Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 27.10.2023 – W 7 K 22.488
Titel:

Zum ruhen der Approbation bei Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung

Normenketten:
BÄO § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 3
BZRG § 52 Abs. 1 Nr. 4
Leitsätze:
1. Geschehnisse in den 1970er bis 1990er-Jahren dürfen trotz ihrer Tilgung aus dem Bundeszentralregister für die Entscheidung über das Ruhen der Approbation nach § 51 Abs. 1 Nr. 4 BZRG herangezogen werden, wenn ein Zusammenhang zwischen der früheren Tat und dem späteren Verhalten des Betroffenen besteht. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Kosten einer amts- oder fachärztlichen Untersuchung hat der Arzt zu tragen, da sie aus Gründen anfallen, die in seiner Person liegen. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Begutachtung iSd § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO besteht keine freie Arztwahl des Betroffenen.  (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ruhen der Approbation, Zweifel an der gesundheitlichen Eignung, Approbation, Ruhen, Zweifel, gesundheitliche Eignung, Psychiatrie, strafrechtliche Ermittlungsverfahren, Exhibitionismus, Betäubungsmittel, Erlass, Unbilligkeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 33231

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III.    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
...

Tatbestand

1
Der am .. 1952 in S. Ungarn geborene Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheids vom 22. März 2022, mit dem das Ruhen seiner Approbation als Arzt angeordnet wurde.
2
1. Das Bayerische Staatsministerium des Innern erteilte dem Kläger erstmals mit Wirkung vom 22. Oktober 1981 die Approbation als Arzt.
3
Mit Bescheid vom 15. Januar 1991 (Az. …) stellte der Beklagte die Approbation ruhend. Grund war die Inhaftierung des Klägers wegen des Verdachts des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Am 9. Dezember 1991 verurteilte ihn das Landgericht W. deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren (Az. ...). Das Urteil stellte fest, dass der Kläger mindestens 122 Kilogramm Haschisch bzw. die 1020-fache Menge des Grenzwertes zur nicht geringen Menge nach dem BtMG veräußert hatte.
4
Bereits zuvor war der Kläger in den 1970er Jahren strafrechtlich verurteilt worden, einmal wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit fortgesetzter Steuerhehlerei (Az. . ...) und einmal wegen exhibitionistischer Handlung (Az. ...). Ein weiteres Verfahren wegen Exhibitionismus wurde 1990 gegen Zahlung einer Geldbuße nach § 153a StPO eingestellt.
5
Mit Bescheid vom 18. Mai 1993 (Az. …) widerrief der Beklagte die ärztliche Approbation des Klägers. Eine Klage gegen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Würzburg wurde am 11. März 1997 per Gerichtsbescheid (Az. W 8 K 93.1050) abgewiesen.
6
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts M. I erließ dem Kläger mit Beschluss vom 3. Juli 2000 (Az. ...) den zur Bewährung ausgesetzten Strafrest aus dem Urteil vom 9. Dezember 1991. Mit Wirkung vom 24. September 2002 erteilte der Beklagte dem Kläger erneut die Approbation als Arzt.
7
Am 25. Juli 2021 und fortgesetzt am 27. Juli 2021 hatte der Kläger eine Auseinandersetzung mit einer Angestellten des N. Verbrauchermarktes in R., die zu einem polizeilichen Einsatz führte.
8
Daraufhin ordnete das Landratsamt Würzburg am 28. Juli 2021 die sofortige vorläufige Unterbringung des Klägers auf der geschlossenen Station des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin in W. an. Mit Beschluss vom Folgetag ordnete das Amtsgericht S. wegen erheblicher Gefährdung der Rechtsgüter anderer die Unterbringung bis Ablauf des 4. August 2021 an (Az. ...). Der Aufenthalt in W. wurde mehrfach verlängert, zuletzt mit Beschluss des Amtsgerichts W. vom 29. September 2021 bis zum 26. Oktober 2021 (Az. ...).
9
In einem in W. am 29. Juli 2021 erstellten ärztlichen Zeugnis wurde der Verdacht auf das Vorliegen einer bipolaren affektiven Störung geäußert. Der Kläger sei manisch, zeige aber keine psychotischen Symptome. Sein Verhalten wurde als „logorrhoisch, angetrieben, arrogant und von Größenideen besetzt“ beschrieben.
10
Mit Beschluss vom 11. August 2021 genehmigte das Amtsgericht S. die 5-Punkt-Fixierung des Klägers bis zum Ablauf des 18. August 2021. Gründe hierfür waren eine körperliche Auseinandersetzung mit einem Pfleger und fortgesetzte Aggressivität. Nach Auskunft des Krankenhauses W. war eine erneute Fixierung des Klägers nach dem 11. August 2021 aber nicht mehr notwendig.
11
Mit Beschluss des Amtsgerichts W. vom 17. August 2021 (Az. ... wurde befristet bis zum 16. Februar 2022 für den Kläger ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge einschließlich hiermit verbundener Aufenthaltsbestimmung bestellt. Mit Beschluss vom 11. November 2021 (Az. ...) wurde die Betreuung wieder aufgehoben. Als Grund wurde angegeben, der Kläger sei unkooperativ und unbetreubar, sodass die Bestellung nicht erforderlich sei.
12
Am 26. Oktober 2021 wurde der Kläger aus dem Krankenhaus S. W. entlassen. Schon zuvor war der Beschluss vom 29. September 2020 auf die sofortige Beschwerde des Klägers hin vom Landgericht W. am 22. Oktober 2021 aufgehoben worden (Az. ...). Als Diagnose führte der Entlassbericht unverändert eine manische Episode bei bipolarer affektiver Störung an. Im Verlauf der Behandlung habe sich der Kläger aber etwas angepasster verhalten.
13
Am 12. August 2021 erlangte der Beklagte Kenntnis von der Unterbringung des Klägers in Werneck und leitete ein Verfahren zur Prüfung approbationsrechtlicher Maßnahmen ein.
14
Mit Schreiben vom 5. Oktober 2021 informierte die Staatsanwaltschaft W. den Beklagten über zehn laufende Ermittlungsverfahren gegen den Kläger, unter anderem wegen Vergehen nach § 29 BtMG, Bedrohung, Nötigung, versuchten Diebstahls und Fälschung von Gesundheitszeugnissen. Weitere drei Verfahren wurden von der Staatsanwaltschaft A. gemeldet.
