Titel:
Erfolgloser Antrag gegen sofort vollziehbar erklärte Festsetzung eines Abschussplans für Rotwild
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 3, 5
BJagdG § 21 Abs. 2
BayJG Art. 32 Abs. 1
AVBayJG § 15 Abs. 1 S. 1, S. 2
Leitsätze:
1. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen ist kein Element des Begründungserfordernisses iSd § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO. An die Begründung sind insoweit keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen, wenn die Behörde erkannt und dargelegt hat, dass sie abweichend vom gesetzlichen Normalfall ausnahmsweise wegen vorrangiger öffentlicher Interessen die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet hat. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die in § 21 Abs. 1 BJagdG enthaltenen materiell-rechtlichen Vorgaben für die Festsetzungsentscheidung erfordern die Abwägung der gesetzlich aufgeführten öffentlich- und privatrechtlichen Belange mit dem Ziel des Interessenausgleichs zwischen den volkswirtschaftlichen und landeskulturellen Belangen einerseits und den jagdlichen Intentionen andererseits. Dabei kommt insbesondere dem Interesse am Schutz des Waldes wegen dessen überragender Bedeutung für Klima, Wasserhaushalt etc. eine vorrangige Bedeutung zu. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Unteren Jagdbehörde ist bei der Feststellung der Abschussplanung kein Ermessen eingeräumt, es besteht auch kein gerichtlich nicht nachvollziehbarer Beurteilungsspielraum. Das Ergebnis der Abwägung mit der Bestätigung bzw. Festsetzung der Abschusszahlen stellt allerdings auch kein mathematisch-logisches Berechnungsergebnis dar, es verbleibt insoweit vielmehr eine gewisse Bandbreite der Entscheidungsmöglichkeiten, innerhalb derer die Abschusszahl sich in einem vertretbaren Zahlenrahmen bewegt. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Begründung des Sofortvollzugs, Festsetzung des Abschussplans für Rotwild, Schutz des Waldes als wesentlicher öffentlicher Belang, Aussagen des Forstlichen, Gutachtens 2021, Erhöhung der Abschusszahl in Abweichung zum Vorschlag von Grundeigentümer und Jagdpächter, Berechnung der Höhe des Abschusses, Summarische Prüfung, Keine durchgreifenden Bedenken gegen die Festsetzung, Interessenabwägung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 12.01.2024 – 19 CS 23.1599
Fundstelle:
BeckRS 2023, 32364
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Festsetzung des Abschussplans für Rotwild für das Jagdjahr 2023/2024 durch den Antragsgegner für das von ihm gepachtete Jagdrevier.
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1. Das vom Antragsteller gepachtete Gemeinschaftsjagdrevier ...-Land (im Folgenden: Jagdrevier) hat eine Jagdfläche von etwa 3.140 ha. Es gehört zur Hochwildhegegemeinschaft .... Das Jagdrevier liegt südlich von ... im ..., es grenzt unmittelbar (auch) an das ebenfalls vom Antragsteller gepachtete Eigenjagdrevier ... an. Das Jagdrevier gehört, neben dem benachbarten gepachteten Eigenjagdrevier, mit weiteren 19 Revieren zum Hegering VI ...
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In dem forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung vom Oktober 2021 wurde für die Hochwildhegegemeinschaft ... eine insgesamt als „tragbar“ angesehene Bewertung der Verbissbelastung festgestellt, die Abschussempfehlung lautet „erhöhen“. Für den Hegering VI, ..., wurde im vorgenannten forstlichen Gutachten die Verbissbelastung mit „tragbar“ bewertet, die Abschussempfehlung lautet „erhöhen“. In der Ergänzenden Revierweisen Aussage für das Jagdrevier vom November 2021 wurde die Verbissbelastung als „tragbar“ eingestuft, die Tendenz zur Verbisssituation wurde mit „nicht verändert“ zur vorangegangenen Revierweisen Aussage bewertet.
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Mit dem übereinstimmenden Vorschlag des Grundeigentümers und des Antragstellers als Jagdpächter wurde ein Abschuss in Höhe von 35 Stück Rotwild für das Jagdjahr 2023/2024 der Unteren Jagdbehörde mitgeteilt.
