Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 08.09.2023 – W 2 E 23.999
Titel:

Anrechnung von Studienzeiten an einer ausländischen Hochschule nach § 12 Abs. 1. Nr. 2 ApprOÄ

Normenketten:
RL 2005/36/EG Art. 21, Art. 24
BÄO § 3, § 4 Abs. 1
ApprOÄ § 1 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Nr. 2
VwGO § 123 Abs. 1
Leitsätze:
1. Zu den Mindestanforderungen der Anerkennung der Gleichwertigkeit einer ausländischen medizinischen Ausbildung gehört gem. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ApprOÄ und § 4 Abs. 1 S. 1 BÄO, dass die ärztliche Ausbildung im Rahmen eines Studiums „an einer Universität oder gleichgestellten Hochschule“ vermittelt wird (VGH Mannheim BeckRS 2022, 14912). Fehlt es an einer sog. Konformitätsbescheinigung gem. § 3 Abs. 1 S. 2 BÄO iVm Art. 24 RL 2005/36/EG liegt keine Gleichwertigkeit vor und damit kein im Ausland betriebenes Medizinstudium“ iSv § 12 Abs. 1 Nr. 2 ApprOÄ. (Rn. 31 – 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Studium der Fachrichtung „Medicine“, dass nicht die Voraussetzungen eines Medizinstudiums gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 ApprOÄ erfüllt, gilt nicht als „verwandtes Studium“. Nach dem Sinn und Zweck der Norm kommen nur Studiengänge wie Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Pharmazie sowie naturwissenschaftliche Studiengänge mit breitem Grundlagenwissen wie Physik, Chemie und Biologie dafür infrage (VGH Mannheim NJW 1979, 1263), nicht aber solche, die die Voraussetzungen des Medizinstudiums nicht beinhalten. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
einstweiliger Rechtschutz, vorläufige Anrechnung von Studienzeiten, vorläufige Anerkennung von Studienleistungen, E. C. of M. in Ma..., Medizinstudium, Universität oder gleichgestellte Hochschule, wissenschaftliche Hochschule, verwandtes Studium, Konformitätsbescheinigung, Gleichwertigkeit, Anrechnung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.12.2023 – 7 CE 23.1714
Fundstelle:
BeckRS 2023, 32365

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Anerkennung von Studienleistungen sowie die vorläufige Anrechnung von zwei vorklinischen Fachsemestern auf ein beabsichtigtes inländisches Studium der Humanmedizin.
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Der Antragsteller studiert seit dem 3. Mai 2021 im Studiengang Bachelor of Medicine an der E. C. of M. in Ma..., die von der D. E. H. ltd. betrieben wird und ein Studium in Onlineform mit den Abschlüssen Bachelor of Medicine und Master of Medicine anbietet.
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Mit Antrag vom 20. April 2023, bei der Regierung von Oberbayern – Landesprüfungsamt für Medizin, Pharmazie und Psychotherapie – eingegangen am 3. Mai 2023, beantragte der Antragsteller die Anrechnung von Studienzeiten und Studienleistungen auf ein von ihm beabsichtigtes Studium der Humanmedizin in Deutschland. Auf den Antrag und die beigefügten Anlagen wird Bezug genommen.
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Mit Bescheid vom 15. Juni 2023 lehnte die Regierung von Oberbayern den Antrag ab. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf eine Auskunft der Zentralstelle für Ausländisches Bildungswesen (ZAB) ausgeführt, dass eine Anrechnung nicht erfolgen könne, da der Abschluss an der EDU nicht unter die RL 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen falle. Gemäß Artikel 24 der RL 2005/36/EG setze die automatische Anerkennung einer ärztlichen Ausbildung innerhalb der EU voraus, dass das Studium der Humanmedizin „an einer Universität oder unter der Aufsicht einer Universität“ erfolge. Die EDU sei jedoch in Ma... nicht als „University“, sondern nur als „H. Ed. In.“ akkreditiert worden (eine Stufe tiefer). Allein aufgrund dieses Umstandes würde ein Masterabschluss in Ma... nicht als ärztliche Qualifikation anerkannt werden. Darüber hinaus wäre die ärztliche Ausbildung noch nicht vollständig abgeschlossen, denn in Ma... müsse noch ein praktischer Dienst absolviert werden, zu dem die Absolventen der EDU nicht zugelassen würden. Dementsprechend sei der von der EDU angebotene Masterabschluss auch nicht im Anhang der RL 2005/36/EG verzeichnet. Vor diesem Hintergrund werde auch keine Grundlage für die Anerkennung von Studienleistungen und Anrechnung von Studienzeiten gesehen.