15
Teilweise wurden diese Verfahren später eingestellt, teilweise – wie etwa ein Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort vor dem Amtsgericht O., Zweigstelle M. vom 24. November 2020 (Az. ...) oder ein Verfahren wegen Vergehens nach § 29 BtMG vor dem Amtsgericht W. vom 8. Dezember 2020 (Az. ...) – durch Strafbefehle geahndet, die in Rechtskraft erwuchsen. In einem weiteren Verfahren wegen exhibitionistischer Handlungen wurde vom Amtsgericht O. ein seit 10. Juni 2020 rechtskräftiger Strafbefehl erlassen (Az. … . ...). Wegen eines ähnlichen Falles wurde von der Staatsanwaltschaft W. am 9. September 2021 wiederum Anklage erhoben (Az. ...). Im Verfahren wurde ein psychiatrisches Gutachten zur Schuldfähigkeit bzw. Suchtmittelabhängigkeit des Klägers in Auftrag gegeben, das dem Beklagten aber nie zur Verfügung gestellt wurde.
16
Am 9. Dezember 2021 fragte die Bundesopiumstelle bei der Regierung von Unterfranken an, ob einer Anforderung von über 100 Betäubungsmittelrezepten durch den Kläger entsprochen werden könne. Der Kläger habe erst am 18. Juni 2021 100 Rezepte angefragt, davor zuletzt am 4. Juli 2016. Diese Häufung sei ungewöhnlich. Die Regierung von Unterfranken bat um die vorläufige Einstellung der Aushändigung von Betäubungsmittelrezepten an den Kläger.
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Am 9. Mai 2022 erhob die Staatsanwaltschaft W. Anklage wegen Unterschlagung, zehn Fällen des gewerbsmäßigen unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln und Erschleichens von Leistungen in 16 Fällen (Az. ...). Am 7. August 2022 klagte ihn die Staatsanwaltschaft W. zudem u.a. wegen versuchten Diebstahls mit Waffen an (Az. ...).
18
Am 4. November 2021, zugestellt laut Postzustellungsurkunde am Folgetag, ordnete der Beklagte erstmals die fachärztliche Untersuchung des Klägers an und räumte ihm Gelegenheit ein, bis zum 12. November 2021 einen geeigneten Gutachter zu benennen. Dem Kläger wurde erläutert, dass Anlass der Untersuchung die mögliche Anordnung des Ruhens seiner Approbation sei. Gleichzeitig wurde er darauf hingewiesen, dass er die Kosten der Begutachtung zu tragen habe. Der Kläger willigte daraufhin ein, dass die Regierung von Unterfranken in ein in W. erstelltes Gutachten Einsicht nehmen könne, das für das Unterbringungsverfahren vor dem Amtsgericht S. erstellt worden war. Weiter legte er mehrere kurze Stellungnahmen diverser Ärzte vor, die seine Gesundheit versicherten. Darüber hinaus schlug er einen namentlich benannten Professor von der Universität G. als möglichen Gutachter vor.
19
Der Beklagte brachte bei der weiteren Prüfung in Erfahrung, dass der vom Kläger vorgeschlagene Gutachter mittlerweile im Ruhestand sei. Eine Begutachtung habe er auf telefonische Anfrage abgelehnt. Der Kläger äußerte daraufhin gegenüber dem Beklagten den Wunsch, an einem Ort begutachtet zu werden, an dem „freidenkende Menschen“ leben. Dies müsse außerhalb Bayerns sein. Mit Schreiben vom 24. November 2021 ordnete der Beklagte die Untersuchung bei einem in B. ansässigen Gutachter an. Es wurde darauf hingewiesen, dass es sich um eine Anordnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO handele, bei der grundsätzlich keine freie Arztwahl bestehe und der Kläger die Kosten für die Untersuchung tragen müsse. Der Kläger habe binnen 14 Tagen einen Untersuchungstermin zu vereinbaren. Ein diesbezügliches Empfangsbekenntnis des Klägerbevollmächtigten wurde nicht abgegeben, sodass die Untersuchungsanordnung am 15. Dezember 2021 per Postzustellungsurkunde übermittelt wurde. Nach einem Telefonat und Schreiben zum Thema der Notwendigkeit einer weiteren Begutachtung teilte der Kläger am 24. Januar 2022 mit, er habe für den 1. März 2022 einen Begutachtungstermin in Bamberg vereinbart, was auch von der Gutachtenstelle bestätigt wurde. Die Gutachtenstelle wies den Kläger am 11. Februar 2022 darauf hin, er müsse eine Anzahlung von 1.000 EUR zum Termin mitbringen. Mit Faxnachricht vom 1. März 2022 teilte die Gutachtenstelle mit, der Kläger sei zwar zum Termin erschienen, habe dort aber angegeben, für die „Zwangsbegutachtung“ keine Kosten tragen zu wollen. Ein Gutachten wurde nicht erstellt. Mit Schreiben vom 3. März 2022, laut Postzustellungsurkunde am 5. März 2022 zugestellt, setzte der Beklagte eine Frist zur erneuten Terminvereinbarung bis zum 11. März 2022. Ein Antrag auf Fristverlängerung durch den Klägerbevollmächtigten wurde abgelehnt. Am 11. März 2022 gab der Kläger telefonisch an, er könne die Gutachtenkosten nicht tragen. Er lebe von monatlich nur 450 EUR. Stattdessen bot er eine Haaranalyse an, um nachzuweisen, dass er nicht cannabisabhängig sei.
20
In der Anlage eines Schreibens vom 24. März 2022 übermittelte der Kläger schließlich das psychiatrische Gutachten vom 21. Oktober 2021. Dieses war der Frage nach der Fortdauer der Unterbringung in W. gewidmet. Im Gutachten wird dem Kläger eine manische Episode bei bipolarer affektiver Störung attestiert. Euphorie und Dysphorie wechselten sich in solchen Fällen ohne Anlass oder bei kleinsten Anlässen ab. Episoden könnten dann zwischen einigen Tagen und im Extremfall mehreren Jahren dauern. Dazwischen lägen anfangs drei bis vier Jahre ohne Symptome, mit der Zahl der Episoden werde eine dauerhafte Persönlichkeitsveränderung immer wahrscheinlicher. Eine Psychopharmakotherapie sei zur Behandlung angezeigt, die der Kläger aber verweigere. Eine darüber hinausgehende Persönlichkeitsproblematik könne nicht sicher beurteilt werden, auch deshalb, weil unklar sei, ob die teilweise obskuren Schilderungen des Klägers der Realität entsprächen. Seine Krankheit führe jedenfalls nicht dazu, dass dem Kläger selbst die Einsicht in sein Kranksein fehle. Es liege keine komplette Fehleinschätzung der Selbstfürsorge vor. Seine Willensbildung sei weitgehend ungemindert. Innerhalb seiner hyperthymen und narzisstischen Persönlichkeitszüge sei der Kläger durchaus in der Lage, die Situation, die zur Einweisung in W. führte, zu reflektieren. Er sei zwar psychisch krank, dass er sich selbst oder jemand anderem deshalb erheblichen Schaden zufügen werde, sei aus ärztlicher Sicht aber nicht zu befürchten. Drohende Residualzustände seiner Erkrankung seien aufgrund des Alters des Klägers außerdem unwahrscheinlich. Die Unterbringung sei nicht erforderlich, womöglich sei eine Betreuung sinnvoll.
