Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 11.08.2023 – B 5 E 23.296
Titel:

Rechtswidrige Auswahlentscheidung aufgrund rechtswidriger Beurteilung

Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
BeurtRL-BPOL
VwGO § 123 Abs. 1
Leitsätze:
1. Ein Anordnungsgrund ergibt sich in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten in der Regel bereits daraus, dass die einmal vollzogene Beförderung von Konkurrenten wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität regelmäßig nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Auswahlentscheidung ist rechtswidrig, wenn eine ihr zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung rechtswidrig ist. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Begründung des Gesamturteils hat in der dienstlichen Beurteilung selbst zu erfolgen. Es genügt nicht, das Gesamturteil nachträglich zu plausibilisieren. Zulässig ist allenfalls eine Intensivierung im Sinne einer ergänzenden Anreicherung einer schon in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen Begründung. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Hinweis, dass die vorliegenden Beurteilungsbeiträge bei der Erstellung der Regelbeurteilung berücksichtigt worden seien, genügt nicht den Anforderungen an eine hinreichende Begründung des Gesamturteils. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
inzidente Überprüfung einer dienstlichen Beurteilung, Frage der Richtwertbindung bei Auslandsverwendung, fehlende Begründung bei erheblicher Abweichung der dienstlichen Beurteilung von den zugrundeliegenden Beurteilungsbeiträgen, Polizeibeamter, Bewerbung, Beförderung, Bewerbungsverfahrensanspruch, dienstliche Beurteilung, Beurteilungsbeiträge, Gesamturteil, Abweichung, Begründung, Plausibilisierung, Richtwertbindung, vorläufiger Rechtsschutz
Fundstelle:
BeckRS 2023, 33800

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, zumindest eine der ihr zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 11 solange freizuhalten, bis über den Widerspruch des Antragstellers vom 13.04.2023 bestandskräftig entschieden worden ist.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 14.498,91 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin, die in der Beförderungsrunde letzte zu besetzende Planstelle in der Besoldungsgruppe A 11 mit dem Beigeladenen zu besetzen.
2
1. Der am … geborene Antragsteller steht seit März 2012 als Polizeioberkommissar (POK – Besoldungsgruppe (BesGr) A 10) auf Lebenszeit im Dienst der Antragsgegnerin bei der Direktion Bundesbereitschaftspolizei – Bundespolizeiabteilung … Mit Verfügung vom 30.06.2020 ordnete die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Wirkung vom 01.08.2020 bis einschließlich 31.07.2022 als Sicherheitsbeamten 2.0 bei der Deutschen Botschaft in … und damit gleichzeitig zur Bundespolizeidirektion … ab. Diese wurde mit Verfügung vom 31.07.2020 dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller bis zum 02.08.2022 in den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes abgeordnet wurde. Zugleich wurde er vom 01.08.2020 bis zum 02.08.2022 zur Bundespolizeidirektion … abgeordnet. Mit Erlass der Bundespolizeidirektion … vom 06.04.2021 wurde die Zuteilung des Antragstellers zur Botschaft … als Sicherheitsbeamter 2.0 der Bundespolizei im Ausland bis 31.07.2023 verlängert.
3
Der Antragsteller erzielte in seiner aktuellen Regelbeurteilung zum Stichtag 01.10.2022 (Beurteilungszeitraum 01.10.2019 – 30.09.2022) in der BesGr A 10 auf dem Dienstposten Gruppenführer, A 9g-11, z.Z. Sicherheitsberater Dt. Botschaft in …, eine Gesamtbewertung von B 1. Dabei erzielte er in den Einzelmerkmalen sowohl beim Erst- als auch beim Zweitbeurteiler folgende Punkte:

Einzelmerkmal

Punktwert

1.1 Qualität und Verwertbarkeit

B 1

1.2 Arbeitsmenge und Termingerechtheit

B 1

1.3 Zweckmäßigkeit des Mitteleinsatzes

B 1

2 Fachkenntnisse

B 1

3.1 Eigenständigkeit

A 2

3.2 Initiative

B 1

3.3 Vertretung des Verantwortungsbereichs

B 1

3.4 Dienstleistungsorientierung

B 1

3.5 Mündlicher Ausdruck

B 1

3.6 Schriftlicher Ausdruck

B 1

4.1 Verantwortungsbereitschaft

A 2

4.2 Zuverlässigkeit

B 2

4.3 Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln

B 1

4.4 Umgang mit Konfliktsituationen

B 2

5.1 Organisation

A 2

5.2 Anleitung und Aufsicht

B 1

5.3 Delegation

B 1

5.4 Motivierung

B 1

5.5 Förderung von Mitarbeitern

B 2

5.6 Geschlechtergerechtigkeit/Genderkompetenz

B 2

6. Körperliche Leistung

B 1

Gesamtbewertung

B 1

4
Im Rahmen der „Allgemeinen Bemerkungen/Begründung“ wurde ausgeführt, dass die vorliegenden drei Beurteilungsbeiträge bei der Erstellung der Regelbeurteilung berücksichtigt worden seien.
5
In der Befähigungsbeurteilung erzielte er folgende Einzelwertungen:

Merkmal

Einzelwert

Auffassungsgabe

B

Denk- und Urteilsfähigkeit

B

Entscheidungs- und Durchsetzungsvermögen

B

Verhandlungsgeschick

C

Interkulturelle Kompetenz

A

Ideenreichtum

B

Konzeptionelles Arbeiten

A

Organisatorische Fähigkeit

A

Genauigkeit

B

Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit

B

Selbständigkeit des Handelns

B

Lernfähigkeit und -bereitschaft

B

Fähigkeit zum Führen von Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern

B

6
Zur Begründung der Gesamtnote wird ausgeführt, dass der Antragsteller während des Beurteilungszeitraumes hinsichtlich der zu bewertenden Einzelmerkmale ein insgesamt gefächertes Leistungsbild gezeigt habe. Die Merkmale Qualität und Verwertbarkeit, Fachkenntnisse, Zuverlässigkeit, Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln seien für die Erfüllung der Aufgaben in seiner Funktion als SAV 2.0 an einer deutschen Auslandsvertretung von essentieller Bedeutung und würden daher gewichtet. Die Leistungen im Beurteilungszeitraum tendierten in den besonders zu gewichtenden Merkmalen zu B1 (3 x B1, 1 x B2) und würden damit häufig über den Anforderungen liegen. Bezugspunkt sei das Statusamt. Bei den nicht gewichteten Leistungsmerkmalen seien drei Merkmale mit A2 zu bewerten und wiesen besondere Leistungen und Fähigkeiten im überwiegenden Beurteilungszeitraum aus. Elf Merkmale seien mit B1 (häufig über den Anforderungen) zu bewerten, bei drei Merkmalen (B2) würden die Leistungen gelegentlich über den Anforderungen liegen. Im Bereich der Befähigung überwogen die Bewertungen im Bereich B. Bei der Bildung des Gesamturteils im Wege der Gesamtschau der gewichteten und ungewichteten Leistungsmerkmale, den Befähigungsmerkmalen und unter Berücksichtigung der Beurteilungsbeiträge sei hier insgesamt die Gesamtnote B 1 zu vergeben.
7
Diese Regelbeurteilung gründete auf drei Beurteilungsbeiträgen aus sich lückenlos aneinanderreihenden Zeiträumen (01.10.2019-31.07.2020: BPolABT …; 05.08.2020-01.10.2021: Deutsche Botschaft …; 02.10.2021-30.09.2022: Deutsche Botschaft …*). Hier erzielte der Antragsteller jeweils folgende Ergebnisse: 2x A2, 1x A1 für Qualität und Verwertbarkeit, 3x A2 für Arbeitsmenge und Termingerechtheit, 3x A2 für Zweckmäßigkeit des Mitteleinsatzes, 3x A2 für Fachkenntnisse, 1x A2, 2x A1 für Eigenständigkeit, 1x B1, 1x A2, 1x A1 für Initiative, 3x A2 für Vertretung des Verantwortungsbereichs, 2x A2, 1x A1 für Dienstleistungsorientierung, 3x A2 für mündlicher Ausdruck, 1x A2, 2x B1 für schriftlicher Ausdruck, 1x A1, 2x A2 für Verantwortungsbereitschaft,3x A1 für Zuverlässigkeit, 1x A2, 2x A1 für Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln, 3x A2 für Umgang mit Konfliktsituationen, 2x A1, 1x A2 für Organisation, 1x B1, 2x A2 für Anleitung und Aufsicht, 1x A2, 2x A1 für Delegation, 1x B1, 2x A2 für Motivierung, 1x A2, 2x A1 für Förderung von Mitarbeitern, 3x A2 für Geschlechtergerechtigkeit/Genderkompetenz, 1x A2, 2x A1 für körperliche Leistung.
8
In der Befähigungsbeurteilung erzielte er in den Beurteilungsbeiträgen folgende Einzelwertungen: 1x B, 2x A für Auffassungsgabe, 1x B, 2x A für Denk- und Urteilsfähigkeit, 3x B für Entscheidungs- und Durchsetzungsvermögen, 2x B, 1x A für Verhandlungsgeschick, 2x A, 1x – für interkulturelle Kompetenz, 1x C, 2x A für Ideenreichtum, 1x B, 2x A für konzeptionelles Arbeiten, 3x B für organisatorische Fähigkeit, 2x B, 1x A für Genauigkeit, 3x B für Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit, 1x B, 2x A für Selbständigkeit des Handelns, 1x A, 2x B für Lernfähigkeit und -bereitschaft, 2x B, 1x – für Fähigkeit zum Führen von Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern.
9
Mit Schreiben vom 14.02.2023 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Abänderung der Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum 01.10.2019 bis 30.09.2022 von der Gesamtnote B1 auf die Gesamtnote A2 und begründete diesen Antrag insbesondere damit, dass die Beurteilungsnote B1 nicht die Wertungen widerspiegele, die sich aus den Beurteilungsbeiträgen ergeben hätten, ohne dass ersichtlich, sei, welche zusätzlichen eigenen Erkenntnisse dieser Benotung zugrunde liegen würden und wie diese gewonnen worden seien. Dies zeige sich besonders eklatant am Merkmal 4.2.
10
Die Direktion der Bundesbereitschaftspolizei teilte mit Schreiben vom 06.04.2023 mit, dass u.a. beabsichtigt sei, im April 2023 auf Grundlage der aktuellen Beförderungsrangfolgelisten (Stichtag 01.02.2023) Beförderungen zum/zur Polizeihauptkommissar/in A 11 BBesO bis zur Notenkonstellation Gesamtnote A2 und Durchschnittswert 4,75 in der aktuellen Beurteilung sowie Gesamtnote B2 und Durchschnittswert 3,25 in der vorangegangenen Beurteilung bis Ranglistenplatz 77 vorzunehmen. Rechtsgrundlage für die Bestimmung des Ranglistenplatzes sei die Richtlinie für die Beförderung der Beamtinnen und Beamten in der Bundespolizei BGS I 3 660 234/1 vom 28. Januar 1998 in Verbindung mit den Erlassen des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 9. Mai 2003 und 12. November 2003 sowie der Verfügung des Bundespolizeipräsidiums (BPOLP), Referat 72 16 02 01 vom 22. Mai 2008 unter aktueller Modifizierung gem. BMI-Erlass B 1 30102/5#1, vom 31. März 2017 und gem. BMI Erlass B1 30102/5#1, vom 03.06.2021. Für die Ermittlung der Beförderungsrangfolge sei zunächst die letzte dienstliche Beurteilung, hier: Regelbeurteilung zum Stichtag 01.10.2022 oder die entsprechende Anlassbeurteilung vor der Beförderungsauswahlentscheidung heranzuziehen.
11
Mit E-Mail vom selben Tag teilte die Direktion Bundesbereitschaftspolizei dem Antragsteller mit, dass er den Ranglistenplatz 258 belege.
12
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 13.04.2023 legte der Antragsteller Widerspruch ein und machte geltend, dass die zugrunde gelegte Regelbeurteilung fehlerhaft sei.
13
2. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 13.04.2023, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, beantragte der Antragsteller:
14
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache untersagt, die Beförderung wenigstens eines Konkurrenten des Antragstellers nach Besoldungsgruppe A 11 Polizeihauptkommissar durch Aushändigung der Ernennungsurkunde zu vollziehen und bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens für den Antragsteller eine Beförderungsstelle nach Besoldungsgruppe A 11 Polizeihauptkommissar freizuhalten.