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Aufgrund dieses Vorschlags und der fachlichen Bewertung durch die Untere Jagdbehörde hat der Jagdbeirat in der Sitzung vom 14. März 2023 einstimmig einem Abschuss von 49 Tieren zugestimmt.
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Mit Schreiben vom 15. März 2023 wurden unter anderem der Antragsteller zur beabsichtigten Festsetzung des Abschusssolls von 49 Tieren, unter Aufteilung auf die entsprechenden Klassen, mit Fristsetzung bis zum 22. März 2023, angehört. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 22. März 2023 ließ der Antragsteller dazu mitteilen, dass ihm eine Äußerung nicht möglich sei. Aus der Anhörung ergäben sich keine hinreichenden Tatsachen, die die Festsetzung des Abschusssolls begründen würden. Eine sinnvolle Stellungnahme zur Höhe des Abschusssolls sei deshalb nicht möglich, die beabsichtigte Festsetzung werde abgelehnt. Mit der beabsichtigten Festsetzung sei die Erreichung des gesetzlichen Ziels der Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestands in einem ausgewogenen Verhältnis zu seinen natürlichen Lebensgrundlagen nicht möglich.
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Nach einem längeren fachlichen Austausch zwischen der Wildbiologin bei der Unteren Jagdbehörde und den Jagdberatern zur Frage der Höhe und der Herleitung der Abschusszahlen, der unter anderem zu der Feststellung führte, dass in der Abschussplanung ein Rechenfehler enthalten war, wurde mit Schreiben vom 11. Mai 2023 der Jagdbeirat bei der Unteren Naturschutzbehörde im Umlaufverfahren zum geänderten Vorschlag für eine Festsetzung des Abschusssolls von 54 Tieren angehört. Der Jagdbeirat hat dieser Festsetzung mit 5:1 Stimmen zugestimmt.
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Mit Schreiben vom 30. Mai 2023 wurde der Bevollmächtigte des Antragstellers unter Fristsetzung bis zum 9. Juni 2023 zur beabsichtigten Festsetzung des Abschusssolls von 54 Stück Rotwild angehört. Eine Äußerung erfolgte nicht.
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Mit Bescheid vom 1. April 2023, dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 23. Juni 2023, wurde seitens des Antragsgegners der Abschussplan für das Jagdjahr 2023/2024 in Höhe von 54 Stück Rotwild (Klasse I 2 Stück; Klasse IIb 2 Stück; Klasse III 8 Stück; Alttiere 14 Stück; Schmaltiere 7 Stück; Kälber 21 Stück) festgesetzt. Zugleich wurde die Festsetzung für sofort vollziehbar erklärt.
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Zur Begründung des für das Jagdjahr 2023/2024 festgesetzten Abschusssolls wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Festsetzung auf § 21 Abs. 2 BJagdG i.V.m. Art. 32 Abs. 1 BayJG, § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AVBayJG beruhe. Mangels Einvernehmens mit dem Vorschlag des Abschussplans war dieser festzusetzen. Der vom Antragsteller gemachte Vorschlag sei an der Regelung des § 21 Abs. 1 BJagdG zu messen. Danach sei der Abschuss des Wilds so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft zum Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt blieben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt würden. Innerhalb dieser Grenzen sei durch die Festsetzung des Abschusssolls das Ziel der Erhaltung eines gesunden Wildbestands in angemessener Zahl in der Abwägung mit den unterschiedlichen Belangen, insbesondere der Waldverjüngung, zu berücksichtigen (Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG). Unter Berücksichtigung der Belange des Waldschutzes, die wesentlich aber nicht absolut vorrangig seien, und den vorliegenden forstlichen Gutachten sei die Abschussplanung festgesetzt worden. Für das streitgegenständliche Jagdrevier und das unmittelbar, ebenfalls vom Antragsteller als Jagdpächter betreute, benachbarte Jagdrevier, bestünden aufgrund der Lage und der Winterfütterung unmittelbare Wechselbeziehungen für die Wanderung des Rotwilds. Im benachbarten Jagdrevier bestünde nach der Ergänzenden Revierweisen Aussage im forstlichen Gutachten eine nicht mehr tragbare Verbisssituation. Wegen der besseren Zugriffsmöglichkeit im streitgegenständlichen Revier sei dort jedoch das Abschusssoll erhöht worden. Insoweit hätten sich nämlich auch dort zunehmende Verbissschäden im Vergleich zu den Feststellungen im Jahr 2021 ergeben, die die höheren Abschusszahlen begründen würden. In die Festsetzung des Abschusssolls seien die Erkenntnisse der Jagdberater zu Wildzählungen, bisherigen Abschussdaten, Verhältnis von Alttieren und Kälbern etc. eingegangen mit dem Ziel der Verhinderung der Bestandszunahme. Insbesondere solle durch eine Erhöhung des Abschusses auch verhindert werden, dass bei zu niedrigen Abschusszahlen im jetzigen Jagdjahr durch einen längerfristigen Jagddruck in den Folgejahren negative Auswirkungen in Bezug auf einen tierschutzkonformen Abschuss eintreten. Da die beiden vom Antragsteller als Jagdpächter betroffenen Jagdreviere unmittelbar aneinandergrenzen würden, sei auch eine Umverteilung der Abschusszahlen zwischen den Revieren möglich.