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Hiergegen ließ der Antragsteller am 11. Juli 2023 im Verfahren W 2 K 23.950 beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage erheben und am 20. Juni 2023 im zugrundeliegenden Verfahren einstweiligen Rechtsschutz begehren.
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Zur Begründung des Antrags wird im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller habe einen Anspruch auf Anrechnung von Studienzeiten und Studienleistungen gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO). Die hierfür nach § 12 Abs. 1 ÄApprO erforderliche Gleichwertigkeit sei gegeben. Von einer Gleichwertigkeit müsse ausgegangen werden, wenn sowohl hinsichtlich der Ausbildungsstätte eine institutionelle Gleichwertigkeit als auch eine Gleichwertigkeit hinsichtlich der im Studium an der EDU erworbenen Kompetenzen gegeben sei.
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Hinsichtlich der institutionellen Gleichwertigkeit könne auf die Rechtsprechung im Ausbildungsförderungsrecht zurückgegriffen werden, wonach diese vorliege, wenn die Ausbildung an der ausländischen Ausbildungsstätte nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie nach dem vermittelten Ausbildungsabschluss der Ausbildung gleichkomme, welche die für den Vergleich heranzuziehende inländische Ausbildungsstätte vermittle. Hierzu werde auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 26. Januar 2023 (Az. 3 A 287/19) verwiesen, wonach die EDU als Ausbildungsstätte mit einer inländischen Hochschule vergleichbar sei.
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Die EDU sei in Ma... von der M. Fu... and H. Ed.n Au. (MFHEA) als „Hi. Ed. Institution“ akkreditiert worden. Die theoretische Ausbildung erfolge online. Die praktische bzw. klinische Ausbildung werde in Kooperation mit mehreren Kliniken im Bundesgebiet durchgeführt. Sie erfolge in Form von drei vierwöchigen Praxisblöcken pro Studienjahr. Die theoretische und praktische Ausbildung stehe unter der Aufsicht der Universität M. Die EDU dürfe Abschlüsse bis zum höchsten maltesischen akademischen Niveau (Malta Qualifications Framework MQF Level 8/Philosophical Doctorate PhD) verleihen. Ein konkreter derartiger Abschluss werde derzeit allerdings nicht angeboten. Angeboten würden die Abschlüsse Bachelor of Medicine (Level 6) und Master in Medicine (Level 7).
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Da nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO auch Zeiten aus einem verwandten Studiengang anzurechnen seien, sei es unerheblich, dass es sich bei dem Studium des Antragstellers an der EDU um ein Bachelorstudium und kein Studium mit dem Abschluss eines Staatsexamens handle, zumal er nicht die Anerkennung des Studienabschlusses begehre, sondern lediglich die Anerkennung einzelner Studienleistungen und Anrechnung von Studienzeiten.
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Die Ablehnung der Anrechnung könne nicht damit begründet werden, dass das Studium an der EDU nicht gemäß Art. 24 der RL 2005/36/EG „an einer Universität oder unter Aufsicht einer Universität“ erfolge. Zum einen sei die Qualitätssicherung der Ausbildung an der EDU u. a. durch die Kooperation mit der Universität M. sichergestellt, so dass die Ausbildung unter Aufsicht einer Universität erfolge. Zum anderen stehe die Einstufung der EDU als „H. Ed. In.“ der Anrechnung nicht entgegen, da die EDU einer Medizinischen Hochschule entspreche, wie das Verwaltungsgericht Braunschweig im Urteil vom 26. Januar 2023 (Az. 3 A 287/19) festgestellt habe.