15
Für die Regelbeurteilung des Antragstellers für den Zeitraum 01.10.2019 bis 30.09.2022 errechne sich nach den Beurteilungsbeiträgen ein Durchschnittswert bei den vorgegebenen Leistungsmerkmalen von 5,475. Anhand der Vorgaben der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 06.04.2023 berechne sich ein Durchschnittswert bei den vorgegebenen Leistungsmerkmalen von 3,25.
16
Ein Anordnungsanspruch sei glaubhaft gemacht, weil die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin den Bewerberverfahrensanspruch des Antragstellers verletze. Die der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2019 bis 30.09.2022 erweise sich als fehlerhaft. Sie lasse nicht erkennen, inwiefern die Beurteilungsbeiträge Berücksichtigung gefunden hätten. Die Einzelnoten seien nicht plausibel gemacht und die erteilte Gesamtnote hinsichtlich ihrer Herleitung aus den Einzelnoten unzureichend begründet. Hier würden die Bewertungen der einzelnen Merkmale in der Regelbeurteilung den entsprechenden Bewertungen aus den Beurteilungsbeiträgen widersprechen. Wie sich offensichtlich aus der tabellarischen Gegenüberstellung der jeweiligen Leistungsbewertungen aus den Beurteilungsbeiträgen einerseits sowie der Regelbeurteilung andererseits ergebe, weiche die Leistungsbewertung der Regelbeurteilung bei den Einzelbewertungen von den jeweiligen Einzelbewertungen der Beurteilungsbeiträge ohne Erläuterung zum Nachteil des Antragstellers zum Teil erheblich ab. Die Gesamtbewertung in der Regelbeurteilung müsse mindestens mit A2 erfolgen.
17
Die Antragsgegnerin sicherte mit Schriftsatz vom 14.04.2023 auf Aufforderung des Gerichts zunächst zu, eine Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 11 freizuhalten.
18
Mit Beschluss des Gerichts vom 18.04.2023 wurde der letzte zum Zuge gekommene zu befördernde Mitstreiter des Antragstellers zum Verfahren beigeladen.
19
Mit Schriftsatz vom 25.04.2023 beantragte die Antragsgegnerin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
20
Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft dargelegt. Eine Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs sei nicht ersichtlich. Nach der maßgeblichen Beurteilungsrichtlinie der Bundespolizei erfolge die Auswahlentscheidung nach dem Leistungsgrundsatz vorrangig auf der Grundlage der Regelbeurteilungen. Für diese Beförderungsauswahl sei die Regelbeurteilung zum Stichtag 01.10.2022 maßgeblich. Ergebe sich nicht bereits aufgrund der Gesamtnote ein Vorsprung eines Beamten, seien bei in Konkurrenz stehenden Beamten die aufgrund ihrer Bedeutung für die Bundespolizei obligatorisch zu beurteilenden Leistungsmerkmale Fachkenntnisse, Qualität und Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse, Zuverlässigkeit sowie Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln miteinander zu vergleichen. Erst wenn sich auch nach dieser Differenzierung kein Vorsprung im Einzelfall ergebe, sei auf die vorletzte dienstliche Beurteilung abzustellen. Entsprechend dieses Verfahrens hätten im vorliegenden Beförderungsverfahren die auf den Ranglistenplätzen 1 bis 77 befindlichen Beamten zur Beförderung berücksichtigt werden können, wobei die Beamten auf den Ranglistenplätzen 1 bis 24 mit der Bestnote A1 und die übrigen Beamten mit der nächst niedrigeren Gesamtnote A2 beurteilt worden seien. Demgegenüber weise die Regelbeurteilung des Antragstellers zum Stichtag 01.10.2022 die niedrigere Gesamtnote B1 auf. Die hier zugrunde liegenden Beurteilungsbeiträge könnten nicht uneingeschränkt in die zu fertigende Regelbeurteilung übertragen werden, sondern müssten vielmehr vom Erstbeurteiler in die bestehende Beurteilungssystematik der maßgeblichen Vergleichsgruppe eingeordnet werden. Gemäß Ziffer 4.4.2 der Beurteilungsrichtlinie würden innerhalb der zuständigen Dienststelle/Organisationseinheit Vergleichsgruppen von Polizeibeamten gebildet, die derselben Laufbahn und Besoldungsgruppe angehörten. Diese Vergleichsgruppe bestehe vorliegend aus den (beurteilten) Polizeibeamten der zuständigen Dienststelle des Antragstellers am Beurteilungsstichtag, hier Personenschutz Ausland bei der Bundespolizeidirektion …, die sich in der Laufbahn des gehobenen Dienstes befänden und der Besoldungsgruppe A 10 angehörten. Dies seien nach Auskunft der Bundespolizeidirektion … insgesamt 49 Polizeioberkommissare. Durch Ziffer 4.4.1 der Beurteilungsrichtlinie werde wiederum vorgegeben, dass die Vergabe der Noten A1 und A2 ihrerseits an Richtwerte gebunden sind (A1: 5% und A2: 10%). Folglich hätten in der maßgeblichen Vergleichsgruppe nur 5 POK die Note A2 und nur 2 POK die Note A1 erhalten können. Bei der Erstellung der Beurteilungsbeiträge durch das Auswärtige Amt im Rahmen der Abordnung zur Botschaft in …, habe die Quotierung entsprechend Ziffer 4.4.1 jedoch keine Berücksichtigung gefunden, da das Auswärtige Amt bei der Erstellung der Beurteilungsbeiträge nicht an die geltende Beurteilungsrichtlinie der Bundespolizei gebunden sei. Dies führe dazu, dass die Beurteilungsbeiträge, die im Rahmen von Auslandsabordnungen erstellt würden, häufig besser ausfielen, da eben gerade keine Quoten eingehalten werden müssten. Dieser Umstand könne im Ergebnis dazu führen, dass die Noten der Regelbeurteilung sowohl in den Einzelnoten als auch im Gesamtergebnis von den einzelnen Beurteilungsbeiträgen abwichen. Eine solche Abweichung indiziert jedoch keinesfalls, dass die maßgeblichen Beurteilungsbeiträge nicht ausreichend und in maßstabsgetreuer Art und Weise berücksichtigt worden seien.
21
Mit Schriftsatz vom 03.05.2023 äußerte sich der Bevollmächtigte des Beigeladenen dahingehend, dass die Tätigkeiten des Beigeladenen im Auslandsdienst denen des Antragstellers entsprechen würden. Der auf Ranglistenplatz 77 der Beförderungsliste stehende Beigeladene sei mit Regelbeurteilung zum Stichtag 01.10.2022 mit der Gesamtnote A2 bewertet worden. Dieser Beurteilung würden vier Beurteilungsbeiträge zugrunde liegen, namentlich aus der Botschaft … für die Zeit vom 06.10.2019 bis 08.02.2020 (6 x A1, 11 x A2), von der Botschaft … für die Zeit vom 17.06.2020 bis 23.12.2020 (2 x A1, 6 x A2, 5 x B1, 1 x B2), von der Bundespolizei … für den Zeitraum vom 24.12.2020 bis zum 31.05.2021 (2x A1, 16x A2, 2x B1) sowie aus der Botschaft … für die Zeit vom 23.07.2021 bis zum 28.06.2022 (15x A1, 4x A2). Egal, welche Berechnungsweise man wähle, komme der Beigeladene dabei immer auf mehr Punkte in den Beurteilungsbeiträgen als der Antragsteller.