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Die sofortige Vollziehung werde im öffentlichen Interesse nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO verfügt. Das Aufkommen der Verjüngung der Hauptbaumarten ohne Zäunung könne nur durch die Bejagung des Schalenwilds, das für die Verbissschäden verantwortlich sei, erreicht werden, wenn diese zu einem tragbaren Wildbestand führe. Eine Verzögerung der Bejagung bis zum Abschluss des Rechtsmittelverfahrens in der Hauptsache führe dazu, dass das Ziel der Bejagung nicht erreicht werden könne.
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2. Am 10. Juli 2023 ließ der Antragsteller gegen den Bescheid vom 1. April 2023 Klage erheben mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids (Au 8 K 23.1066). Über die Klage ist noch nicht entschieden.
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Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2023 ließ der Antragsteller im vorliegenden Verfahren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellen.
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Zur Begründung wurde im Antragsschriftsatz und mit ergänzendem Schriftsatz vom 28. Juli 2023 im Wesentlichen vorgetragen, dass die Begründung des Sofortvollzugs nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genüge. In der Begründung werde keine Abwägung der gegenseitigen Interessen, die im Vorschlag des Antragstellers zum Abschussplan zum Ausdruck gekommen seien, und den öffentlichen Interessen vorgenommen. Insbesondere habe die Begründung nicht berücksichtigt, dass der Grundeigentümer den gleichen Vorschlag wie der Antragsteller gemacht habe, sodass den Interessen des Waldeigentümers hinreichend durch den Vorschlag Rechnung getragen werde. Die Abwägung berücksichtige auch nicht die Ergänzende Revierweise Aussage zum forstlichen Gutachten, in der die Verbisssituation als „unverändert tragbar“ bezeichnet worden sei. Ein „Erhöhen“ für die Abschussempfehlung bestehe ebenfalls nicht.
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Der Bescheid erweise sich auch als materiell rechtswidrig, die Klage werde nach summarischer Prüfung sowohl aus formellen Gründen als auch in der Sache erfolgreich sein.
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Die Untere Jagdbehörde habe bereits formell fehlerhaft die Untere Naturschutzbehörde entgegen Art. 49 Abs. 1 Satz 4 BayJG nicht beteiligt. Durch die Abschussregelung seien wesentliche Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege berührt. Insbesondere seien bei der Abschussplanung nach Art. 32 BayJG der Zustand der Vegetation und die körperliche Verfassung des Wildes, also Belange, die die Naturschutzbehörde zu prüfen habe, zu berücksichtigen. Formell fehlerhaft sei auch die Anhörung des Antragstellers gewesen. Es sei keine oder eine nur unzureichende Akteneinsicht gewährt worden, die im März und Mai 2023 gewährten Anhörungsfristen seien unangemessen kurz bemessen gewesen. Im Übrigen sei der Inhalt der Behördenakte nicht geeignet, die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen für den Antragsteller nachvollziehbar darzustellen.