21
2. Nachdem er dem Kläger erstmals mit Schreiben vom 8. September 2021 und erneut – nachdem dieser ein weitgehend unleserliches Schreiben übermittelt hatte – am 22. September Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 22. März 2022 (Az. ...) das Ruhen der ärztlichen Approbation des Klägers vom 24. September 2002 an (Ziffer 1). Er verfügte die Einziehung der Approbationsurkunde, die bis zum 25. April 2022 im Original inkl. etwaiger Ausfertigungen, Zweitschriften und beglaubigter Kopien zu übermitteln sei (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffern 1 und 2 wurde angeordnet (Ziffer 3) und ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR wurde angedroht, sollte der Kläger der Verpflichtung aus Ziffer 2 nicht nachkommen (Ziffer 4).
22
Zur Begründung führte der Beklagte an, Rechtsgrundlage für die Ruhensanordnung sei § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO. Es bestünden Zweifel daran, ob die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO noch erfüllt seien und der Kläger weigere sich, sich der angeordneten Untersuchung zu unterziehen. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO verlange die Eignung des Klägers zur Ausübung des Arztberufs in gesundheitlicher Hinsicht. Es gebe glaubhafte und schlüssige Hinweise, dass es an dieser Eignung fehle. Es zeige sich beim Kläger eine in ihrer Häufigkeit drastische Tendenz zu auffälligem Verhalten im Grenzbereich sozialer Akzeptanz. Er sei in jüngerer Zeit – wie bereits in den 1970er und 1980er Jahren – wegen illegalen Erwerbs und Konsums von Betäubungsmitteln und exhibitionistischer Handlungen aufgefallen. Diese plötzlichen erhöhten Auffälligkeiten seien mit einer Erkrankung erklärbar. Dies stütze auch der Entlassbericht des Krankenhauses S. W., der auf eine Behandlung wegen Depressionen seit 2017 und eine selbst abgebrochene Lithium-Medikation hinweise. Der ganze Vorgang lasse einen THC-Missbrauch vermuten, der ohne weitergehende fachärztliche Untersuchung nicht von der Hand zu weisen sei. Bei einem suchtkranken Arzt bestehe die ständige Besorgnis, dass er seinen Dienst berauscht ausübe und so die Gesundheit seiner Patienten gefährde, insbesondere wenn er wie der Kläger Suchtkranke behandle. Ebenso deute die zwangsweise Unterbringung auf der geschlossenen Station des Krankenhauses S. W. auf eine fehlende gesundheitliche Eignung hin. Seine gereizte Grundstimmung habe der Kläger in zahlreichen Telefonaten mit der Regierung von Unterfranken mit einem durchgehenden, agitierten und beschleunigten Redefluss demonstriert. Der Kläger sehe sich aufgrund ideologischer Abweichung vom Freistaat Bayern und seinen Organen verfolgt. Dies könne Ausdruck der auch vom Krankenhaus S. W. diagnostizierten Persönlichkeitsstörung mit manischer Episode sein. Eine abschließende Beurteilung der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des Arztberufs sei angesichts dieser Zweifel nur bei Vorlage einer fachpsychiatrischen Begutachtung möglich. Der Kläger habe die Kosten einer neuerlichen Begutachtung zu tragen. Er habe seine Mittellosigkeit auch nie nachgewiesen. Der Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers sei in Abwägung mit dem Schutz der Gesundheit seiner Patienten gerechtfertigt. Insbesondere erscheine es zum Patientenschutz nicht ausreichend, dass die Bundesopiumstelle keine Betäubungsmittelrezepte mehr aushändige. Denn die gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahren legten nahe, dass er auch bereit sei, Betäubungsmittel für seine Patienten illegal zu beschaffen. Nach § 6 Abs. 2 BÄO könne der Kläger dem Ruhen der Approbation entgegenwirken, indem er sich doch noch der angeordneten fachärztlichen Untersuchung unterziehe. Zudem werde nach § 6 Abs. 4 BÄO die vertretungsweise Fortführung der klägerischen Praxis gestattet. Die Herausgabe der Approbationsurkunde stütze sich auf Art. 52 Sätze 1 und 2 BayVwVfG, die Androhung des Zwangsgelds auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG.
23
3. Mit Schriftsatz vom 25. März 2022, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg eingegangen am selben Tag, ließ der Kläger gegen den Bescheid vom 22. März 2023 Klage erheben und beantragte zuletzt,
dass der Bescheid vom 22. März 2022 in den Ziffern 1 bis 4 aufgehoben wird.
24
Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, eine Gefährdung im Rahmen der Ausübung des Arztberufs sei nie festgestellt worden. Ohne ärztliche Begutachtung könne die Ruhensentscheidung nicht ergehen. Ob sich der Kläger charakterlich im Grenzbereich sozialer Akzeptanz bewege, sei für das Ruhen der Approbation irrelevant. Die Regierung von Unterfranken habe die angebotene Haaranalyse nicht ablehnen dürfen, da eine solche Analyse als Grundlage weiterer Begutachtung beleuchten könne, ob eine Erkrankung überhaupt vorliege. Dass der von ihm als Gutachter benannte Professor nicht mehr tätig sei, bedeute nicht, dass die Regierung von Unterfranken nicht dessen Institut an der Universität G. mit der Begutachtung hätte beauftragen müssen. Zudem ersetzten die vorgelegten Schreiben diverser Ärzte eine Begutachtung. Der Kläger habe die Begutachtung außerdem nicht bezahlen können, dies hätte die Beklagte übernehmen müssen. Er habe nur ein Renteneinkommen von ca. 1.000 EUR. Ärztliche Erkenntnisse aus dem Unterbringungsverfahren dürfe die Beklagte nicht verwenden. Dasselbe gelte für die Strafakten. Der Kläger habe das Krankenhaus W. außerdem nicht von der Schweigepflicht entbunden. Das in W. erstellte Gutachten sei zudem falsch und medizinisch unzureichend. Es handele sich nicht um eine Diagnose, sondern um Lyrik. Das gesamte Unterbringungsgeschehen in W. habe jedes Vertrauen in das dortige ärztliche Handeln zerstört. Die Impfgegnerschaft und die Zugehörigkeit zu den sogenannten Querdenkern sei für das Approbationsverfahren irrelevant. Ein Verfahren wegen exhibitionistischer Handlungen sei nach § 153 StPO eingestellt worden. Zudem könne die Ruhensanordnung nicht auf die vorgelegten Befunde gestützt werden, was auch eine interne Stellungnahme auf der Beklagtenseite ergeben habe, die aus der Behördenakte ersichtlich sei. Was die Vorwürfe wegen Rezeptfälschung anbelange, seien dem Kläger einmal in F. und einmal im Rahmen eines Einbruchs in R. Rezepte entwendet worden. Die Diebe hätten die Blankorezepte dann gefälscht.