22
Ergänzend führte die Antragstellerseite mit Schriftsatz vom 11.05.2023 aus, dass der Beurteilungsbegründung gerade nicht zu entnehmen sei, dass die Beurteilungsbeiträge entsprechend berücksichtigt worden und eingeflossen seien. Weder enthalte die Beurteilungsbegründung nämlich eine konkrete Wertung der einzelnen Beiträge noch anderweitige Hinweise darauf, wie der Erstbeurteilende die Beurteilungsbeiträge gewürdigt und gewichtet oder überhaupt berücksichtigt habe. Man verweise auf die unter Anlage 16 Ziffer 2.3 zur Antragsschrift beigefügten Durchführungshinweise vom 10.12.2015. Danach seien abweichende Erkenntnisse von Beurteilungsbeiträgen nachvollziehbar zu begründen.
23
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beurteilung bestünden außerdem hinsichtlich der Vergleichsgruppe, in der sich der Antragsteller entsprechend dem Vortrag der Antragsgegnerin befinden solle.
24
Die Quotenvorgaben aus Ziffer 4.4.1 der Beurteilungsrichtlinien der Bundespolizei (BeurtRL-BPOL) stellten lediglich Richtwerte dar. Ein Über- oder Unterschreiten sei ausdrücklich zulässig. Wenn die Antragsgegnerin ausführe, dass sie an die Richtwerte gebunden sei, so habe sie hier offensichtlich ihr Ermessen verkannt und rechtswidrig nicht angewendet. Eine Prüfung, ob im Interesse einer Einzelfallgerechtigkeit eine Überschreitung der Quote erforderlich sei, sei jedenfalls nicht dargelegt. § 50 Abs. 2 BLV lasse für die Höchstnote eine Quote von bis zu 10% zu und für die zweithöchste Note eine Quote von bis zu 20%. In der Zusammenschau der Ausführungen des Beigeladenen falle auf, dass die der Regelbeurteilung zu Grunde liegenden Beurteilungsbeiträge den Beurteilungszeitraum vom 01.10.2019 bis 30.09.2022 nicht vollständig abdeckten. Es fehle der Zeitraum 09.02.2020 bis 16.06.2020, 01.06.2021 bis 22.07.2021 sowie 29.06.2022 bis 30.09.2022, mithin annähernd 10 Monate.
25
Mit Erwiderungsschriftsatz vom 16.05.2023 führte die Antragsgegnerin insbesondere aus, dass nahezu alle Auslandsverwender in den entsprechenden Beurteilungsbeiträgen mit herausragenden Noten bewertet würden. Zudem gebe die Regelbeurteilung nicht bloß die im Rahmen der Beurteilungsbeiträge getroffenen Bewertungen wieder. Vielmehr stelle sie das vom Beurteilenden selbst tatsächlich getroffene und zu verantwortende Urteil über den Beamten dar. Dabei legte die Antragsgegnerin auch die ergänzende Stellungnahme des Erstbeurteilers, Herrn POK …, zur weiteren Plausibilisierung der inzident angegriffenen Regelbeurteilung vor. Aus dieser mit Schreiben vom 24.05.2023 nachgereichten Anlage ergibt sich, dass der Antragsteller personalwirtschaftlich nicht zur Dienststelle PSA gehöre und für die Zeit der Verwendung als SAV 2.0 zum Auswärtigen Amt abgeordnet gewesen sei. Insofern habe er die Leistungen des Antragstellers nicht durch persönliche Wahrnehmung bewerten können und zur gesamtheitlichen Betrachtung die von der Stammdienststelle vorgelegten Beurteilungsbeiträge herangezogen. Alle drei Beurteilungsbeiträge bewegten sich vornehmlich in der Bewertungsebene A“, wobei mehr als zwei Drittel des Beurteilungszeitraums auf die deutsche Vertretung in … entfielen. Problematisch sei das weithin bekannte Phänomen, dass in Auslandsvertretungen durchweg Bestnoten verteilt würden, weil es einerseits keine Vergleichbarkeit gebe und andererseits den Diplomaten die notwendige Expertise fehle. Daher habe bei dem in Rede stehenden Beurteilungszeitraum von mehreren Dutzend SAV 2.0 zu Beurteilenden keiner eine durchschnittliche Bewertung unter A2 erhalten. Daher ziehe er, POK …, grundsätzlich ergänzende Kriterien heran, nämlich: Größe der Vertretung, Führungsspanne, besondere Ereignisse/Herausforderungen, Eindrücke des zuständigen Fachreferats 107 AA (Sicherheitsreferat mit Polizeifachlichkeit) sowie Eindrücke des Sachgebietes Sicherheitsberatung der Dienststelle PSA. Anhand der aus diesen Punkten gewonnenen Erkenntnissen habe er die abschließende Bewertung des Antragstellers vorgenommen.
26
Mit Schriftsatz vom 17.05.2023 erwiderte der Beigeladene und führte insbesondere aus, warum der Beigeladene nicht derselben Vergleichsgruppe wie der Antragsteller angehöre und inwiefern der Beigeladene im Vergleich zum Antragsteller über eine höhere Qualifikation verfüge.
27
Der Antragsteller kritisierte mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25.05.2023 die zuletzt beschriebene Vorgehensweise, die die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 06.06.2023 weiter erläuterte. Der Beigeladene äußerte sich abschließend über seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16.06.2023.
28
3. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
29
1. Der zulässige Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
30
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen, unerlässlich erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. § 123 Abs. 1 VwGO setzt also ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse einer Wahrung des behaupteten streitbefangenen Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
31
a) Ein Anordnungsgrund ergibt sich in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten wie der vorliegenden in der Regel bereits daraus, dass die einmal vollzogene Beförderung von Konkurrenten wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität regelmäßig nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Lediglich in Fällen, in denen der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten effektiv wahrzunehmen, besteht die Möglichkeit der Aufhebung einer erfolgten Ernennung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – BVerwGE 138, 102 – juris Rn. 27). Entsprechend dem Regelfall hat der Antragsteller vorliegend einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
32
b) Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung nach summarischer Prüfung unter Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs ergangen ist.
33