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Die Festsetzung der Abschusszahlen sei auch materiell rechtswidrig, da die Festsetzung die gesetzlichen Anforderungen der § 21 Abs. 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG nicht beachte. Es fehle bereits an der vollständigen Ermittlung des Sachverhalts, ebenso an einer an den gesetzlichen Zwecken orientierten Abwägung der widerstreitenden Interessen von Waldeigentümern, Jagdvorstand, Hegegemeinschaft etc.. Die Erhaltung eines gesunden Wildbestands in angemessener Zahl werde gefährdet. Die vorgenommenen Analysen bzw. die angepeilten Zielbestände seien im Einzelnen kritisch zu sehen. Insbesondere werde eine Erhöhung der Abschusszahlen im Revier ...-Land unter Berücksichtigung der Wanderungsbewegungen der Tiere im Herbst/Winter und den Zugriffsmöglichkeiten auch im Eigenjagdrevier ...-... nicht gerecht. Auch die Berücksichtigung der umliegenden – im nördlichen und südlichen Talabschnitt („vorderer und hinterer Talabschnitt“) liegenden – Reviere ergebe, dass sich die Abschusszahlen im streitgegenständlichen Revier aus den vorhandenen Zahlen nicht rechtfertigen ließen. Die Verteilung zwischen Hirschen, Alttieren und Kälbern lasse sich aus den Zahlen nicht ableiten, insgesamt dränge sich insoweit der Eindruck auf, dass ausschließlich das Ziel der Reduktion ohne Berücksichtigung der Strukturen des Bestands im Vordergrund gestanden habe. Da auch die Entscheidung des Jagdbeirats in der Sitzung vom 14. März 2023 erkennbar auf fehlerhaften Daten – was der Jagdberater ausdrücklich bestätigt habe – beruht habe, sei die entsprechende Zustimmung aufgrund der Irreführung fehlerhaft und wirke sich somit auf die Wirksamkeit der Abschussfestsetzung aus. Die Höhe der Abschusszahlen sei insgesamt ungeeignet, einen gesunden, am Ziel der Waldverjüngung orientierten Bestand zu erreichen.
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Der Antragsteller lässt beantragen,
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die aufschiebende Wirkung der Klage vom 10. Juli 2023 wiederherzustellen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung ist im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung zur Frage der die Abschusszahlen tragenden Analysen, die der Festsetzung zugrunde gelegt worden sind, ausgeführt, dass die Festsetzung der Abschusszahlen formell und materiell rechtmäßig ergangen sei. Eine Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde im Rahmen der jährlichen Abschussplanung werde von dieser nicht als zwingend angesehen, da insoweit keine wesentlichen Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege betroffen seien. Der Antragsteller sei ordnungsgemäß angehört worden, die zuletzt im Mai 2023 gewährte Frist sei durch den späten Auslauf des Bescheids faktisch noch zwei weitere Wochen verlängert worden. Der Jagdbeirat sei über die zugrundeliegenden Zahlen und über die Festsetzung der Abschusszahlen in Abweichung von den Vorschlägen informiert gewesen, im Übrigen nachträglich über die Korrektur informiert und angehört worden. Die sofortige Vollziehbarkeit sei ausreichend begründet. Sie sei auch aus Gründen des Waldschutzes geboten, um Wildschäden, die über das tragbare Maß hinausgehen würden, sicher zu verhindern. Das streitgegenständliche Revier liege auch in einem Waldsanierungsgebiet, durch die sofortige Vollziehbarkeit solle durch die Bestandsreduktion auch dem unzureichenden Zustand des Waldes begegnet werden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch in dem Verfahren Au 8 K 23.1065, in dem die Festsetzung für die Abschussplanung im benachbarten Eigenjagdrevier ...-... vom Antragsteller beklagt wird, und im Verfahren Au 8 K 23.1066, sowie der beigezogenen Behördenakte des Antragsgegners Bezug genommen.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 10. Juli 2023 gegen die für sofort vollziehbar erklärte Festsetzung des Abschussplans wiederherzustellen, ist zulässig erhoben, er bleibt in der Sache erfolglos.
