Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 27.09.2023 – Au 6 K 23.568
Titel:

Betroffenheit durch pandemiebedingten Umsatzrückgang 

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1, S. 2
GG Art. 3
BayVwVfG Art. 40
Leitsatz:
Dass sich bedingt durch die Anlaufschwierigkeiten der Wirtschaft auch einzelne Kunden zur Abstandnahme oder Kündigung von Beratungsaufträgen entschlossen, ist nur eine entferntere Folge des Pandemiegeschehens und der staatlichen Schutzmaßnahmen aus den Zeiträumen zuvor. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Überbrückungshilfe IV, Fahrzeughandel, Coaching von Führungskräften, Betroffenheit durch pandemiebedingten Umsatzrückgang (verneint), Teilversagung, Corona-Überbrückungshilfe, Billigkeitsleistung, Umsatzrückgang, Förderrichtlinien, Ermessen, Verwaltungspraxis, staatlichen Schließungsanordnungen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 32362

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III.    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen einen ihren Antrag teilweise ablehnenden Bescheid über die Gewährung einer Billigkeitsleistung des Bundes als Corona-Überbrückungshilfe nach der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV) – des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und begehrt eine weitere Förderung im Umfang von 13.206,83 Euro.
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Die Klägerin betreibt nach den Angaben in ihrem Antrag (Behördenakte Bl. 1) einen Handel mit Kraftwagen mit einem Gesamtgewicht von 3,5 t oder weniger. Mit ihrem auf den 1. Juni 2022 datierten und mit Eingangsbestätigung vom 8. Juni 2022 gekennzeichneten Antrag begehrte die Klägerin eine Förderung in Höhe von 26.014,78 Euro (Behördenakte Bl. 1 ff.).
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Auf Nachfrage der Beklagten vom 14. Oktober 2022 ließ die Klägerin durch ihre Steuerberaterin am 19. Oktober 2022 u.a. ausführen (ebenda Bl. 34 ff.):
Frage: „4. Sie geben in den Monaten Januar bis Juni einen Umsatz von 0 Euro an. Vor dem Hintergrund, dass keine Schließungsanordnung für Ihre Branche im Förderzeitraum besteht, ist dies sehr ungewöhnlich. Bitte erläutern Sie detailliert, warum kein Umsatz erzielt werden kann, warum der Umsatzeinbruch aus Ihrer Sicht coronabedingt ist und welche Maßnahmen das Unternehmen unternommen hat um den wirtschaftlichen Schaden zu minimieren. Bitte bestätigen Sie uns zudem, dass das Unternehmen dauerhaft wirtschaftlich am Markt tätig ist.“
Antwort: „4. Das Unternehmen wurde im Jahre 2009 als „...“ gegründet und im Handelsregister eingetragen. Ursprünglicher Unternehmensgegenstand war unter anderem die Begleitung anderer exportorientierter Marktteilnehmer im Bereich des Neu- und Jahreswagenhandels. Die Gesellschaft konnte jedoch, bedingt durch die seinerzeit angegriffene gesundheitliche Situation des Geschäftsführers, nur eingeschränkt arbeiten. In den letzten Jahren hat sich dann ein neues Betätigungsfeld aufgetan, welches zunehmend an Bedeutung gewinnen sollte. Es handelt sich hierbei um Schulungsmaßnahmen im Bereich des Führungskräfte-Coachings im vorherigen Tätigkeitsumfang. Hier im Besonderen die Begleitung vorgenannter Dienstleistungen anderer spezialisierter Unternehmen in englischer bzw. italienischer Sprache. Die Unternehmenstätigkeit hat sich somit im Laufe der Geschäftsjahre geändert. Aufgrund der Coronakrise wurde ein großer Beratungsauftrag dann gekündigt. Weshalb die Umsatzeinbrüche coronabedingt sind. Der Markt erholt sich nur langsam. Die Änderung wurde bislang noch nicht im Handelsregister vorgenommen, soll aber nachgeholt werden. Das Unternehmen ist auch dauerhaft am wirtschaftlichen Markt tätig.“
4
Zwecks unionsrechtlicher Fristwahrung erließ die Beklagte einen vorläufigen Bescheid vom 16. Juni 2022 über eine Billigkeitsleistung dem Grunde nach zur Sicherung der beihilferechtlichen Zulässigkeit einer etwaigen späteren Auszahlung angesichts des Auslaufens des befristeten Beihilferahmens am 30. Juni 2022 und unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags (ebenda Bl. 44).