25
4. Der Beklagte beantragte unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung des Bescheids,
die Klage abzuweisen.
26
Zudem führte er an, die Polizei melde regelmäßig Verstöße gegen die bestehende Ruhensanordnung. Im September 2022 habe der Kläger Werbung für die Neueröffnung seiner Arztpraxis gemacht und ein Schild mit Sprechzeiten an seiner Tür angebracht. Am 11. Juli 2022 sei ein vom Kläger ausgestelltes Rezept auf Tilidin von einem Patienten in einer Apotheke eingelöst worden. Außerdem hätten sich einige Apotheken bei der Polizei mit der Information gemeldet, dass der Kläger auf sich selbst Rezepte über Betäubungsmittel ausstelle und sie an dritte Personen schicke, die dann versuchten, die Rezepte – vorgeblich für den Kläger – einzulösen. Diese Abholer seien in den Apotheken aus der örtlichen Drogenszene bekannt. Wegen Ausübung der Heilkunde trotz ruhender Approbation habe die Staatsanwaltschaft W. Anklage erhoben (Az. ...). Am 21. Juli 2023 versendete der Beklagte eine Warnmittelung an die Bayerische Landesapothekerkammer wegen gehäufter Mitteilungen über dritte Personen, die vom Kläger ausgestellte Rezepte, auch über Betäubungsmittel, in Apotheken einlösen möchten.
27
5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt, die beigezogene Behördenakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2023 verwiesen.

Entscheidungsgründe

28
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
29
1. Die Klage gegen den Bescheid vom 22. März 2022 ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO insgesamt zulässig.
30
Trotz des abweichend formulierten Antrags lautet das nach §§ 86, 88 VwGO entscheidende Begehren des zuletzt anwaltlich nicht mehr vertretenen Klägers auf eine Anfechtung des Bescheids in den Ziffern 1 (Ruhen der Approbation), 2 (Einziehung der Urkunde) und 4 (Zwangsgeldandrohung). Einstweiligen Rechtsschutz gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit in Ziffer 3 des Bescheids hat der Kläger nicht beantragt. Angesichts der Hauptsacheentscheidung wird der Kläger durch Ziffer 3 nicht mehr belastet.
31
2. Die Klage ist aber unbegründet.
32
Der streitgegenständliche Bescheid vom 22. März 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33
1. Rechtsgrundlage der Anordnung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist § 6 Abs. 1 Nr. 3 der Bundesärzteordnung (BÄO).
34
Bei der Anordnung des Ruhens der Approbation handelt es sich um eine vorübergehende ordnungsrechtliche Maßnahme, die dazu bestimmt ist, einem Arzt, dessen Eignung und Fähigkeit zur Ausübung des Arztberufs zweifelhaft geworden ist, die Ausübung der Heilkundetätigkeit für bestimmte oder unbestimmte Zeit zu untersagen, weil eine weitere Tätigkeit des Arztes bis zur Entscheidung, ob die Approbation wegen den in § 5 Abs. 2 BÄO genannten Gründen widerrufen wird oder nicht, eine konkrete Gefahr für die Allgemeinheit oder für den Einzelnen nach sich ziehen würde (BayVGH, B.v. 20.1.2009 – 21 CS 08.2921 – juris Rn. 21).
35
2. Der Bescheid vom 22. März 2022 ist formell rechtmäßig.
36
Die Regierung von Unterfranken ist gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 BÄO i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die zuständigen Behörden zum Vollzug des Rechts der Heilberufe (HeilBZustV) für die Ruhensanordnung zuständig. Die gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erforderliche Anhörung des Antragstellers ist mit den beiden Schreiben vom 8. und vom 22. September 2021 erfolgt.
37
3. Der Bescheid vom 22. März 2022 ist hinsichtlich Ziffer 1 auch materiell rechtmäßig.
38
Die Anordnung des Ruhens einer ärztlichen Approbation ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Nach § 6 Abs. 2 BÄO ist er aufzuheben, sobald seine Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist daher derjenige der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U.v. 10.9.2020 – 3 C 13.19 – juris Rn. 11; VGH BW, B.v. 19.7.1991 – 9 S 1227/91 – juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 21.10.2016 – 13 B 893/16 – juris Rn. 5).
39
a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO liegen zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt vor.
40
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO kann das Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn Zweifel bestehen, ob der Arzt in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs noch geeignet ist, und er sich weigert, sich einer von der zuständigen Behörde angeordneten amts- oder fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
41
aa) An der gesundheitlichen Eignung des Klägers zur Ausübung des ärztlichen Berufs bestehen hinreichende Zweifel.
42
Bei dem Tatbestandsmerkmal des Zweifels handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung durch den Beklagten gerichtlich vollständig überprüft werden kann. Zweifel bestehen dann, wenn glaubhafte und schlüssige Hinweise oder jedenfalls plausible tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die Anlass zu der Annahme geben, dass der Arzt zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geeignet ist (BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.2612 – juris Rn. 3; OVG NW, B.v. 1.7.2004 – 13 B 2436.03 – juris Rn. 13).
43
Wegen der Gefährdung von Patienten dürfen die Anforderungen daran, wann hinreichende Verdachtsmomente bestehen, auch unter Berücksichtigung des Grundrechts aus Art. 12 GG nicht überspannt werden. Bei der Ruhensanordnung handelt es sich um ein Instrument der Gefahrenabwehr, das ein rasches Eingreifen ermöglichen soll (OVG LSA, U.v. 5.11.1998 – A 1 S 376/98 – juris Rn. 34).
44
Ein besonderer Verdachtsgrad wird von der BÄO daher auch nicht definiert. Der Behörde soll vielmehr ein gestuftes Vorgehen gestattet werden. Überschreitet der Sachverhalt eine niedrige Gefahrenschwelle, indem er plausible Anhaltspunkte für einen Wegfall der gesundheitlichen Eignung liefert, kann die zuständige Behörde das Ruhen der Approbation anordnen, um sodann bis zur Entscheidung über den Widerruf zu klären, ob die gesundheitliche Eignung tatsächlich entfallen ist (OVG LSA, U.v. 5.11.1998 – A 1 S 376/98 – juris Rn. 35). Eine Grenze ist allerdings erreicht bei willkürlichem, aus der Luft gegriffenem Einschreiten der Behörde ohne Anlass oder bei nicht näher substantiierter Anzeige oder fadenscheinigen, in sich nicht schlüssigen Hinweisen (OVG NW, B.v. 1.7.2004 – 13 B 2436/03 – juris Rn. 13).
