Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 02.11.2023 – 6 O 2382/23
Titel:

Keine sittenwidrige Schädigung des Erwerbers eines BMW-Diesel-Fahrzeugs, aber Anspruch auf Differenzschaden (hier: BMW X3 sDrive18d)

Normenketten:
BGB § 823 Abs. 2
EG-FGV § 6, § 27
ZPO § 287
Leitsätze:
Das LG spricht dem Käufer eines BMW X3 sDrive18d wegen eines darin verbauten Thermofensters einen Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV gegen den Fahrzeughersteller zu, den es auf 10% des gezahlten Kaufpreises schätzt. Einen unvermeidbaren Verbotsirrtum verneint das LG schon mangels ausreichenden Vortrags von BMW. (Leitsatz der Redaktion) (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zu BMW-Diesel-Fällen (vor Erlass der Differenzschaden-Entscheidungen des BGH) vgl. auch BGH BeckRS 2021, 37995; BeckRS 2021, 40856; OLG München BeckRS 2019, 19592; BeckRS 2021, 40857; BeckRS 2021, 54108; BeckRS 2022, 47159; BeckRS 2023, 9804 (sowie die ausführlichen Verweise in den dortigen Rn. 4 – 5); BeckRS 2023, 9808; BeckRS 2023, 9806; OLG Koblenz BeckRS 2020, 30105; OLG Bremen BeckRS 2020, 31082; OLG Stuttgart BeckRS 2020, 5654; OLG Schleswig BeckRS 2021, 11679; OLG Celle BeckRS 2021, 43494. (redaktioneller Leitsatz)
3. Trägt die Herstellerin nicht vor, welchen konkreten Sachverhalt betreffend die Einschränkungen der Funktionsweise des im Fahrzeug verwendeten Emissionskontrollsystems sie welcher Behörde zur Entscheidung vorgelegt hätte, kann sie sich nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für einen 2014 erstmals zugelassenen BMW kann unter umfassender Würdigung aller Umstände, insbesondere des Risikos behördlicher Anordnungen für Betriebseinschränkungen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, des Gewichts des Rechtsverstoßes und des Grads des Verschuldens, der Differenzschaden auf zehn Prozent geschätzt werden. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
5. Restwert und Nutzungsvorteile sind nicht schadensmindernd anzurechnen, wenn sie den Wert des Fahrzeuges bei Abschluss des Kaufvertrages, also den tatsächlich gezahlten Kaufpreis abzüglich des Differenzschadens, nicht übersteigen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, BMW, B47, Schadensersatz, unzulässige Abschalteinrichtung, Thermofenster, unvermeidbarer Verbotsirrtum, Differenzschaden, Restwert, Nutzungsvorteile
Fundstelle:
BeckRS 2023, 32830

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.629,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.06.2023 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu Beglaubigte Abschrift vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 7.258,40 € festgesetzt, ab dem 05.10.2023 auf 5.443,80 €.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um Ansprüche der Klagepartei gegen die Beklagte, einen Automobilhersteller, aufgrund des Diesel-Abgasskandals.
2
Die Klagepartei schloss am 28. Mai 2014 mit der Firma ...  den Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug und zahlte den Kaufpreis in Höhe von EUR 36.292,00. Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um einen Personenkraftwagen BMW X3 sDrive18d, Motor B47, FIN: ... . Das Fahrzeug unterliegt der Abgasnorm Euro 6 und hatte bei Kauf den Kilometerstand 0. Der Kilometerstand am 12.10.2023 betrug 48.606,00 km. Ein amtlicher Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes ist bezüglich dieses Fahrzeuges nicht erfolgt. Eine außergerichtliche Aufforderung der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Klagepartei an die Beklagte zur Leistung von Schadensersatz blieb ohne Ergebnis.
