Titel:
Erfolglose Klage gegen einen Bauvorbescheid: Nachbar in Ortsrandlage gegen ein Vorhaben im Außenbereich
Normenketten:
BauGB § 35
BauNVO § 12
Leitsatz:
Liegt das Grundstück des einen Vorbescheid anfechtenden Nachbarn an der Grenze zum Außenbereich in Ortsrandlage, so ist der Schutzanspruch aufgrund dieser Lage gegen auf das Grundstück einwirkende Beeinträchtigungen gemindert. Der Eigentümer eines an der Grenze eines Wohngebiets zum Außenbereich gelegenen Grundstückes kann nicht verlangen, dass in seiner Nachbarschaft keine emittierende Nutzung oder allenfalls nur reine Wohnnutzung entsteht. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage, Außenbereich, Erschließung/Stellplätze/An- und Abfahrtsverkehr, Rücksichtnahmegebot, baulichen Nutzung, Erschließung, Anfahrtsverkehr, Abfahrtsverkehr, Drittschutz, Nachbarschaft, Vorbescheid, Wohnnutzung, Lärmimmissionen, Ortsrand, Ortsrandlagen, Baurecht
Fundstelle:
BeckRS 2023, 32551
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. zu tragen. Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Aufhebung des der Beigeladenen zu 1. erteilten Vorbescheids für den Neubau von vier Einfamilienhäusern mit Carports.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung … (… Straße 45, …). Mit Bauantrag vom 18. Juli 2019 ersuchte die Beigeladene zu 1. im Rahmen eines Vorbescheides eine Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von vier Einfamilienhäusern mit Carports auf den östlich an das klägerische Grundstück angrenzenden Grundstücken FlNr. ... (maßgeblicher, zur Bebauung vorgesehener Teilbereich der FlNr. ... zwischenzeitlich aufgeteilt in ... und ...), ..., Gemarkung … (i.F. Vorhabengrundstücke). Die Vorbescheidsfrage lautete:
3
„1) Art und Maß der baulichen Nutzung
4
Ist die eingereichte Bebauung nach § 34 BauGB zulässig?“
5
Die geplanten Wohnhäuser sollen zwischen … … 37c und … … 51 situiert werden. Die Erschließung ist über das Grundstück FlNr. ... der Gemarkung …, ebenfalls im Eigentum der Beigeladenen zu 1., geplant.
6
Die Gemeinde … erteilte mit Stellungnahme vom 4. Januar 2018 das bauplanungsrechtliche Einvernehmen zum Bauvorhaben. Der Vorbescheid wurde mit Bescheid vom 4. März 2020 erteilt. Die Grundstücksaufteilung wurde in der Zwischenzeit verändert und die Grundstücke in Bau- und Wegeflächen aufgeteilt.
7
Gegen den Vorbescheid vom 4. März 2020 erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 13. März 2020 Klage und beantragt,
8
Der Bauvorbescheid zugunsten der Antragstellerin Frau … …, Az. … vom 4. März 2020 über den Neubau von vier Einfamilienhäusern mit Carports wird aufgehoben.
9
Zu Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass sich das Bauvorhaben im Außenbereich befinde und bisher noch nicht erschlossen sei. Die Erschließung solle über das südlich des Klägers liegende Grundstück FlNr. ... erfolgen, wozu zusätzlich eine Zufahrt von über 50 Metern Länge errichtet werden müsse, die entlang des klägerischen Grundstücks verlaufe. Die Klage sei erfolgreich, weil der Vorbescheid gegen nachbarschützende Vorschriften verstoße und der Kläger dadurch in seinen Rechten beeinträchtigt sei. Insbesondere sei das Rücksichtnahmegebot verletzt. Eigentümer von Wohngrundstücken in Wohngebieten am Rande des Außenbereichs dürften darauf vertrauen, dass in ihrer Nachbarschaft keine Nutzungen entstehen, die mit der Wohnnutzung nicht mehr verträglich seien. Vorliegend sei eine intensive, bereits von der üblichen Bebauung der näheren Umgebung stark abweichende Wohnbebauung geplant, die einzig über das Grundstück FlNr. ..., Gemarkung … angebunden und durch einen Wendehammer ausgestaltet werden solle. Nachbarschutz ergebe sich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und dem Umstand, dass durch das geplante Vorhaben und die hierfür notwendige Straße entlang dem klägerischen Grundstück unzumutbare Lärmimmissionen durch An- und Abfahrtsverkehr ausgelöst würden. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es in der gesamten Umgebungsbebauung kein Vorbild für eine derart lange Zufahrtsstraße gebe und im Übrigen die Lärmimmissionen durch den direkt an der südöstlichen Grundstücksgrenze des Klägers geplanten Wendehammer verstärkt würden. Im Übrigen sei das Vorhaben nicht bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig, da es im Außenbereich geplant sei und öffentliche Belange, insbesondere mit Blick auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB, beeinträchtige. Auch sei die Entstehung/Verfestigung einer Splittersiedlung zu befürchten. Das Vorhaben widerspreche auch dem Naturschutz und der Landschaftspflege. Im Übrigen verstoße das Vorhaben gegen die gemeindliche Stellplatzsatzung. Ein Baumbestandsplan sowie eine Eingriffsbilanzierung seien mit Blick auf das Grundstück FlNr. ..., Gemarkung …, vorzunehmen und bisher nicht erfolgt. Auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 6. Mai 2020 wird im Übrigen Bezug genommen.