45
Ein schlüssiger Hinweis, der im Einklang mit dem Vorgenannten zur Anordnung des Ruhens der Approbation führen kann, liegt dann vor, wenn er der Behörde Tatsachen aufzeigt, die es bei objektiver Würdigung möglich erscheinen lassen, dass bei dem betroffenen Arzt aufgrund eines körperlichen Gebrechens, einer Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte, einer Sucht oder einer anderen Gesundheitsstörung die besonderen Anforderungen, die zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und des einzelnen Patienten an einen Arzt zu stellen sind, in einem solchen Ausmaß beeinträchtigt sind, dass durch dessen weitere Tätigkeit eine Gefahr auftreten würde (BayVGH, B.v. 7.10.2021 – 21 CS 21.2185 – juris Rn. 23)
46
Dies vorangestellt, begründet der vorliegende Sachverhalt Zweifel an den geistigen Kräften des Klägers, die eine Beeinträchtigung des Patientenwohls befürchten lassen. Die wesentlichen Geschehnisse, die besagte Zweifel begründen, lassen sich in drei Komplexe untergliedern:
47
(1) Allem voran und bereits für sich genommen hinreichende Zweifel begründend, die die Anordnung des Ruhens der Approbation tragen, ist die Unterbringung des Klägers auf der geschlossenen Station des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin in W. vom 28. Juli 2021 bis zum 26. Oktober 2021. Während dieser Zeit wurde nach einer körperlichen Auseinandersetzung am 11. August 2021 auch die 5-Punkt-Fixierung des Klägers angeordnet. Auslöser der Einweisung in W. war das Auftreten des Klägers vor dem N. Verbrauchermarkt in R., das dort als Beleidigung und Bedrohung aufgefasst wurde.
48
Gutachten und Zwischenberichte aus W. diagnostizieren dem Kläger eine manische Episode bei bipolarer affektiver Störung. Eine solche Erkrankung kann während der manischen Episoden zu Gewalttaten und antisozialem Verhalten führen (https://www.s...). Die ärztliche Tätigkeit des Klägers während der manischen Phase ließe befürchten, dass Patienten zu Schaden kommen. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der Kläger selbst die Verbindung zwischen Gewaltbereitschaft und seiner ärztlichen Tätigkeit herstellte, indem er bei dem Vorfall im N. Verbrauchermarkt die Mitarbeiterin damit bedrohte, sie im Vorbeigehen mit einer Spritze abzustechen.
49
Dabei verkennt das Gericht nicht, dass sich die diagnostizierte Erkrankung auch dadurch auszeichnet, dass Betroffene in den Phasen zwischen Depression und Manie vollkommen gesund sind (vgl. VG Bayreuth, U.v. 18.1.2017 – B 4 K 15.409 – juris Rn. 39). Die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Klägers kann dies allerdings zum einen deshalb nicht ausräumen, weil eine abschließende Begutachtung und Diagnose, die Klarheit über das genaue Ausmaß der Erkrankung schaffen könnte, nicht vorliegt. Zum anderen ist der Kläger nicht in Behandlung. Wenn er tatsächlich an einer bipolar affektiven Störung leiden sollte – wofür angesichts der Einweisung in W. greifbare Anhaltspunkte vorliegen –, wären Patienten dem Kläger, der angesichts fehlender Behandlung keine Strategien zum Umgang mit seiner möglichen Erkrankung entwickeln kann, in manischen Phasen schutzlos ausgeliefert (vgl. auch VG Bayreuth, B.v. 28.1.2015 – B 4 S 14.677 – juris Rn. 33 f.).
50
Die entstandenen Zweifel werden auch durch den ausführlichen Vortrag des Klägers zu den Geschehnissen im N. Verbrauchermarkt im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt. Selbst wenn man zugestehen sollte, dass es sich bei seinen dortigen Äußerungen lediglich um missverstandene ironische Bemerkungen gehandelt habe, blieben dennoch die monatelange Unterbringung in der Psychiatrie und die dortigen Zwischendiagnosen als Tatsachen bestehen, die die Vermutung einer Beeinträchtigung der geistigen Kräfte nahelegen und eine weitere Untersuchung angezeigt erscheinen lassen. Ähnliches gilt für die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angeführte Hirnhautentzündung, die die Symptome erklären könne und inzwischen ausgeheilt sei. Die durch die Geschehnisse geschürten Zweifel werden durch eine solche Eigendiagnose nicht entkräftet.
51
(2) Ebenfalls für das Gesamtbild, das zu Zweifeln an der Gesundheit des Klägers führt, relevant, sind zweitens die zahlreichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger und die inzwischen teilweise in Rechtskraft erwachsenen Strafbefehle zu nennen.
52
Bereits in den 1970er bis 1990er-Jahren ist der Kläger durch Exhibitionismus und BtM-Delikte strafrechtlich in Erscheinung getreten und hat deshalb seine Approbation schon einmal verloren. Von seiner Haftentlassung Ende der 1990er-Jahre bis kurz vor den Ereignissen 2021 ist der Kläger sodann strafrechtlich nicht mehr auffällig geworden. Seitdem häufen sich die Verfahren, die sich neben exhibitionistischen Handlungen und Betäubungsmitteldelikten auch auf kleinere Vergehen beziehen.
53
Auch dieser Rückfall in alte Verhaltensmuster lässt an der psychischen Gesundheit des Klägers zweifeln. Zwar kann es sich hierbei durchaus auch – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausführte – um emotionale Auswirkungen der Trennungsstreitigkeiten nach Scheidung seiner 42 Jahre bestehenden Ehe handeln. Klarheit kann aber auch hier wiederum nur die Begutachtung des Klägers schaffen.
54
Anders als der Kläger vorbringt, dürfen die Geschehnisse in den 1970er bis 1990er-Jahren trotz ihrer Tilgung aus dem Bundeszentralregister für die Entscheidung weiterhin herangezogen werden. Es handelt sich um einen Fall des § 51 Abs. 1 Nr. 4 BZRG. Denn die Aufhebung der Ruhensentscheidung kann zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen. Der Gesetzgeber zielte mit dieser Ausnahmebestimmung insbesondere auf Fälle, in denen ein Zusammenhang zwischen der früheren Tat und dem späteren Verhalten des Betroffenen besteht (Bückerl in BeckOK StPO, Stand 1.10.2023, § 52 BZRG Rn. 8). So aber liegt es hier, wo sich das Verhalten des Klägers nach mehr als 30 Jahren wiederholt und Zweifel an dessen Gesundheit schürt, die eine Gefährdung des Patientenwohls befürchten lassen. Mit dem Gesundheitsschutz sind hier schwerwiegende Belange betroffen. Die Berücksichtigung der Geschehnisse für approbationsrechtliche Entscheidungen ist trotz Zeitablaufs weiterhin gestattet.
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(3) Das Gesamtbild wird drittens komplettiert durch das Auftreten des Klägers gegenüber der Regierung von Unterfranken und gegenüber anderen öffentlichen Stellen im Verlauf der Geschehnisse.