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 24. März 2023 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Förderung als Billigkeitsleistung in Höhe von 12.807,95 Euro und lehnte den Antrag der Klägerin auf Überbrückungshilfe IV im Übrigen ab (Nr. 1 des Bescheids).
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Teilablehnung stütze sich darauf, dass die Klägerin im Antrag erstattungsfähige Kosten im Sinne von Ziff. 3.1 der Richtlinie für die Überbrückungshilfe IV für die Monate Mai 2022 in Höhe von 3.714,80 Euro und Juni 2022 in Höhe von 10.959,45 Euro angegeben habe. Ihr prüfender Dritter habe angegeben, dass das Unternehmen nun in dem Bereich des Coachings von Führungskräften tätig und der Umsatzeinbruch darauf zurückzuführen sei, dass ein großer Beratungsvertrag aufgrund der Coronakrise gekündigt worden sei. Der Markt würde sich langsam erholen.
Gemäß Ziff. 2.1 Satz 3 der Richtlinie für die Überbrückungshilfe IV sei eine Antragsberechtigung nur gegeben, wenn der Umsatzeinbruch im Förderzeitraum coronabedingt sei. Dafür sei eine konkrete und individuelle Einschränkung durch coronabedingte Umstände zu versichern und ein coronabedingter Umsatzeinbruch müsse nach Ziff. 1.2 der FAQ (Frequently Asked Questions – häufig gestellte Fragen) für jeden Fördermonat nachgewiesen werden. Nicht als coronabedingt gälten beispielsweise Umsatzeinbrüche auf Grund wirtschaftlicher Faktoren allgemeiner Art oder sich lediglich zeitlich verschiebender Umsätze bzw. Zahlungseingänge. Dem werde die Darlegung eines coronabedingten Umsatzrückgangs hier nicht gerecht, denn die Klägerin habe den Umsatzeinbruch mit der Absage eines großen Beratungsvertrags begründet. Das aber falle unter den allgemeinen Investitionsrückgang der Kunden in die Leistungen der Klägerin. Sie sei aufgrund der Tätigkeit in der Branche des Coachings von Führungskräften eine Angehörige eines sogenannten Projektgeschäfts, welches erfahrungsgemäß in einzelnen Monaten hohe und sonst niedrige bis keine Umsätze erwirtschafte. Ferner sei sie Angehörige einer Branche, die erfahrungsgemäß überwiegend coronaunabhängig wirtschafte. Die daher erforderlichen Nachweise einer besonderen individuellen Einschränkung seien nicht erbracht. Der Zweck der Überbrückungshilfe IV als außerordentlicher Wirtschaftshilfe sei, Unternehmen zu fördern, die erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Corona-Pandemie erlitten hätten, aber nicht Umsatzausfälle auszugleichen, die auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art zurückzuführen seien. Der Investitionsrückgang von Kunden sei ein allgemeines Geschäfts- und Unternehmerrisiko. Eine Antragsberechtigung sei daher mangels Nachweises eines coronabedingten Umsatzeinbruchs nicht gegeben.
Daher seien aufgrund der ausgeführten Kürzungen für die Monate Mai 2022 und Juni 2023 die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe in Höhe von 14.674,25 Euro nicht gegeben. Es entspreche daher der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, den Antrag insoweit abzulehnen, denn Art. 7 BayHO (Bayer. Haushaltsordnung) verpflichte zur sorgfältigen Beachtung des Gebots der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel.
6
Der Bescheid wurde am 24. März 2023 zum Abruf im digitalen Antragssystem bereitgestellt und dies der Klägerin digital mit dem Hinweis mitgeteilt, der Bescheid und weitere Verwaltungsakte im Bewilligungsverfahren gälten unabhängig von dem tatsächlichen Abruf am dritten Tag nach dem Absenden dieser Benachrichtigungsemail als bekannt gegeben.
