Titel:
Versicherungsanspruch in der Betriebshaftpflichtversicherung bei Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens
Normenkette:
VVG § 100, § 104
Leitsätze:
Zu den Voraussetzungen des Versicherungsanspruchs in der Betriebshaftpflichtversicherung, insbesondere bei Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen den Versicherungsnehmer (Anschluss an BGH, NJW-RR 2004, 1261 = r+s 2004, 411). (Rn. 12 – 14)
1. In der Betriebshaftpflichtversicherung ist Bedingung der Leistungspflicht die konkrete Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers auf Schadensersatz (vgl. BGH BeckRS 2004, 6341 unter II.1). (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Keine konkrete Inanspruchnahme auf Schadensersatz ist die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen den Versicherungsnehmer, wenn von einem möglichen Schadensersatzanspruch gegen diesen in dem Antrag nicht die Rede ist und der Versicherungsnehmer der Gesamtschau der Antragsschrift keinen eindeutigen Hinweis darauf entnehmen darf, dass das Verfahren nur der Feststellung der Schadenshöhe dient und der Antragsteller letztlich Schadensersatzansprüche gegen den Versicherungsnehmer geltend machen wird (vgl. BGH BeckRS 2004, 6341 unter II.1.b). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Anzeigeobliegenheit nach § 104 VVG hilft nicht über die Bedingungen der Leistungspflicht des Versicherers hinweg; eine entsprechende Anzeige begründet keinen Anspruch auf Abwehrmaßnahmen (vgl. BGH BeckRS 2004, 6341 unter II.2.a). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
4. Nacherfüllungsansprüche sind keine auf gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen basierende Schadensersatzansprüche und schon deshalb nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung (vgl. BGH BeckRS 2004, 9963 unter II.2.c.cc). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Betriebshaftpflichtversicherung, selbständiges Beweisverfahren, Antragsschrift, Inanspruchnahme, Schadensersatzanspruch, Abwehranspruch, Nacherfüllungsanspruch, Gewährleistungsanspruch, Anzeigeobliegenheit
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 14.09.2022 – 3 O 111/22
Fundstellen:
VersR 2023, 515
r+s 2023, 316
ZfS 2023, 633
NJW-RR 2023, 602
LSK 2023, 322
BeckRS 2023, 322
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14.09.2022, Az. 3 O 111/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten über Versicherungsschutz aus einer Betriebshaftpflichtversicherung, die die Klägerin bei der Beklagten unterhält.
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Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Betriebs- und Privathaftpflichtversicherung (im Folgenden: AVB; Anlage K 11) sowie die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Betriebshaftpflichtversicherung der Bauwirtschaft (Anlage K 12) zugrunde. Diese sind teilweise durch Besondere Vereinbarungen für Mitgliedsbetriebe des Bundesindustrieverbandes Heizung-, Klima-, Sanitärtechnik / Technische Gebäudesysteme e.V. modifiziert worden (im Folgenden: BV BHKS; Anlage K 16).
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Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für die Installation und Wartung von Haustechnik (Sanitär, Heizung, Lüftung und Klima). Sie wurde seitens der Stadt N. mit der Ausführung der Gewerke Sanitär und zentrale Befeuchtungsanlage betreffend das Bauvorhaben „Umbau Haus 1, …“ beauftragt (Anlage K 2). Hinsichtlich der Lieferung und Montage der zentralen Befeuchtungsanlage beauftragte die Klägerin ihrerseits eine Subunternehmerin, die M. GmbH.
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Die zentrale Befeuchtungsanlage ging im Jahre 2017 in Betrieb. Nachdem im Jahre 2019 eine Verkeimung der Anlage festgestellt worden war, forderte die Stadt N. von der Klägerin die Beseitigung dieser Verkeimung. Die entsprechenden Arbeiten erfolgten durch die Subunternehmerin unter Einsatz eines chlorhaltigen Desinfektionsmittels. Im November 2020 wurden Undichtigkeiten, tropfende Dichtungen und geplatzte Schläuche an der zentralen Befeuchtungsanlage festgestellt, so dass diese im März 2021 außer Betrieb genommen werden musste. Die Klägerin wurde seitens der Stadt N. aufgefordert, die geltend gemachten Mängel nach Vorlage eines Konzepts zu beseitigen und anschließend die Keimfreiheit der gesamten Befeuchtungsanlage nachzuweisen (Anlage K 5). Den hierfür geforderten Versicherungsschutz lehnte die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens (Anlage K 7) gegenüber der Klägerin ab (Anlage K 10).