10
Der Beklagte beantragt
12
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass drittschützende Vorschriften, auf die allein es im Rahmen der streitgegenständlichen Nachbarklage ankomme, durch den Vorbescheid nicht verletzt seien. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteile sich nach § 35 Abs. 2 BauGB. Öffentliche Belange seien hierdurch nicht beeinträchtigt. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB sei nicht verletzt, da im Bereich, in dem die Wohnbauvorhaben verwirklicht werden sollen, der Flächennutzungsplan Wohnbaufläche darstelle, der Bereich der Erschließungsstraße sei dem Innenbereich zuzuordnen und auch die Darstellung „Durchgrünung von Baugebieten und Schonung des wertvollen Baumbestandes“ werde nicht berührt, da die Baukörper entsprechend nach Süden abgerückt worden seien. Auch werde durch das Vorhaben nicht gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB verstoßen. Die streitgegenständliche Bebauung berücksichtige die örtlichen Verhältnisse angemessen. Die im Flächennutzungsplan dargestellte Wohnbaufläche sei bereits weitgehend bebaut. Lediglich der begrenzte Freibereich zwischen den Bebauungen auf FlNr. ... und ..., Gemarkung …, sei noch unbebaut. Auch ein Ausufern nach Osten und Bezugsfälle seien nicht zu befürchten, da die im Osten anschließende Grünfläche eine weitere städtebauliche Entwicklung nicht vorsehe. Der Kläger sei durch die Umsetzung des streitgegenständlichen Vorhabens auch keinen unzumutbaren Immissionen und schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Die erforderlichen Stellplätze seien nach § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig. Von dem Fahrverkehr und der Anordnung der Stellplätze gingen keine unzumutbaren Lärm- und Abgasimmissionen aus. Aufgrund der generellen Zulässigkeit von Garagen und Stellplätzen in Wohngebieten seien der Nachbarschaft die mit deren Nutzung verbundenen Immissionen im Regelfall zuzumuten. Besondere örtliche Verhältnisse, die hier ausnahmsweise zu einer anderen Beurteilung führen könnten, seien vorliegend nicht ersichtlich. Die örtliche Situation sei vorliegend auch durch die Situierung der Garagen im rückwärtigen Grundstücksteil gekennzeichnet. Auch sei der Wendehammer mit den Maßen von ca. 15 auf ca. 10 bis 13 m nicht eng bemessen, sodass problematische Rangiervorgänge vermieden werden könnten. Im Übrigen handle es sich bei den geplanten Einfamilienhäusern um eine mit dem Wohnen verträgliche Nutzung. Die Erschließungsstraße sei mit einer Breite von ca. 6 m ausreichend bemessen, um den Anliegerverkehr aufzunehmen. Die gemeindliche Stellplatzsatzung sei nicht Teil des Prüfungsumfangs gewesen und bleibe dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 14. Februar 2023 Bezug genommen.