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Entfaltet die Klage – wie vorliegend – aufgrund der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache nach § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung stellt eine eigene Ermessensentscheidung des Gerichts anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO niedergelegten Kriterien dar. Das Gericht hat demnach zu prüfen, ob das Vollzugsinteresse so gewichtig ist, dass der Verwaltungsakt sofort vollzogen werden darf, oder ob das gegenläufige Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt. Wesentliches Element im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich Erfolg versprechend, so wird das Interesse des Antragstellers an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage stärker zu gewichten sein, als das gegenläufige Interesse des Antragsgegners. Umgekehrt wird eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich nicht in Frage kommen, wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich aussichtslos darstellt. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht eindeutig zu beurteilen, sondern nur tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen – dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers einerseits und dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners andererseits – nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. zum Ganzen BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581/584; BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 u.a. – juris Rn. 8; Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 65 ff.; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 136 ff.).
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Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürfte sich die Festsetzung des Abschussplans im angefochtenen Bescheid vom 1. April 2023 voraussichtlich als rechtmäßig erweisen und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gründe, gleichwohl im Interesse des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen, sind nicht ersichtlich. Selbst wenn man annähme, dass die Erfolgsaussichten der Klage wegen der Notwendigkeit weiterer Sachaufklärungen zur Ableitung der festgesetzten Abschusszahlen als überwiegend offen anzusehen wären, fiele eine reine Interessensabwägung zu Ungunsten des Antragstellers aus.
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1. Soweit die Behörde im angefochtenen Bescheid die sofortige Vollziehung ausdrücklich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, d.h. die aufschiebende Wirkung der Klage nicht bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erweist, insbesondere ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO als nicht ausreichend erweist; ist dies der Fall, hat das Gericht ohne weitere Sachprüfung die Vollziehungsanordnung aufzuheben (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 54 ff., 98 m.w.N.).
28
Insoweit macht die Antragstellerseite geltend, dass im angefochtenen Bescheid die Begründung für die sofortige Vollziehbarkeit die gegenseitigen Interessen zwischen dem Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage und dem Interesse des Antragsgegners an dem Vollzug der Festsetzung nicht sorgfältig abgewogen hat.
29
Die Antragstellerseite verkennt, dass die Abwägung der gegenseitigen Interessen kein Element des Begründungserfordernisses i.S.d. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO darstellt, das Begründungserfordernis vielmehr der Behörde den Ausnahmecharakter des – behördlich angeordneten – Sofortvollzugs „vor Augen führen“ soll. An die Begründung sind insoweit keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen, wenn die Behörde erkannt und dargelegt hat, dass sie abweichend vom gesetzlichen Normalfall ausnahmsweise wegen vorrangiger öffentlicher Interessen die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet hat (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, § 80 Rn. 54 ff.).
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde vorliegend mit der Notwendigkeit der Erfüllung der Abschusszahlen zur Sicherung der natürlichen Waldverjüngung durch die Einhaltung der Abschussplanung begründet. Diese (knappe) Begründung genügt den Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, weil insoweit hinreichend konkret auf den Einzelfall bezogen darlegt ist, weshalb durch den Antragsgegner die sofortige Vollziehbarkeit der Abschussplanfestsetzung erfolgt ist. Ob diese, nicht bloß formelhafte, Begründung die Abschussplanung trägt, ist eine Frage der Begründetheit der Anfechtungsklage – und vorliegend somit der materiellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids – und nicht der formellen Anforderungen an die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung.
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2. Die gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die Festsetzung der Abschussplanung aller Voraussicht nach keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Die Festsetzung ist voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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a) Soweit die Antragstellerseite zur formellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids vom 1. April 2023 vorträgt, dass der Antragsteller vor Erlass des Bescheids nicht ordnungsgemäß bzw. nicht in ausreichender Form angehört worden ist, kann dies vorliegend dahingestellt bleiben. Die Anhörung – soweit sie fehlerhaft erfolgt sein sollte – wurde jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren nachgeholt, so dass eine etwa fehlende oder unzureichende Anhörung damit unbeachtlich ist (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayVwVfG). Der Antragsteller hat sich durch seinen Bevollmächtigten im vorliegenden Verfahren in umfassender Weise zu den wesentlichen Tatsachen der Entscheidung geäußert, der Antragsgegner hat sich – auch unter Vorlage der Zähldaten etc. als Grundlage der Abschussplanung in der vorgelegten Behördenakte, die dem Bevollmächtigen des Antragstellers zugeleitet worden ist – mit diesem Vorbringen im gerichtlichen Verfahren inhaltlich auseinandergesetzt.