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Die Klage ist auf Erteilung einer Deckungszusage aus der Betriebshaftpflichtversicherung für die von der Stadt N. erhobenen Ansprüche sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.934,30 € gerichtet. Die Klägerin hat ihr wirtschaftliches Interesse an dem geforderten Versicherungsschutz mit 375.000,00 € beziffert (Klageschrift, Seite 7).
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Das Landgericht hat diese Klage ohne Beweisaufnahme vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass derzeit keine Deckungspflicht der Beklagten bestehe. Die Stadt N. mache gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Nacherfüllung wegen nicht ordnungsgemäßer Ausführung des Werkvertrages geltend. Dies ergebe sich aus dem Schreiben der Stadt N. vom 22.04.2021 (Anlage K 5). Für die Abwehr eines solchen Gewährleistungsanspruchs bzw. für die Freistellung von einem derartigen Anspruch bestehe bedingungsgemäß kein Versicherungsschutz. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den sonstigen Versicherungsbedingungen.
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Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt.
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Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
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Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus § 100 VVG, Ziffer 2.6.1 AVB verneint. Dabei ist der gesamte Parteivortrag berücksichtigt worden. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
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1. Der in zweiter Instanz weiterverfolgte Klageantrag ist auf Leistung gerichtet (Gewährung einer Deckungszusage). Der Versicherungsnehmer kann im Haftpflichtversicherungsrecht jedoch grundsätzlich nur auf Feststellung klagen, dass der Versicherer wegen einer im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe (vgl. BGH, Urteil vom 04.12.1980 - IVa ZR 32/80, NJW 1981, 870, 871; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2005, 907). Sich hiernach aufdrängende Zweifel an der Formulierung und Bestimmtheit des Klageantrags stellt der Senat einstweilen zugunsten der Klägerin zurück.
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2. Zutreffend hat die Vorinstanz ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Gewährung von Versicherungsschutz bislang nicht eingetreten sind (LGU 4-6).
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a) Nach den im Streitfall maßgeblichen vertraglichen Grundlagen besteht Versicherungsschutz für die Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche und für die Freistellung der Klägerin von berechtigten Schadensersatzverpflichtungen (Ziffer 2.6.1 AVB). Dieser Rechtsschutz- und Abwehranspruch entsteht nicht schon mit dem Versicherungsfall, sondern erst mit der Erhebung von Schadensersatzansprüchen wegen des Versicherungsfalls durch einen Dritten. Vorausgesetzt wird als Bedingung der Leistungspflicht also die konkrete Inanspruchnahme auf Schadensersatz (Ziffer 2.1 AVB), welcher - wie die Klausel in Ziffer 2.6.1 AVB verdeutlicht - auf die Zahlung einer Entschädigung an den anspruchstellenden Dritten gerichtet sein muss (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 09.06.2004 - IV ZR 115/03, NJW-RR 2004, 1261, 1262 unter II. 1. b).
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Wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, macht die Stadt N. derzeit weder aus dem mit der Klägerin im März 2014 geschlossenen ursprünglichen Werkvertrag noch aus einem etwaigen im Sommer 2019 geschlossenen gesonderten Vertrag über die Desinfizierung der Anlage - was ebenfalls einem Werkvertrag entspräche (§§ 631 ff. BGB) - einen Schadensersatzanspruch geltend. Sie verlangt vielmehr Nacherfüllung durch Beseitigung der festgestellten Mängel (§§ 634 Nr. 1, 635 Abs. 1 BGB; s. Anlage K 5).