13
Die Beigeladene zu 1. beantragt
15
Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Klage nicht erfolgreich sein könne, da nachbarschützende Vorschriften nicht verletzt seien. Die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit vermittle unabhängig von dem Umstand, dass diese vorliegend gegeben sei, keinen Drittschutz. Auch die ordnungsgemäße Erschließung stelle keine nachbarschützende Vorschrift dar. Unabhängig davon sei die Erschließung vorliegend gesichert, da die Beigeladene zu 1. Eigentümerin des Erschließungsgrundstücks sei. Dies sei zur Bejahung der mit vorliegendem Vorbescheid allein abgefragten planungsrechtlichen Erschließung ausreichend. Die Stellplatzfrage unterliege nicht dem Nachbarschutz. Auch das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt. Der durch ein sich im Rahmen des Üblichen haltenden Wohnbauvorhabens ausgelöste An- und Abfahrtsverkehr sei durch die Nachbarschaft grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen. Anhaltspunkte für eine besonders gelagerte Ausnahmesituation, die die Verletzung des Rücksichtnahmegebots ausnahmsweise begründen könnten, seien vorliegend nicht gegeben. Das Vorhaben halte sich im üblichen Rahmen ohne intensiven Zu- und Abfahrtsverkehr auszulösen. Eine Rücksichtslosigkeit ergebe sich auch nicht mit Blick auf den Wendehammer. Ein solcher sei in Stichstraßen weit verbreitet und so auch in der Umgebung entsprechend zu finden. Auf den Schriftsatz vom 17. Februar 2023 wird im Übrigen Bezug genommen.
16
Die Beigeladene zu 2. hat keinen Antrag gestellt.
17
Das Gericht hat am 1. März 2023 Beweis erhoben über die baulichen und örtlichen Verhältnisse der Vorhabengrundstücke sowie deren Umgebung durch Einnahme eines Augenscheins. Auf das Protokoll vom 1. März 2023 wird Bezug genommen.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Behördenakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 1. März 2023 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
19
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, da sie unbegründet ist. Der angefochtene Vorbescheid verstößt nicht gegen solche öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, die dem Schutz des Klägers zu dienen bestimmt sind, also subjektiv-rechtlichen Charakter aufweisen, sodass der Kläger nicht in eigenen Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt ist.
20
Gegenstand eines Vorbescheids können nach Art. 71 Satz 1 BayBO einzelne Fragen (auch eine Mehrzahl von Fragen) eines Bauvorhabens sein. Nach dem Sinn und Zweck des Vorbescheides, bindende Wirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren zu erzeugen, sind einzelne Fragen solche, über die in der Baugenehmigung zu entscheiden ist. Die Fragen müssen danach zum einen einer gesonderten Beurteilung zugänglich sein und zum anderen ist zu fordern, dass diese sich auf ein konkretes (baugenehmigungspflichtiges) Vorhaben beziehen (BayVGH, U.v. 14.2.2008 – 15 B 06.3463 – juris Rn. 16 m.w.N.). Der Vorbescheid entfaltet Bindungswirkung soweit, als einzelne Fragen tatsächlich geregelt werden. Ein dagegen gerichteter Rechtsbehelf eines Nachbarn kann demnach nur dann erfolgreich sein, wenn durch eine verbindliche Regelung im Vorbescheid Vorschriften verletzt werden, die nicht nur objektiv-rechtlichen Charakter haben, sondern auch den Schutz nachbarlicher Belange bezwecken (vgl. BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 9 ZB 22.1112 – juris Rn. 11 m.w.N.).
21
Für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs genügt es daher nicht, wenn der Vorbescheid gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren auch keine umfassende Rechtskontrolle statt, vielmehr hat sich die gerichtliche Prüfung darauf zu beschränken, ob durch den angefochtenen Vorbescheid drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch vermitteln, verletzt werden (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14.87 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 9 ZB 22.1112 – juris Rn. 11 m.w.N.).
22
Vorliegend wurde im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit insgesamt zur Prüfung gestellt. Für die Frage der Verletzung von Nachbarrechten kommt es damit vorliegend mit Blick auf die Außenbereichslage der dem Vorbescheid zugrundeliegenden Einfamilienhäuser allein darauf an, ob das Vorhaben die geforderte Rücksichtnahme – für schädliche Umwelteinwirkungen abgeleitet aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB – bezogen auf den Kläger einhält, denn andere Aspekte der bauplanungsrechtlichen Prüfung vermitteln in der Regel und hier keinen Drittschutz. Dies ist unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Augenscheins sowie der vorgelegten Unterlagen der Fall. Das Gebot der Rücksichtnahme gilt insofern auch „gebietsübergreifend“ im Verhältnis zwischen einem Grundstück im Innenbereich und einem Grundstück im Außenbereich (BayVGH, B.v. 13.1.2014 – 2 ZB 12.2242 – juris Rn. 16), so dass der Kläger sich hierauf grundsätzlich unabhängig von der bauplanungsrechtlichen Einordnung des Grundstücks der Beigeladenen zu 1. berufen kann.