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Die Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde nach Art. 49 Abs. 1 Satz 4 BayJG erfolgte in einfacher Form, die Untere Naturschutzbehörde wurde auf die anstehende Abschussplanung von der Unteren Jagdbehörde hingewiesen (mail-Nachricht vom 13.1.2023; Bl. 27 der Gerichtsakte). Angesichts der für das gleiche Jagdgebiet – auch von Seiten des Antragstellers für Teilflächen des streitgegenständlichen Reviers – anhängigen Anträge auf Schonzeitverkürzung und der Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde an diesen Anträgen wurden die Art. 49 Abs. 2 Satz 4 BayJG genannten „wesentlichen Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege“ durch die Beteiligung abgefragt bzw. berücksichtigt. Eine formelle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Abschussregelung ist insoweit zu verneinen.
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b) Die im angefochtenen Bescheid nach § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayJG und § 15 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG erfolgte Festsetzung der Abschussplanung dürfte voraussichtlich auch materiell rechtmäßig sein.
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aa) Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG darf Schalenwild, wozu gemäß § 2 Abs. 3 BJagdG auch Rotwild gehört, nur auf Grund und im Rahmen eines Abschussplans erlegt werden. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayJG und §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 1 Satz 1 AVBayJG sind für Rotwild Abschusspläne für ein Jagdjahr aufzustellen und zu bestätigen, wenn sie im Einvernehmen mit dem Jagdvorstand aufgestellt sind. Mangels dieses Einvernehmens sind sie – wie vorliegend – nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AVBayJG festzusetzen.
36
Die Abschussplanung hat gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BJagdG die Jagd so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschussregelung nach § 21 Abs. 1 Satz 2 BJagdG dazu beitragen, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint. Dabei ist bei der Abschussplanung neben der körperlichen Verfassung des Wildes vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen (Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG). Die in § 21 Abs. 1 BJagdG enthaltenen materiell-rechtlichen Vorgaben für die Festsetzungsentscheidung erfordern die Abwägung der gesetzlich aufgeführten öffentlich- und privatrechtlichen Belange mit dem Ziel des Interessenausgleichs zwischen den volkswirtschaftlichen und landeskulturellen Belangen einerseits und den jagdlichen Intentionen andererseits (BVerwG, U.v. 19.3.1992 – 3 C 62/89 – BayVBl 1992, 568 f. = juris Rn. 25). Dabei kommt insbesondere dem Interesse am Schutz des Waldes wegen dessen überragender Bedeutung für Klima, Wasserhaushalt etc. eine vorrangige Bedeutung zu (BVerwG, U.v. 30.3.1995 – 3 C 8/94 – BVerwGE 98, 118/122 = juris Rn. 45; BayVGH, U.v. 19.5.1998 – 19 B 95.3738 – BayVBl 1999, 499 ff. = juris Rn. 94). Dementsprechend sind nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen, d.h. nachhaltigen forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BWaldG) durch das Wild möglichst zu vermeiden und nach Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG die Waldverjüngung zu gewährleisten (BayVGH, U.v. 19.5.1998 a.a.O.).
37
Grundlage dieser, die vorgenannten Interessen berücksichtigende Abschussplanung ist das gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 3 BayJG einzuholende forstliche Gutachten, auf dessen Grundlage unter Erfassung des Sachverhalts zum Zustand von Wald und Wildbestand die gegenseitigen Interessen abzuwägen sind. Dabei ist der Unteren Jagdbehörde bei der Feststellung der Abschussplanung kein Ermessen eingeräumt, es besteht auch kein gerichtlich nicht nachvollziehbarer Beurteilungsspielraum (VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 – Au 4 K 14.811 – juris Rn. 34 m.w.N.; stRspr.). Das Ergebnis der Abwägung mit der Bestätigung bzw. Festsetzung der Abschusszahlen stellt allerdings auch kein mathematisch-logisches Berechnungsergebnis dar, es verbleibt insoweit vielmehr eine gewisse Bandbreite der Entscheidungsmöglichkeiten, innerhalb derer die Abschusszahl sich in einem vertretbaren Zahlenrahmen bewegt (BayVGH, U.v. 19.5.1998 – 19 B 95.3738 – juris Rn. 91; BayVGH, B.v. 20.11.2018 – 19 ZB 17.1602 – juris Rn. 13; VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 a.a.O.; stRspr.).