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Am 19. April 2023 erhob die Klägerin Klage und beantragt zuletzt,
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Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 24.3.2023 verpflichtet, der Klägerin wie beantragt eine Überbrückungshilfe gemäß der Richtlinie für die Gewährung der Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 6.5.2022, Az.: 33-3560-3/210/1 (BayMBl. Nr. 278) in Höhe von weiteren 13.206,83 EUR zu gewähren, hilfsweise insoweit neu zu verbescheiden.
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Zur Begründung vertiefte die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Antragsverfahren und berief sich darauf, dass sie sich ursprünglich als Dienstleister der Exportbegleitung für fahrzeugexportierende Unternehmen im europäischen Ausland widmete und in den letzten Jahren in einem neuen Betätigungsfeld des Führungskräfte-Coachings tätig sei, wobei sie mit Coachingagenturen wegen des Schulungserfolgs (ausschließlich) in Präsenzveranstaltungen zusammenarbeite.
Die Klägerin habe vor Beginn der Corona-Pandemie mit ihrem Kooperationspartner die Gründung einer gemeinsamen Akademie beabsichtigt für Präsenzveranstaltungen in Gruppen von 20-50 Personen; diese Kooperation habe letztlich aufgekündigt werden müssen. Infolge des Lockdowns und von Kontaktbeschränkungen habe die Klägerin ihre Tätigkeiten ab März 2020 einstellen müssen, denn ihr seien sämtliche Seminare ersatzlos gestrichen worden. Die Einnahmen seien wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin von ihrem Kooperationspartner sofort automatisch auf Null gefallen. Im Rahmen ihres Antrags habe die Klägerin darauf hingewiesen, trotz der Lockerungen sei eine Erholung im notwendigen Ausmaß noch nicht wieder eingetreten, und warteten viele Auftraggeber auch aufgrund coronabedingt eingeschränkter Budgets mit der Vergabe neuer Aufträge für Schulungs- und Beratungsmaßnahmen zu. Die Klägerin habe auch explizit darauf hingewiesen, dass seit April ihr eigener Geschäftsführer an Corona erkrankt gewesen sei sowie seit Mai auch das Personal des vorgenannten Vertragspartners.
Die Gründe der Teilablehnung seien nicht nachvollziehbar. Die Klägerin sei weder im Projektgeschäft tätig, noch gehöre sie zu einer Branche, die überwiegend coronaunabhängig wirtschafte, sondern hänge von Präsenzveranstaltungen als Charakteristikum und Qualitätsmerkmal ihres angebotenen Leistungsspektrums ab. Präsenzseminare seien wegen der zwischenmenschlichen Kommunikation und Interaktion sowie Gruppendynamik nicht ohne Weiteres durch eine Onlineveranstaltung ersetzbar. Da die Klägerin 100% ihrer Umsätze aus der Zusammenarbeit mit ihrem Kooperationspartner durch die Durchführung von Führungskräfte-Coachings generierte, seien ihre Umsätze infolge der Kündigung des Beratungsauftrags vollständig weggefallen. Aufgrund der Abhängigkeit von ihrem Kooperationspartner habe die Klägerin faktisch überhaupt keine Möglichkeit gehabt, ihre Dienstleistungen anzubieten. Hinzu komme die Erkrankung des auf ein ärztliches Verbot hin nicht gegen Corona geimpften Geschäftsführers der Klägerin im April 2022, so dass sie im Mai und Juni 2022 auch krankheitsbedingt von der pandemischen Lage betroffen gewesen sei und keine Coachingdienstleistung habe anbieten können.