23
Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme grundsätzlich begründet, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es deshalb wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, U.v. 14.7.2006 – 1 BV 03.2179 u.a. – juris Rn. 41).
24
a. Gemessen hieran scheidet eine Verletzung der Rechte des Klägers aus, soweit dieser vorträgt, mit Blick auf die geplante Erschließung über das Flurstück ..., Gemarkung …, und die fehlende dingliche Sicherung (aa) sowie den hierdurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr (bb) in eigenen Rechten verletzt zu sein.
25
aa. Insofern gilt, dass sich aus dem allgemeinen Erfordernis einer ausreichenden, gesicherten Erschließung Drittschutz nicht ableiten lässt. Denn mit dem Erfordernis einer ausreichenden Erschließung soll insgesamt berücksichtigt werden, dass ein Mindestmaß an Zugänglichkeit der Grundstücke für Kraftfahrzeuge, und zwar nicht nur des Nutzers, sondern auch von öffentlichen Zwecken dienenden Fahrzeugen, wie z.B. die der Polizei, der Feuerwehr, des Rettungswesens und der Ver- und Entsorgung, erfüllt wird (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 147. EL 2022, § 35 Rn. 69). Dieses Erfordernis dient jedoch grundsätzlich nur öffentlichen Interessen; es hat keine nachbarschützende Funktion (z.B. BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – juris Rn. 14 m.w.N.). Ohne Bedeutung ist es damit für einen erfolgreichen Nachbarrechtsbehelf auch, ob eine dingliche Sicherung mit Blick auf das Erfordernis einer gesicherten Erschließung bereits besteht. Ein Abwehrrecht des Klägers ergibt sich auch nicht unmittelbar aus der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) etwa mit Blick auf ein mangels Erschließung entstehendes Notwegerecht (vgl. in diesem Zusammenhang BayVGH, B.v. 27.7.2018 – 1 CS 18.1265 – juris m.w.N.). Denn das für die Erschließung vorgesehene Grundstück steht im Eigentum der Beigeladenen zu 1.
26
bb. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit der Kläger vorträgt, durch den durch das Vorhaben ausgelösten An- und Abfahrtsverkehr unzumutbar beeinträchtig zu sein. Das Gebot der Rücksichtnahme wird durch das Vorhaben auch insofern nicht verletzt.
27
Bei der im Rahmen der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme insofern vorzunehmenden einzelfallbezogenen Prüfung ist der in § 12 Abs. 2 BauNVO enthaltenen Grundwertung des Gesetzgebers Rechnung zu tragen. Danach gilt für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit von Stellplatzlärm in Wohngebieten. Der Grundstücksnachbar hat deshalb die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2019 – 9 ZB 17.54 – juris; B.v. 13.9.2022 – 15 CS 22 – 1851 – juris). In diesen Konstellationen besteht nur in besonderen Ausnahmefällen ein Bedürfnis, die zu prognostizierende Lärmbelastung durch Parkvorgänge zu untersuchen (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris). Insbesondere finden die Bestimmungen über Spitzenpegelkriterien gem. Nr. 6.1 Satz 2 der TA Lärm insoweit keine Anwendung, weil ansonsten in allgemeinen Wohngebieten selbst in größeren Abständen zu Nachbaranwesen Stellplatzanlagen nicht errichtet werden dürften. Hierdurch würde die Wertung des § 12 Abs. 2 BauNVO umgangen (vgl. BayVGH, U.v 16.7.2015 – 1 B 15.194 – juris Rn. 22 ff.; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 43, 44; BayVGH, B.v. 30.7.2019 – 15 CS 19.1227 – juris Rn. 20; B.v. 5.3.2021 – 1 CS 21.114 – juris Rn. 9; B.v. 25.5.2021 – 15 ZB 20.2128 – juris Rn. 19). Im Einzelfall können allerdings ausnahmsweise besondere örtliche Verhältnisse zu dem Ergebnis führen, dass die Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück abweichend von § 12 Abs. 2 BauNVO nicht oder nur mit Einschränkungen genehmigt werden kann. Es kommt entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken können. Unzumutbarkeit kann ausnahmsweise als Ergebnis einer wertenden Gesamtbetrachtung dann anzunehmen sein, wenn die Stellplatzzufahrt besonders steil ist, ungünstige Höhenverhältnisse zu Wohnräumen auftreten, eine beengte Situation (z.B. beengte Hoflage) zu vermehrtem Rangieraufwand führt oder eine Massierung von Stellplätzen auf der dem ruhigen und besonders schützenswerten Bereich des Grundstücks des Nachbarn zugewandten Seite