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Auch wenn er in der mündlichen Verhandlung betonte, er habe niemanden beleidigt, sondern antworte lediglich etwas härter, enthalten seine Schreiben an die Regierung von Unterfranken durchaus Beleidigungen (z.B. Schreiben vom 30. März 2022: „Sie scheinen nicht denken zu können […]“.). Zudem führte er aus, in W. habe man sich gegen ihn verschworen. Deutschland sei ein Unterdrückerstaat und speziell in Bayern sei – bei einer Begutachtung in B. – kein unvoreingenommenes Gutachten zu erwarten.
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Das alles kann durchaus Zeichen eines obrigkeitskritischen und temperamentvollen Wesens sein, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung betonte. Zumindest ebenso plausibel erscheint es aber, hierin Wahnvorstellungen und Anhaltspunkte für eine Psychose zu sehen, die weiterer Überprüfung bedürften (vgl. https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/psychische-st%C3% B6rungen/pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rungen/paranoide-pers%C3% B6nlichkeitsst%C3%B6rung-ppd; vgl. auch VerfGH Berlin, B.v. 29.11.2011 – 47/11 – juris).
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(4) Die unter 1-3 geschilderten Aspekte liefern hinreichende Anhaltspunkte dafür, an der gesundheitlichen Eignung des Klägers für den Arztberuf zu zweifeln.
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Auf die insbesondere im Rahmen der mündlichen Verhandlung aufgekommene Frage nach einer Drogenabhängigkeit des Klägers kommt es daher nicht an. Der Kläger führte in diesem Zusammenhang aus, er sei als Drogenarzt entschiedener Gegner harter Drogen. Er habe sich nie ein eigenes Betäubungsmittelrezept ausgestellt. Lediglich wegen eines Bandscheibenvorfalls nehme er Schmerzmittel. Cannabis betrachte er als uraltes Heilmittel. Den ärztlichen Berichten aus W. lässt sich zwar entnehmen, dass der Kläger auf Station Cannabis konsumierte, Angaben zum Umfang des Konsums liegen allerdings nicht vor. Ob damit bereits hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht auf eine Sucht bestehen, kann aber offen bleiben.
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Auch ohne von einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Klägers auszugehen, sind die Tatsachen, die auf seine fehlende gesundheitliche Eignung hindeuten, hinreichend tragfähig, um die Ruhensanordnung zu rechtfertigen.
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(5) Eine andere Einschätzung gebietet auch nicht das schriftsätzlich vorgetragene Argument des früheren Klägerbevollmächtigten, wonach aus der Behördenakte (Bl. 474) ersichtlich sei, dass eine interne Prüfung des Beklagten ergeben habe, dass die gesundheitliche Eignung des Klägers nicht fehle. Ersichtlich ging es bei dieser Prüfung um die Abgrenzung von § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BÄO. Demnach bestehen Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Klägers, aber keine Sicherheit. Allein solche Zweifel sind aber für eine Ruhensanordnung erforderlich, wie sie hier Streitgegenstand ist.
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bb) Zudem weigert sich der Kläger i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO, sich der angeordneten amts- oder fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
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(1) Einer solchen Weigerung steht es gleich, wenn der Kläger – wie er in der mündlichen Verhandlung erläuterte – zwar bereit ist, sich begutachten zu lassen, nicht jedoch, dafür zu bezahlen. Wie sich aus den Geschehnissen am 1. März 2022 ergibt, als der Kläger erstmals zahlungsunwillig bei der Gutachtenstelle vorstellig wurde, wird es ohne eine Anzahlung seitens des Klägers nicht zur Begutachtung kommen. Die fehlende Begutachtung ist allein auf einen Willensentschluss des Klägers zurückzuführen und muss daher ebenso behandelt werden wie die pauschale Weigerung.
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Denn die Kosten einer Begutachtung hat der Arzt zu tragen, da sie aus Gründen anfallen, die in seiner Person liegen (Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, § 6 BÄO Rn. 30). Soweit der Beklagte im Bescheid die Möglichkeit prüft, im ersten Zugriff die Gutachtenkosten zu übernehmen und die dem Kläger nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 5, Art. 2 Abs. 1 KG in Rechnung zu stellenden Auslagen sodann im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 oder Art. 16 KG zu stunden oder zu erlassen, ist ein solches Vorgehen – wie auch der Beklagte zutreffend ausführt – nicht angezeigt.
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Dies gilt zum einen schon nach dem Telos der Bundesärzteordnung. Diese regelt die Zulassung zum Arztberuf. Ein Beruf i.S.d. Art. 12 Abs. 1 GG zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass er der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient (BVerfG, U.v. 9.6.2004 – 1 BvR 636/02 – BVerfGE 111, 10, 28). Damit dient die Approbation als Berufszulassung auch wirtschaftlichen Interessen des Arztes. Nachdem die Bundesärzteordnung keine speziellere Regelung trifft, erscheint es vor diesem Hintergrund angezeigt, dass der Arzt Kosten trägt, die mit seiner Approbation in Zusammenhang stehen und die sich sodann im Rahmen der Berufstätigkeit amortisieren können. Solche Kosten sind auch die Gutachtenkosten, mit denen der Kläger das Ruhen seiner Approbation womöglich abwenden kann.
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Zum anderen setzte der Erlass wegen Unbilligkeit die Erlassbedürftigkeit und -würdigkeit des Betroffenen voraus (BayVGH, U.v. 18.2.2013 – 10 B 10.1028 – juris Rn. 35; B.v. 6.2.2012 – 4 ZB 11.1516 – juris Rn. 13). Schon an der Erlassbedürftigkeit, die nach einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung oder -vernichtung verlangt, fehlt es hier. Der Kläger hat nie substantiiert vorgetragen, dass ihm kein Geld zur Verfügung steht. Vielmehr hat er unter Verstoß gegen die Ruhensanordnung zumindest bis Ende 2022 aus seiner Privatwohnung heraus weiterhin als Arzt praktiziert und dafür bei lebensnaher Betrachtung auch Geld erhalten. In der mündlichen Verhandlung hat er erwähnt, Eigentümer eines Weinbergs zu sein. Unklarheiten resultieren auch daraus, dass der Kläger im Verlauf des Verfahrens unterschiedliche Monatseinkommen angegeben hat. Im Schriftsatz vom 21. April 2022 wurde auf eine monatliche Rente von 1.050 EUR hingewiesen, der angekündigte Rentenbescheid aber nie nachgereicht. Kurz zuvor, im März 2022, hat der Kläger telefonisch ein Monatseinkommen von 450 EUR angegeben. Vollkommen unklar ist außerdem, warum der Kläger nach eigener Angabe zwar in der Lage wäre, ein Haarscreening für 300 EUR zu bezahlen, er fast zwei Jahre nach der ersten Anordnung aber keine 1.000 EUR Anzahlung für das Gutachten in B. ansparen konnte. Nach alledem ist zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass der Kläger durchaus in der Lage wäre, die Begutachtung zu finanzieren, und er nicht zahlungsunfähig, sondern vielmehr zahlungsunwillig ist.