3
Die Klagepartei behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei mit unzulässigen Abschalteinrichtungen betreffend das Abgaskontrollsystem ausgestattet. Insbesondere weise das Fahrzeug ein sogenanntes Thermofenster auf, das dazu führe, dass die volle Abgasbehandlung nur im Rahmen eines fest umrissenen Temperaturfensters zugelassen werde. Zudem werde die unerlaubte Emissionsminderungsstrategie „hot restart“ eingesetzt und die Beklagte täusche hinsichtlich der Kallibrierung des On-Board-Diagnosesystems. Weiter seien in dem Fahrzeug Geschwindigkeitsgrenzen festgesetzt, ab denen die Abgasreinigung überhaupt erst richtig funktioniere, sowie Programmteile, die eine Reduzierung bzw. Abschaltung der Abgasreinigung ab 2.000 oder 3.500 U/min vornähmen.
4
Die Klagepartei behauptet, das Fahrzeug habe eine Wertminderung erlitten. Sie rügt eine Begrenzung des Differenzschadensersatzes auf 15 Prozent des Kaufpreises als europarechtswidrig und behauptet, jedenfalls seien 15 Prozent des gezahlten Kaufpreises als Schadensersatz geschuldet.
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Die Klagepartei ist der Ansicht, der nicht realisierte Restwert des Fahrzeuges sei nicht zur Nutzungsentschädigung hinzuzuzählen. Sie behauptet, die Gesamtlaufleistung betrage jedenfalls 350.000,00 km.
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Die Klagepartei ist der Ansicht, die Beklagte könne sich nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen.
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Die Klagepartei meint, soweit die Klageanträge aufgrund der Änderung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in den am 26.06.2023 verkündeten Urteilen umgestellt worden seien, dürfe aus der hiermit verbundenen Herabsetzung des Streitwertes keine nachteilige Kostenfolge erwachsen. Insoweit seien die für die Stufenklage entwickelten Grundsätze entsprechend anzuwenden.
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Die Klagepartei hat zunächst beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 7.258,40 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.682,26 freizustellen.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.10.2023 hat die Klagepartei sodann folgende Anträge gestellt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Entschädigungsbetrag bezüglich des Fahrzeugs der Marke BMW X3 sDrive18d mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ...zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch mindestens EUR 5443,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit betragen muss.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei für alle künftige Schäden, die aus einem Verstoß gegen §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV i.V. m. Art. 18 der RL 2007/46/EG Art resultieren und das Fahrzeug der Marke BMW mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ...(FIN) betreffen, Schadensersatz zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.682,26 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
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Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
11
Die Beklagte behauptet, das Fahrzeug sei nicht mit einer prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtung ausgestattet. Weder bestehe ein unzulässiges Thermofenster noch sei die Abgasrückführung anderweitig in unzulässiger Weise manipuliert. Die genauen Temperaturbereiche des Thermofensters stellten Betriebsgeheimnisse dar, die nicht preisgegeben würden.
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Die Beklagte trägt vor, sie habe jedenfalls nicht fahrlässig gehandelt. Sie trägt vor, ihre Einschätzung betreffend die Zulässigkeit der Abschalteinrichtungen wäre bei hypothetischer Erkundigung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zum relevanten Zeitpunkt vor 2023 bestätigt worden.
13
Die Beklagte trägt vor, für das streitgegenständliche Fahrzeug sei ein Restwert in Höhe von 13.095,74 € anzunehmen. Die durchschnittliche jährliche Laufleistung betrage 19.000,00 km. Die zu erwartende Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges betrage 250.000,00 km. Mithin ergebe sich eine anzurechnende Nutzungsentschädigung, erhöht um den Restwert, in Höhe von 37.918,74 €. Die Beklagte ist der Ansicht, ein Schaden zum Nachteil der Klagepartei sei aus diesem Grund von vorneherein ausgeschlossen.
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Für die Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2023 Bezug genommen. Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage erweist sich als teilweise begründet.
16
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Nürnberg-Fürth nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich und nach §§ 12, 13, 32 ZPO örtlich zuständig.
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Die Klage ist jedoch nur teilweise begründet.
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Der Klagepartei steht lediglich in Höhe von 3.629,20 € ein Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Differenzschadens aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV zu. Insoweit folgt die Einzelrichterin der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in dessen am 26.06.2023 verkündeten Entscheidungen zum sogenannten „Diesel-Abgasskandal“ zu den Aktenzeichen VIa ZR 335/21 und VIa ZR 533/21.
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Der Klagepartei ist nämlich lediglich in dieser Höhe ein Schaden entstanden.