aa) Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen das grundrechtsgleiche Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt entsprechend seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung, sodass für öffentliche Ämter die Besetzung nach dem Leistungsprinzip gilt. Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d.h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung beurteilungs- und ermessensfehlerfrei entscheidet (BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – BVerwGE 145, 112 – juris Rn. 23). Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab gilt sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Anordnung, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ebenfalls nicht über das hinausgehen dürfen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (BVerwG, a.a.O, Rn. 22; BVerfG-K, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – NVwZ 2003, 200 – Rn. 14). Im Rahmen der vom Dienstherrn unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffenden Auswahlentscheidung muss der Leistungsvergleich anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgeblich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, welches anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet wurde (vgl. BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3.11 – NVwZ-RR 2012, 71/72; BayVGH, B.v. 27.10.2015 – 6 CE 15.1849 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 17.4.2013 – 6 CE 13.119 – juris Rn. 11 m.w.N.).
34
Dienstliche Beurteilungen, die darüber befinden, ob und in welchem Grad ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachliche Leistung aufweist, stellen einen von der Rechtsordnung dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis dar, sodass sich die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung darauf zu beschränken hat, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt, ob er einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Hat der Dienstherr Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler auf Grund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich daher auch auf die Kontrolle, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie sonst mit höherrangigem Recht in Einklang stehen (st. Rspr., etwa BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 2 A 10/13 – BVerwGE 150, 359 – juris Rn. 14; BVerwG, U.v. 24.11.2005 – 2 C 34.04 – BVerwGE 124, 356 m.w.N.; BVerwG, U.v. 11.12.2008 – 2 A 7.07 – Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 11).
35
bb) Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung bei summarischer Prüfung in dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt als rechtswidrig, da die der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung des Antragstellers nach summarischer Prüfung rechtswidrig ist.
36
Maßgeblich sind vorliegend die Richtlinien für die Beurteilung der Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei vom 10. Dezember 2015 (BeurtRL-BPOL), B 1 30102/4, des Bundesministeriums des Innern.
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Nach Ziffer IV. der Vorbemerkungen zu den BeurtRL-BPOL erfolgen dienstliche Beurteilungen nach einem einheitlichen Beurteilungsmaßstab unter Berücksichtigung der Anforderungen des Statusamtes. Dabei sind – insbesondere bei gebündelten Dienstposten – die Anforderungen des Dienstpostens ebenso in der Beurteilung zu berücksichtigen wie das aktuelle Statusamt der zu Beurteilenden. Nach Ziffer 2.3 BeurtRL-BPOL bedarf es für einen lückenlosen Leistungsnachweis der Berücksichtigung jeder dienstlichen Verwendung. Beurteilungsbeiträge haben den Zweck, Beurteilungen auf einer vollständigen Erkenntnisgrundlage zu ermöglichen. Die Beurteilungsbeiträge werden nach Ziffer 2.3.2 BeurtRL-BPOL durch die/den am Dienstort zuständige/-n (Fach-) Vorgesetzte/-n unter Verwendung des Beurteilungsformblattes (Anlage 4) spätestens vier Wochen nach Beendigung der Personalmaßnahme erstellt und an die personalverwaltende Stelle der Beamtin/ des Beamten übersandt. Dabei sind Leistungs- und Befähigungsmerkmale, die nicht beobachtet werden konnten, zu streichen. Beurteilungsbeiträge sind der Beamtin/dem Beamten bekannt zu geben und in der nächsten, den entsprechenden Zeitraum miterfassenden dienstlichen Beurteilung angemessen mit einzubeziehen. Die Berücksichtigung des Beurteilungsbeitrages ist im Beurteilungsformblatt (Anlage 4 Nr. III Befähigungsbeurteilung Allgemeine Bemerkungen) zu dokumentieren. Ziffer 3.6 BeurtRL-BPOL regelt weiter die Besonderheiten bei der Beurteilung von Auslandsverwendungen. War danach eine Beamtin/ein Beamter im Beurteilungszeitraum in einer/mehreren Auslandsverwendung/en eingesetzt, ist dies in der Beurteilung zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung erfolgt auf Grundlage von Beurteilungsbeiträgen (Ziffer 3.6.1). Beurteilungsbeiträge anderer Institutionen fließen ungeachtet ihrer Form in die Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale ein (Ziffer 3.6.2). Der Beurteilungsbeitrag ist entsprechend der Ziffer 2.3 zu erstellen.
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Dabei sind nach Ziffer 4.1.3 BeurtRL-BPOL die Leistungsmerkmale Qualität und Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse (Nr. 1.1), Fachkenntnisse (Nr. 2), Zuverlässigkeit (Nr. 4.2), Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln (Nr. 4.3) aufgrund ihrer Bedeutung für die Bundespolizei als besonders wichtig zu kennzeichnen und obligatorisch zu beurteilen.
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Hinsichtlich der jeweils zu vergebenden Punktwerte legt Ziffer 4.3 BeurtRL-BPOL u.a. folgende Notenstufen fest: A1: Reserviert für seltene Einzelfälle, denen man mit der Note A2 nicht gerecht würde. Die Leistungen übertreffen die Anforderungen dauerhaft in signifikanter Weise; besondere Leistungen und Fähigkeiten ragen während des gesamten Beurteilungszeitraumes deutlich heraus. A2: Die Leistungen übertreffen die Anforderungen in signifikanter Weise; besondere Leistungen und Fähigkeiten ragen während des überwiegenden Beurteilungszeitraumes deutlich heraus. B1: Genügt den Anforderungen des Arbeitsplatzes voll und ganz, erbringt stets anforderungsgerechte Leistungen und verhält sich in jeder Hinsicht einwandfrei und übertrifft die Anforderungen häufig. B 2: Genügt den Anforderungen des Arbeitsplatzes voll und ganz, erbringt stets anforderungsgerechte Leistungen und verhält sich in jeder Hinsicht einwandfrei und übertrifft die Anforderungen gelegentlich. Dabei gibt Ziffer 4.4.1 als Richtwerte für die Vergabe der Note A1 5% und die Note A2 10% vor. Das bedeutet, dass innerhalb derselben Vergleichsgruppe im Zuständigkeitsbereich eines Zweitbeurteilers die vergebenen Noten A1 und A2 die jeweils angegebenen Richtwerte nicht über- oder unterschreiten sollen. Eine geringfügige Über- oder Unterschreitung (+/- 5%), auf die Noten A1 und A2 gemeinsam bezogen, ist nur im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit möglich. Die Prozentpunkte beziehen sich auf die Gesamtzahl der Beamtinnen und Beamten derselben Vergleichsgruppe, die beurteilt werden. Beurteilungen nach Ziffer 2.6 (=Beamte auf Probe) unterliegen ausdrücklich nicht den Richtwerten.