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(2) Die Begutachtung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger bereits begutachtet worden ist.
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Zunächst sind die kurzen Stellungnahmen diverser Ärzte, die der Kläger übersendet hat, nicht ausreichend, um die entstandenen Zweifel zu zerstreuen. Zum einen handelt es sich überwiegend nicht um Diagnosen, die auf einer Untersuchung beruhen, sondern um freundschaftliche Stellungnahmen. Zum anderen würde selbst eine privatärztliche Untersuchung nichts daran ändern, dass bzgl. der vom Beklagten angeordneten Begutachtung weiterhin eine Weigerung vorläge (vgl. OVG LSA, U.v. 5.11.1998 – A 1 S 376/98 – juris Rn. 44). Bei der Begutachtung besteht keine freie Arztwahl (Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, § 6 BÄO Rn. 26). Dass der Beklagte dem Kläger zunächst ermöglichte, einen eigenen Gutachter zu benennen, war lediglich als Entgegenkommen einzuordnen und keiner korrespondierenden Rechtspflicht geschuldet.
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Auch die angebotene Haaranalyse ändert nichts an der Erforderlichkeit des Gutachtens. Die Frage nach der – von ihm bestrittenen – Cannabisabhängigkeit des Klägers ist lediglich ein untergeordneter Aspekt, der auf das Gesamtbild seiner zweifelhaften gesundheitlichen Eignung keinen entscheidenden Einfluss hat (s.o.). Die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung zum Arztberuf würden auch dann fortbestehen, wenn nachgewiesen wäre, dass der Kläger überhaupt kein Cannabis konsumiert.
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Auch dass der Kläger zur Fortdauer der Unterbringung in W. und in einem Strafverfahren zur Frage seiner Schuldfähigkeit bereits begutachtet worden ist, macht die approbationsrechtliche Untersuchung nicht entbehrlich.
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Die Unterbringung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes erfordert, dass der Untergebrachte sich selbst, Rechtsgüter anderer oder das Allgemeinwohl erheblich gefährdet. Nachdem der Betroffene hierdurch in seinem Grundrecht auf Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eingeschränkt wird, ist die zu überschreitende Gefahrenschwelle sehr hoch anzusetzen und zusätzlich erforderlich, dass die freie Willensbestimmung des Betroffenen aufgehoben ist (m.w.N. LG Regensburg, B.v. 20.3.2023 – 53 T 76/23 – juris Rn. 22 ff.). Dass diese engen Voraussetzungen beim Kläger laut dem psychiatrischen Gutachten des Krankenhauses S. W. vom 21. Oktober 2021 nicht mehr vorliegen, sagt noch nichts darüber aus, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine ärztliche Approbation gegeben sind. Nach § 1 Abs. 2 BÄO steht hier das Patientenwohl im Fokus, das als Ausprägung der körperlichen Unversehrtheit von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG adressiert wird. Da die Patienten im Rahmen der Behandlung in besonderer Weise auf überlegte und rein medizinisch indizierte Entscheidungen ihres Arztes angewiesen sind, ist die Gefahrenschwelle hier deutlich niedriger anzusetzen, gerade auch wenn die psychische Gesundheit des behandelnden Arztes im Zweifel steht.
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Ebenso gänzlich anders gelagert ist das Gutachten zur Schuldfähigkeit aus dem Strafverfahren. Nach §§ 20 f. StGB ist hier ebenfalls erforderlich, dass die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Täters entfallen oder erheblich vermindert ist. Auch hier stehen also Fragen der freien Willensbestimmung im Zentrum. Gleichzeitig liegt der Fokus aber allein auf dem Straftäter, ohne dass der Blick auf Patienten oder die Allgemeinheit im Sinne einer gefahrenabwehrrechtlichen Betrachtung gerichtet würde. Die Schuldfähigkeit des Klägers sagt nichts darüber aus, ob er zur Behandlung von Patienten gesundheitlich geeignet ist. Daher ist es auch unerheblich, dass der Beklagte keine Einsicht in das Gutachten aus dem Strafverfahren nehmen konnte.
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(3) Dass der Kläger die Aussagekraft psychiatrischer Gutachten generell bezweifelt, gebietet ebenfalls keine andere Entscheidung.
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Die gesundheitlichen Anforderungen an den Arztberuf ergeben sich im Wesentlichen aus dem von der Bayerischen Landesärztekammer gemäß Art. 20 Heilberufe-Kammergesetz (HKaG) erlassenen Berufsordnung für die Ärzte Bayerns. Im Zentrum der in den §§ 1 ff. der Berufsordnung aufgeführten Aufgaben des Arztes steht der Heilauftrag bzw. der Dienst an der menschlichen Gesundheit. Dieser setzt notwendigerweise auch die psychische und physische Fähigkeit voraus, die Berufspflichten zu erfüllen, insbesondere ein hinreichend hohes Maß an Konzentration und kognitiven Fähigkeiten sowie körperliche und psychische Belastbarkeit (VG Augsburg, U.v. 12.1.2017 – Au 2 K 15.1777 – juris Rn. 45; VG München, U.v. 26.9.2017 – M 16 K 16.4035 – juris Rn. 23).
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Hier zweifelt der Beklagte an der psychischen Gesundheit des Klägers und musste daher eine Untersuchung anordnen, die diese Zweifel ausräumen bzw. den Verdacht bestätigen kann. § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO räumt der zuständigen Behörde dabei ein Wahlrecht zwischen dem Amtsarzt und einem Facharzt ein. Die Auswahl des Facharztes ist Sache der anordnenden Behörde (OVG LSA, U.v. 5.11.1998 – A 1 S 376/98 – juris Rn. 43 f.; Schelling in: Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, § 6 BÄO Rn. 26).
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Die Anordnung einer Untersuchung bei dem vom Beklagten benannten Gutachter, einem ausgebildeten Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ist zur Klärung dieser Frage geeignet und nicht zu beanstanden. Die Psychiatrie ist eine anerkannte medizinische Fachrichtung, die Ausbildung als Facharzt/Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ist in der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns unter Punkt 28.1 vorgesehen. Dass der Kläger die Aussagekraft psychiatrischer Gutachten anzweifelt, ändert nichts an dieser berufsrechtlichen Anerkennung der Fachrichtung. Die Entscheidung über das Ruhen der Approbation nach dem ärztlichen Berufsrecht muss aber im Einklang mit ebendiesem Berufsrecht erfolgen und darf die Erkenntnisse einer ganzen Fachrichtung nicht aufgrund der klägerischen Privatmeinung ausblenden.