38
bb) Diese rechtlichen Vorgaben beachtend, hat die Untere Jagdbehörde abweichend vom Vorschlag des Grundstückseigentümers und des Antragstellers nach summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren in voraussichtlich nicht zu beanstandender Weise die Abschusszahl festgesetzt.
39
(1) In dem von der Forstverwaltung erstellten „Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2021“ für die Hochwildhegegemeinschaft wird für die einzelnen Hegeringe hinsichtlich der Baumartenzusammensetzung und der Verbissbelastung differenziert. Für den (gesamten) Hegering VI, „...“, in dem das Revier des Antragstellers, für das die Abschussplanung festgesetzt worden ist, liegt, kommt – unter Berücksichtigung der „Ergänzenden Revierweisen Aussage“ – die Forstverwaltung zum Ergebnis, dass die Verbisssituation „gerade noch tragbar“ ist (S. 5 und 7 des Forstlichen Gutachtens vom Oktober 2021; Bl. 14 ff. der Behördenakte). In der „Ergänzenden Revierweisen Aussage“ vom 8. November 2021 (Bl. 1 ff. der Behördenakte) wird die Verbisssituation im Revier des Antragstellers als „tragbar“ bewertet, die Tendenz der Verbisssituation wird mit „nicht verändert“ beschrieben.
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Auf dieser Grundlage hat das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... (...) mit Schreiben vom 18. Juli 2023 im vorliegenden Verfahren ergänzend ausgeführt, dass die Wälder im streitgegenständlichen Revier des Antragstellers sowie in dem von ihm ebenfalls gepachteten angrenzenden Jagdrevier großteils als Schutzwälder im Sinne des Art. 10 Abs. 1 BayWaldG für Hochwasser- und Erosionsschutz eingestuft sind und somit als Schutz für Wohnbebauung, Straßen und sonstige Infrastruktur dienen. Diese Schutzfunktion als wesentlicher öffentlicher Belang wird durch die entsprechende Bejagung des Schalenwilds sichergestellt (vgl. S. 1 f. des Schreibens vom 18.7.2023; Bl. 65 der Gerichtsakte).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundlage ist nach summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass die Festsetzung der Abschusszahl, wie sie von der Unteren Jagdbehörde vorgenommen worden ist, von einer die öffentlichen Belange fehlerhaft gewichteten Situation ausgegangen ist.
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(2) Auch die von der Antragstellerseite im Antragsschriftsatz vom 14. Juli 2023 und im ergänzenden Schriftsatz vom 28. Juli 2023 vorgetragenen Einwände gegen die Ermittlung des Tierbestands im Revier bzw. zur Ermittlung der notwendigen Abschusszahl durch eine „Gesamtbetrachtung“ der Reviere des Hegerings („vorderer/hinterer Talraum“), begründen nach summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken gegen die Festsetzung der Abschusszahl.
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Die Untere Jagdbehörde hat auf der Grundlage umfassender Ermittlungen in Abstimmung mit dem Jagdberater (vgl. Bl. 59 ff. der Behördenakte) die Zielgröße des Bestands an Rotwild im Revier des Antragstellers – unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Verschiebung von Abschusszahlen in das auch vom Antragsteller gepachtete benachbarte Jagdrevier – definiert und dabei die Zielsetzungen in § 21 Abs. 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG berücksichtigt. Dass dabei zunächst vom Jagdberater eine den Berechnungen zugrunde gelegte Anzahl der Nachwuchsträger – die auch den Beratungen im Jagdbeirat zugrunde gelegen hat – fehlerhaft gewesen ist (mail-Nachricht vom 27.3.2023; Bl. 63 der Behördenakte), lässt die schließlich getroffene Festsetzung nicht rechtswidrig werden. Im Lauf des Verwaltungsverfahrens, das zur Festsetzung der Abschusszahl im Bescheid vom 1. April 2023 geführt hat, wurde dieser Fehler festgestellt und korrigiert, der Jagdbeirat unter Darlegung der Änderungen (Anhörungsschreiben vom 11.5.2023, Bl. 110 ff. der Behördenakte) angehört und die Festsetzung der Abschusszahl schließlich im angefochtenen Bescheid getroffen. Unter Berücksichtigung des fachlichen Austausches zur Ermittlung der getroffenen Festsetzung zwischen der Unteren Jagdbehörde und dem Jagdberater ist nicht erkennbar, dass sich die Festsetzung außerhalb der vertretbaren Bandbreite der Entscheidungsmöglichkeiten für die Höhe des Abschusses bewegt.