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Nichts anderes folgt aus dem Antrag der Stadt N. auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens vom 15.12.2021, der sich u.a. gegen die hiesige Klägerin richtet und beim Landgericht Nürnberg-Fürth eingereicht worden ist (auszugsweise in Anlage K 21). Der Senat hat sich durch informatorische Einsicht in die elektronisch geführte Verfahrensakte des Landgerichts (Az. 12 OH 7829/21) Kenntnis vom gesamten Inhalt der genannten Antragsschrift verschafft; die von der Berufungsführerin beantragte förmliche Beiziehung dieser Akte war daher nicht erforderlich. Darin moniert die antragstellende Stadt N. insbesondere, dass die von der Klägerin eingebaute Befeuchtungsanlage einen dauerhaften hygienischen Betrieb nicht gewährleiste, nicht dem angebotenen Fabrikat entspreche und Bauteile nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet seien. Das stellt nichts anderes als die Behauptung eines Sachmangels i.S.v. § 633 BGB dar, wie sich auch aus der in der Antragsschrift zu III. 2. formulierten Beweisfrage ergibt. Von einem möglichen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin, d.h. dem ernsthaften Fordern einer Schadensersatzleistung (vgl. BGH, Urteil vom 21.05.2003 - IV ZR 209/02, NJW 2003, 2376), ist dort nicht die Rede. Auch der Gesamtschau der Antragsschrift durfte die Klägerin keinen eindeutigen Hinweis darauf entnehmen, dass das Verfahren nur der Feststellung der Schadenshöhe dient und die Antragstellerin letztlich Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin geltend machen wird (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.2004 - IV ZR 115/03, NJW-RR 2004, 1261, 1262; OLG Celle, BeckRS 2016, 118598 Rn. 59). Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem unter Ziffer 3.4 der Berufungsbegründung dargestellten Antrag II. 8. des selbständigen Beweisverfahrens. Letztlich entspricht dieser Antrag der Rüge der Vertragspartnerin im Schreiben vom 22.04.2021 (Anlage K 5), in dem insoweit auf die fehlende Beständigkeit der Schläuche gegen das verwendete Desinfektionsmittel abgestellt wird, nicht aber auf eine davon zu unterscheidende Beschädigung eines mangelfreien Werks durch eine gegebenenfalls fehlerhafte Desinfektion.
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Dass sich der Sachverhalt im weiteren Verlauf des selbständigen Beweisverfahrens anders darstellen kann (vgl. zu einem solchen Fall OLG Köln, r+s 1998, 323), ist hier nicht von Bedeutung.
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Die Vertragspartnerin macht demnach gegenwärtig ihr unmittelbares Interesse am eigentlichen Leistungsgegenstand geltend. Es kommt insoweit nicht darauf an, dass nach Auffassung der Klägerin, die eine mangelfreie Erfüllung des ursprünglichen Werkvertrags behauptet, lediglich ein Anspruch der Vertragspartnerin auf Schadensersatz wegen der späteren Desinfektion der Leitungen in Betracht zu ziehen sei. Der bislang relevante Erfüllungsbereich des Werkvertrages sowie damit verbundene Vermögenseinbußen des Versicherungsnehmers gehören nicht zum Schadensersatzanspruch im Sinne der Risikobeschreibung. Für alle Aufwendungen, die die Erfüllung dessen betreffen, wozu der Versicherungsnehmer sich vertraglich verpflichtet hat, genießt er keinen Versicherungsschutz.
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In diesem Stadium trifft den Versicherungsnehmer zwar die Anzeigeobliegenheit nach Ziffer 15.2.1 AVB, § 104 VVG. Über die Bedingungen der Leistungspflicht des Versicherers hilft diese Obliegenheit jedoch nicht hinweg (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.2004 - IV ZR 115/03, NJW-RR 2004, 1261, 1262 unter II. 2.). Ihre Verletzung vermag lediglich eine mögliche zukünftige Leistungspflicht zu beeinträchtigen (vgl. hierzu OLG Saarbrücken, r+s 1991, 14). Die Anzeige des Versicherungsnehmers bereits vor der Fälligkeit des Anspruchs auf Versicherungsleistungen kann dem Versicherer möglicherweise - und so auch hier - Anlass geben, sich mit dem Schadensfall zu befassen und vorsorgliche Maßnahmen zu treffen, um einem Haftpflichtanspruch vorbeugend entgegenzutreten. Einen Anspruch auf Abwehrmaßnahmen hat der Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt noch nicht, mögen sie auch sinnvoll sein und in seinem Interesse liegen.