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Gemäß Ziffer 4.5 ist aus der Benotung der einzelnen Leistungsmerkmale schließlich unter Berücksichtigung und Würdigung der Gewichtung die Gesamtbewertung der Leistungsmerkmale zu bilden (s. insbesondere Ziff. 4.1.3, Sätze 5 und 6). Bei der Bildung der Gesamtnote sind die Befähigungsbeurteilung und Eignungsaussagen einzubeziehen. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass Leistungs- und Befähigungsbeurteilung nicht in Widerspruch zueinanderstehen.
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Ergänzend zu diesen Festlegungen enthalten die Durchführungshinweise zum Erlass – B 1 – 12007/3#162 – des Bundesministeriums des Innern vom 10. Dezember 2015 weitere erläuternde Handreichungen zum Vorgehen bei der Erstellung von Beurteilungen. So wird in Ziffer 2.3. ausgeführt, Beurteilungsbeiträge dienten dazu, die gezeigten Leistungen der Beamtinnen oder Beamten möglichst lückenlos zu dokumentieren. Beurteilungsbeiträge müssen die Informationen enthalten, die es den Beurteilenden erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) zutreffend zu erfassen, über die sie keine aus eigener Anschauung gewonnenen Erkenntnisse besitzen können. Beurteilungsbeiträge müssen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes im Rahmen der nachfolgenden Beurteilung berücksichtigt, d. h. zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Zwar sind die Beurteilenden nicht derart an die Feststellungen und Bewertungen Dritter gebunden, als dass deren Beiträge in der Beurteilung lediglich fortschreibend übernommen werden müssten. Beurteilungsbeiträge sind jedoch – ebenso wie eigene Beobachtungen der Beurteilenden – unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Die entsprechenden Beiträge müssen daher in die Überlegung zur Erstellung der Beurteilung einbezogen, gewürdigt und abweichende Erkenntnisse nachvollziehbar begründet werden. Dies gilt insbesondere auch für Beurteilungsbeiträge Dritter, welche auf Grundlage anderer Beurteilungsregularien erstellt werden. Hier ist um einen Beitrag entsprechend der BeurtRL-BPOL zu ersuchen (z. B. Vordruck anlässlich der Abordnung an Externe übersenden) oder andernfalls die fremde Beurteilung nachvollziehbar in das Gefüge der BeurtRL-BPOL zu übertragen (vgl. Ziff. 3.5.2 BeurtRL-BPOL). Ziffer 2.3.2 ergänzt dies dahingehend, dass die Beurteilungsbeiträge auf dem Beurteilungsvordruck – Anlage 4 – BeurtRL BPOL zu erstellen sind. Hierdurch ist eine Zuordnung zu den Kriterien der Leistungs- und Befähigungsbewertungen in der nachfolgenden Beurteilung möglich. Beurteilungsbeiträge sind in der nächsten, den entsprechenden Zeitraum miterfassenden dienstlichen Beurteilung angemessen durch die Beurteilenden in die Beurteilung selbst sowie in das Beurteilungssystem – auch im Hinblick auf das Leistungs- und Befähigungsspektrum der vergleichbaren Beamtinnen und Beamten – allgemein einzubeziehen. Die Berücksichtigung ist im Beurteilungsvordruck – Anlage 4 – BeurtRL BPOL kenntlich zu machen.
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Die – richtige – Begründung des Gesamturteils hat in der dienstlichen Beurteilung selbst zu erfolgen. Anders als etwa bei nachträglich erhobenen Einwänden gegen Einzelbewertungen in der dienstlichen Beurteilung genügt es nicht, das Gesamturteil nachträglich zu plausibilisieren. Zulässig ist allenfalls eine Intensivierung (im Sinne einer ergänzenden Anreicherung) einer schon in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen Begründung. Ausgeschlossen ist deshalb die Möglichkeit, die Begründung auszutauschen oder ihr einen weiteren, eigenständigen Argumentationsstrang hinzuzufügen. Die Pflicht, das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung bei uneinheitlichem Leistungsbild zu begründen, zielt auf die Herstellung einer materiell richtigen Entscheidung und nicht auf ihre Darstellung; Ersteres kann durch eine nachträgliche, nicht nur anreichernde Begründung nicht erreicht werden. Auch die erforderliche Einheitlichkeit und gleiche Anwendung der den dienstlichen Beurteilungen zugrunde liegenden Maßstäbe kann nur dann hinreichend gewährleistet und ggf. gerichtlich überprüft werden, wenn diese in der dienstlichen Beurteilung offen- und niedergelegt sind. Andernfalls besteht das naheliegende Risiko, dass jeweils nachträglich ein „passendes“ Kriterium für denjenigen Beamten nachgeschoben wird, der ein Rechtsmittel eingelegt hat (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2018 – 2 A 10.17 – juris Rn. 48 m.w.N.). Beruht eine dienstliche Beurteilung vollständig oder – wie hier – teilweise auf Beurteilungsbeiträgen Dritter, umfasst die Pflicht zur Plausibilisierung der Beurteilung auch eine Erläuterung, wie aus diesen Beiträgen die in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen Werturteile entwickelt wurden. Abweichungen von den in den Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Tatsachen oder Wertungen sind zu erläutern. Übernimmt der Beurteiler schlicht einen solchen Beitrag, bedarf es hierfür keiner Begründung. Im Beanstandungsfall muss ein schriftlicher Beurteilungsbeitrag zur Verfügung gestellt werden, weil seine Kenntnis zur effektiven Rechtsverfolgung unabdingbar ist. Für den Fall, dass der Beurteiler die dienstliche Tätigkeit des zu beurteilenden Beamten gar nicht oder nicht hinreichend aus eigener Anschauung kennt, müssen die Beurteilungsbeiträge entweder hinreichende textliche Ausführungen für die Vergabe der Einzelbewertungen enthalten oder die Einzelbewertungen selbst vornehmen. Im ersteren Fall sind die Anforderungen an Umfang und Tiefe in Beurteilungsbeiträgen höher als in der dienstlichen Beurteilung selbst. Andernfalls ist insbesondere bei positiven Ausführungen in den Beurteilungsbeiträgen eine Zuordnung zu den einzelnen Stufen (Noten) der Leistungs- und Befähigungsbewertung nicht möglich (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2018 – 2 A 10.17 – juris Rn. 32 bis 34 m. w. N.).