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Auch eine Gleichwertigkeit der erworbenen Kompetenzen sei gegeben. Studierende an der EDU im Bachelor of Medicine würden gleichwertige Kompetenzen wie Studierende im vorklinischen Studienabschnitt des Staatsexamensstudiengangs erwerben und darüber hinaus klinische Kompetenzen, die im Regelstudiengang erst im klinischen Studienabschnitt vermittelt würden. Der Studienablaufplan der EDU sei vergleichbar mit dem Studienplan im Studiengang Humanmedizin der Universität O. Die vom Antragsteller absolvierten Module vermittelten Kompetenzen, die mit einigen der zur Meldung zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nachzuweisenden Leistungen übereinstimmten. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass Studierende der EDU im zweiten Studienjahr in einem Vergleichstest mit anderen Studierenden im gleichen Studienjahr der Humanmedizin besser oder zumindest gleich gut abgeschnitten hätten und daher davon ausgegangen werden müsse, dass die Studierenden der EDU mehr Kompetenzen erwerben würden als Studierende in anderen Humanmedizinstudiengängen.
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Es bestehe auch ein Anordnungsgrund, da der Antragsteller beabsichtige, sein Studium in einem höheren Fachsemester an einer deutschen Hochschule fortzusetzen und es ihm ohne Entscheidung über den Umfang anzurechnender Leistungen und Studienzeiten nicht möglich sei, eine Bewerbung für ein bestimmtes Fachsemester abzugeben. Die Bewerbungsfrist für ein Studium der Humanmedizin in Nordrhein-Westfahlen laufe für das Wintersemester 2023/2024 am 15. September 2023 ab. Die Sache sei daher eilbedürftig.
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Der Antragsteller lässt beantragen,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig die Studienleistungen Kursus der makroskopischen Anatomie, Kursus der mikroskopischen Anatomie, Kursus der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie, Praktikum zur Einführung in die Klinische Medizin, Praktikum der Berufsfelderkundung, Seminar Physiologie, Seminar Biochemie/Molekularbiologie, Medical English als Wahlfach und Studienzeiten im Umfang von zwei vorklinischen Fachsemestern,
hilfsweise einem vorklinischen Fachsemester, auf ein inländisches Studium der Humanmedizin anzurechnen,
äußerst hilfsweise den Antragsgegner zu verpflichten, über den Anrechnungsantrag des Antragstellers vorläufig unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu bescheiden.
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Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
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Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 28. August 2023 im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Allein der Hinweis auf bestehende Bewerbungsfristen an Bundesdeutschen Hochschulen vermöge die Eilbedürftigkeit nicht zu begründen. Es sei dem Antragsteller zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten und sich erst dann auf einen Studienplatz für ein inländisches Studium der Humanmedizin zu bewerben.
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Zudem habe er keinen Anspruch auf Anrechnung von Studienzeiten und Anerkennung von Studienleistungen. Die ZAB komme in zwei gleichgelagerten Fällen zu dem Ergebnis, dass es sich bei der EDU nicht um eine anerkannte wissenschaftliche Hochschule handele. Dies sei jedoch Voraussetzung für eine Anerkennung von ausländischen Studienleistungen nach § 12 ÄApprO. Der Antragsteller trage insoweit selbst vor, dass die EDU in Ma... von der M. Fu. and H. Ed. Au. (MFHEA) lediglich als „H. Ed. In.“ akkreditiert worden sei und an der EDU derzeit noch keine Abschlüsse bis zum höchsten maltesischen Niveau (M. Qualifikations Framework MQF Level 8/Philosophical Doctorate PhD) angeboten würden. Dies, verbunden mit einem Promotionsrecht, sei jedoch unabdingbare Voraussetzung für eine Anerkennung als wissenschaftliche Hochschule. Da der EDU bereits die Voraussetzungen der Anerkennung als wissenschaftliche Hochschule fehlten (kein höchster Bildungsabschluss möglich, kein Promotionsrecht), könne eine Anerkennung der dortigen Ausbildungsleistungen als Studienleistung in Deutschland nicht erfolgen.