erfolgt. Eine generelle, für alle Standorte von Stellplätzen im rückwärtigen Bereich geltende Beurteilung ist jedoch nicht möglich; sie hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (zum Ganzen vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2000 – 4 C 3.00 – NVwZ 2001, 813 = juris Rn. 19; B.v. 20.3.2003 – 4 B 59.02 – NVwZ 2003, 1516 = juris Rn. 6 f.; BayVGH, B.v. 5.3.2021 – 1 CS 21.114 – juris Rn. 9 m.w.N.; OVG LSA, B.v. 20.10.2020 – 2 M 71/20 – juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 5.11.2015 – 10 B 1041/15 – NVwZ-RR 2016, 168 = juris Rn. 5; zur Rücksichtslosigkeit bei chaotischen Verkehrs- bzw. Parkverhältnissen im unmittelbaren Umgriff des Nachbargrundstücks, wenn diese mit unzumutbaren Lärmbelastungen oder einer Verschlechterung der Erschließungssituation für den Nachbarn verbunden sind, vgl. auch BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 31 ff.; B.v. 27.11.2019 – 15 CS 19.1906 – juris Rn. 67; B.v. 18.2.2020 – 15 CS 20.57 – NVwZ-RR 2020, 671 = juris Rn. 30; B.v. 30.4.2020 – 15 ZB 19.1349 – juris Rn. 11 ff.; B.v. 25.5.2021 – 15 ZB 20.2128 – juris Rn. 18; B.v. 8.11.2021 – 15 CS 21.2449 – juris Rn. 25; BayvGH, B. v. 13.9.2022 – 15 CS 22.1851- juris Rn. 26 f.). Auf die Grundwertung des § 12 BauNVO ist auch abzustellen, soweit sich das Baugrundstück der Beigeladenen zu 1. im bauplanungsrechtlichen Außenbereich befindet, da dieser Umstand allein keinen drittschützenden Charakter vermittelt und für die Beurteilung, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist, als solcher außer Betracht bleiben kann.
28
Gemessen an diesen Grundsätzen steht zur Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen und Zugrundelegung des Ergebnisses des Augenscheins fest, dass die streitgegenständliche Zufahrt und die Stellplatzanordnung keine unzumutbaren Auswirkungen auf den Kläger zur Folge haben. Zwar ist die Zufahrt entlang der südlichen Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks auf FlNr. ..., Gemarkung …, mit ca. 50 m verhältnismäßig lang und steigt der Erschließungsweg im vordersten Bereich zur Z2. Straße relativ steil an. Allerdings führt dies nicht zu einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens. Denn wie das Gericht im Rahmen der Ortseinsicht festgestellt hat, ist im weiteren Verlauf des Weges die Steigung weniger steil und fällt der Weg in Richtung des Baugrundstücks mäßig ab, sodass insgesamt eine außergewöhnliche, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots begründende örtliche Besonderheit nicht festgestellt werden konnte. Zudem sind die zum Wohnhaus des Klägers am nächsten gelegenen Stellplätze von diesem ca. 25 m entfernt. Auch lassen die konkrete Grundstückssituation mit Wendehammer, welcher mit den Maßen von ca. 15 auf ca. 10 bis 13 m nicht eng bemessen ist, sowie die Anordnung der Stellplätze unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen sowie der Verhältnisse vor Ort keinen erhöhten Rangieraufwand erwarten. Insofern ist im Übrigen auch über die bloße Behauptung hinaus nicht substantiiert vorgetragen. Die Lage des Wendehammers an der südöstlichen Grundstücksgrenze des Klägers allein – wie der Klägerbevollmächtigte vorträgt – kann in diesem Zusammenhang für die Annahme der Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht genügen. Insgesamt handelt es sich bei der vorliegenden Planung, mit nur zwei Stellplätzen unmittelbar an der östlichen Grundstücksgrenze des Klägers, während die übrigen Stellplätze in verträglicher Weise und nicht massiert platziert sind, um eine wohntypische Nutzung, die nicht über das mit Blick auf § 12 Abs. 2 BauNVO zu duldende Maß hinausgeht. Dass sich hieran etwa deshalb etwas ändern sollte, weil im vordersten Bereich des Erschließungsgrundstücks der Weg relativ steil verläuft und insofern im Falle des Einfahrens auf die Z2. Straße Immissionen entstehen, die über das übliche Maß hinausgehen könnten, ist unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse und der Gesamtsituation vor Ort weder ersichtlich noch sonst substantiiert vorgetragen. Entgegen dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten ist vor diesem Hintergrund auch ohne Bedeutung, ob es in der Umgebung ein annäherndes Vorbild für die konkrete Zufahrt und deren Länge gibt.