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Die Beklagte ist der Klagepartei dem Grunde nach zum Schadensersatz gemäß §§ 823 Abs. 2, 249 BGB, 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV in Höhe des Differenzschadens verpflichtet.
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Nach der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Käufer beim Erwerb eines Kraftfahrzeugs, das zur Serie eines genehmigten Typs gehört und mit einer Übereinstimmungsbescheinigung versehen ist, vernünftigerweise erwarten, dass die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und insbesondere deren Art. 5 eingehalten wird. Die Beklagte hat insoweit unstreitig gestellt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ein sogenanntes Thermofenster aufweist, mithin eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems. Ihrer Darlegungslast für die ausnahmsweise Zulässigkeit der Abschalteinrichtung ist die Beklagte demgegenüber nicht nachgekommen. Insoweit genügt hierfür nicht der Verweis darauf, die Temperaturbereiche, in denen die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems vermindert sei, unterlägen dem Schutz eines Betriebsgeheimnisses. Mithin ist die Behauptung der Klagepartei, die Funktionstüchtigkeit des Emissionskontrollsystems sei bereits unter tatsächlichen Fahrbedingungen, wie sie im Unionsgebiet üblich sind, verringert (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 14.07.2022, C-134/20, juris), nicht wirksam bestritten und der Entscheidung zugrunde zu legen.
22
Die Fahrlässigkeit der Beklagten wird aufgrund der objektiven Schutzgesetzverletzung vermutet. Umstände, die ihr Verhalten ausnahmsweise nicht als fahrlässig erscheinen lassen könnten, hat die Beklagte nicht dargetan.
23
Weiter kann sich die Beklagte nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen. Soweit sie vorgetragen hat, im hypothetischen Fall einer Nachfrage bei der zuständigen Behörde wäre ihr die Auskunft erteilt worden, die Funktionseinschränkungen des Emissionskontrollsystems seien zulässig, bleibt dies unbehelflich. So hat die Beklagte bereits nicht vorgetragen, welchen konkreten Sachverhalt betreffend die Einschränkungen der Funktionsweise des im streitgegenständlichen Fahrzeug verwendeten Emissionskontrollsystems sie welcher Behörde zur Entscheidung vorgelegt hätte. Vielmehr hat sie sich hinsichtlich der konkreten Bedatung des Thermofensters unter Berufung auf ein Betriebsgeheimnis auch im hiesigen Rechtsstreit nicht erklärt. Zudem hat sie für die klägerseits bestrittene Behauptung einer hypothetischen Genehmigung keinen Beweis angeboten. Mithin steht nicht zur Überzeugung der Einzelrichterin fest, dass eine hypothetische Erkundigung die beklagtenseits behauptete Fehlvorstellung bestätigt hätte.
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Der Vermögensschaden der Klagepartei ist jedoch auf 3.629,20 € begrenzt. Für den Vermögensvergleich ist auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Die Höhe des Differenzschadens unterliegt richterlicher Schätzung gemäß § 287 ZPO. Das Schätzungsermessen ist dabei auf einer Bandbreite von fünf bis 15 Prozent des gezahlten Kaufpreises rechtlich begrenzt. Vorliegend schätzt das Gericht unter umfassender Würdigung aller Umstände, insbesondere des Risikos behördlicher Anordnungen für Betriebseinschränkungen bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, des Gewichts des Rechtsverstoßes und des Grads des Verschuldens den Differenzschaden auf zehn Prozent, mithin 3.629,20 €. Demgegenüber kann dahinstehen, ob neben dem Thermofenster die klägerseits weiter behaupteten Systeme, die die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems vermindern, verbaut sind. Selbst, soweit dies der Fall wäre, würde dies die für die Bemessung relevanten Umstände nicht in einer Weise verändern, die es gebieten würden, zugunsten des Klägers eine Schätzung des Differenzschadens auf 15 Prozent vorzunehmen.
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Vorliegend sind Restwert und Nutzungsvorteile nicht schadensmindernd anzurechnen, da sie den Wert des Fahrzeuges bei Abschluss des Kaufvertrages in Höhe von 32.662,80 €, mithin den tatsächlich gezahlten Kaufpreis abzüglich des vorgenannten Differenzschadens, nicht übersteigen. Der Restwert und die Nutzungsvorteile belaufen sich vorliegend auf insgesamt 20.756,04 €.