Mit dem Bund-Länder-Beschluss vom 16. Februar 2022 seien die zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Einschränkungen zurückgenommen und durch Basisschutzmaßnahmen ersetzt worden. Aber eine Zurückhaltung der Bevölkerung, Veranstaltungen zu besuchen, habe in den Monaten Mai und Juni 2022 unverändert bestanden. Da die Überbrückungshilfe IV bis Juni 2022 verlängert worden sei, könne aus der Absenkung des Gesundheitsschutzes auf das Niveau von Basisschutzmaßnahmen keine Einschränkung bei der Überbrückungshilfe IV abgeleitet werden, indem die Anforderungen für den Nachweis der Coronabedingtheit der Umsatzeinbußen angehoben würden. Sonst wäre keinem Antragsteller für Mai und Juni 2022 eine Überbrückungshilfe IV zu gewähren. Zudem sei die Klägerin auch durch die Basisschutzmaßnahmen vom Markt faktisch weiterhin ausgeschlossen gewesen, insbesondere Maskenpflichten in den geschlossenen Räumen von Publikumseinrichtungen sowie in Bussen und Bahnen, das Abstandsgebot, allgemeine Hygienevorgaben, die Möglichkeit, in bestimmten Bereichen Testerfordernisse vorzusehen sowie die Pflicht zur Nachweisführung des Impf-, Genesenen- und Teststatus seien zu nennen. Deswegen hätten beträchtliche Teile der Bevölkerung weiterhin Veranstaltungen wie die von der Klägerin begleiteten gemieden. Auch wenn die Klägerin im o.g. Zeitraum nicht von einer Schließungsanordnung betroffen gewesen sei, so habe das Rechtsregime unter der Corona-Pandemie auf die Bevölkerung und ihr Verhalten erheblichen Einfluss gehabt und bei der Klägerin dazu geführt, dass sie mangels Teilnehmern keinerlei Veranstaltungen begleiten konnte, schon weil ihr Kooperationspartner selbst nicht in der Lage gewesen sei, Coaching-Veranstaltungen anzubieten. Außerdem seien auch die Empfehlungen des Gesundheitsministers, Kontakte zu beschränken als staatliche Corona-Maßnahme im Sinne zu werten. Sie verweise für die Verunsicherung auf eine Studie „Die COVID-19-Pandemie aus Sicht der Bevölkerung im Sommer 2020 – Ergebnisse einer Bevölkerungsbefragung“ der Katastrophenforschungsstelle (KFS Working Paper Nr. 19-2021). Die pandemische Lage in den Monaten Januar bis Juni 2022 sei unverändert prekär gewesen. Die Beklagte dürfe daher nicht zwischen den Monaten Januar bis April 2022 auf der einen Seite und dem Zeitraum Mai bis Juni 2022 auf der anderen Seite mit Blick auf die Darlegung der Coronabedingtheit eine Zäsurwirkung annehmen. Das sei unter keinem möglichen Aspekt vertretbar und offensichtlich sachwidrig.
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Die Beklagte trat der Klage entgegen und beantragt,
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Die Klage wird abgewiesen.
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Sie verwies auf die Bescheidsbegründung und erläuterte, die Klägerin sei nicht antragsberechtigt. Sie sei nach ihren eigenen Angaben im Antragsverfahren seinerzeit nicht von staatlichen Schließungsverordnungen betroffen gewesen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie seien jedoch nach wie vor spürbar. Insbesondere seien potentielle Auftraggeber aufgrund ihrer eigenen wirtschaftlich angespannten Situation weiterhin zurückhaltend in der Beauftragung von Beratungsleistungen.