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Die angegriffene Beurteilung des Antragstellers genügt diesen Anforderungen nach summarischer Prüfung nicht. Die erteilte Gesamtnote ist hinsichtlich ihrer Herleitung aus den zugrunde gelegten Beurteilungsbeiträgen unzureichend begründet. Die angefochtene Beurteilung enthält allein eine textliche Begründung der Gesamtnote. Zu dem von sämtlichen Beurteilungsbeiträgen stark abweichenden Gesamturteil findet sich lediglich der Hinweis, dass die vorliegenden drei Beurteilungsbeiträge bei der Erstellung der Regelbeurteilung berücksichtigt worden seien. Hierbei handelt es sich um eine Leerformel, die eine wertende Einbeziehung der einzelnen Beurteilungsbeiträge nicht vornimmt, sondern nur behauptet. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine hinreichende Begründung des Gesamturteils.
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Eine Begründung des Gesamturteils war auch nicht entbehrlich. Denn das Leistungsbild, das sich aus den vermeintlich berücksichtigten Beurteilungsbeiträgen ergibt, weicht gravierend von der in der endgültigen Beurteilung vergebenen Einzelwertungen ab. In den Leistungsmerkmalen Qualität und Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse (Nr. 1.1), Fachkenntnisse (Nr. 2), Zuverlässigkeit (Nr. 4.2), Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln (Nr. 4.3) erhielt der Antragsteller 3x die Bewertung B1 und 1x B2 (bzgl. des Merkmals Zuverlässigkeit). In den jeweiligen Beurteilungsbeiträgen wurden die Qualität seiner Arbeit jedoch 2x mit A2 und 1x mit A1 bewertet, die Fachkenntnisse 3x mit A2, die Zuverlässigkeit – die bedeutendste Divergenz in den Leistungsmerkmalen – 3x mit A1 und das Merkmal Zusammenarbeit und teamorientiertes Handeln 1x mit A2 und 2x mit A1. Ähnliche Abweichungen zeigen sich in den Merkmalen Arbeitsmenge und Termingerechtheit (3x A2 in den Beurteilungsbeiträgen, B1 dagegen in der Regelbeurteilung), Zweckmäßigkeit des Mitteleinsatzes (3x A2 in den Beurteilungsbeiträgen und B1 in der Beurteilung), Vertretung des Verantwortungsbereichs (3x A2 in den Beiträgen, in der Beurteilung jedoch B1), Dienstleistungsorientierung (2x A2 und 1x A1 in den Beiträgen, dagegen B1 in der Beurteilung), mündliches Ausdrucksvermögen (3x A2 in den Beiträgen, dagegen B1 in der Beurteilung), Umgang mit Konfliktsituationen (3x A2 in den Beiträgen, dagegen B2 in der Beurteilung), Delegation (1x A2 und 2x A1 in den Beiträgen, dagegen B1 in der Beurteilung), Förderung von Mitarbeitern (1x A2 und 2x A1 in den Beiträgen, dagegen B1 in der Beurteilung), Geschlechtergerechtigkeit (3x A2 in den Beiträgen, dagegen B2 in der Beurteilung) sowie körperliche Leistung (1x A2 und 2x A1 in den Beiträgen, dagegen B1 in der Beurteilung). Weswegen ein derart deutliches Abweichen in der Beurteilung erfolgt ist, erschließt sich im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung nicht, da eine Begründung für die Abweichung weder in der Beurteilung selbst enthalten ist noch eine solche – belastbare – sich aus dem Vortrag der Antragsgegnerin im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens ergibt.
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Dieser der periodischen Beurteilung anhaftende Mangel könnte im Übrigen auch nicht mehr geheilt werden. Der Text zu dem Gliederungspunkt „Begründung der Gesamtnote“ enthält überhaupt keine einer ergänzenden Anreicherung zugängliche Begründung, die die Würdigung, Gewichtung und Abwägung der Einzelbewertungen von Leistung und Befähigung aus den Beurteilungsbeiträgen und ihre Zusammenführung in dem Gesamturteil nachvollziehbar macht. Im Rahmen der „Allgemeinen Bemerkungen/Begründung“ wurde lediglich ausgeführt, dass die vorliegenden drei Beurteilungsbeiträge bei der Erstellung der Regelbeurteilung berücksichtigt worden seien. In der Begründung der Gesamtnote finden sich – wie ausgeführt – ausschließlich Ausführungen dazu, wie die in der periodischen Beurteilung vorgenommenen Einzelwertungen zu einer Gesamtnote zusammengeführt wurden, wiederum aber nicht, inwieweit sich die Einzelwertungen aus den Beurteilungsbeiträgen herleiten lassen.
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Eine abweichende Bewertung ergibt sich insoweit jedenfalls nicht aus der (allgemeinen) Erwägung der Antragsgegnerin, Beurteilungsbeiträge fielen, da ohne Quervergleich erstellt, oft günstiger aus als nachfolgende Beurteilungen, in die sie einflössen. Denn auch hier belässt es die Antragsgegnerin bei dieser pauschalen Behauptung, ohne einen nachvollziehbaren Beleg dafür zu liefern. Vielmehr deutet nach summarischer Prüfung der Umstand, dass, entsprechend der Festlegungen in den Richtlinien, die Beurteilungsbeiträge auf den dafür vorgesehenen Formblättern erstellt wurden und somit dieselben Einzelmerkmale anhand derselben Bewertungsskala bewerteten wie dies in der abschließenden Beurteilung der Fall ist, darauf hin, dass hier keine abweichenden Wertmaßstäbe zugrunde gelegt wurden.
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Auch der pauschale Verweis auf den Umstand, dass das Auswärtige Amt nicht an die sich aus den BeurtRL-BPOL ergebenden Richtwerte gebunden sei, macht die Begründung nicht entbehrlich. Denn dies ergibt sich weder unmittelbar aus den Richtlinien, noch aus sonstigen, im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Umständen. Im Gegenteil nehmen die Richtlinien in Ziffer 4.4.1 explizit Beurteilungen von Beamten auf Probe vom Erfordernis der Einhaltung von Richtwerten aus, während Beurteilungen in Auslandsverwendungen, zu denen den Richtlinien ebenfalls konkrete Vorgaben zu entnehmen sind, gerade nicht ausgenommen werden.