26
Die Nutzungsvorteile schätzt die Einzerichterin vorliegend auf 7.056,04 €. Das Gericht hat hierbei den Bruttokaufpreis in Höhe von 36.292,00 € mit der Zahl der gefahrenen Kilometer, die sich unstreitig auf 48.606 km beläuft, multipliziert und durch die Gesamtlaufleistung, die das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 250.000 km schätzt, dividiert.
27
Das Gericht hat als zu erwartende Gesamtlaufleistung 250.000 km zugrunde gelegt. Das Gericht hält diesen Vortrag für realistisch und berücksichtigt dabei insbesondere die Fahrzeugklasse und den im Fahrzeug verbauten Motor sowie die bisherige Laufleistung (vgl. BGH, Urteil vom 27.04.2021, VI ZR 812/20). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war entbehrlich, § 287 Abs. 1 S. 2 ZPO.
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Den Restwert des Fahrzeugs setzt das Gericht bei 13.700 € an.
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Auch hinsichtlich der Beurteilung des Restwerts bedurfte es nach § 287 ZPO keines Sachverständigengutachtens (BGH NJW 2010, 605). Das Gericht orientiert sich im Rahmen seines Schätzungsermessens an der im Internet frei verfügbaren DAT-Auskunft zu Gebrauchtfahrzeugwerten, welche eine vorläufige und unverbindliche Schätzung des erzielbaren Kaufpreises angibt. Dort ergibt sich unter Berücksichtigung der aktuellen Laufleistung des Fahrzeuges der vorgenannte Restwert.
30
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
31
Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Bei dem vorgerichtlichen Vorgehen der Klägervertreter handelte es sich vorliegend nicht um eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung. Den Klägervertretern musste aus der Vielzahl der von ihnen betreuten Mandate – ebenso wie dem Gericht – bekannt sein, dass die Beklagte auf außergerichtliche Aufforderungen keine Zahlung leistet. Auch im Streitfall blieb das Anspruchsschreiben ohne Reaktion. Die Klägervertreter mussten daher annehmen und die Klagepartei darüber aufklären, dass ein zunächst nur auf die außergerichtliche Geltendmachung beschränktes Mandat nicht zielführend ist und nur unnötige Kosten verursacht. Es lag der Schluss nahe, die Ansprüche des Klägers nur mittels Erhebung einer Klage realisieren zu können, so dass sich die Klägervertreter veranlasst gesehen haben mussten, sich unmittelbar ein unbedingtes Mandat zur Klageerhebung erteilen zu lassen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.09.2023, 8 U 383/21, Rdnr. 103ff., juris mit weiteren Nachweisen).
32
Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Ein Anspruch auf Ersatz künftiger Schäden, die aus einem Verstoß der Beklagten gegen § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV resultieren, kommt nicht in Betracht, da die mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Nachteile bereits bei der Schätzung des Differenzschadens berücksichtigt wurden (OLG Saarbrücken, Urteil vom 29. September 2023, 3 U 20/22, Rn. 25, juris, mit weiteren Nachweisen).
33
Der Antrag der Klagepartei auf Feststellung der Kostentragungspflicht der Beklagten ist unbegründet. Entgegen des Vorbringens der Klagepartei ist es bereits nicht unbillig, ihr die Kosten des Verfahrens teilweise aufzuerlegen. Die Klagepartei ist durch die Klageerhebung bewusst ein Kostenrisiko eingegangen, für das die Beklagte nur insoweit verantwortlich war, als sie nunmehr zur Zahlung und mithin auch zur Kostentragung verurteilt wird. Die überschießende Klageforderung beruht allein auf einer Willensentscheidung der Klagepartei, vertreten durch die Klägervertreter. Die vorliegende Situation ist mithin nicht mit einer Stufenklage vergleichbar, die nach Verzug des Auskunftsschuldners im Zahlungsantrag unbegründet bleibt, da die Beklagte nicht in vergleichbarer Weise die Ursache für die überschießende Klageforderung gesetzt hat.
34
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 269 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 2 ZPO.