29
Ein anderer (geringerer) Zumutbarkeitsmaßstab ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass, wie der Kläger meint, am Rande eines Baugebiets im Außenbereich keine Nutzungen entstehen dürften, die mit der vorhandenen Wohnnutzung nicht verträglich sind. Das Grundstück des Klägers liegt an der Grenze zum Außenbereich in Ortsrandlage, weshalb aufgrund dieser Lage sein Schutzanspruch gegen auf das Grundstück einwirkende Beeinträchtigungen gemindert ist. Der Eigentümer eines an der Grenze eines Wohngebiets zum Außenbereich gelegenen Grundstückes kann nicht verlangen, dass in seiner Nachbarschaft keine emittierende Nutzung oder allenfalls nur reine Wohnnutzung entsteht. Er muss mit Veränderungen in der Umgebung rechnen, sei es durch eine im Außenbereich privilegierte Bebauung, sei es durch Baugebietsausweisungen der Gemeinde im Anschluss an die vorhandene Bebauung. Der Schutzanspruch ist insoweit auf das Vertrauen beschränkt, dass im Außenbereich keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht (vgl. BVerwG, U.v.19.1.1989 – 7 C 77.87 – BayVBl. 1989, 406 ff.). Dieser Schutzanspruch ist vorliegend erfüllt (s.o.).
30
b. Soweit der Kläger vorträgt, dass das beantragte Vorhaben mit Blick auf die Außenbereichslage allgemein unzulässig ist, kann er sich auf das objektive Vorliegen der Voraussetzungen für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Außenbereich – wie er selbst zurecht vorträgt – nicht mit Erfolg berufen. Die öffentlichen Belange der Darstellungen im Flächennutzungsplan (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), der Entstehung bzw. Verfestigung einer Splittersiedlung und auch die Anforderungen, die natürliche Eigenart der Landschaft nicht zu beeinträchtigen, sowie die Belange des Naturschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und 7 BauGB) sind Ausfluss der gesetzgeberischen Intention, den Außenbereich bestmöglich zu schonen und von Bebauung grundsätzlich freizuhalten. Sie bestehen damit im öffentlichen Interesse und vermitteln dem Kläger keinen Drittschutz. Ein allgemeiner Schutzanspruch des Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit ein Abwehranspruch gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind, besteht – abgesehen von dem im Falle der konkreten Betroffenheit vermittelnden Gebot der Rücksichtnahme, abgeleitet insbesondere aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB – nicht (vgl. etwa BayVGH, B.v. 14.5.2012 – 15 ZB 10.1047 – juris Rn. 6; B.v. 1.6.2016 – 15 CS 16.789 – Rn. 24; B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309).
31
c. Soweit ein Verstoß gegen die gemeindliche Stellplatzsatzung angeführt wurde, verfängt dieser Einwand schon von vornherein nicht, da die Frage der Stellplatzanzahl bzw. Vereinbarkeit der Planung mit der gemeindlichen Stellplatzsatzung nicht Gegenstand der Prüfung im Vorbescheidsverfahren war und nur dieser und seine Rechtmäßigkeit mit Blick auf die betroffenen Nachbarrechte Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist.
32
Die Klage wird nach alledem und mangels Verletzung von Drittschutz vermittelnden Vorschriften im Rahmen des Vorbescheidverfahrens abgewiesen.
33
2. Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene zu 1 hat einen Klageabweisungsantrag gestellt, sodass es insbesondere wegen der Wertung des § 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO der Billigkeit entspricht, ihre außergerichtlichen Kosten dem Kläger aufzuerlegen. Die Beigeladene zu 2 hat keinen Antrag gestellt, sich mithin auch in kein Kostenrisiko begeben. Es entspricht somit nicht der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten dem Kläger aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.