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Auf eine eventuelle Vergleichbarkeit einzelner Inhalte der dortigen Ausbildung komme es daher im Ergebnis gar nicht mehr an. Höchst vorsorglich werde die Vergleichbarkeit der Ausbildungsinhalte mit den Inhalten der deutschen universitären Ausbildung in Medizin bestritten. Gleiches gelte für den Vortrag des Antragstellers, an der EDU würden mehr Kompetenzen vermittelt als in regulären deutschen Humanmedizinstudiengängen.
18
Der Antrag sei zudem wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache abzuweisen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wegen drohender schwerer und unzumutbarer Nachteile für den Antragsteller sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.
19
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
20
1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg.
21
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung für eine einstweilige Anordnung ist demnach das Vorliegen eines Rechts, dessen Sicherung die Anordnung dient (Anordnungsanspruch) sowie die drohende Vereitelung oder Erschwerung dieses Anspruchs (Anordnungsgrund). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind von der Antragstellerseite glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgeblich sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
22
Wegen der Eilbedürftigkeit des Anordnungsverfahrens sind die Anforderungen an das Beweismaß und somit auch an den Umfang der Ermittlung von Sach- und Rechtslage geringer als im Hauptsacheverfahren. Es genügt eine nur summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage (Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 123 Rn. 23 ff.).
23
Eine einstweilige (Regelungs-)Anordnung hat sich nach dem Wortlaut des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO und entsprechend dem Sicherungszweck des Anordnungsverfahrens grundsätzlich auf die Regelung eines vorläufigen Zustandes zu beschränken, die der Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren im Hauptsacheverfahren nicht vorgreifen darf. Das Gericht kann daher grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte (Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 123 Rn. 13f.). Ausnahmen von diesem Verbot kommen nur in Betracht, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist, d.h. wenn andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, und zugleich ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 66a).
24
Nach diesen Maßgaben erweist sich der Antrag sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag als unbegründet.
25
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
26
Da sich der Anordnungsanspruch auf den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, bezieht, ist dieser in der Regel zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung überwiegende Erfolgsaussichten für das Hauptsacheverfahren bestehen.
27
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Bei summarischer Prüfung erweist sich der Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 15. Juni 2023 als rechtmäßig. Der Antragsteller hat voraussichtlich weder einen Anspruch auf Anrechnung von Studienzeiten und die Anerkennung von Studienleistungen aus seinem Studium an der E. C. of M. noch auf eine erneute Entscheidung über seinen Antrag.
28
Nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) vom 27. Juni 2002 (BGBl. I S.2405), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. September 2023 (BGBl. I S. 4335), rechnet die nach Landesrecht zuständige Stelle – hier die Regierung von Oberbayern nach § 2 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die zuständigen Behörden zum Vollzug des Rechts der Heilberufe (HeilBZustV) vom 17. Dezember 1996 (GVBl. S. 549), zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. August 2023 (GVBl. S. 546) – auf die in der Approbationsordnung für Ärzte vorgesehene Ausbildung ganz oder teilweise Zeiten eines im Ausland betriebenen Medizinstudiums oder verwandten Studiums an, soweit Gleichwertigkeit gegeben ist. Unter den gleichen Voraussetzungen werden nach § 12 Abs. 2 Satz 1 ÄApprO Studien- und Prüfungsleistungen anerkannt, die im Rahmen eines Studiums nach § 12 Abs. 1 ÄApprO abgelegt worden sind.
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Diese Voraussetzungen sind bei summarischer Prüfung vorliegend nicht erfüllt. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass es sich bei dem Studium im Studiengang Bachelor of Medicine an der E. C. of M. um ein „im Ausland betriebenes Medizinstudium oder verwandtes Studium“ im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO handelt.
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1.1. Wann ein nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO anrechenbares im Ausland betriebenes Medizinstudium anzunehmen ist, ist im Regelungszusammenhang mit den Bestimmungen in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄApprO und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Bundesärzteordnung (BÄO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) zu beurteilen.