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b) Die darüber hinausgehende Absicherung gegen Mangelbeseitigungskosten bedarf in der Betriebshaftpflichtversicherung einer gesonderten Vereinbarung. Eine solche fehlt hier jedoch. Im Gegenteil ist in Ziffer 2.2 AVB klar und ausdrücklich geregelt, dass für geltend gemachte Ansprüche auf Nacherfüllung und für Schäden im Zusammenhang mit der Durchführung der Nacherfüllung - also für Ansprüche, die das Vertragserfüllungsinteresse betreffen - kein Versicherungsschutz besteht. Rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Klausel bestehen nicht (vgl. MüKo-VVG/Büsken, 2. Aufl., 300 Haftpflichtversicherung, Rn. 55). Sie hat ohnehin nur deklaratorische Bedeutung. Denn Nacherfüllungsansprüche sind keine auf gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen basierende Schadensersatzansprüche und schon deshalb nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2004 - IV ZR 162/02, NJW-RR 2004, 1675, 1676 f.). Das Gleiche gilt für die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen gem. § 635 Abs. 2 BGB. Jene Aufwendungen ordnet das Gesetz unmittelbar dem Nacherfüllungsanspruch zu, so dass sie dessen haftpflichtversicherungsrechtliches Schicksal teilen (vgl. Büsken, aaO. Rn. 62).
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Auf die vom Landgericht zusätzlich herangezogene Klausel in Ziffer 6.7 AVB (sog. Herstellungs- und Lieferklausel) kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an. Denn diese Klausel kann als sekundäre Risikobegrenzung nur solche Schadensersatzansprüche von der Deckung ausschließen, die überhaupt Gegenstand der Haftpflichtversicherung sind (vgl. Büsken, aaO. Rn. 215; Harsdorf-Gebhardt in: Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung, 2. Aufl, AHB Ziffer 7 Rn. 285). Wollte man hingegen mit dem Vortrag der Berufung das Augenmerk darauf legen, dass die Klägerin - durch die ihr zuzurechnende Subunternehmerin - im Zuge der 2019 durchgeführten Desinfektionsmaßnahme das Eigentum der Stadt N. geschädigt haben soll und würde die Stadt N. - anders als bislang - einen entsprechenden Anspruch gegen die Klagepartei geltend machen, so wäre der Ausschluss in Ziffern 6.7 und 7.6.2 AVB einer bislang nicht entscheidungserheblichen Prüfung zu unterziehen.
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c) Die Besonderen Versicherungsbedingen (Anlage K 12) führen zu keiner im Streitfall maßgeblichen Erweiterung des Versicherungsschutzes. Zwar regelt Ziffer 11.1 einen Wiedereinschluss der von Ziffer 7.6.2 AVB (sog. Tätigkeitsklausel) erfassten Schäden. Die hier im Raum stehende unzureichende Mangelbeseitigung unter Einsatz eines chlorhaltigen Desinfektionsmittels stellt jedoch keine Tätigkeit an der Sache (i.S. einer Bearbeitung, Reparatur u. dgl.) dar. Denn der beim Versuch der Mangelbeseitigung verursachte weitere Schaden fällt nicht hierunter (vgl. VersRHdb/v.Rintelen, 3. Aufl., § 26 Rn. 69). Zum anderen macht die Stadt N. gegenüber der Klägerin derzeit keinen Ersatz eines Sachschadens oder hieraus folgenden sonstigen Vermögensschadens geltend (s. oben a). Sie begehrt die ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrages, nicht das Integritätsinteresse.
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d) Bestimmte von Dritten geltend gemachte Nachbesserungsbegleitschäden sind zwar gemäß Ziffer 13.2 der Besonderen Versicherungsbedingen und Ziffer 17 BV BHKS (Anlage K 16) ebenfalls eingeschlossen. Solche stehen hier jedoch nicht im Raum, abgesehen davon, dass lediglich Kosten im Zusammenhang mit anderen Sachen als dem Auftragsgegenstand (z.B. Tapeten, Wände, Mobiliar) erfasst wären.
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3. Mangels eines Hauptanspruchs schuldet die Beklagte auch keine Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
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4. Der Anspruch der Klägerin scheitert an der mangelnden Fälligkeit. Ob dem Anspruch auch sonstige Umstände entgegenstehen, lässt sich nicht feststellen. Die Klage erweist sich daher als „derzeit unbegründet“ und ist als solche abzuweisen. Eine entsprechende Ergänzung des Urteilstenors durch das Berufungsgericht ist jedoch nicht zwingend geboten (vgl. BGH, Beschluss vom 08.02.2022 - VIII ZR 150/20, BeckRS 2022, 3228).
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Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Senat, die Berufung zurückzunehmen. Hierdurch würden sich die Gerichtskosten von 4,0 auf 2,0 Gebühren reduzieren (Nr. 1222 KV GKG).