Damit sei der Umsatz der Klägerin in den Fördermonaten Mai 2022 und Juni 2022 nicht coronabedingt um mindestens 30% gegenüber dem jeweiligen Vergleichsmonat des Jahres 2019 zurückgegangen. Sie sei nicht von staatlichen Schließungsverordnungen betroffen gewesen; denn mit dem Bund-Länder-Beschluss vom 16. Februar 2022 seien noch bestehende weitreichende Einschränkungen des gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens schrittweise bis zum 20. März 2022 zurückgenommen und durch Basisschutzmaßnahmen wie das Tragen medizinischer Masken ersetzt worden. Im Mai 2022 sei das Geschäft der Klägerin daher nicht mehr von tiefgreifenden Infektionsschutzmaßnahmen beeinträchtigt gewesen. Gerade aufgrund des weitgehenden Wegfalls von Infektionsschutzmaßnahmen sei im Mai 2022 ein strengerer Maßstab an die Coronabedingtheit eines Umsatzeinbruches anzulegen als etwa noch im Januar bis März 2022 in Abgrenzung zu einem Umsatzeinbruch auf Grund anderer wirtschaftlicher Effekte wie einem geänderten Kundenverhalten. Dass ein Kunde der Klägerin coronabedingt einen Beratungsauftrag gekündigt habe, lasse sich objektiv nicht mit im Mai 2022 beziehungsweise Juni 2022 noch bestehenden Infektionsschutzmaßnahmen begründen. Dass ihre Kunden Beratungsleistungen weniger in Anspruch nähmen, sei vielmehr ein unabhängig von der Pandemie bestehendes Geschäftsrisiko der Klägerin. Derartige generelle unternehmerische Risiken würden in ständiger Verwaltungspraxis der Beklagten nicht mit der Überbrückungshilfe IV ausgeglichen. Dies gelte auch dann, wenn die Nachfrage auch infolge coronabedingter Verluste ihrer Kunden zurückgegangen sei. Dies seien gesamtwirtschaftliche Veränderungen, die schon nicht spezifisch die Klägerin oder ihre Branche allein beträfen, sondern eine größere Zahl an Branchen. Diese Fernwirkungen der Corona-Pandemie, die sich nicht unmittelbar auf staatliche Schließungsverordnungen in Deutschland zu-rückführen ließen, würden nicht als Gründe für einen coronabedingten Umsatzeinbruch im Sinne der Förderrichtlinie anerkannt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage erweist sich als zulässig, aber unbegründet.
I.
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Die Klage ist zulässig.
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1. Die Klage ist statthaft als Verpflichtungsklage bzw. Verbescheidungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO in Form der Versagungsgegenklage gegen den teilablehnenden Verwaltungsakt der Beklagten vom 24. März 2023.
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2. Die Klägerin ist klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, weil ein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. der tatsächlichen Vergabepraxis auf willkürfreie Verbescheidung möglicherweise bestehen könnte.
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3. Die Klagefrist nach § 74 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 VwGO ist gewahrt. Gegen den Bescheid vom 24. März 2023 hat die Klägerin am 19. April 2023 – und damit vor Ablauf der Klagefrist am 27. April 2023 um 24 Uhr – Klage erhoben.
II.
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Die Klage ist unbegründet, weil die Teilablehnung einer Förderung im Bescheid vom 24. März 2023 nicht rechtswidrig ist, da insoweit kein Anspruch auf Gewährung oder Neuverbescheidung besteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Satz 2 VwGO).
20
Maßgeblicher Zeitpunkt für die hier begehrte Ermessensentscheidung ist nach der geübten und gerichtsbekannten Verwaltungspraxis der Beklagten der Zeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 14). Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich demnach nur auf Ermessensfehler, die dem Bescheid zu entnehmen sein müssen (§ 114 VwGO). Über bloße Erläuterungen des bisherigen Vorbringens hinausgehender Vortrag neuer Tatsachen und die Vorlage neuer, nicht bis zum Bescheidserlass vorgelegter Unterlagen sind daher unbeachtlich (vgl. VG Augsburg, U.v. 21.12.2022 – Au 6 K 22.955 – Rn. 41 mit Verweis auf VG Würzburg, U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.982 – BeckRS 2021, 42720 – Rn. 16 m.w.N.).
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1. Die Rechtmäßigkeit der teilweisen Ablehnung der Überbrückungshilfe im Bescheid vom 24. März 2023 richtet sich allein nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis. Maßgeblich dafür sind insbesondere die Richtlinien für die Gewährung von Hilfen sowie die FAQ (dazu VG Würzburg, U.v. 24.10.2022 – W 8 K 21.1263 – juris Rn. 28 ff. m.w.N.).
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a) Die Förderrichtlinien stellen zwar keine Rechtsnormen dar, begründen aber als Verwaltungsvorschriften über den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 und Art. 28 GG) Außenwirkung in der Gestalt, die sie durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben (BayVGH, B.v. 3.5.2021 – 6 ZB 21.301 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris Rn. 6).
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Die Richtlinien begründen vom Ansatz her keinen gebundenen Anspruch auf eine Billigkeitsleistung in bestimmter Höhe, sondern es besteht zusammen mit Art. 40 BayVwVfG, wonach die Behörde, wenn sie ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten hat, ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde über einen Antrag. Dabei ist gemäß § 114 Satz 1 VwGO die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung beschränkt, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; VG Düsseldorf, U.v. 15.9.2022 – 16 K 5167.21 – juris Rn. 29).