31
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 ÄApprO gehört zu den Mindestanforderungen an das Studium der Medizin, wie sie nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BÄO in der Approbationsordnung für Ärzte zu regeln sind, dass die ärztliche Ausbildung im Rahmen eines Studiums „an einer Universität oder gleichgestellten Hochschule“ vermittelt wird (VGH BW, B.v. 15.6.2022 – 9 S 930/22 – juris Rn. 6). Dies entspricht dem in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO enthaltenen Begriff der „wissenschaftlichen Hochschule“, der auch in früheren Gesetzesfassungen der Approbationsordnung für Ärzte verwendet wurde.
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Daraus, dass in der Bundesärzteordnung und in der Approbationsordnung für Ärzte keine anderen Bildungseinrichtungen außer wissenschaftlichen Hochschulen als Stätten des Studiums der Medizin für Ärzte zugelassen sind, leitet das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 21. November 1980 (7 C 119/79, juris) ab, dass als Ausbildungsstätten des Auslands, an denen ein anrechnungsfähiges Medizinstudium i.S. des § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO betrieben werden kann, nur Hochschulen in Betracht kommen, denen der gleiche Rang im Bildungswesen zukommt, wie er im Inland den wissenschaftlichen Hochschulen eingeräumt ist, da nur dann angenommen werden kann, dass der von der Bundesärzteordnung und von der Approbationsordnung vorausgesetzte wissenschaftliche Rang der ärztlichen Ausbildung gewahrt ist (BVerwG, U.v. 21.11.1980 – 7 C 119/79 – juris Rn. 9 ff).
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Des Weiteren ist bei einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union betriebenen Studium im Rahmen der Beurteilung, ob es sich um ein nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO anrechenbares Medizinstudium im Ausland handelt, zu berücksichtigen, ob die abgeschlossene ärztliche Ausbildung nach den Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Satz 2, 3 und 6 BÄO mit der Ausbildung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO – die ein Medizinstudium an einer wissenschaftlichen Hochschule voraussetzt – gleichzustellen ist und damit in Deutschland zur Approbation als Arzt berechtigt, da in diesem Fall auch ein Medizinstudium im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO angenommen werden muss. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BÄO gilt eine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union abgeschlossene ärztliche Ausbildung als Ausbildung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BÄO, wenn sie durch Vorlage eines in der Anlage zu § 3 Abs. 1 Satz 2 BÄO aufgeführten ärztlichen Ausbildungsnachweises nachgewiesen wird. Gleichwertig hierzu ist nach § 3 Abs. 1 Satz 6 BÄO eine Konformitätsbescheinigung der zuständigen Stelle eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, aus der hervorgeht, dass ein nicht in der Anlage zu § 3 Abs. 1 Satz 2 BÄO aufgeführter ärztlicher Ausbildungsnachweis den Mindestanforderungen zur Ärztlichen Grundausbildung des Art. 24 der RL 2005/36/EG entspricht und den für den Mitgliedstaat in der Anlage zu § 3 Abs. 1 Satz 2 BÄO aufgeführten ärztlichen Ausbildungsnachweises gleichsteht Ausgehend von diesem rechtlichen Maßstab ist das Studium des Antragstellers an der E. C. of M. im Studiengang Bachelor of Medicine bei summarischer Prüfung nicht als ein „im Ausland betriebenes Medizinstudium“ im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO zu werten.
34
Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass die EDU in Ma... den gleichen wissenschaftlichen Rang einnimmt, wie er im Bundesgebiet einer Universität oder gleichgestellten Hochschule bzw. einer wissenschaftlichen Hochschule eingeräumt ist.