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Die nach alledem erforderliche Plausibilisierung ergibt sich nicht aus der insoweit allein vorliegenden Stellungnahme des Erstbeurteilers POR … vom 11.05.2023. Dieser hat zunächst ausgeführt, sich aufgrund der im Beurteilungszeitraum erfolgten Abordnungen des Antragstellers kein persönliches Bild von der Leistung des Antragstellers gemacht zu haben. Diesbezüglich stellt er auch zutreffend fest, dass sich alle drei herangezogenen Beurteilungsbeiträge vornehmlich in der Bewertungsebene A2 bewegten. Warum er dennoch von den Beiträgen abgewichen sei, begründet er zunächst damit, dass es in der Bundespolizei und selbst im Auswärtigen Amt ein „weithin bekanntes Phänomen“ sei, dass Auslandsvertretungen die dort eingesetzten Bundespolizisten nicht nach einem BPOLüblichen Maßstab bewerteten, sondern generell mit Bestnoten versehen würden. Das sei einerseits darin begründet, dass es keine Vergleichbarkeit gebe, weil nur ein Beamter zu beurteilen sei. Höchst befremdlich erscheinen – ohne dass dies weiterer Erläuterungen bedürfte – die Ausführungen, eine Abweichung von den Beurteilungsbeiträgen sei vor allem auch deswegen geboten, weil den die Wertungen vornehmenden unmittelbaren Dienstvorgesetzten in der Auslandsverwendung die notwendige Beurteilungskompetenz fehle. Dies meint der Erstbeurteiler nach seinen eigenen Ausführungen dadurch ausgleichen zu müssen, dass „[er,] um die Mitarbeiter dennoch angemessen bewerten zu können, […] grundsätzlich ergänzende Kriterien heran[ziehe]: Größe der Vertretung, Führungsspanne, besondere Ereignisse/Herausforderungen, Eindrücke des zuständigen Fachreferats 107 AA (Sicherheitsreferat mit Polizeifachlichkeit), Eindrücke des Sachgebietes Sicherheitsberatung der Dienststelle PSA.“ Auf welcher rechtlichen Grundlage es einzelnen Beurteilern möglich sein soll, selbst gewählte Zusatzkriterien zur Erstellung der Gesamtbewertung heranzuziehen, hat die Antragsgegnerin im Verfahren nicht dargelegt.
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Nach alledem hätte es hier einer besonderen Begründung bedurft, weshalb die in den drei vorliegenden Beurteilungsbeiträgen ausgeworfenen Einzelbewertungen gerade in die Einzelbewertungen der inzident angegriffenen periodischen Beurteilung „übersetzt“ worden sind. Dies ist hier nicht erfolgt. Insoweit ist zumindest im Rahmen der summarischen Prüfung des Eilverfahrens ein Begründungsdefizit anzunehmen. Lediglich ergänzend sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass der Beigeladene im streitgegenständlichen Beurteilungszeitraum ebenfalls weitreichend im Ausland eingesetzt war, dort ebenfalls vornehmlich im Bereich A2 in den Beurteilungsbeiträgen eingeschätzt wurde und ebendiese Wertung schließlich auch ihren Niederschlag in der periodischen Beurteilung gefunden hat.
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Die Kammer lässt offen, ob die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung auch wegen anderer vom Antragsteller gerügter Rechtsfehler im Auswahlverfahren rechtswidrig ist. Da sich die Beurteilung des Antragstellers bereits nach den obigen Ausführungen als rechtswidrig erweist, sind die weiter vorgebrachten Einwendungen, wie beispielsweise die Frage, ob die Vergleichsgruppe, innerhalb derer der Antragsteller beurteilt worden ist, entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung homogen zusammengesetzt ist, oder ob die Beurteilungsbeiträge, die Grundlage der Beurteilung des Beigeladenen sind, tatsächlich nicht den kompletten Beurteilungszeitraum abdecken, nicht (mehr) entscheidungserheblich.
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cc) Der Antragsteller ist bei einer erneuten, die aufgezeigten Rechtsfehler meidenden Auswahlentscheidung in Bezug auf den Beigeladenen auch nicht chancenlos.
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Die Beurteilung, ob die Auswahl eines erfolglosen Bewerbers bei erneuter, rechtmäßiger Auswahlentscheidung möglich erscheint oder aber vollkommen ausgeschlossen ist, setzt eine wertende Betrachtung der Umstände des Einzelfalls voraus. Sie kann einerseits nicht schon im Falle einer – grundsätzlich immer gegebenen – „theoretischen Chance“ des erfolglosen Bewerbers, ausgewählt zu werden, in dessen Sinne ausfallen. Andererseits haben die Gerichte bei dieser Beurteilung zu beachten, dass es im Hinblick auf den dem Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum grundsätzlich nicht ihre Aufgabe ist, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. nur OVG NW, B.v. 17.4.2018 – 1 B 189/18 – juris Rn. 15 bis 22 m.w.N.).
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Insofern ist ein Anordnungsanspruch gegeben, wobei es für die Sicherung der Möglichkeit des Antragstellers, überhaupt befördert zu werden, genügt, wenigstens eine Planstelle auf der für ihn maßgeblichen Beförderungsliste freizuhalten, da die Antragsgegnerin zugesichert hat, diese eine Stelle für den Fall des Obsiegens in einem etwaigen Hauptsacheverfahren frei zu halten.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
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3. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 6 Satz 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429) ist es angemessen, für Konkurrenteneilverfahren in der Regel denselben Streitwert festzulegen wie für Hauptsacheklagen, die auf Verpflichtung zur Neuverbescheidung des Beförderungsbegehrens gerichtet sind, und diesen nicht wegen der Vorläufigkeit des Rechtsschutzbegehrens weiter zu ermäßigen. Daher ist der Streitwert unter Rückgriff auf § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG an die Bezüge des angestrebten Amtes zu koppeln. Das Gesetz sieht in § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG für Streitverfahren um – unter anderem – die Verleihung eines anderen Amtes eine spezielle Bewertungsregel vor, die auf die Hälfte der nach Maßgabe der Sätze 1 bis 3 zu berechnenden Bezüge für ein Kalenderjahr abstellt. § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG erfasst insbesondere auch die Verleihung eines höherwertigen und dementsprechend auch höher besoldeten (Beförderungs) Amtes, auf das die in Rede stehende Konkurrentenstreitigkeit letztlich abzielt. Dieser Wert ist unter Zugrundelegung von Nr. 1.4 des Streitwertkatalogs 2013 (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) nochmals zu halbieren; er beträgt also ein Viertel des nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG zu berechnenden Jahresbetrags. Dabei ist hier vom Grundgehalt der (End-)Stufe 8 in dem angestrebten Amt der Besoldungsgruppe A 11 auszugehen, das sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Antragseingangs beim Verwaltungsgericht am 13.04.2023 (vgl. § 40 GKG) auf monatlich 4.832,97 EUR belief.