77
b) Auch die Ermessensausübung des Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, kann gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO nur überprüft werden, ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, oder ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind. Es ist dagegen nicht zu überprüfen, ob eine andere Lösung zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermannn, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 114 Rn. 1).
78
Der Beklagte hat – wie sich aus der Begründung des Bescheides ergibt – erkannt, dass es sich bei der Entscheidung nach § 6 Abs. 1 BÄO um eine Ermessensentscheidung handelt.
79
Der Beklagte hat unter Abwägung mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dargelegt, dass der Eingriff dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter, namentlich der ordnungsgemäßen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und dem Patientenschutz dient (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Das Schutzgut der Volksgesundheit, in dessen Interesse Patienten die Gewissheit haben müssen, sich dem Arzt als ihrem Helfer uneingeschränkt anvertrauen zu können und nicht etwa durch Misstrauen davon abgehalten werden, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen ist ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut (BVerfG, B.v. 8.9.2017 – 1 BvR 1657/17 – juris Rn. 13). Dem gegenüber steht die in Art. 12 GG gewährleistete Berufswahlfreiheit, die nicht nur die Entscheidung über den Eintritt in den Beruf umfasst, sondern auch die Entscheidung darüber, ob und wie lange ein Beruf ausgeübt werden soll (vgl. BVerfG, B.v. 2.3.1977 – 1 BvR 124/76 – NJW 1977, 892/893).
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Eine teilweise Ruhensanordnung oder ein Belassen der Approbation unter Auflagen als mildere Mittel sind rechtlich nicht vorgesehen (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.1998 – 3 C 4.98 – juris Rn. 22 ff.). Im Übrigen kommen angesichts des Verdachts auf eine psychische Erkrankung, die während ihrer manischen Episoden zu Gewalttaten und antisozialem Verhalten führen kann, aufgrund der einhergehenden Unberechenbarkeit und der fehlenden Behandlung des Klägers auch rein tatsächlich keine Auflagen oder Beschränkungen in Betracht, die die bei weiterer Tätigkeit konkret zu befürchtenden Gefahren für das Patientenwohl beseitigen könnten. Wie der Beklagte auf S. 29 des Bescheids zutreffend ausführt, kann die Ausgabesperre von Betäubungsmittelrezepten durch die Bundesopiumstelle schon allein deshalb nicht genügen, weil der Kläger mehrfach demonstriert hat, auch vor der illegalen Beschaffung von Betäubungsmitteln nicht zurückzuschrecken. Zudem stellt die medizinisch nicht indizierte Ausgabe von Betäubungsmitteln nur eine der Gefahren dar, die den Patienten eines psychisch erkrankten Allgemeinmediziners drohen.
81
Die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit der Patienten stellen Höchstgüter von Verfassungsrang dar. Dem Patientenwohl gebührt daher der Vorrang vor der klägerischen Berufsfreiheit, wie der Beklagte auf S. 30 des Bescheids zutreffend ausführt. Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne hat der Beklagte berücksichtigt, dass die Ruhensanordnung einen erheblichen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit darstellt und demzufolge mit erheblichen Einschnitten hinsichtlich der beruflichen Existenz des Klägers verbunden ist (S. 31 des Bescheids u.a.).
82
Die Verhältnismäßigkeit wird neben dem Schutz des überragend wichtigen Verfassungsguts des Gesundheitsschutzes weiter dadurch abgesichert, dass durch das Ruhen der Rechtsstatus des Klägers unverändert bleibt. Er behält seinen Status als Arzt und ist weiterhin Mitglied der Ärztekammer und des Versorgungswerks. Zudem ist die Ruhensanordnung, soweit sie sich – wie im vorliegenden Verfahren – allein auf Zweifel an der gesundheitlichen Eignung stützt, nach § 6 Abs. 2 BÄO aufzuheben, sofern der Kläger sich der Untersuchungsanordnung fügt und ein entsprechendes Gutachten die Zweifel ausräumt. Bei der Anordnung des Ruhens der Approbation handelt es sich um eine nur vorübergehende Maßnahme, die dazu bestimmt ist, in unklaren Fällen oder Eilfällen einem Arzt die Ausübung ärztlicher Tätigkeit für bestimmte oder unbestimmte Zeit zu untersagen, wenn dies im Interesse der Allgemeinheit und zum Schutz von Patienten geboten ist. Sie erfasst insbesondere die Fälle, in denen das Entfallen der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des ärztlichen Berufs (noch) nicht endgültig feststeht. Daher ist die Anordnung des Ruhens der Approbation, wenn sie den ihr zugedachten Zweck einer Präventionsmaßnahme zur Abwehr von Gefahren für einen unbestimmten Patientenkreis und damit zum Schutz der Allgemeinheit erfüllen soll, von ihrer Natur her weniger eingriffsintensiv als ein vollständiger Widerruf der Approbation. Auch die vertretungsweise Fortführung der Praxis nach § 6 Abs. 4 BÄO bleibt möglich.
83
Diese Ermessenserwägungen entsprechen dem Zweck der Ermächtigung und berücksichtigen die maßgeblichen Umstände hinreichend, so dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten sind.
84
4. Die in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides enthaltene Aufforderung, dem Beklagten die Approbationsurkunde nach deren Einziehung auszuhändigen, begegnet aufgrund der Rechtmäßigkeit der Ruhensanordnung ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
85
Die Verpflichtung zur Rückgabe der Approbationsurkunde findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 52 Satz 1 und 2 BayVwVfG. Danach kann die Behörde eine Urkunde zurückfordern, die aufgrund eines Verwaltungsaktes, dessen Wirksamkeit aus einem anderen Grund als Rücknahme oder Widerruf nicht mehr gegeben ist, erteilt worden ist. Die Rückforderung zugleich mit der Ruhensanordnung ist zulässig, wenn – wie vorliegend aufgrund der in Ziffer 3 angeordneten sofortigen Vollziehung – Rechtsbehelfen gegen die Ruhensanordnung keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 52 Rn. 15 ff. und 26).
86
Auf Rechtsfolgenseite hat der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen erkannt und hiervon in zweckentsprechender Weise Gebrauch gemacht (siehe S. 31 des Bescheids). Zutreffend begründet der Beklagte die Aufforderung zur Herausgabe damit, dass bei nicht erfolgender Rückgabe der Urkunde etwaige Missbrauchsmöglichkeiten hinsichtlich der weiteren Ausübung des ärztlichen Berufes bestehen bleiben. Die gesetzte Frist von ca. einem Monat erscheint zudem angemessen.
87
5. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf den Art. 18, 19, 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 31, 36 VwZVG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes bewegt sich im unteren Bereich des in Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG vorgegebenen Rahmens und berücksichtigt das wirtschaftliche Interesse des Klägers, das dieser am weiteren Besitz der Urkunde hat.
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6. Nach alledem war die Klage im vollen Umfang abzuweisen.
89
7. Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
90
8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.