35
Nach den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen wurde die EDU von der M. Fu. and H. Ed. Au. (MFHEA) als „H. Ed. In.“ lizensiert und akkreditiert. Im als Anlage K 7 vorgelegten Schreiben der MFHEA vom 21. August 2021 wird hierzu ausgeführt: „As a H. Ed. In., EDU is licensed to deliver programmes classified from Level 5 up to Level 8 (the highest level) of the M. Qualifications Framework (MQF), providing that these programmes have been accredited by the MFHEA. Currently, EDU offers eight accredited programmes. EDU is among others authorised to confer the degrees „Bachelor of Medicine (B.Med.)“ and „Masters of Medicine (M.Med.)“.“
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Demnach werden an der EDU derzeit nur die Abschlüsse Bachelor of Medicine (Level 6) und Master in Medicine (Level 7) angeboten. Für das Gericht ist anhand der vorgelegten Unterlagen die Frage nicht eindeutig geklärt, ob die EDU berechtigt ist, ohne das Erfordernis einer weiteren Akkreditierung Abschlüsse des Levels 8 (Philosophical Doctorate) anzubieten. Hierauf kommt es aber nach vorläufiger Einschätzung, ebenso wie auf die Frage, ob die MFHEA überhaupt die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Lizensierung und Akkreditierung aufweist, was die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen im Schreiben vom 9. Juni 2023 an die Bezirksregierung Düsseldorf in Abrede stellt, nicht an. Denn es besteht unstrittig jedenfalls tatsächlich an der EDU derzeit keine Möglichkeit der Promotion, die ein Wesensmerkmal deutscher wissenschaftlicher Hochschulen darstellt. Damit ist nicht glaubhaft gemacht, dass der EDU im Bildungssystem Maltas gegenwärtig der gleiche wissenschaftliche Rang zukommt, wie er in Deutschland einer Universität oder gleichgestellten Hochschule bzw. einer wissenschaftlichen Hochschule eingeräumt ist, zumal der Masterabschluss der EDU gemäß dem Health Care Profession Act 2003, Cap 464 in Ma... nicht zur Approbation als Arzt berechtigt. Der einzige in Ma... als Teil der ärztlichen Ausbildung gesetzlich zugelassene und anerkannte Studiengang Medizin ist der an der staatlichen University of Ma. Nur dieser Studiengang und der entsprechende Studienabschluss der University of Ma. führt in Verbindung mit einem praktischen Foundation Year zum Erwerb der ärztlichen Approbation in Ma... (vgl. hierzu VG Braunschweig, U.v. 26.1.2023 – 3 A 287/19 – juris Rn. 27). Auch von § 3 Abs. 1 Satz 2 BÄO in Verbindung mit der Anlage zu § 3 Abs. 1 Satz 2 BÄO bzw. Art. 21 der RL 2005/36/EG in Verbindung mit Anhang V der RL 2005/36/EG ist nur diese Studien- und Praxisqualifikation erfasst, nicht jedoch der Masterabschluss an der EDU. Eine Konformitätsbescheinigung der zuständigen maltesischen Behörden nach § 3 Abs. 1 Satz 6 BÄO, aus der hervorgeht, dass ein Masterabschluss an der EDU den Mindestanforderungen zur Ärztlichen Grundausbildung des Art. 24 der RL 2005/36/EG entspricht und dem in der Anlage zu § 3 Abs. 1 Satz 2 BÄO für Malta aufgeführten Ausbildungsnachweis gleichsteht, liegt ebenfalls nicht vor.
37
Nach alledem kann ein Studium an der E. C. of M. in Ma... bei summarischer Prüfung nicht als ein „im Ausland betriebenes Medizinstudium“ im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO angesehen werden.
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1.2. Es ist auch nicht als „verwandtes Studium“ im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO zu werten. Nach Sinn und Zweck der Norm kann hierfür nur ein Studium mit einer anderen Fachrichtung als Humanmedizin – wie etwa Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Pharmazie und naturwissenschaftliche Studiengänge mit breiten Grundlagenwissen wie Physik, Chemie und Biologie (vgl. hierzu -VGH BW, B.v. 28.11.1978 – IX 3793/78 – juris Rn. 4) – in Betracht kommen, nicht hingegen ein Studium mit der Fachrichtung „Medicine“, dass die Voraussetzungen eines Medizinstudiums nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 ÄApprO nicht erfüllt.
39
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war daher abzulehnen, ohne dass es noch auf die Fragen ankam, ob ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht wurde und die begehrte einstweilige Anordnung zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache führen würde.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.