Titel:
Rechtsweg bei Klage gegen den Arbeitgeber auf Zahlung der Energiepreispauschale
Normenketten:
ArbGG § 2
FGO § 33
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1
EStG §§ 112 ff.
Leitsatz:
Für die Klage eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber auf Zahlung der Energiepreispauschale nach §§ 112 ff. EStG ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten und nicht zu den Arbeitsgerichten eröffnet (wie hier LAG Düsseldorf BeckRS 2023, 29480; s. auch ArbG Lübeck BeckRS 2022, 41852 sowie FG Münster BeckRS 2023, 26011: kein Rechtsschutzbedürfnis einer Klage des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber). (Rn. 7 und 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rechtsweg, Energiepreispauschale
Rechtsmittelinstanz:
LArbG Nürnberg, Beschluss vom 17.10.2023 – 7 Ta 81/23
Fundstelle:
BeckRS 2023, 32848
Tenor
I. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht gegeben.
II. Der Rechtsstreit wird an das zuständige D. verwiesen.
Gründe
1
Die Parteien streiten nach Abtrennung des Verfahrens in der Hauptsache noch über einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Auszahlung der Energiepreispauschale gern. §§112 ff. EStG.
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Zwischen den Parteien bestand vom 01.08.2022 – 30.09.2022 ein Arbeitsverhältnis. In dem zwischen den Parteien vor dem Arbeitsgericht Bayreuth – Kammer Hof zum Az.1 Ca38/23 geführten Verfahren begehrte der Kläger mit dem Antrag zu Ziff.2 der Klageschrift vom 23.01.2023 die Verurteilung des Beklagten u.a. zur Auszahlung der Energiepauschale gern. §§112 ff. EStG.
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Mit Beschluss vom 19.06.2023 hat das Arbeitsgericht Bayreuth das vorliegende Verfahren von der Hauptsache abgetrennt. Mit Beschluss vom 20.06.2023 hat das Gericht unter Verweis auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Lübeck vom 01.12.2022 – 1 Ca1849/22 darauf hingewiesen, dass für den Antrag auf Zahlung der Energiepreispauschale der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet sei.
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Beide Parteien haben sich bis zum 03.07.2023 dazu nicht geäußert.
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Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht eröffnet. Zwischen den Parteien besteht keine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit, sondern eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Eine Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt weder aus § 2 Abs.1 Nr. 3 a) ArbGG noch aus § 2 Abs.1 Nr. 4 a) ArbGG.
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1. Nach § 2 Abs.1 ArbGG sind Gerichte für Arbeitssachen allein für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zuständig. Ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtliche Art ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klaganspruch abgeleitet wird. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit kann nicht nur bestehen, wenn die Parteien zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen, sondern auch dann, wenn sie sich in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen. Maßgeblich ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des bürgerlichen Rechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird. Nicht entscheidend ist, ob sich die klagende Partei auf eine zivil rechtliche oder öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (BAG, Beschluss vom 1.3.2022 – 9 AZB 25/21 – NZA 2022, 509, 510). Mithin kann auch für Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgebern der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet sein (vgl. BAG, Beschl. v. 7. 5. 2013 – 10 AZB 8/13 – NZA 2013, 862).
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2. Das Rechtsverhältnis, aus dem der Kläger den geltend gemachten Anspruch ableitet, ist ausschließlich öffentlich-rechtlicher Natur. Das erkennende Gericht schließt sich insofern den ausführlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts Lübeck an. Der Kläger nimmt den Beklagten mit der von ihm erhobenen allgemeine Leistungsklage, die auf Auszahlung der Energiepauschale iSd. § 112 ff. EStG gerichtet ist, auf die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten in Anspruch, die dem Beklagten gern. § 115 Abs.2 iVm. § 117 EStG auferlegt wurde. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Auszahlung der Energiepauschale durch den Arbeitgeber knüpft zwar hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen an das sogenannte Arbeitsverhältnis an, seine rechtliche Grundlage findet sich jedoch im EStG und nicht in der vertraglichen Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Bei der Energiepauschale handelt es sich entweder um einen Anspruch aus dem zwischen dem Kläger und der öffentlichen Hand bestehenden Steuerschuldverhältnis oder um einen Anspruch auf eine öffentlich-rechtliche Sozialleistung. Der Arbeitgeber jedoch erfüllt durch die Auszahlung der Energiepauschale weder eine im arbeitsvertraglichen Synallagma stehende Leistungspflicht, noch eine Zahlungspflicht, die ihm als selbst zu erbringende Arbeitgeberleistung durch den Gesetzgeber auferlegt wurde. Der Arbeitgeber fungiert allein als eine durch die öffentliche Hand in Dienst genommene Zahlstelle, denn er hat die Energiepauschalen nicht aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Für ihn stellt sie einen sog. durchlaufenden Posten dar. Der Arbeitgeber erfüllt daher mit der Zahlung der Energiepauschale auch nicht den Bruttolohnanspruch des Arbeitnehmers.
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3. Für den Rechtstreit ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit und nicht der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Die Streitigkeit ist iSd § 40 I 1 VwGO ausdrücklich durch Bundesgesetz (§ 33 Abs.1 Nr. 1 FGO) einem anderen Gericht zugewiesen.