordnung von Taxifahrten ersetzt werden; vielmehr hätte es der Klägerin hier oblegen, sich vor Antritt der Taxifahrt um eine entsprechende Genehmigung zu bemühen.
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Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin hat als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.