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(3) Zur Erreichung der wesentlichen öffentlichen Belange, die durch die Einhaltung der Abschussplanung gewährleistet werden sollen, konnte der Antragsgegner entgegen der Auffassung der Antragstellerseite auch die sofortige Vollziehung der Festsetzung anordnen. Dadurch soll gerade die Erfüllung der in § 21 Abs. 1 Satz 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG geregelten Zielsetzungen, die mit dem Abschussplan verfolgt werden, sichergestellt werden, ohne den Abschluss des gerichtlichen Klageverfahrens abwarten zu müssen. Die insoweit vom Antragsgegner vorgenommene Gewichtung, mit der die gesetzlich geregelten öffentlichen Belange höher bewertet worden sind als die des Grundeigentümers und des Jagdpächters, ist nicht zu beanstanden. Durch den Abschuss einer hinreichend großen Anzahl von Nachwuchsträgern – mit Auswirkungen auf die weiteren Klassen – wird ein maßgeblicher Faktor der Bestandsregulierung zur Sicherung der Waldverjüngung verfolgt (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1998 – 19 B 95.3738 – juris Rn. 96), ein Zuwarten bis zum möglichen Abschluss eines Klageverfahrens insoweit nicht sachgerecht.
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3. Selbst wenn man – wovon die Kammer nach summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren nicht ausgeht – annehmen wollte, dass der Ausgang des Klageverfahrens hinsichtlich der Erfolgsaussichten als offen anzusehen ist, fiele eine dann vorzunehmende reine Interessensabwägung im vorliegenden Verfahren zu Ungunsten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschussplanung ist höher zu gewichten als das private Interesse des Antragstellers.
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Zwar wären im Falle des Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren bei Einhaltung der festgesetzten Anzahl von Tieren, die im Rahmen der Abschussplanung im Jagdjahr getötet werden, diese unwiederbringlich verloren. Diesem Interesse steht jedoch das in § 21 Abs. 1 Satz 1 BJagdG, Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG besonders gewichtete öffentliche Interesse am Schutz des Waldes bzw. der natürlichen Waldverjüngung gegenüber. Die vorliegend zusätzlich zu berücksichtigende Tatsache, dass durch die durch das Rotwild verursachten Schäden im Revier des Antragstellers (vgl. S. 1 des Schreibens des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ... (...) vom 18.7.2023; Bl. 65 der Gerichtsakte) bzw. in den Revieren der Hochwildhegegemeinschaft (vgl. S. 2 des Forstlichen Gutachtens zur Situation der Waldverjüngung 2021; Bl. 14 ff. der Behördenakte) auch Schutzwaldflächen i.S.d. Art. 10 Abs. 1 BayWaldG betroffen sind, begründet das besondere öffentliche Interesse an der Erfüllung der Abschussplanung. Sollte die Abschusszahl im streitgegenständlichen Jagdjahr zu hoch angesetzt sein, wäre dies durch eine entsprechende Anpassung im Rahmen der folgenden Abschussplanung zu berücksichtigen. Im Gegensatz dazu wären durch eine zu hohe Anzahl an Rotwild bereits eingetretene Schäden, insbesondere auch am Schutzwald, im Falle des Obsiegens des Antragsgegners nicht mehr oder nur aufwändig rückgängig machbar (vgl. insoweit zu einer Erhöhung der Abschusszahl während des Jagdjahrs VG München, B.v. 20.3.2023 – M 7 SN 23.270 – juris Rn. 60).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Das Gericht hat bei der Höhe des Streitwertes die Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit berücksichtigt.