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Im Rahmen des behördlich auszuübenden Ermessens kommt den Förderrichtlinien, bei denen es sich nicht um eine Rechtsnorm, d.h. nicht einen Rechtssatz mit Außenwirkung, sondern um eine (bloße) interne Verwaltungsvorschrift handelt, die Funktion zu, für die Verteilung der Fördermittel einheitliche Maßstäbe zu setzen und dadurch das Ermessen der Bewilligungsbehörde intern zu binden und zu steuern. Als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen derartige Förderrichtlinien auch keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden sind. Durch den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist die Bewilligungsbehörde in ihrem rechtlichen Verhältnis zum Förderempfänger – abgesehen von den sonstigen gesetzlichen Grenzen des Verwaltungshandelns – gebunden. Wenn sich die Behörde an ihre Förderrichtlinien hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. Weicht sie hingegen generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis. Dem Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese konsequent anzuwenden. Die allein relevante Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder ggf. bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6 und 13; VG Düsseldorf, U.v. 15.9.2022 – 16 K 5167.21 – juris Rn. 30 m.w.N.).
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Zur Feststellung der tatsächlich ausgeübten Verwaltungspraxis kann dabei neben den Förderrichtlinien ergänzend auf öffentliche Verlautbarungen der Bewilligungsbehörde, der dieser übergeordneten Landesbehörde oder der aufgrund Verwaltungsvereinbarung in die Förderung eingebundenen zuständigen Bundesbehörde zurückgegriffen werden, wenn diese Aufschluss über die tatsächlich geübte Verwaltungspraxis geben (VG Düsseldorf, U.v. 15.9.2022 – 16 K 5167.21 – juris Rn. 32 m.w.N.). Relevant sind die gemeinsam vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesministerium der Finanzen veröffentlichten FAQs zur „Corona-Überbrückungshilfe IV“.
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c) Die Beklagte hat zu Ihrer Förderpraxis entsprechend ihrer internen Vorgaben plausibel ausgeführt, dass Unternehmen nur antragsberechtigt sind, wenn sie von durch staatliche Maßnahmen verursachten coronabedingten Umsatzeinbußen erheblich betroffen waren.
27
Diese Sichtweise ist mit Blick auf die Richtlinie für die Überbrückungshilfe IV nicht zu beanstanden, weil nach Ziffer 2.1 der Richtlinie für die Überbrückungshilfe IV Unternehmen antragsberechtigt sind, deren Umsatz gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2019 coronabedingt um mindestens 30% zurückgegangen sein muss. Nicht als coronabedingt gelten nach Ziff. 1.2 der FAQ beispielsweise Umsatzeinbrüche, die zum Beispiel nur auf Grund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen auftreten oder die zurückzuführen sind auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art (wie Liefer- oder Materialengpässe) oder die sich erkennbar daraus ergeben, dass Umsätze bzw. Zahlungseingänge sich lediglich zeitlich verschieben, die sich aufgrund von Schwierigkeiten in der Mitarbeiterrekrutierung ergeben oder auf Betriebsferien zurückzuführen sind.
28
Die Klägerin beruft sich hierzu auf die Abhängigkeit ihrer Schulungsmaßnahmen im Bereich des Führungskräfte-Coachings von der Nachfrage ihrer Kunden und speziell auf die Kündigung eines großen Beratungsauftrags aufgrund der Coronakrise, weshalb die Umsatzeinbrüche coronabedingt seien.
29
Zur Überzeugung der Kammer ist die o.g. Verwaltungspraxis der Beklagten nachvollziehbar und nicht willkürlich. Die Beklagte verfolgt diese Entscheidungspraxis konsequent, wie aus weiteren Verfahren anderer Branchen gerichtsbekannt ist. Die Klägerin war und ist mit ihrer Schulungstätigkeit nicht unmittelbar betroffen von pandemiebedingten Schließungsmaßnahmen und – auch im relevanten Förderzeitraum sowie nach ihren eigenen Angaben – nicht mittelbar, da auch die Betriebe ihrer Klientel – bzw. ihres Kooperationspartners – im ersten Halbjahr 2022 nicht mehr geschlossen gehalten werden mussten, sondern die Dienstleistung auf Grund der Zurückhaltung der potentiellen Teilnehmer an Präsenzveranstaltungen, der Erkrankung des Geschäftsführers der Klägerin im April 2022 mit Auswirkungen im Mai und Juni 2022 und der ausbleibenden Nachfrage des Kooperationspartners nicht angeboten werden konnten. Gegenteiliges ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Vielmehr gab es in jenem Zeitraum schrittweise gelockerte Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte („2G“) und ab 1. April 2022 weitgehende Lockerungen sowie nur noch eine Maskenpflicht im ÖPNV und in Einrichtungen für besonders gefährdete Personen. Dass sich bedingt durch die Anlaufschwierigkeiten der Wirtschaft auch einzelne Kunden zur Abstandnahme oder Kündigung von Beratungsaufträgen entschlossen, ist nur eine entferntere Folge des Pandemiegeschehens und der staatlichen Schutzmaßnahmen aus den Zeiträumen zuvor.
30
Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten gelten beispielsweise Umsatzeinbrüche nicht als coronabedingt, die zurückzuführen sind auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art. Insofern hängt die Schulungstätigkeit der Klägerin ihrer eigenen Darstellung zu Folge maßgeblich von entsprechenden Einzelaufträgen ab. Jede wirtschaftliche Schwäche dieser Branchen mit geringer Beschäftigung von Mitarbeitetenden und speziell Führungskräften wirkt sich damit auch nachteilig auf die Klägerin aus. Es handelt sich nicht um eine coronaspezifische Abhängigkeit, sondern um eine durch die wechselseitige Marktposition der Klägerin und ihre Abhängigkeit von ihrem einzigen Kooperationspartner bedingte (vgl. VG-Akte Bl. 73 oben). Daher wirkt sich die Pandemie zwar auf die Beschäftigungsquote ihrer Mandantschaft und so auch auf ihre Mandate aus, aber durch ihre einseitige Abhängigkeit wird dies in jeder wirtschaftlichen Krise der Fall sein, nicht nur in der Corona-Pandemie. Allgemeine wirtschaftliche Abhängigkeiten sollten jedoch nach dem Willen des Richtliniengebers gerade nicht gefördert werden, um den Kreis der Förderberechtigten – und die finanziellen Risiken für die öffentlichen Haushalte – noch zu begrenzen. Es handelt sich – auch bei Empfehlungen des Bundesgesundheitsministers – nicht um spezifische Auswirkungen hoheitlicher Eingriffe in den Dienstleistungs- und Warenverkehr, für welche die öffentlichen Haushalte einen gewissen Ausgleich schaffen wollten.
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Daher ist die Klägerin nicht antragsberechtigt.
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2. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass der Fördergeber in Ziffer 3.7 der Richtlinie für die Überbrückungshilfe IV Sonderregelungen z.B. für die Reisebranche, die Veranstaltungs- und Kulturbranchen sowie den Einzelhandel vorgesehen hat, um deren besondere Betroffenheit abzufedern, während er dies eben nicht für alle anderen Branchen, hier auch nicht für die Schulungstätigkeiten der Klägerin, in gleicher Weise getan hat. Dies stützt erst recht die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung nach dem Grad der Betroffenheit von staatlichen Schließungsanordnungen, welche die Klägerin im o.g. Zeitraum – wie sie einräumt – nicht trafen, und der Abgrenzung zu allgemeinen pandemischen (Erkrankung des Geschäftsführers und des Personals des Kooperationspartners) und wirtschaftlichen (Ausfall der Nachfrage, allgemeine Verunsicherung der Bevölkerung) Auswirkungen, welche die Klägerin trafen. Es handelt sich hier nicht um spezifische Auswirkungen hoheitlicher Eingriffe in den Dienstleistungs- und Warenverkehr, für welche die öffentlichen Haushalte einen gewissen Ausgleich schaffen wollten.
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Die beklagtenseitig angeführten Gründe sind daher sachgerecht und vertretbar, ein Überschreiten der Willkürgrenze ist nicht ersichtlich.
III.
34
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.